• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Spezielle Sonderzeichen

Begonnen von Lennard, 01. Dezember 2007, 18:13:37

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Lennard

Kann man auch problemlos spezielle Sonderzeichen, z.B. bei Personennamen, verwenden? Oder sollte man, wenn möglich, darauf verzichten?

Z.B.: á, é, í, ó, ú, ý, ø, þ, ð  etc.

Ich weiß ja nicht, inwieweit die Verwendung von Sonderzeichen im Text besondere Umstände für einen Verlag beim Druck macht *schulterzuck*.

Gruß
Lennard

Ary

Ich glaube ja, dass nichts Probleme macht, was irgendwie im Asci-Zeichensatz zu finden ist. Buchstaben mit Accent drüber auf keinen Fall, also sowas wie á, à, â.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Lomax

Zitat von: Lennard am 01. Dezember 2007, 18:13:37Kann man auch problemlos spezielle Sonderzeichen, z.B. bei Personennamen, verwenden? Oder sollte man, wenn möglich, darauf verzichten?

Z.B.: á, é, í, ó, ú, ý, ø, þ, ð  etc.

Ich weiß ja nicht, inwieweit die Verwendung von Sonderzeichen im Text besondere Umstände für einen Verlag beim Druck macht *schulterzuck*.
Man kann sie natürlich verwenden. Vielleicht sollte man noch mal drauf aufmerksam machen, damit sie nicht irgendwo beim Umkonvertieren verloren gehen - aber so oft, wie sie in der Fantasy vorkommen, ist es auf jeden Fall kein grundsätzliches Problem ;)

Ich persönlich würde allerdings schon darauf verzichten. Sie werden gerne eingestreut, um einen Text exotischer wirken zu lassen - und in der Regel ziemlich zweckfrei. Wenn man sie präzise in fremdsprachlichen Wendungen setzt, haben sie etwas typisch deutsches "Alles-korrekter-als-alle-andere-machen-wollen"; man merkt, was ich meine, wenn man beobachtet, was andere Länder mit Zeichen machen, die sie nicht kennen - beispielsweise Amerikaner mit Umlauten in deutschen Worten ;D
  Wenn man sie in der Fantasy mit dem Salzstreuer einsetzt, um zu zeigen, wie toll fremd die Sprachen auf der Welt sind, ist es auch nur maniriert. Im Zweifel macht der Leser eh nichts draus, und insofern haben Akzente und Sonderzeichen den Wert von rosa Blümchen, die man fleißig in sein Schulheft gezeichnet hat, um den Text zu verschönern. Wenn der Text ein Feeling hat, braucht man sie nicht. Wenn der Text kein Feeling hat, kommt es auch durch ein paar Sonderzeichen nicht rein.

Also: technisch kein Problem, aber mehr als eine technische Spielerei sehe ich auch nicht darin. Meines Erachtens lautet die Frage also nicht: Kann man?, sondern: Warum sollte man?

FeeamPC

Ich würde auch danach gehen, wieviel reale Welt in die Geschichte hineinspielt. Eine Fantasy-Geschichte, die vor dem Hintergrund eines historischen Frankreichs spielte, hätte sicher bei mir etliche Namen mit Sonderzeichen.
Ansonsten würde ich ebenfalls eine möglichst sparsame Verwendung vorziehen.

Berry

Ich möchte darin widersprechen, dass es sich beim Setzen von Akzenten lediglich um eine technische Spielerei handelt. Diesen Eindruck kann man zwar unter anderem bei Paolinis Eragon durchaus bekommen, doch wissen wir wohl alle, dass hinter der Einführung der Akzente ein gewisser Sinn steckte, nämlich die Klärung der Betonungsfrage.

Wir hier in Deutschland und auch andere Länder nutzen die Akzente eher nicht, aber das bedeutet noch lange nicht, dass dies gut oder richtig sei.

Daher würde ich zumindest für nicht-deutsche Namen, ausgedachte Namen oder Sprachen schon die Akzente benutzen und lese sie auch mit, wenn sie in Texten stehen. Dass sie dann anders gemein als verwendet sind, ist dann auch nicht mein Problem, oder?

saraneth

Was die Betonung angeht, schließe ich mich Berry an. Ich leses Akzente immer mit und es verwirrt mich dann doch, wenn hinten im Buch beispielsweise erklärt wird, wie der Name ausgesprochen wird und die Akzente auf einmal völlig anders verwendet werden.


Cailin

Naja, solange diese andere Verwendung dann wenigstens erklärt und auch schlüssig durchgehalten wird, ist das für mich O.K.

saraneth

Solange... Aber es gibt da leider Bücher, in denen es mal so eingehalten wird, wie es erklärt wurde und dann wieder so, wie man es vielleicht so schon kennt. Und das verwirrt meiner Meinung nach definitiv.

Lomax

Zitat von: Berry am 02. Dezember 2007, 13:19:35..., doch wissen wir wohl alle, dass hinter der Einführung der Akzente ein gewisser Sinn steckte, nämlich die Klärung der Betonungsfrage.
Das mag schon sein. Aber hier geht es nicht um die Wirklichkeit, sondern um Bücher. Tolkien hat sich bei seinen Akzenten sicher was gedacht - aber wer nicht gerade versierter, hauptberuflicher Linguist ist, dürfte nicht in der Lage sein, selbst ein in sich stimmiges System zu entwickeln, in dem sich solche Sonderzeichen sinnvoll einfügen. Dann denkt sich der Autor vermutlich auch was bei den Akzenten - nur leider meist was falsches. Es wäre also meist besser, man ließe sie weg.

Aber selbst wenn sie sowohl nach Bedeutung wie nach innerer Stimmigkeit sinnvoll eingesetzt sind, muss man davon ausgehen, dass die meisten deutschen Leser entweder nichts damit anfangen können oder sie falsch verstehen. Und warum auch nicht? Akzentzeichen sind nicht eindeutig, sondern jeweils an die Besonderheiten einer Sprache geknüpft - Informationen, die in einem Roman, selbst wenn der Autor davon eine klare Vorstellung hat, meist nicht mitgeliefert werden. Dann sind diese Sonderzeichen zwar kein Ärgernis mehr, aber sie sind überflüssig. Spätestens an dieser zweiten Hürde scheitern dann auch die Autoren, die die erste nehmen.
  Und ein Stilmittel, das im besten Fall nichts bringt, ist überflüssig. Das mag zum Teil eine Geschmackssache sein, und es mag auch Ausnahmen geben. Fakt ist allerdings, dass ich mich bisher als Lektor immer nur über wahllos wirkende Akzente oder ganz exotische Sonderzeichen in der Fantasy geärgert, den gegenteiligen Fall ("Wow, was für ein toller Name mit den ganzen Strichels und Haken darüber") aber noch nie erlebt habe.

Lapislazuli

Bei mir entstehen Namen im Kopf und nicht auf dem Papier, das heißt, wenn mir ein Name einfällt, dann ist der oft an eine bestimmte Aussprache gebunden. Also ich hätte gern, dass man die oder die andere Silbe betont, teilweise gibt es auch Laute, die in der deutschen Sprache nicht gebräuchlich sind - was daher kommt, dass ich mich anderen Sprachen beschäftige und aus diesem Grund diese Laute eben in meinem Kopf habe, und wenn sich die in einen Namen einschleichen, dann sage ich eben nicht nein.  Meistens. Ich mache mir schon meine Überlegungen wie die Sprache des Volkes über das ich schreibe aufgebaut sein soll, welche Buchstaben/Laute es gibt, welche nicht usw. und natürlich auch wie ich die am besten schreibe. a ist eben nicht gleich á und u nicht ú.  Bei dem Roman in dem das eine Rolle spielt, were ich wohl ein Verzeichnis mitliefern, das die Aussprache erklärt. Das wird nicht sehr umfangreich, da ich dennoch versuche das ganze möglichst lesefreundlich zu gestalten, aber manche Dinge müssen eben sein.

