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Buchmesse Frankfurt 2006 - Berichte

Begonnen von gbwolf, 06. Oktober 2006, 16:33:06

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gbwolf

Dank Bibliothekarsstudium genieße ich ja das Privileg, an den Fachbesuchertagen auf die Messe zu dürfen und bin dieses Jahr von Freitag auf Donnerstag umgestiegen - sehr angenehm, da außer einigen Buchhandelsazubis keine Schulklassen unterwegs waren, um einen mit den riesigen Langenscheidt-Tüten umzubringen.

Meinen persönlich vorgenommenen Vergleich bei der Druckqualität von Print-on-demand- und Druckkostenzuschussverlagen muss ich leider auf die Leipziger Messe 2007 verlegen. Sehr schade, aber dafür hat die Zeit nicht gereicht.
Für die, die es interessiert, kann ich nur von zwei kurzen Streifzügen berichten:

Vito von Eichborns Edition BoD beeinhaltet kleine und schmale Bücher, die man aufgrund ihres blassen und sachlichen Covers leicht übersieht. Bindung, Papierqualität und Satz gefallen mir sehr gut, wenn die Optik auch an Kleinverlagstaschenbücher gemahnt.

Den R. G. Fischer-Stand hatte ich kaum betreten, da wurde ich auch schon hilfsbereit überfallen, konnte dann aber in Ruhe stöbern, als ich sagte, ich würde mich (tatsächlich!) für die Bücher interessieren. Nun weiß ich über diesen Verlag, dass er teilweise als DKZ arbeitet, teilweise aber wohl auch normale Auflagen herausbringt. Inwieweit das stimmt, kann ich nicht sagen, gefallen hat mir aber die Qualität der Bücher. Layout, Satz, Papier, stabile Bindungen und Farben sehr in Ordnung. Ich mutmaße allerdings, dass die Autoren sich die Cover selbst aussuchen durften. Der Stand wirkt insgesamt sehr zusammengewürfelt mit kaum erkennbarer Linie in der Buchgestaltung. Den DKZ spürt man vor allem in der Titelauswahl, die recht esoterisch daherkommt. Aber immerhin: Was der Autor hier investiert, mündet wenigstens in einem vorzeigbaren Buch.

BoD: Nach fünf Büchern war Schluss für mich. Einige Autoren haben ein gutes Gefühl für Satz, Cover und Layout, aber durch die Bank weg bin ich mal wieder entsetzt, welche Schriftarten und -größen mancher Hobbyschreiber seinem Publikum zumutet. Buchgestaltung gehört nicht in Laienhände. Vielen gelingt es leider nicht, ein Buch gut zu gestalten und ob der Inhalt jetzt gut oder schlecht ist, mah man oft nicht mehr herausfinden. Bei BoD macht es leider keinen Spaß, nach den wenigen Perlen zu stöbern. Schade, aber vielleicht findet Vito von Eichborn sie für uns.


In der Ecke Fantasy bin ich immer wieder erstaunt, wie stark Piper seine Reihe in den letzten Jahren ausgebaut hat. Da ragen mittlerweile Büchertürme in den Himmel, die mich an die Droemer-Halbkreise erinnern (zusammen mit dem orang gehaltenen Stand kaum zu verfehlen).
Erstaunlich unterschiedlich die Qualität der Bücher: Markus Heitz neues Werk "Die Mächte des Feuers" glänzt alls griffige Hardcover-Ausgabe, während die Fortsetzung seiner Ulldart-Sage auf sehr holzigem Papier daherkommt - qualitativ bereits nicht mehr weit entfernt von den aus USA importierten Harry Potter Bänden, die mir beim Lesen fast zerfallen sind. Etwas, das ich von Piper wirklich nicht erwartet hätte.
Aber vielleicht auch eine Ansage: Die Fans wollen ihre Reihe fortgesetzt haben und keine bibliophilen Schmuckstücke.

Blankes Entsetzen überfiel mich, als ich Weltbild schon fast links liegen gelassen hatte und auf eine Vorankündigung der gemeinsamen Fantasyreihe mit der BamS stieß! Natürlich alles Lizenzausgaben namhafter Autoren, teilweise die ersten Teile von Reihen. Die hochwertige Ausstattung gab es nur im Schaukasten zu bewundert und leider nicht zum Anfassen. Der erste Teil "Märchenmond" von Hohlbein erinnert optisch sehr stark an "Tintenherz".
Schade, dass man nicht eine Reihe Nachwuchsautoren unter einem solchen Zusammenschluss herausbringt und so neue Namen schafft.

