• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Werbung als Subplot - zum Haare ausreißen

Begonnen von Alana, 14. November 2014, 13:43:25

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Alana

In letzter Zeit begegnet mir bei amerikanischen Liebesromanautoren immer mehr eine Unsitte, die mich echt wahnsinnig macht. Jetzt hat sich auch meine Lieblingsautorin diesem Trend angeschlossen. *arg* Es geht um folgendes:

Schon lange ist es ja üblich, mehrere Bücher, die keine echte Reihe sind, miteinander zu verknüpfen, indem man nach und nach alle Personen einer Familie, eines Freundeskreises etc. verkuppelt. Jedes Pärchen bekommt dabei sein eigenes Buch. Das ist okay, dagegen ist nichts einzuwenden. Nun hat es sich aber eingebürgert, dass dieses Pärchen im Buch davor schon mal einen kleinen Subplot bekommt. Auch dagegen wäre nichts einzuwenden. Es ist aber so, dass dies nun mit kompletten Szenen geschieht, in denen eine Figur aus dem nächsten Buch die Perspektive bekommt. Diese Szenen haben im allgemeinen null und nichts mit der vorliegenden Geschichte zu tun. Es ist Werbung in Reinform und ich kann euch gar nicht sagen, wie mich das aufregt. Im jetzigen Buch ist es sogar mehr als eine Szene. Die Liebesgeschichte eines zweiten Paares wird da angedeutet, die vielleicht nicht mal Werbung ist, die man aber besser in eine Novelle gepackt hätte. Denn sie hat NICHTS mit der eigentlichen Handlung zu tun, außer, dass der Kerl der Bruder der eigentlichen Protagonistin ist. Die Geschichte, um die es geht, ist wirklich schön und voller Herzschmerz und dann kommt immer diese andere Geschichte dazwischen und reißt einen total raus. Ich kann euch gar nicht sagen, wie mich das nervt. :brüll: Ich würde die Seiten am liebsten aus dem Buch reißen.

Kennt ihr das auch?
Alhambrana

Coppelia

Nein, das ist mir bisher noch nicht untergekommen. Vielleicht liegt es daran, dass ich normalerweise andere Genres lese. :hmmm: Wenn ich es richtig verstehe, ist es der Perspektivenwechsel, der dich stört? Denn mehrere Handlungen kann ein Buch, wie du schreibst, ja gern haben.
Kannst du es vielleicht an einem Beispiel ausführlicher erläutern, damit ich es mir vorstellen kann? :)

traumfängerin

Ja, kenne ich. Bei Diana Gabaldon ist mir das aufgefallen. Die hat doch diese Highland-Zeitreise-Saga geschrieben (die übrigens von Buch zu Buch schlechter wird), und nebenbei noch eine andere Serie über Lord John, die in derselben Zeit spielt, was an sich in Ordnung ist. Was mich aber wirklich nervt, ist, dass sie in den letzten Büchern der Highland-Saga immer wieder Anspielungen auf irgendwelche Ereignisse gemacht hat, die man nur verstehen kann, wenn man die Bücher der Lord-John-Serie gelesen hat.  :brüll: Und das finde ich nicht in Ordnung. Sie kann ja gerne für ihre Romane werben, aber ich will selbst entscheiden, ob ich die lesen will oder nicht.

Wer das übrigens ganz gut macht, ist meiner Meinung nach Rebecca Gablé. Da gibt es auch Querverbindungen zwischen ihren Romanen, und Personen aus anderen Romanen, die in den nächsten Romanen auftreten, oder auf die hingewiesen wird, aber jede Geschichte funktioniert absolut eigenständig. Nur für einen selbst als Leser der anderen Romane ist es schön, wenn die liebgewonnen Figuren wieder auftauchen und man noch neue Dinge über sie erfährt.

Nebeldiener

Wenn ich das richtig verstanden habe läuft es in etwa so ab?

Band 1
Person A (Prota) verliebt sich in Person B
Plötzlich kommt eine Szene, wie Person C (Bruder von Person A) Person D kennenlernt.
Sprung zurück zu Person A und B.

Band 2
Person C verliebt sich in Person D.

Ich habe solche Szenen bis jetzt glücklicherweise noch nie in einem Buch vorgefunden, kann mir aber gut vorstellen, dass mich das auch sehr stören würde.
Was ich als legitim betrachen würde ist, wenn man aus der Sicht von Person A auf Person C trifft und der "Folgeband" dann von Person C handelt, einen Perspektivenwechsel finde ich aber dann zu viel des Guten.

Das Einzige was ich an Werbung in Büchern bis jetzt gefunden habe (und mich stört) ist am Ende eine Leseprobe für ein anderes Buch von einem anderen Autoren, so à la "schau hier, super Buch, kauf es!"

Ich frage mich gerade, wie man seine anderen Büchern am besten bei den Lesern bewirbt, ohne ihnen auf den Geist zu gehen, aber trotzdem viele anzusprechen ???

Nebeldiener

Alana

@Nebeldiener: Ja, ganz genauso. Person D ist meistens die Schwester von A oder B.

Leseproben am Ende stören mich nicht, im Gegenteil. Ich bin ja immer auf der Suche nach neuem Lesestoff, da nehme ich gerne Empfehlungen an.
Alhambrana

Tanrien

#5
In Büchern ist mir das bewusst noch nie so auffällig begegnet, dass es mir eben aufgefallen wäre, muss ich sagen, weil ich aber auch diese Art von Reihen und diese Art von Protagonisten/Plotwechsel eher vermeide. Ich frage mich allerdings, inwieweit das wirklich "Werbung" ist, und inwieweit Fanservice. Also ein extra für die Fans von der anderen Serie. Dazu sei angemerkt, dass ich es wie gesagt nicht aus Büchern kenne, sondern aus BoysLove Manga, wo das meines Empfindens nach übliche Praxis war (ist): Sobald eine neue Hauptromanze da war, kam die alte ab und zu mindestens in zufälligen losgelösten Szenen mal vor. Eben als Gimmick für die Fans.

FeeamPC

Das ist dann aber eher umgekehrt- keine Werbung, sondern ein Bonbon für die treuen Fans, dass sie liebgewordene Figuren aus früheren Bänden wiedersehen dürfen.

Tanrien

#7
Zitat von: FeeamPC am 07. Dezember 2014, 08:38:09
Das ist dann aber eher umgekehrt- keine Werbung, sondern ein Bonbon für die treuen Fans, dass sie liebgewordene Figuren aus früheren Bänden wiedersehen dürfen.

Ja? Das habe ich ja geschrieben? ;) Wobei ich gerade nochmal nachgedacht habe und ich würde sagen, in gay romance kommt es auch oft vor, wobei dann aber gegebenenfalls (noch) kein Buch zu dem neuen. Paar existiert, sondern es nur in einer Szene vorkommt damit noch mehr "süße Schwule" für die Leser auftauchen - also Fanservice - und es dann eher rückblickend auf die ganze Reihe als Werbung interpretiert werden kann. (Wenn es allerdings etablierte Praxis ist, kann man diese Szenen sicher auch als Hooks werten und dann schauen die Autoren, welche Nebenromanze am besten ankam und schreiben da mehr zu.)

Allerdings glaube ich, es ist dann eine Mischung aus dem Ganzen, wenn man auch mal hier im Romanboard guckt und an anderen Stellen, wie sehr Leute ihre Nebencharaktere lieben und ihnen extra Szenen geben, die eigentlich nicht nötig sind. Dann wäre das alles eine Mischung aus Werbung, Fanservice, und "genuiner" Autorenliebe zu Nebencharakteren und unnötigen Szenen mit ihnen. Und welches der drei Motive als erstes da war oder das "echte" ist, ist ja schwierig herauszufinden.

Alana

Ich finde, wenn es Liebe ist, dann müsste man das der Szene insofern anmerken, dass sie nicht mehr stört, weil sie so liebenswert ist, dass man nicht anders kann, als sie zu mögen. So ist es aber zumindest für mich nicht. Mich nervt es nur.
Alhambrana

Phea

Mir persönlich ist das erst später aufgefallen, bei die elfen. Fragt mich bitte nicht, von wem die reihe stammt. Ich weiß Es nicht mehr.
Mich hat das so sehr genervt, dass ich die Bücher nicht mehr angepackt habe, weil ich schon wüsste, wie sie ausgehen.

Schreinhüter

Das ist zur gleichen Zeit genial (da einfach) und eine Perversion des Handwerks. Wenn es funktioniert - und das wird es in bestimmten Genres - dann werden wir noch weiter damit konfrontiert werden. Ich nenne das Phänomen einmal hoch wissenschaftlich "Morbus Marvel", die mit ihrer Form der Heldenzusammenführung und Spin Off-Manie eine Art Charaktervernetzung vorschreiben, nach denen auch alle zukünftigen Großprojekte von DC und Dark Horse laufen werden. So ist die Zusammenführung der Justice League über mehrere Serien wie Arrow und Flash eine logische Konsequenz. Agents of Shield denkt allerdings noch weiter und liefert einen Hauptplot als Subplot. Mag man also das Universum, aber den Hauptplot nicht, dann kann man immer noch den zweiten Hauptplot verfolgen. Morbus Marvel wird auch die Musik- und Gamingindustrie betreffen. Was früher Remixes und Modz waren, wird zunehmen in Concept-Alben und Global Events ausarten. So kann man z.B. durch kurze Screentime eines Charakters austesten, ob sich ein ganzer Spin Off als Serie lohnt. Feedback gibt die Community im Internet genug. Wir sitzen also auf einer Goldader aus Fans, die alle von Herzen gerne sagen werden, ob eine Figur in einem Roman ihnen so gut gefallen hat, dass sie (sie haben ja schon Futter bekommen) einen ganzen Roman von ihm lesen wollen. Später, wenn das der Fall ist, hat man die Stimme des Chars schon gehört, da man aus seiner Perspektive Handlung mitbekommen hat. Bei einer erfolgreichen Umsetzung kann ich mir vorstellen, dass der Kosmos rund um eine Familie oder eine Stadt damit sehr dicht und lebendig werden kann. Doch die Art und Weise, wie Autoren in den USA es einsetzen, hat eher etwas von Werbung, wie der Titel folgerichtig sagt.

Franziska

Mir ist das so noch nicht aufgefallen. Wenn die Szenen eigentlich überhaupt nicht in den Plot passen, dann finde ich das auch eher nervig. Aber bisher war es eher so, dass ich mich freue, wenn tolle Nebenfiguren ihre eigene Geschichte bekommen.
Ich habe auch gerade eine Art Novelle angefangen, die von einer Nebenfigur aus einem anderen Roman handelt. Aber da gibt es noch keine Romanze zu der Figur. Mir geht es öfter mal so, dass ich Nebenfiguren plötzlich ganz interessant finde. Aber dann würde ich eben etwas anderes zu ihr schreiben und nicht extra den Haupttext ändern, nur um Werbung zu machen. Werbung sollte die Figure für sich selbst machen, indem sie interessant genug ist, dass die Leser mehr von ihr wollen.
Wenn man es so macht, wie Alana beschreibt, ist das meiner Ansicht nach Faulheit des Autors.

jainoh

Oh, genau diesen Effekt habe ich gerade bei einer sonst echt gut geschriebenen Krimi-Romance-Serie gehabt. Es war sehr nervig, weil nicht nur in jedem Band die Geschichte vom nächsten angedeutet bzw. sogar begonnen wurde, sondern sich zusätzlich noch ein großes, übergeordnetes Geheimnis erst im achten Band offenbarte. Die Autorin hat aber fleißig in jedem weiteren Band die Neugierde geschürt. Einzig beruhigend war am Ende, dass sie tatsächlich das Geheimnis enthüllt hat und es mich im Umfang auch nicht enttäuscht hat. Leider kann ich mich jetzt grad nicht auf den Titel der Serie oder den Namen der Autorin besinnen. Bei Bedarf schau ich das gern nach.
Einen anderen Effekt mag ich bei Serien aber sehr gern. Ich mag es, wenn die Geschichten von Figuren aus vorangegangenen Bänden in den nächsten noch etwas fortgeführt werden. Diese Fortsetzung darf sich dann auch ruhig ankündigen, wenn die Hauptgeschichte ansonsten abgeschlossen ist.

Maja

@jainoh
Heißt das für dich, eine Reihe darf keinen bandübergreifenden Rahmenplot mehr haben? Sowas habe ich, als Leserin wie Autorin, bislang nie für Werbung gehalten oder für illegitim, sondern für ein Mittel, auch bei in sich abgeschlossenen Einzelbänden eine Charakterentwicklung bei meinen Protagonisten zu ermöglichen und, statt ein Vakuum zwischen den Bänden zu haben, dem Leser das Gefühl zu geben, dass das Leben weitergeht.

Für mich heißt das, dem Leser, der alle Bücher liest, und das in der richtigen Reihenfolge, einen Mehrwert zu bieten. Will ich, dass meine Leser die ganze Reihe lesen? Absolut! Dafür schreibe ich sie doch. Zwinge ich jemanden, mehr als ein Buch zu lesen? Zählt es als Zwang, immer ein paar  offene Fragen zu haben und Spannung beim Leser aufzubauen? Macht das nicht das Konzept einer Reihe aus?

Ebenso könnte man einer Fernsehserien mit Staffelplot vorwerfen, dass sie den Zuschauer zwingen, keine Folge zu verpassen. Dieses Gefühl, wissen zu wollen, wie es weitergeht, stellt sich doch nur ein, wenn es mir als Autor gelungen ist, eine enge Beziehung zwischen dem Leser und den Figuren aufzubauen. Und ich denke nicht, dass dann dem Autor dafür ein Vorurf zu machen ist.

Umgekehrt sprechen mich Reihen, in denen keine Entwicklung stattfindet, mich weniger an. Wenn kein Buch auf frühere Ereignisse Bezug nimmt oder immer alle Fragen beantwortet werden, dann schwindet mein Interesse. Und darum lese ich auch lieber Lord Peter Wimsey und Albert Campion als Hercule Poirot oder Ellery Queen.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Klecks

Ich gestehe: Grundsätzlich mag ich das. Ich sehe es so, wie Fee es genannt hat: Ein Bonbon für treue Fans.  :wolke:  Ich freue mich als Leserin total, wenn bekannte Charaktere in einem anderen Buch der Autorin vorkommen. Ich gehöre auch zu denen, die ein Buch derselben Autorin nur kaufen würden, weil ich weiß, dass Charaktere aus einem anderen Werk darin vorkommen. Auch, wenn ich diesen Roman dann vielleicht nicht mag, aber das kann ich vorher nicht wissen. Und am Ende hatte ich dann immerhin das Vergnügen, nochmal über bekannte Charaktere zu lesen.  :D

Allerdings finde ich persönlich auch, dass man das mit einer gewissen Eleganz lösen könnte - also so, dass es nicht wie "Kauf mein nächstes Buch!"-orientierte Werbung wirkt. Ich nutze das in meinen eigenen Geschichten zum Beispiel deshalb, weil ich die Charaktere selber nochmal darin vorkommen lassen möchte, und mich zusätzlich natürlich auch darüber freuen würde, wenn sich Leser ähnlich über dieses Wiedersehen freuen.  :vibes:

Es wäre wieder etwas anderes, wenn man den Plot eines Romans nicht versteht, weil auf andere Romane Bezug genommen wird, was ja auch bereits angesprochen wurde. Funktioniert der Plot, habe ich daran nichts auszusetzen. Funktioniert er nicht, gefällt es mir auch nicht mehr.

Solange es also nicht an den Haaren herbei gezogen ist - was ich nicht erreichen möchte bzw. nicht lesen möchte -, finde ich das absolut legitim, sowohl als Leserin, als auch als Autorin. Nur, wie gesagt, damit ich es mag, sollte es so gemacht sein, dass es nicht wirkt wie "Ich mache das nur, um mehr Leser zum Kauf meines nächsten Buches zu bewegen". Viel mehr, finde ich persönlich, sollte es - solange es eben den Plot nicht unlogisch wirken lässt - eine emotionale Entscheidung sein wie "Mir bedeuten diese Charaktere viel, die Leser mochten sie auch, also ist es doch schön, sie wiederzusehen".  :D