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Verlauf einer Besiedlung eines Landes und dem Bau einer Stadt

Begonnen von Cogeris, 29. Juni 2014, 19:31:41

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Cogeris

Hallo liebe Weltenbauer,

in meinem neuesten Projekt habe ich vor, eine Stadt während der Handlung zu errichten. Trotzdem weiß ich nicht genau, wie ich damit anfangen soll.

In meinem Fall muss ich noch kurz etwas erklären: Eine ganze Kleinstadtbevöllkerung muss aus ihrer Stadt flüchten und sich weit entfernt eine neue Existenz aufbauen. Sie reisen in den Osten und finden eine großes Meer aus Wiesen, Wald und Hügeln. Durch die Fläche zieht sich ein kleiner Bach. Zuerst treffen sich die ganzen Familienoberhäupter um das Land zu verteilen.
----zur INFO: Die Welt ist mittelalterlich geprägt----
Nun zu meinen Fragen:

Wie würdet ihr weitermachen?

Hattet ihr selbst schon mal in einem Projekt vor eine Stadt zu bauen und habt dies ausgeführt?

Ich hoffe auf viele Anregungen!

liebe Grüße,

Cogeris


Kadeius

Im Verdacht darauf, dass es sowas noch nicht gibt und der Thread hier nicht noch verschoben wird, mache ich mal den Anfang.

1. Du musst auf die Umgebung achten. Wiesen sind schön und gut, ein Fluss ist wichtiger; gibt es Baumaterial? Eine Stadt, ein Dorf in der Nähe, mit dem man Handel treiben kann?

2. Ist das erlaubt, sich dort niederzulassen oder haben die Bewohner wenige Tage nach dem Besiedeln die Exekutive des Königs / Großgrundbesitzers zu fürchten, der sie von seinem Land vertreibt?

3. Ist die Grundversorgung während des Aufbaus gesichert? Sind das Klima, die grundlegenden Voraussetzungen etc. bekannt?

Das sind alles Fragen, die vorher oder zumindest während des Entstehungsprozesses geklärt werden müssen.

Liebe Grüße,
Kadeius

Cogeris

#2
ZitatDu musst auf die Umgebung achten. Wiesen sind schön und gut, ein Fluss ist wichtiger; gibt es Baumaterial? Eine Stadt, ein Dorf in der Nähe, mit dem man Handel treiben kann?

Die Wiesen werden sofort teils umgepflügt um daraus Ackerland zu machen. Aus den Wiesen werden eingezäunte Weiden gemacht, sodass man dort die Schafe, Rinder und sonstiges Vieh weiden lassen kann. Baumaterial ist hauptsächlich Holz anfangs, doch sie finden Erz. Und am Fluss finden sie auch Lehm, was zum Dämmen der Häuser wichtig werden kann.
Ja, eine Stadt ist in der Nähe. Von dort holen sie die Werkzeuge und Landwirtschaft'maschinen', sodass sie gleich mit dem Bebauen loslegen können.

ZitatIst das erlaubt, sich dort niederzulassen oder haben die Bewohner wenige Tage nach dem Besiedeln die Exekutive des Königs / Großgrundbesitzers zu fürchten, der sie von seinem Land vertreibt?

Erlaubt.. Nein. Sie haben sich einfach dort niedergelassen, weil sie sonst keine andere Möglichkeit hatten. Da sie von ihrer alten Stadt geflüchtet sind, haben sie sicher die Armee des Königs hinter sich her. Aber sie haben anfangs nicht sehr viel Angst davor, da das Heer zuerst an verbündeten Städten vorbei müsste.

ZitatIst die Grundversorgung während des Aufbaus gesichert? Sind das Klima, die grundlegenden Voraussetzungen etc. bekannt?

Der Wald und alte Vorräte, sowie der Handel sind sehr wichtig. Aber da sie auch noch Tiere haben, können sie auch noch von diesen Gütern etwas überleben.
Klima ist mild. Zu Beginn befindet man sich im Frühjahr.

Liebe Grüße,

Cogeris

Miezekatzemaus

#3
Ich meine, dass wir irgendwo einen Städtebogen haben, ich gehe kurz suchen. Wenn ich ihn gefunden habe, editiere ich den Link!

Viele Grüße
Mieze

So, EDIT: Städtebogen von Zit

Kadeius

Das trifft zwar in etwa das, was man dabei zu bedenken hat, aber das war ja eher als Thread für Anregungen gedacht, wie der Prozess innerhalb des Werkes von Statten geht und nicht beim Plotten. Der verlinkte Thread zielt m. E. mehr auf das Plotten.

Miezekatzemaus

Ja schon, aber Cogeris möchte ja explizit eine Stadt aufbauen.  ;)

Und damit das hier nicht völlig Off Topic bleibt:

Ich tue mich mit solchen Dingen sehr schwer. Aber ich will dennoch mal versuchen, einige andere Punkt zu nennen.
Was ist mit Dingen wie Windmühlen, Wasserrädern, etc.? Mehr fällt mir gerade leider nicht ein.

Viele Grüße
Mieze

traumfängerin

Rebecca Gablé hat das Buch "Die Siedler von Catan", geschrieben (richtig, zu dem Spiel "Die Siedler von Catan"). Der Plot ist kurz zusammengefasst, dass eine Dorfgemeinschaft eines Wikinger ähnlichen Volkes zu einer geheimnisumwobenen Insel aufbricht, um sich dort niederzulassen, da in ihrem Dorf durch Missernten und ständige Überfälle das Leben schwer geworden ist. Angekommen in ihrer neuen Heimat müssen sie ein Dorf aufbauen, und zwar möglichst schnell, denn der Winter naht. Irgendjemand hat die glorreiche Idee, dass es schneller geht, wenn sie zusammenbauen. Wer welches Haus bekommt, wird vorher ausgelost. Gleiches tun sie, wenn ich mich recht entsinne, mit den Äckern, die Hälfte baut Häuser, die andere Hälfte legt Äcker an und bepflanzt diese. Gleichzeitig kommt es zu Konflikten wegen der Frage, wann ein Tempel gebaut, wann die Schmiede gebaut werden muss, und da die Dorfgemeinschaft dann doch nicht so frei von Egoismus ist, wie sie sich anfangs gibt. Da Rebecca Gablé immer sehr gut recherchierte und historisch fundierte Bücher zu schreiben pflegt, lohnt es sich durchaus dieses Buch zu lesen, da ähnlich wie bei dem Spiel Siedlungsgründung und Städtebau eine große Rolle spielen.

Sternsaphir

Ich würde darauf achten, dass die Menschen ja erstmal provisorische Bleiben brauchen (z.B. Zelte oder kleine Unterstände) und sich erst nach und nach feste Unterkünfte bauen können.
Das Bauen von Häusern braucht sehr viel Zeit, denn gleichzeitig muss ja auch die Nahrungsversorgung gewährleistet werden, d.h. die Leute werden alle Hände voll zu tun haben.

Wieviel "Material" bringen denn Deine Siedler mit (Werkzeug, Saatgut, Mobiliar etc.)?

Holz muss geschlagen und bearbeitet werden. Die dafür nötigen Werkzeuge könnten die Siedler ja mitführen.
Aber was ist mit Metall (z.B. für Nägel)?
Beim Erzabbau muss man Stollen graben, das Erz fördern, ausschmelzen und verarbeiten. Da braucht man schon eine bestehende Infrastruktur (Minenwerkzeuge, Transport, Schmelzöfen, Schmiede).

Später wollen die Leute bestimmt auch Steinhäuser haben, feste Straßen etc. Der Stein muss aus geeigneten Steinbrüchen (die auch erstmal freigelegt werden müssen) geholt und verarbeitet werden.

Cogeris

Mieze: Ja, also mein Prota, der dort angesetzt ist, schlägt den Bau einer Windmühle vorbei, sowie einer Zollbrücke, sodass die Stadt etwas Geld verdienen kann. Sowie einer Art Krankenhaus - oder eher Heilerhalle. Noch dazu wird als erstes ein Rathaus gebaut - bzw. geplant.