Wie will man denn signalisieren, dass ein Vokal länger ausgesprochen werden soll? Man kann natürlich wie im Deutschen ein h einfügen, das würde jeder verstehen. Aber wenn man dann ein zweites Volk hat mit einer anderen Sprache, dann möchte man bei denen die Vokale nicht durch ein h verlängern, sondern was anderes machen, schon alleine um den Unterschied zu verdeutlichen. Man kann die Vokale dann verdoppelen, wie das im Finnischen gemacht wird, oder wir wären wieder bei den Akzenten: Vokal mit Akzent ist langer Vokal.
Einerseits kann man dem Leser zuliebe in dem Fall eine akzentfreie und vielleicht klarere Version basteln. In meiner Geschichte gibt es eine Dame namens Panú - mit langem u. Und ich finde dass es schon ein Unterschied ist, ob ich Panuh oder Panuu oder Panú schreibe. Selbst wenn man diese drei Varianten gleich ausprechen würde. Mir schien es am passendsten hier den Akzent zu verwenden. Ich bin der Meinung, dass eine bestimmte Schreibweise auch ein gewisses Flair vermitteln kann.

Gerade bei den Vokalen gibt es so viele Möglichkeiten, und es ist keine Eitelkeit und kein Interessanter-machen-wollen, wenn ich verschiedene a-Aussprachen durch Akzente oder sonstwas kennzeichne.
Kann sein, dass es Autoren gibt, die Zeichen einfach aufs geratewohl verwenden, so wie Glitzersternchen, die man irgendwo hinklebt, wo noch ein langweiliger Fleck ist. Aber ich wage zu behaupten, dass sich viele etwas dabei denken. Natürlich muss das dann auch erklärt werden, weil ein Leser kann ja nicht in den Autor hineinschauen, um zu sehen, wie der das gemeint haben könnte. Und auch von zu komplizierten phonetischen Beschreiben ist eher abzusehen, da das keinen Leser in erster Linie interessiert.
Aber gerade bei Fantasy, passiert es eben, dass man sich nicht nur bei im Deutschen gebräuchlichen und mit deutscher Schreibweise darstellbaren Lauten bedient. Diese Freiheit sollte man schon haben denke ich. 


Lomax

Das ist ein wenig wie bei Beschreibungen: Man kann das Erleben des Lesers auch kaputtmachen durch das Bestreben, ihm genau die Vorstellung aufzuzwingen, die man selbst beim Schreiben hatte. Und oft genug schafft man es trotzdem nicht, sondern verwirrt nur.

Manchmal mag es wichtig sein, dass der Leser sich einen Namen genau so ausgesprochen denkt, wie man selbst ihn aussprechen würde. Meistens aber eher nicht.
  Wenn man eine Erklärung dazuliefert, kann das zumindest schon mal hilfreich sein, damit der Leser weiß, ob der Autor eher eine "spanische" oder eher eine "französische" Vorstellung beim Setzen seiner Akzente hatte. Aber was für einen erzählerischen Zusatzwert hat diese Information? Was für einen Nutzen hat es, dem Leser lange Erklärungen zu liefern, nur damit ein bestimmtes, recht belangloses Element der Geschichte nicht mehr zu Problemen führt?
Zitat von: Lapislazuli am 02. Dezember 2007, 21:30:26In meiner Geschichte gibt es eine Dame namens Panú - mit langem u. Und ich finde dass es schon ein Unterschied ist, ob ich Panuh oder Panuu oder Panú schreibe.
Damit lieferst du gleich ein Beispiel. Denn worum geht es dir? Willst du, dass der Leser genau weiß, dass er das "u" lang sprechen soll? Dann hilft dir das "ú" gar nichts, weil der Leser dann ohne Erklärung immer noch nicht weiß, dass der Akzent hier der Längung dient. Mit "uu" oder "uh" erreichst du dein Ziel besser.
  Ist dir hingegen das elegangte Schriftbild wichtiger und Panuh oder Panuu zu schwerfällig? Dann kannst du genausogut "Panu" schreiben, und hast nichts verloren.
Zitat von: Lapislazuli am 02. Dezember 2007, 21:30:26Aber ich wage zu behaupten, dass sich viele etwas dabei denken.
Ja, vermutlich denkt sich jeder Autor was dabei. Jeder Mensch denkt sich immerzu irgendwas, aber Aufgabe des Autors ist nicht, irgendwas nettes bei sich zu denken, sondern es dem Leser zu vermitteln.
  Das häufigste, was ich vor allem als Schlussredakteur von Journalisten gehört habe, war der Einwand: "Da hab ich mir aber was bei gedacht, als ich das so geschrieben habe." Und meine Antwort war sinngemäß auch immer dieselbe: "Mich interessiert nur der Text, den du geschrieben hast." Weil man seinem Leser eben nicht für alles eine Anleitung dazuliefern kann, wie es zu verstehen ist, sondern der Text selbst von sich aus das Verständnis liefern muss.

