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Wie ausgeklügelt muss/sollte eine Welt eigentlich sein?

Begonnen von Sonnenblumenfee, 27. Februar 2011, 12:22:17

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Fianna

Ich finde auch, Historische Romane und High Fantasy/Low Fantasy/Heroic Fantasy/Sword and Sorcery haben durchaus vieles gemeinsam.

Wenn man eine Welt erfindet, muss man ja auch durchaus einiges recherchieren, und eine gute Antwort auf Fragen bietet oft die Geschichte. Es gibt nichts nicht-magisches, was nicht schon in 300.000 Jahren irgendwann mal irgendwo auf diesem Planeten da war oder entwickelt wurde.
Und auch bei Magie/Dämonen gibt es oft genug Mythen und Sagen, die ähnlichen Prinzipien folgen (auch abstraktere Sachen wie Magiekonzepte).

Wenn ich das Gefühl habe, bei mir passt etwas nicht zusammen oder ich habe ein unlösbares Problem, habe ich früher immer gezielt nach Epochen und Ländern geschaut, in denen diese Elemente vorkamen, und habe mir "angelesen", was dafür im Schnitt für Grundbedingungen vorhanden sein müssen.
Und dann eben entsprechend in meiner Welt modifiziert, dass es stimmig ist.

Ich finde es immer befremdlich, wenn Leute sagen "Bei Fantasy braucht man keine Recherche".

Felsol

Es ist tatsächlich so, dass es auf die jeweilige Geschichte ankommt. Wenn sie wirklich ausnahmslos in einem Teil der Welt angesiedelt ist, der nie und unter keinen Umständen irgendetwas mit anderen Teilen der Welt zu tun hat (z.B. eine Geschichte, bei der sich der oder die "Helden" nur in einem begrenzten "Raum" bewegen).

Trotzdem ist der Vorteil, auch über den Rest der Welt Bescheid zu wissen, immens, weil auch Einflüsse von anderen Ländern, Reichen, Kontinenten durchaus Einfluss auf das Geschehen in dem Raum, in dem sich die Helden bewegen, nehmen kann und in vielen Fällen sogar sollte.

Trotzdem MUSS man natürlich nicht jede Kleinigkeit wissen, aber grundlegende Dinge sollten schon bekannt sein.

Farean

Zitat von: Fianna am 20. Juni 2012, 18:03:45
Ich finde es immer befremdlich, wenn Leute sagen "Bei Fantasy braucht man keine Recherche".
Wer sagt das denn?

Zit

N00bs oder Leute, die sich nicht wirklich tiefgehend mit Fantasy und im speziellen High Fantasy auseinander gesetzt haben.
Guck mal im DSFo, da tauchen regelmäßig Leute auf, die meinen, Fantasy zu schreiben, weil sie nix recherchieren brauchen und sich alles so (willkürlich) drehen können, wie es ihnen passt. Dort gibts auch so einen Thread Warum Fantasy? Da prallt alles aufeinander, was es so an Meinungen gibt. Erschreckend, zum Teil.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Farean

Das! Tut! Weh! :wums:


Naja, es gibt genug "Historien"autoren, die auch nicht besser sind... ::)

Tanja

Ich muss sagen, ich bin doch eher perfektionistisch, was den Weltenbau angeht. Bei mir muss nicht nur die Welt an sich logisch sein, sondern auch alles darin. Es regtmich z.B. jedes Mal total auf, wenn es in Romanen eine 100 jährige Geschichte des Landes gibt, in der augenscheinlich keinerlei technischer (oder magischer) Fortschritt gemacht wurde und sich nie die Gesellschaftsform geändert hat.

