Unabhängig von den bisher genannten Aspekten (vielen, vielen Dank dafür!) habe ich die These, dass ein Grund für einen geringeren Autorinnenanteil in der SF in der Schulbildung liegen könnte.
Mädchen wird bewußt oder unbewußt weniger Technikverständnis zugestanden und sie werden weniger offensiv in den MINT Fächern gefördert. Projekte wie das Ada Lovelace Projekt (https://ada-lovelace.de/) sind da leider noch zu wenig bekannt.
Würdet ihr da zustimmen oder seht ihr das ganz anders?
Ich sehe hier zwei Probleme: Dass SF auf Hard-SF reduziert wird (als wäre Fantasy nur High Fantasy) und all die anderen Spielarten und Schwerpunkte außen vor lässt – gleichzeitig andere Spielarten aber auch abwertet, und dann natürlich noch doppelt zutritt, wenn man als Pro-Argument für "Warum kaum Frauen in der SF?" sagt: Ist ja klar, Mädchen/ Frauen sind zu doof/ werden kleingehalten/ doof gemacht. Heißt nicht, dass ich die Frage blöd finde. Patriachale Strukturen außerhalb der SF haben natürlich grundlegenden Einfluss auf die SF. An dem Punkt drehen wir uns aber im Kreis.
Ich habe ein interessantes Video von Florent Farges auf youTube gesehen, in dem er die Frage stellt/ infrage stellt, warum
Weiße Monochrome für so viel Geld verkauft werden (können) (Video auf Englisch). Früher oder später kommt natürlich die Frage auf: "Was ist Kunst?" Und für Weiße Monochrome hält er eine Definition von George Dickie für besonders wichtig (ca. ab 5:10): "Ein Kunstwerk ist 1) ein Gegenstand/ Produkt 2) dem der Status eines "Kandidaten für Anerkennung" verliehen wurde durch eine Person oder durch Personen, die im Auftrage von Institutionen (die Kunstwelt) handeln." Was soviel heißt: Ein Gegenstand wird dann zur Kunst, wenn ein Mitglied der Kunstwelt es für würdig erachtet/ zum Kunstwerk erklärt. Was Kunst ist, definiert sich also darüber, dass man als (Kunst)Schaffender den "Inner Circle" becircen kann.
Soviel dazu. Der Zusammenhang zur SF: So wie Literaturkritiker innerhalb ihrer Blase/ ihres Circles bestimmen, was Literatur ist und was nicht, so bestimmen die, die Teil der SF-Szene sind, was SF ist. Kreisschluss zurück zu den patriachalen Strukturen innerhalb der SF-Szene, und Kreisschluss zurück zum Gatekeeping innerhalb der SF-Szene, das sagt, dass Frauen kaum SF schreiben/ kein SF schreiben können und damit natürlich Recht behält, weil die (überwiegend cis-dude-geprägte Hard-) SF-Szene bestimmt, was SF-Szene ist.

Über all das kann ich mich als Frau aufregen. Oder mir sagen, dass es auch Gruppen außerhalb der cis-dudigen Hard-SF-Szene gibt und mir das Eierschaukeln, das dort veranstaltet wird, am Poppes vorbeigeht. Ich schreibe SF, weil es schon immer da war und ich mit Sachen wie Adolars Phantastische Abenteuer oder Red Planet aufwuchs. (Alle älteren TiZis gähnen jetzt vielleicht müde weil sie schon mit Raumpatrouille Orion starteten.

Zu meiner Verteidigung: Das ist eine West-Serie und ich bin nunmal in den Ruinen der DDR groß geworden.) In gewisser Form treibt SF ja den Sense of Wonder (oder eher: "Desire for Wonder") noch weiter als es Fantasy tut. Mein Problem war aber ein paar Jahre lang, dass wir in unserer realen Welt unseren Planeten nie verlassen werden können. Wir kommen vielleicht mit Ach und Krach bis zum Mars bevor hier alles verödet. Aber schon durch unser eigenes Sonnensystem zu reisen wie in Cowboy Bebop, The Expanse oder Alien oder darüber hinaus wie in Star Trek, Altered Carbon oder Die wandernde Erde – lol, nope. Wir werden auf diesem Planeten wie in Bladerunner jämmerlich versauern (vermutlich sogar sprichwörtlich wie buchstäblich). Das hat mich lange blockiert. Genauso wie das ganze wissenschaftliche Gedöns dahinter (nicht, dass ich der Wissenschaft abgeneigt bin, aber mein Hirn hat einfach, besonders mathematische, Grenzen) mich abschreckte. Jetzt schreibe ich halt SF, die auf der Erde spielt, in denen sich Menschen in virtuellen Realitäten verlieren und bei der mich mehr zwischenmenschliche Beziehungen und soziale Fragen umtreiben als wissenschaftliche.