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[Physik] Geschwindigkeit von Gegenständen im Wasser

Begonnen von Arcor, 03. September 2019, 12:13:42

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Arcor

Ich bin mir gerade nicht sicher, ob das Ganze wirklich komplex ist oder ich nur selten dämlich.  :d'oh:

Im Ozean gibt es ja Meeresströmungen, die unterschiedlich schnell oder langsam Wassermassen durchs Meer transportieren - beeinflusst von Wind und Wassertiefe.

Meine Frage: Wenn ich zwei Gegenstände in so eine Meeresströmung werfe, die beide Schwimmen, aber ein unterschiedliches Gewicht haben (z. B. ein Ast und ein Schiff ohne Ruder und Segel/Antrieb) werden die beiden dann gleichschnell von der Meeresströmung transportiert oder "schwimmt" der eine Gegenstand dem anderen mit der Zeit davon?

Physikalisch stehe ich da gerade voll auf dem Schlauch - war auch nie meine große Stärke.  ???
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Faye - Finding Paradise

Jen

#1
Kommt drauf an. Ein Gegenstand muss nicht besonders schwer bzw. dicht sein, um im Wasser zu sinken. Die Strömungen sind teils in verschiedenen Wassertiefen, zum Beispiel kann es am Meeresboden kalte Strömungen geben und weiter oben warme (wie du meines Erachtens auch gesagt hast) ...
Im Wasser dürfte es an sich keinen Widerstand geben, außer, die Gegenstände sind stromlinienförmig oder eben nicht. Ich glaube, es hängt eher damit zusammen als mit dem Gewicht (denn wenn es schwimmt, ist der Unterschied nicht allzu groß). Keine Garantie. :D

Edit: Ich erinnere auch gern an diese Entchen, die auch nicht alle am selben Ort aufgetaucht sind Link.
Guilty feet have got no rhythm.

Sascha

Bei Deinen Beispielen denke ich gerade an einen ganz anderen Faktor:
Der Ast liegt ziemlich weit im Wasser, das Schiff dagegen schwimmt großenteils obenauf. Daher sollte das Schiff wesentlich stärker vom Wind beeinflusst sein, auch ohne Segel. Und der Wind wird es mal beschleunigen, mal bremsen, mal quer zur Strömung treiben usw.

Araluen

#3
Wenn ich jetzt nicht ganz falsch liege (hab grad keine Zeit für Recherche), verhält es sich grob so: Wie schnell sich etwas in einer Strömung bewegt, hängt vom Strömungswiderstand des Körpers ab. Je höher der Widerstand, desto langsamer treibt das Ding. Der Strömungswiderstand hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter und vom Gegenstand beeinflussbar: Dichte und Abmessung (die Bezugsfläche, beim Boot, also der Teil, der im Wasser ist) des Gegenstandes. Dabei gilt, je größer beide Faktoren, desto größer der Widerstand, sprich desto langsamer bewegt sich der Gegenstand durch die Flüssigkeit.
Im Beispiel müsste der Ast demnach schneller sein, da er die kleineren Abmessungen hat (wenn wir davon ausgehen, dass beides aus Holz ist und demnach die gleiche Dichte hat. Wobei ich mir bei einem Boot gerade nicht sicher bin wegen der Dichte).
Wo ich mir nicht sicher bin, ist, ob das auch genau so zutrifft, wenn beide Gegenstände oben schwimmen.
Hast du zur Not einfach die Gelegenheit für einen Feldversuch - einen kleinen Bach mit Strömung, ein Helferlein und ein Stück Kork und ein Ästlein?

Wenn wir auf dem Meer sind,  hat Sascha dazu noch recht, dass der Wind mitbeachtet werden muss. Dem setzt der Körper nämlich auch einen Widerstand entgegen und wird dementsprechend durch die Gegend getrieben. Da kommt es dann darauf an, ob die Strömungskraft im Wasser und in der Luft in die gleiche Richtung wirken oder welchen Winkel sie zueinander einnehmen. Und natürlich kommt es darauf an, wie sehr der Gegenstand beiden Kräften ausgesetzt ist.

Sascha

@Araluen: Ich glaube, das trifft nur für angetriebene Objekte zu. Wenn ich an beides einen Außenborder hänge, ist das mit dem geringsten Strömungswiderstand schneller, klar. Aber: Wir haben es hier mit Dingen zu tun, die mit der Strömung treiben. Ein Objekt mit größerem Wasserwiderstand dürfte sogar schneller beschleunigen, da die Strömung es stärker antreiben kann. Aber nach kurzer Zeit müßten eigentlich beide, wenn man den Teil außerhalb des Wassers außer acht läßt, einfach mit der Geschwindigkeit des Wassers treiben.
Man kann sich das genauso in der Luft vorstellen: Ein Helium-Kinderballon und ein riesiger Heißluftballon, beide treiben einfach mit dem Wind. Beide müssen also gleich schnell sein, wenn sie in derselben Luftströmung stecken. Im Korb eines Heißluftballons ist es ja auch weitgehend windstill, eben weil er mit dem Wind treibt.

Also, nach längerem Nachdenken dürfte die Antwort auf Arcors Frage vor allem davon abhängen, ob einer der Gegenstände wesentlich weiter aus dem Wasser herausragt als der andere. Oder, im Gegenteil, so weit hinunterreicht, daß er schon wieder eine andere Strömungsschicht erreicht.
Wo sind die Physiker, wenn man sie mal braucht ... ?

Jen

Vielleicht sollten wir das Physikproblem umgehen, indem wir uns dem Plot von Arcor zuwenden. Was genau willst du denn erreichen? Sollen beide gleichzeitig ankommen oder erst später? Ich halte es nämlich für wahrscheinlicher, dass beides nicht zeitgleich eintrifft.
Guilty feet have got no rhythm.

Araluen

Damit die Gegenstände mit der Strömung treiben können, ist es nötig, dass die Strömung deren Strömungswiderstand überwindet. Masse ist generell faul und hält nicht viel von Bewegung ;) Ein Außenborder wäre einfach nur eine zusätzliche Kraft, hat mit der Grundrechnung aber nicht viel zu tun. Ein Gegenstand mit höherem Widerstand beschleunigt nicht schneller, da die Kraft, die Netto für die Beschleunigung übrig bleibt kleiner ist als bei niedrigem Wiederstand. Deshalb baut man aerodynamisch, um die Bezugsfläche klein zu halten. Je kleiner die Bezugsfläche, desto kleiner der Widerstand.
Am Ende sind beide Gegenstände tatsächlich gleich schnell. Ebenso schnell wie die Strömung, wenn beide Gegenstände nicht von zusätzlichen Kräften noch beeinflusst werden.
Die Frage ist eher wer schneller beschleunigt wird

Jen

Das klingt logisch, aber dann verstehe ich das mit den Gummientchen aus meinem ersten Beitrag nicht so recht. Die sind genau gleich und sind trotzdem an vielen verschiedenen Orten gefunden worden. Allerdings wissen wir natürlich nicht, wann sie aus dem Container getrieben sind, also ob alle gleichzeitig raus sind (denke schon, die hatten ja Auftrieb, und wo ein Loch ist, wird nach oben gequackelt?) ... eigentlich könnte ich problemlos einen Physiker fragen, aber den nerv ich heute den ganzen Tag schon mit anderem Kram.
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Arcor

Zitat von: Jen am 03. September 2019, 17:37:46
Vielleicht sollten wir das Physikproblem umgehen, indem wir uns dem Plot von Arcor zuwenden. Was genau willst du denn erreichen? Sollen beide gleichzeitig ankommen oder erst später? Ich halte es nämlich für wahrscheinlicher, dass beides nicht zeitgleich eintrifft.
Uah, jetzt bringst du mich aber in die Bredouille. Frag doch nicht nach sowas wie Plot.  :rofl:

Grob gesagt spiele ich mit dem Gedanken einer schwimmenden Stadt/Insel, die auf den Meeresströmungen treibt. Ohne Antrieb würde sie ja einfach den Strömungen folgen (zusätzlich beeinflusst durch Wind, der auf Gebäude/Hügel einwirken kann).

Meine Frage zielte dahin ab,
a) wie schnell so ein Ding sein kann? (hängt von der Strömung und vom Wind ab, schon klar, aber wenn ein großer Gegenstand langsamer in der Strömung wäre als ein kleiner (weil mehr Masse), wäre so eine Insel sehr langsam, weil sehr groß)
b) wenn man versucht, die Stadt zu finden, als Anhalt aber nur die Meeresströmungen hat, in denen man sich treiben lässt, ob es dann realistisch ist, dass man sie einholen kann (weil sie groß = mehr Masse = langsam, und ein Floß/Schiff/whatever klein = wenig Masse = schnell) oder ob das physikalischer Humbug ist.
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Faye - Finding Paradise

Araluen

@Jen: Die Entchen sind ja nicht alle zeitgleich an genau derselben Stelle ins Wasser geplumpst. Durch die unterschiedlichen Startpositionen und weil sich einige ja auch erst aus dem Gedränge herausarbeiten mussten, ergeben sich unzählige unterschiedliche Ausgangslagen. Dazu dann noch der Wind, welche vereinzelte Entchen von einer Strömung in die andere trägt und schon kommen sie zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten an. Der Strömungswiderstand ist prinzipiell aber ähnlich. In die Gleichung fließen noch andere Parameter das Fluid betreffend mit hinein, deshalb ähnlich und nicht gleich.

@Arcor: Mal davon abgesehen, dass diese Insel vermutlich einfach untergehen würde, so sie nicht aus Bimsstein oder auf einem riesigen Organismus angesiedelt ist ;)
Wie schell ist die Insel? Nicht die schnellste, wobei ich mir grad nicht sicher bin, ob sie nicht irgendwann doch so schnell wie die Strömung wird. Wenn wir uns vorstellen, dass wir die Insel ins wasser werfen und schauen wie sie wegtreibt, wird das erst gar nicht bis langsam geschehen, weil die Beschleunigung gering ist. Aber theoretisch, wenn ich keinen Denkfehler habe, müsste die Insel so schnell wie die Strömung sein irgendwann und sie schwimmt ja nicht erst seit gestern.

Holt man die Stadt ein?
Wenn man sich nur treiben lässt, nicht. Du beschleunigst schneller als die Insel, aber die Maximalgeschwindigkeit gibt die Strömung vor. Um die Insel einzuholen, bräuchte man zusätzlichen Antrieb, wenn man davon ausgeht, dass auch die Insel mittlerweile auf Maximalgeschwindigkeit beschleunigt wurde.

Jen

Schließe mich Araluen an! Ich glaube auch nicht, dass man die Stadt nur durch Treiben einholen könnte.

Das erinnert mich an "Das Geheimnis des 12. Kontinents" von Antonia Michaelis, ein großartiges Kinderbuch, in dem eine Insel gaaanz langsam über die Erde kriecht, aber immer noch weitaus fixer als die anderen elf Kontinente (die viel größer und schwerer sind).
Meinst du schwimmende Stadt von der Größe eines Flugzeugträgers z.B.? Ich glaube, das hängt nach wie vor mit dem Strömungswiderstand zusammen. Zudem kann zum Beispiel jemand, der versucht, die Stadt zu finden, auch ein wenig mehr Gas geben und immer mal überprüfen, ob derjenige noch der Strömung folgt. Man müsste mal schauen, ob man Strömungen überhaupt folgen könnte und wie schnell man dann wäre. Ich glaube, das überschätzen wir auch ein wenig, moment ... der Golfstrom fließt laut Wikipedia mit 1,8m die Sekunde, das müssten um die 6,5 km/h sein.
Guilty feet have got no rhythm.

Volker

Zitat von: Arcor am 03. September 2019, 12:13:42
Ich bin mir gerade nicht sicher, ob das Ganze wirklich komplex ist oder ich nur selten dämlich.  :d'oh:

Meine Frage: Wenn ich zwei Gegenstände in so eine Meeresströmung werfe, die beide Schwimmen, aber ein unterschiedliches Gewicht haben (z. B. ein Ast und ein Schiff ohne Ruder und Segel/Antrieb) werden die beiden dann gleichschnell von der Meeresströmung transportiert oder "schwimmt" der eine Gegenstand dem anderen mit der Zeit davon?

(Handheb: Physiker und Segel-Einsteiger hier)

So lange sich zwei Dinge nicht selber irgendwie bewegen können (Schwimmen, Motor, ...), sondern nebeneinander in derselben Meeresströmung treiben, sind sie im Mittel gleich schnell, egal wie groß oder wie geformt.  Da schwimmt keins dem andern davon.

Eine andere Sache ist der Wind. Und wie tief die Dinge im Wasser liegen, und wie hoch sie in die Luft ragen. Ein Strandball/Luftballon wird daher kaum von der Meeresströmung beeinflusst, sondern fast ausschließlich vom Wind durch die Gegend gepustet. Anders ein (antriebsloses) U-Boot, von dem nur das Periskop ab und an aus dem Wasser ragt: da macht der Wind nichts.

Da Wasser nur wenig "Rollwiederstand" bietet, kann Wind überraschend viel schieben - nicht nur bei Segelbooten, sondern generell bei Schiffen. Und da hilft dann eine Menge einfach eine Menge. Ein Kreuzfahrtschiff hat halt mehrere tausend Quadratmeter "Segelfläche" wenn der Wind von der Seite drückt, denn das Schiff ist schlicht so groß. Ins (vielviel dichtere) Wasser hinein aber nur mehrere huntert Quadratmeter. Quer ist daher ein kräfiiger Wind merkbarer als eine Meeresströmung längs. Und genau den Effekt machen sich Segelschiffe zu Nutze: längs zum Rumpf durch's Wasser, und möglichst viel Segelfläche quer zum Wind (vereinfacht gesagt).

Ein "Einholen" einer Vulkansteininsel durch einen treibenden Schwimmer (also etwa gleiches Verhältnis zwischen Segel- und Wasserfläche, etwa gleich schlecht steuerbare Ausrichtungen jener Flächen). passiert dann schlicht nicht Sie würden vermutlich etwa den Abstand halten.  Außer halt, eine(r) von beiden fängt an sich zu bewegen, sei es durch Eigenantrieb (Schwimmen) oder durch Änderung des Wasser/Wind-Verhältnisses (also Segel). Von Land aus betrachtet können die bei entsprechenden Strömungen durchaus echt Fahrt bekommen - aber halt beide dieselbe.

Etwas anderes das tragischerweise bei Freizeitboot (egal ob Motor-, Segel- oder Gummiboot) und Schwimmer: erstere haben eine relativ große Segelfläche im Verhältnis zum Wasser (und seien es nur die Aufbauten), der Schwimmer nicht. Und so manches Boot ist schon mal "davongetrieben" (vom Wind!), als/wenn die gesamte Besatzung zum Baden ins Meer sprang (und sich dann plötzlich mitten auf dem Meer ohne Schiff fand).  Das wurde dann auch mehrfach verfilmt (Sharkwater? Open Water?)

Sascha

Zitat von: Araluen am 03. September 2019, 18:32:48
Damit die Gegenstände mit der Strömung treiben können, ist es nötig, dass die Strömung deren Strömungswiderstand überwindet. Masse ist generell faul und hält nicht viel von Bewegung ;) Ein Außenborder wäre einfach nur eine zusätzliche Kraft, hat mit der Grundrechnung aber nicht viel zu tun. Ein Gegenstand mit höherem Widerstand beschleunigt nicht schneller, da die Kraft, die Netto für die Beschleunigung übrig bleibt kleiner ist als bei niedrigem Wiederstand.
Öhm ... dsa schmeißt Du jetzt aber mächtig den Strömungswiderstand (abhängig von der Fläche und Form) und die Trägheit (abhängig von der Masse) durcheinander, oder? ;)

Araluen

Nein. Der Strömungswiderstand ist eine Kraft, die der Strömungskraft entgegenwirkt. Deshalb beschleunigen Gegenstände mit hohem Strömungswiderstand langsamer, weil netto eine geringere Kraft für den Schub nach vorn sprich die Beschleunigung übrig bleibt.
Auch die Trägheit ist letztlich nur eine Kraft, die der bewegungsgebenden Kraft entgegen wirkt. Die Berechnungsgrundlagen beider Kräfte sind unterschiedlich, die Wirkung ist die gleiche... und dabei hatte ich gehofft, Kräfteparallelogramme nie wieder sehen zu müssen *gg*

Arcor

@Araluen & @Volker
Danke für eure detaillierten Ausführungen. Dann ist die Sache klar, dass Ding ist so ohne weiteres nicht einzuholen, es sei denn, es hängt irgendwo fest. Gut, damit streiche ich das Dahintreiben lassen und überlege mir was Anderes.  ;D

Zitat von: Jen am 03. September 2019, 21:14:59
Meinst du schwimmende Stadt von der Größe eines Flugzeugträgers z.B.?
Ich glaube, das Ding wird um einiges Größer als ein Flugzeugträger.  :versteck:

Zitat von: Jen am 03. September 2019, 21:14:59Man müsste mal schauen, ob man Strömungen überhaupt folgen könnte und wie schnell man dann wäre. Ich glaube, das überschätzen wir auch ein wenig, moment ... der Golfstrom fließt laut Wikipedia mit 1,8m die Sekunde, das müssten um die 6,5 km/h sein.
Also per se kann man denen ganz gut folgen, so weit ich weiß. Man sieht sie zum Teil ja gar im Wasser und schon im 18. Jahrhundert hat man Strömungen ausgenutzt (ebenso wie generell vorhandene Windströmungen) um schneller voranzukommen. Auch konnten gute Kapitäne den Abdrift ihres Schiffs durch Wind und Strömungen und Gezeiten berechnen. Also das Wissen dazu war da, sofern man wusste, dass da eine Strömung ist - was vermutlich zu der Zeit sich eher auf lokale Strömungen an Küsten bezog und weniger auf die globalen Meeresströme. Da machten eher die Winde aus, wo man langsegelte.
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Faye - Finding Paradise