Traumfängerin: Das Buch hab ich sogar erst vor ein zwei Monaten gelesen und es hat mir sehr gefallen - vielleicht bin ich auch deshalb auf das Siedeln gekommen. Aber da ich mich in der Zeit etwas weitervorangeschritten bin - Wikingerzeit ist ja früher als Mittelalter - kann ich mich leider nur etwas daraus einlassen, aber es ist eine gute Inspiration, auch wenn später in diesem Buch nur noch die Gleichstellung zwischen Mann und Frau, die Christianisierung und der Konflikt zwischen den Religionen aufgegriffen wird  :pfanne:

Sternsaphir: Ja, anfangs schlafen sie in Zelten, die sie in den Städten gekauft haben, an denen sie vorbeikamen. Ohja. Die Dorfgemeinschaft wird auf 3000 Menschen geschätzt, aber da es in der Umgebung wildlebende Ziegen, Schafe, Rinder und Hühner gibt, können sie auch etwas noch vom Wald leben, aber sie beginnen schnell mit dem Zähmen der Tiere. Und bringen auch welche aus der alten Stadt mit.
Die werden anfangs von Händlern gekauft, bis die ersten Schmieden erbaut werden. Aber anfangs kommen die Lieferungen von verbündeteten Städten.
Mit dem Erzabbau hast du recht, da habe ich mir noch gar nicht so große Gedanken darüber gemacht...

Danke für eure Anregungen!

Liebe Grüße,

Cogeris

Rakso

#9
Hallo Cogeris

Da deine Leute aus ihrer Stadt vertrieben wurden/fliehen mussten, könnte ich mir vorstellen, dass sie bei der Wahl der Lage ihrer neuen Siedlung darauf achten, nicht erneut ein ,,leichtes Ziel" zu sein, indem sie etwa auf einer (Fluss-)Insel, in einem Tal oder im Gebirge siedeln.

Als Beispiel könnte man die Gründer der späteren Stadt Venedig nennen, die auch von Flüchtlingen gegründet worden sein soll, die sich auf den Inseln und in den Sümpfen der Lagune niederließen. Oder auch verschiedene Gebirgsvölker, z. B. im Kaukasus oder den Anden, die sich in schweren Zeiten in höhere Gebiete zurückgezogen haben.

Wichtig wäre ja zuerst, dass die späteren Bewohner deiner Stadt versorgt sind. Das heißt, sie brauchen einen Unterschlupf – Zelt, provisorische Holzhütten, Erdhütten, etc. – und natürlich etwas zu essen. Die Menschen sind darauf angewiesen von ihren Vorräte oder dem zu leben, was die Natur in ihrer Umgebung hergibt, wie Fisch, Wild, wildes Obst und Gemüse, Wurzeln, Pilze oder was sich sonst noch finden lässt. Zudem müssten sie ein Minimum an vorläufiger Infrastruktur errichten. Handel, Bergbau und Landverteilung ist vorerst zweitrangig. Als Leser fände ich es ziemlich unlogisch, dass die Siedler erst mal die Besitzverhältnisse kläre, Wildtiere zähmen oder gleich Mühlen bauen (bei noch nicht bewirtschafteten Felder, noch nicht gewachsenem Getreide und das dazu noch im Frühling), bei einer anrollenden Gefahr, wie einem Königsheer, selbst wenn noch ein paar Verbündete dazwischen liegen.

Sie müssen sich also auf baldige kriegerische Auseinandersetzungen einstellen, auf die sie sich vorbereiten müssen. Wälle und Verteidigungsanlagen errichten, z. B. abhängig von der Topographie Wehr- oder Fluchttürme, oder die Stadt so anlegen, dass sie leicht zu verteidigen ist, etwa wie ein Aul.

Zudem müssen sie die Gegend erkunden. Gibt es etwa neue Gefahrenquellen, wie den von Kadeius angesprochenen Großgrundbesitzer oder einheimische Bevölkerung, die ihr angestammtes Land nicht mit den Neulingen teilen möchte?

Erst wenn sie die Besiedler gegen diese Gefahren gewappnet/bewährt haben, können sie sich anderen Dingen widmen, wie Handelsbeziehungen knüpfen, Bergbau, Städteausbau, etc.

Noch etwas zur Politik: All diese Grundlagen müssen organisiert werden, etwa von dem bereits genannten Rat der Familienoberhäupter oder einer oder auch mehreren legitimierten Personen. Nach dem sie das nötigste geregelt haben können sich neue politische Strukturen herausbilden. Etwa können neue Akteure aufsteigen, und die Alten verdrängen.
In frühen Gesellschaften ging Reichtum mit Macht einher. Diejenigen, die in der alten Ansiedlung vor der Vertreibung, großen Einfluss und Besitz hatten, müssen sich ja nicht an dieser Stelle in der neuen Gesellschaft wiederfinden. Nur immaterielle Macht (Königtum etwa) hätte noch einen Anspruch auf ihre alte Stellung, aber auch nur dann, wenn sie von der Mehrheit anerkannt ist.

Edit: Eine andere Möglichkeit wäre auch, die Siedler in einer bereits bestehende Siedlung unterzubringen.

Churke

Drei Anmerkungen: Fruchtbares herrenloses Land gibt es normalerweise nicht. Wenn da irgendwelche Typen kommen und meine Wiese einzäunen, dann hole ich meine Kumpels und das gibt richtig Ärger...
Zweitens: In einer vorindustriellen Gesellschaft ist die Stadt der Ort des Handels und des Handwerks. Wenn die Einwohner vertrieben werden, nehmen sie ihr Know How und ihre Handelskontakte mit. Der Aufbau der Wirtschaft wird Priorität genießen und wahrscheinlich werden die neue Stadt und ihre Bürger wieder schnell zu Geld kommen. Was auch ein Motiv sein könnte, diese Flüchtlinge anzusiedeln und ihnen Schutz zu gewähren.
Drittens: Städte, auch gewachsene, sind in der Regel geplant. Das gilt übrigens auch für die Städte des Mittelalters. Die vermeintlich chaotischen Grundrisse sind genau eingemessen.

FeeamPC

Mittelalterliche Städte waren NICHT demokratisch. Es bestimmten diejenigen, die das Geld hatten. Die werden sich also zuerst die Sahnestückchen der neuen Siedlung aussuchen.
Gleichzeitig muss die Stadt, solange sie noch nicht steht, anstelle der Stadtmauern einen anderen Schutz haben. Es muss also so etwas wie eine Bürgerwehr, eine bewaffnete Miliz oder Söldner geben, die die entstehende Stadt schützen.
Das Land gehört ziemlich sicher jemandem, völlig herrenloses Land in Wander-Reichweite einer ganzen Stadtbevölkerung ist extrem unwahrscheinlich. Allerdings wurden in dünn besiedelten Gebieten oft neue Ansiedler gerne gesehen und vom Landesherren gefördert, manchmal sogar mit dicken, fetten Privilegien versehen.
Und bei der Lage der Gebäude spielt natürlich auch die Versorgung eine Rolle. Es müssen ausreichend Brunnen vorhanden sein (gebort/gegraben werden), bestimmte Gewerke benötigen viel Wasser und liegen deshalb immer in Ufernähe (Färber, Gerbereien, usw., Öffentliche Bauten zur Representation (Rathaus, Markthallen) liegen meist an einem zentralen Platz, den absoluten Mittelpunkt spielt das religiöse Leben (Tempel, Kirche), Gasthäuser befanden sich eher in der Peripherie, wo die Marktbesucher, die Pferde ausspannen konntenund dann zu Fuß weiter in die Stadt gingen, Der Wohnraum der Reichen war vorne an den breiten Straßen, der der Armen im Hinterhaus oder in kleinen, krummen Gassen, jede Stadt hatte so etwas wie ein Rotlichtviertel.
Die Handwerker waren oft nach gewerken sortiert, eine Straße der Schneider, eine Straße der Schmiede, eine Strasse der Kerzenziehen usw.
Korn-Mühlen lagen wegen der hohen Explosionsgefahr (Mehlstaub) meist ausserhalb der Stadt. Andere Mühlen wie Hammermühlen machten Lärm und brauchten viel Wasserkraft (oder Tiere, die Räder antrieben), waren also zumindest nicht mitten in der Stadt.
Die Stadt braucht Kohle, Holzkohle, damit viele Köhler und deren Meiler , sonst wird das mit dem Kochen schwieriger und die Erzbearbeitung fast unmöglich- aber dieses Land ist menschenleer?

canis lupus niger

#12
Ähnlich wie Churke halte ich es für wenig realistisch, dass Flüchtlinge aus einer angegriffenen/zerstörten Stadt eine (offensichtlich nicht allzu weite) Strecke fort wandern und sich in einer dort vorgefundenen fruchtbaren Gegend einfach so ansiedeln können.

Land liegt nicht einfach so herrenlos herum, schon gar nicht fruchtbares Land in der Nähe einer anderen Siedlung, mit der Handel getrieben werden soll. Eine echte Neubesiedelung ist nur möglich, wenn weit und breit keine anderen Leute leben, oder wenn die Neusiedler die "Eingeborenen" vertreiben/sich gegen diese behaupten können. Anderenfalls würden die Ortsansässigen sich die Neuansiedlung irgendwelcher "Dahergelaufener" verbitten. Je nach Gesellschafts- und Herrschaftsform würden die Ortsansässigen mit den Neusiedlern einen heftigen Verdrängungskampf beginnen, oder eine zuständige Oberigkeit zu Hilfe rufen. Wenn das Setting mittelalterlich ist, dann würden gewaltsam vertriebene Städter eher den Schutz einer anderen Stadt, bzw. den von deren Herrscher suchen. Sie müssten dessen Erlaubnis einholen, dort zu siedeln, bzw. bevor "Städter" mit einer ländlichen Lebensweise beginnen, würden sie versuchen, in der nächstgelegenen Stadt/den nächsten umliegenden Städten Unterschlupf und einen Neuanfang zu finden. Das wäre für die zuständigen Herrscher gar nicht so unangenehm. Denk nur mal an den kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung, den die Zuwanderung der Hugenotten aus Frankreich in Deutschland bewirkt hat.

Eine komplette Neuansiedlung und Neuorientierung im Lebensstil, wie Du sie aus den "Siedlern" kennst, ist eigentlich nur bei einer Kolonisierung oder einer Eroberung vorstellbar. Als die Vorfahren der Römer als Flüchtlinge aus Asien sich einfach so in Italien zwischen den Etruskern niedergelassen haben, war das der Beginn von jahrzehntelangen Kämpfen. Die Völkerwanderung nach der Römerzeit hat in ganz Europa zu Kriegen geführt, und zur Verdrängung schwächerer Ortsansässiger durch mächtigere "Neubürger". Und sogar die Eroberung und Besiedelung "neu entdeckter" Länder in der Kolonialzeit hat zu langjährigen Kämpfen zwischen "Eingeborenen" und Eroberern geführt.

Hinzu kommt: Vielleicht orientierst Du Dich mit Deinem Setting ja nur ungefähr an einem mittelalterlichen Europa und übernimmst nicht alle historischen Gegebenheiten. Aber unbesiedeltes offenes Land mit Wiesen drauf gab es im Mittelalter nicht. Wiesen waren immer gerodete Wälder, teils durch "Waldweide" und Holznutzung (Bauholz, ganz viel auch Köhlerei für die Erzgewinnung). Und die Leute, die die Wälder entfernt hatten, die nutzten das entstandene fruchtbare Grünland selbstverständlich, denn es befand sich ja in der Nähe ihrer eigenen Siedlungen (Köhlerhütten, Bauerndörfer, Minen). Die Köhler und Bergleute wollten ja schließlich auch was essen und hielten ein bisschen Vieh (Kühe, Schweine, Ziegen, Schafe, Hühner) und bestimmt hatten sie auch ein paar kleine Felder und Gemüsegärten. Jenseits der urbar und somit nutzbar gemachten Flächen gab es auf fruchtbarem Boden vor allem Wald (der wächst nämlich von ganz alleine, wenn er nicht immer wieder gerodet wird; innerhalb von zehn Jahren wird aus einer ungenutzten Wiese auf natürlichem Weg ein Erlen- oder Birkenwald!) oder unfruchtbares, nicht nutzbares Land (Sümpfe, Felsen, Wüste). Städte standen auch nicht so in der Gegend herum und lebten vom Handel. Die hatten einen weiten Gürtel von landwirtschaftlich geprägten Siedlungen ringsum, die sie mit Nahrung versorgten, im Tausch gegen Handwerksprodukte, religiöse Betreuung, militärischen Schutz und Handelsmöglichkeiten (Markttage). Mindestens im Umkreis einer halben Tagesreise um eine Stadt herum gab es kein ungenutztes fruchtbares Land. Das müsste, denke ich, auch in Deinem Fantasy-Setting ähnlich sein. Zumindest kann ich es mir anders nicht vorstellen.

Ähm, ... und wenn es da wildlebende Ziegen Schafe und Rinder gibt, warum kaufen Händler aus umliegenden Städten die von irgendwelchen dahergelaufenen Flüchtlingen? Warum rüsten sie nicht selber Jagdtrupps aus, bzw. warum gibt es nicht längst Leute aus den "nahegelegenen Städten", die auf diese ertragreiche Geschäftsidee gekommen sind? Und wie kann es diese sehr verschiedenen Tierarten in einer lohnenden Anzahl in der Nähe menschlicher Besiedlungen geben? Solche Tiere gibt es nicht wild in ein und derselben Gegend. Schafe und Ziegen sind Nahrungskonkurrenten. Ziegen leben jedoch in gebirgigen Gegenden, Schafe von Natur aus nicht. Manche Wildrind-Arten waren wohl ursprünglich Bewohner lichter Wälder, aber warum haben die "Ortsansässigen" das ganze Viehzeug nicht als Nahrungskonkurrenten ihrer eigenen Nutztiere ausgerottet oder selber gezähmt? Hühner wie unsere heutigen Rassen gab es in europäischen Wäldern nie. Auerhühner, Birkhühner und auch Rebhühner wurden nie als Haustiere gehalten. Unsere Haushühner stammen aus anderen Weltgegenden. 

Erzabbau und Metallerzeugung sind ungeheuer aufwändig, wenn sich das nicht auf einen sehr primitiven Level beschränken soll "Raseneisenstein" fand und findet man hier in der Heide zum Teil in weniger als einem Meter Tiefe. Das sind sehr unreine Eisenerze, die sich in geringen Mengen durch Einsickerungen von Niederschlägen im Boden angereichert haben. Man kann es in primitiven Öfen zu einem relativ brüchigen Eisen reduzieren. Das ist aber beinahe noch eine bronzezeitliche Technik. In der Nachbarschaft existierender Städte, mit denen man Handel treiben könnte (wenn man von den Bürgern nicht bekämpft und vertrieben wird), wäre eine solche Metallerzeugung unsinnig. Aber auch echte, florierende Städten des Mittelalters hatten nicht alle ihre eigenen Bergwerke. Es gibt ja auch nicht überall Metall in der Erde, Kupfer, Eisen, Zinn, ... das waren kostbare, begehrte Handelsgüter, die in den entsprechenden Regionen, wo sie vorkamen, DAS Haupt-Handelsgut und die Grundlage der ganzen Wirtschaft waren. In anderen Gegenden gab es stattdessen vielleicht Steinkohle oder Holz oder Steine in bestimmter, abbaubarer, nutzbarer Qualität. Wenn in der von Dir beschriebenen Region Sandstein in größeren Mengen vorkommt, dann wird es dort keinesfalls gleichzeitig Eisenerz geben und Viehzucht in größerem Stil möglichg sein. Die Steinbrüche von Carrara versorgten die Baustellen von halb Europe mit dem kostbaren Marmor für Prunkbauten. Und die Glasbläser von Venedig verteidigten ihr Monopol wild entschlossen und brutal.

Man kann nicht einfach daherkommen, auf eine grüne Wiese zeigen, sagen: "Hier bauen wir jetzt unsere neue Stadt auf", ein paar Wochen in Zelten hausen, während man sich aus den (aus dem weichen Wald- oder Wiesenboden gebuddelten) zufällig gefundenen Steinen Häuser und Straßen baut, drei Schritte weiter Eisen schürft, um Nägel für Möbel und anderes zu schmieden, und nebenbei nach Bedarf ein paar wild lebende Nutztiere einfängt und wahlweise aufisst, zähmt oder verkauft, bzw. mal eben die umliegenden Wälder rodet und Getreide, Rüben, Obst (Bäume wachsen ja auch so schnell) und Gemüse anbaut. Wo der Lebensunterhalt so leicht zu bestreiten ist, da lebt IMMER schon jemand, der diese paradiesischen Zustände weiterhin exclusiv tun möchte. 

Wo wertvolle Erze oder Steine im Boden zu finden waren, entstanden genau aus diesem Grund Siedlungen, die von umliegenden landwirtschaftlichen Ansiedlungen mit Nahrung versorgt wurden. Wo Wald und Wiesen stehen, gibt es nur in den seltensten Fällen Bodenschätze. Und wo es die gibt, da gibt es auch jemanden, der sie ausbuddelt und das weiterhin ungestört tun möchte. Das ist dann kein unbesiedeltes Gebiet mehr.   

Wenn jemand eine neue Siedlung/eine neue Stadt gründen wollte, musste er schon eine ganze Ecke weiter ziehen, zum Beispiel unter dem Schutz des Deutschen Ritterordens in die eroberten Ostgebiete "Ostpreußens". Dort waren die Eingeborenen umgebracht, vertrieben, bzw. zwangschristianisiert und versklavt worden. Jahrzehntelang waren die "Ostkreuzzüge" eine beliebte Saisonsportart deutscher Ritter, mit der sie ihr Punktekonto für das Erringen der ewigen Seeligkeit aufbessern konnten, ohne die gefährliche Reise in moslemisch beherrschte Gegenden antreten zu müssen. Und deshalb wurde in den eröberten Gebieten auch die Ansiedelung anständiger, gehorsamer, deutscher, christlicher Bauern gefördert, die die Ordensburgen mit Nahrung, Dienstpersonal und waffenfähigem Nachwuchs versorgen konnten, ohne dass man sie ständig bewachen musste.

Wenn Du die Situation in Deiner mittelalterlichen Welt ganz anders gestalten willst, müsstest das sehr sorfgältig begründen. Warum liegt zwischen Deinen städtischen Siedlungen nutzbares Land (mit leicht findbaren Bodenschätzen) ungenutzt herum?. Haben Deine ortsansässigen Bauern keine zweiten, dritten und vierten Söhne, die sich gerne ihren eigenen Hof in diesen tollen fruchtbaren Regionen aufbauen würden? Würden Deine Regionalfürsten nicht dafür sorgen, dass ihre eigenen Bauern dieses kostbare Land in Besitz nehmen und bewirtschaften (und natürlich Steuern zahlen), bevor der Nachbar-Regionalfürst auf die selbe Idee kommt und SEINE Bauern dort ansiedelt um das Land seinem eigenen Herrschftsgebiet hinzuzufügen - wessen Untertanen dort leben, dem gehört das Land und der verteidigt es auch. Bebaubares Land war in einer mittelalterlichen Kultur die hauptsächliche Wirtschaftsgrundlage der ganzen Bevölkerung. Im Mittelalter lebten und arbeiteten mindestens drei Viertel der Bevölkerung in der Landwirtschaft. Städte waren eher die Kirschen auf der Torte. 

Holzhäuser kann man übrigens auch ohne Metallnägel bauen, mit Holzzapfen oder in Blockhaus-Bauweise. Vorschlag: Mal nach Blockhaus, Wikinger-Langhaus oder jungsteinzeitlichen Häusern googeln.  Hauswände kann man zwischen den tragenden Holzständern aus Zweigen flechten und mit einer Mischung aus Lehm und Strohhäckseln(oder besser: Pferdemist) verputzen. Die Technik (Lehmputz) gibt es immer noch.     

Snöblumma

Was mir - jenseits der bereits angebrachten Möglichkeiten/Probleme - einfiel: Wieso orientierst du dich für ein erstes Lager nicht an einem römischen Kastell? Die Römer hatten innerhalb eines Tages ein halbwegs verteidigungsfähiges Lager aufgebaut. Diese Fähigkeit kannst du deinen Siedlern, entsprechende Organisation vorausgesetzt, ja durchaus an die Hand geben. Damit hätten sie zumindest Schutz vor wilden Tieren, Räubern und den rechtmäßigen Nutzern des Landes.

Haben die Siedler etwas, das sie den Landesherrn anbieten können? Machen sie noch nicht genutztes Land urbar im Austausch für Schutz und Frieden? Dieses Modell war ja sehr häufig bis in die Neuzeit hinein. Oder verstärken sie die Grenze eines Fürsten/Landes? Dann wären sie natürlich willkommen.

Andernfalls halte ich es für wenig realistisch, eine neue Stadt aufzubauen, sich zu verteidigen, Land in Besitz zu nehmen und auch noch nicht zu verhungern. Wenn du im Frühjahr (je nachdem, wie spät im Frühjahr!) erst anfängst zu säen, ist es für viele Feldfrüchte schon zu spät. Ist es noch früh im Frühjahr, müssen sie dringend mehr als genug Vorräte dabei haben. Je nach Klima ist es im Februar/März (unserer Rechnung) am schwersten, sich allein aus der Natur zu versorgen. Die Wurzelgemüse etc. sind aufgebraucht, Neues wächst gerade erst heran - das können harte Monate werden, schlimmer als der Winter, in dem noch die Vorräte aus dem letzten Jahr reichen.

Haben sie überhaupt die Möglichkeiten (manpowertechnisch!), eine ganze Stadt zu planen und zu organisieren? Haben sie die dafür notwendigen Fachleute? Sind es nur Frauen und Kinder und Alte oder primär Krieger? Wovon leben sie eigentlich? Wovon haben sie zuvor gelebt? Das sind ganz grundlegende Fragen, die du klären solltest, ehe du konkret den Aufbau deiner Stadt planen kannst. Welche Handelswege bestehen? Welche klimatischen Bedingungen finden sie vor? Wie lange haben sie Zeit? Ist es nicht sinnvoller, sich erst mal in natürliche Wohnungen (Höhlen oä) zurückzuziehen und dann erst langsam wieder etwas aufzubauen?

Das nur mal als ein paar Anregungen, die mir eingefallen sind!

Cogeris

Hey Leute,

ihr habt jetzt sehr oft geschrieben, dass es sehr unrealistisch ist, dass es irgendwo völlig wildes Land gibt. Ich habe dafür eine Lösung gefunden: Unter den Geflohenen ist auch der König, der auch den Nachbarstädten als Herrscher dient. Er kann das Land für sich beanspruchen und die Städte müssen folgen, da er eben auch der Herrscher ist und für das Volk der Stadt etwas neues aufbauen will.
Noch dazu bauen sie die Stadt in ein Gebiet eines anderes Königreiches, was das Königreich der Geflohenen besetzt und sozusagen dazugehört. So kann man schon wieder ausstreichen, dass das Land jemandem gehört, da es ja sozusagen gestohlen wurde.

Nun zu den Anmerkungen, die nur einer angemerkt hat:

@Churke: Das mit deinen Kumpels hat sich wohl geklärt. Die Handelskontakte konnten sie etwas mitnehmen, da eben auch sehr viele früher von ihrem Handwerk profitierten und diese Hilfe benötigten. Ja, Planung geht über alles, deshalb habe ich auch eine Versammlung einberufen, indem ich das Land versuche auf Papier aufzubauen.

@FeeamPC: In diesem Fall war es demokratisch, da die Menschen ihren Reichtum nicht so weit mitnehmen konnten und da der obengenannte König die Stadt nur aufbauen will, dass das Volk - was ihm als Stütze diente - wieder eine Heimat hat. Also entschied das Losglück, welches Stück einer Familie zu kam. Die, die Glück hatten bekamen sofort wieder Macht und Reichtum.
Aber im allgemeinen Sinne hast du damit natürlich recht!
Es gibt eine Stadtarmee, die gleichzeitig auch noch während der Bauarbeiten für Sicherheit sorgt, aber da das Land 'gestohlen' wurde, müssen sie sich dort keine Sorgen machen.
Danke für deine Anregungen für Gebäude und Standorte, so auch den Straßen!

@canis lupus niger: Ja es war schon eine weite Strecke zu wandern, aber sie ist eben fünfzig Meilen zur nächsten Stadt entfernt. Das mit den Waldweiden habe ich auch schon recherchiert. Kann man sich gar nicht vorstellen, dass ganz Deutschland mit Wald bedeckt war, deshalb werde ich in diesem Fall noch viel abändern bzw. neu schreiben müssen. Danke für den Rest deiner Informationen!

@Snöblumma: Römisches Kastell.. Keine schlechte Idee.. Deine nächsten Fragen haben sich wohl mit dem Königsprinzip geklärt ;)
Mit der Saat, da habe ich noch gar nicht dran gedacht! Danke! Sie haben die Möglichkeit, da sie einen Rat bilden der alles plant. UNter 3000 Männer und Frauen ist natürlich auch das nötige Fachpersonal. Anfangs sehr von der Jagd, Fischfang und vom Roden eines Waldes. Früher waren sie hauptsächlich Bauern und Waldarbeiter. Handelswege gehen hauptsächlich nach Westen und sind gut gesichert, da sie im Kernland sind. Vielleicht hast du recht noch nicht so schnell die Stadt zu planen und zu bauen..

Danke, danke, danke! Ihr habt mich an Sachen erinnert, dir mir niemals eingefallen wären! Danke für eure Hilfe!

Liebe Grüße,

Cogeris