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Sammelthread für gelungene Textstellen

Begonnen von Warlock, 29. Juni 2007, 15:08:38

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Nuya


der Rabe

:rofl:

Herrlich. Wunderbar beschrieben dieses Gefühlschaos.  :jau: Wunderschön.
Bist du erst unten im Tal angekommen, geht es nur noch bergauf. (C) :rabe:

Simara

ZitatAls sie die kleine Wohnstube betrat lag etwas auf dem Tisch. Erst hatte sie es gar nicht bemerkt, doch als sie, eine Flasche Gin in der Hand, ein zweites Mal durch den Raum ging blitzte es leicht im Schein der Kerze. Margery hielt inne. Es war das Amulett von Mrs. Hanson. Sie spürte wie das Adrenalin in ihre Adern floss. Ihre Finger griffen nach dem Schmuckstück, strichen darüber. Es war kein Blut daran. Ohne Zittern schloss sie es um ihren eigenen Hals und betrachtete es im Spiegel. Wunderschön. Sie lächelte.
,,Ich wusste, dass es Ihnen gefallen würde." Sie sah sein Gesicht neben ihrem eigenen, spürte seinen Atem im Nacken. ,,Ein Versöhnungsgeschenk." Flüsterte er, und sie sah das Blut das sich in seine Ärmel gefressen hatte, an seiner Haut klebte und ihr einen rötlichen Schimmer verlieh. Wie hübsch die Kette ist.

Sunflower

Simara, das ist total gut! Es ruft irgendwie so eine ganz besondere Stimmung herbei..  :pompom:
"Stories are, in one way or another, mirrors. We use them to explain to ourselves how the world works or how it doesn't work. Like mirrors, stories prepare us for the day to come. They distract us from the things in darkness."
- Neil Gaiman, Smoke and Mirrors

Nocturne

@Shinya: Wirklich gut! Das steigende Gefühlschaos...  :rofl:

@Simara: Schön. Hat irgendwie eine ganz besondere Atmosphäre.  :pompom:

Simara

@ Nocturne + Sunflower: Danke! Super das die Stimmung so gut rüber kommt. Es ist manchmal echt verzwickt über eine Prota zu schreiben die während der ganzen Geschichte auf einem Drahtseil zwischen Wahnsin und Rationaliät balanziert.

AngryMuffin

#606
Wow, Simara, das ist echt total schön - so sinnlich, so haarscharf auf der Grenze zwischen Traum und Realität balanciert. Echt faszinierend  :vibes:

@LilFantasy: So weit bin ich bei "Die letzte Hexe" noch gar nicht, die Textstelle kam durch die altbekannte Puzzle-Methode beim Plotten zustande   ;D

Aber ich habe auch grade noch eine Stelle aus dem überarbeiteten 2. Kapitel von "Totenkuss" gefunden, die mir ungeheuer gut gefällt.  :buch:

ZitatAber da waren noch andere Bilder in ihrem Kopf, Bilder, die so alt zu sein schienen, wie der Wind, die Zeit, viel älter als der Geruch von verbranntem Fleisch. Es waren Bilder voll Wärme und Zärtlichkeit, die Tabita den Hals zuschnürten, die ihr das brennende Gefühl kommender Tränen in die Augen trieben. Sie kannte diese Augen und das Lächeln. Sie kannte die leuchtend blauen Strähnen, sie kannte die Stimme, die Prickeln von fein perlendem Champagner gleich über ihre Haut fuhr.
("Totenkuss")

Nocturne

@AngryMuffin: Ist wirklich schön, aber man möchte am liebsten noch weiterlesen...  ;)

ZitatDas Mädchen geht mit langsamen Schritten die Straße entlang. Verlehrslärm brandet über sie hinweg und die endlos zucken- und tanzenden Lichter der Großstadt blitzen über ihr Gesicht, doch sie scheint nichts von all dem zu bemerken. Neben ihr ragen Häuser in die Höhe, kunstvolle Gebilde aus Glas und Stahl, die mit kalten Fingern in den Himmel greifen. Doch auch sie schaffen es nicht, den Blick des Mädchens aufzufangen, der, obwohl er auf nichts bestimmtes gerichtet ist, doch die ganze Leere der Großstadt zu umfassen scheint. Und etwas in ihr bemerkt auch die Stille, die unter dem Lärm verborgen, in ihren Schritten nachhallt. Die Stille, durch die die Lichter und der Lärm nicht lebendig sind, sondern seltsam gedämpft. Und mit der Stille kommt die Kälte.

AngryMuffin

@Nocturne: Uuuuuuuuuuh, Gänsehaut-feeling pur! Schöööööön! Da würde ich auch noch mal ein paar Absätze mehr nehmen.  ;)

Zitat von: Nocturne am 28. September 2011, 22:12:18
@AngryMuffin: Ist wirklich schön, aber man möchte am liebsten noch weiterlesen...  ;)
Sag Bescheid, auf meinem Laptop sind 60 Seiten der Story existent  ;D

Schreinhüter

Hetze muss für mich leiden, Dorn leidet mit.

ZitatIn Hetzes Gesicht löste sich die Haut um die markanten Falten, wie aufgetragenes Wachs. Dorn nahm eine Handlaterne vom Deckenhaken, entzündete sie mit einem Schwefelholz und betrachtete ihn besorgt. Geschwärzte, feine Äderchen. Sie wirkten unter der blätternden Haut, als hätte ihm ein verrückter Arzt Tinte in die Blutbahnen gespritzt. Mit jedem Herzschlag fraß sich das Muster weiter in die angestrengten Züge seines Bruders. Es konnte nur eines bedeuten.

Jetzt fühle ich mich schuldig, als wäre ich der verrückte Arzt.  :'(

der Rabe

*hibbel* ja, aber was bedeutet es, Schreinhüter?
Bist du erst unten im Tal angekommen, geht es nur noch bergauf. (C) :rabe:

AngryMuffin

Zitat von: Schreinhüter am 02. Oktober 2011, 21:19:59
In Hetzes Gesicht löste sich die Haut um die markanten Falten, wie aufgetragenes Wachs. Dorn nahm eine Handlaterne vom Deckenhaken, entzündete sie mit einem Schwefelholz und betrachtete ihn besorgt. Geschwärzte, feine Äderchen. Sie wirkten unter der blätternden Haut, als hätte ihm ein verrückter Arzt Tinte in die Blutbahnen gespritzt. Mit jedem Herzschlag fraß sich das Muster weiter in die angestrengten Züge seines Bruders. Es konnte nur eines bedeuten.

Okay, Memo an mich: hier nicht mehr vorm Schlafengehen reinschauen, weil Alptraumgefahr  :gähn:
Aber tolle Textstelle  :jau: Uh, besonders das mit der Tinte gefällt mir!  :pompom:

Schreinhüter

Zitat von: der Rabe am 02. Oktober 2011, 21:31:09
*hibbel* ja, aber was bedeutet es, Schreinhüter?

Ja, dass ich den armen Hetze zu sehr quäle und dass Dorn dafür ebenfalls leiden muss. Leider  :zensur: Mehr davon, irgendwann  :buch:

Zitat von: AngryMuffin am 02. Oktober 2011, 23:31:04
Okay, Memo an mich: hier nicht mehr vorm Schlafengehen reinschauen, weil Alptraumgefahr  :gähn:
Aber tolle Textstelle  :jau: Uh, besonders das mit der Tinte gefällt mir!  :pompom:

Danke :) Ich werde mich hüten meine schlimmeren Stellen vor Mitternacht zu posten. Diese hier ist ja noch harmlos  ;)

Schakka

#613
Wow, die Stelle ist echt gelungen  :jau:
Sehr schöne Beschreibungen nimmst du da her!! Aber der Name Dorn hat mir grade kurzzeitig den Atem geraubt, eines meiner Werke heißt so!
Hier mal eine Stelle aus genau diesem Buch, die ich sehr gern mag:

Also Neutrums sind ganz, ganz böse Monster und der Ich-Erzähler hat gerade ein paar schlafende entdeckt.

ZitatIch streiche mit dem Finger über die Oberfläche des Neutrumkopfes - überwältigt von dem Gefühl, so etwas vollkommenes berühren zu dürfen -  als plötzlich etwas schief geht. Eben noch einer leeren weißen Fläche gegenüberstehend, fühle ich mich plötzlich von zwei kugelrunden, stechend scharfen Augen beobachtet. Zwei Kreise inmitten des leeren Gesichts, die sich unter meinen Fingern auftun und mich ausdruckslos anstarren.
Im Kino wäre dieser Moment mit allen nur erdenklichen Showeffekten ausgestattet worden. Ein dramatischer Ton, das Verwackeln des Kamerabildes und nicht zuletzt die Art, wie das Neutrum seine Augen öffnet. In einem Film wäre dies eine schnelle, kraftvolle Bewegung gewesen, der ein rotäugiges Starren folgt.
Aber in der Realität läuft es anders. Gleichmäßig öffnen sich die beiden Kreise und sind genauso ausdruckslos und leer, wie der Rest des Gesichtes. Völlig unschockierend eigentlich, doch gerade das ist es, was diesem Moment so etwas namenlos entsetzliches einhaucht.

Alaun

#614
So, ich habe auch nach langer Zeit mal wieder etwas, das mir ganz gut gefällt.

ZitatJonathan schluckte schwer. Vielleicht, wenn er es auf einen Versuch ankommen ließ, wenn er ...
Der Widerstand war gebrochen, ohne dass Jonathan hätte sagen können, wie es geschehen war. Wie in Trance schlug er das Buch auf und blätterte durch die ersten Seiten. Sonne und Mond, die Gestirne, Kelche, Flammen, Phoenixe. Sein Blick glitt über die Symbole, die Zeichen, die Sätze in lateinischer Sprache, und eine heftige Übelkeit erfasste ihn. Blut. Tod. Jonathan wurde das Atmen schwer. Angst. Schreie. Schreie. Ein Schwindel erfasste seine Sinne und raubte ihm jede Kraft, so als flösse alle Energie seines Blutes in die vor Jahrtausenden geschriebenen Zeilen hinein. Gleißendes Licht umgab ihn, tauchte das Antiquitätengeschäft in grelle Lichtblitze- oder halluzinierte er und nichts von all dem ...? Er schnappte nach Luft, glitt keuchend von seinem Stuhl und schlug in der Bewegung mit letzter Kraft das Buch zu. Sofort verlosch das Gleißen um ihn herum. Der Laden lag ruhig.

Armer Jonathan. Böses Buch. Böses, böses Buch.  :darth: