Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: Lennard am 30. Dezember 2007, 20:57:27

Titel: Historische Fantasy
Beitrag von: Lennard am 30. Dezember 2007, 20:57:27
Hallo zusammen,

Ich habe beim Lesen verschiedener Threads den Eindruck gewonnen, das es auch unter den Mitgliedern dieses Forums einige Schreiberlinge gibt (mich eingeschlossen), deren derzeitiges Romanprojekt auf einen historischen Hintergrund basiert. Z.B. eine bestimmte Zeitepoche, ein bestimmtes historischesEreignis oder eine alte (reale) Kultur.
Hierbei stellt sich wahrscheinlich nicht nur mir die Frage: Was ist das eigentlich, was ich da schreibe? Wie ist das einzuordnen? Ist es ein ,,historischer Roman" oder ist es ,,Fantasy"? Oder gar eine Mischung aus beidem?

Kürzlich las ich im Rahmen einer Buchkritik auf der Rückseite des betreffenden Buches die Bezeichnung ,,historische Fantasy".
,,Historisch" bedeutet: Etwas ist hat sich (real) einst wirklich so zugetragen, bzw. ist wirklich so gewesen. Bei einem historischen Roman hat sich der Autor zwangsläufig auf eine vorgegebene Welt festgelegt – nämlich unsere reale Welt mit all ihren Naturgesetzen, halt nur in einer anderen Zeit und (meistens) in einem anderen Land. ,,Fantasy" ist das Gegenteil, schöpferischer Einfallsreichtum des Autors, dem keine Grenzen gesetzt sind. ,,Historische Fantasy" ist somit m.E. ein unüberbrückbarer Widerspruch in sich – sozusagen eine frei erfundene, wahre Begebenheit. Nein, ich sage: Das ist unmöglich. Entweder ist es ein sog. historischer Roman oder ein Fantasyroman. Eine Mischung aus beidem kann es nicht geben. Beispiel: Die Nibelungensage. Eine mitreissende Geschichte vor einem historischem Hintergrund (Burgund, König Gunther etc.). Die Nibelungensage beinhaltet aber auch Dinge, die natürlich nicht wirklich (also real) existiert haben, z.B. den Drachen Fafnir, die Tarnkappe, die Nibelungen etc. Einige Sachverhalte aus der Nibelungensage nehmen Bezug auf historische Gegebenheiten, aber dennoch ist es ,,Fantasy" – nicht mehr, nicht weniger.

Gewiss kann und darf sich auch ein Fantasyautor von bestimmten historischen Begebenheiten unserer realen Welt inspirieren lassen oder sie gar in einem Roman aufgreifen. Natürlich kann ich einen heldenhaften Wikinger gegen ein paar Untote kämpfen lassen, natürlich kann sich ein schottischer Highlander in eine Waldelfe verlieben, natürlich kann ich eine Gruppe von Tempelrittern, die in einem unbekanntem Land gestrandet sind, gegen ein Heer von Chaoskriegern streiten lassen etc. Aber dann ist es kein historischer Roman – Es ist Fantasy.

Wenn ich andererseits z.B. das Leben von William Wallace nacherzähle, evtl. angereichert durch ein paar spannende Dinge/Handlungen, die mangels anderslautender Informationen frei erfunden sind, aber den wesentlichen Fakten nicht widersprechen, dann hat das Werk den berechtigten Anspruch eines historischen Romans. Ein unverzeihlicher Fehler wäre es jedoch, wenn dieser schottische Volksheld in meinem Roman nicht hingerichtet wird, sondern in hohem Alter eines natürlichen Todes stirbt, oder noch krasser: Wallace (oder irgendein anderer Schotte) trifft auf einen Ork.  ;D Das wäre dann weder ein historischer Roman noch Fantasy – das wäre einfach nur Mist.

Fazit: Welcher Fantasyautor hat sich nicht schon einmal von alten Kulturen und Mythen inspirieren lassen, sei es bewusst oder unbewusst? Warum auch nicht? Doch auch wenn ich eine bestimmte Kultur oder Historie für meinen Roman als Hintergrund verwende, bleibt es letztendlich ein Fantasyroman, wenn z.B. Elfen, Zwerge, Trolle, Orks, Vampire, Werwesen etc., wie selbstverständlich dieses Land ebenfalls bevölkern.

Sicher werdet ihr jetzt sagen: ,,Ist ja schön und gut, aber ist das wichtig?" Für die eigentliche Arbeit – das Schreiben – mag es erstmal unwichtig sein. Aber spätestens wenn es darum geht, das fertige Manuskript mit einem Begleitschreiben an den zuständigen Lektor eines Verlages zu schicken, sollte man wissen, welches Genre bedient wird. Fantasy oder historischer Roman. Ein Roman irgendwo dazwischen kann es m.E. nicht geben.

Ich bin gespannt auf eure Meinungen.

Ich wünsche euch allen an dieser Stelle ein frohes und gesundes neues Jahr 2008.
Lennard

Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lavendel am 30. Dezember 2007, 21:27:12
Wenn ich beispielsweise einen Roman schreibe, der im 19. Jahrhundert spielt, ist das natürlich erstmal ein historischer Roman. Wenn mein Protagonist aber übersinnliche Fähigkeiten hat und trotzdem ein waschechter englischer Landadliger ist - dann kann man wohl von einem historisch phantistischem Roman sprechen.

Zitat,,Fantasy" ist das Gegenteil, schöpferischer Einfallsreichtum des Autors, dem keine Grenzen gesetzt sind.

Grenzen setzt man sich in Punkto schöpferischem Einfallsreichtum höchstens selbst. Entweder, indem man sich einen historischen Kontext aussucht oder indem man sich seinen eigenen Kontext (seine eigene Welt) schafft. In beiden herschen Gesetzte, an die man sich halten muss.

Ich halte nichts von solchem Schubladendenken. Denn letztendlich kann man jeden Roman unter verschiedenen Gesichtspunkten bewerten. Ein Krimi kann doch zugleich ein Liebesroman sein. Und dabei auch noch historisch - und phantisch vielleicht auch noch. In welche Schublade man ein Buch steckt, hängt vom Blickwinkel ab.

Fantasy ist facettenreich. Das merkt man allein schon hier im Forum - nämliche an der Bandbreite der unterschiedlich Themen und Vorlieben, die hier vertreten sind. Ich finde, man sollte nicht zu eindimensional denken. Anything is possible ;D.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Artemis am 30. Dezember 2007, 22:49:18
Ui ... einer der Knackpunkte, mit denen ich grade kämpfe  :rofl:
Na ja, ist halt schwer, eine Mischung aus zwei Genres zu benennen. Ist es historische Fantasy oder gar phantastische Historik? Oder doch nur schnöde Phantastik?  ::)

Ich sag mal: Historik ist es nicht. Historik beruht allein auf Fakten, da hat Übersinnliches keinen Platz. Wenn ein Historiker ein solches Buch aufschlägt, will er nicht mit Dämonen, Zeitreisen und Seelenwanderungen erschlagen werden, sondern sachliche und nüchterne Fakten vorfinden.
Aber da wir uns ja in der Unterhaltungsliteratur tummeln und nicht im Bereich der Sachbücher, haben wir immer noch kleine Schlupflöcher. Denn wie der Name schon sagt, schreiben wir zur Unterhaltung - und was ist langweiliger als das Leben irgendeines Sesselpupsers aus der Vergangenheit? Da wird hier etwas geknibbelt und da hinzugefügt, diese Lebensspanne etwas ausgewalzt und die komplett weggelassen, bis der Typ einen halbwegs interessanten Lebenslauf vorzuweisen hat.

Aber es gibt ja auch bei den historischen Romanen große Klüfte. Die einen Bücher klammern sich total an tatsächliche Begebenheiten und behandeln praktisch nur Personen, die damals auch wirklich gelebt haben - praktisch eher eine Biografie. (Ich nenne mal Rebecca Gablé als Beispiel)
Andere Historikschinken dienen mehr der reinen Unterhaltung und handeln von fiktiven Gestalten, die nur vor einem historischen Setting herumhampeln und wie Puppen in jede beliebige Epoche gestopft werden können (öh ... fällt mir spontan die Iny Lorentz ein ^^)
Dann gibt es wieder diese phantastisch angehauchten Bücher, die gut recherchiert sind, ihren besondern Touch aber durch ein phantastisches Element bekommen (Diana Gabaldon)
Und als letztes die Fantasy-Bücher, die ein historisches Setting haben, sich aber in Sachen Story und Personen auf Legenden und / oder erfundenen Figuren stützen (Marion Zimmer-Bradley)

Stöbert man mal in Buchläden und bei amazon, wird man merken, dass die alle unter dem Sammelbegriff "Historische Romane" stehen, manche aber auch bei den Fantasy-Büchern rumpurzeln. Im Grunde ist also alles subjektiv - es kommt einfach darauf an, welches Genre im Buch dominiert  :)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Judith am 31. Dezember 2007, 00:23:24
"Historische Fantasy" ist einfach eins der vielen Subgenres der Fantasyliteratur. Es bezeichnet meistens einerseits eben pseudo-historisches Zeug wie die "Nebel von Avalon" und andererseits aber auch Fantasyromane, die sehr stark an eine historische Epoche unserer Welt angelehnt sind - und zwar so stark, dass es über leichte Inspiration weit hinausgeht.
Das Paradebeispiel hierfür ist Guy Gavriel Kay mit "The Sarantine Mosaic": Sarantium ist gewissermaßen ein alternatives Byzanz, einige Hauptpersonen entsprechen historischen Persönlichkeiten (Kaiser Justinian und Theodora), es werden auch tatsächliche historische Gegebenheiten aufgegriffen, aber es ist eben eine andere Welt. Es gibt aber keine Magie, keine "Fantasywesen" und nichts, was es nicht in einem historischen Roman auch geben könnte. Ähnlich ist es mit "A Song for Arbonne" vom selben Autor, wo vor allem der frühprovenzalische Minnesang aufgegriffen wird.
Gerade bei Kay kommt mir diese Bezeichnung durchaus sinnvoll vor. Denn jemand, der einen "gewöhnlichen" Fantasyroman erwartet, ist sonst vielleicht enttäuscht - "Hä, das ist ja fast wie bei uns. Da gibts ja gar keine Magie, nix Übersinnliches und... hm... irgendwas kommt mir an Valerius doch bekannt vor." Und als historischen ROman kann man es andererseits ja auch nicht einordnen.
Es steht nun mal dazwischen und als solches passt die Bezeichnung. Falls ich jemals meine geplanten cumeischen Krimis schreiben werde, würde ich die ebenfalls als "historische Fantasy" bezeichnen, da es zwar eine fremde Welt ist, es aber an die römische Republik angelehnt ist und keine Magie oder sonst etwas Übersinnliches vorkommt.

Zitat von: Lennard am 30. Dezember 2007, 20:57:27
Einige Sachverhalte aus der Nibelungensage nehmen Bezug auf historische Gegebenheiten, aber dennoch ist es ,,Fantasy" – nicht mehr, nicht weniger.
Moment, stopp, die Nibelungensage ist keine Fantasy. Das ist Heldenepik und wurde mal für wahr und somit historisch gehalten. Heldenepik mag heute keine "lebendige" Gattung mehr sein, aber dennoch bleibt das Nibelungenlied genau das und lässt sich nicht in moderne Literaturgenres einordnen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lennard am 31. Dezember 2007, 01:24:42
@Lavendel

Ein englischer Adliger aus dem 19. Jahrhundert mit übersinnlichen Fähigkeiten. Hm...um das ganze mal deutlicher herauszustellen, lass uns aus übersinnlich mal magisch machen, also: Ein englischer Landadliger im 19. Jahrhundert mit magischen Fähigkeiten. Würdest du dem betreffenden Roman auch jetzt noch das Prädikat ,,historisch" geben?

ZitatGrenzen setzt man sich in Punkto schöpferischem Einfallsreichtum höchstens selbst. Entweder, indem man sich einen historischen Kontext aussucht oder indem man sich seinen eigenen Kontext (seine eigene Welt) schafft.

So isses. Insbesondere wenn man sich einen historischen Kontext aussucht, setzt man sich als Fantasyautor gewisse Grenzen. Allerdings nicht, weil es grundsätzlich so sein muss, sondern wegen der Glaubwürdigkeit. Je authentischer – desto glaubwürdiger und damit besser.

ZitatIn beiden herschen Gesetzte, an die man sich halten muss.

Wenn du mit ,,man" die Charaktere des Romans meinst, stimme ich dir zu. Wenn du aber den Autor meinst, dann muss ich dir widersprechen. Im Genre Fantasy sind dem Autor grundsätzlich keinerlei Grenzen gesetzt, weder im Schöpfungsprozess noch im daraus folgenden Storytelling. Gerade das ist es doch, was dieses Genre so hervorhebt. Ich als Autor bin der Gott meiner Fantasywelt, ich habe die Allmacht. Wenn z.B. ein Magier einen Feuerball aus dem Nichts entstehen lassen kann, um diesen mit einer lässigen Geste seiner Hand dem Feind entgegenzuschleudern, dann muss ich das nicht begründen. Er kann es einfach. Wenn ich will, gebe ich dem Leser bei der Gelegenheit einen kurzen Exkurs in die ,,magischen" Zusammenhänge meiner Fantasywelt, ich muss es aber nicht zwingend.
Bei einem historischen Roman sieht das völlig anders aus.

Die Leser werden einen Roman gewiss unterschiedlich bewerten, das ist klar. Es geht mir hierbei eher um das, was der Autor aus seiner Sicht dem Leser präsentieren will bzw. welchen Anspruch der Autor an seinen Roman stellt. Du hast Recht, je facettenreicher ein Roman ist, desto besser. Es hat jedoch nichts mit Schubladendenken zu tun, wenn man versucht, seinen Roman klarer zu definieren. Wenn die Frage gestellt wird: ,,Welche Art Roman ist das denn? Krimi? Horror? Liebesroman? Fantasy?" Und ich dann einfach sage: ,,Tja, irgendwie von allem etwas." Hm Sorry, aber ich glaube nicht, das eine derartige Antwort dem Fragenden befriedigt.

Nein, Schubladendenken ist das keineswegs, denn zwischen Fantasy und historischem Roman liegen Welten (im wahrsten Sinne des Wortes). Ich denke schon, das es sinnvoll ist, darüber zu diskutieren, wie weit man bei einem historischen Roman in bezug auf die eigene Phantasie gehen kann, oder andersrum, ab wann ein Fantasyautor sein Werk berechtigterweise ,,historischer Roman" nennen darf.
Ein ,,historischer Roman" ist m.E. schon was besonderes. Also holla...ey dat is schon ziemlich fett. Was mich betrifft, ist die Bezeichnung ,,historisch" schon eine Art Gütesiegel. Es gehört schon mehr als nur Einfallsreichtum und wesentlich mehr schriftstellerisches Können dazu, einen ,,historischen Roman" zu schreiben. Ich vermag das sicher nicht. Und einen humorvollen Fantasy-Horror-Liebes-Krimi...Nö, ich glaube, das will ich nicht schreiben. Ich für meinen Teil möchte wissen, was ich schreibe, und das will ich richtig schreiben – richtig und gut.

@Judith

Schmach und Schande über mein Schwert. Klaro ist es ein Frevel, die Nibelungensage nur als Fantasy abzuwerten. So war es auch nicht gemeint. Ich will es mal so ausdrücken: Gäbe es in der Welt der Bücher nur die beiden Genres "Fantasy" und "historischer Roman", so würde ich die Nibelungensage der Fantasy zuordnen. Ich weiß, das ist jetzt grob vereinfacht, aber es soll  ja auch nur deutlich machen, was ich meine  ;)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Grey am 31. Dezember 2007, 08:26:00
Zitat von: Lennard am 31. Dezember 2007, 01:24:42


Wenn du mit ,,man" die Charaktere des Romans meinst, stimme ich dir zu. Wenn du aber den Autor meinst, dann muss ich dir widersprechen. Im Genre Fantasy sind dem Autor grundsätzlich keinerlei Grenzen gesetzt, weder im Schöpfungsprozess noch im daraus folgenden Storytelling.

Ja natürlich - aber wenn du dir deine Welt bastelst, dann legst du dich dabei irgendwann auf bestimmte Regeln fest. Natürlich hast du die "Allmacht" zu entscheiden, welche das sind und musst auch nicht zwingend begründen, warum das so ist. Aber wenn du dich erstmal entschieden hast, dass es so ist, musst du dabei auch bleiben. Mitten im Roman die physikalischen oder auch metaphysischen Gesetze deiner Welt zu ändern - das kannste nicht machen, auch als Autor nicht. Denn dann wirds unglaubwürdig.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Hr. Kürbis am 31. Dezember 2007, 08:41:54
Eigentlich kein soooo schwieriges Thema wie ich finde.
Ein historischer Roman greift ein reales *hust* Thema zu einer realen Zeit unter realen *hust* Bedingungen (Naturgesetze, Personen, Kultur, etc.) auf.
Ein Fantasy-Roman tut dies nicht, sollte sich aber trotzdem an irgendwelche Regeln halten, damit er glaubwürdig ist. Kann, muss aber nicht ....
Ein historischer Fantasy-Roman verquickt diese Genres, indem er sich auf Fakten beruft und diese um phantastische Elemente, die in diesem Fall erklärbar rübergrebracht werden müssen, erweitert. Sobald etwas "reales" in einem Fantasy-Roman auftaucht, zum Beispiel die Hugenotten (fällt mir grad spontan ein), Frankreich, VW-Käfer, etc., ließe sich das für mich in die Sparte "historische Fantasy" einordnen. ;)

Ich selber habe vor, einen Mischmasch aus Fantasy und realem Western zu schreiben, hört sich vielleicht etwas trashig an und wird definitiv nicht in unserer, aber einer eindeutig daran angelehnten Welt spielen. Das wird dann vielleicht soetwas wie ein alternativ-historischer Fantasy-Roman. ;D

PS: Übrigens bleibt jeder noch so fundiert recherchierte historische Schinken irgendwo Fantasy, im wortwörtlichen Sinne. Außerdem wird das Genre zusehends flacher und auf FAKTEN, FAKTEN, FAKTEN wird nur noch am Rande wert gelegt.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Judith am 31. Dezember 2007, 09:10:10
Zitat von: Lennard am 31. Dezember 2007, 01:24:42
Ein englischer Adliger aus dem 19. Jahrhundert mit übersinnlichen Fähigkeiten. Hm...um das ganze mal deutlicher herauszustellen, lass uns aus übersinnlich mal magisch machen, also: Ein englischer Landadliger im 19. Jahrhundert mit magischen Fähigkeiten. Würdest du dem betreffenden Roman auch jetzt noch das Prädikat ,,historisch" geben?
Hm, ich finde aber nicht, dass das so einfach ist. Immerhin hat man in vielen Kulturen und vielen Zeiten fest an Magie und göttliches Wirken geglaubt (bzw. tun das viele auch heute noch).
Wenn man jetzt also z.B. einen Roman in der Antike ansiedelt und darin ein Orakelspruch der Sibylle von Cumae vorkommt (der dann auch so eintritt) oder auch ein Haruspex, der mit seinen Deutungen ebenfalls Recht behält und man dazu dann noch den Charakter wegen eines Schadenszaubers zu einer Hexe schickt (und der Schadenszauber zeigt auch seine Wirkung), dann haben wir - wenn der Roman streng aus der Sicht des antiken Charakters geschrieben ist - allerortens Magie und spürbares göttliches Wirken.
Und wie stufen wir das dann ein? Zufall? Fragt man sich, ob da jetzt tatsächlich jemand Magie beherrscht?
Man wird es nicht mit Sicherheit sagen können, aber dennoch wird es in jedem Fall als historischer Roman und nciht etwa als Fantasy einzustufen sein.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Schelmin am 31. Dezember 2007, 14:36:36
Ich würde sagen, ein historischer Roman ist nur dann einer, wenn er tatsächlich auf historischen Tatsachen beruht, und nur das. Es hat auch im 15. Jahrhundert keine Elfen gegeben. Behaupte ich jetzt mal so aufgrund meiner Informationen. Der Glaube an etwas ist etwas anderes. Leute können ihren Aberglauben und dergleichen haben, und er kann in der Geschichte gegenwärtig sein. Die Leute dürfen glauben, daß ihr Kind von Kobolden geraubt wurde, aber Kobolde als reale Figur sollten in der Handlung nicht tatsächlich Kinder rauben.

Irgend jemand hier im Zirkel hat mich mal aufgeklärt, daß ein Roman, der in unserer Realwelt spielt, in die phantastische Elemente einbrechen, keine Fantasy, sondern Phantastik ist, da Fantasy ganz und gar in einer eigenen erfunden Welt spielt. Ich schätze mal, um welche Zeit es dabei geht, ist wurscht.
Daher würde ich sagen, daß die Bezeichnung "historischer phantastischer Roman" bzw "phantastischer historischer Roman" passt.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lennard am 31. Dezember 2007, 18:51:54
@Grey

ZitatAber wenn du dich erstmal entschieden hast, dass es so ist, musst du dabei auch bleiben. Mitten im Roman die physikalischen oder auch metaphysischen Gesetze deiner Welt zu ändern - das kannste nicht machen, auch als Autor nicht. Denn dann wirds unglaubwürdig.

Ich möchte folgendes vorwegschicken, damit wir nicht aneinander vorbei reden:
Ich betrachte meinen Roman solange er nicht in Manuskriptform ausgedruckt und an einen Verlag geschickt ist, als ,,in Bearbeitung" bzw. ,,noch bearbeitungsfähig". Erst wenn ich das Manuskript an einen Verlag geschickt habe, findet meine Allmacht als Autor seine endgültige Grenze.
Selbstverständlich kann es nicht sein, das etwas geschrieben steht, was dem beschriebenen Weltenhintergrund an anderer Stelle widerspricht. Der Weltenhintergrund muss eine klare Linie haben zwecks Glaugwürdigkeit, vollkommen richtig. Dennoch kann ich natürlich noch Dinge einfügen, ergänzen oder umbasteln. Ich darf nur nicht vergessen, das ich den ,,gesamten" Text auf  Kompatibilität überarbeite. Mal angenommen, ich habe einen Weltenhintergrund ausgearbeitet und er im spielt im bisherigen Text bereits eine gewisse Rolle, und ich habe zu einem späteren Zeitpunkt eine Idee, die unbedingt in diesem Roman Einlass finden soll – Wenn ich es will, finde ich immer eine Erklärung (wenn sie denn nötig ist), baue den Weltenhintergrund um, bis sich schließlich der Weltenhintergrund wieder mit allem Geschreibsel im Einklang befindet. Ich kann also durchaus beim Schreiben des Romans auch mittendrin die Naturgesetze meiner Welt ändern, wenn ich dabei auch darauf achte, die Welt (ganzheitlich betrachtet) entsprechend anzupassen. Im Rahmen dieses Schöpfungsprozesses habe ich alle Macht. Erst wenn man das Manuskript verschickt, ist die Welt quasi erschaffen und unabänderlich.
Aber ich weiß, wie du das meinst und da stimme ich dir natürlich zu.

@Hr. Kürbis

ZitatÜbrigens bleibt jeder noch so fundiert recherchierte historische Schinken irgendwo Fantasy, im wortwörtlichen Sinne.

Ach ja? das musst du mir bitte mal genauer erklären.

@Judith

ZitatImmerhin hat man in vielen Kulturen und vielen Zeiten fest an Magie und göttliches Wirken geglaubt (bzw. tun das viele auch heute noch).
Wenn man jetzt also z.B. einen Roman in der Antike ansiedelt und darin ein Orakelspruch der Sibylle von Cumae vorkommt (der dann auch so eintritt) oder auch ein Haruspex, der mit seinen Deutungen ebenfalls Recht behält und man dazu dann noch den Charakter wegen eines Schadenszaubers zu einer Hexe schickt (und der Schadenszauber zeigt auch seine Wirkung), dann haben wir - wenn der Roman streng aus der Sicht des antiken Charakters geschrieben ist - allerortens Magie und spürbares göttliches Wirken.
Und wie stufen wir das dann ein? Zufall? Fragt man sich, ob da jetzt tatsächlich jemand Magie beherrscht?
Man wird es nicht mit Sicherheit sagen können, aber dennoch wird es in jedem Fall als historischer Roman und nciht etwa als Fantasy einzustufen sein.

In einem solchen Fall stimme ich dir zu. Nämlich aus folgendem Grund: Richtig, in vielen Kulturen und Zeiten hat man an Magie und göttliches Wirken geglaubt. Ich betone ,,geglaubt". Wenn man einen bestimmtes Geschehen im Roman als Magie, göttliche Kraft oder übersinnliche Fähigkeit in den Raum stellt und es aber letztendlich dem Leser überlässt, zu entscheiden, ob es nun wirklich etwas derartiges war oder einfach nur Zufall, dann würde ich den Roman als historisch bewerten. Wie du schon richtig schreibst: ,,Fragt man sich, ob da jetzt tatsächlich jemand Magie beherrscht?" Solange das Geschehen ,,fraglich" ist und vom Autor nicht defacto als Magie o.ä. festgelegt ist, solange ein imaginärer Charakter aus dieser Welt ketzerisch behaupten kann, das es sich hierbei genauso gut um ein ,,natürlich" erklärbares Geschehen handelt, bleibt der Roman trotz aller wundersamen Ereignisse historisch.
Gegenbeispiel: Wenn der besagte Charakter von einer Hexe einen Schadenszauber verliehen bekommt, eine Lichtkugel, die um die geballte Faust entsteht und aus der ein Blitz herausschiesst und den Gegner fällt, das ist dann defacto Magie, göttliche Kraft oder was auch immer – weil unbestreitbar. Da kann dann der Roman noch so historisch korrekt sein – Er ist dennoch ein Fantasyroman.

@Schelmin

ZitatIch würde sagen, ein historischer Roman ist nur dann einer, wenn er tatsächlich auf historischen Tatsachen beruht, und nur das. Es hat auch im 15. Jahrhundert keine Elfen gegeben. Behaupte ich jetzt mal so aufgrund meiner Informationen. Der Glaube an etwas ist etwas anderes. Leute können ihren Aberglauben und dergleichen haben, und er kann in der Geschichte gegenwärtig sein. Die Leute dürfen glauben, daß ihr Kind von Kobolden geraubt wurde, aber Kobolde als reale Figur sollten in der Handlung nicht tatsächlich Kinder rauben.

Jau, das unterschreibe ich so.

ZitatIrgend jemand hier im Zirkel hat mich mal aufgeklärt, daß ein Roman, der in unserer Realwelt spielt, in die phantastische Elemente einbrechen, keine Fantasy, sondern Phantastik ist, da Fantasy ganz und gar in einer eigenen erfunden Welt spielt. Ich schätze mal, um welche Zeit es dabei geht, ist wurscht.
Daher würde ich sagen, daß die Bezeichnung "historischer phantastischer Roman" bzw "phantastischer historischer Roman" passt.

Ein interessanter Ansatz. In diesem Zusammenhang stellt sich mir die Frage: Was konkret sind für dich ,,phantastische Elemente" und wo fangen die ,,Fantasy-Elemente" an? Ich will jetzt keineswegs eine Diskussion über den Unterschied zwischen Phantastik und Fantasy lostreten. Diese Nebenfrage ist für mich nur sehr bedeutsam im Hinblick auf die Bezeichnung ,,historisch phantastischer Roman".

Ansonsten kenne ich aus dem Larp noch eine andere Kategorisierung: Low-Fantasy und High-Fantasy. Low Fantasy bedeutet kurz gesagt: Das Ganze ist Fantasy, aber so realistisch wie möglich (oftmals gar mit historischem Hintergrund). High-Fantasy bedeutet salopp gesagt: Grenzenlose Fantasy, frei erfundene Welten, alles ist möglich (und zwar wirklich alles). Ein blutsaugender Viertelelfenberserker mit dämonischer Abstammung und magischen Kräften ist da nicht ungewöhnlich.
Eine solche Unterteilung gibt es in der Fantasy-Buchwelt nicht. Aber die Bezeichnung ,,Low-Fantasy" für einen Roman, der Fantasy-Elemente mit historischem Setting vereint, finde ich weitaus treffender, als die Bezeichnung ,,historische Fantasy", die nach wie vor meiner Ansicht nach unmöglich ist.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Artemis am 31. Dezember 2007, 18:59:45
Urgs ... allmählich erinnert mich diese Diskussion an die "Wie viel Phantastisches braucht Fantasy"-Diskussion  :gähn:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Hr. Kürbis am 31. Dezember 2007, 20:40:56
Aaaaaalso, ich habe mal LEO bemüht wegen Fantasy im wortwörtlichen Sinne, demzufolge ist "Fantasy" übersetzt Fantasie  :d'oh:, ein Fantasiebild und/oder eine Fantasterei. Also trifft das eigentlich so ziemlich auf 99,58673% (grob geschätzt ;D) der Unterhaltungsliteratur zu, zu der ich den historischen Roman einfach mal frech hinzuzähle. Also im wortwörtlichen Sinne alles Fantasy, klaro? :rofl:

Und die Unterscheidung Low-Fantasy bzw. High-Fantasy gibt es auch hierzulande im Buchsektor, nur druckt man das nicht unbedingt aufs Buch. "Low-Fantasy" auf dem Cover würde sich wohl kaum als Kaufempfehlung eignen, im wortwörtlichen Sinne... soll ich das auch erklären? ;)
Die Unterscheidung gibt es demzufolge nicht nur im LARP, auch wenn ich eine Definition wie deine noch nicht gehört habe. Aber auch hier weiß Tante Wiki (http://de.wikipedia.org/wiki/Fantasy) zu erhellen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lennard am 31. Dezember 2007, 22:53:19
@Hr. Kürbis

Ein historischer Roman ist also deiner Ansicht nach auch nur eine Phantasie/Phantasterei. Aaaah ja  ;D, schon klar  :rofl:

Zitat"Low-Fantasy" auf dem Cover würde sich wohl kaum als Kaufempfehlung eignen

Das bezweifle ich. Aber das führt jetzt zu weit weg.

Meine Unterteilung in Low-Fantasy und High-Fantasy basiert auf eine Definition, die eigentlich aus dem Roleplaying kommt. ich habe sie einfach mal auf den Buchsektor übertragen, da ich sie auch hierbei für passend halte. Dein Link zu Wiki erhellt in diesem Zusammenhang nicht, er verwirrt eher. Low- und High Culture in der Literatur ist was anderes und steht in einem anderen Zusammenhang.

Aber guckst du hier: http://www.larpwiki.de/cgi-bin/wiki.pl?LowFantasy (http://www.larpwiki.de/cgi-bin/wiki.pl?LowFantasy)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Coppelia am 01. Januar 2008, 08:23:15
Ich glaube nicht, dass man hier irgendwo eine wissenschaftliche und allgemeingültige Definition finden wird. Mein Prüfungsthema ist Phantastik, und schon da gibt es mehrere Definitionen, von denen sich nur die einen mehr und die anderen weniger durchgesetzt haben. Die Phantastik-Wissenschaftler kämpfen aber ziemlich damit, überhaupt eine Definition zu finden, die griffig ist. Nach der Definition, für die ich mich für meine Prüfung jetzt entschieden habe, ist Phantastik: ein in der Realität angesiedelter Text, in dem realitätsinkompatible Dinge geschehen, für die es mindestens ein nicht realitätskompatibles Erklärungsangebot gibt. Wobei darunter heute auch Gattungen wie "Mystery" fallen würden, denke ich. Allerdings kann ich mir wirklich nicht vorstellen, dass Meyrinks Golem und HP zur selben Kategorie gehören!
Für Fantasy habe ich bisher überhaupt nur eine sehr schwammige Definition gefunden, nämlich, dass es ein Text sei, der in einer erfundenen Welt spielt und eine eigene Hintergrundwelt erschafft, in der eigene Regeln gelten.
Dieser Definition zufolge haben Fantasyfiguren auch nicht viel Charakter und sind immer sowas wie Symbolwesen, die eine symbolische Handlung erleben. Ich bin aber nicht dafür. Was ist denn mit meinen ganzen spannenden Charakteren, soll ich ihren Charakter ableugnen? Und schreib ich etwa keine Fantasy? ;D Daher hab ich nicht selten den Eindruck, der jeweilige Literaturwissenschaftler nimmt sich die Bücher, die er selbst gut findet, abstrahiert daraus ein Gattungsprinzip und erklärt, alle anderen Bücher seien schlechte Vertreter dieser Gattung. Mag gemein klingen, aber mir ist doch immer wieder so ...

Da sich die Literaturwissenschaft selbst offenbar so uneinig ist, denke ich, wird es mit der verbindlichen Definition schwer. Ich persönlich werde mich um die Gattungsgrenzen eher weniger kümmern. Letzten Endes entscheidet wohl der Buchmarkt, was zu welcher Kategorie gehört. Und ich persönlich kann nicht mal riechen, wo sie meine Geschichten einordnen würden.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Hr. Kürbis am 01. Januar 2008, 09:33:31
Aaaargh, Lennard, du machst mich irre!  ;D

Guck mal bei Tanta Wiki weiter nach unten, da sind weitere Fantasy-Unterarten verlinkt, ich meinte nicht die High- und Low-Culture!
Klick mal da: http://de.wikipedia.org/wiki/Low_Fantasy (http://de.wikipedia.org/wiki/Low_Fantasy)

Und jeder Roman, der nicht auf belegten Fakten beruht, der nicht haarklein das wiedergibt, was wirklich passiert ist, wo der Autor auch nur ein Quäntchen sich selbst und seine Fantasie eingebracht hat und nicht Augenzeuge war, ist für mich schon Fiktion.
Oder beruht etwa jedes Gespräch, jede Figur, jedes Gefühl, jeder Schicksalsschlag aus Ken Follets "Säulen der Erde" auf Fakten, die belegt werden können? Nein, aber unbestreitbar ein historischer Roman, der Phantasterei ist, nur das Szenario orientiert sich an einer Epoche, die real existiert hat, der Rest ist Fiktion.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lord Bane am 01. Januar 2008, 11:53:17
Zitat von: Coppelia am 01. Januar 2008, 08:23:15
Ich glaube nicht, dass man hier irgendwo eine wissenschaftliche und allgemeingültige Definition finden wird.

"Whatever science-fiction authors write is science-fiction" Ich glaube, dieser schöne Satz stammt von Orson Scott Gard. Ist zwar nicht besonders tiefsinnig und auch noch tautologisch, aber wenigstens fällt einem so die Genredefinition leichter. (Selbiges gilt natürlich auch für Fantasyautoren usw.)  ;)

Ich empfinde diese Genrediskussion letzten Endes als nutzlos. Ein Manuskript wird nicht besser oder schlechter, nur weil man es in ein anderes Genre hieft. Als was der Roman, so ein Verlag ihn nimmt, dann verkauft wird, darauf hat der Autor meines Wissens nach ohnehin nur begrenzten Einfluss.


Viele Grüße,
Lord Bane
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Cailin am 01. Januar 2008, 12:42:34
Zitat von: Lord Bane am 01. Januar 2008, 11:53:17
Ich empfinde diese Genrediskussion letzten Endes als nutzlos. Ein Manuskript wird nicht besser oder schlechter, nur weil man es in ein anderes Genre hieft. Als was der Roman, so ein Verlag ihn nimmt, dann verkauft wird, darauf hat der Autor meines Wissens nach ohnehin nur begrenzten Einfluss.

Aber es ist durchaus von Vorteil, wenn du den Leutchen im Verlag möglichst genau sagen kannst, zu  welchem Genre bzw. Untergenre der Roman gehört, den du ihnen da gerade anbietest.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Karin am 01. Januar 2008, 14:14:04
Zitat von: Cailin am 01. Januar 2008, 12:42:34
Aber es ist durchaus von Vorteil, wenn du den Leutchen im Verlag möglichst genau sagen kannst, zu  welchem Genre bzw. Untergenre der Roman gehört, den du ihnen da gerade anbietest.
Und das, wie man an dieser Diskussion sieht, entscheidet jeder Autor anders, so dass am Ende doch der Kurzinhalt und das Exposé für sich sprechen werden.  ;D

Als High-Fantasy wurde irgendwo einmal Fantasy bezeichnet, das eine gehobene Sprache benutzt und häufig, aber nicht zwingend ähnliche Wesen wie Tokien oder Williams (in Osten Ard). Trotzdem muss es natürlich keine Gnome, Kobolde und Zwerge... geben. Weltentwicklung, Sagen, Hintergründe.
Low-Fantasy dagegen sind Schlachten und Gemetzel... (flappsig ausgedrückt)
Als Sinnbild der Historischen Fantasy sehe ich tatsächlich auch Guy G. Kay, und seine Werke werden von den Verlagen immer als solches bezeichnet. Er nimmt sich eine historische Epoche und schafft sich Freiheiten. Eine wunderschöne Möglichkeit.

Im Grunde genommen dreht sich eine Genre-Bezeichnungs-Diskussion aber dennoch im Kreis, weil es doch wieder jeder Autor anders sieht und am Ende ein (hoffentlich gefundener) Verlag darüber entscheidet.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lennard am 01. Januar 2008, 14:46:23
@Coppelia

Stimmt. Eine allgemein gültige Definition wird sich sich kaum finden lassen, zu vielschichtig ist das Genre. Ich will auch keine Wortklauberei betreiben. Wie gesagt, für die eigentliche Arbeit ist es auch nicht sonderlich von Belang. Ich habe mir nur mal Gedanken darüber gemacht, was ich z.B. einem Lektor antworte, wenn er mich fragt, welche Art Roman es denn ist. Oder wenn ich bei einem Verlag vorab anrufe und man mich nach dem Genre fragt, um mich zu dem zuständigen Lektor durchzustellen. Ich glaube, das ich spätestens dann Farbe bekennen muss: Fantasy, Phantastik oder berechtigterweise ein historischer Roman. Wenn ich beispielsweise einem Lektor sage, ,,Es handelt sich hierbei um historische Fantasy", dann könnte der Lektor schmunzelnd fragen: ,,Aaaah ja, und was soll das sein?" Oder gar (berechtigterweise) in Gelächter ausbrechen, da diese Bezeichnung sprachwissenschaftlich sich selbst widerspricht. Diese Diskussion mag zuweilen schon fast philosophischen Charakter haben, aber sie kann trotzdem hilfreich sein.

@Hr. Kürbis

Ok, gelesen. Zugegeben, das der Begriff Low-Fantasy auch in der Literatur verwendet wird, war mir nicht bekannt. Die Definition ist hier natürlich eine völlig andere. Meine Definition bezog sich auf die ,,alternative Deutung des Begriffs" in dem Wiki-Artikel.

ZitatUnd jeder Roman, der nicht auf belegten Fakten beruht, der nicht haarklein das wiedergibt, was wirklich passiert ist, wo der Autor auch nur ein Quäntchen sich selbst und seine Fantasie eingebracht hat und nicht Augenzeuge war, ist für mich schon Fiktion.

Dann könnte man im Grunde sogar sagen: ,,Nicht nur Romane, sondern alle Bücher, die nicht auf belegten Fakten beruhen...sind Fiktion." Sorry, aber das ist mir zu abstrakt. Dem kann ich so nicht zustimmen. Das sehe ich ein bischen differenzierter.

ZitatOder beruht etwa jedes Gespräch, jede Figur, jedes Gefühl, jeder Schicksalsschlag aus Ken Follets "Säulen der Erde" auf Fakten, die belegt werden können? Nein, aber unbestreitbar ein historischer Roman, der Phantasterei ist, nur das Szenario orientiert sich an einer Epoche, die real existiert hat, der Rest ist Fiktion.

Diesen besagten Roman habe ich nicht gelesen und vermag somit kein fundiertes Urteil abzugeben. Nur soviel: Wenn sich der Roman nur an einer realen Epoche orientiert, ansonsten der Rest aber reine Fiktion ist, dann ist dies gewiss kein historischer Roman. Dann ist er ein Fantasyroman oder eher Phantastik, aber nicht historisch.

@all

Bei Eröffnung dieses Threads bin ich davon ausgegangen, das es trotz einiger Bezeichnungen, auf die man zuweilen trifft, noch keine wirkliche Bezeichnung für die besagte Mischung aus historischem Setting und frei erfundener Handlung, gepaart mit Fantasy-Elementen, gibt. Wenn es denn so ist, das sich der Begriff "historische Fantasy" bereits als Gattung etabliert hat und ein jeder weiß, das hierbei kein "vollständiger" Anspruch auf historische Korrektheit besteht, auch gut. Dann weiß ich jetzt zumindest, das ich mein Werk bedenkenlos als historische Fantasy bezeichnen kann, woran ich vorher Zweifel hatte.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Hr. Kürbis am 01. Januar 2008, 22:21:28
Lennard, jetzt weiß ich auch, wo bei dir der Hase im Pfeffer liegt. Deine Definition von "historischer Roman" ist viel enger als bei mir (und wohl auch den anderen Mitlesern), da bleibt kein Raum für Fantasy.
Wenn du derart harte Kriterien anlegst, müsstest du wohl ca. 80% der auf dem heutigen Markt erhältlichen historischen Romane aus dem Genre aussortieren. ;)
Und ja, jedes Buch, das nicht auf Fakten beruht (und erst recht Romane) sind Fiktion, und das ist alles andere als abstrakt. Aber in dem Punkt kommen wir eben nicht überein...

PS: "Die Säulen der Erde" ist unbestreitbar ein historischer Roman, denn alles könnte durchaus so passiert sein, und das ist das Wort, auf das es ankommt, oder? :)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lomax am 02. Januar 2008, 10:34:58
Zitat von: Hr. Kürbis am 01. Januar 2008, 22:21:28PS: "Die Säulen der Erde" ist unbestreitbar ein historischer Roman, denn alles könnte durchaus so passiert sein, und das ist das Wort, auf das es ankommt, oder? :)
Nun, während meines Geschichtsstudiums konnte ich erfahren, wie dünn belegt viele in jedem Lehrbuch als Tatsache stehenden Fakten tatsächlich sind. Viele komplexe Vorstellungen von der Vergangenheit, die heute als "gesicherter Forschungsstand" angesehen werden, beruhen auf zahlreichen Detailkenntnissen als "Mosaiksteinchen", die jeweils für sich genommen als die "wahrscheinlichste Wahrheit" angesehen werden können.
  Aber selbst in einem günstigen Fall bedeutet das, dass eine "gesicherte Wahrheit" aus tausend Detailangaben mit jeweils 80% Wahrscheinlichkeit ca. 200 Fehler enthält, deren Korrektur ein möglicherweise ganz anderes Gesamtbild ergäbe. Und in den meisten Fällen ist das Maß an Spekulation, das schon in historischen Forschungsergebnissen steckt, eher größer als diese "80%" - zumindest dann, wenn es um mehr geht als bloße materielle Befunde.
  Bei historischen Romanen kann man davon ausgehen, dass das Maß an "Fantasie" in der Darstellung noch viel größer ist. Bei gut recherchierten Roman bedeutet das im Zweifel nur, dass nicht die Fantasie des Autors zum tragen kam, sondern die Fantasie der Fachbuchschreiber, die der Autor konsultiert hat ;)

Aber natürlich ist nicht jede "Fantasie" auch "Fantasy" - letzteres ist ein Genrebegriff mit einer enger umrissenen Bedeutung, die sich nicht auf die bloße Übersetzung des englischen Begriffs beschränkt. Zur "Fantasy" wird "Historie" dann, wenn klare "Fantasyelemente" darin auftauchen.
  Im übrigen denke ich durchaus, dass die meisten Lektoren sich unter "Historischer Fantasy" etwas vorstellen können. Da aber die Grenzen solcher Genredefinitionen fließend sind, wäre es wohl nicht immer dieselbe Vorstellung - was aber letztlich keine Rolle spielt, da auch die Zielgruppen da ein wenig beweglich sind und durchaus auch die Grauzonen mit abdecken. Man kann also natürlich einen Roman als "Historische Fantasy" vorstellen, und aus der Inhaltsangabe, die ja zu jedem Exposee dazugehört, geht dann schon deutlich genug hervor, wie genau das gemeint ist.
  Wichtiger als eine genauere inhaltliche Definition ist allerdings das "Feeling" und die konkreten "Genremarker", und damit die Frage, welche Zielgruppe sich in erster Linie angesprochen fühlen dürfte. Der Leitbegriff bei "historischer Fantasy" ist die Fantasy - damit würde die Aufmerksamkeit am ehesten zu den von Judith angesprochenen Fantasyromanen gelenkt; spielen die Romane auf unserer Welt, überwiegt irgendwann das "historische Flair", und dann sollte man lieber von "Historischen Romanen mit Fantasy-Elementen" sprechen. Ich persönlich spreche im Falle der von Judith genannten Beispiele allerdings lieber von "Historisierender Fantasy". Damit lassen sich Missverständnisse vermeiden.
  Bei "Historischer Fantasy" würde ich in erster Linie an Romane denken, die zwar auf einer konkreten Epoche beruhen und historische Persönlichkeiten, reale Geographie und auch politische Gegebenenheiten beinhalten, auf der Handlungsebene aber reine Fantasy bleiben - bei denen also beispielsweise Magie oder Fabelwesen nicht nur auftauchen, sondern der historische Hintergrund auch so geändert ist, dass diese Elemente dort als "normal" gelten.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lennard am 02. Januar 2008, 19:42:02
@Hr. Kürbis

Zitat"Die Säulen der Erde" ist unbestreitbar ein historischer Roman, denn alles könnte durchaus so passiert sein, und das ist das Wort, auf das es ankommt, oder?

In dem Punkt kommen wir überein.  :)

@Lomax

Nebenbei gefragt: Was sind denn Genremarker?
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lomax am 02. Januar 2008, 20:49:56
Zitat von: Lennard am 02. Januar 2008, 19:42:02Nebenbei gefragt: Was sind denn Genremarker?
Merkmale, die man sofort einem Genre zuordnen würde - und die Leser oft nur schwer in anderen Genres akzeptieren. Ein feuerballschleudernder Magier macht aus deinem Buch fast automatisch Fantasy, Raumschiffe SF etc.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Textehexe am 04. Januar 2008, 09:28:53
Guten Morgen,
als direkt betroffene Zielgruppe dieses Threads muss ich mich zu Wort melden  :)
Natürlich hast Du, Lennard, im Großen und Ganzen Recht. Es gibt durchaus eine Trennlinie zwischen historischem und Fantasyroman, die ungefähr da verläuft, wo die Handlung sich von der Wirklichkeit trennt.
(Achtung, im Folgenden Exkurs über das Nibelungenlied, den ich schon geschrieben hatte, ehe ich mit Threadlesen fertig war, und ihn Euch jetzt nicht vorenthalten will...)
Das Nibelungenlied finde ich in diesem Zusammenhang ein eher unglücklich gewähltes Beispiel, denn schließlich wurde dieser Stoff ,,erfunden", bevor es Fantasy überhaupt gab. In Langform: der Stoff hat viele verschiedene historische Wurzeln, manche davon so alt, dass sie aus heutiger Sicht nur noch vermutet werden können. Er war schon alt, als er im 12. Jh. Von dem unbekannten Dichter aufgeschrieben wurde, und hat in den letzten 800 Jahren nochmals viele Bearbeitungen erfahren. Würde ich also einen Nibelungen-Roman auf Grundlage Richard Wagners schreiben, wäre ich definitiv im sagen-haften Bereich, mit Zwergen etc., wobei etwas in mir sich sträubt, auf diese alten Heldensagenstoffe das Etikett Fantasy zu kleben – Griechische Göttersagen sind ja auch keine Fantasy. Würde ich aber das Nibelungenlied des 12. Jh. Als Grundlage nehmen (ein Projekt, das ich noch nicht begraben habe), dann ist das so voll mittelalterlich-höfischer Denkweise, so voll Politik und so völlig frei von Drachen und Zwergen (der Drache kommt nicht mal persönlich vor, sondern wird nur am Rand erwähnt; für die Handlung ist es eigentlich egal, woher Siegfried seine Macht hat), dass es meiner Ansicht nach prima als historischer Roman durchgehen kann.
(Exkurs Ende.)
,,Historische Fantasy" ist natürlich ein ziemlich zweischneidiges Etikett. Gleichzeitig soll es ja aber bei der ,,Etikettierung" von Büchern auch darum geben, dem potentiellen Leser etwas über das Buch zu verraten. Unter ,,historischer Fantasy" würde ich als Leser mir Fantasy vorstellen, aber in ,,vertrautem" Umfeld: also in einer Welt, die nicht in allzu vielen Punkten von der bekannten abweicht. Es gibt ja Leser, die sich von einer zu hohen MpM-Rate (Monster per Minute  ;) abschrecken lassen (ich gehöre da tendenziell dazu). Für solche ist ,,historische Fantasy" ein prima Einstieg.
Den Verlagen gegenüber würde ich eher mit der Bestimmung der Zielgruppe arbeiten. Also nicht: ,,Mein Roman ist historische Fantasy / phantastische Historik / historische Historik..." sondern ,,richtet sich an Altersgruppe xyz, männlich / weiblich, etc." Ich glaube, das ist für den Verlag informativer, denn wenn man sich hier schon nicht auf Genregrenzen einigen kann, geht das den Verlagen sicher ähnlich.
Der Rest ist, glaube ich, fließend. Ich behaupte mal, dass man von meinem Spielmann mehr über das tägliche Leben im Mittelalter und die ständische Organisation einer Gesellschaft (und wie sich das im täglichen so ,,anfühlt") lernen kann, als aus einem schlecht recherchierten historischen Roman (ich habe schon Raps im Hochmittelalter ,,gesehen"...)
In diesem Sinne, fröhliche Diskussion noch!
Es grüßt
die Hexe
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Schelmin am 13. Januar 2008, 16:53:12
Ich habe gerade gesehen, daß Bastei Luebbe dieses Subgenre "Historische Fantasy" nennt. http://www.luebbe.de/C1256E310032B237/0/30D7C3ED1C7D1E5BC12572A6004A5738?OpenDocument
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: JulyRose am 13. Januar 2008, 17:06:41
Meine Definition der historischen Fantasy mag ich noch kurz in die Runde werfen, irgendwo hab ich es mal gelesen, ich weiß nur nicht mehr wo (jaja, das Alter ...)

Historische Fantasy ist Fantasy, die sich mit dieser Welt beschäftigt, allerdings in einer vergangenen Epoche mit phantastischen Elementen oder alternativen Geschichtsverläufen operiert. Damit gehört für mich die Kushiel-Reihe von J. Carey ebenso dazu bei M. Heitz' "Mächte des Feuers".

Ein historischer Roman, in dem die Recherche eher im Kopf des Autors als in der Bibliothek stattgefunden hat, ist keine Fantasy, sondern ein schlampig recherchierter historischer Roman.

Und zum Nibelungenlied noch kurz @Textehexe: für mich hat das Nibelungenlied zwar die Patina des 12. Jahrhunderts und den damit verbundenen ritterlichen Idealen, doch das haben wir ja dem Verfasser zu verdanken; mit dem historischen Kontext der Nibelungen (also der Zeit der Völkerwanderung) hat es wenig zu tun. Würde jemand über die Nibelungen schreiben, wäre es für mich Fantasy, aber hätte nichts mit einem historischen Roman zu tun; es sei denn, er wagt es, sich wirklich der Völkerwanderungszeit anzunehmen und die Nibelungen von der christlich-ritterlichen Politur zu befreien ...

Liebe Grüße
Juliane
Titel: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 21. Dezember 2011, 19:54:01
Hallo  :winke:,

wir hatten uns in der Schreib-Bar über das Thema unterhalten und es ist der Gedanke aufgekommen, einen eigenen Thread daraus zu machen.  :) Schreiben hier im Zirkel viele historische Fantasy? Bezieht ihr Personen ein, die real existiert haben? Vielleicht sogar als Protas? Oder schreibt ihr auch im historischen Setting über eigene Charaktere? Und wie viele Freiheiten nehmt ihr euch, wenn ihr über reale Personen schreibt? Wie baut ihr die Fantasy-Elemente ein?
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Romy am 22. Dezember 2011, 03:26:34
Wir hatten schon mal einen Thread zur historischen Fantasy. Der ist zwar uralt, aber es gibt ihn: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,2484.15.html


Eigentlich will ich auch noch einiges dazu schreiben, aber es ist grad schon zu spät und ich bin zu müde und überhaupt. Morgen dann. :)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Mogylein am 22. Dezember 2011, 10:45:31
(Ist es jetzt richtig, auf diesen Faden zu antworten der eher auf den, den Romy verlinkt hat?  :versteck: )

Ich plane zum ersten Mal in meinem Leben, einen historischen Roman zu schreiben. Vorher hätte ich mich da nicht dran getraut. Zum einen hat mich die Recherche abgeschreckt. Ich recherchiere eigentlich total ungerne, aber irgendwie macht es diesmal Spaß. Man muss sich wahrscheinlich einfach nur genug für das Thema interessieren.. Zum anderen finde ich es unglaublich schwer, ein Gefühl für eine vergangene Zeit, in der man nicht selbst gelebt hat, zu entwickeln - noch schlimmer, wenn es auch noch an einem Ort spielt, an dem man noch nie gewesen ist und der eine ganz andere Kultur hat als die eigene Gegend. Daran hadere ich immernoch, ich versuche, Menschen aus der Gegend zu finden, die mir dabei helfen können, doch bisher ist meine Suche nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. Und dann keimt auch noch der Zweifel: Selbst, wenn ich dieses 'Gefühl' kenne - bin ich, rein aus handwerklicher Sicht, überhaupt gut genug, um diese in Worte zu fassen? Wahrscheinlich nicht.

An reale Personen würde ich mich nicht herantrauen, weil ich wahrscheinlich sehr schnell Out of Character gehen würde. Aber wenn sich jemand das traut finde ich es wunderbar!
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lavendel am 22. Dezember 2011, 11:29:22
Ich habe mal zusammengeführt, dann haben wir es leichter. ;)

Historische Fantasy ist schon rechercheintensiv, genauso wie rein historische Romane. Allerdings ist es auch nicht unmöglich, ein gutes Gefühl für eine bestimmte Zeit zu bekommen, wenn man sich eben die Zeit nimmt, sich mit einer bestimmten Zeit auseinanderzusetzen. Ich glaube, persönlich sowieso, dass man sich für jeden Roman erst mal einen Monat hinsetzen und recherchieren sollte (wobei man dafür realistisch wahrscheinlich keine Zeit hat ...). Man stößt ja auch in vielen Epochen bei der Quellenlage an Grenzen, weil es immer weniger Quellen gibt, je weiter man zurückgeht - und dann ist Geschichte auch noch immer abhängig von denen, die sie schreiben, und man kann nie wissen ... :d'oh:

Ich habe schon historische Fantasy geschrieben (ich nenne es so, obwohl man es unter dem Label sicher nie verkauft ... ), und ich habe unglaublich viel dafür recherchiert, aber es hat mir auch unglaublich viel Spaß gemacht, und ich würde es noch mal tun.
Auf reale Personen hätte ich wenig Lust, glaube ich, weil mir das meinen persönlichen Freiraum dann doch zu sehr einschränkt. An gewissen Punkte im Leben eines Menschen muss man sich ja halten, und ich finde es eher anstrengend, um solche Punkte herum zu plotten. Lesen würde ich sowas aber, wenn es gut gemacht ist, denke ich.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Grey am 22. Dezember 2011, 11:39:31
Ich denke, es macht auch noch mal einen Unterschied, ob man historische Personen einfließen lässt, als "atmosphärisches Detail" sozusagen, oder ob man sie zu Haupthandlungsträgern macht.

Bei vielen historischen Settings bieten sich Fantasyelemente ja fast unausweichlich an - je größer der vorherrschende Aberglaube und je weniger weit fortgeschritten die Wissenschaft, desto mehr braucht es ja übernatürliche Erklärungen. Kai Meyer hat seine ersten Fantasyromane auch eiskalt als historische Romane verkauft, obwohl es eigentlich historische Fantasy war. Er hat es nur nicht so genannt, und niemanden hat es groß gestört ...
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: gbwolf am 22. Dezember 2011, 12:37:51
Zitat von: Lavendel am 22. Dezember 2011, 11:29:22Ich habe mal zusammengeführt, dann haben wir es leichter. ;)
Sorry, Doktor DOS, mein Fehler! Habe die Diskussion aus der Schreibbar rausgeekelt und übersehen, dass wir schon einen Thread haben.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 22. Dezember 2011, 21:29:46
Oh, den Thread gab es schon.  :versteck:

Darf ich nochmal was fragen? Was würdet ihr zu Personen, die real existiert haben, sagen, wenn der Roman aber alternative Geschichte behandelt? Ich überlege mir gerade einen Steampunk-Roman in einer Stadt, die es so nicht gibt, aber ich würde gern Personen einbauen, die es wirklich gab. Die Stadt liegt schon in unserer Welt, sie liegt auch in England. Ich bin da unsicher.  ::)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Snöblumma am 22. Dezember 2011, 21:33:17
Ich stelle mir das schwierig vor, auch wenn es funktionieren kann. Dann darfst du dir meiner Meinung nach aber keinen Fehler bei Recherche und Co. erlauben. Ich persönlich habe bei fantasy-angehauchten Historienromanen oder Fantasyromanen, die einfach nur historische Ereignisse etwas verfremden, häufig das Gefühl, dass da jemand keine Lust auf Recherche hatte. Damit will ich nicht dir unterstellen, dass du das machen würdest, keine Sorge, ich will dich nur auf dieses Problem hinweisen :).

An und für sich stelle ich  mir so ein Projekt aber interessant vor. Wie genau willst du die historischen Figuren denn einarbeiten? Gibt es einen Grund, aus dem sie in der Geschichte sein müssen?
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 22. Dezember 2011, 21:50:20
Okay, ich hole weiter aus.  ;D Erstmal: Ich kenne das auch, dass es wirkt, als wollte jemand einfach nicht recherchieren. Das wirkt dann manchmal, als hätte jemand einen Roman im viktorianischen England schreiben wollen und irgendwann nicht weitergewusst. Recherchieren würde ich gern, aber ein paar der Figuren, die ich mir ausgesucht habe, sind kaum historisch belegt, da kann man leider nur ein wenig recherchieren und dann versuchen, die Person anhand von dem, was man hat, zu erschließen.  :d'oh:

Bei mir ist es so, dass es die großen englischen Städte, allen voran London, nach einem Anschlag/ einer Revolution so nicht mehr gibt. Was genau da passiert ist, weiß ich noch nicht, ist alles noch sehr 0815. Es ist aber das viktorianische Zeitalter, daran ändert sich logischerweise nichts. Nun will ich Personen, die damals gelebt haben, nicht einfach unterschlagen (Queen Victoria und Oscar Wilde verschwinden ja nicht einfach, bloß, weil die Städte untergehen) und ein paar auch zu Protas machen. Meine Ich-Erzählerin ist aber ausgedacht. Ich weiß nur nicht, wie gut das ankommt.  :d'oh:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 22. Dezember 2011, 21:58:56
Hey schön! Da habt ihr ja einen tollen Thread aus dem Keller geholt.

Ich liebe historische Fantasy. Selbst habe ich schon Kurzgeschichten in diesem Subgenre geschrieben. Ein richtiger Roman steckt noch in Kinderschuhen. Zur Zeit bin ich am Recherchieren und Planen.
Die Geschichte wird im Spätmittelalter an der Grenze zur Neuzeit spielen. Meine Charaktere sind meine eigenen. Wie Lavendel schon erwähnt hat; es nimmt mir zu viel Spielraum, wenn ich auf bekannte Personen umsteige, bzw. wäre mir das zu langweilig. Trotzdem ist Recherche unumgänglich. Ich kann kein Velo als Fortbewegungsmittel benutzen, wenn es die in der Zeit in dem der Roman spielt, noch nicht gab. Aber das ist ja klar. Da steckt noch mehr Arbeit dahinter, als in rein fantastischen Geschichten. Zumindest was das Nachforschen betrifft.

Ich werde gewiss demnächst öfter in die Bibliothek gehen und mich durch alte Geschichtsbücher wälzen, denn die Recherche allein im Netz ist mir ebenfalls zu langweilig und man weiß ja nie, was dort alles für ein Mist zusammengefasst ist.

Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Snöblumma am 22. Dezember 2011, 22:12:35
@Kati
Ersteres halte ich auch in rein-historischen Romanen nicht wirklich für ein Problem. Es ist ja meistens so, dass man von den Figuren nur wenig weiß, ein paar Eckdaten, vielleicht ein paar Dokumente, aber das ist im Regelfall ja schon alles. Der Rest ist immer Fantasie des Autors, nicht wahr?!

Wenn die Figuren einfach auftauchen, halte ich das nicht unbedingt für ein Problem. Wenn du sie zu Protas machen willst, stehst du ja eigentlich vor denselben Rechercheprobleme wie im historischen Roman, sehe ich das richtig? Nur dass du die Leerstellen nicht mit historisch fundierten Dingen füllst, sondern mit Begebenheiten, die in deine Welt passen? Das könnte funktionieren, denke ich.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 22. Dezember 2011, 22:19:39
Genau so ist es.  :) Ich werde es einfach ausprobieren. Ich will auch Begebenheiten aus dem echten London einbauen, die dann einfach in meinem passieren, so weit sie noch möglich sind. Wieso sollten sie auch nicht genauso passieren, wenn sie nicht durch andere Technik oder so verhindert werden?

Was ich gar nicht mag, ist historische Fantasy, wenn gar keine wahren Begebenheiten mit drin sind. Das ist ganz oft bei Liebesromanen so. Dann frage ich mich echt, warum es kein Roman, der heute spielt, geworden ist. Auch, wenn man die Ständeunterschiede und so darstellen will, kann man wenigstens am Rande ein paar Events mit einbauen. Das fehlt mir ganz oft, als wäre damals nichts passiert, außer die Liebeleien von irgendwelchen Adeligen.  :-\
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lavendel am 23. Dezember 2011, 10:15:10
Also, selbstverständlich kannst du Oscar Wilde und Queen Victioria in deinem Buch auftauchen lassen. Warum nicht? Darüber würde ich mir nicht so viele Gedanken machen. Und klar kannst du sie auch bei einem alternativen Geschichtsverlauf verwenden.

Allerdings muss ich dir sagen, dass in meiner Vorstellung das England des 19 Jhdts absolut unzerstörbar ist. :darth:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 23. Dezember 2011, 20:56:37
Weshalb?  :) Es tut mir ja auch ein bisschen im Herzen weh, ich liebe England und ich liebe das viktorianische Zeitalter, aber ich mache ja nichts wirklich in dem Sinne "kaputt". Es gibt bloß eine Riesenveränderung. Und ich freue mich gerade so auf´s Schreiben.  :vibes:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Berjosa am 24. Dezember 2011, 11:14:41
Na ja, nach einer Revolution, bei der diverse große Städte untergehen, könnte ich mir schon vorstellen, dass es hinterher ein anderes Staatsoberhaupt oder gleich eine andere Staatsform gibt. Meistens ist so etwas doch das Ziel der Revoluzzer.
Aber mit einer guten Erklärung geht bekanntlich alles, und wenn man nur lange genug wartet, siegt sowieso die finstere Restauration.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Churke am 24. Dezember 2011, 11:56:26
Also ich würde eine alternative Vergangenheit nicht als historische Fantasy bezeichnen. Es ist nun einmal nicht "historisch" im Sinne einer erschöpfend recherchierten Welt, sondern alternativ und fiktiv.

Ich arbeite sehr gerne mit historischen Personen. Sie engen mich nicht ein, sie inspirieren mich. Ich versuche auch immer, den Vorbildern gerecht zu werden. Ich habe noch niemanden unverdient zum Clown oder Schurken gemacht.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: sirwen am 24. Dezember 2011, 12:17:09
@Churke: Meinst du sowas hier (http://de.wikipedia.org/wiki/Alternativweltgeschichte)?

Mit historischen Personen habe ich noch nie gearbeitet, aber Teile meines letzten Nano-Romans spielen in einem historischen Setting, das ich so gut es ging recherchiert habe. Die Geschichte fängt in New York um 1865 an. Wann wurde die Brooklyn-Brücke gebaut? Welche Einwanderergruppen lebten in welchen Quartieren? ... Das waren ein paar grundsätzliche Fragen, die ich mir gestellt habe. Irgendwann habe ich mich dabei ertappt, wie ich danach recherchiert habe, wann eigentlich der erste Lippenstift erfunden wurde. Das war 1883, also nicht in meiner Romanzeit. Da habe ich mir gedacht, ach was, lass es sein, der Rest der Geschichte spielt sowieso in einer Alternativhistorischen Welt (wo Kalifornien als unabhängiger Staat existiert), und der Lippenstift passt nun Mal gut zur Szene. Meiner Meinung sind diese kleinen Freiheiten ok, solange man klar macht, dass es sich um eine fiktive Geschichte und Welt handelt.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Lemonie am 24. Dezember 2011, 12:38:04
Ich hab über das Thema auch schon öfter mal nachgedacht, interessanter Thread :)

Bisher hatte ich das Problem noch nicht, weil ich immer erfundene Welten hatte oder die heutige Zeit, aber das wird auf jeden Fall noch kommen.
Für eine kürzere Geschichte (ich weiß ehrlich gesagt noch nicht genau, was daraus wird), die wahrscheinlich irgendwo im Mittelalter angesiedelt sein wird, muss ich wahrscheinlich auch noch eine Menge recherchieren, zwar spielt sie sich komplett nur in einem kleinen Dorf ab, aber der Aberglaube der Menschen spielt da eine wichtige Rolle (es gibt dann halt die Fantasywesen wirklich und nicht nur in der Vorstellung. Aber sie werden zu unrecht verfolgt). Und dazu brauche ich dann eben die Recherche. Wahrscheinlich frage ich dann mal meine Geschichtslehrerin nach Literatur ;)

Was reale Personen betrifft: ich denke schon, dass man das machen kann, ist auch ziemlich interessant, aber man sollte eben gut recherchieren, vor allem, wenn die Personen auch mitsamt ihrem Charakter und typischem Verhalten vorkommen und nicht nur am Rande erwähnt werden um die Welt zu illustrieren. Es gibt nämlich immer Leute, die sich auskennen, und man merkt es beim Lesen ziemlich schnell, wenn jemand schlecht oder gar nicht recherchiert hat.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 06. April 2013, 17:54:20
Hallo Ihr Lieben,

ich hole diesen Thread noch einmal hoch, da ich nun am Anfang eines neuen Großprojektes stehe. Schon seit 2011 habe ich eine Idee für einen Roman der mir nun Kopfschmerzen bereitet.

Er soll Ende des Hochmittelalter spielen. Das Setting ist ein fiktives Land (keine eigene Welt) mit einem roten Faden von mittelalterlichem  Brauch, Leben, Glauben und Sitte, der sich durch die Geschichte zieht. Es sind keine berühmten Personen darin geplant. Die Charaktere sind freu erfunden. Doch nehme ich bestimmte Plätze aus Hessen (z.B. eine Burg) als Beispiel.

Zählt so etwas auch zur Historical Fantasy?
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Fianna am 06. April 2013, 18:04:40
Das würde ich nicht darunter zählen...
(---> vollkommen unwissenschaftliche, ganz profane Leser-Meinung)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Debbie am 06. April 2013, 18:14:32
ZitatDas Setting ist ein fiktives Land (keine eigene Welt) ...  Doch nehme ich bestimmte Plätze aus Hessen (z.B. eine Burg) als Beispiel.

Ist das fiktive Land denn dann in der echten Welt des Hochmittelalters angesiedelt? Für mich hört sich das so ein bisschen an, als hättest du selbst noch nicht richtig entschieden, ob die Geschichte nun Fisch oder Fleisch werden soll - kann das eventuell sein?

ZitatEs sind keine berühmten Personen darin geplant. Die Charaktere sind freu erfunden.

Das ist jetzt für mich nicht wirklich ein Hauptkriterium zur Einordnung - viel mehr würde mich interessieren, ob geschichtliche Ereignisse darin eine Rolle spielen ... Wenn dem nicht so ist, und auch Land und Charaktere ausschließlich fiktiv sind, würde ich es lediglich als High Fantasy deklarieren, da gerade mittelalterliche Settings ja absolut typisch für Fantasy sind.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 06. April 2013, 18:46:29
Zitat von: Debbie am 06. April 2013, 18:14:32
Ist das fiktive Land denn dann in der echten Welt des Hochmittelalters angesiedelt? Für mich hört sich das so ein bisschen an, als hättest du selbst noch nicht richtig entschieden, ob die Geschichte nun Fisch oder Fleisch werden soll - kann das eventuell sein?

Ja, das "Land" ist in der echten Welt angesiedelt, denn ich möchte meine Gegend (rund um Mainz und den Taunus) verwenden. Doch keine der Städte hat bisher meinen Vorstellungen so entsprochen.
Ich möchte weder Fleisch noch Fisch sondern Gemüse ;) Ja, ich weiß was es werden  soll, kann es nur nicht definieren, daher hier meine Frage mit dem knappen Informationen.  Ich sitze zur Zeit an der mittelalterlischen Recherche.


Zitat von: Fianna am 06. April 2013, 18:04:40
Das würde ich nicht darunter zählen...
(---> vollkommen unwissenschaftliche, ganz profane Leser-Meinung)

Vollkommen unwissenschaftlich würde ich das nicht nennen, da ich das Leben im Mittelaler korrekt rüber bringen möchte. Zusätzlich wird es teilweise um "übriggebliebene" Kreuzritter gehen.

Ich möchte auch noch nicht allzuviel darüber schreiben. Noch ist das Projekt ja noch in der großen Planungsphase (auch wenn ist Start und Ziel schon weiß)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Fianna am 06. April 2013, 18:50:33
Zitat von: Drachenfeder am 06. April 2013, 18:46:29
Vollkommen unwissenschaftlich würde ich das nicht nennen, da ich das Leben im Mittelaler korrekt rüber bringen möchte.
Damit meinte ich: meine Meinung ist vollkommen unwissenschaftlich gemeint gewesen; nicht literaturwissenschaftlich begründet... Reine Bauchmeinung aus Leserperspektive.

Wenn es eine fiktive Stadt in einer benannten, real existierenden Landschaft ist (die auch irgendwie durch Interaktion plotrelevant ist), würd ichs vllt doch als Historical Fantasy nehmen...
Es klang in der Frage so, als wäre es ein komplett erfundenes Land, in einer "erfundenen" Welt, deren kulturellen Elemente eben eng am Mittelalter ist (gut recherchiert etc).
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 06. April 2013, 18:56:39
Ops, sorry. Habe ich dann falsch verstanden.
Nein, ich möchte keine eigene Welt erfinden. Ich möchte schon, dass es hier spielt. Es macht mir Spaß an die Orte zu gehen und dort zu schreiben, wo meine Charaktere in der Geschichte gerade herumlaufen ;)
Es ist also ein fiktives eines Fürsten, welches direkt am Rhein liegt (neben an ist Mainz)  ;D
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Debbie am 06. April 2013, 19:28:02
ZitatJa, das "Land" ist in der echten Welt angesiedelt, denn ich möchte meine Gegend (rund um Mainz und den Taunus) verwenden. Doch keine der Städte hat bisher meinen Vorstellungen so entsprochen.

Dann würde ich eindeutig für Historical Fantasy plädieren  :jau:  Wenn dann noch geschichtliche Ereignisse (wenn auch nur am Rand) eingebunden werden, ist die Sache ziemlich wasserdicht. Und was die Stadt angeht - die würde ich einfach so gestalten, dass es "jede" Stadt seien könnte; es sei denn, die Stadt selbst spielt irgendeine wichtige Rolle.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Berjosa am 06. April 2013, 20:13:36
Wenn mich mein trübes Gedächtnis nicht täuscht, war das doch in "Die Säulen der Erde" genauso angelegt, mit fiktivem und ziemlich auffälligem Schauplatz im "echten" mittelalterlichen England. Das geht normalerweise als historischer Roman durch
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 06. April 2013, 21:44:19
Vielen Dank für Eure Antworten.

@Berjosa stimmt! An "Die Säulen der Erde" habe ich gar nicht mehr gedacht.

Ich bin einfach etwas unsicher, weil das was ich da anpacken will, etwas ganz neues für mich ist. Ich noch etwas unsicher. Aber meine Recherchen und das Dazulernen macht echt viel Spaß.

Nochmal @Berjosa ich komme vielleicht mal auf dich zu. Du kennst dich ja ganz gut mit sowas aus.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Belle_Carys am 07. April 2013, 18:21:52
Das trifft sich ja hervorragend dass du den Thread wieder hochgekramt hast, Drachenfeder. Für mich klingt das auch durchaus nach historischer Fantasy. Wenn das Setting grundsäztlich historisch ist und du evtl. auch noch lokale Geschichte mit einbringst, auf alle Fälle!

Ich plotte und bastle und recherchiere auch gerade für ein größeres Projekt, bei mir wird es phantastische alternative Geschichte. Das Setting ist, grundsätzlich, ein reales (das gute alte Viktorianische London), aber es gibt einige Veränderungen was die Regierung angeht (eigentlich nicht Viktorianisch zunächst, weil die gute Vicki nicht auf den Thron kommt), und eine Anreicherung um phantastische Elemente und Figuren.

Es fließt allerdings massiv viel Recherche mit ein, da ettliche der handelnden Personen, wenn sie auch nahezu alle keine Hauptfiguren sind, historisch real existiert haben. Da kommt viel Arbeit auf mich zu aber viele Dinge fügen sich gerade schon so schön in einander dass ich ständig versucht bin, vor Freude in die Hände zu klatschen.

Ein rein historisches Manuskript (oder doch eher erste Recherchen und Ideen dazu) liegt schon ewig in meiner Schublade und wartet darauf, dass ich endlich den Mut entwickle, dieses Groß- (und Herzens-) Projekt anzugehen aber noch traue ich mich nicht ran. Und das trotz (oder  gerade wegen?) einem Magister in Mittelaltergeschichte.

Vor allem das Verweben von wahren Begebenheiten, echten Personen und ihren Lebensläufen mit meinen fiktiven Gestalten und Ideen macht mir unheimlich Spaß, und auch das Suchen nach dem richtigen Ton der entsprechenden Epoche fasziniert mich.

Dir mit deinem Projekt ganz viel Erfolg, Drachenfeder!
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 08. April 2013, 10:24:56
Zitat von: Belle_Carys am 07. April 2013, 18:21:52
Vor allem das Verweben von wahren Begebenheiten, echten Personen und ihren Lebensläufen mit meinen fiktiven Gestalten und Ideen macht mir unheimlich Spaß, und auch das Suchen nach dem richtigen Ton der entsprechenden Epoche fasziniert mich.

Dir mit deinem Projekt ganz viel Erfolg, Drachenfeder!

Danke Dir! Was du schreibst, geht mir ganz genauso. Ich habe den gestrigen Nachmittag für Recherche geopfert. Ununterbrochen war ich hin und hergerissen zwischen "Das Projekt ist großartig!" und "Bin ich dem gewachsen?"


Mein Satz:
ZitatEs sind keine berühmten Personen darin geplant.
nehme ich im Übrigen zurück. Ich denke Kaiser Heinrich VII (HRR) ist berühmt genug ;) Er kommt nicht als Charakter vor, wird aber erwähnt werden.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Belle_Carys am 08. April 2013, 11:07:36
Ja, die Angst der Aufgabe nicht gewachsen zu sein kenne ich auch gut, aber nun. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, nicht wahr? Und bei mir wird wohl mehr als nur der eine oder andere Nachmittag an Recherche drauf gehen, aber das macht ja auch Spaß, und zu irgendetwas muss die Zeit an der Uni ja auch gut gewesen sein  ;D

Der gute Heinrich. Einer von den vielen. Kaisers sind immer gut als Deko ;)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Coppelia am 08. April 2013, 11:11:21
Vermutlich muss man meine Kessel-Romane zu diesem Genre zählen, obwohl sie für mich weder die Kriterien für einen Fantasy- noch für einen historischen Roman erfüllen. Sie spielen in einem Setting, das dem alten Rom recht ähnlich ist (zumindest unter der Oberfläche) und enthalten eigentlich keine Fantasyelemente. Historisch sind sie aber auch nicht im Geringsten, da ja das Setting und die Figuren fiktiv sind. Und zwar wirklich fiktiv, schließlich spielt alles in einer anderen  Welt. Einige Figuren erinnern natürlich ziemlich an historische Gestalten, und es ist auch nicht meine Absicht, das zu verleugnen. Die meisten aber sind völlig frei erfunden.
Na ja. Ich bin, was das Genre dieser Romane betrifft, immer noch ratlos. Vermutlich ist es am ehesten dieses. Mehr noch als die Sorge, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein, und dem Respekt vor den realen Menschen treibt mich wahrscheinlich eine diebische Freude daran, die Geschichte und auch die an ihr beteiligten Figuren so zu gestalten, wie es mir am besten passt. ;)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Belle_Carys am 08. April 2013, 11:15:04
Naja, aber wenn es in einer absolut fiktiven Welt spielt, auch wenn sie Parallelen zu unserer hat, dann ist es eigentlich nicht historisch. Ohne phantastische Elemente, aber irgendwie doch Fantasy da es die Welt so ja nicht gibt oder gab.

Genre-Einordnungen sind aber auch wirklich die Pest.  :d'oh:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Judith am 08. April 2013, 14:54:56
Hm, aber es werden z.B. auch diverse Romane von Guy Gavriel Kay unter der dem Label "historical fantasy" veröffentlicht und beworben - und diese sind mit Coppis Kessel-Romane vom Setting her durchaus vergleichbar: Es ist zwar eine fiktive Welt mit fiktiven Figuren, aber das Setting hat jeweils klare historische Parallelen und auch manche Figuren lassen sich weitgehend historischen Persönlichkeiten zuordnen (mit Abweichungen). Magie gibt es in diesen Romanen praktisch nicht oder nur so schwach dosiert, dass man teilweise auch gar nicht sagen kann, ob es nun wirklich Magie ist oder nur "Aberglauben".

Offensichtlich wird der englische Begriff "historical fantasy" durchaus für beide Varianten verwendet, also sowohl realweltliche Settings mit Fantasyelementen bzw. eher freiem Umgang mit Historie (z.B. Jean M. Auel, Marion Zimmer Bradley) als auch fiktive Welten mit deutlichem historischen Bezug (wie eben die erwähnten Romane von Guy Gavriel Kay, also etwa "The Lions of Al-Rassan", "A Song for Arbonne" und "The Sarantine Mosaic"). Ich hätte da den deutschen Begriff eigentlich durchaus synonym verwendet.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 08. April 2013, 15:00:38
Für mich persönlich ist historical fantasy alles was historisches und phantastisches vereint, wenn es einen eindeutigen Bezug auf Vergangenes wie Beispielsweise das Leben im Mittelalter hat. Aber ich weiß, dass es eigentlich / meistens strenger genommen wird. So sehe ich auch Das Lied von Eis und Feuer als historische Fantasy, auch wenn es fernab unserer Welt spielt.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Tinnue am 08. April 2013, 15:11:58
Leider kenne ich mich darin nicht so super aus als das ich die ultimative Anlaufstelle für dich wäre. :D

Persönlich aber entscheide ich schlicht zwischen Historischem Roman (darunter fiele das dann nicht) und historisch geprägter Fantasy - ob das nun unter "historical Fantasy" fällt, da bin ich mir nicht sicher. Vielleicht kannst du via FB bei jemandem o.ä. nachfragen? Ich weiß von Autorinnen wie etwa Petra Schier(die historische Romane schreibt) oder Lea Korte, dass sie dort auch einmal solche Fragen beantworten!
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 08. April 2013, 15:19:00
Ich habe mich ja schon entschieden. Ich schreibe jetzt historical fantasy. Ob das dann wirklich so stimmt ... egal! Ich versuche jetzt mein Bestes zu geben. Es ist eine große Herausforderung und ich hoffe es wird mir gelingen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Joel am 08. April 2013, 15:54:25
ZitatSie spielen in einem Setting, das dem alten Rom recht ähnlich ist (zumindest unter der Oberfläche) und enthalten eigentlich keine Fantasyelemente. Historisch sind sie aber auch nicht im Geringsten, da ja das Setting und die Figuren fiktiv sind. Und zwar wirklich fiktiv, schließlich spielt alles in einer anderen  Welt.

Spontan hätte ich jetzt an die Genreeinordnung "Low-Fantasy" gedacht?! Wenn du mal auf der englischen Wikipedia-Seite schaust, findest du dort einige Merkmalsbeschreibungen, die passen könnten.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Coppelia am 08. April 2013, 18:23:21
Danke für den Link! Ich habe es mir mal durchgelesen. Allerdings weiß ich nicht, ob es passt. Es scheint, dass bei der englischen Definition eher an Parallelwelten gedacht wird, aber insgesamt ist sie ziemlich schwammig. Witzig fand ich aber, dass Pippi Langstrumpf unter den Beispielen angeführt ist! ;D
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Joel am 08. April 2013, 20:14:36
ZitatEs scheint, dass bei der englischen Definition eher an Parallelwelten gedacht wird, aber insgesamt ist sie ziemlich schwammig.
Ah, ok, ich hatte dich so verstanden, dass deine Welt an das "Setting" des alten Rom angelehnt ist, du aber keine real existierenden Orte verarbeitest - dann würde Parallelwelt ja irgendwo irgendwie passen.

ZitatWitzig fand ich aber, dass Pippi Langstrumpf unter den Beispielen angeführt ist!
Wenn Pippi Langstrumpf kein Beispiel für Fantasy par excellence ist, dann weiß ich auch nicht...  :D
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Coppelia am 08. April 2013, 20:28:27
Fantasy oder nicht, exzellent ist "Pippi Langstrumpf" allemal. Ich glaube, ich weiß, was ich demnächst mal wieder lese.

Das mit Kessel ist schwer zu erklären. Direkt ans alte Rom angelehnt im Sinne von "ich mache alles nach und gehe nur frei mit den Fakten um" ist es nicht. Ich denke sogar, dass jemand, der vom alten Rom keine Ahnung hat, meine Inspiration nicht erkennen wird. Ich wollte mehr ein bestimmtes Feeling, eine bestimmte Art von Verrücktheit und bestimmte Handlungsoptionen übernehmen. Und mit bestimmten historischen Gestalten rumspielen. ;) Es gibt auch einige grundlegende Unterschiede und sehr viele selbst erfundene Dinge.
Andere Sachen wiederum sind sehr genau aus der Antike übernommen, aber meist Spezialzeug, das eh kein Mensch kennt. Z. B. die Rhetoriktheorie ...
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Belle_Carys am 08. April 2013, 22:22:45
Definitionen sind ja immer so ne Sache... ich würde mich da auch nie wirklich festlegen wollen, das klappt eh nie. Ich glaub man könnte für jedes Buch mindestens zwei Genres finden, mit Option nach oben.

@Coppelia: ich hab Pippi vor ein zwei Jahren mal nochmal gelesen und kam gar nicht mehr damit zurecht. Ich liebe alles andere von Astrid Lindgren aber Pippi wollte ich nur noch verhauen  :pfanne:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: canis lupus niger am 09. April 2013, 14:33:36
Das liegt vielleicht daran, dass wir Erwachsenen ein bisschen Probleme mit Pippis anarchistischer Veranlagung haben. Kinder lieben gerade die. Ich finde, das versöhnende Element ist Pippis trotz allem sehr großes Verantworungsbewusstsein.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Belle_Carys am 09. April 2013, 21:37:11
Ne, das lag daran das Pipi mir einfach fürchterlich auf die Nerven ging. Die Anarchie an sich die sie da verbreitet ist mir gar nicht so unsympathisch, aber die "Stimme" des Charakters (ich weiß grad nicht wie ich es anders ausdrücken soll) finde ich extrem schwer zu ertragen mittlerweile.

Aber gut. Genug off topic, Pipi ist eher nicht historische Fantasy.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 10. April 2013, 12:05:56
Nachdem ich mich nun weiter intensiv mit allem befasst habe, kann ich nun definitiv sagen, dass ich eine Historical Fantasy Story starte.

Reales wird sein:
Beginn des Spätmittelalter
Heinrich VII.
Erzbischof von Mainz
Landschaft Rheinlandhessen
Templer

Phantastische Elemente dann das fiktive Herrschaftsgebiet, die Protagonisten sowie der restlivche mystische Handlungsstrang.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Belle_Carys am 10. April 2013, 12:33:45
Na das klingt doch schonmal nach was :) Dann auf auf, frohes Schreiben!
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 14. Oktober 2013, 14:26:29
So, nach einiger Zeit hole ich dieses Thema wieder ans Tageslicht. Aufgrund so einiger Dinge, die in diesem Jahr passiert sind, habe ich meine Recherchen auf Eis gelegt und nun wieder aufgetaut. Sie sind wunderbar vorangeschritten (auch wenn es nicht einfach war bzw. ist).

Ab sofort bin ich am Plotten meines neuen Romanprojekts und ich bin Feuer und Flamme.

Jetzt aber mal zu einer allgemeinen Frage zum Thema historische Fantasy. Ich bin neugierig, wieviel Historik muss für Euch in diesem Genre enthalten sein?
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Fianna am 14. Oktober 2013, 14:36:38
Also wenn Du ein fiktives Herrschaftsgebiet in einem realen Setting einbettest, würde ich erwarten, dass Kleidung, Waffen, generell "Technologie" recherchiert ist, und Abweichungen in lokalen Unterschieden (und da am besten durch das phantastische Setting und wie sich dadurch dieses Herrschaftsgebiet entwickelt hat) begründet sind...
... generell bin ich aber eher der Typ für historische Plätze mit Phantastik, also haarscharf an der Zielgruppe vorbei.
Andererseits irgendwie eine untergeordnete weitere Zielgruppe...
... also vllt ist Dir meine Meinung dennoch nützlich.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Pygmalion am 14. Oktober 2013, 15:10:58
Ich finde, insgesamt passen die Begriffe nicht zusammen. Auch wenn das offiziell so benutzt wird.
Einerseits historischer Roman = mehr oder weniger gut die Zeit recherchiert, meistens ein erfundener Protagonist, aber real existierende Personen/Orte kommen vor. Letztlich denkt man, dass das alles so oder so ähnlich in unserer Welt vielleicht hätte passieren können...
Der Vorteil eines erfundenen Protagonisten ist ja, dass man ihn machen lassen kann, was man will. Da kommt es eben nicht so leicht zu historischen Falschheiten bzw. Problemen mit der Charakterentwicklung, als wenn man Barbarossa zur Hauptfigur macht. Denn aus der Perspektive ist jeder historische Roman auch Phantastisch, die Charaktere und Dialoge der Menschen sind eben nicht überliefert. Aber vielleicht definiere ich das einfach zu eng.
Fantasy Roman: Überwiegend erfundenes/ausgedachtes, inklusive Orte/Personen. Anleihen an real existierendes kann man da gar nicht ausschließen, finde ich. Auf irgendwelche Erfahrungen muss man ja zurückgreifen, wenn man sich eine Welt ausdenkt. Insgesamt ist es aber wohl eher ausgeschlossen, dass das Geschehn in ähnlicher Art und Weise auf unserer Welt passiert sein könnte/passieren könnte.


Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Nika am 14. Oktober 2013, 15:17:42
Zitat von: Pygmalion am 14. Oktober 2013, 15:10:58
Der Vorteil eines erfundenen Protagonisten ist ja, dass man ihn machen lassen kann, was man will. Da kommt es eben nicht so leicht zu historischen Falschheiten bzw. Problemen mit der Charakterentwicklung, als wenn man Barbarossa zur Hauptfigur macht. Denn aus der Perspektive ist jeder historische Roman auch Phantastisch, die Charaktere und Dialoge der Menschen sind eben nicht überliefert.

Dann müsste aber jeder Roman, der keine Biografie oder ein Tatsachenbericht ist, Fantasy sein. Denn die wenigsten Kommisare im Krimi, Paare in Liebesromanen, etc. sind real existierende Personen, auch wenn sie vielleicht mit echten Personen im Roman zusammentreffen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 14. Oktober 2013, 15:33:09
Zitat von: PygmalionIch finde, insgesamt passen die Begriffe nicht zusammen. Auch wenn das offiziell so benutzt wird.

Ich habe jetzt nicht ganz verstanden, was genau du meinst. Meinst du, weil man sich auch bei real existierenden Personen theoretisch ausdenken muss, was sie tun und sagen und weil das von der Realität abweicht, ist jeder historische Roman ein Stück weit phantastisch? Das sehe ich nämlich anders. In dem Moment, in dem ich mir Barbarossa nehme, wird er eine fiktive Figur, wie die ausgedachten Protagonisten auch. Der kommt ja nicht "fertig" zu mir. Natürlich recherchiert man im besten Fall und versucht seine Persönlichkeit zu rekonstruieren, das kann man aber natürlich nie komplett. Und ein wenig selbst interpretieren ist ja auch nie falsch. Und als Leser sollte man auch immer davon ausgehen, dass man es mit fiktiven Personen zu tun hat, auch, wenn sie Barbarossa oder Admiral Nelson oder Johanna von Orleans heißen. Ich denke, das Wort ist hier nicht "phantastisch", sondern viel eher "fiktiv". :) Ausgedacht, eben. Alles andere wäre ein Sachbuch. Die Fantasy kommt meiner Meinung nach erst ins Spiel, wenn Barbarossa sich als Vampir rausstellt oder sowas. Deshalb verstehe ich nicht, wieso die beiden Begriffe nicht zusammenpassen sollten.

Es gibt ja auch noch alternative Geschichte als Genre. Das ist dann ein historischer Roman, in dem die eigentlichen Handlungsverläufe verdreht werden. Zum Beispiel: Johanna von Orleans wird nicht auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Dann kann man sich als Autor austoben, welche Auswirkungen das auf den weiteren historischen Verlauf haben könnte. Das muss auch nicht immer phantastisch sein, obwohl es natürlich komplett ausgedacht ist. Wenn keine Fantasy-Elemente vorkommen, sondern alles im Bereich des möglichen liegt, ist es keine Fantasy.

Zitat von:  DrachenfederJetzt aber mal zu einer allgemeinen Frage zum Thema historische Fantasy. Ich bin neugierig, wieviel Historik muss für Euch in diesem Genre enthalten sein?

Ich finde, auch bei historischer Fantasy sollte man so viel Historik einbringen, als wäre es nur ein historischer Roman. Wenn das Setting bloß Beiwerk ist, damit die Geschichte bunter aussieht oder nicht wieder typische Urban Fantasy ist, reicht das meiner Meinung nach nicht. Das Setting sollte schon für den Plot wichtig sein, und wenn es nur im Verhalten der Figuren zu merken ist, oder an den Details zum Leben bei Hof oder in einem kleinen Dorf. Wenn sich Plot und Figuren genauso gut in der Gegenwart unterbringen lassen, ist das... nicht so gut, denke ich. Ich denke nicht, dass man unbedingt historische Ereignisse und Persönlichkeiten einbringen muss (obwohl man sie natürlich mal erwähnen kann, wenn sie zum Handlungszeitpunkt in aller Munde waren), ich finde eher wichtig, dass das Setting rund wirkt. Also keine Anachronismen auftauchen und man das Gefühl hat, in die Zeit abtauchen zu können. Natürlich kann man nicht alles richtig machen, aber man kann versuchen es so gut zu machen, wie es eben möglich ist.

Ich hatte letztens erst wieder ein Buch, bei dem sich die Autorin auf "Ist ja nur Fantasy" ausgeruht hat und da wirkte gar nichts rund, weil das Setting nicht zu der Geschichte gepasst hat. Das sollte man finde ich vermeiden.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 14. Oktober 2013, 17:51:16
Zitat von: Pygmalion am 14. Oktober 2013, 15:10:58
Ich finde, insgesamt passen die Begriffe nicht zusammen.

Ich finde, diese zwei "Begriffe" bzw. Genre passen wunderbar zusammen. Genau dieses Zusammenspiel macht es für mich so interessant.

@Kati, danke für deine ausführliche Antwort.
Im Prinzip sehe ich das genauso, ob ich das so hinbekomme, ist eine andere Sache. Es ist mein erstes Mal in diesem Gebiet und ich werde mein bestes geben.

Mainz und das Rheinland drumherum soll im Mittelpunkt stehen. Mein war eine mittelalterlische Bischofsstadt und ein wichtiger Wirtschaftsstandort. Ich habe bereits eine sehr alte Stadtkarte gefunden. Auch habe ich eingeplant einen Erzbischof und den damaligen König in die Geschichte mit aufzunehmen. Zwar nur als Nebenhandlung, die aber wiederrum Auswirkungen auf meine Charaktere haben.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: caity am 14. Oktober 2013, 18:02:43
Für mich liegt bei der historischen Fantasy das Gewicht auch mehr auf dem "historisch", denn auf der Fantasy. Das geht soweit, dass es für mich ein absolutes "Muss" ist, dass am Ende alles sozusagen "richtig" gebogen wird, also erklärt wird, warum dieses phantastische Element in unserer heutigen Zeit unbekannt ist, ergo muss die Phantastik so dezent sein, dass sie auch als Spinnerei abgetan werden kann, bzw. auf den damaligen "Aberglauben" geschoben werden kann, oder aber sie muss so mächtig sein, dass sie den Menschen das vorspielen kann, was wir heutzutage noch wissen.

Uffa, ich hoffe, das war jetzt einigermaßen verständlich!  :engel:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 14. Oktober 2013, 18:17:29
Ich fand es verständlich. Bringt mich allerdings ins Zweifeln. Wenn ich deine Meinung so lese, wird es vielleicht eher Urban Fantasy mit einer vielen historischen Elementen.  :hmmm:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Fianna am 14. Oktober 2013, 18:27:28
Da ich ja bisher der "strengste" Historik-Phantastik-Fan war, wollte ich caity da widersprechen.
Wenn die Magie offensichtlich ist, finde ich das vollkommen in Ordnung. Das ist dann eben eine "historische Parallelwelt".

Meist sind mir die historischen Parallelwelten jedoch zu wenig historisch, weswegen ich eigentlich die andere Art des Genres bevorzuge.

Aber wenn Du wirklich soviel Wert auf historische Details legst, würde ich auch gerne spätermal Betaleser sein. Allerdings ist das nicht "meine" Zeit, das heisst, beim Finden historischer Schnitzer kann ich nicht dienlich sein.
Es klingt aber mit den ganzen Details sehr spannend, und vielleicht ist es für Dich ja auch hilfreich, einen Betaleser zu haben, der nicht ganz 100 % Deiner Zielgruppe entspricht (die ja so gesehen sehr eng gefasst ist, wenn man die Historik-Phantastik-Fans in diese beiden Lager aufsplittet).
Ich würde mich freuen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: caity am 14. Oktober 2013, 19:03:49
Sorry, Fianna, aber eine historische Parallelwelt ist für mich keine historische Fantasy mehr, das ist dann eben ein Fantasy-Roman, der sich ein historisches Setting zum Vorbild genommen hat, alla "Herr der Ringe".

@ Drachenfeder: Aber ist es bei Urban Fantasy nicht auch in der Regel so, dass die meisten Leute eben nicht Bescheid wissen? Siehe Harry Potter und Twighlight? EDIT: Men in Black :)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Fianna am 14. Oktober 2013, 19:08:50
Meinen wir dasselbe?  ???

Ich meinte mit diesem Begriff sowas wie "Wie hätte sich die Geschichte verändert, wenn Louis VII. mit magischer Unterstützung gegen Henry Plantagenet ins Feld gezogen wäre?"

Also historische Personen, historisches Setting, aber es gibt Magie und das hat den Lauf der Geschichte beeinflusst - entweder so, wie die Geschichte tatsächlich stattfand (Magie wäre dann z.B. eine Erklärung, warum Schlachten ganz anders ausgingen, als man gedacht hätte) oder eben andersherum....
... vielleicht nicht unbedingt in so großen Dimensionen wie in dem Beispiel.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: caity am 14. Oktober 2013, 19:13:48
Ah, okay, nein, dann meinten wir nicht dasselbe  ;D
Danke für die Erklärung!
Ich hatte "historische Parallelwelt" tatsächlich als andere Welt verstanden, die halt historisch angehaucht ist.
Mit deiner Erklärung würde ich aber soweit mit der Definition mitgehen, wobei ich dann wie du das "andere" bevorzugen würde ;)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Churke am 14. Oktober 2013, 19:30:29
Ich denke, die Frage "wie historisch oder phantastisch?" lässt sich nur in Abhängigkeit von den Zielen des Autors beantworten. Weshalb wählt er ein historisches Setting? Was will der Dichter damit sagen?

Ich finde es auch faszinierend, Fakten und Phantastik so zusammen zu bringen, dass der Leser nicht mehr weiß, was erfunden und was historisch ist. Wenn der Leser Wahres für erfunden hält, dann ist der Autor gut.  ;D Ich gehe manchmal sogar so weit, selbst das Übernatürliche aus historischen Quellen zu ziehen. Dazu genügt es, die Quellen neu zu lesen, wie man so schön sagt.  :engel:

Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 15. Oktober 2013, 20:17:50
Wohl wahr liebe caity. Ich werde die Idee einfach ausarbeiten und meinen Roman schreiben. Zum Schluss werden wir sehen, welches Genre es nun genau geworden ist. Vom Gefühl her bleibt es zur Zeit historical fantasy!  ;D

@Fianna, auf dein Angebot komme ich gerne zurück.

Zitat von: Churke am 14. Oktober 2013, 19:30:29
Dazu genügt es, die Quellen neu zu lesen, wie man so schön sagt.  :engel:

Das gefällt mir! Ganz mein Ding!
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: RaphaelE am 26. Januar 2014, 17:38:47
*Thread-ausgrab*

Bevor ich mich an mein Herzprojekt(High Fantasy) heranwage, möchte ich möglichst viel Erfahrung sammeln. Ich will nicht an meinem Lieblingsprojekt schreiben und nach ein/zwei Jahren feststellen, dass ich es versaut habe.
Und jetzt geistert mir da eine Geschichte im Geiste rum, die mich ins Grübeln bringt, denn: Mein Plan war, die Bibelgeschichte neu zu schreiben. Als Prota würde Jesus mit magischen Fähigkeiten die Menschheit zum Bessern zu bekehren versuchen. Jetzt ist aber so was doch relativ heikel. Ich möchte mit diesem Projekt die Werte der Bibel nicht verleugnen sondern herauskristallisieren. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass diese Idee nicht unbedingt auf offenen Ohren treffen wird und wollte euch fragen, wie ihr so etwas sehen würdet. Fällt diese Idee in eine Art Tabubereich oder wäre das vielleicht gar nicht so schlimm? Ich meine: Es gibt ja auch viele Filme, die die Bibelgeschichte ablichten und teilweise auch anders darstellen. Siehe The Man from Earth (http://www.imdb.com/title/tt0756683/)(Einer meiner Lieblinge, obwohl er gar nicht zum Rest passt :vibes: )
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Christopher am 26. Januar 2014, 17:58:10
Hm, ich sehs so:

Von religiösen Themen sollte man sich eher fernhalten. Damit meine ich nicht, dass Religion nicht vorkommen darf/sollte oder dass man eine eigene Religion für seine Welt erfindet die etwas nachempfunden ist o.ä. sondern damit meine ich, eine bestehende Religion, einen der Grundfesten dieser Religion als Kern des Themas zu nehmen.

Da gibt es einfach unzählige Leute, die etwas dagegen haben werden, weil sie diese Religion nicht leiden können. Unzählige Leute, die etwas dagegen haben werden, weil sie diese Religion leiden können. Unzählige Leute, die einem Ideenlosigkeit vorwerfen würden. Und unzählige Leute, die weder das eine noch das andere tun, sich aber mit der Idee als solches nicht anfreunden können, weil sie es seltsam und befremdlich finden.

Und du musst bedenken: All diesen Leute wird der Inhalt deines Buches egal sein. Sie werden es nicht lesen, sie werden es pauschal verurteilen und du wirst keine Chance haben, sie davon zu überzeugen, dass es doch besser ist als sie denken. Und selbst wenn du das bei einer Gruppe schaffst, werden die anderen dich dafür umso inniger verurteilen.

Ich würde es lassen. Mach meinetwegen etwas analoges, dem man die Ähnlichkeit ansieht und die man nicht abstreiten kann, aber geh nicht an die Sache ran, indem du sie neu schreiben willst.

Außer natürlich, du legst es darauf an, dass es verrissen wird. Frei nach dem Motto: "Jede Publicity ist gute Publicity"
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: RaphaelE am 26. Januar 2014, 18:01:57
Ja, genau diese Gedankengänge hielten mich bisher davon ab, mich hinzusetzen und das Ganze hinzukritzeln. Es ist halt leider ein Bereich, in dem man extrem vorsichtig sein muss. Und auch, wenn man vorsichtig genug wäre, würde jemand die Geschichte aus Prinzip hassen. Selbst wenn ich die Bibel Wort für Wort abtippeln würde... :(
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Joel am 26. Januar 2014, 18:03:03
Ich stimme Christopher zu.
Ich bin nicht religiös, trotzdem finde ich, dass man sich als Autor nicht unbedingt an die Bibel "wagen" sollte und die "Geschichte" irgendwie anders erzählt oder neue Elemente hinzufügt. Damit würden mit Sicherheit viele Menschen vor den Kopf gestoßen werden.
Was wäre denn deine Intention, die Bibel neu schreiben zu wollen oder neue Elemente einzubauen? Also welche Aussage soll der neue Text enthalten?
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Melenis am 26. Januar 2014, 18:07:00
Wäre dann Jesus Protagonist? Das allein würde mir glaube ich schon sauer aufstoßen... es wirkt vielleicht auch ein wenig anmaßend,  zu glauben, man könnte sich in Gottes Sohn hinein versetzen. So oder so, sehr schwieriges Thema.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: RaphaelE am 26. Januar 2014, 18:10:12
@Joel: Er soll nichts an der Botschaft der Bibel verändern. Es sollte "lediglich" Jesus magische Fähigkeiten zugestehen und so Situationen beschreiben, die so verschnörkelt undurchsichtig wirkten.
Angefangen hätte mein Prolog mit der Reise der drei Könige und das Ende hätte es mit der Himmelfahrt gefunden. Die ganze Geschichte dazwischen hätte ich so geschrieben, dass Jesus z.B. Heilungen durch die Kraft seiner Magie gewirkt hätte.

@Melenis: Ich hatte am Anfang darüber nachgedacht, ob ich Jesus als Perspektivträger nehmen sollte, oder ob ich Erlebnisse von Anderen Personen aneinanderreihen sollte, die Begegnungen mit ihm hatten. Mir ist jetzt in der Tat Jesus als Protagonist vorgeschwebt. EDIT: Aber ich verstehe deinen Punkt durchaus. Ich könnte mir auch vorstellen, die erste Variante zu nehmen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Fianna am 26. Januar 2014, 18:30:41
Wenn Du ihn nicht als Perseptkivträger nimmst, macht das für mich keinen Sinn.
Magie ist so speziell und persönlich, dass man immer nur aus der Sicht des Magiers erzählen kann; alles andere ist eine bloße Aneinanderreihung von Dingen, die er bewirkt, und das haben wir schon mit dem NT.

Außerdem halte ich die Idee für nicht praktikabel, aus oben genannten Gründen.
Du könntest aber die Idee in ein phantastisches Setting tragen. Was ist Deine Prämisse?
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Joel am 26. Januar 2014, 18:39:48
ZitatAngefangen hätte mein Prolog mit der Reise der drei Könige und das Ende hätte es mit der Himmelfahrt gefunden. Die ganze Geschichte dazwischen hätte ich so geschrieben, dass Jesus z.B. Heilungen durch die Kraft seiner Magie gewirkt hätte.
Achso. Also bleibt die Geschichte gleich, aber es wird eine "Erklärung" für die Taten von Jesus gegeben? Dann frage ich mich aber nach wie vor, was die Aussage des Textes sein soll bzw. die Intention, warum die Geschichte jetzt so erzählt werden sollte.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: RaphaelE am 26. Januar 2014, 18:50:32
@Fianna: Die Erste Variante hätte ich nicht einmal in Erwägung gezogen, aber die Bedenken seitens Melenis sind durchaus begründet. Ich traue mich auch irgendwie nicht, aus der Sicht Jesu zu schreiben.
Das Problem an einem solchen Transfer ist, dass ich mich darauf festgesetzt habe, dass es die Bibelgeschichte sein muss :zombie: . Ich bin ja nicht stur, aber mich davon trennen möchte ich nicht. Es läuft halt darauf hinaus, dass ich die Idee werde fallen lassen müssen.

@Joel: Das ist eine gute Frage. Es wäre eher eine Präsentation eines phantastischen Laufes der Bibelgeschichte geworden. Eine Art Klärung auf die doch relativ mystischen Beschreibungen in der Bibel. Es hätte offene Hintergründe mit phantastischen Elementen stopfen sollen und ein postmodernes Bild der Geschichte zeichnen sollen. Ich mochte es damals nicht, dass die halbe Klasse sich nicht die Mühe gemacht hat, den Sinn des Geschriebenen zu verstehen und stattdessen über dessen Formulierungen gelächelt haben. Ich will kein Sachbuch schreiben, aber ich will auf phantastische Weise klären, warum Formulierungen wie "Jesus berührte ihn und der Mann konnte wieder gehen" durchaus Sinn ergaben. Das hört sich evtl. ein wenig schräg an... :schuldig:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Fianna am 26. Januar 2014, 18:53:49
Ehms... "Lamm Gottes", "unser Heiland" usw sind doch eine existierende Erklärung, die den meisten ausreicht und den anderen schon genug Phantastik enthält...  ??? Falls es gemein klingt, ist das ein Missverständnis, ich bin nur verwirrt.

Und eine Prämisse war das übrigens nicht ;)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Churke am 26. Januar 2014, 18:58:07
Zitat von: RaphaelE am 26. Januar 2014, 17:38:47
Ich möchte mit diesem Projekt die Werte der Bibel nicht verleugnen sondern herauskristallisieren.

Nach der Trinitätslehre sind Gott, Jesus Christus und der heilige Geist identisch. http://de.wikipedia.org/wiki/Wesensgleichheit
Wie kann dann Jesus Christus "Zauberkräfte" haben?

Überhaupt kommst du damit buchstäblich in Teufels Küche, weil, zumindest für die frühen Christen Zauberei immer von dämonischen Mächten (= heidnisch!!!) ausgeht und mit dem Logos unvereinbar ist. Ich erlaube mir, an dieser Stelle auf meinen Aufsatz in der ich glaube vorletzten "Neues aus Anderwelt" über Götter im frühen Christentum hinzuweisen.  ;D

Was dagegen funktionieren könnte, ist, die Bibelgeschichte aus der Perspektive eines heidnischen Chronisten als Abfolge von faulem Zauber zu beschreiben. Da kann dir keiner was vorwerfen, weil der Erzähler (= nicht du  ;D ) eine antichristliche Gegenposition vertritt. Ich denke aber, dass das brutal schwer ist und einen immensen Rechercheaufwand bedingt, damit du ein stimmiges, authentisches Bild abliefern kannst. Ich fürchte allerdings, dass das unterm Strich nicht das ist, was du wolltest...  ::) 
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Coppelia am 26. Januar 2014, 18:59:39
Was hat denn dein Projekt mit historischer Fantasy zu tun? :hmmm: Willst du es als historischen Roman gestalten?

Ich sehe die Sache nicht so kritisch. Wenn du Lust hast, das zu schreiben, warum solltest du es nicht versuchen. Aber ich fürchte auch, dass es schwierig wird, Leser für eine solche Geschichte zu finden. Religiöse Menschen mögen es möglicherweise nicht, wenn biblische Geschichten verändert werden (vielleicht aber auch doch). Nicht religiöse Menschen interessieren sich für das Thema möglicherweise nicht oder hätten lieber eine Parodie oder so etwas.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: RaphaelE am 26. Januar 2014, 19:11:55
Zitat von: Fianna am 26. Januar 2014, 18:53:49Und eine Prämisse war das übrigens nicht ;)
Sorry, kannst du mir kurz sagen, was du genau damit meinst? Kann damit nicht so viel anfangen, wie ich möchte... :zombie:

@Churke: Ich bin ein wenig verwirrt: Im Wikipedia-Artikel steht nirgends, dass Jesus, Gott und der heilige Geist identisch seien. So weit ich das verstanden habe, seien sie lediglich vom Wesen her gleich.

Zitat von: Churke am 26. Januar 2014, 18:58:07Wie kann dann Jesus Christus "Zauberkräfte" haben?
Überhaupt kommst du damit buchstäblich in Teufels Küche, weil, zumindest für die frühen Christen Zauberei immer von dämonischen Mächten (= heidnisch!!!) ausgeht und mit dem Logos unvereinbar ist.
Ups. Da hätten wir gleich mal meinen grössten und wahrscheinlich unüberwindbaren Plotfehler gefunden. ::)

@Coppelia: Oh. Passt diese Idee nicht mal hier rein? :-\
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Coppelia am 26. Januar 2014, 19:13:30
Das habe ich nicht gesagt, die Frage war ernst gemeint. :)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: caity am 26. Januar 2014, 19:18:00
Hallo RaphaelE,

mich erinnert deine Idee ein wenig an eine Reihe, die es leider nur im Englischen gibt: The Wives of King David (http://www.amazon.com/Abigail-Novel-Wives-King-David-ebook/dp/B00336FUEE). Da wird die Lebensgeschichte Davids jeweils aus der Sicht seiner Frauen beschrieben. Diese Form von Romanen, die biblische Geschichten modern wiedererzählt, ist nicht so selten und wird gerade im Englischsprachigen Raum von Christen eigentlich gut angenommen, allerdings hast du natürlich schon noch einmal ein anderes Problem: Wenn du Jesus wirklich als Zauberkünstler darstellst, kannst du dieses Publikum wahrscheinlich eher nicht erreichen. Interessanter und besser annehmbar fände ich es, seine Lebensgeschichte eben aus der Sicht anderer Menschen zu erzählen, die ihn begleitet haben und dadurch Facetten seiner Persönlichkeit darzustellen, gleichzeitig aber auch die Persönlichkeiten der Menschen mit ihm aufzuarbeiten. Dazu gehört aber verdammt viel Bibelwissen und Recherche, da hätte ich zumindest den Anspruch, dass es authentisch wirkt. Ich fände prinzipiell ein solches Projekt eigentlich ganz spannend, aber wie gesagt: Vorsicht! Seine Heilungen z.B. wirklich durch Zauberei zu erklären, fände ich sehr schwierig.

@ Churke:
ZitatÜberhaupt kommst du damit buchstäblich in Teufels Küche, weil, zumindest für die frühen Christen Zauberei immer von dämonischen Mächten (= heidnisch!!!) ausgeht und mit dem Logos unvereinbar ist.

Sorry, dass ich da einhake, aber das ist so nicht ganz korrekt. Ich besuche aktuell ein Seminar zum Thema Magie und forsche darüber intensiver beim Kirchenvater Augustin und zumindest der geht auch von guten Wirkmächten aus, er unterscheidet zwischen dem Guten und dem Bösen und beide haben ihre Kräfte, es ist richtig, dass die Bezeichnung "Zauberei" durch das Dämonische besetzt war, aber insbesondere Jesu Heilungen werden natürlich in den Bereich des Guten gestellt, unsere heutige Vorstellung von Magie und Zauberei (den ich jetzt einfach auch mal RaphaelE unterstellen würde) kann nicht so einfach mit den damaligen Vorstellungen vom Dämonismus gleichgesetzt werden.

Zum Thema: Wesenseinheit der Trinität, wenn ihr das Thema wirklich besprechen wollt, macht ihr ein riesiges Fass auf, das seit der Antike mega kontrovers diskutiert wurde - wollt ihr euch das wirklich antun? ;)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Fianna am 26. Januar 2014, 19:46:02
Zitat von: RaphaelE am 26. Januar 2014, 19:11:55
Sorry, kannst du mir kurz sagen, was du genau damit meinst? Kann damit nicht so viel anfangen, wie ich möchte... :zombie:
Also, eine Prämisse ist "das, worum es in der Geschichte geht". Du kannst ein und dieselbe Geschichte erzählen (faktisch gesehen) und es ist immer etwas Anderes. Deswegen habe ich nach deiner Prämisse gefragt, denn möglicherweise findet sich ja die Möglichkeit, das für Dich Interessante an der Idee in ein anderes Setting zu verpflanzen. Phantastisch geht immer, möglicherweise auch historisch.

Unterschiedliche Prämissen, die man da setzen könnte:

Alle diese Plots beinhalten dieselben Fakten, die auch in der Bibel stehen: der Gott des AT ist rächend und straft unter hohen Verlusten. Jesu Zeugung ist ein bewusster göttlicher Akt. Jesus wächst unter der Römerherrschaft auf und verschwindet aus dem Fokus seiner Mitmenschen. Jesus taucht wieder auf und predigt. Er lehnt jegliche Art von politischer Einmischung ab, interessiert sich  nicht für das diesseitige, sondern für ein jenseitiges Himmelsreich. Verschiedene Gruppen versuchen, ihn auf ihre Seite zu ziehen. Es kommt zu Verrat des Judas, Anklage, Verurteilung und Tod. Dieser Tod wird als spirituelle Opferung verstanden. Jesu fährt in den Himmel auf, seine Jünger verbreiten das Wort und gewinnen an Einfluss. Petrus vertritt am erfolgreichsten eine Auslegung, die diametral im Widerspruch zu anderen Evangelien steht. Diese Evangelien setzen sich nicht durch, geraten in Vergessenheit, es entwickelt sich die Institution Kirche.

Aber erst die Prämisse macht die Fakten zu einer Geschichte. Man kann über eine schwierige Vater-Sohn-Beziehung schreiben, über politische Macht und Machtmissbrauch, über Freundschaft und Verrat, über scheinbare und tatsächliche Liebe – alles mit denselben Zutaten.
Die Prämisse ist gewissermaßen der erste, wichtige Schritt zu einem Rezept für das Ergebnis.


~~~~~~~~~~~~~~~


Daher habe ich nach Deiner Prämisse gefragt, denn je nachdem, auf welchen Aspekt Du Dich fokussieren wolltest, hätte es eine historische oder phantastische Möglichkeit gegeben, diese Geschichte doch zu erzählen (nur eben ohne Jesus, sondern mit einem anderen Protagonisten und einem anderen Schauplatz).
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: traumfängerin am 26. Januar 2014, 20:32:57
Zitat von: Churke am 26. Januar 2014, 18:58:07
Nach der Trinitätslehre sind Gott, Jesus Christus und der heilige Geist identisch. http://de.wikipedia.org/wiki/Wesensgleichheit
Wie kann dann Jesus Christus "Zauberkräfte" haben?

Überhaupt kommst du damit buchstäblich in Teufels Küche, weil, zumindest für die frühen Christen Zauberei immer von dämonischen Mächten (= heidnisch!!!) ausgeht und mit dem Logos unvereinbar ist. Ich erlaube mir, an dieser Stelle auf meinen Aufsatz in der ich glaube vorletzten "Neues aus Anderwelt" über Götter im frühen Christentum hinzuweisen.  ;D

Ich würde das nicht so eng wie Churke sehen. Das Interessante ist nämlich, dass die historisch-kritische Jesusforschung Passagen in der Bibel als dann originär von Jesus stammend ansieht, wenn zwei Kriterien für sie zutreffen: 1. Sie stehen im Widerspruch zum Judentum. 2. Sie stehen im Widerspruch zum frühen Christentum. Die Tatsache, dass für die frühen Christen Zauberei immer mit dämonischen Mächten verbunden ist, würde also nicht unbedingt dagegen sprechen, dass es auch anders gesehen werden kann. Und mal ehrlich, die Erschaffung der Welt, die Überziehung der Welt mit Sintflut oder den ägyptischen Plagen, oder die Verwandlung in eine Taube usw. wirken magisch genug, dass man abseits von jeglicher Glaubensdogmen Gott, Jesus und dem Heiligen Geist Magie zusprechen kann. Man muss auch bedenken, dass die Bibel in einer antiken Welt entstanden ist und viele Geschichten entsprechend der Mythen der sie umgebenden Völker gestaltet wurden. Ganz deutlich ist dies bei der Schöpfung, die parallel zu dem babylonischen Gilgamesch-Epos gestaltet wurde - was jetzt übrigens nicht bedeutet, dass Gott nicht der Schöpfer der Welt ist. Es heißt nur, dass das Volk Israel tradiert hat, Gott ist Schöpfer, als unumstößliche Wahrheit, und die Einzelheiten dieser Wahrheit ähnlich dem Gilgamesch-Epos gestaltet hat - die Einzelheiten, die für die Größe und Allmacht Gottes ehrlich gesagt auch irrelevant sind.
Ähnlich ist es dann auch bei den Wundergeschichten. Die Aussage (sozusagen die Prämisse  ;)), die man mit diesen Wundergeschichten transportieren wollte, war: Jesus ist Gottes Sohn. Und in der die frühen Christen umgebenden Welt gab es nun einmal viele Geschichten von Halbgöttern, die irgendwelche Wundertaten vollbracht haben. Wundergeschichten waren also perfekt dafür geeignet, um deutlich zu machen, dass Jesus Gottes Sohn ist. Das Interessante dabei ist, dass Jesus Heilungsgeschichten nicht immer mit der Heilung endeten. Bei der Heilung des Gelähmten ist es z.B. so, dass Jesus zunächst sagt, deine Sünden sind dir vergeben, womit er sich ganz deutlich von den Heilungsgeschichten der heidnischen Umwelt abhebt - und wodurch das Verhalten von ihm auch über reine Magie hinausgeht.

Zu deinem Ansatz RaphaelE: Ich finde es eine sehr interessante Idee anzunehmen, dass Jesus Magie gehabt hat. Es klingt - für mich als Fantasy-Begeisterte - auch irgendwo logisch. Und ja, es könnte problematisch werden, wenn du diese Geschichte schreibst, allerdings kommt es auch darauf an, wie du das machst. Wenn du ganz klar machst, dass Jesus nicht nur ein magischer Scharlatan war, sondern trotz allem Gottes Sohn, wirst du nur die Hälfte der christlichen Welt gegen dich aufbringen  ;D.
Scherz beiseite, es gibt einige Autoren, die mit einer solchen Thematik recht gut umgegangen sind. Das Buch "Jesus liebt mich" von David Safier ist z.B. auch in frommen Kreisen recht beliebt. Und im Buch "Die Hüterin von Jericho" reist Suzanne Franks Zeitreiseprotagonistin in König Davids Israel, und auch sie schafft es, alles so zu erzählen, dass es mit der Geschichte der Bibel nicht konträr läuft. Natürlich ist dies noch ein wenig schwieriger, wenn man Jesus Magie gebrauchen lässt, aber, wenn du ihn dennoch Gottes Sohn sein lässt und ihn die Magie eben nur im Rahmen der biblischen Geschichten einsetzen lässt, könnte es nur kleine, und keine riesigen Wellen schlagen. Und vielleicht wäre es wirklich einfacher, wenn du nicht aus seiner Perspektive, sondern z.B. aus der Perspektive eines seiner Jünger erzählen würdest. Denn dadurch erlebt man als Leser eben alles nur aus den Augen dieses Jüngers, der alles eben auch falsch interpretiert haben kann, weil er mit seinen antiken Erklärungsmustern an das für ihn unbegreifliche Handeln Jesu herangeht.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Ilargi am 26. Januar 2014, 21:14:33
Kaixo,

also ich habe einige der Post zu deiner Idee gelesen RalphIE und kann diese Kommentare nur unterschreiben, zudem frage ich mich ob man das wirklich als Historischen Roman betrachten kann. Ein Historischer Roman ist in meinen Augen eine Geschichte die tatsächliche Umstände der Historie nehmen und sie in einen anderen Kontext einbinden oder um ein fantastisches Element erweitern, das Problem bei der Bibel wäre, das darin bereits einige fantastische Elemente eingebaut wurden (sprich "Wunder") zum beispiel der Blinde der wieder sehen kann, der wiederauferstandende Tote, der unheilbare Kranke der wieder gesundet, die jungfräuliche Empfängnis, Jonahs Reise im Wal, die Sinflut, etc.

In meinen Augen ist die Bibel bereits hart an der Grenze zum Fantasy-Schmöcker, ist nun mal meine Meinung.

Außerdem ist die Bibel ein ziemlicher Brocken, wenn du das alles neu schreiben willst wärest du Jahrzehnte damit beschäftigt und sich nur Jesus als prominentes Beispiel rauszusuchen wäre schlecht, da die Handlungen aus dem alten Testament auswirkungen auf die im Neuen Testament haben. Wenn du also eine Neuschreibung der Bibel machen würdest, die davon ausgeht das Jesus magische Kräfte hat, dann kannst du nicht einfach im Neuen Testament anfangen, denn du musst auf Johannes den Täufer eingehen, den Sündenfall und die Erbsünde (der Grund warum Jesus am Kreuz gestorben ist, sehr wichtig und ganz am Anfang dieses Buches  ;D ) die Sinflut, Moses und den Auszug der Israeliten aus Ägypten, die Davids Geschichte, etc. Es gibt eine ganze Menge was du da einbinden musst, was du da planst wäre kein Roman, das wäre eine Roman-Reihe und eine überaus komplizierte noch dazu. Lies das Buch und hinterfrag es mal, dann weißt du was ich meine.

Des weiteren: Einen Roman mit einem Halbgott mit magischen Kräften zu schreiben ist grundsätzlich keine schlechte Idee, nur würde ich dir raten die Bibel vielleicht in ein oder zwei erkennbaren Zügen zu verwenden und dich nicht auf sie zu beziehen, weil ich glaube das es keine gute Idee wäre das gesamte Buch in seiner Komplexität zu verwenden. Die "Autoren" hatten mehr als hundert Jahre Zeit das Zeug niederzuschreiben, du willst dir dafür vermutlich nicht soviel Zeit nehmen. ;)

Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 27. Januar 2014, 11:59:06
Da stimme ich Ilargi voll und ganz zu. Das ist alles viel zu sehr ineinander verschachtelt, um es aufzudröseln und zu einer Geschichte mit normaler Romanlänge zu machen. Was man machen kann ist, wie bei "Jesus liebt mich" einige Motive aus der Bibel zu nehmen und in eine neue Geschichte einzubauen. Es gibt ja auch etliche Romane über Engel, in denen die Erzengel oder gefallene Engel auftauchen, biblische Motive finden sich in vielen Romanen. Wenn man das mit genügend Respekt behandelt, sehe ich kein Problem Motive aus der Bibel im Roman zu verwenden. Das Problem bei der Idee sehe ich auch eher darin, wie du das im Endeffekt umsetzen willst. Wie entscheidet man, was ausgelassen wird und was wichtig ist für die Handlung? Wie geht man sicher, dass man am Ende nichts falsch deutet?

Ich denke, wenn du das wirklich machen willst, ist das kein Projekt für nebenbei. Du müsstest dich mit der Bibel ganz stark auseinandersetzen. Sie nicht nur lesen, wie Ilargi schon sagte, sondern auch unbedingt zwischen den Zeilen lesen, deuten, schauen, wo verschiedene Leute verschiedene Ansichten zu haben. Und dann gibt es da die ganzen mittlerweile als falsch anerkannten Deutungen, massenweise Übersetzungsfehler, Unterschiede zwischen verschiedenen Ausgaben, das Wissen, dass einige hohe Leute damals, als nur Menschen mit Lateinkenntnissen in der Bibel lesen konnten, durchaus das ein oder andere umgeschrieben haben. Du müsstest also sehr viel entscheiden und selbst deuten.

"Den Inhalt und die Werte der Bibel unverändert beibehalten" gibt es da nicht, weil die Bibel so an sich nicht bloß eindeutige Werte und Inhalte hat. Du wirst immer selbst interpretieren müssen, entscheiden müssen, welcher Deutung du glaubst und schauen müssen, ob du eine alte Übersetzung beibehältst oder den Fehler sozusagen aufdeckst und schaust, die richtigere Übersetzung zu benutzen (hat meistens einen großen Bedeutungsunterschied). Und wenn man so viel selbst deuten muss, wird es immer Leser geben, die einem das als "falsch" oder engstirnig oder sogar blasphemisch auslegen. Wenn du es nur für dich zwischendurch schreiben willst, kannst du natürlich eh alles machen, aber, wenn du es für Leser schreiben willst, wird das massenhaft Arbeit. 
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Churke am 27. Januar 2014, 12:41:01
Zitat von: caity am 26. Januar 2014, 19:18:00
@ Churke:
Sorry, dass ich da einhake, aber das ist so nicht ganz korrekt. Ich besuche aktuell ein Seminar zum Thema Magie und forsche darüber intensiver beim Kirchenvater Augustin und zumindest der geht auch von guten Wirkmächten aus, er unterscheidet zwischen dem Guten und dem Bösen und beide haben ihre Kräfte,
In  einem meiner Historischen widme ich daher eine halbe Seite dem Unterschied zwischen dem christlichen Wunder der Totenerweckung und dem dämonischen Zauberwerk der Totenbelebung.  ;D Wichtig ist auf jeden Fall, dass man sich über den Unterschied bewusst ist.
Da bestand auf jeden Fall eine scharfe Trennlinie. Zauberer sind solche Scharlatane wie Simon Magus, der sich auf dem Forum durch Zauberei in die Luft erhebt, bis Petrus ein Gebet spricht.

Zitat
Zum Thema: Wesenseinheit der Trinität, wenn ihr das Thema wirklich besprechen wollt, macht ihr ein riesiges Fass auf, das seit der Antike mega kontrovers diskutiert wurde - wollt ihr euch das wirklich antun? ;)
Nein, lieber nicht. Daran sind schon Konzile gescheitert.  ::)

Zitat von: Kati am 27. Januar 2014, 11:59:06
Das ist alles viel zu sehr ineinander verschachtelt, um es aufzudröseln und zu einer Geschichte mit normaler Romanlänge zu machen.
Der Inhalt aller 4 Evangelien passt wahrscheinlich in eine Kurzgeschichte. Aber was man daraus macht, das ist die Frage....  :hmmm:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: RaphaelE am 27. Januar 2014, 13:03:27
Zitat von: Kati am 27. Januar 2014, 11:59:06[...]die ganzen mittlerweile als falsch anerkannten Deutungen, massenweise Übersetzungsfehler, Unterschiede zwischen verschiedenen Ausgaben,[...]
Oh ja. Zum Beispiel die Tatsache, dass Eva nicht aus einer Rippe Adams geschaffen wurde. Soweit ich weiss, ist das genau so ein Übersetzungsfehler. Aus dem Aramäischen wurde das Wort falsch übersetzt: Aus "Grat" für "Grenze" oder "Begrenzung" bis zu "Rippe". Demnach wurde die Frau als Begrenzung des ungestümen und ungeduldigen Wesens des Mannes erschaffen. Es gab in der Vergangenheit(à la Mittelalter) ja viele Debatten darüber, warum Frauen anscheinend niederer seien als Männer. Da frage ich mich immer, wie sie sich das zurechtbogen: Wie kann die Frau niederer sein als der Mann, wenn sie aus des Adams Rippe geschaffen worden wäre(damals war man sich des Übersetzungsfehlers ja nicht bewusst)? Das ist ja eigentlich nichts weiter als peinliches(männliches) Verstecken von der Realität. An Widersprüche zu glauben oder sie mit blossem Willen nicht wahrnehmen zu wollen schien damals in Mode gewesen zu sein.
Pfannt mich, wenn ich was Falsches von mir gebe(gilt auch für spätere Posts)... :pfanne:

PS: Ich werde auf die einzelnen Beiträge später noch eingehen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 27. Januar 2014, 13:30:04
Es ist immer noch in Mode, sich die Bibel so auszulegen, wie man möchte, um andere Menschen als niederer oder generell als blöd darzustellen.  :psssst: :weglauf: Aber ja, es gibt einige Beispiele für Übersetzungsfehler. Der mir bekannteste ist, dass "Satan" an sich im Hebräischen nur für "Feind" steht. Also, wie es aussieht war das nie als Bezeichnung für ein einzelnes Wesen gedacht, sondern ist tatsächlich einfach eine Bezeichnung für einen Gegner. Und in der Übersetzung (namentlich in der King-James-Version. Wie das bei deutschen Übersetzungen ist, weiß ich gar nicht.) werden dem bestimmten Satan dadurch Taten angehaftet, die im Original bloß irgendein anderer beliebiger Feind begeht, weil das Wort einfach als Eigenname übernommen wurde und nicht übersetzt. Da müsste man halt genau gucken, wo das im Kontext richtig und falsch übersetzt wurde und wo wirklich der eine gemeint ist, und wo eigentlich nur irgendwer, der als Gegenspieler bezeichnet wird und ob das wirklich einen Unterschied macht.

ZitatDer Inhalt aller 4 Evangelien passt wahrscheinlich in eine Kurzgeschichte. Aber was man daraus macht, das ist die Frage....  :hmmm:

Jepp. Man muss nur gucken: Was lässt man raus, was lässt man drin und welche Wirkung erziehlt man damit. Es gibt ja verschiedene Geschichten, die vielleicht für den Verlauf der großen Handlung nicht so wichtig sind, aber je nachdem welche dieser Geschichten ich nacherzähle und welche ich unter den Tisch fallen lasse, erziele ich eine ganz andere Wirkung und natürlich ein anderes Gesamtbild mit einer anderen Aussage. Da kann man viel mit machen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Fianna am 27. Januar 2014, 14:20:01
Meine feministische Religionslehrerin sah in Ester ein so tolles Beispiel starker und einflußreicher Frauen... als ich das im Rahmen meiner Facharbeit mal durchging, sah ich das ganz anders, weil im Prinzip Ester immer nur von einem Mann gesagt wird "Mach dies!" und sie sagt "Ja."
Nicht gerade eine starke Figur.
Ich glaube, ich hatte nur den Benjaminitischen Krieg als alttestamentliches Beispiel, und da hab ich das Buch auch mal zwischendurch an die Wand geworfen. Das ist auch hervorragend durchdacht *Ironie*
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Pygmalion am 28. Januar 2014, 15:02:16
@Kati:
Das mit Satan stimmt so nicht, glaube ich. Es ist kein wirklicher Übersetzungsfehler, sondern eine Veränderung des Konzepts dieses "Feindes, Gegners, Anklägers". Die Übersetzung ist, soweit ich weiß, richtig und symbolisiert eben den Wandel von einem allgemeinen Posten des Begriffs Satan im Judentum (der da aber auch religös und tendenziell mit dem "Bösen" belegt war) zu einer Personifizierung im Christentum. Satan gibts auch im Islam.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: canis lupus niger am 28. Januar 2014, 15:50:41
Zitat von: Kati am 27. Januar 2014, 13:30:04
Es ist immer noch in Mode, sich die Bibel so auszulegen, wie man möchte, um andere Menschen als niederer oder generell als blöd darzustellen. 
(...)
Jepp. Man muss nur gucken: Was lässt man raus, was lässt man drin und welche Wirkung erziehlt man damit. Es gibt ja verschiedene Geschichten, die vielleicht für den Verlauf der großen Handlung nicht so wichtig sind, aber je nachdem welche dieser Geschichten ich nacherzähle und welche ich unter den Tisch fallen lasse, erziele ich eine ganz andere Wirkung und natürlich ein anderes Gesamtbild mit einer anderen Aussage. Da kann man viel mit machen.

Mit großen Augen habe ich vor einiger Zeit die Bücher von Michael Baigent und seinen Partnern gelesen, aus denen sich Dan Brown die Grundlage für seinen Roman "Sakrileg" geholt hat.
Danach (und inzwischen aus wissenschaftlichen Quellen bestätigt) gab es in der Tat nicht nur die vier Evangelien, die wir aus dem neuen Testament kennen, sondern so um die dreißig. Da haben die Autoren der christlichen Bibel also reichlich Material gehabt, ihren Schäflein das richtige Futter auszuwählen und das falsche wegzulassen. Zum Beispiel das, in dem von Maria als der Gefährtin (im damaligen jüdischen Sprachgebrauch = Ehefrau) von Jesus die Rede war, dass er sie allen anderen Jüngern vorzog und oft auf den Mund küsste. Das passte einfach nicht in das Bild des asexuellen, gottähnlichen Gottessohnes, den die römischen Kirchenoberen für angemessen hielten, sowie der untergeordneten Rolle der Frauen in den christlichen Gemeinden. Einer der frühen Kirchenoberen (den Namen weiß ich nicht mehr, müsste nachschlagen. Irenäus von ...?) hat sich ja sogar mal ausdrücklich entsprechend geäußert: Es gäbe allerhand Dokumente, deren Kenntnis für die gewöhnlichen Gläubigen nicht  ratsam wäre. Es sei Aufgabe der Kirche, die richtige Auswahl zu treffen. Deutlicher geht es nicht, oder? Entsprechend wurden alle nichtrömischen, frühchristlichen Gemeinden dann auch nach Möglichkeit entweder assimiliert oder vernichtet, so dass eine katholische, sprich: einheitliche christliche Kirche entstehen konnte.

Eine Forschungseinrichtung, die die Katholische Kirche im späten 19. Jahrhundert gründete, um die tatsächlichen, realen Hintergründe der Bibel aufzudecken und damit die Echtheit ihrer historischen Aussagen zu belegen, wurde schon nach wenigen Jahren wieder geschlossen, die Arbeiten dieser Gruppe unter Zensur gestellt und die Mitglieder unter Androhung der Exkommunikation zum Schweigen verdonnert. Offenbar waren die Forscher zu den falschen Ergebnissen gekommen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Fianna am 28. Januar 2014, 16:12:38
Der Film Stigma paraphrasiert ja auch das Thomasevangelium und vergleichbare Quellen ("Nimm in Stein, und ich bin da"), die natürlich ebenfalls für Gläubige ungeeignet waren, weil sie die Kurche als Ort des Gebets und die Priester als Mittler überflüssug machen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: canis lupus niger am 28. Januar 2014, 16:17:43
Und dabei sind gerade solche Passagen sogar für einen so wenig reiligiösen Menschen wie mich lesenswert. Weil sie nicht so entsetzlich stilisiert sind, sondern von Menschen erzählen, die ihre Überzeugung gelebt haben und zu vermitteln versuchten.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 28. Januar 2014, 17:17:33
Pygmalion: Das mag später so gekommen sein. Aber zur Zeit der Übersetzung der King-James-Version war das eine Übernahme eines Wortes, das zu dieser Zeit eigentlich noch eine andere Bedeutung hatte. Ein richtiger Übersetzungsfehler ist es eh nicht, schließlich wurde ja nichts übersetzt, und darin liegt ja das "Problem". Die Figur des Teufels gab es vorher auch schon, das ist klar, aber man kann sich halt nicht sicher sein, ob mit jedem Satan wirklich der Teufel gemeint ist. Im Judentum hat Satan übrigens ganz lange Zeit überhaupt keine Rolle gespielt und es gab eben, wie gesagt, mehr als einen. Dass daraus dann ein bestimmter geworden ist, ist eine Entwicklung über die Jahrhunderte, die viel damit zu tun hat, dass das Christentum die Bedeutung des Begriffes "Satan" für jegliche Ankläger (meist Engel) nicht akzeptiert hat und daraus ein einzelnes Wesen gemacht hat. In alten englischen Übersetzungen wird "ha-satan" auch tatsächlich noch als Ankläger oder Gegner übersetzt. Später, bei King James, in vielen Fällen nicht mehr, da taucht es dann als Eigenname auf.

An sich ist die Personifizierung des Begriffes eine Veränderung, die so am Anfang nicht vorgesehen war. Das ist doch genau das, worauf ich hinaus möchte: Die Bibel wird heute komplett anders gelesen als zur Entstehung der King-James-Bible und wieder ganz anders, als sie wohl irgendwann mal gemeint war. Deshalb und weil es eine ganze Reihe Übersetzungsfehler gibt, deren falsche Bedeutung sich in der Religion fest gefressen haben, kann man über die Bibel nicht wertfrei schreiben. Man muss immer deuten, schauen, welche Auslegung man für sich am Sinnvollsten findet und dann entscheiden, wie man die einzelnen Sachen darstellt. (Dazu muss ich halt sagen, dass ich von der Geschichte der deutschen Übersetzungen keinen blassen Schimmer habe und es interessant wäre, wie die aussehen und welche Version genau übersetzt wurde, also mit welcher Fassung die Übersetzer gearbeitet haben. Ich weiß nicht mal, wie das in der Lutherbibel ist.)

Canis: Ganz genau. Es gibt einige inoffizielle Bibelbestandteile, die nicht zur eigentlichen Bibel gezählt werden. Deshalb ist es halt so schwer die Werte der Bibel bestimmen zu wollen, weil sie so oft bearbeitet und verändert wurde und eben Menschen mit ganz bestimmten Motiven ausgesucht haben, was jetzt wirklich zur Bibel gehören darf und was nicht.

Wir sind jetzt ganz schön off-topic hier.  :versteck:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Fianna am 28. Januar 2014, 22:34:03
Das habe ich mir auch gedacht... Am besten wäre vermutlich, ein Mod trennt es ab zu "Autoren helfen Autoren", da passt es doch gut hin.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: RaphaelE am 01. Februar 2014, 12:48:28
So. Nach mehrmaligem Darüber-Schlafen habe ich mich dazu entschieden, diese Idee zu verwerfen. Es gibt einfach schon zu viele Werke in diesem Bereich, derer meine Idee zu nahe wäre, als dass es sich lohnen würde, sich selbst so ein Projekt aufzuzwingen. Es gäbe halt einfach zu wenige Unterschiede, die mein Werk von den Anderen abheben würde.
Ich habe die "Bibel nach Biff" zwar nicht gelesen, aber ein/zwei Szenen kenne ich schon. Zum Beispiel die, in der Jesus eine tote Eidechse in den Mund nimmt und wiederbelebt. ;D

Ich danke euch allen, dass ihr mir mit so viel Rat geholfen habt. :jau:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: absinthefreund am 11. Februar 2014, 13:16:16
Zitat von: RaphaelE am 01. Februar 2014, 12:48:28
So. Nach mehrmaligem Darüber-Schlafen habe ich mich dazu entschieden, diese Idee zu verwerfen. Es gibt einfach schon zu viele Werke in diesem Bereich, derer meine Idee zu nahe wäre, als dass es sich lohnen würde, sich selbst so ein Projekt aufzuzwingen. Es gäbe halt einfach zu wenige Unterschiede, die mein Werk von den Anderen abheben würde.

Falls du irgendwann doch wieder zu der Idee (oder einer ähnlichen) zurückfindest, lass dich nicht davon abschrecken, dass du die gesamte Christenheit gegen dich aufbringen würdest, wenn du die Geschichte Jesu neu interpretierst. Das ist - wie ja schon an Beispielen gezeigt wurde - zigfach geschehen und es wird immer wieder geschehen. Die Bibel, so wie alle religiösen und mythologischen Schriften, ist ein immens spannendes und vielschichtiges Ding, das sich von unendlich vielen Standpunkten aus betrachten lässt. Als Autor sind einem bei Tabus und kontroversen Themen nicht die Hände gebunden, sonst könnte man es auch sein lassen, zu schreiben.
Vielleicht könnte dich der Roman "Das letzte Testament der Heiligen Schrift"  (http://haffmans-tolkemitt.de/programm/james-frey-das-letzte-testament-der-heiligen-schrift) von James Frey interessieren. Darin erzählt der Autor vom Messias, der im New York unserer Gegenwart wieder auftaucht. Ich finde die Idee faszinierend. Die Geschichte wird übrigens auch aus der Perspektive aller möglichen Leute geschrieben, die dem Messias begegnen. Es ist zwar keine Fantasy, aber man kriegt durch die moderne Erzählform einen schönen Eindruck, wie Jesus Menschlichkeit hätte aussehen können.

(Ja, Mensch, das Thema ist mega-off-topic. Ein eigener Thread wäre bestimmt nicht schlecht. Vielleicht haben ja auch noch andere Leute Interesse an der Diskussion.)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 20. Mai 2014, 13:26:11
Hallo Zusammen!
Gestern Abend fragte ich meinen Mann etwas bezüglich meiner zweiten Odenwald-Novelle (historical fantasy). Er machte nur große Augen und meinte: Dafür hast du doch den Tintenzirkel.
Also dann:
Wie schon erwähnt spielt die Geschichte im noch mittelalterlichen Städten Höchst im Odenwald. Drei Charaktere sind gerade auf der Jagt in den nahegelegenen Wäldern. Dort geschieht ein Unglück und jemand stürzt in eine Schlucht.
Hierzu hätte ich gerne Eure Meinung.
Ist es für Euch möglich bei Historical Fantasy neben den realen Orten und Gegebenheiten in einen nahen Wald eine Schlucht zu "zaubern"?
Es gibt zwar dort eine Schlucht, diese ist aber erst vor ca. 180 Jahren entstanden und die Möglichkeit in den Tod zu stürzten hat man dort nicht  ;)
In meinem Großprojekt habe ich neben realen Orten wie Mainz auch eine fiktive Stadt. ist ja eigentlich das Gleiche mit der Schlucht oder?
So ihr Lieben, wie seht ihr das?

Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Hanni am 20. Mai 2014, 13:42:45
Hallo Drachenfeder!
Das ist wirklich keine einfache Frage. Ich finde aber, wenn man historical fantasy schreibt, hat man durchaus Freiheiten, die man in einem streng historischen Roman nicht hat. Bei letzterem fände ich eine solche Erfindung nicht gut, denn von einem historischen Roman erwarte ich, dass er die damalige Welt so darstellt, wie sie (nach unserem Wissen) gewesen ist. Von einem Fantasy-Roman erwarte ich das nicht. Du baust ja ohnehin Elemente ein, die es nicht gegeben hat, und ich finde, das kann auch auf die Landschaft ausgeweitet werden.
Ist aber, wie gesagt, ein schwieriges Thema und es gibt sicherlich Leute, die das anders sehen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Moni am 20. Mai 2014, 14:41:58
Ich glaube, ich würde es einfach machen.  8) Kommt natürlich drauf an, wie genau und übereinstimmend die erste Novelle in Bezug auf Landschaft und historische Ereignisse ist. Aber im Prinzip empfinde ich bei Historical Fantasy nicht so den Zwang, mich allen tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen.

Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: pink_paulchen am 20. Mai 2014, 14:44:24
Aber zum zu Tode stürzen benötigt man ja nicht zwingend eine wirklich tiefe Schlucht? Könnte er nicht auch an einem kleinen Abhang ganz unglücklich stürzen und dabei mit dem Kopf auf einen Stein schlagen? Dann wäre man der Schlucht aus dem Weg gegangen und alles wäre sauber? (Operation gelungen, Patient tot)
Wer frech ist schreibt dann: "... das geschah perfiderweise an einer Stelle, die viele Jahre später als xy-Schlucht bekannt werden würde." ;)
Alternativ würde mich auch eine fiktive Schlucht überhaupt nicht stören. Da bin ich aber kein Maßstab, weil historische Ungenauigkeit mir mangels Geschichtswissen nur auffällt, wenn sie sich sehr anstrengt.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Berjosa am 20. Mai 2014, 15:00:12
Hm, in meinen Augen sieht die Sache mit dem frei erfundenen Ort bei Mainz etwas anders aus als mit der Schlucht.

Die Schlucht gibt's ja wirklich, und außer den Leuten, die das einfach so akzeptieren, gibt es bestimmt auch etliche, die wissen, wann und wie das Ding da hingekommen ist.
Ich halte es für einigermaßen wahrscheinlich, dass da jemand einen "Recherchefehler" anmeckert, egal, ob Fantasy draufsteht oder nicht. Je nachdem, wie sehr dich so eine Meckerei belastet oder nicht, ist die Variante von pink_paulchen vielleicht vorzuziehen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Churke am 20. Mai 2014, 17:22:18
Ich halte das eigentlich nicht für eine Frage historischer Fantasy.
Ich sehe das mehr in Richtung "erfundene Straße" oder "erfundene Stadt", die stellvertretend für etwas Reales sein soll.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: heroine am 20. Mai 2014, 17:35:00
Besteht denn die Möglichkeit die Schlucht abhängig von den Fantasyelementen zu machen (z.B. nur für Leute mit Sehergabe zugänglich, abhängig von Ritualen oder Konstellationen o.ä.)?

Dich scheint es ja selbst irgendwie zu stören, dass Du die Schlucht da einbaust obwohl, sie da noch nicht existent war. Wie auch schon gesagt wurde, man macht sich bei historischen Geschichten immer sehr viel Mühe mit der Recherche und dann wider besseren Wissens landschaftliche Veränderungen einzubauen schwächt ja auch die ganzen anderen Fakten ab bei denen man sich keine Freiheiten erlaubt hat.

Zur Beruhigung mich würde es wohl nicht stören. Die Frage ist aber wie sieht es bei Deiner Zielgruppe aus? Hast Du einen Fanclub in der Region, der auch sehr interessiert an der regionalen Geschichte ist und willst Du hauptsächlich in der Region vermarkten oder ist die Zielgruppe bundesweit so gestreut, dass den Graben höchstens jeder hundertste Leser überhaupt kennt?
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Pygmalion am 20. Mai 2014, 17:55:00
Muss es denn unbedingt DIE Schlucht sein?
Ich meine, der Odenwald ist ein Mittelgebirge, da wirds doch wohl Erhebungen und kleinere Schluchten zu hauf geben? Wiki spuckt zumindest auch die Margarethenschlucht aus, die scheint älter als 180 Jahre zu sein. Vergleichbare Flusstäler wird es doch auch anderswo geben?
Wenn der Waldspaziergang nicht exakt verortet ist, wird wohl kaum einer hingehen und sagen: "Nun hör mal, die Schlucht ist aber 100m" weiter im Osten.
Ansonsten werfe ich statt einer Schlucht mal noch Steilhänge oder Geröllhalden in den Raum, von denen kann man sicher auch gut abstürzen, wenn man zusammen mit der erodierten Halde in Bewegung gerät.
Oder alte Steinbrüche. Wird es dort, sofern Stein vorhanden, auch im Mittelalter gegeben haben.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Drachenfeder am 20. Mai 2014, 18:22:02
Danke für Eure Antworten.

Es muss nicht unbedingt "DIE" Schlucht sein, aber es muss schon in den Wäldern irgendwo um Höchst herum geschehen, da meine Figuren ja zu Fuß unterwegs sind und alles innerhalb weniger Tage geschieht.

Die Idee von Heroine, die Schlucht nur Sehern zugänglich zu machen, geht leider nicht, da so viel Phantastik dann doch nicht in der Novelle vorhanden ist.
Ich hatte diese Idee - Tod durch Sturz in eine Schlucht - schon länger und habe dann erst erfahren, dass es dort diese Obrunnschlucht gibt, welche aber noch sehr jung ist. Abgesehen davon, kann man dort nicht wirklich zu Tode stürzen.

Etwas Regionales soll es nicht wirklich werden. Ich habe den Odenwald nur gewählt, da ich ihn sehr schön finde, mich dort einigermaßen auskenne und zu Recherchezwecken mal hinfahren kann (Zumindest bevor mein Zwerg auf die Welt kam).

Vielleicht ist es wirklich besser es so zu machen, wie Pink Paulchen geschrieben hat. Obwohl ... naja ... Ich hab diese Szene schon geschrieben und sie ist so, wie sie ist perfekt. Oder ich nenne es einfach Abgrund anstatt Schlucht und lasse die Charaktere nach Westen anstatt nach Osten in den Wald laufen?

Zitat von: Moni am 20. Mai 2014, 14:41:58
Ich glaube, ich würde es einfach machen.  8) Kommt natürlich drauf an, wie genau und übereinstimmend die erste Novelle in Bezug auf Landschaft und historische Ereignisse ist. Aber im Prinzip empfinde ich bei Historical Fantasy nicht so den Zwang, mich allen tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen.

Die erste Novelle war in Bezug auf das Dorf sehr genau. War damals vor Ort und habe mir alles genau aufgeschrieben, wo etwas ist. Wobei es da auch ein paar Sachen gab, bei denen ich nicht weiß, ob es sie damals gab (z.B. der erfundene "Knast" im Keller der Kirche) Ansonsten hat das Dörfchen nicht die bewegende Vergangenheit ;)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 21. Mai 2014, 13:03:20
Ich möchte mal anmerken, dass Historical Fantasy kein Freischein ist, historische Fakten zu verbiegen, wie man gerade lustig ist. Auch historische Fantasy ist ein historischer Roman und sollte bis auf dazugedichtete phantastische Elemente eben historisch korrekt bleiben. Wir hatten letztens den Fall, ob man eine historisch belegte Figur einfach zehn Jahre vorher umbringen darf, weil es ja historische Fantasy ist und somit eh nicht "echt", aber ich denke wirklich nein. Fantasy in dem Sinne schließt ja nicht aus, dass man den bekannten Geschichtsverlauf einhalten kann, man dichtet nur eben etwas hinzu, das nebenbei passiert ist und keinen Weg in die Geschichtsschreibung gefunden hat. Also: Etwas ändern: Nein. Etwas dazu erfinden: Ja. Ein Dorf, eine kleine Stadt und eine Schlucht halte ich für kein Problem. Gib der Schlucht einfach einen Namen, der zu den anderen Namen in der Gegend passt und dann sollte den meisten Lesern beim Suchen klar werden, dass du dir die Schlucht bewusst ausgedacht hast, und es kein Recherchefehler ist.  ;)

Das ist so ein bisschen wie die Unterscheidung zwischen Realismus und Logik, die manche bei Fantasy nicht hinbekommen. Realistisch muss Fantasy nicht sein, aber logisch in ihrem eigenen Kontext. Und historische Fantasy muss auch nicht realistisch sein, sollte aber trotzdem weitesgehend historisch korrekt bleiben. Es sei denn, man schreibt alternative Geschichte. Aber nur, weil da eine neue Schlucht ist oder eine historisch belegte Person zehn Jahre früher stirbt, ist etwas ja auch nicht gleich "Alternative Geschichte", dafür muss der verbogene Geschichtsverlauf schon etwas prominenter sein und für die Handlung wirklich wichtig und ausschlaggebend. Ich bin bei sowas immer ein großer Fan vom Nachwort, wo zum Beispiel erzählt wird, dass eine Schlucht ausgedacht ist. Wenn man Geschichte wirklich ändern muss, weil sonst die Handlung nicht aufgeht (selten der Fall, denke ich), kann man das im Nachwort auch unterbringen und hoffen, die Leser können das nachvollziehen. Ansonsten mag ich es überhaupt nicht, wenn zum Beispiel Queen Victorias Tod zwei Jahre vorverlegt wird, damit man ihn im Roman noch drin hat, da hilft auch kein Nachwort mehr. Es sei denn, es ist eindeutig alternative Geschichte oder spielt in einer Parallelwelt, die an die Geschichte angelehnt ist.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Churke am 21. Mai 2014, 15:41:19
Zitat von: Kati am 21. Mai 2014, 13:03:20
Ich möchte mal anmerken, dass Historical Fantasy kein Freischein ist, historische Fakten zu verbiegen, wie man gerade lustig ist. Auch historische Fantasy ist ein historischer Roman und sollte bis auf dazugedichtete phantastische Elemente eben historisch korrekt bleiben.

Warum? Wer sagt das?
Was an einem Roman echt und was erfunden ist, hängt davon ab, was der Dichter damit bezweckt. Diskussionen um Genre-Regeln helfen m.E. nicht weiter.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: canis lupus niger am 21. Mai 2014, 21:39:37
Ohne jetzt eine Grundsatzdiskussion hervorrufen oder durch Teilnahme anheizen zu wollen, würde ich gerne meine persönliche Sicht und Handhabung dieser "Regel" vorstellen wollen. Vielleicht kann das ja sogar zu einem Konsens führen, der allen akzeptabel erscheint.

Ich denke nämlich, dass, wenn man reale historische Fakten nennt, man sie auch unangetastet lassen sollte. Wenn man aber an irgendeinem Punkt beginnt, von der realen Historie abzuweichen, indem man z.B. durch ein fiktives pseudohistorisches Ereignis [Das Dritte Reich hat den zweiten Weltkrieg gewonnen und die gesamte westliche Welt unterworfen.] [Die katholische Kirche hat alle Reformationen niedergeschlagen und die Inquisition bestimmt sämtliche Aspekte des Lebens.] [Julius Cäsar wurde nicht ermordet und das Römische Reich beherrscht die ganze Welt] [Hexerei gibt es wirklich und alles was wir jetzt für Aberglauben halten, hat sich als real herausgestellt] eine Parallel-Realität entwickelt, dann ist man innerhalb dieser neuen, selbst geschaffenen Prämissen frei, wie in jedem anderen Fantasy-Roman auch. Das kann dann auch darin bestehen, dass man reale Personen der geschichte in der neu geschaffenen Parallel-Realität früher sterben lässt. Entscheident ist, dass sich irgendwo die Hosenbeine der Zeit (Ich bitte ergebenst um Verzeihung wegen des geistigen Diebstahls, oh großer Terry Pratchett! :engel:) teilen, und dass der Autor das irgendwann erkennbar macht. Orginal und "Fälschung" müssen unterscheidbar sein, wenigstens rückwirkend.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Romy am 21. Mai 2014, 23:34:30
@ Canis: Das was Du beschreibst ist "Alternative Geschichte". Das ist noch einmal ein anderes Subgenre als Historische Fantasy. Kati schrieb oben ja auch schon, dass sie da einen Unterschied sieht, wobei ich ihr zustimmen würde.

Was die Sache mit der erfundenen Schlucht angeht: Ich sehe da kein Problem und hätte ebensowenig Skrupel eine Schlucht zu erfinden, wie eine Stadt. Die Geografie zu verändern halte ich für verzeihlich, es kann dafür ja auch gute Gründe geben. Beispielsweise erfindet man eine Stadt, weil man absichtlich keine Reale verwenden will. Nicht unbedingt aus Faulheit des Autors, sondern weil es vielleicht tatsächlich keine Reale gibt, die alle Anforderungen erfüllt, die die Geschichte stellt.
Eine reale historische Person früher (oder später) sterben zu lassen, als es in Wahrheit der Fall war, ist m.M.n. schon eine etwas andere Liga. In historischer Fantasy würde ich das nicht machen, bei Alternativer Geschichte wäre es okay. Beides zu mischen erscheint mir ziemlich chaotisch, ich persönlich würde das nicht machen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Guddy am 22. Mai 2014, 01:19:59
Ich persönlich sehe das absolut nicht eng. Sobald "Fantasy" draufsteht, erwarte ich keine akurate Historie. Um ehrlich zu sein erwarte ich das nichteinmal bei "normal" historischen Werken. Es ist und bleibt Fiktion.
Viele bspw. bemängeln die Serie "Vikings" - mir ist es egal, solange ich unterhalten werde. Trotz Archäologiestudium. Ich erkenne Fehler, Umdichtungen und dergleichen durchaus. Nur sehe ich das nicht so streng.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Mogylein am 22. Mai 2014, 02:01:14
Also ehrlich gesagt wäre mir eine dazuerfundene Schlucht nicht so lieb... Ich kann es akzeptieren, wenn es ein Dorf/eine Stadt ist, weil ich dann denke, dass man diese Ereignisse keiner echten Stadt zuschreiben möchte. Aber die Geographie ist historisch belegt und ohne fantastischen Grund sehe ich nicht, warum an einer Stelle plötzlich eine Schlucht sein sollte wo keine ist?
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Zit am 22. Mai 2014, 02:11:32
Ich stimme da Mogy zu. Eine Schlucht hinzu zu dichten ist keine Kleinigkeit. Ich könnte damit leben, wenn der (spätere) Name der Schlucht in Gefahr gerät wie in Zurück in die Zukunft 3, aber die Schlucht sollte schon tatsächlich existieren. Die ist ja jetzt nichts, was von Menschenhand geschaffen ist, sondern ein Ergebnis "gottgegebener" Naturereignisse.
Davon abgesehen, lege ich an ein historisches Setting eben straffe Maßstäbe. Dass es auch fantastisch ist, sehe ich in fantastischen Elementen wie Vampire, Magie, Parallelwelten, etc. und nicht darin, dass der Autor sich die Welt so zurecht legt wie er sie gern hätte. Dann kann es auch eine andere Form von Roman sein, nur kein historischer.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Aphelion am 22. Mai 2014, 06:59:35
Zitat von: Guddy am 22. Mai 2014, 01:19:59
Ich erkenne Fehler, Umdichtungen und dergleichen durchaus. Nur sehe ich das nicht so streng.
Das Problem ergibt sich erst, wenn du nicht erkennst, was real und Fiktion ist.

Man muss sich als Autor bewusst sein, dass viele Menschen unbewusst aus Büchern lernen - da kann man noch so fett "FiktioN" draufschreiben. Jeder macht das. Auch du. Auch ich. Das liegt in der Natur der Dinge.

Das ist imho das eigentliche Problem, wenn mit historischen Umständen leichtfertig umgegangen wird oder wissentlich Fakten anders ausgegeben werden. Fehler können überall passieren und man kann maximal den derzeitigen Stand der Wissenschaft zugrunde legen.

D.h.: Fehler wird ein historischer Roman immer enthalten, aber als Autor muss man nicht noch absichtlich weitere Fehler hinzufügen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Guddy am 22. Mai 2014, 09:55:43
Natürlich verstehe ich, was du meinst, dennoch habe ich da schlichtweg eine andere Meinung :) In meinen Augen steht ein Autor nicht in der Pflicht, im Unterbewusstsein des Lesers als Lehrer tätig zu sein. Und nein, ich lerne nicht unterbewusst aus Büchern. Ja, das kann ich mit Fug und Recht behaupten; kenne mich, meine Leseweise und mein damaliges, wie heutiges Geschichtswissen gut genug. (dafür bin ich andernorts nicht halb so "schlau"*)
Das sage ich wohlgemerkt aus Lesersicht. Als Autor - ich schreibe allerdings keine historische Fantasy und habe es auch nicht vor - wäre ich mit meinen eigenen Büchern ungleich strenger, genauer und authentischer. Um nicht zu sagen: penibel genau. Genau aus dem Grund fällt es mir nicht ein, sowas zu schreiben. Das würde ja Jahre an Recherche benötigen! Nö, dann lieber schön eigene Welten kreieren  :wolke:



*in Ermangelung eines passenderen Wortes...
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Szazira am 22. Mai 2014, 10:19:52
Zitat von: Drachenfeder am 20. Mai 2014, 18:22:02
Es muss nicht unbedingt "DIE" Schlucht sein, aber es muss schon in den Wäldern irgendwo um Höchst herum geschehen, da meine Figuren ja zu Fuß unterwegs sind und alles innerhalb weniger Tage geschieht.

Schluchten hat es an der Stelle eigentlich gar nicht, aber es wurde Bergbau und Steinbrüche betrieben. Dieser fand zwar oft im Tagbau statt, aber nicht immer.
http://de.wikipedia.org/wiki/Bergbau_im_Odenwald

Wenn Reichelsheim (dürfte wohl ein Tagesmarsch sein, ca. 20km) nicht zu weit weg ist: Es gibt im OT Laudenau eine "Howl" (Loch) im umliegenden Wald, das vor ca. 120-130 Jahren während eines (sehr schweren) Unwetters entstanden ist. Sie hat einen Durchmesser von 20-30 m und dürfte so fünf Meter tief sein (war ewig nicht mehr da). Zu Beginn war sie tiefer, aber es wurde immer wieder Dreck von den Bauern reingeschüttet ;).

Es was Existierendes größer zu machen ist, denke ich, nicht so das Problem als etwas komplett neu hinzupflanzen.

[edit]
kleine Dörfer oder Gehöfte irgendwo hinzusetzen empfinde ich jetzt nicht als wahnsinnig schlimm. Da gab es immer mal wieder welche, die auf nimmerwiedersehen verschwunden sind. Solange die kein Marktrecht hatten finden diese nicht unbedingt Erwähnung in Dokumenten.
[/edit]
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Pygmalion am 22. Mai 2014, 11:06:54
Also, irgendwie finde ich die Argumentation zum Teil ein bisschen verwirrend hier.
Einerseits sehen es einige fast als Schwerverbrechen an, eine Schlucht dazu zu dichten. Ist ok, jeder hat da seine eigene Meinung. Aber dann im gleichen Atemzug eine Stadt zu erfinden für völlig richtig zu halten...
ZitatNicht unbedingt aus Faulheit des Autors, sondern weil es vielleicht tatsächlich keine Reale gibt, die alle Anforderungen erfüllt, die die Geschichte stellt.
Wenn man schon darauf besteht, dass das historisch korrekt ist, muss man eben die Anforderungen der Geschichte der Stadt anpassen und nicht seine Idealstadt bauen. Die gab es nämlich nicht. Es hat dann also vermutlich gute Gründe, wieso diese Stadt nicht existiert, die den Idealbedingungen der Geschichte entspricht. Für mich ist das viel wengier historisch, als mal eine ein bisschen an der Tiefe eines Erdloches zu pfeilen.
Gerade weil eine Stadt sich in die Landschaft einbettet und kein eigener Körper ist. Da hängen Dörfer, Klöster, Herrschaften, Handelsverpflechtungen und tausende Menschen dran. Man baut sich also eine Fantasiestadt. Was ist daran dann noch historisch?
Wenn man seine Geschichte in keiner heute noch existierenden Stadt/Dorf spielen lassen will, dann kann man ja durch eine der zahllosen Stadt- und Dorfwüstungen bemühen. Oder eben ein Dorf nehmen, das nicht zwingend in den Quellen auftauchte... aber spätestens ab dem Hochmittelalter darf man damit rechnen, dass ein sehr großer Teil der Dörfer in irgendeiner Besitzurkunde Erwähnung findet.
Oder mir müsste nochmal jemand erklären, warum eine erfundene Fantasiestadt mit Anlehnung an die Historie und mehreren tausend erfundenen Menschen gangbar ist, eine erfundene Schlucht aber nicht. Falls euch das nicht bewusst ist... eine Stadt an einen vorher freien Raum zu setzen, verändert die Landschaft deutlich mehr als mal eben einen Erdriss zu erfinden.
Zu guter letzt sehe ich das aber ingesamt so wie Guddy, für mich geht Historisch nur insofern mit Fantasy zusammen, dass das Setting eben historisch anmutet, aber es eben Fantasy ist. Sobald Vampire durch die Seiten springen, die Dinge tun, ist es Fantasy ;)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Churke am 22. Mai 2014, 12:39:51
Ken Follett hat Kingsbridge auch erfunden, und "Die Säulen der Erde" ist hochoffiziell ein historischer Roman.  So what?
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 22. Mai 2014, 12:57:54
Zitat von: ZitkalasaDass es auch fantastisch ist, sehe ich in fantastischen Elementen wie Vampire, Magie, Parallelwelten, etc. und nicht darin, dass der Autor sich die Welt so zurecht legt wie er sie gern hätte. Dann kann es auch eine andere Form von Roman sein, nur kein historischer.

Das ist genau das, was ich meinte. Danke, Zit.  :) Fantasy ist Fantasy, keine Entschuldigung den historischen Hintergrund nicht mehr ernst zu nehmen. In einem Fantasyroman über eine Biologin würden auch die wenigsten sagen "Aber es ist doch Fantasy", wenn die Vampirbiologin falsche Fakten wiedergibt. Geschichte ist auch eine Wissenschaft, was gern mal vernachlässigt wird, und man sollte sie auch so behandeln, wenn man nicht gerade Alternate History schreibt, Fantasy hin oder her. Da gibt es für mich (!) gar keine Frage. Das sehen andere Leute anders und das ist nun wirklich etwas sehr Subjektives, es gibt kein richtig oder falsch. Aber ich denke, wenn man lustig Fakten verbiegt muss man schon damit rechnen, dass nicht wenige Leser das merken und das Buch schlechter bewerten oder - wenn es zu viel wird - sogar abbrechen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Guddy am 22. Mai 2014, 13:00:58
Den Unterschied macht aber doch die Vermarktung und die Art, wie der Autor über dieses Buch spricht. Behaupten er oder das Marketing, alles sei absolut historisch korrekt - ja, das ist sehr, sehr ungünstig.

Solange das jedoch nicht behauptet wird.. sehe ich keinen Grund, etwas negativer zu bewerten.

Beim letzten Satz habe ich mich nun wiederholt, sorry, ich möchte mich nicht im Kreis drehen und vielmehr euch eure Meinung lassen ;) Der Marketingaspekt erschien mir nur gerade wichtig
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: caity am 22. Mai 2014, 13:11:55
Ich verstehe die Probleme hier ehrlich gesagt auch nicht so ganz. Eine "erfundene" Schlucht würde ich ehrlich gesagt nicht einmal in einem rein historischen Roman als problematisch empfinden. Es ist kein Sachbuch, das wissenschaftliche Fakten darlegt, es ist Belletristik. Wer an einen belletristischen Roman mit der Erwartung heran geht, das sich das genauso zugetragen hat, wird ohnehin enttäuscht. Klar würde ich als Grundlegung auch nennen: Es müsste theoretisch möglich sein. Aber ob man deshalb auch auf solche Sachen wie "Schlucht" dermaßen Rücksicht nehmen muss? Ich weiß nicht, das erscheint mir irgendwie zu viel des Guten ...
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Szazira am 22. Mai 2014, 13:39:59
Es würde mich irritieren, wenn die Betonung auf Historisch liegt, nicht aber wenn die Betonung auf Fantasy liegt. Es ist einfach eine persönliche Vorliebe etwas bestehendes anzupassen als komplett neu zu erfinden (bei "realistischem" Stoff). Es fühlt sich für mich besser an.

Im Fall vom Odenwald und Bauernhöfe oder Gehöfte hinzu erfinden: In den Wald ging keiner so wirklich gern. Der Wald war damals noch viel dichter und unheimlicher als heute. Ein perfektes Versteck für die zu Recht oder Unrecht verfolgten.

Ich sage nicht, dass eure Meinung nicht legitim ist, es ist nur nicht meine :)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Romy am 22. Mai 2014, 21:27:57
Zitat von: Churke am 22. Mai 2014, 12:39:51
Ken Follett hat Kingsbridge auch erfunden, und "Die Säulen der Erde" ist hochoffiziell ein historischer Roman.  So what?
Sehr gutes Beispiel.  :jau:
Außerdem kam mir gerade noch die "Waringham"-Saga von Rebecca Gablé in den Sinn, als weiteres prominentes Beispiel. Waringham ist ja auch eine erfundene Grafschaft und trotzdem gelten die Romane als rein historisch. ;)

Wenn ein erfundener Ort so erstellt wurde, dass er in die jeweilige Zeit perfekt reinpasst, sodass kaum auffällt, dass der Ort fiktiv ist, und die dortigen Menschen sich so benehmen, wie Menschen ihrer Zeit sich nun einmal benommen haben, es zudem keine Fantastischen Aspekte gibt, dann sehe ich kein Problem dabei, es auch als historischen Roman zu bezeichnen und nicht als Fantasy.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Klecks am 22. Mai 2014, 23:03:24
Sofern die Atmosphäre und die Gegebenheiten einer Epoche einhundertprozentig historisch korrekt dargestellt werden, finde ich es vertretbar, fiktive Orte zu benutzen, um eben diese Epoche darzustellen. Allerdings wäre es dann kein rein historischer Roman mehr für mich, sondern automatisch schon historische Fantasy, so rein gefühlsmäßig.  :hmmm:  Da es darum ja geht, würde ich bei historischen Fantasy-Romanen nicht darüber stolpern - und auch nicht erwarten, dass da alles einhundertprozentig wirklich ist. Mir ist es als Leser trotzdem lieber, wenn die Orte wirklich sind. Es tut mir bei Büchern, die mir wichtig sind, richtiggehend weh, wenn ich die Orte in der Realität dann nicht nachrecherchieren kann, einfach, weil es sie nicht gibt.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Aphelion am 24. Mai 2014, 13:12:20
Zitat von: Guddy am 22. Mai 2014, 09:55:43
Natürlich verstehe ich, was du meinst, dennoch habe ich da schlichtweg eine andere Meinung :) In meinen Augen steht ein Autor nicht in der Pflicht, im Unterbewusstsein des Lesers als Lehrer tätig zu sein.
Es geht nicht um belehren, es geht um das Streuen von Fehlinformationen. ;)

ZitatUnd nein, ich lerne nicht unterbewusst aus Büchern.
Huch, bist du kein Mensch?  ??? (Das machen alle Menschen. Nachweislich.) Ich kann zwar gut akzeptieren, dass du eine andere Meinung vertrittst, aber hier gehst du von den (nachweislich) falschen Voraussetzungen aus, weshalb die Schlussfolgerung zwar richtig wäre, aber es aufgrund der falschen Vorannahme nicht ist. :)

Wie gesagt: Man kann sagen: Es ist mir egal, wenn sich Leser etwas Falsches einprägen. Aber es abzustreiten, dass Lernen beim Lesen stattfindet, ist sachlich nicht richtig. Bei diesen Aspekt geht es tatsächlich nicht um Meinungen, sondern um Fakten. Die entsprechenden Nachweise kannst du auch nachschlagen, wenn du mir nicht glaubst. :) (Nicht nur Theorie, sondern auch Empirik.)

Natürlich kannst du trotzdem die Meinung haben, dass es egal ist, bewusst falsche Darstellungen zu wählen. Wie du das (für dich) begründest, ist mir dann auch relativ egal. ;) *Das* ist eine Meinungsfrage. :)

Zitat von: Churke am 22. Mai 2014, 12:39:51
Ken Follett hat Kingsbridge auch erfunden, und "Die Säulen der Erde" ist hochoffiziell ein historischer Roman.  So what?
Natürlich kann man solche Romane als historischen Roman bezeichnen. Das heißt aber nicht, dass alles, was "verkäuflich" ist, auch in jeder Hinsicht unproblematisch ist, oder? (Zum Problem siehe oben. Kann man trotzdem machen - siehe ebenfalls oben. Aber dann bitte mit einer inhaltlich haltbaren Argumentation. Und man darf auch anderer Meinung sein, als Herr Follett. Er ist kein Gott, auch wenn er Bestseller schreibt. ;))
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Guddy am 24. Mai 2014, 13:19:01
Ja, ich weiß, worum es geht :) Es tut mir wahnsinnig leid, dass ich das nicht in aller Ausführlichkeit niedergeschrieben, sondern nur ein Beispiel angebracht habe ;)

Und falsch. Es gibt sehr wohl viele Menschen, die differenzieren können. Wenn du nicht dazu gehörst, tut mir das natürlich leid. Ich habe zudem nie gesagt, dass Lernen beim Lesen nicht stattfindet. Entweder, ich drücke mich falsch aus, oder du verstehst es schlichtweg nicht. Ersteres will ich dabei nicht ausschließen.

Edit: Ich möchte diese Statistiken/Fakten gerne mal sehen. In den meisten Fällen interpretieren die Leute sie so, wie es für sie gerade passt. Auch nicht immer sinnvoll. Btw: Auch ich interessiere mich sehr für das menschliche Gehirn und habe bereits einige Bücher darüber gelesen. Klingt komisch, ist aber so. Du brauchst mich also nicht wie ein dummes Kind zu behandeln, danke.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Debbie am 24. Mai 2014, 14:35:34
Ich finde das mit der Schlucht schwierig, weil es wirklich praktisch "wasserfest" nachweisbar ist, dass es da keine gegeben hat. Fiktive Orte können tatsächlich (bis zu einer gewissen Größe) irgendwo existiert haben - ohne Aufzeichnung - aber würde ich Historische Fantasy schreiben, würde ich entweder

a) einen realen Ort und seine Geschichte nehmen und ihm einen anderen Namen geben (also, Stadt abc ist historisch angelehnt an Stadt xyz) oder
b) den realen Ort nehmen und nur gewisse, für die Geschichte relevante Eigenschaften ändern (nichts geographisches!) oder
c) angeben, warum der Ort mehr oder weniger von der Außenwelt "abgeschnitten" ist (nie verirrte sich jemand dort hin, weil z. B. der Wald so furchteinflößend war oder es war ein geheimer Ort, gegründet von Gesetzlosen, etc.)

Das Problem liegt wohl darin, wie man historische Fantasy definiert. Und für mich ist historische Fantasy eben in einer historisch korrekten Welt angesiedelt, in der historische Lücken durch phantastische Elemente erklärt werden oder eine historisch korrekte Welt, zu der es - wie bei Urban Fantasy - eine historische Parallelwelt gibt. Freiheit in der Gestaltung der realen historischen Welt, besteht da - m. Meinung nach - sehr wenig bis gar nicht. Aber ich denke wirklich, dass es wohl eine Frage der Interpretation ist.

Im Übrigen finde ich Szaziras Vorschlag mit dem "Loch" super, wenn es zeitlich passt.  :jau:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Verwirrter Geist am 24. Mai 2014, 15:01:28
Irgendwie habe ich in diesem Thread das Gefühl, dass sehr viel aneindervorbei geredet wird bzw. das einfach von völlig unterschiedlichen Grundvoraussetzungen ausgegangen wird.  :hmmm:

Kati (und andere) definieren historische Romane für sich offenbar so, dass sie insbesondere historisch korrekt sein müssen und ihre Handlung den Zeitverlauf nicht kausal verändern.
Daraus resultiert dann natürlich ein hoher Anspruch auf das Verwenden von verbürgten Tatsachen und eine verständliche Ablehnung von nicht unbedingt nötiger Fiktion.
Daher ist die "Erfindung" einer Schlucht auch schlimmer, als die eines Dorfs - weil die Existenz einer Schlucht nachgeprüft werden kann, die Existenz eines Dorfs nicht unbedingt.

Guddy (und andere) definieren historische Romane eher als belletristisches Werk und akzentuieren die ohnehin schon darin liegende Fiktion. Daher sind Kausalketten zu vernachlässigen und statt Tatsachen geht es eher um Unterhaltungsgrad.
Nach diesem Standpunkt ist dann vermutlich weder das Hinzudichten einer Schlucht - noch einer Stadt - besonders schlimm.

(Wenn ich das falsch dargelegt habe, dürft ihr mich gerne hauen.)

Da beide Sichtweisen in sich schlüssig sind und historische Romane per Definition auf beide Weisen funktionieren können, finde ich es letztlich am Wichtigsten, dass man von seinem eigenen Anspruch und dem (vermuteten) Anspruch seiner Leser ausgeht.

Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Pygmalion am 24. Mai 2014, 15:11:28
@Churke: Klar, kann er ja auch machen. Ich wende mich nicht dagegen, wenn jemand sagt, er möchte eine Stadt erfinden, das habe ich vielleicht falsch rüber gebracht. Wobei ich da immernoch die Frage stellen würde, warum. Dabei verweise ich wieder auf Stadtwüstungen etc., in denen man nach Belieben "werkeln" kann, ohne dass heutige Bewohner sich auf den Schlips getreten fühlen. Eine Stadt erfinden ist ja schon ziemlich unhistorisch. Meine Meinung. Aber da kann man anderer Meinung sein, das ist klar.
Mir ist nur aufgefallen, dass im gleichen Atemzug geschrieben wurde: Schlucht erfinden geht ja gar nicht. Stadt ist völlig ok. Das passt für mich überhaupt nicht zusammen und mir leuchtet immer noch nicht ein, wieso manche hier das so finden. Deswegen bat ich um Erklärung :D Entweder man sagt, Schlucht erfinden ist böse, dann muss aber Stadt erfinden das für mich auch sein. Sogar noch böser. Oder man findet eben beides völlig in Ordnung.

@Debbie: Kommt auf die Zeit an, in der du dich bewegst. Klar gibts Weiler oder Gehöfte, die urkundlich nicht erwähnt wurden. Und von vielen weiß man nicht, wo genau sie lagen. Aber gerade eine STADT (die definieren wir jetzt mal nicht, das füllt dann auch wieder Seiten :D ) findet immer entweder archäologische oder schriftliche Niederschläge. Orte existieren eben nicht "irgendwo" für sich alleine, normalerweise. Die Menschen interagieren mit ihrem Umland, gestalten es und haben Kontakt mit anderen. man verändert das Gefüge der Landschaft (inkl. Feldfluren, im Mittellater sowieso spärlicher Wälder, Wege), je nach Größe des Ortes schon. Dessen sollte man sich eben einfach bewusst sein, finde ich ;)

@Verwirrter Geist: Jetzt haben wir gleichzeitig geschrieben :D Kannst du nachprüfen, ob vor 1000 Jahren im Odenwald eine Schlucht(bzw. Steinbruch, durch Erdrutsch eines Baches erzeugtes "Loch") existierte? Die kann schon längst durch modernen Bergbau, Erosion oder einen weiteren Erdrutsch wieder verschüttet sein.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Verwirrter Geist am 24. Mai 2014, 15:51:57
Zitat
@Verwirrter Geist: Jetzt haben wir gleichzeitig geschrieben :D Kannst du nachprüfen, ob vor 1000 Jahren im Odenwald eine Schlucht(bzw. Steinbruch, durch Erdrutsch eines Baches erzeugtes "Loch") existierte? Die kann schon längst durch modernen Bergbau, Erosion oder einen weiteren Erdrutsch wieder verschüttet sein.

Das kann ich nur mit einem klaren "Jain" beantworten. ;)

Natürlich kann man es nicht zu 100% ausschließen, dass an einem bestimmten Punkt eine Schlucht war, oder zumindest nicht ohne ein Riesenmaß an Aufwand.
Aber wie viel man überhaupt über bestimmte Epochen wissen kann, ist ein derart komplexes Problem, dass neben der Hermeneutik, auch die Realitätsphilosophie und nicht zuletzt die Geschichtswissenschaft selbst berührt, dass ich uns eine Diskussion darüber lieber ersparen möchte.  ;D

Ich hab' ja selber Geschichte studiert und freue mich jedenfalls immer, wenn ein Werk besonders akkurat ist. Wobei ich andererseits auch mit Euphemismen, Umdichtungen und -Deutungen meistens gut leben kann.  :)
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Debbie am 24. Mai 2014, 16:18:41
Zitat von: Pygmalion am 24. Mai 2014, 15:11:28

@Debbie: Kommt auf die Zeit an, in der du dich bewegst. Klar gibts Weiler oder Gehöfte, die urkundlich nicht erwähnt wurden. Und von vielen weiß man nicht, wo genau sie lagen. Aber gerade eine STADT (die definieren wir jetzt mal nicht, das füllt dann auch wieder Seiten :D ) findet immer entweder archäologische oder schriftliche Niederschläge. Orte existieren eben nicht "irgendwo" für sich alleine, normalerweise. Die Menschen interagieren mit ihrem Umland, gestalten es und haben Kontakt mit anderen. man verändert das Gefüge der Landschaft (inkl. Feldfluren, im Mittellater sowieso spärlicher Wälder, Wege), je nach Größe des Ortes schon. Dessen sollte man sich eben einfach bewusst sein, finde ich ;)


Was anderes hab ich doch auch nicht gesagt, oder? Ich sehe jetzt nicht so wirklich, wieso deine Ausführungen mit meinen Vorschlägen nicht konform gehen ...  :hmmm:
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Guddy am 24. Mai 2014, 16:21:57
Zitat von: Verwirrter Geist am 24. Mai 2014, 15:01:28
Irgendwie habe ich in diesem Thread das Gefühl, dass sehr viel aneindervorbei geredet wird bzw. das einfach von völlig unterschiedlichen Grundvoraussetzungen ausgegangen wird.  :hmmm:

(Wenn ich das falsch dargelegt habe, dürft ihr mich gerne hauen.)

Da beide Sichtweisen in sich schlüssig sind und historische Romane per Definition auf beide Weisen funktionieren können, finde ich es letztlich am Wichtigsten, dass man von seinem eigenen Anspruch und dem (vermuteten) Anspruch seiner Leser ausgeht.

Definitiv! Solange nur nicht aufgezwängt oder angedichtet wird, soll es mir auch egal sein  :) Ich finde es jedoch einfach interessant, andere Gedanken dazu zu erfahren!
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Aphelion am 26. Mai 2014, 17:11:43
Zitat von: Guddy am 24. Mai 2014, 13:19:01
Es gibt sehr wohl viele Menschen, die differenzieren können. Wenn du nicht dazu gehörst, tut mir das natürlich leid.
Hm, schade, dass jetzt so eine abwertende Antwort kam. Den Satz, den ich von dir zum Lernen zitiert habe, stammt aus deinem Beitrag; ich habe ihn nicht verändert. Wenn du etwas anderes gemeint hast, ist das okay.

Zum "differenzieren" gehört imho auch, die Grenzen der menschlichen Informationsverarbeitung zu kennen - was zuweilen sehr ernüchternd sein kann. Ich kann deine Reaktion dennoch nachvollziehen und ich kann auch nachvollziehen, dass man solche Faktoren nicht immer im Hinterkopf haben kann und will. Wie gesagt: Man kann sagen: Es ist mir egal, oder: ich ziehe andere Konsequenzen aus diesem Wissen, als mein Gegenüber.

Da ich mich allerdings zunehmend wiederhole, werde ich die Diskussion in diese Richtung nicht weiter verfolgen.

Aber da du dich so gut auskennst, dürfte eine einfache Datenbankrecherche für dich sicher kein Problem sein. :) (Und nein, das ist kein Sarkasmus. Ich traue dir das zu.)

Zitat von: Verwirrter Geist am 24. Mai 2014, 15:01:28
Irgendwie habe ich in diesem Thread das Gefühl, dass sehr viel aneindervorbei geredet wird bzw. das einfach von völlig unterschiedlichen Grundvoraussetzungen ausgegangen wird.  :hmmm:
Den Eindruck habe ich auch, zum Teil. Zum Teil sind es aber auch Meinungen, die nun einmal auseinander gehen können.

Zitat von: Verwirrter Geist am 24. Mai 2014, 15:01:28Kati (und andere) definieren historische Romane für sich offenbar so, dass sie insbesondere historisch korrekt sein müssen und ihre Handlung den Zeitverlauf nicht kausal verändern.
Ich kann nur für mich sprechen: Mir geht es nicht um eine *Definition*, wenn ich sage, man sollte keine absichtlichen Fehler einbauen. Es geht (mir) nicht darum, was man machen kann, sondern was man machen sollte - bzw. wie man das begründet. Nicht, welches Etikett man draufkleben kann. :)

Zitat von: Verwirrter Geist am 24. Mai 2014, 15:01:28
Daher ist die "Erfindung" einer Schlucht auch schlimmer, als die eines Dorfs - weil die Existenz einer Schlucht nachgeprüft werden kann, die Existenz eines Dorfs nicht unbedingt.
Die Frage ist (wie gesagt: für mich) in so einem Fall: Warum muss es unbedingt eine Schlucht sein? Denn eine Schlucht entsteht nicht aus dem nichts. Sie ist an bestimmte andere Bedingungen geknüpft, die u.U. das komplette Setting ändern würden. In der Regel lässt sich der Plot so umstricken, dass die Schlucht auch etwas anderes sein kann, damit der Plot funktioniert. Oder die Geschichte kann auch an einem anderen Ort spielen, der die entsprechenden Voraussetzungen mit sich bringt.

Das gilt in meinen Augen aber nicht nur für historische Romane, sondern für alle Romane.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 26. Mai 2014, 18:04:45
Mir geht es darum, nicht mit voller Absicht irgendwelche falschen Fakten unbegründet in den Roman einzubauen, wenn nicht der ganze Roman darauf aufbaut (also Alternate History ist). Als Beispiel: In einem Roman verlegt die Autorin einige historisch belegte Persönlichkeiten einfach so Jahrzehnte zurück, einfach, weil sie sie im Roman drin haben wollte. Es sind nur kleine Auftritte, es ist nichts himmelschreiend Schlimmes, aber die Frage nach dem Warum bleibt bei mir trotzdem. Die Autorin weiß das natürlich auch, es steht im Nachwort drin, das sie genau das gemacht hat. Um berühmte Namen fallen lassen zu können? Ich bin mir nicht ganz sicher und sowas stört mich. Es ist ein gutes Buch, aber das stört mich. Ich hatte das Beispiel weiter oben schon gebracht, aber, wenn in einem Roman behauptet wird 1 plus 1 wäre 5, dann würde auch niemand abwinken und sagen: "Hach ja, ist ja Fantasy, da darf man sowas." Natürlich ist Geschichte als Wissenschaft nicht so absolut belegbar wie Mathematik, aber es gibt eben doch feste Fakten. Wenn eine Person 1880 gestorben ist, dann taucht sie 1901 im Roman nicht auf, egal, wie gern ich sie als Autorin dabei hätte.

Hier fehlt mir einfach bei vielen Leuten - und bei vielen Autoren - das Bewusstsein für Geschichte als Wissenschaft und als wirklich passierte Vergangenheit. Das wird im großen Stil betrieben. Die meisten einschlägigen populären Dokus im Fernsehen machen das. Biegen sich die Fakten so zurecht, dass eine spannende Geschichte entsteht und dann wird eben nicht erwähnt, dass etwas vielleicht nicht ganz sicher ist, oder, dass ein Vorfall eine bestimmte Vorgeschichte hat, die wichtig ist, um das Handeln zu verstehen. Und mich stört das. Und damit bin ich nicht allein. Bei Dokus natürlich noch mehr, als bei historischen Romanen, denn die gaukeln dem Zuschauer ja vor ihm etwas beibringen zu können, aber eben auch bei historischen Romanen. Man kann es abstreiten, wie man möchte, aber Fakten, die man liest, bleiben hängen. Besonders, wenn man sich mit Geschichte sonst nicht so auskennt. Guddy, ich und Leute, die etwas Geschichtliches studiert haben hinterfragen das vielleicht eher, aber es passiert trotzdem. Und am Ende gibt man dann eben weiter, was man da gesehen hat und meistens ist das auf den Schockfaktor aufgebauschtes Halbwissen. Ich respektiere natürlich, wenn Leuten das einfach egal ist, aber ich persönlich finde das eben schade und habe an mich selbst den Anspruch, es in meinen eigenen Romanen anders zu machen.

Mir geht es im Übrigen auch darum, Fakten auch ohne Absicht nicht falsch weiterzugeben. Ich habe schon einige Romane gelesen, in denen falsches Wissen übermittelt wurde und das waren keine aufwendig zu recherchierenden Dinge, sondern Fehler, die mit einer einfachen Google-Suche vermieden hätten werden können. Besonders oft begegnet mir das übrigens in Zeitreiseromanen, weil da wohl genau diese in meinen Augen einfach nicht machbare Logik vorherrscht, dass sich Fantasy und historische Authentizität eh ausschließen. Aber das muss einfach wirklich nicht sein. Wenn ich einen Roman über Biologen schreibe, dann lese ich mich ein, bis ich sicher bin, ich kann das sicher und kompetent umsetzen. Ich persönlich würde niemals einen Roman über Biologen schreiben, ich weiß nichts darüber. Und den meisten Autoren ist klar, dass man über Biologie viel wissen muss, um einen Roman darüber zu schreiben. Und ich verstehe eben nicht, dass Leute mit der Geschichte so salopp umgehen, obwohl sie das mit anderen Wissenschaften niemals tun würden. "Ach, ich habe mal einen Jane-Austen-Film gesehen, mein Buch spielt 1810, das geht schon, muss ich nicht weiter recherchieren."

Am Ende bleibt das alles persönliche Meinung, das muss ganz klar sein. Ich sehe diesen Thread hier auch eigentlich als Austausch an und finde es ziemlich interessant, wie andere das handhaben und eben auch genau die Umstände sehen oder rechtfertigen, die für mich einfach nicht okay sind. Deshalb verstehe ich auch nicht, dass die Diskussion im Moment schon wieder ein wenig angespannt wirkt. Das ist diesmal wirklich keine Grundsatzdiskussion um heikle Themen, die das Wohl von Menschen betreffen oder politische Meinungen oder anderer brisanter Gesprächsstoff, es geht doch wirklich bloß um Meinungen zu einem Untergenre der Fantasy, da muss man doch jetzt nicht ausfallend werden oder sich angegriffen fühlen.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Franziska am 26. Mai 2014, 19:13:06
Ich sehe das eigentlich wie Kati, aber man muss auch sagen, dass es nicht so einfach ist, alles zu recherchieren, wenn man nicht gerade Geschichtswissenschaften studiert hat. Heute lässt sich wirklich vieles übers googeln rausfinden, aber es gibt auch viele Details, die man mühselig recherchieren muss und dann findet man vielleicht ein einzelnes Buch, wo dann ein Satz dazu steht, man weiß aber nicht, ob das jetzt stimmt oder nicht. Und man muss mit den richtigen Suchbegriffen kommen. Das ist für viele auch nicht so einfach. Ich kann das auch nicht so gut. Zum Beispiel habe ich herausgefunden, dass meine Figur, die eigentlich Master studieren sollte und danach eine Doktorarbeit schreiben, das zu der Zeit nicht kann, weil das erst fünf Jahre später eingeführt wurde. Dann habe ich ein Buch gelesen, das noch früher spielt und wo die Figur einen Doktortitel hat, was also faktisch nicht sein konnte. Ich habe mir gedacht, gut da hat es sich die Autorin einfach gemacht und es hat mich nicht weiter gestört bei der Lektüre. Das Buch war auch mit Fantasy und ich finde schon, dass man sich bei bestimmten Punkten überlegen, kann, wenn es in meiner Welt Magie gibt, hat es das und das beeinflusst und dann kann das auch anders sein, auch wenn ansonsten alles ist, wie es wirklich war. Aber wenn das irgendwelche willkürlichen Sachen sind, dann finde ich das auch nicht gut.

Warum macht ihr Geschichtswissenschaftler nicht mal einen Thread mit Infos und Links, wie man gut historische Fakten recherchieren kann? Ihr habt da sicher eigene Datenbanken, Kataloge, etc. Ich kann das zwar auch googel, aber auf einiges kommt man vielleicht nicht so.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Pygmalion am 26. Mai 2014, 19:21:09
Der Ort, an dem man historische oder was auch immer für Fakten recherchieren kann, nennt sich Bibliothek. Das geht, wenn man tief eintauchen will in die Materie, nicht über das Internet. Zumindest meistens nicht. Falls man in etwa weiß, wonach man sucht, hilft für das Mittelalter häufig diese Datenbank weiter: http://opac.regesta-imperii.de/lang_de/index.php

Wann spielt denn dein Roman mit dem Doktortitel? Soweit ich weiß gabs den schon im späten Mittelalter?
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 26. Mai 2014, 20:04:03
Ich muss Pygmalion da zustimmen, Links und dergleichen bringen in so fern nichts, dass die richtig wichtigen Information eben leider wirklich nur in der Fachliteratur stehen. Das Internet ist für den ersten Überblick gut, aber, wenn man sich wirklich auskennen möchte, sollte man sich schon in die Bibliothek vorwagen. Bibliotheken haben auch Online-Kataloge, in denen man über Schlagwortsuchen eigentlich immer ein paar Titel findet und so teuer sind Bibliotheksausweise nicht, auch nicht, wenn es eine Uni-Bibliothek ist und man an der Uni selbst nicht studiert. Jedenfalls war das für mich vor dem Studium immer recht erschwinglich, Uni-Bibliothek wie Stadtbibliothek. Ich sage das ja auch immer mal wieder auf meinem Blog, Internet ist gut, um sich mal umzuschauen, aber dann sollte man unbedingt selbst aktiv werden. Recherchieren kann man auch lernen. Sollte man als Autor lernen, braucht man ja immer mal. Ein Tipp für den Anfang wäre, auf Wikipedia zu gehen und unter dem Artikel zu schauen, welche Fachliteratur als Quellen angegeben sind. Über diese Titel findet man auch oft ähnliche Titel und meist sind das Titel, die so gut wie jede Bibliothek hat. Ansonsten geht es halt über Stichworte, die man manchmal erknobeln muss, aber bisher habe ich noch zu jedem Thema Werke gefunden.

Eine Sache, die ich noch wichtig finde bei Recherche ist das man zwar viel liest, aber nicht nur liest. Wenn man von Ausstellungen hört, die Gegenstände aus der Epoche haben, in der man schreiben will: Hingehen, angucken. Mode, Alltagsgegenstände und dergleichen können einem total viel dabei helfen, sich eine Zeit vorzustellen. Wenn man Dinge hat, die die Zeitgenossen in der Hand hatten, macht das eine ganz eigene Stimmung, die man im Roman wunderbar verwenden kann. Dinge wie Dokumentationen im Fernsehen können auch als Überblick dienen, aber ich würde die niemals für bare Münze nehmen, auch, wenn sie unterhaltsam sind. Jetzt, wo ich in dem Thema drin bin, merke ich bei viktorianischen Themen zum Beispiel immer wieder, dass Mythen für den Schockfaktor weiter getragen werden ("Korsetts haben Frauen getötet!") oder besonders dramatische Themen total emotional aufgeladen und reißerisch präsentiert werden ("Wer war Schuld am Untergang der Titanic!?"), was bei der Recherche nicht so gut kommt, weil es einen beeinflusst. Und natürlich auch, dass nicht ganz geklärte Sachverhalte gern in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Also, wenn es drei Möglichkeiten gibt, wie etwas gewesen sein könnte, entscheiden sich die Macher oft für eine und tun so, als wäre das genau so bewiesen (Oft bei Kriminalfällen, die nicht aufgelöst sind). Und dann hat man natürlich noch die ganz gefährliche Meinungsmache bei historischen Persönlichkeiten, wo ein Blickwinkel gewählt wird um eine Person entweder als tollen Hecht oder miesen Blödmann darzustellen. Also als Überblick und für die Bilder von historischem Material, ja, aber bei Fernsehdokus würde ich dann immer nochmal nachrecherchieren und zwar mit Fachliteratur.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Debbie am 26. Mai 2014, 20:23:41
Wenn man zu sehr speziellen Themen recherchieren will, bringt einem manchmal auch die Landesbibliothek - und Stadtbibliotheken schon gar nicht - nicht weiter. Manchmal ist der Stoff so speziell, dass Bibliografien zum Thema die beste Anlaufstelle sind. Als ich nach slawischer Mythologie recherchiert habe, bin ich zwar in der Landesbibliothek auf ein wichtiges Werk zum Thema gestoßen, aber das war's dann auch schon.

In dem Fall hab ich mir dann eben die Bibliography of Slavic Mythology für 40€ aus England (über ebay) schicken lassen. Natürlich standen da auch massenweise unwichtige Sachen drin, aber es ist die umfangreichste Anlaufstelle zum Thema. Das Problem mit Büchern ist, dass sie oftmals schnell überalten, wenn sich in der Forschung was tut. Die meisten Bücher hab ich dann tatsächlich über Amazon gefunden (.com nicht .de) und bei vielen Themen ist es von großem Vorteil, wenn man Englisch kann, weil es da doch im Allgemeinen mehr Literatur zu diversen Themen gibt als in Deutsch.

Aber ja, Internetrecherche ist für historische/wissenschaftliche Sachen immer mit Vorsicht zu genießen und nur bedingt geeignet.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Pygmalion am 26. Mai 2014, 21:34:26
Ich weiß nicht, wie das bei reinen Landesbibliotheken ist (Die Unibib in Münster ist gleichzeitig Landesbib, die in Kiel "nur" Unibib), aber eigentlich kann man sich solche Bücher auch über Fernleihe für geringes Entgeld bestellen (lassen), wenn es die nicht an einer anderen Fachbib in der Stadt gibt.
Natürlich sind 'Stadtbiliotheken von Kleinstädten oft nicht besonders ergiebig. Aber wenn es ein Fach an einer Uni gibt, wird es auch den Großteil der Literatur dazu entweder in den Fachbibliotheken oder in der übergreifenden Unibib geben. Wenn man erstmal ein relativ neues Werk zu einem Thema hat, steht da hinten drin eigentlich genug Literatur, um sich weiter zu hangeln :)

Was einem übrigens auch helfen kann, das entsprechende thema einfach mal mit "pdf" dahinter bei google eingeben. Viele Artikel, immer mehr Disserationen werden als onlinepublikation hochgeladen. Oder den Suchbegriff bei googlebooks eingeben. Da kriegt man dann zwar meistens nicht den Vollzugriff auf Bücher, aber immerhin entsprechende Titel. Die Verschlagwortung von Unikatalogen finde ich persönlich relativ schlecht, ich suche lieber mit Katalogen wie den, den ich oben gepostet habe, aber das ist vermutlich auch ein bisschen Geschmackssache.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Malinche am 26. Mai 2014, 21:46:12
Wie bei vielen hier schon angeklungen ist, finde ich, dass Internetrecherche für Historisches durchaus differenziert zu sehen ist (wobei das nun fast schon einen eigenen Thread wert wäre - soll ich mal die entsprechenden Beiträge abtrennen?). Natürlich sollte ich nicht davon ausgehen, dass Hänschen Müllers Hobby-Seite über die "Ritterzeit" in jeder Hinsicht fundiert und differenziert ist. Umgekehrt gibt es aber, wie einige ja schon gesagt haben, immer mehr Fachliteratur online. Universitäten richten eigene Projektseiten ein, es gibt Datenbanken für Fachartikel (zum Beispiel JSTOR), wobei das mit dem Zugang natürlich nicht immer ganz einfach ist. Und historische Quellen sind, da gemeinfrei, auch teilweise digital zugänglich. (Ich kenne das vor allem aus meinem eigenen Bereich, der Altamerikanistik. Verschiedene sehr wichtige Berichte spanischer Chronisten zur Eroberung beispielsweise findet man problemlos im Netz.)

Also, versteht mich nicht falsch, ich bin eine sehr große Verfechterin der Bibliotheksrecherche und stimme zu, dass die meisten Informationen nach wie vor in gedruckter Fachliteratur zu finden sind. Ich würde aber eben dahingehend differenzieren, dass Internetrecherche durchaus möglich und sehr sinnvoll sein kann, wenn man weiß, wie und wo man sie betreiben muss und wenn man sich entsprechend quellenkritisch verhält. Deswegen fände ich einen eigenen Thread dazu gar nicht so doof. Denn im Hinblick auf die digitale Verfügbarmachung wissenschaftlicher Daten tut sich für mein Empfinden unglaublich viel in letzter Zeit, sodass das Internet auch für die stichhaltige Literaturrecherche immer wichtiger wird.

[EDIT] Zwei Dinge fallen mir dazu übrigens noch ein: Erstens kann das alles natürlich auch sehr unterschiedlich sein, je nachdem, zu welcher Epoche und Region ich recherchiere. Zweitens ist natürlich auch Fachliteratur immer mit Vorsicht zu genießen. Auch Wissenschaft ist häufig ein gutes Stück weit Interpretation, und Forschende verfolgen mitunter ganz bestimmte Interessen, Hypothesen und Diskurse. Also, nur, weil etwas in einem Buch in der Uni-Bibliothek steht, muss es noch lange nicht unproblematisch sein. Ich bin mal in einem Referat zu altperuanischer Archäologie böse auf die Nase gefallen, als der Dozent mir erklärte, dass das, was die Autoren da behaupten, im Prinzip so gar nicht stimmt, weil sie wesentliche Informationen einfach unterschlagen und andere nach ihrem persönlichen Gusto gedeutet haben. ::)
Deswegen gilt auch bei der Recherche mit wissenschaftlicher Literatur: auch miteinbeziehen, wer da schreibt und wie man ihn einordnen kann. Und im Idealfall mehr als eine Quelle nutzen. Sehr spannend sind in dem Zusammenhang Sammelbände zu einem bestimmten Thema, in denen der gleiche Sachverhalt von unterschiedlichen Autoren auch mal kontrovers diskutiert wird.
Das ist jetzt wirklich schon etwas weitab vom Thema, aber ich fand das auch noch einmal wichtig.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Franziska am 26. Mai 2014, 23:08:45
Zitat von: Pygmalion am 26. Mai 2014, 19:21:09
Der Ort, an dem man historische oder was auch immer für Fakten recherchieren kann, nennt sich Bibliothek. Das geht, wenn man tief eintauchen will in die Materie, nicht über das Internet. Zumindest meistens nicht. Falls man in etwa weiß, wonach man sucht, hilft für das Mittelalter häufig diese Datenbank weiter: http://opac.regesta-imperii.de/lang_de/index.php

Wann spielt denn dein Roman mit dem Doktortitel? Soweit ich weiß gabs den schon im späten Mittelalter?

Ich meinte ja auch spezielle Bibliothekskataloge. Ich sagte doch spezielle Datenbanken. Wenn es das  nicht gibt, auch gut. Als ich damals Achäologie angefangen habe, wurden uns bestimmte Seiten zur Literatursuche genannt, man lernt ja im Studium immer mehr, welche Seiten gut sind, sei es für Literaturrecherche, nehme ich immer GVK, oder online-Artikel suchen, weiß ich wo ich die Artikel für meinen Studiengang finde. Ich weiß nicht, wie ihr jetzt darauf kommt, ich würde alles im Internet suchen. Ich glaube, es weiß jeder, dass man irgendwelche Hobbyseiten nicht unbedingt als Recherche nehmen sollte.

Laut Uni, wo meine Figur studiert, wurde der Doktortiel da wie gesagt später eingeführt. Es ging um ein bestimmtes Fach an einer bestimmten Uni.

Ich stimme Malinche zu. Ich nutze beispielsweise für mein Studium, wo ich aktuelle Literatur benutze hauptsächlich e-medien, weil es praktischer ist und ich fast alles über die Bib runterladen kann. Aber ich habe noch nie geguckt, ob es da genauso viel in anderen Fächern gibt. Wie soll ich wissen, wie ich irgendwas über Informatik finde, oder eben über Geschichte, da ich mich damit noch nie beschäftigt habe.
Dass Wissenschaft nicht objektiv ist, stimmt natürlich auch. Für meine Recherche habe ich mir einige Bücher ausgeliehen, die waren aber alle mindestens vierzig Jahre alt und teilweise recht merkwürdig geschrieben und mit den meisten Büchern konnte ich nichts anfangen, weil es nicht das ergab, was ich wissen sollte oder nur irgendwas behauptet wurde ohne irgendwelche Quellen. Und wenn ich alles gelesen habe, was ich finden konnte, und das hilft alles nichts, versuche ich eben bessere Kataloge zu finden, sei es von einer englischen Uni, aber damit müsste ich mich erstmal stundenlang oder wochenlang beschäftigen, bevor ich dann vielleicht irgendwas finde, was ich gesucht habe.

edit: ich meinte sowas, wie hier (http://elib.suub.uni-bremen.de/cgi-bin/CiXbase/internet/CiXbase_search?act=search&term=his&index=C&ORDER=IA&dtyp=b&section=f&XML_STYLE=/CiXbase/internet/styles/list-ger.xml&project=internet&rtyp=d) zum Beispiel steht auf englisch. Wenn ich mich da durchgearbeitet habe, wenn ich irgedwann Zeit dazu habe, mache ich gerne so einen Thread auf.
Titel: Re: Historische Fantasy
Beitrag von: Kati am 27. Mai 2014, 00:21:34
ZitatIch glaube, es weiß jeder, dass man irgendwelche Hobbyseiten nicht unbedingt als Recherche nehmen sollte.

Du weißt gar nicht, wie viele Leute auf mein Blog kommen und das nicht wissen.  :-X Deshalb sage ich es dort auch öfter mal.

Malinche: Stimmt natürlich. Für wissenschaftliche Literatur gilt dasselbe, wie für die Dokumentationen. Man muss immer schauen, wer das geschrieben hat und welche Position er oder sie vertritt. Am besten ist es eh mit mehreren Büchern zu arbeiten und zu schauen, ob sich die Informationen decken, oder es auffällige Unterschiede gibt.