Nun, bei klar umrissenen Punkten wie Akzenten kann man vielleicht die Anleitung mitliefern. Aber ich habe immer gelernt, dass es schlechtes Handwerk ist, Sachen zu schreiben, die man dann noch lange erklären muss, damit der Leser sie überhaupt versteht. Und ich denke, man braucht einen wirklichen guten Grund, wenn man es trotzdem tut. Und bisher habe ich noch nie ein Akzentsystem gesehen, das mir erzählerisch so bedeutsam erschien, dass es eine zum Buch mitgelieferte Gebrauchsanweisung rechtfertigt. Dafür aber sehr viele Akzentsysteme, die eine solche Gebrauchsanweisung offenbar bitter nötig gehabt hätten, weil sie sich beim Lesen eben nicht von selbst erschlossen hätten.

Und - die Freiheit hast du natürlich. Du kannst jederzeit alle Sonderzeichen benutzen, bis irgendwann mal der Satz anfängt, sich zu beschweren. Das ist nicht die Frage. Nur bringen tut es dem Text eben nichts, und du hast damit letztlich den überflüssigen Klotz am Bein, es so machen zu müssen, dass es nicht schadet.
  Wie oben schon gesagt - für mich war die Frage nicht, ob man es machen kann. Sondern warum man es machen sollte.

Lennard

#11
Zuächst einmal recht herzlichen Dank für die Statements - sehr hilfreich.

Als Hintergrund zu meiner Frage noch ergänzend folgendes:
Wenn es darum geht, Namen für Charaktere, geographische Gegebenheiten oder andere besondere Dinge zu bestimmen, bin ich stets bemüht, nicht nur einen reinen "Fantasy-Namen", der sich einfach nur gut anhört, zu vergeben. Die Bezeichnungen selbst, die ich wähle, sollen bereits (wenn möglich) eine tiefere Bedeutung haben. Hierfür müsste man wahrlich in die Fußstapfen von Tolkien treten. Diese Schuhe sind natürlich viel zu groß. Ich gehe daher den einfacheren Weg, in dem ich mich i.d.R. einer realen "alten" Sprache bediene. Konkret: Viele Bezeichnungen in meiner Fantasy-Welt entstammen der altnordischen Sprache oder sind zumindest daran angelehnt. Hierbei muss ich vielleicht noch einfügen, das mein Romanprojekt keine Fantasy im althergebrachten Sinne ist, aber auch nicht rein historisch. Es liegt irgendwie dazwischen. Aber in jedem Fall liegt es bei meinem Projekt auf gewisse Weise nahe, sich aus dem altnordischen Sprachschatz zu bedienen. Oh ja, ich habe für mich als Anspruch, ein Werk zu schaffen, das nicht nur für Fantasy-Leser ein Genuss ist, sondern durchaus auch für Kenner der altnordischen Sprache des öfteren ein Aha-Erlebnis zu schaffen.

Dieser Philosophie folgend, würde ich natürlich gerne die entsprechenden Begriffe (Namen etc.), die real betrachtet aus dem Altnordischen stammen, auch möglichst unverfälscht verwenden. Das würde allerdings die sehr häufige Verwendung von diversen Sonderzeichen zur Folge haben.

Ich will es mal an einem Beispiel verdeutlichen: Einer meiner Charaktere heißt Árvakir. Er ist bekannt dafür, das er sehr wenig Schlaf braucht. Dies haben seine Eltern bereits früh erkannt und ihm schließlich diesen Namen gegeben. Der Name entstammt der alten Sprache und bedeutet "früh wach".
OT betrachtet, kommt der Name aus dem Altnordischen: árvakr = früh wach.

Also in meinem Fall hat die Verwendung von Sonderzeichen schon einen Sinn, ja sogar eine tiefere Bedeutung, die über die bloße richtige Aussprache hinausgeht.
Mir stellte sich in diesem Zusammenhang aber halt die Frage, ob es für ein Lektorat evtl. eher als Unsitte gilt, derartige Sonderzeichen zu verwenden und darüberhinaus, ob die Verwendung drucktechnisch besonderen Aufwand bedeutet. Nun ja...man will als Erstlingsautor ja nicht gleich unnötige Hürden aufbauen.  ;)

Aber ihr habt mir schon sehr weitergeholfen. Habt Dank (insbesondere @Lomax).

Gruß
Lennard

Lomax

Zitat von: Lennard am 03. Dezember 2007, 20:11:29Viele Bezeichnungen in meiner Fantasy-Welt entstammen der altnordischen Sprache oder sind zumindest daran angelehnt. ... Dieser Philosophie folgend, würde ich natürlich gerne die entsprechenden Begriffe (Namen etc.), die real betrachtet aus dem Altnordischen stammen, auch möglichst unverfälscht verwenden. Das würde allerdings die sehr häufige Verwendung von diversen Sonderzeichen zur Folge haben.
Aha - eine interessante Ausgangslage, zu der noch ein anderer Hinweis naheliegt: Natürlich braucht man für die authentische Darstellung der altnordischen Sprache keine Akzente; als "authentische Sonderzeichen" kämen höchstens solche in Frage, die du garantiert nicht bei irgendeinem Verlag im Satz unterbekommst. Runen, beispielsweise ;) Die authentischen, also zeitgenössischen Umsetzungen des Altnordischen in lateinische Schrift, waren naturgemäß uneinheitlich.
  Was du an "korrekten" Schreibweisen im Kopf hast, ist selbst wiederum nur ein Konstrukt der modernen Sprachwissenschaften zur Wiedergabe einer einstmals gesprochenen oder auf ganz andere Weise geschriebenen Sprache; sozusagen eine Interpretation des Altnordischen durch das humanistische Bildungsideal des 19. Jahrhunderts. Jede eigene Umschreibung, die du für die Wörter findest, ist nicht unbedingt falscher - sie wäre allenfalls "unwissenschaftlicher".

Daraus ergeben sich für deinen Ansatz also einige Schlussfolgerungen, derer du dir bewusst sein solltest: Wenn du die gebräuchlichen Sonderzeichen fürs Altnordische benutzt, bringst du damit Fachsprache in deinen Roman. Manche Leute mögen etwas darin erkennen - allerdings nur die Fachleute, denen dann auch akribisch jeder Fehler in der Setzung auffallen wird. Du setzt diese Sonderzeichen dann also nur für einige wenige besonders Interessierte, und damit du dieses Publikum richtig erreichst, solltest du auch selbst das Altnordische auf akademischem Niveau beherrschen. 
  Für das normale Publikum bringen die Akzente nichts. Gerade fürs Altnordische haben manche Akzentzeichen eine dezidiert andere Bedeutung als in gebräuchlicheren, modernen Sprachen - d.h. gerade die korrekten Sonderzeichen können viele Leser erst recht zu einer falschen Vorstellung von der Aussprache des Wortes verleiten. Ob's die Leser stört - wer weiß. Vermutlich ist es ihnen einfach egal. Es sei denn, die vermittelten falschen Vorstellungen wirken regelrecht irritierend und unaussprechbar - auch die "Missverständlichkeit" deiner Akzente solltest du also prüfen.
  Drittens benutzt du durch korrekten Gebrauch einer im 19. Jahrhundert entwickelten "Fachsprache" fürs Altnordische auch einen "Filter" oder eine "Linse" - eine besondere Art, auf deine Vorbildsprachen zu schauen. Es ist ein philologischer, ein wissenschaftlicher Blick, der aber bestimmte Facetten der Authentizität gewissen anderen Prioritäten opfert.
  Wenn du die Sonderzeichen also verwendest, solltest du es nicht einfach nur selbstverständlich als "einzig richtige Wiedergabe eines festgelegten Gegenstandes" tun, sondern im Bewusstsein der Konsequenzen und Implikationen. Selbst wenn du das Altnordische als Inspirationsquelle heranziehst, gibt es immer noch mehrere Wege, wie du diese Vorbilder literarisch verarbeiten kannst. Durch die Art, wie du damit umgehst, triffst du eine Entscheidung. Ein konkretes Vorbild und ein systematischer Umgang damit vermeidet zumindest den "Salzstreuer"-Effekt. Aber eine Kosten-Nutzen-Analyse, die sowohl den von dir intendierten Aufwand wie auch gewünschte und unerwünschte Effekte berücksichtigt, ersetzt es nicht.

Coppelia

 Ich kann Lomax da wirklich nur in jeder Hinsicht zustimmen.
Ich persönlich hab mich ja schon vor vielen Jahren gegen Sonderzeichen entschieden, auch wenn ich sie natürlich theoretisch, wie jeder, verwenden könnte. Wenn mir selbst Sonderzeichen begegneten, hatte ich immer das Gefühl, der Leser sollte entweder beeindruckt werden oder wurde unterschätzt. Beeindruckt? "Sieh mal, was ich als Autor von Sprache verstehe - dieses Zeichen hast du bestimmt noch nie gesehen, oder? Sieh mal, wie originell und exotisch das ist!" Unterschätzt? "Du musst Phantásien genau so betonen - auf dem a und nicht dem i, und das a musst du lang sprechen!" (ach wirklich? Ich wäre nie drauf gekommen).

Ein ähnlicher Fall bei Panú - da wir im Deutschen Vokale in offenen Tonsilben generell automatisch lang sprechen, muss dort einer Meinung nach kein Sonderzeichen stehen.

Am schlimmsten sind meiner Meinung nach die Sonderzeichen - davon dürfte es im Altnordischen auch einige geben - für die wir keine Entsprechung haben und nicht wissen, wie man sie überhaupt aussprechen soll. Wenn der Leser so ein Zeichen sieht, wird ihn das meiner Meinung nach verwirren. Ich wäre sogar wütend, weil der Autor von mir so ein Fachwissen nicht voraussetzen darf, wenn ich mich unterhalten will.

Und was ist schlimm daran, wenn man einen Namen falsch liest? Die mangelnde Kenntnis altgriechischer Betonungsregeln hat mich als Kind nicht davon abgehalten, die Ilias zu lesen. Und geschadet hat es mir nicht, da sowieso fast niemand weiß, wie man diese langen Namen "korrekt" betont. Aber was hätte ich wohl getan, wenn die Herausgeber gern authentisch gewesen wären? ;) Dann hätte ich es vielleicht mit der schönen Èlena zu tun gehabt (man kann hier die altgriechische Schreibung nicht wirklich authentisch nachahmen) und wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass sie Helena ausgesprochen wird.

Mir persönlich kommt es mehr darauf an, meine Leser nicht zu erschrecken, als dass sie meine linguistischen Schöpfungen nachvollziehen. ;)
Daher verwende ich immer eine Umschrift in die Buchstaben unseres Alphabets. Und wenn es dabei Probleme gibt, kläre ich es im Text. Da wäre z. B. Vaalen, die eigentlich eine V°alen ist (denkt euch das ° bitte über dem a).

"Mein Name ist Vaalen", sagte sie. Sie sprach das a beinahe aus wie ein o.

Da sehe ich kein Problem.

Warlock

Zitat von: Coppelia am 04. Dezember 2007, 08:38:45
Ich kann Lomax da wirklich nur in jeder Hinsicht zustimmen.
Ich persönlich hab mich ja schon vor vielen Jahren gegen Sonderzeichen entschieden, auch wenn ich sie natürlich theoretisch, wie jeder, verwenden könnte. Wenn mir selbst Sonderzeichen begegneten, hatte ich immer das Gefühl, der Leser sollte entweder beeindruckt werden oder wurde unterschätzt. Beeindruckt? "Sieh mal, was ich als Autor von Sprache verstehe - dieses Zeichen hast du bestimmt noch nie gesehen, oder? Sieh mal, wie originell und exotisch das ist!" Unterschätzt? "Du musst Phantásien genau so betonen - auf dem a und nicht dem i, und das a musst du lang sprechen!" (ach wirklich? Ich wäre nie drauf gekommen).

Genau so ähnlich empfinde ich den Facettenreichtum der Sonderzeichen. Ich verzichte auch darauf. Manchmal sind solche Bezeichnung so verwirrend oder so unaussprechlich, dass man sich die Zunge dabei brechen würde.

Danke Coppelia, du hast mir aus der Seele gesprochen!  :jau: