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"Ich bin Berufsautor" - Aber wie erkläre ich das den anderen?

Begonnen von Kat, 23. Juni 2022, 14:46:58

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Kat

Hallo zusammen :)

In ein paar Wochen beginnt mein Resturlaub und kurz darauf die Zeit, in der ich offiziell arbeitslos bin. Inoffiziell möchte ich mich als Berufsautorin versuchen und abgesehen von dem bürokratischen Rattenschwanz, der da mit dran hängt, beschäftigt mich aktuell vor allem eine Frage: Wie erkläre ich meinem Umfeld, dass Bücherschreiben richtige Arbeit ist?

Ein paar Tintenzirkler hier arbeiten ja als Autor*innen und mich würden einfach eure Erfahrungen zu dem Thema interessieren.

Erzählt ihr eurem Umfeld, dass ihr als Autor*in arbeitet? Wenn ja, wie sind die Reaktionen darauf? Überwiegend positiv? Gab es auch unschöne Gespräche?

Wie reagiert ihr auf die Frage nach dem Finanziellen ("Kann man davon überhaupt leben?!"), insbesondere dann, wenn ihr mit euren Büchern selbst noch nicht viel verdient?

Und die Bonusfrage an Selfpublisher: Wie erklärt ihr eurem branchenfremden Umfeld, dass ihr nicht in einem Verlag veröffentlicht und es trotzdem eure Arbeit und nicht nur ein Hobby ist?

Mich würden einfach ganz generell eure Erfahrungen mit solchen Gesprächen interessieren. :)

Maja

Ich habe mich 2011 als Schriftstellerin selbständig gemacht. Merke: "Schriftsteller*in" ist die Berufsbezeichnung. Wenn du das Wort verwendest, ist darin schon enthalten, dass es dein Beruf ist - anders als Autor*in, das ist jede*r, der/die schreibt. Die Reaktionen waren durch die Bank neugierig bis positiv. Aber mein Umfeld wusste ja schon, dass ich schreibe, und ich muss gestehen, dass ich außerhalb meiner Autorenblase kaum andere Freunde habe.

Bis zu meiner ersten Veröffentlichung hat es noch zwei Jahre gedauert, das war 2013, und das Buch ist nur als Ebook erschienen. Dann noch ein Ebook. Dann eine lange Pause, bis überhaupt wieder etwas von mir erschienen ist. Das heißt, es war 2018, bis ich überhaupt ein gedrucktes Buch vorlegen konnte, und es fühlte sich immer etwas vermessen an, wenn ich mich irgendwo als Schriftstellerin bezeichnet habe, als wäre es Hochstapelei. Deswegen habe ich es im Zweifelsfall nicht groß erwähnt. Wenn man es sagt, gegenüber Fremden, kommt immer die selbe Frage: "Haben Sie denn schon was veröffentlicht?" (positiv, aufgeschlossen, neurierig). Und es fühlte sich immer blöd dann, dann sagen zu müssen "Ja, aber nur als Ebook", als wäre das nichts richtiges, auch wenn ich richtiges Geld damit verdient habe.

Aber auch nicht richtig genuges Geld. Ich bin inzwischen so weit, mit Müh und Not, dass ich mich selbst versichern darf, über die Künstlersozialkasse. Vorher war ich zwar selbständig, aber finanziell nur die familienmitversicherte Ehefrau, was zu dem Gefühl, nur ein Hochstapler zu sein, beigetragen hat. Gegenüber der Bank sieht das dann im Zweifelsfall so aus, wenn wir einen Kredit oder ähnliches brauchen, dass mein Mann seine Einkünfte offen legt und ich einmal beherzt mit den Schultern zucke, weil mein Einkommen einfach nicht ins Gewicht fällt.

2014 haben wir unser Haus gekauft, da waren gerade die beiden Ebooks erschienen. Wir sitzen in der Bank, um den Kredit abzuschließen, und wurden nach unseren Berufen gefragt. "Serviceingenieur", sagt mein Mann. Banker nickt wohlwollend. "Schriftstellerin", sage ich und ernte einen Blick nach dem Motto "Ich habe Sie nicht nach Ihren Hobbies gefragt". Aber das war das einzige mal, wo es sich blöd angefühlt hat.

Ich bin früher (zu Schulzeiten) wirklich übel gemobbt worden, auch wegen meiner Schreiberei, und später zumindest belächelt, aber seit ich selbständig bin, wird das tatsächlich ernster genommen als vorher. Außer bei der Bank.