Ich überlege mir bei meinen Welten folgende Punkte:

- Wissenschaft und Technologie
- Kultur und Ethnologie
- Ökosysteme
- geologische Gegebenheit
- Einfluß der Umwelt auf die dort lebenden Menschen
- Magie (falls vorhanden) : Herkunft, Funktion, Grenzen
- Politische Systeme
- Stellung der einzelnen Länder zueinander
- Religionen

Das alles muss nicht für jede Geschichte bis ins kleinste Detail ausgefeilt sein, jede Story hat einen anderen Schwerpunkt, aber es muss logisch sein.
Ich recherchiere dafür übrigens gerne in Büchern, die geschichtliche, politische, kulturelle oder ökologische Zusammenhänge behandeln.
Wußtet ihr z.B., dass es bei der Entstehung der Landwirtschaft und der Domestikation der Kulturpflanzen unter anderem darauf ankommt, wie der Kontinent zur Erdachse liegt? Also, eher Nord-Süd-Ausrichtung (Afrika, verschiedene klimazonen) oder Ost-West (Eurasien, viele ähnliche Klimazonen)?
Das wiederum hat Einfluss auf die Entwicklung einzelner Völker und deren Kultur. Ich liebe solche Details  :vibes:

Grüße
Tanja

Fianna

Zitat von: Farean am 04. Juli 2012, 15:11:51
Wer sagt das denn?
In jedem Forum, auch in diesem, sehe ich immer wieder mal Beiträge, die sagen, dass sie deswegen Fantasy schreiben.
Wenn da nur steht "... keine Recherche", weiß man ja nicht, ob die Leute sich nicht wirklich viel Gedanken um ihre Welt machen und es einfach genießen, dass sie keine Daten etc beachten müssen, sondern selbst schaffen. Nicht jedes Mal ist es so wie Zitkalasa schrieb.

Aber da sich mit diesen Usern häufig in Diskussionen eben die "Keine Recherche- keine Überlegungen - alles was ich will"-Einstellung abzeichnete, setze ich das inzwischen mit einem knappen "Schön, keine Recherche" gleich.

Ein paar Dinge, die mit allen Ländern zu tun haben, habe ich mir grundlegend für meine Welt ausgedacht, außerdem gibt es einen historischen Hintergrund, der begründet, warum die Länder so aufgeteilt/beherrscht werden, ein Hintergrund der länderübergreifend ist. (Diese paar Skriptsätze in meinen Hintergrund-Ordnern würden schon Möglichkeit für 2 High Fantasy Romane geben  ;D doch es war mir zu klassisch, von den riesigen Machtbestrebungen eines einzelnen Landes oder einer Gruppe zu beschreiben, und deswegen erzähle ich lieber in der Weltordnung, die danach entstanden ist.)

Ansonsten mache ich immer das, was ich brauche. Bei Kurzgeschichten in nicht ausgedachten oder fremden Ländern wird nur das erfunden, was gebraucht wird, aber ich täusche gerne vor, dass es links und rechts von der Straße/Stadt/Land noch etwas gibt. Ich lasse auch gerne kleine Details einfließen, so dass der Leser den Eindruck hat, dass da eine gewachsene Kultur hintersteht, dabei existiert praktisch nur das, was in der KG vorkommt.

Farean

#37
Zitat von: Fianna am 06. Juli 2012, 00:52:11
"Keine Recherche- keine Überlegungen - alles was ich will"
Naja, in letzter Konsequenz: warum nicht? Wie gesagt, diese Geisteshaltung kommt mir auch von manchen Historienautoren bekannt vor. ::) Was die Fantasy betrifft, nicht jeder ist ein Michael Ende, der es schafft, ein pures Phantasien wahrhaftig mit Leben zu füllen. Natürlich soll es jeder gern versuchen ;), aber ich persönlich ziehe es doch vor, in meine Szenarien erst mal Grund reinzubringen. Außerdem fördert Recherche manchmal Dinge zutage, die mir in meiner kühnsten Phantasie nie eingefallen wären. Ich hätte z.B. nie gedacht, was für einen spannenden Handlungsrahmen für eine Flußreise ein Floß abgeben kann.

Zitat von: Fianna am 06. Juli 2012, 00:52:11
Ein paar Dinge, die mit allen Ländern zu tun haben, habe ich mir grundlegend für meine Welt ausgedacht, außerdem gibt es einen historischen Hintergrund, der begründet, warum die Länder so aufgeteilt/beherrscht werden, ein Hintergrund der länderübergreifend ist.
Du plazierst deine Geschichten alle in derselben Welt?

Zitat von: Fianna am 06. Juli 2012, 00:52:11
Ansonsten mache ich immer das, was ich brauche. Bei Kurzgeschichten in nicht ausgedachten oder fremden Ländern wird nur das erfunden, was gebraucht wird, aber ich täusche gerne vor, dass es links und rechts von der Straße/Stadt/Land noch etwas gibt. Ich lasse auch gerne kleine Details einfließen, so dass der Leser den Eindruck hat, dass da eine gewachsene Kultur hintersteht, dabei existiert praktisch nur das, was in der KG vorkommt.
:hmmm: Wenn ich's recht bedenke, mache ich es auch in meinen Romanen genauso. Ich arbeite mich vorher gründlich ins "Feeling" der Welt ein, um unterwegs gut und stimmig improvisieren zu können, aber eine genaue Ausarbeitung der Geographie und der einzelnen Länder im Vorfeld betreibe ich eigentlich nur fürs Rollenspiel. Beim Romaneschreiben lasse ich zu Anfang den größten Teil der Landkarte weiß.

Snöblumma

Zitat von: Fianna am 06. Juli 2012, 00:52:11
Ansonsten mache ich immer das, was ich brauche. Bei Kurzgeschichten in nicht ausgedachten oder fremden Ländern wird nur das erfunden, was gebraucht wird, aber ich täusche gerne vor, dass es links und rechts von der Straße/Stadt/Land noch etwas gibt. Ich lasse auch gerne kleine Details einfließen, so dass der Leser den Eindruck hat, dass da eine gewachsene Kultur hintersteht, dabei existiert praktisch nur das, was in der KG vorkommt.

Dito. Bei Romanen allerdings baue ich mehr Welt, auch im Vornherein. Ich plane zwar nicht alles, aber wenigstens die klimatischen Bedingungen, die Stadt-/Land-Verteilung und die Wirtschaftsstruktur müssen grundsätzlich stehen, ehe ich das Schreiben anfange. Was ich qua Studium immer bauen muss, und zwar schon fast zwanghaft, ist ein Rechts- und Herrschaftssystem. Ich brauche eine Verfassung in irgendeiner Form, ehe ich anfangen kann, zu schreiben. Erbrechtliche Vorgänge müssen mir klar sein (Konfliktpotenzial  ;) ), Eigentumsverhältnisse will ich kennen, und familienrechtliche Strukturen. Ohne das kann ich nicht anfangen. Klar braucht man mal mehr, mal weniger davon für die konkrete Geschichte, aber ich will wissen, wieso all diese Figuren genau dort auftauchen, wo sie sich in die Geschichte schmuggeln.

Zum Thema "keine Recherche, weil es Fantasy ist": Nope. Recherche ist es genauso viel. Ich finde nur, das Schöne an Fantasy ist, dass ich es eben nicht genauso machen muss wie in der realen Welt. Wenn in der realen Welt das Erbrecht der Frau in vielen Kulturen nicht anerkannt ist/war, heißt das ja nicht, dass das in meiner Welt auch so sein muss. Wenn sich hier die Geschichte aus irgendwelchen Gründen so entwickelt hat, kann sie sich ausgehend von denselben Faktoren in meiner Welt ganz anders entwickeln. Um damit umgehen zu können, muss man m.E. aber wissen, welche Faktoren an welchen Stellen der realen Welt für die Verhältnisse mitbestimmend waren - einfach, um an den richtigen Stellschrauben zu drehen. Sonst endet man am Ende mit einem Land inmitten der Wüste, das sich aus ominösen Gründen voll selbst versorgen kann und nie Wassermangel hat. Und löst das dann durch Magie.  ::) Ohne dass es negative Rückkopplungen auf irgendetwas anderes gibt... ne, so etwas kann ich gar nicht ab.

Was mir persönlich auch immer wichtig ist: Das Wirtschaftssystem muss stimmen. Ich muss erklären können, wieso es beispielsweise ein Reichtumsgefälle zwischen einzelnen Ländern gibt. Wieso ein Herrscher sich ein stehendes Heer leisten kann, der andere aber nicht. Wieso es gelingt, das Volk zu unterdrücken, und wieso keiner aus dem Volk auf die Idee kam, aufzumucken.

Wo ich selbst immer schlampere, ist das Religionssystem. Ich habe sowieso wenig Magie in meinen Geschichten (bzw. nur sehr hintergründige), und Religion bisher eigentlich in keiner. Ab und  zu tauchen mal Tempel und Volksglauben auf, aber wirklich nur am Rande. Aber auch da habe ich mich mehr oder weniger bewusst dafür entschieden, da ich höhere Mächte und ähnliches schlicht und ergreifend nicht in meiner Welt haben wollte. Aber auch dafür gibt es Gründe, weltimmanent.

FeeamPC

#39
Religion ist ebenso wie Ideologie ein nicht zu unterschätzender Machtfaktor. In beiden Fällen können gute Anführer, allein auf der inneren Logik ihrer Weltvorstellung aufbauend, ein so schlüssiges Weltanschauungskonzept entwickeln, dass alleine das bereits herrlich viel Konfliktpotential bietet.

Snöblumma

Ja, in der Tat, aber ich habe mich irgendwann bewusst dagegen entschieden, mit diesem Machtfaktor zu spielen. Ideologien, ja, aber keine Religionen. Mir reichte das, was ich in der realen Welt an verrückten Fanatikern mitbekomme, das wollte ich mir nicht auch noch in meinen Geschichten antun ;).

Nein, im Ernst: Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich mit fanatischen Religionen nicht viel anfangen kann, darum lasse ich diesen Faktor gerne schleifen. Und ich finde es reizvoll, zu ergründen, wie außer mit Religion sich Menschen manipulieren lassen. Da gibt es immer noch eine ganze Menge. Politische Ideologien können genauso fanatisch verfolgt werden, Ehrenkodizes, alte Bräuche, Zwiste zwischen Völkern... ach, es gibt so viel. Auch wenn ich dir Recht geben muss damit, dass Religion wirklich viel Konfliktpotenzial bietet. Dass ich es nicht nutze, liegt wirklich an mir. Ich mag Religion nicht nutzen, also lasse ich sie am Rande. Oder baue atheistische Welten... in denen die Menschen dann eben an ihre politischen Anführer glauben, an Grundüngsmythen der einzelnen Reiche oder an die Wissenschaft. Auch das bietet Spannungspotenzial.

Fianna

#41
Zitat von: Snöblumma am 06. Juli 2012, 09:12:55
Ehrenkodizes, alte Bräuche, Zwiste zwischen Völkern...
Diese hängen aber oft an religiösen/mythologischen Dingen. Mythen sind die Art und Weise, in der Völker ihre Vergangenheit verarbeiten. Der Minotaurus, gegen den Theseus, kämpft, ist evt eine alte Erinnerung an die mionische Vorherrschaft, die endete. Die Sagen um Remus und Romulus (und ihre Kämpfe/Mord) hängt mit der Koexistenz/Vorherrschaft von Römern und Etruskern zusammen.

Schade, dass Du es bewusst ablehnst. Ich dachte schon, wir könnten religiösen/mythischen gegen juristischen Input tauschen  :D

Zitat von: Farean am 06. Juli 2012, 08:07:13
Du plazierst deine Geschichten alle in derselben Welt?
Oja. Zuerst war es Zufall, dann bewusste Entscheidung.
Ich finde das sehr schön, denn bei vielen Büchern führt die erfundene (stimmige) Welt bei näherer Betrachtung auf genau einen Konflikt zu, nämlich den des Buches. (Bzw. DIE, bei einem komplexen Buch sind es ja schonmal 2-3). Das ist ein so unausweichlicher Prozess, für den allein diese Welt existiert - das finde ich sehr schade. Welten/Kulturen können soviel komplexer sein - und man kann dennoch einen Plot straight auf sein Ende zuführen (ohne den Zufall zu bemühen), obwohl die Welt nicht so explizit auf genau diesen einen Konflikt ausgerichtet ist.
Das kann sogar dramatischer und tragischer sein, da der Plot nicht unausweichlich ist, sondern sich erst durch bewusste Entscheidung (oder Täuschung und daraufhinführendes Handeln) eines Protagonisten entwickelt.

Ich finde es immer schade wenn DER Plot in einem Land geschieht, und die anderen Länder existieren nur als Mitläufer, Raus-Halter oder Gegner, nicht um ihrer selbst willen.
Da ich kein High Fantasy schreibe, fand ich es nur stimmig , dass (nicht unbedingt ganz genau) ZEITGLEICH in verschiedenen Ländern unterschiedliche dramatische Dinge (=Plots zu Romanen) passieren können.

Außerdem fand ich es sehr interessant, wie Länder mit einem ursprünglich gemeinsamen Hintergrund sich auseinander entwickelt haben.
Wie sich die Realitäten von Menschen unterschiedlicher Kulturen unterscheiden (beispielsweise, wie Menschen & Fantasyvölker in einigen Ländern koexistieren, in einem anderen dagegen von der Allgemeinheit als erfunden angesehen werden, da sie sich verborgen halten. Oder wie sie als Götter/Dämonen angesehen werden, und man sich für ihr Erscheinen eine Erklärung einfallen lässt --> Mythos. Bei letzterem habe ich selbst erfundene Wesen genommen.)
Diese Überlegungen sind bei KGs oder Romanprojekten oder Ländern in den Hintergrund mit eingegangen.

Ich brauchte bei der Entwicklung meiner Welt Begründungen für Grenzen, die x Jahrhunderte gehalten haben.
Wenn da nicht gerade eine riesige geographische Barriere ist, wirds teilweise schwierig: Angenommen, ein Land hatte in der Vergangenheit strukturelle Schwächen (Grundlage für Gegebenheiten des Plots, damals kam es zu Dynastiewechsel oder sonstiges) , dann stellt sich mir als erstes die Frage: ja, WARUM gibt es das Land denn noch? Warum hat es diese im Hintergrund spielenden und im Plot nur kurz erwähnten Dinge überhaupt überlebt?
Es bietet sich doch geradezu an, dass das Nachbarland dort einfällt und sich vergrößert. Friedensbündnisse wurden schon in der Geschichte gerne gebrochen, Verträge und Moral werden unwichtig, wenn es um das eigene Wohl oder gar Überleben geht. (Ich habe sehr pragmatische Länder/Protagonisten, Verträge oder Moral zählen in Krisenzeiten nur, wenn da handfeste Vorteile drin stecken).
Sucht man neben hochmoralischen "Wir haben da wohl einen Friedensvertrag?  :buch: Och schade, dann eben nicht"-Begründungen jedoch eine andere logische Erklärung dafür - bilden diese Gründe sofort einen Teil der Hintergrundgeschichte des Kontinents. Ohne bewusstes Steuern hat sich dieser Wust an Einzel-Überlegungen und Begründungen zu einer sehr stimmigen Hintergrundgeschichte des Kontinents entwickelt.
Und das ist ein unerwartetes Geschenk, dass ich nicht zurückweisen möchte.

Ich habe nicht 30.000 Stunden da gesessen und mir den Kopf zerbrochen, und es auch nicht explizit so entwickelt. Es hat sich irgendwie über einige Jahre von alleine so entwickelt: Hier eine KG, die ich mal in das Land X pflanze (Plot/Konflikt erweitert nebenbei Geschichte/Kultur von dem Land bzw. dem Kontinent, oder ein Konzept von etwas wie Magie Ko-Existenz Menschen-"Fantasywesen" etc), hier ein Romanplot, den ich in jenes Land tue.
Dann mal 30 Minuten hinsetzen und überlegen: Was habe ich eigentlich für ein Militärkonzept? Natürlich schwankt es von Land zu Land, aber so eine grobe Linie sollte der Autor ja kennen, wenn ich reisende Helden habe. Es muss da irgendwie eine Überlegung geben, worauf sich das Erlangen von Positionen gründet: Nationalität? Gesellschaftliche Klasse? Läuft das über Abhängigkeitsverhältnisse/Empfehlungen von Dienstherrn, die wiederum adelige Kumpels sind, die sich alle untereinander "kennen"? Oder gibt es da unterschiedliche Ausbildungskonzepte, die einen quasi länderübergreifend für unterschiedliche Dinge "qualifizieren"? *entwickel* Mist, das sind irgendwie widerstreitende Dinge. Die können gar nicht dauerhaft nebeneinander existie... :o  :o :o Yeah. Es geht natürlich NICHT mal ebenso koexistierend, aber dieser Konflikt löst ein dickes fettes Plotproblem in der Hintergrund-Geschichte von Projekt E. Mit Kopfzerbrechen bin ich niemals diesem Problem beigekommen (weswegen es nach hinten geschoben und zu Projekt E wurde).
Anderes Beispiel für verzahnte Projekte: Ich musste in einem isolierten Land einen hochrangigen Elben verschwinden lassen, um ein Machtvakuum zu schaffen (Hintergrundgeschichte von Plot A). Der einzige stimmige Grund bestand darin, eine in einem anderen Plot wichtige elbische Tradition zu benutzen (Hauptgeschichte Plot D). Erst durch das Bejahen des parallelen Existerens in derselben Welt - die Elben in A & D haben einige Traditionen/Bräuche gleich, da sie auf demselben Kontinent leben - konnte ich dieses Plotproblem der Hintergrundgeschichte lösen.
Plot D setzt übrigens einen Umstand ins Zentrum, der in Plot E nur kurz als Fakt gezeigt wird.


Eigentlich KANN ich das alles gar nicht voneinander trennen. Und ich will es auch nicht trennen.
Ich glaube, es gibt sogar bei einigen Büchern (Ursula LeGuin?) verschiedene Plots in derselben Welt, die dann in unterschiedlichen Büchern unterschiedliche Aspekte einer Welt in unterschiedlichen Ländern beleuchten. Oder verwechsel ich da den Autor?


Wenn ich ganz großes Glück habe, schreibe ich am Markt vorbei oder doch etwas zu schlecht für eine Veröffentlichung, dann muss ich mir nie die Frage stellen, ob ich um einer Veröffentlichung willen ein Projekt hinauslöse und in eine Extra-Welt setze, weil es der Verlag so wünscht  :D Meine Schublade stört sich nicht an dem Konzept der gleichen Welt.

Snöblumma

Zitat von: Fianna am 07. Juli 2012, 04:10:02
Diese hängen aber oft an religiösen/mythologischen Dingen. Mythen sind die Art und Weise, in der Völker ihre Vergangenheit verarbeiten. Der Minotaurus, gegen den Theseus, kämpft, ist evt eine alte Erinnerung an die mionische Vorherrschaft, die endete. Die Sagen um Remus und Romulus (und ihre Kämpfe/Mord) hängt mit der Koexistenz/Vorherrschaft von Römern und Etruskern zusammen.

Schade, dass Du es bewusst ablehnst. Ich dachte schon, wir könnten religiösen/mythischen gegen juristischen Input tauschen  :D

Oh, da habe ich mich etwas missverständlich ausgedrückt. Dass die meisten Mythen solche Hintergründe haben, weiß ich. In der Realität beschäftige ich mich auch sehr viel mit Religion und Co. Aber in meiner Fantasy-Welt habe ich mich bewusst dafür entscheiden, dass sie ca. 500 Jahre vor den aktuellen Geschehnissen aus diversen Gründen allen Glauben an Übersinnliches etc. verbannt haben ;).

Fianna

Vielleicht kann ich ja mal was anderes gegen juristischen Input tauschen  ;)

Valaé

Gerade erst rede ich mit einer anderen Zirklerin über meine Bedenken, alle meine Bücher in einer einzigen Welt spielen zu lassen und jetzt stolpere ich darüber, dass das Thema hier auch bequatscht wird  :vibes:. Erstmal möchte ich dir, Fianna mal kurz ganz lieben Dank sagen, da du mir mit deinen Begründungen und deinen Ausführungen ein wenig mehr Sicherheit zurückgegeben hast.
Bei mir ist es auch eher gewachsen, als dass ich das geplant hätte. Ich wollte High Fantasy schreiben, habe eine Welt gebastelt, sie hat sich verselbstständigt, der Plot der Geschichte ging den Bach runter und ich habe angefangen, eine andere Geschichte dort spielen zu lassen. Aus einer Geschichte wurden 3 und jede Geschichte brachte ein Hintergrundwissen, eine geschichtliche Begebenheit oder einen Nebencharakter hervor, der oder die wiederum so interessant war, dass er oder sie nach der nächsten Geschichte geschrien hat und so hat mich dann meine eigene Welt mitgenommen durch meine eigenen Geschichten.
Ich finde diese Art zu schreiben nach wie vor wunderbar und auch dem Argument, dass du nennst, Fianna, dass es damit auch eine Welt gibt, die nicht so auf ein Problem zugeschnitten wirkt, sondern x Probleme gleichzeitig passieren kann ich nur zustimmen. Auch das hat mich immer sehr fasziniert.
Natürlich ist diese Welt mittlerweile viel komplexer, als sie für ein einfaches Buch notwendig wäre, aber das liegt eben auch daran, dass mehrere Geschichten darin spielen. Ich habe auch keine Ahnung, ob in der Welt noch ein High Fantasy Plot funktionieren würde, aber das spielt im Moment auch keine Rolle, denn ich schreibe keine High Fantasy mehr.
Manchmal kommt man mit den ganzen Beeinflussungen allerdings auch schnell durcheinander oder muss eine Plotidee verwerfen, weil sie so nicht funktioniert, da es sich mit anderen Gegebenheiten beißt. Wobei, wie du selbst auch schon sagst, viele Dinge eher zu einem interessanten Konflikt führen und so alles wunderbar stimmig wirkt. Man muss als Autor dann eben nur die Konsequenz haben, sich an die Regeln der eigenen Welt zu halten. Manchmal vergesse ich beispielsweise Dinge, die ich mal festgelegt habe, das kann dann zu Ärger führen, aber da bin ich dann eben auch selbst dran schuld.

Bedenken hatte ich bei dieser Schreibweise damit, dass ich schon ganz gerne veröffentlichen würde und es mir absolute Bauchschmerzen bereitet, daran zu denken, auch nur eine meiner Geschichten aus diesem Geflecht lösen zu müssen ... einfach, weil es zusammengehört und weil die Geschichte in einer anderen Welt nicht mehr funktionieren würde.
Aber erst einmal bin ich erleichtert, dass ich nicht die Einzige bin, deren ganze Geschichten alle in einer Welt spielen und dauernd ineinander übergreifen. Das bekräftigt mich gerade etwas in dem Entschluss, dass ich damit einfach weitermachen sollte wenn es mir so viel Spaß macht, wie es das immer noch tut  ;).
Natürlich - um auf das ganz ursprüngliche Thema zurückzukommen - hat eine Welt, die nur für eine Geschichte gebraucht wird weit weniger komplex zu sein. Aber ich erfinde eigentlich auch jeweils nur das, was für die eigentliche Geschichte gerade so nötig ist.