Ganz witzig fand ich bei Ravensburger die Promotion zu "Die fabelhaften Monsterakten der furchtlosen Minerva McFearless". Eine pfiffige und schön illustrierte Leseprobe und Monstergummibärchen. Das schafft Aufmerksamkeit.

Insgesamt die Kinder- und Jugendbuchverlage sehr nett (ich habe ja viele Leute angelabert, weil ich Verlage brauche, die an meiner Umfrage für die Diplomarbeit mitwirken), aber auch an anderen Ständen kam man gut ins Gespräch - z.B. mit einer Praktikantin bei Klett-Cotta, die für die Dorothy Dunnet-Reihe im Mittelalterkostüm herumstand. Ich wusste noch nicht, dass es einen Studiengang gibt, bei dem man zur Germabnistik "Literaturvermittlung" studieren kann.
Den dauerbeschäftigten Fantasylektor konnte ich dann leider nicht mehr überfallen. Ich hätte ihm gerne noch gesagt, dass mir sowohl die Auswahl, als auch die Ausstattung diesen Herbst wieder sehr gefallen. Natürlich musste ich dann gleich die Tolkien-Times mitnehmen und gründlich die Bücher anfummeln ... ein Muss für bibliophile Leute und ich werde wohl nicht drumrumkommen, mir alle Dunnetbände zuzulegen.

Zum Ausspähen von mehr Fantasy hat es dann nicht mehr gereicht. Randomhouse habe ich links liegen lassen, nachdem ich den in kaltem weiß gehaltenen Stand aufgrund seiner Unauffälligkeit zunächst zweimal verpasst hatte (Habe erst im Messeführer an der Info nachschlagen müssen). Die Leute sind geschäftstüchtig unterkühlt, auch wenn ich verstehen kann, dass die Damen an der Theke etwas genervt sind - bei dtv und Ullstein bin ich auch gut ins Gespräch gekommen und habe nach kurzem Gespräch und ein paar Tipps Visitenkarten bekommen, ich soll doch nach der Buchmesse anrufen, wenn mehr Ruhe ist.


Ebenfalls enttäuschend: Kaum ein Verlag nimmt auf der Messe noch Manuskripte an! Meine Freundin konnte ihre sorgfältig gepackten Hefter wieder mitnehmen und hat mehr oder weniger freundliche Kommentare zu hören bekommen.
Ich gehöre zwar auch zu den Leuten, die sagen, man soll lieber per Post anbieten, aber die Kiste mehr zurückschleppen packt man als Verlag noch.


Mein Gesamteindruck: Wer geschäftlich unterwegs ist, hat von der Frankfurter Messe am Messedonnerstag immer etwas. Ich habe jetzt neue Informationen, kenne ein paar Neuerscheinungen und bin in sehr interessante Gespräche verwickelt worden. Hoffentlich komme ich nächstes Jahr wieder an einen Fachbesucherausweis.

Linda

#1
Zitat von: gbwolf am 06. Oktober 2006, 16:33:06
Ebenfalls enttäuschend: Kaum ein Verlag nimmt auf der Messe noch Manuskripte an! Meine Freundin konnte ihre sorgfältig gepackten Hefter wieder mitnehmen und hat mehr oder weniger freundliche Kommentare zu hören bekommen.
Ich gehöre zwar auch zu den Leuten, die sagen, man soll lieber per Post anbieten, aber die Kiste mehr zurückschleppen packt man als Verlag noch.


Hi,

als ich im letzten Jahr Freitags da war, hat zumindest Lübbe (wie die Jahre zuvor) noch Manus entgegengenommen. Ich denke, daran hat sich nichts geändert.

Auf jeden Fall tut es mir für deine Freundin leid. "Blöde" Kommentare müssen wirklich nicht sein!  Aber immerhin hast du sie ja gewarnt.
  Sinnvoll finde ich das Mitbringen von Manus zur Messe auch nicht unbedingt und man wird durch solche Erlebnisse aus zweiter Hand immer wieder darin bestätigt. Das kann höchstens bei kleineren Verlagen etwas bringen, die auch Zeit und Lust haben, vielleicht noch ein wenig mit dem Autor zu plaudern.
Ansonsten lag es ja vielleicht nur am gewählten Datum. Eigentlich sollten die Fachbesuchertage ja den Fachbesuchern vorbehalten bleiben und diese haben in der Regel ohnehin einen besseren Draht zur Verlagswelt. Ob man dann damit rechnen muss, dass die noch Manuskripte mitbringen?
Ich vermute, zu den Publikumstagen wird dem Bereich Publikum und Käuferpflege mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Dann sind möglicherweise die Kommentare auch netter, weil mehr Zeit für diesen Bereich ist.

Gruß,

Linda

Hr. Kürbis

Danke für den Beitrag :jau:, nur leider wäre ich stattdessen lieber selber da gewesen. Aber morgen darf ich arbeiten und Sonntag gibt es einfach keine vernünftigen/bezahlbaren Zugverbindungen. Aber nächstes Jahr werd ich es bestimmt packen, im März ist ja schon Leipzig dran!

*schmeißt fleißig Kleingeld in die Sparbüchse fürs Bahnticket*

Bitte noch mehr Berichte dieser Art von euch Glücklichen, die nach Frankfurt gondeln! Will doch wenigstens was von euch darüber lesen!

gbwolf

Hallo Linda!

Ja, Luebbe war auch sehr nett, als ich wegen meiner Diplomarbeit angefragt hatte. Bei Heyne bin ich mir aber wirklich sicher, dass meine Freundin vor zwei Jahren noch ihr (komplettes) Manuskript abgeben konnte und jetzt nur eine formlose Randomhouse-Visitenkarte bekommen hat, mit der Aufforderung, das Manuskript ans Gesamtlektorat nach München zu schicken, man könne keine Tonnen Manuskripte von der Buchmesse mitnehmen. Von Droemer-Knaur gab's immerhin einen Zettel, in welcher Form sie gerne Leseprobe und Exposé hätten.

Ob es bei der Manuskriptannahme einen Unterschied zwischen Besucher- und Fachbesuchertagen gibt, weiß ich nicht. Fachbesucher sind ja auch Pädagogen, Bibliothekare und viele Studenten, die keine Verbindungen zu Verlagen haben. Wäre super, wenn jemand von den Besuchertagen einen Bericht beisteuert und vielleicht mehr von den Fantasyneuheiten, für die ich leider keine Zeit hatte.  :)
Interessiert mich schon, was an den Besuchertagen so passiert, da ich bisher immer das Glück hatte, Fachbesucher zu sein.

Kürbis, das klappt nächstes Jahr schon. Ich habe auch ganz schwermütig mein Konto geplündert und mit Bahncard und Übernachtung bei einer Freundin ging es dann zum Glück.

Grüße, Wölfin

Schelmin

#4
Hi!
Ich bin auch gerade zurück. Heute steppte schon der Bär. Ich habe noch nie so viele Gothic Lolitas auf einem Haufen gesehen. Da mußte irgend ein namhafter Manga-Mensch zu Besuch gewesen sein. Ich kenne mich da leider nicht aus. Aber lustige Kostüme, vVon einem Elf war ich ziemlich begeistert. :)

Wir haben uns vor allem die Kinderbuch- und Schulbuch/Lernmaterialabteilungen vorgeknöpft. Dazwischen lagen aber immer auch die großen Publikumsverlage für Belletristik. Meine Manuskipte hatte ich nicht dabei, ich habe Verlagsprogramme eingesammelt, um zu schauen, wo ich sie später hinschicken kann.
Zum Schluß haben wir noch einem Lagasthenie-Buchautoren geschwätzt. Danach waren wir aber auch total alle. Wer wirklich alles sehen will, sollte zwei Tage einplanen, oder vorher gut trainieren.

Am Kosmos-Stand war ich auch, aber Astrid war leider nicht da. :-[

Fantasyneuheiten gibt es durchaus interessante, aber ich glaube, man findet sie hauptsächlich in der Jugendabteilung. Zumindest waren das die Sachen, die meinen Geschmack trafen.
Was aber sehr interessant klingt: Bei Piper gibts ein Buch vom "indischen Pratchett". Das Buch "der letzte Held" klingt nicht schlecht.
http://www.amazon.de/letzte-Held-Samit-Basu/dp/3492701248/sr=8-1/qid=1160245156/ref=sr_1_1/303-0636116-9278618?ie=UTF8&s=books

Ach ja, und Wolfgang Hohlbein habe ich live gesehen, Tom (Taz, Touché) und der Werner-Brösel waren auch da.

Viele Grüße
Schelmin

Elena

Ich war am Samstag dort, leider habe ich weniger die Bücher befummelt als mich mit Leuten getroffen (und unterhalten).
Einige Neuerscheinungen entdeckt, die ich haben muss. Am Abend völlig fertig gewesen, wie immer.

Ich freue mich auf die nächste Messe, ich hoffe, ich komme da dann mal zu ein paar "professionelleren" Betrachtungen. Lust dazu hätte ich nämlich schon. ;)

Liebe Grüße,

Elena

gbwolf

Stimmt, der Stand mit den Klein- und Selbstverlegern ist mir auch aufgefallen - sehr schön und zentral positioniert, aber kaum Leute, die sich dafür interessiert haben. Auf manchen Stellwänden prangte nur der Buchmessekatalog mit den Kleinverlegern (Schade hier, dass es nur eine alphabetische Sortierung nach Autorennamen gab - mich hätte ein zusätzliches Register mit den Kleinverlagsnamen sehr interessiert). Sicher auch ein Grund, warum nicht mehr ausgestellt haben - es interessiert sich keiner dafür (übrigens auch ein Thema meiner Diplomarbeit: Interessieren sich Verlage, Bibliotheken und Verleger überhaupt für den kleinen Nachwuchsautoren?).

Mit der Covergestaltung hast Du Recht. Für mich vermittelt ein unschönes Cover außerdem den Eindruck, dem Selbstverleger fehlt die Einsicht, eigene Fehler und Schwächen zu erkennen. Das wiederum spiegelt sich auf den Text wieder. "Wenn der so werksblind ist und nichts auf sein Werk kommen lässt, dann ist der Buchinhalt vielleicht genauso uninteressant für jeden außer ihm selbst", rattert es dann durch mein Unterbewusstsein, auch wenn es sicherlich nicht oft so ist.
Ich habe ja auch schon Bilder für Bücher ausgesucht, mit der Herstellung über Typografie geredet usw. - dafür braucht man einfach eine Ausbildung.

Wen ich überhaupt nicht gesehen habe, war diese Frankfurter Verlagsgruppe. Brentanogesellschaft, Cornelia-Goethe-Verlag, etc., deren Bücher ich in Leipzig noch voller Abscheu in der Hand hatte (was eine grottige Qualität), umschwämt von Leuten, die mir ein Manuskript abschwatzen wollten.

Elena

ZitatWen ich überhaupt nicht gesehen habe, war diese Frankfurter Verlagsgruppe. Brentanogesellschaft, Cornelia-Goethe-Verlag, etc., deren Bücher ich in Leipzig noch voller Abscheu in der Hand hatte (was eine grottige Qualität), umschwämt von Leuten, die mir ein Manuskript abschwatzen wollten.

Nicht?
Die hatten sogar auf dem Orientierungsfaltblatt noch groß Werbung gemacht... Also, da waren sie auf jeden Fall (lass mich schauen... Halle 4.1, Stand A 100).

gbwolf

Oh. Danke für den Hinweis.
Nachdem ich Random House übersehen hatte, traue ich mir einiges an Unaufmerksamkeit zu  ;D

Vielleicht auch gut, dass ich's nicht geufunden habe - hätte mich nur wieder aufgeregt. Vor drei Jahren war ich doof und bin über Umwege in dieser komischen Gedichteanthologie gelandet, die in ihrer Billigpappe mit dem scheußlichen Leinen und ohne jedes Register 98 Euro gekostet hat - hätte ich sie denn bestellt (In Leipzig habe ich das Ding dieses Jahr auf der Messe angefasst und würde keine 5 Euro im Ramschladen für sowas zahen ...).  :happs:

Arielen

Danke für den ausführlichen Bericht Gbwolf! Bei Piper ist mir das auch schon aufgefallen. Aber ich denke, sie werten auch nach Verkaufsfähigkeit, und mit "Die Mächte des Feuers" können sie mehr reißen als mit dem achten Band einer Saga, deren Vorgänger man kennen muss.

Die Weltbild/Bams-Edition ist sehr edel aufgemacht, ich habe Band 1 zum Rezensieren bekommen. Edler Foliendruck-Einband, weißes Papier, Fantasyillus im Buch verstreut. Also gar nicht mal so schlecht, wenn auch die meisten von uns die Bücher, die da erscheinen entweder schon kennen oder nicht mögen.
Alles liegt im Auge des Betrachters

Schelmin

Ich finde aber,  "Mächte des Feuers" hat für ein Hardcover einen fairen Preis. Da ist man von anderen Büchern her doch auch anderes gewöhnt.