@Kat Ich rate dir, ganz schnell wieder aktiver im Forum zu werden, weil ich dich dann auch wieder für die internen Boards freischalten kann, wo wirklich wichtiges Informationsmatieral für den Schriftstellerberuf gesammelt ist.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Skalde

Das Wort Beruf hat nicht von ungefähr sehr viel mit Berufung zu tun.

D.h. ich würde generell jedem empfehlen, mittelfristig und langfristig einem Berufsziel zu folgen, zu dem man sich wirklich berufen fühlt - selbst wenn man vielleicht eine Zeitlang oder auch sehr lange noch andere Nebenjobs betätigen muss, einfach um die Miete zu zahlen und den Kühlschrank zu füllen.

Gerade bei allen künstlerischen Berufen bleibt man, glaube ich, auf der Strecke, wenn man es aus den falschen Gründen heraus tut (also beispielsweise, weil man berühmt werden will, es sich cool vorstellt, was auch immer).

Wenn Du Dich also als Autorin berufen fühlst, verfolge es mit all Deiner Energie und sei stolz darauf! Es gibt keinen Grund, es nicht zu sein.

Ich habe in all den Jahren einige fragende Blicke geerntet, nach dem Motto, kann man davon leben (auch schon in meiner Zeit als Illustrator)? Und ja, es war anfangs nicht einfach bis teils unmöglich. Auch meine Eltern haben mich lange Zeit schräg angesehen, bis ich irgendwann den Sprung geschafft hatte.

Aber selbst die Gespräche mit meinen Eltern empfand ich nie als unangenehm, denn letztlich waren sie ja nur Ausdruck davon, dass sie sich um einen sorgen. Auch bei Freunden überwiegt meiner Erfahrung nach die Neugier, was verständlich ist.

Wenn Dir die Leute nahestehen und Du damit klarkommst, würde ich einfach ehrlich sein, wie die Situation momentan ist. Wieso nicht? Es ist Dein Leben, Deine Träume und allein Du bestimmst, was Du beruflich für Ziele verfolgst.

Und sollte Dir wirklich einmal einer blöd kommen (was mir nie passiert ist), frag ihn doch, was er oder sie beruflich tut? Und ob er als Bankangestellter, Makler, Autoverkäufer (was auch immer) sich wirklich seinen Lebenstraum erfüllt. Wenn ja, herzlichen Glückwunsch, ansonsten sollte er vielleicht besser nicht über Menschen urteilen, die genau dies versuchen ...

Und was die Selfpublisher-Frage betrifft, hier gibt es einfach für beide Entscheidungen gewichtige Vor- und Nachteile. Ich habe mir das beispielsweise damals genau für mich überlegt und mich sehr bewusst dazu entschieden, meine Bücher als Selfpublisher zu veröffentlichen (und habe es bislang nicht bereut). D.h. nicht, dass ich das eventuell nicht zukünftig auch mal anders versuchen werde, aber beide Wege haben ihre Berechtigung. Selfpublisher zu sein hat also nichts damit zu tun, ob man professionell schreibt oder nicht, sondern welchen Weg der Vergütung / Marketing etc. man gehen möchte ...

Kat

Maja und Skalde, danke, eure Beiträge finde ich super hilfreich und interessant.

Zitat von: Maja am 23. Juni 2022, 16:20:06Das heißt, es war 2018, bis ich überhaupt ein gedrucktes Buch vorlegen konnte, und es fühlte sich immer etwas vermessen an, wenn ich mich irgendwo als Schriftstellerin bezeichnet habe, als wäre es Hochstapelei.
Das beschreibt mein Gefühl momentan echt gut.

Mein erstes Buch ist vor ein paar Monaten erschienen, vorerst auch nur als eBook. Einerseits habe ich das Gefühl, damit einen richtig großen Schritt in die richtige Richtung gemacht zu haben und gleichzeitig fühlt es sich so an, als würde ich mir einen Beruf aneignen, den ich noch gar nicht haben darf.

Bisher habe ich die Veröffentlichung mehr oder weniger unter den Teppich gekehrt, außer bei wirklich engen Freunden, aber da ich meine Arbeitsstelle verloren habe und gleichzeitig Aussicht auf eine zweite Veröffentlichung, kann ich mich bald nicht mehr hinter einem "vernünftigen" Brotjob verstecken.

Auf jeden Fall freut es mich, dass du überwiegend positive Erfahrungen gemacht hast. Das macht mir gerade sehr viel Mut, weil ich auch oft für das Schreiben belächelt wurde und deshalb befürchte, dass ich erst recht nicht ernst genommen werde, wenn ich sage, dass ich das Schreiben beruflich mache.

Zitat von: Maja@Kat Ich rate dir, ganz schnell wieder aktiver im Forum zu werden, weil ich dich dann auch wieder für die internen Boards freischalten kann, wo wirklich wichtiges Informationsmatieral für den Schriftstellerberuf gesammelt ist.
Dann behalte ich das schon mal im Hinterkopf und werde mich auf jeden Fall bemühen, wieder aktiver am Forum teilzunehmen. :)

@Skalde

Bei Eltern und engen Freunden stimmt es sicher, dass sie sich um einen sorgen und deshalb die Berufswahl hinterfragen. Aber gelegentlich wird man ja auch von lockereren Bekanntschaften wie z.B. Nachbarn auf den Beruf angesprochen und da fände ich es besonders schwierig, über den Schriftstellerberuf zu sprechen.

Was das Selfpublishing angeht, stimme ich dir absolut zu. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass Leute, die mit der Branche so gar keine Berührungspunkte haben, das Selfpublishing nur als Hobby-Veröffentlichung ansehen. Branchenfremde wissen ja nicht, wie viel Arbeit hinter einer Veröffentlichung im Selfpublishing steckt. Die sehen im Zweifel nur, dass da jemand sein Buch selbst auf Amazon hochgeladen hat.

Alana

Bei mir war das so ein fließender Übergang. Ich habe nicht offiziell entschieden, mich als Berufsautorin zu sehen und zu bezeichnen, sondern das kam irgendwie, als ich Verträge hatte, die halbwegs was abgeworfen haben, deswegen hat sich mir diese Frage nicht so gestellt. Aber ich würde einfach sagen, dass du aktuell noch nicht davon leben kannst (falls das die Person überhaupt was angeht), das aber ja bei so gut wie jeder Selbstständigkeit am Anfang so ist. Das ist absolut legitim. Ansonsten habe ich festgestellt, dass es sehr wichtig ist, dass man sich selbst ernst nimmt, dann tun es die anderen auch. Soll heißen: wenn Schwiegermutter anruft, während du schreibst, gehst du nicht hin oder sagst eben: sorry, das ist jetzt meine Arbeitszeit, ich ruf dich später zurück. Ich habe auch gegenüber der Familie nie gesagt, dass ich schreibe, sondern immer, dass ich arbeite. Allerdings habe ich in der Familie auch nur positive Erfahrungen gemacht.
Alhambrana

Marta

Hey, wie schön, dass du dich an dieses Abenteuer wagst! Ich habe auch ein paar Erfahrungen beizusteuern. Ich bin seit einigen Jahren hauptberuflich Autorin bzw. Schriftstellerin und war davor bereits selbständig.

Das Problem, dass Leute meinen, man hätte tagsüber ja immer Zeit, kenne ich sehr gut. Da hilft nur knallhart die Arbeitszeiten einhalten und alle abwimmeln, die stören. Das führt auch dazu, dass man sich selbst diszipliniert. Wenn man in der "Arbeitszeit" beim Serien schauen erwischt wird, nimmt einen schnell keiner mehr ernst.

ZitatWie reagiert ihr auf die Frage nach dem Finanziellen ("Kann man davon überhaupt leben?!"), insbesondere dann, wenn ihr mit euren Büchern selbst noch nicht viel verdient?

Ich würde es einfach sagen, wie es ist: Ja, man kann davon leben, aber es braucht eine Menge harte Arbeit und eine Menge Glück. Die harte Arbeit hat man selbst in der Hand, das Glück lässt oft auf sich warten. Aber früher oder später hat jede*r mal Glück.

Man kann das Schreiben nicht mit einem klassischen Ausbildungsberuf oder einem Studium vergleichen, bei dem man nach x Jahren fertig ist und Geld verdient (okay, sofern man einen Job findet). Der häufigste Kommentar, den ich bekomme ist "Also, das könnte ich nicht" weil die Unsicherheit vielen Angst macht. Aber auch an die gewöhnt man sich.

ZitatUnd die Bonusfrage an Selfpublisher: Wie erklärt ihr eurem branchenfremden Umfeld, dass ihr nicht in einem Verlag veröffentlicht und es trotzdem eure Arbeit und nicht nur ein Hobby ist?

Ich sage ihnen, dass ich mit SP mehr verdiene als mit meinem früheren Brotjob. Es ist gemein, aber Geld ist leider ein Argument, das gut zieht. Ansonsten kannst du noch erklären, dass man auf den großen SP-Plattformen 70% des E-Book-Preises bekommt, bei einem Verlag nur ... äh, keine Ahnung. 25%? Das sollten auch alle kapieren. Oder was immer deine Gründe sind. Mehr Kontrolle über den Veröffentlichungsprozess zum Beispiel.

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr frage ich mich allerdings warum man überhaupt jemandem erklären muss, dass Bücher schreiben echte Arbeit ist. Wenn sie es nicht glauben, ist das ja deren Problem. Aufhalten können sie dich eh nicht. Und wenn deine Nachbarin aus dem zweiten Stock nicht glaubt, dass Schreiben ein richtiger Job ist, so what? Entsteht dir daraus irgendein Nachteil?

Es wird immer Leute geben, die einen nicht ernst nehmen. Und es wird immer die geben, die dich anfeuern, weil du deinem Traum folgst. Halt dich einfach an die letzteren und ignorier den Rest.

Vaporea

Ich gehöre auch zu denen, die das Schreiben hauptberuflich machen und noch nicht genug damit verdienen, um meinen Lebensunterhalt alleine davon bestreiten zu können. Meine Standardantworten sind da immer: "Jap, ich mach das beruflich, ja, es ist arbeit und nein, ich kann nicht davon leben, aber ich stehe ja auch noch ganz am Anfang". Also ein bisschen das, was @Marta auch schon geschrieben hat.

Ich möchte aber vor allem kurz hierauf eingehen:

Zitat von: Kat am 23. Juni 2022, 14:46:58Und die Bonusfrage an Selfpublisher: Wie erklärt ihr eurem branchenfremden Umfeld, dass ihr nicht in einem Verlag veröffentlicht und es trotzdem eure Arbeit und nicht nur ein Hobby ist?
Ehrlich, ich glaube, die meisten Leute, die nichts mit dem Verlagswesen am Hut haben, wissen nicht mal, dass Selfpublishing existiert. Und selbst wenn doch, können sie wohl kaum dagegen argumentieren, wenn du sagst: "Ja, das ist Arbeit."

Persönlich habe ich auch eher die Erfahrung gemacht, dass die Leute höchstens mal nachfragen, in welchem Verlag ich veröffentliche (und selbst das passiert schon selten, denn meistens wird nur nach dem Genre gefragt). Und wenn ich da dann sage, dass ich alles selbst mache, kommen eigentlich immer nur neugierige Nachfragen.

Zitat von: Alana am 24. Juni 2022, 00:00:54Ansonsten habe ich festgestellt, dass es sehr wichtig ist, dass man sich selbst ernst nimmt, dann tun es die anderen auch. Soll heißen: wenn Schwiegermutter anruft, während du schreibst, gehst du nicht hin oder sagst eben: sorry, das ist jetzt meine Arbeitszeit, ich ruf dich später zurück.
Was Alana hier sagt. Die eigene Arbeit wichtig zu nehmen ist immens ... äh, wichtig. :D

Nina Louise

Hallo Kat,

ich bin zwar keine Schriftstellerin, aber Dipl. Designerin - das ist auch so ein Beruf, von dem viele einen Haufen Vorurteile haben und denken, dass du entweder von überkandideltem Zeug steinreich geworden bist oder hungernde Künstlerin bist.

Es gibt genau 0 (in Worten: Null) Gründe, sich für seinen kreativen Beruf erklären zu müssen. Die Nachbarn geht es einen feuchten Kehricht an, ob du damit Geld verdienst oder nicht.
Aber ich habe festgestellt, dass sehr viele Menschen freundlich interessiert sind, die Familie vielleicht ein wenig besorgt, möglicherweise skeptisch - aber ich finde, das darf sie, weil es eben die Familie ist und die würde im Ernstfall auch für einen da sein, in einer guten Welt.

Die zickigen Dumpfbacken sind meist nur neidisch, weil sie es sich nie getraut haben und in einem Job versauern, den sie hassen und sie sich damit über Wasser halten, dass sie im September schon mal die Brückenurlaubstage für das nächste Jahr eintragen lassen.

Also: Kopf hoch und Brust raus - wenn du dich ernst nimmst, tun die anderen es auch.
Viel Erfolg!

Fantastische Geschichten aus der Luftschlosserei.

Kat

Hey, vielen Dank für all eure Rückmeldungen. Ihr macht mir damit echt Mut. :D

Was ich hauptsächlich aus euren Beiträgen für mich mitnehme ist, dass ich das Berufsschreiben genauso ernst nehmen muss wie jeden anderen Job auch. Eigentlich ist das auch total logisch, aber es war trotzdem gut, es hier schwarz blau auf weiß zu lesen und es mir damit nochmal in Erinnerung zu rufen. Schließlich will ich das Schreiben nicht mehr nur als Hobby ausüben, sondern als meinen Beruf.

Zitat von: Marta am 24. Juni 2022, 15:34:21Und wenn deine Nachbarin aus dem zweiten Stock nicht glaubt, dass Schreiben ein richtiger Job ist, so what? Entsteht dir daraus irgendein Nachteil?
Nun, ich lebe in einem kleinen Haus und werde öfter mal von meinen Nachbarn zu Grillpartys im Gemeinschaftsgarten eingeladen. In meinem Fall würde ich also schon sagen, dass mir ein Nachteil daraus entstehen würde, weil ich regelmäßig mit meinen Nachbarn ins Gespräch komme und man da zwangsläufig auch über die Arbeit spricht.

Aber im Grunde habt ihr Recht damit, dass es mir egal sein sollte, was andere Menschen über meinen Beruf denken oder sagen. Genauso, wie es andersrum anderen Menschen egal sein kann, ob und wie viel Geld ich mit dem Schreiben verdiene.

Avery

Ich schließe mich erstmal Marta an mit: Wie schön, dass du dich für diesen Schritt entschieden hast! :vibes:

Hier wurde schon so viel Wichtiges und Richtiges gesagt, dass ich einfach nur ein paar Punkte mit meinen eigenen Erkenntnissen der letzten Monate unterstreichen möchte.  :)  (Ich bin jetzt seit März Vollzeit selbstständig, habe bislang nicht veröffentlicht, allerdings Verlagsverträge ab F/S 23).

- Verdienst: In einem normalen "Berufsgespräch" würde niemand Außenstehendes fragen: "Oh, du bist Marketingmanager*in/Krankenpfleger*in/Verkäufer*in, kann man davon denn leben?!". Die Frage kommt im kreativen Bereich in der Regel nur, weil das Vorstellungsvermögen nicht ausreicht (und das Wording "brotlose Kunst" weit verbreitet ist). Für mich hat die Antwort: "Ja, kann man" deshalb bisher immer super geklappt. Ein paar Leute wollen dann gerne (aus reinem Interesse) wissen, wie genau man mit der Schriftstellerei Geld verdient, und dann erzähle ich einfach von den verschiedenen Modellen. Sprich: Ich geh auf eine übergeordnete Ebene und lasse mich gar nicht erst auf Gespräche zu meinem konkreten Fall ein. Meist reicht es den Menschen schon, um zu verstehen: Ah, damit kann man Geld verdienen. Thema beendet.

- Berufsbezeichnung: Hier unterstreiche ich auch ganz dick Alanas Aussage, dass man sich selbst ernst nehmen sollte - und dann färbt das auch auf andere ab. Letztens bin ich vormittags zu einem Brunch mit einer Freundin gefahren und wurde von meiner Nachbarin abgefangen, die davon ausging, ich hätte jetzt super viel Freizeit. Im Verlaufe des Gesprächs habe ich gemerkt, dass es wieder das begrenzte Vorstellungsvermögen ist, an dem es hapert, und habe in wenigen Sätzen aufgezählt, was alles dazugehört (Schreiben, überarbeiten, Lektorat, Telefonate mit Agentur/Verlag/Kolleg*innen, Marketing etc.) und schon war das Thema erledigt.  :)  Und wie du dich genau nennst, ist wirklich ganz deinem Gefühl überlassen. Bei der KSK meldest du dich z.B. nicht als "Schriftstellerin" an, sondern als "Autorin". Laut diverser Definitionen grenzen sich die Begriffe auch lediglich dadurch ab, welche Art von Texten man verfasst. Autor*innen sind alle, die etwas schreiben, Schriftstellende verfassen literarische Werke - egal, ob veröffentlich oder nicht, ob davon lebend oder nicht.

- Reaktionen: Ein bisschen was habe ich oben schon geschrieben, möchte hier aber zusammenfassen: Es gab keine wirklich negativen Reaktionen, obwohl ich einen gut bezahlten, "sicheren" Job im Marketing aufgegeben habe. Meine ganze Kollegschaft war super interessiert, meine Familie hat mich von Anfang an unterstützt (gut, O-Ton meiner Großeltern: "Und wenn es nichts wird, suchst du dir ja sicher wieder was anderes"), Freund*innen finden es spannend. Natürlich gab es viele Fragen zu oben genannten Themen, allerdings nie in abwertender Form. Ich glaube, Grund ist hier meine Mischung aus Begeisterung für den Beruf und Bodenständigkeit. Vielleicht klappt es, vielleicht nicht - und wenn nicht: who cares? Niemand sagt, dass ich mein Leben lang hauptberufliche Autorin bleiben "muss". Gerade ist es die richtige Zeit in meinem Leben, mich ganz dem Traum zu widmen. Und falls sich die Zeiten irgendwann ändern, ist das auch okay.  :)