Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Lennard am 01. Dezember 2007, 18:13:37

Titel: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lennard am 01. Dezember 2007, 18:13:37
Kann man auch problemlos spezielle Sonderzeichen, z.B. bei Personennamen, verwenden? Oder sollte man, wenn möglich, darauf verzichten?

Z.B.: á, é, í, ó, ú, ý, ø, þ, ð  etc.

Ich weiß ja nicht, inwieweit die Verwendung von Sonderzeichen im Text besondere Umstände für einen Verlag beim Druck macht *schulterzuck*.

Gruß
Lennard
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Ary am 01. Dezember 2007, 18:20:15
Ich glaube ja, dass nichts Probleme macht, was irgendwie im Asci-Zeichensatz zu finden ist. Buchstaben mit Accent drüber auf keinen Fall, also sowas wie á, à, â.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lomax am 01. Dezember 2007, 18:30:06
Zitat von: Lennard am 01. Dezember 2007, 18:13:37Kann man auch problemlos spezielle Sonderzeichen, z.B. bei Personennamen, verwenden? Oder sollte man, wenn möglich, darauf verzichten?

Z.B.: á, é, í, ó, ú, ý, ø, þ, ð  etc.

Ich weiß ja nicht, inwieweit die Verwendung von Sonderzeichen im Text besondere Umstände für einen Verlag beim Druck macht *schulterzuck*.
Man kann sie natürlich verwenden. Vielleicht sollte man noch mal drauf aufmerksam machen, damit sie nicht irgendwo beim Umkonvertieren verloren gehen - aber so oft, wie sie in der Fantasy vorkommen, ist es auf jeden Fall kein grundsätzliches Problem ;)

Ich persönlich würde allerdings schon darauf verzichten. Sie werden gerne eingestreut, um einen Text exotischer wirken zu lassen - und in der Regel ziemlich zweckfrei. Wenn man sie präzise in fremdsprachlichen Wendungen setzt, haben sie etwas typisch deutsches "Alles-korrekter-als-alle-andere-machen-wollen"; man merkt, was ich meine, wenn man beobachtet, was andere Länder mit Zeichen machen, die sie nicht kennen - beispielsweise Amerikaner mit Umlauten in deutschen Worten ;D
  Wenn man sie in der Fantasy mit dem Salzstreuer einsetzt, um zu zeigen, wie toll fremd die Sprachen auf der Welt sind, ist es auch nur maniriert. Im Zweifel macht der Leser eh nichts draus, und insofern haben Akzente und Sonderzeichen den Wert von rosa Blümchen, die man fleißig in sein Schulheft gezeichnet hat, um den Text zu verschönern. Wenn der Text ein Feeling hat, braucht man sie nicht. Wenn der Text kein Feeling hat, kommt es auch durch ein paar Sonderzeichen nicht rein.

Also: technisch kein Problem, aber mehr als eine technische Spielerei sehe ich auch nicht darin. Meines Erachtens lautet die Frage also nicht: Kann man?, sondern: Warum sollte man?
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: FeeamPC am 01. Dezember 2007, 19:50:33
Ich würde auch danach gehen, wieviel reale Welt in die Geschichte hineinspielt. Eine Fantasy-Geschichte, die vor dem Hintergrund eines historischen Frankreichs spielte, hätte sicher bei mir etliche Namen mit Sonderzeichen.
Ansonsten würde ich ebenfalls eine möglichst sparsame Verwendung vorziehen.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Berry am 02. Dezember 2007, 13:19:35
Ich möchte darin widersprechen, dass es sich beim Setzen von Akzenten lediglich um eine technische Spielerei handelt. Diesen Eindruck kann man zwar unter anderem bei Paolinis Eragon durchaus bekommen, doch wissen wir wohl alle, dass hinter der Einführung der Akzente ein gewisser Sinn steckte, nämlich die Klärung der Betonungsfrage.

Wir hier in Deutschland und auch andere Länder nutzen die Akzente eher nicht, aber das bedeutet noch lange nicht, dass dies gut oder richtig sei.

Daher würde ich zumindest für nicht-deutsche Namen, ausgedachte Namen oder Sprachen schon die Akzente benutzen und lese sie auch mit, wenn sie in Texten stehen. Dass sie dann anders gemein als verwendet sind, ist dann auch nicht mein Problem, oder?
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: saraneth am 02. Dezember 2007, 13:57:06
Was die Betonung angeht, schließe ich mich Berry an. Ich leses Akzente immer mit und es verwirrt mich dann doch, wenn hinten im Buch beispielsweise erklärt wird, wie der Name ausgesprochen wird und die Akzente auf einmal völlig anders verwendet werden.

Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Cailin am 02. Dezember 2007, 14:00:50
Naja, solange diese andere Verwendung dann wenigstens erklärt und auch schlüssig durchgehalten wird, ist das für mich O.K.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: saraneth am 02. Dezember 2007, 14:29:58
Solange... Aber es gibt da leider Bücher, in denen es mal so eingehalten wird, wie es erklärt wurde und dann wieder so, wie man es vielleicht so schon kennt. Und das verwirrt meiner Meinung nach definitiv.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lomax am 02. Dezember 2007, 18:08:56
Zitat von: Berry am 02. Dezember 2007, 13:19:35..., doch wissen wir wohl alle, dass hinter der Einführung der Akzente ein gewisser Sinn steckte, nämlich die Klärung der Betonungsfrage.
Das mag schon sein. Aber hier geht es nicht um die Wirklichkeit, sondern um Bücher. Tolkien hat sich bei seinen Akzenten sicher was gedacht - aber wer nicht gerade versierter, hauptberuflicher Linguist ist, dürfte nicht in der Lage sein, selbst ein in sich stimmiges System zu entwickeln, in dem sich solche Sonderzeichen sinnvoll einfügen. Dann denkt sich der Autor vermutlich auch was bei den Akzenten - nur leider meist was falsches. Es wäre also meist besser, man ließe sie weg.

Aber selbst wenn sie sowohl nach Bedeutung wie nach innerer Stimmigkeit sinnvoll eingesetzt sind, muss man davon ausgehen, dass die meisten deutschen Leser entweder nichts damit anfangen können oder sie falsch verstehen. Und warum auch nicht? Akzentzeichen sind nicht eindeutig, sondern jeweils an die Besonderheiten einer Sprache geknüpft - Informationen, die in einem Roman, selbst wenn der Autor davon eine klare Vorstellung hat, meist nicht mitgeliefert werden. Dann sind diese Sonderzeichen zwar kein Ärgernis mehr, aber sie sind überflüssig. Spätestens an dieser zweiten Hürde scheitern dann auch die Autoren, die die erste nehmen.
  Und ein Stilmittel, das im besten Fall nichts bringt, ist überflüssig. Das mag zum Teil eine Geschmackssache sein, und es mag auch Ausnahmen geben. Fakt ist allerdings, dass ich mich bisher als Lektor immer nur über wahllos wirkende Akzente oder ganz exotische Sonderzeichen in der Fantasy geärgert, den gegenteiligen Fall ("Wow, was für ein toller Name mit den ganzen Strichels und Haken darüber") aber noch nie erlebt habe.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lapislazuli am 02. Dezember 2007, 21:30:26
Bei mir entstehen Namen im Kopf und nicht auf dem Papier, das heißt, wenn mir ein Name einfällt, dann ist der oft an eine bestimmte Aussprache gebunden. Also ich hätte gern, dass man die oder die andere Silbe betont, teilweise gibt es auch Laute, die in der deutschen Sprache nicht gebräuchlich sind - was daher kommt, dass ich mich anderen Sprachen beschäftige und aus diesem Grund diese Laute eben in meinem Kopf habe, und wenn sich die in einen Namen einschleichen, dann sage ich eben nicht nein.  Meistens. Ich mache mir schon meine Überlegungen wie die Sprache des Volkes über das ich schreibe aufgebaut sein soll, welche Buchstaben/Laute es gibt, welche nicht usw. und natürlich auch wie ich die am besten schreibe. a ist eben nicht gleich á und u nicht ú.  Bei dem Roman in dem das eine Rolle spielt, were ich wohl ein Verzeichnis mitliefern, das die Aussprache erklärt. Das wird nicht sehr umfangreich, da ich dennoch versuche das ganze möglichst lesefreundlich zu gestalten, aber manche Dinge müssen eben sein.

Wie will man denn signalisieren, dass ein Vokal länger ausgesprochen werden soll? Man kann natürlich wie im Deutschen ein h einfügen, das würde jeder verstehen. Aber wenn man dann ein zweites Volk hat mit einer anderen Sprache, dann möchte man bei denen die Vokale nicht durch ein h verlängern, sondern was anderes machen, schon alleine um den Unterschied zu verdeutlichen. Man kann die Vokale dann verdoppelen, wie das im Finnischen gemacht wird, oder wir wären wieder bei den Akzenten: Vokal mit Akzent ist langer Vokal.
Einerseits kann man dem Leser zuliebe in dem Fall eine akzentfreie und vielleicht klarere Version basteln. In meiner Geschichte gibt es eine Dame namens Panú - mit langem u. Und ich finde dass es schon ein Unterschied ist, ob ich Panuh oder Panuu oder Panú schreibe. Selbst wenn man diese drei Varianten gleich ausprechen würde. Mir schien es am passendsten hier den Akzent zu verwenden. Ich bin der Meinung, dass eine bestimmte Schreibweise auch ein gewisses Flair vermitteln kann.

Gerade bei den Vokalen gibt es so viele Möglichkeiten, und es ist keine Eitelkeit und kein Interessanter-machen-wollen, wenn ich verschiedene a-Aussprachen durch Akzente oder sonstwas kennzeichne.
Kann sein, dass es Autoren gibt, die Zeichen einfach aufs geratewohl verwenden, so wie Glitzersternchen, die man irgendwo hinklebt, wo noch ein langweiliger Fleck ist. Aber ich wage zu behaupten, dass sich viele etwas dabei denken. Natürlich muss das dann auch erklärt werden, weil ein Leser kann ja nicht in den Autor hineinschauen, um zu sehen, wie der das gemeint haben könnte. Und auch von zu komplizierten phonetischen Beschreiben ist eher abzusehen, da das keinen Leser in erster Linie interessiert.
Aber gerade bei Fantasy, passiert es eben, dass man sich nicht nur bei im Deutschen gebräuchlichen und mit deutscher Schreibweise darstellbaren Lauten bedient. Diese Freiheit sollte man schon haben denke ich. 

Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lomax am 02. Dezember 2007, 22:53:36
Das ist ein wenig wie bei Beschreibungen: Man kann das Erleben des Lesers auch kaputtmachen durch das Bestreben, ihm genau die Vorstellung aufzuzwingen, die man selbst beim Schreiben hatte. Und oft genug schafft man es trotzdem nicht, sondern verwirrt nur.

Manchmal mag es wichtig sein, dass der Leser sich einen Namen genau so ausgesprochen denkt, wie man selbst ihn aussprechen würde. Meistens aber eher nicht.
  Wenn man eine Erklärung dazuliefert, kann das zumindest schon mal hilfreich sein, damit der Leser weiß, ob der Autor eher eine "spanische" oder eher eine "französische" Vorstellung beim Setzen seiner Akzente hatte. Aber was für einen erzählerischen Zusatzwert hat diese Information? Was für einen Nutzen hat es, dem Leser lange Erklärungen zu liefern, nur damit ein bestimmtes, recht belangloses Element der Geschichte nicht mehr zu Problemen führt?
Zitat von: Lapislazuli am 02. Dezember 2007, 21:30:26In meiner Geschichte gibt es eine Dame namens Panú - mit langem u. Und ich finde dass es schon ein Unterschied ist, ob ich Panuh oder Panuu oder Panú schreibe.
Damit lieferst du gleich ein Beispiel. Denn worum geht es dir? Willst du, dass der Leser genau weiß, dass er das "u" lang sprechen soll? Dann hilft dir das "ú" gar nichts, weil der Leser dann ohne Erklärung immer noch nicht weiß, dass der Akzent hier der Längung dient. Mit "uu" oder "uh" erreichst du dein Ziel besser.
  Ist dir hingegen das elegangte Schriftbild wichtiger und Panuh oder Panuu zu schwerfällig? Dann kannst du genausogut "Panu" schreiben, und hast nichts verloren.
Zitat von: Lapislazuli am 02. Dezember 2007, 21:30:26Aber ich wage zu behaupten, dass sich viele etwas dabei denken.
Ja, vermutlich denkt sich jeder Autor was dabei. Jeder Mensch denkt sich immerzu irgendwas, aber Aufgabe des Autors ist nicht, irgendwas nettes bei sich zu denken, sondern es dem Leser zu vermitteln.
  Das häufigste, was ich vor allem als Schlussredakteur von Journalisten gehört habe, war der Einwand: "Da hab ich mir aber was bei gedacht, als ich das so geschrieben habe." Und meine Antwort war sinngemäß auch immer dieselbe: "Mich interessiert nur der Text, den du geschrieben hast." Weil man seinem Leser eben nicht für alles eine Anleitung dazuliefern kann, wie es zu verstehen ist, sondern der Text selbst von sich aus das Verständnis liefern muss.

Nun, bei klar umrissenen Punkten wie Akzenten kann man vielleicht die Anleitung mitliefern. Aber ich habe immer gelernt, dass es schlechtes Handwerk ist, Sachen zu schreiben, die man dann noch lange erklären muss, damit der Leser sie überhaupt versteht. Und ich denke, man braucht einen wirklichen guten Grund, wenn man es trotzdem tut. Und bisher habe ich noch nie ein Akzentsystem gesehen, das mir erzählerisch so bedeutsam erschien, dass es eine zum Buch mitgelieferte Gebrauchsanweisung rechtfertigt. Dafür aber sehr viele Akzentsysteme, die eine solche Gebrauchsanweisung offenbar bitter nötig gehabt hätten, weil sie sich beim Lesen eben nicht von selbst erschlossen hätten.

Und - die Freiheit hast du natürlich. Du kannst jederzeit alle Sonderzeichen benutzen, bis irgendwann mal der Satz anfängt, sich zu beschweren. Das ist nicht die Frage. Nur bringen tut es dem Text eben nichts, und du hast damit letztlich den überflüssigen Klotz am Bein, es so machen zu müssen, dass es nicht schadet.
  Wie oben schon gesagt - für mich war die Frage nicht, ob man es machen kann. Sondern warum man es machen sollte.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lennard am 03. Dezember 2007, 20:11:29
Zuächst einmal recht herzlichen Dank für die Statements - sehr hilfreich.

Als Hintergrund zu meiner Frage noch ergänzend folgendes:
Wenn es darum geht, Namen für Charaktere, geographische Gegebenheiten oder andere besondere Dinge zu bestimmen, bin ich stets bemüht, nicht nur einen reinen "Fantasy-Namen", der sich einfach nur gut anhört, zu vergeben. Die Bezeichnungen selbst, die ich wähle, sollen bereits (wenn möglich) eine tiefere Bedeutung haben. Hierfür müsste man wahrlich in die Fußstapfen von Tolkien treten. Diese Schuhe sind natürlich viel zu groß. Ich gehe daher den einfacheren Weg, in dem ich mich i.d.R. einer realen "alten" Sprache bediene. Konkret: Viele Bezeichnungen in meiner Fantasy-Welt entstammen der altnordischen Sprache oder sind zumindest daran angelehnt. Hierbei muss ich vielleicht noch einfügen, das mein Romanprojekt keine Fantasy im althergebrachten Sinne ist, aber auch nicht rein historisch. Es liegt irgendwie dazwischen. Aber in jedem Fall liegt es bei meinem Projekt auf gewisse Weise nahe, sich aus dem altnordischen Sprachschatz zu bedienen. Oh ja, ich habe für mich als Anspruch, ein Werk zu schaffen, das nicht nur für Fantasy-Leser ein Genuss ist, sondern durchaus auch für Kenner der altnordischen Sprache des öfteren ein Aha-Erlebnis zu schaffen.

Dieser Philosophie folgend, würde ich natürlich gerne die entsprechenden Begriffe (Namen etc.), die real betrachtet aus dem Altnordischen stammen, auch möglichst unverfälscht verwenden. Das würde allerdings die sehr häufige Verwendung von diversen Sonderzeichen zur Folge haben.

Ich will es mal an einem Beispiel verdeutlichen: Einer meiner Charaktere heißt Árvakir. Er ist bekannt dafür, das er sehr wenig Schlaf braucht. Dies haben seine Eltern bereits früh erkannt und ihm schließlich diesen Namen gegeben. Der Name entstammt der alten Sprache und bedeutet "früh wach".
OT betrachtet, kommt der Name aus dem Altnordischen: árvakr = früh wach.

Also in meinem Fall hat die Verwendung von Sonderzeichen schon einen Sinn, ja sogar eine tiefere Bedeutung, die über die bloße richtige Aussprache hinausgeht.
Mir stellte sich in diesem Zusammenhang aber halt die Frage, ob es für ein Lektorat evtl. eher als Unsitte gilt, derartige Sonderzeichen zu verwenden und darüberhinaus, ob die Verwendung drucktechnisch besonderen Aufwand bedeutet. Nun ja...man will als Erstlingsautor ja nicht gleich unnötige Hürden aufbauen.  ;)

Aber ihr habt mir schon sehr weitergeholfen. Habt Dank (insbesondere @Lomax).

Gruß
Lennard
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lomax am 04. Dezember 2007, 02:23:04
Zitat von: Lennard am 03. Dezember 2007, 20:11:29Viele Bezeichnungen in meiner Fantasy-Welt entstammen der altnordischen Sprache oder sind zumindest daran angelehnt. ... Dieser Philosophie folgend, würde ich natürlich gerne die entsprechenden Begriffe (Namen etc.), die real betrachtet aus dem Altnordischen stammen, auch möglichst unverfälscht verwenden. Das würde allerdings die sehr häufige Verwendung von diversen Sonderzeichen zur Folge haben.
Aha - eine interessante Ausgangslage, zu der noch ein anderer Hinweis naheliegt: Natürlich braucht man für die authentische Darstellung der altnordischen Sprache keine Akzente; als "authentische Sonderzeichen" kämen höchstens solche in Frage, die du garantiert nicht bei irgendeinem Verlag im Satz unterbekommst. Runen, beispielsweise ;) Die authentischen, also zeitgenössischen Umsetzungen des Altnordischen in lateinische Schrift, waren naturgemäß uneinheitlich.
  Was du an "korrekten" Schreibweisen im Kopf hast, ist selbst wiederum nur ein Konstrukt der modernen Sprachwissenschaften zur Wiedergabe einer einstmals gesprochenen oder auf ganz andere Weise geschriebenen Sprache; sozusagen eine Interpretation des Altnordischen durch das humanistische Bildungsideal des 19. Jahrhunderts. Jede eigene Umschreibung, die du für die Wörter findest, ist nicht unbedingt falscher - sie wäre allenfalls "unwissenschaftlicher".

Daraus ergeben sich für deinen Ansatz also einige Schlussfolgerungen, derer du dir bewusst sein solltest: Wenn du die gebräuchlichen Sonderzeichen fürs Altnordische benutzt, bringst du damit Fachsprache in deinen Roman. Manche Leute mögen etwas darin erkennen - allerdings nur die Fachleute, denen dann auch akribisch jeder Fehler in der Setzung auffallen wird. Du setzt diese Sonderzeichen dann also nur für einige wenige besonders Interessierte, und damit du dieses Publikum richtig erreichst, solltest du auch selbst das Altnordische auf akademischem Niveau beherrschen. 
  Für das normale Publikum bringen die Akzente nichts. Gerade fürs Altnordische haben manche Akzentzeichen eine dezidiert andere Bedeutung als in gebräuchlicheren, modernen Sprachen - d.h. gerade die korrekten Sonderzeichen können viele Leser erst recht zu einer falschen Vorstellung von der Aussprache des Wortes verleiten. Ob's die Leser stört - wer weiß. Vermutlich ist es ihnen einfach egal. Es sei denn, die vermittelten falschen Vorstellungen wirken regelrecht irritierend und unaussprechbar - auch die "Missverständlichkeit" deiner Akzente solltest du also prüfen.
  Drittens benutzt du durch korrekten Gebrauch einer im 19. Jahrhundert entwickelten "Fachsprache" fürs Altnordische auch einen "Filter" oder eine "Linse" - eine besondere Art, auf deine Vorbildsprachen zu schauen. Es ist ein philologischer, ein wissenschaftlicher Blick, der aber bestimmte Facetten der Authentizität gewissen anderen Prioritäten opfert.
  Wenn du die Sonderzeichen also verwendest, solltest du es nicht einfach nur selbstverständlich als "einzig richtige Wiedergabe eines festgelegten Gegenstandes" tun, sondern im Bewusstsein der Konsequenzen und Implikationen. Selbst wenn du das Altnordische als Inspirationsquelle heranziehst, gibt es immer noch mehrere Wege, wie du diese Vorbilder literarisch verarbeiten kannst. Durch die Art, wie du damit umgehst, triffst du eine Entscheidung. Ein konkretes Vorbild und ein systematischer Umgang damit vermeidet zumindest den "Salzstreuer"-Effekt. Aber eine Kosten-Nutzen-Analyse, die sowohl den von dir intendierten Aufwand wie auch gewünschte und unerwünschte Effekte berücksichtigt, ersetzt es nicht.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Coppelia am 04. Dezember 2007, 08:38:45
 Ich kann Lomax da wirklich nur in jeder Hinsicht zustimmen.
Ich persönlich hab mich ja schon vor vielen Jahren gegen Sonderzeichen entschieden, auch wenn ich sie natürlich theoretisch, wie jeder, verwenden könnte. Wenn mir selbst Sonderzeichen begegneten, hatte ich immer das Gefühl, der Leser sollte entweder beeindruckt werden oder wurde unterschätzt. Beeindruckt? "Sieh mal, was ich als Autor von Sprache verstehe - dieses Zeichen hast du bestimmt noch nie gesehen, oder? Sieh mal, wie originell und exotisch das ist!" Unterschätzt? "Du musst Phantásien genau so betonen - auf dem a und nicht dem i, und das a musst du lang sprechen!" (ach wirklich? Ich wäre nie drauf gekommen).

Ein ähnlicher Fall bei Panú - da wir im Deutschen Vokale in offenen Tonsilben generell automatisch lang sprechen, muss dort einer Meinung nach kein Sonderzeichen stehen.

Am schlimmsten sind meiner Meinung nach die Sonderzeichen - davon dürfte es im Altnordischen auch einige geben - für die wir keine Entsprechung haben und nicht wissen, wie man sie überhaupt aussprechen soll. Wenn der Leser so ein Zeichen sieht, wird ihn das meiner Meinung nach verwirren. Ich wäre sogar wütend, weil der Autor von mir so ein Fachwissen nicht voraussetzen darf, wenn ich mich unterhalten will.

Und was ist schlimm daran, wenn man einen Namen falsch liest? Die mangelnde Kenntnis altgriechischer Betonungsregeln hat mich als Kind nicht davon abgehalten, die Ilias zu lesen. Und geschadet hat es mir nicht, da sowieso fast niemand weiß, wie man diese langen Namen "korrekt" betont. Aber was hätte ich wohl getan, wenn die Herausgeber gern authentisch gewesen wären? ;) Dann hätte ich es vielleicht mit der schönen Èlena zu tun gehabt (man kann hier die altgriechische Schreibung nicht wirklich authentisch nachahmen) und wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass sie Helena ausgesprochen wird.

Mir persönlich kommt es mehr darauf an, meine Leser nicht zu erschrecken, als dass sie meine linguistischen Schöpfungen nachvollziehen. ;)
Daher verwende ich immer eine Umschrift in die Buchstaben unseres Alphabets. Und wenn es dabei Probleme gibt, kläre ich es im Text. Da wäre z. B. Vaalen, die eigentlich eine V°alen ist (denkt euch das ° bitte über dem a).

"Mein Name ist Vaalen", sagte sie. Sie sprach das a beinahe aus wie ein o.

Da sehe ich kein Problem.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Warlock am 04. Dezember 2007, 16:26:18
Zitat von: Coppelia am 04. Dezember 2007, 08:38:45
Ich kann Lomax da wirklich nur in jeder Hinsicht zustimmen.
Ich persönlich hab mich ja schon vor vielen Jahren gegen Sonderzeichen entschieden, auch wenn ich sie natürlich theoretisch, wie jeder, verwenden könnte. Wenn mir selbst Sonderzeichen begegneten, hatte ich immer das Gefühl, der Leser sollte entweder beeindruckt werden oder wurde unterschätzt. Beeindruckt? "Sieh mal, was ich als Autor von Sprache verstehe - dieses Zeichen hast du bestimmt noch nie gesehen, oder? Sieh mal, wie originell und exotisch das ist!" Unterschätzt? "Du musst Phantásien genau so betonen - auf dem a und nicht dem i, und das a musst du lang sprechen!" (ach wirklich? Ich wäre nie drauf gekommen).

Genau so ähnlich empfinde ich den Facettenreichtum der Sonderzeichen. Ich verzichte auch darauf. Manchmal sind solche Bezeichnung so verwirrend oder so unaussprechlich, dass man sich die Zunge dabei brechen würde.

Danke Coppelia, du hast mir aus der Seele gesprochen!  :jau:
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lennard am 04. Dezember 2007, 20:14:09
Ich gebe zu, das ich mich als Perfektionist damit ein wenig schwer tue, aber letztendlich habt ihr natürlich vollkommen Recht.
Ich werde also eurem Rat folgen und ebenfalls auf Sonderzeichen verzichten. Jene Leser, die sich mit dem Altnordischen ein wenig auskennen, werden wohl auch ohne Sonderzeichen den tieferen Hintergrund der jeweiligen Bezeichnung erkennen. Wenn ja, dann ist es schön - wenn nicht, dann ist es auch nicht schlimm  ;)

Ihr habt mir sehr geholfen. Danke.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Nitewolf am 05. Dezember 2007, 08:29:18
Lennards Frage scheint ja geklärt zu sein, trotzdem habe ich in dem Threat einiges gelesen, wozu ich auch gern meinen Senf geben würde.

Als Nicht-Französisch-Sprachler hätte ich Akzente erst mal gar nicht mit Betonung in Verbindung gebracht. Natürlich ist mir der Zusammenhang auch wieder eingefallen, nachdem Berry das erwähnt hatte, aber spontan würde ich da einfach nicht dran denken und sie als reine Schnörkel empfinden.

Wenn mir die Betonung und Aussprache der Namen wirklich so wichtig ist, kann ich dem Buch ja ein dramatis personae voranstellen und da die Lautschrift mit angeben. Wen's interessiert, der kanns da nach gucken, der Rest wird nicht damit behelligt.

Mir scheint, einige Leute hier nehmen die Namen, die sie sich so kunstvoll ausdenken viel zu wichtig. Den Leser interessieren die oft kaum.
Ich mache mir gerade bei Fantasynamen meist gar nicht die Mühe, zu versuchen, sie zu entziffern, sondern merke mir einfach nur das Schriftbild. Ich weiss nicht, wieviele Bücher ich gelesen hab, von denen ich keine Ahnung hab, wie der Protagonist heißt, weil ich den Namen nie wirklich gelesen hab. Und da bin ich nicht der einzige, ich kenn viele Leute, denen das so geht.
Mal ganz ehrlich, hat sich irgendjemand wirklich ernstahft Gedanken drüber gemacht, wie man Fafhrd korrekt aussprechen soll, oder Drizzt Do'Urden oder Corum Jhaelen Irsei???
Einfach im Kopf als .jpg abspeichern und gut is.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: DarkDreamer am 05. Dezember 2007, 14:01:09
Da hast du vollkommen Recht, Nitewolf. Selten mache ich mir Gedanken, wie der Name wohl wirklich ausgesprochen wird. Wozu auch? Ich will wissen, wie die Geschichte weitergeht und nicht über den Namen grübeln!
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Maja am 05. Dezember 2007, 14:34:46
Früher habe ich gerne mit Akzenten und Apostrophen in Namen um mich geschmissen - als Beispiel sei die Hohe Elbenfeste Dolua'd'llán genannt. Heute bin ich da sparsamer - aber trotzdem benutze ich Sonderzeichen immer noch ab und an ganz gerne, nämlich wenn ich in meiner Welt verschiedene Kulturen verwende. Dann kann man das, was Fremdländisch erscheinen soll, durch Akzente hervorheben - sprich, die "normale" Sprache sieht aus wie  Deutsch, die Fremdsprache wie Französisch.

Interessant finde ich, daß auch Zeichen und Zeichenfolgen, die im Deutschen keine Sonderzeichen sondern Standard sind, sich selten in deutschen Fantasytexten finden. Da schmeißen wir mit unsereren LLs und às und sogar ðs durch die Gegend, doch wir scheuen das ä, das ß, das ö - obwohl jeder Leser weiß, wie man es aussprechen muß und auch der Verlag damit keine Satzprobleme bekommen sollte. Auch sch wird in Eigennamen meistens zu sh, international, aber doch irgendwie seltsam. Ich nehme mich selbst davon nicht aus - letztes Jahr habe ich den Erl nur deswegen Aschfarel statt Ashfarel genannt, weil es für ein Kinderbuch war, und in diesem Jahr habe ich selbstverständlich einen Shen und keinen Schen in meiner Geschichte. Irgendwie sind wir ja schon besheuert...
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Coppelia am 05. Dezember 2007, 14:46:12
Da hast du aber wirklich Recht, Maja! Das habe ich auch schon gedacht!
Wobei ich persönlich ja wirklich nicht fürs internationale Publikum schreibe. ;D Trotzdem mögen die Leser schön klingende Namen sicher lieber. Hm, klingen Umlaute schlecht? ü doch bestimmt nicht ... aber da macht sich y meist optisch besser.

Ich benutze auch häufig sh, auch wenn man die Notwendigkeit eigentlich wirklich nicht einsehen kann. Weil das Shriftbild shöner ist? Immerhin habe ich in einem Roman Figuren namens Talschir und Akascha. Und ich hatte auch mal einen Bösewicht namens Äskar. In einer früheren "Schaffenspase" hatte ich auch mal alle internationalen Namen an die deutsche Schreibung angeglichen. Da wurde aus Larry gnadenlos Lärri (und das kommt mir jetzt deswegen gar nicht so unbekannt vor). Inzwischen halte ich das aber auch nicht mehr für die ultimative Idee.

Und Schen sieht fast so aus, als würde das Gro fehlen ...
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lisande am 05. Dezember 2007, 18:40:03
Ich habe auch die Angewohnheit, "Sch" zu "Sh" zu machen - keine Ahnung, warum. Bei mir wird bei einem "Th" auch automatisch ein "Ti-eitsch", wenn ich den Namen gedanklich ausspreche.

Und zum Thema "interessiert es jemanden, wie der Name gesprochen wird?" kann ich nur sagen: oh ja. Es macht mich einfach nur kirre, wenn ich nicht automatisch den Namen aussprechen kann, weil ich nicht in .jpg lese, wenn ich diese Metapher mal klauen darf, sondern in .txt. Ich bin relativ sprachbegabt und vor allerm SEHR sprachinteressiert, und deswegen will ich wissen, wie sich mein Held spricht. Und Drizzt Do'Urden hat mich damit schon in den Wahnsinn getrieben - was ich aber nicht als negativ empfinde. Macht nur Sinn, dass die bösen Drow eine unmögliche Sprache haben...  ;D

Insofern finde ich es eigentlich ganz interessant, die "fremden" Völker auch mit komischen Zeichen oder Schreibweisen darzustellen, immerhin ist das real auch so - fremde Schreibweise sieht oft auch fremd aus.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Berry am 05. Dezember 2007, 20:21:49
Mmmh.

Wenn ich mal den Vergleich wagen darf:

Es scheren sich wenig Leser um die Aussprache der Namen.
Es scheren sich auch wenig Leser um einen tieferen Sinn.

Soll ich deswegen darauf verzichten?


Andererseit haben wir natürlich auch das Problem, dass jemand, der gewissen Rassen Akzente auf die Wörter setzt, doch erstmal unter "Tolkien-Trittbrettfahrer" abgelegt wird. So verfahre zumindest ich, wenn ich ehrlich bin.

Und Lisande kann ich mich nur anschließen, mich interessiert die Aussprache beinahe genauso sehr wie die Handlung (beinahe, weil irgendwann alles herumrätseln vergebens ist und man dann doch mit evtl. falschem Namen weiterlesen muss). Es sollte auch so sein, dass, wie von Maja eingeworfen, die Betonung, der Akzent einen gewissen Sinn hat, wahrscheinlich den, eine elegante fremdländische Sprache auch optisch darzustellen.

Nach wie vor bin ich außerdem der Meinung, dass der "Akzent-Pfuscher", der sich nichts dabei denkt, mich nicht einschränken darf, kein Grund dafür sein darf, dass ich keine Akzente verwende.
Ich lasse auch den Inhalt meiner Geschichte nicht weg, nur weil der in einer anderen nicht stimmt. Stattdessen kann es jedoch sein, dass ich zeigen möchte, dass es auch besser geht.

Natürlich wäre die Verwendung von Lautschrift in einer vorangestellten dramatis personae wohl am ehesten ideal.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Nitewolf am 06. Dezember 2007, 10:55:14
Zitat von: Berry am 05. Dezember 2007, 20:21:49
Wenn ich mal den Vergleich wagen darf:

Es scheren sich wenig Leser um die Aussprache der Namen.
Es scheren sich auch wenig Leser um einen tieferen Sinn.

Soll ich deswegen darauf verzichten?

Den Vergleich darfst du gerne wagen. Ich frage dann aber zurück: Schreibst du nen Roman oder ne Studie über Phonetik?

Du bist wie Lisande vermutlich sehr sprachinteressiert und bastelst deswegen gerne an den Sprachen und Namen deiner Settings rum? Wenn's dir Spass macht und du das gut hinkriegst, warum nicht?
Der nächste ist ein Modefetischist und richtet ein großes Augenmerk auf die Klamottenstile seiner Settings, der dritte ist Zoologe und baut deswegen komplxe Ökosysteme und wieder einer ist Gourmet und beschreibt im Detail die Feinkost diverser Reicht. Alles ganz toll. Wird aber jeweils nur einen sehr kleinen Kreis an Lesern interessieren und vielen auf den Keks gehen, wenn es zu viel Platz einnimmt oder zu aufdringlich wirkt.

Die Story dagegen wird vermutlich jeden Leser eines Romanes interessieren.
Dein Vergleich funktioniert also nicht, du vergleichst Äpfel mit Birnen. Genauso, wie du in einer Abhandlung über Phonetik gerne auf eine spannende Story verzichten darfst, darfst du in einem Roman auf eine spannenede Phonetik verzichten.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: LaMaga am 06. Dezember 2007, 11:22:58
Ich stimme Berry zu, obwohl ich mich gerade frage, ob von einem ,,Durchschnittsleser" erwartet werden kann, dass er mit einer lautschriftlichen Darstellung und deren Sonderzeichen mehr anfangen kann als mit Akzenten...

Meiner bescheidenen Meinung nach haben Sonderzeichen schon ihre Berechtigung. Es mag sein, dass es einem Teil der Leser egal ist, wie genau ein Name ausgesprochen werden soll (weil er in jpgs liest ;) ), aus Sicht eines Autors, der Sonderzeichen bewusst und zielgerichtet einsetzt, ist aber doch der beabsichtigte Klang eines Eigennamens ebenso ein kreatives Element wie z.B. die Beschreibung einer Landschaft. Was der Leser letztlich daraus macht, ob er richtig hinguckt bzw. betont, sei dahingestellt, aber auf Akzente und dergleichen zu verzichten, um es Lesern leichter zu machen bzw. auf vermeintlich redundante Informationen (,,interessiert für die Handlung nicht") zu verzichten, geht meines Erachtens doch ein wenig zu weit...

Ich rede hier allerdings von Akzenten u.ä., die tatsächlich eine linguistisch motivierte Funktion haben und nicht nur dekorativ aussehen, also z.B. anzeigen, auf welchem Laut ein Name betont werden soll.

In "meiner" Welt habe ich eine Handvoll Figuren, deren Namen sich tatsächlich mit einem Akzent schmücken, der einfach nur die Betonung auf der richtigen Silbe markieren soll. Da ich ,,telling names" mag, die aber nicht zu plump daherkommen sollen, hat das meistens auch System: Zum Beispiel habe ich einen Herrn mit Nachnamen  Lebrèoka. Der Name ergibt sich aus einer Verfremdung und Verschleifung der italienischen Worte ,,lepre" (Hase) und ,,rocca" (Burg). Dabei habe ich mir etwas gedacht, als ich den Namen erfunden habe, und ich möchte, dass durch die Betonung die ,,Grenze" zwischen den beiden ,,Bausteinen", das ,,rè" betont wird. Mutmaßlich wird ohne Erklärung nie ein Leser nachvollziehen, was ich mir bei diesem komischen Wortkonstrukt gedacht habe, aber für die Figur hat es eine Bedeutung.

Jemand anderes heißt Mandìor. Warum der Akzent auf dem ,,i"? Weil es nicht meiner Vorstellung als Autor entspricht, dass der Name sich zu ,,Mandjor" verschleift. Das ,,i" soll, und das will ich als Autor damit zumindest signalisieren, klar erkennbar bleiben. Wenn ein Leser dabei dann dahinter kommt, dass der Gute eigentlich ,,mano" ,,di" ,,oro" ( ,,Hand aus Gold", wenn auch grammatisch korrekt d'oro stehen müsste) heißt,  freut mich das, wenn der Leser lieber "Mandjor" oder "mandior.jpg" liest, ist das sicher für die pure Handlung irrelevant. Aber es fällt ein nettes kleines Detail weg, was womöglich - auch, wenn der nur der Handlung folgende Leser es gar nicht wahrnimmt - durchaus für den kreativen Prozeß des Autors einen wichtigen Stellenwert einnimmt - auch, wenn der gut versteckt bleibt.



Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lennard am 06. Dezember 2007, 20:57:44
Ich stelle mit Freude fest, das ich mit meiner grundsätzlichen Einstellung doch nicht ganz alleine bin.

So wie es unterschiedliche Vorgehensweisen beim Schreiben eines Romans gibt, so gibt es auch unterschiedliche Lesertypen. Gewiss gibt es unzählige Leser, die einfach nur eine spannende Geschichte lesen wollen und die eine übermäßige Verwendung von Sonderzeichen als störend oder gar als Bevormundung hinsichtlich der Aussprache empfinden. Doch es gibt sicher auch eine erhebliche Zahl an Lesern, die von einem Roman noch mehr erwarten und die besagten Sonderzeichen eher als Hilfestellung von Seiten des Autors betrachten.

Ich z.B. möchte keinen ,,0815-TapfererKriegerbefreitholdeJungfrauundrettetdieWelt-Roman" lesen. Von einem ,,guten" Fantasyroman erwarte ich mehr, als nur eine spannende Geschichte (Dann kann ich auch einen Krimi lesen). Ich möchte beim Lesen in eine andere Welt abtauchen. Je tiefer, desto besser. Die Fantasywelt (im weitesten Sinne), wie immer sie auch aussehen mag, soll mich in ihren Bann ziehen, mich fesseln. Leider habe ich all zu oft hoch gepriesene Fantasyromane enttäuscht weggelegt, weil sie für mich einfach zu "flach" waren. Ich gehe sogar soweit zu sagen, das ein komplexer und in sich stimmiger Weltenhintergrund für mich als Leser (und als Autor) ,,mindestens" ebenso wichtig ist, wie die Geschichte, die aus dieser Welt erzählt wird. Ein komplexer und tiefgreifender Weltenhintergrund vermittelt mir das Weltenfeeling, das ich haben möchte, wenn ich einen Fantasyroman lese. Etwaige sprachliche Besonderheiten einer Fantasywelt, die mit Hilfe von Sonderzeichen vermittelt werden, können Teil eines komplexen Weltenhintergrundes sein. Wenn es nicht übertrieben wird, können fremdartige Sprachen einen Roman durchaus aufwerten.

Versteht mich nicht falsch – Ich bin ein Befürworter der guten alten deutschen Sprache und wenn es ,,nur" um Betonung geht, dann bin ich auch der Meinung, das man sich hier ebenso gut der herkömmlichen Schriftzeichen bedienen kann.
Beispiel: Ein Ort mit Namen Viennor. Will ich die letzte Silbe betont wissen, dann schreibe ich Vienoor.
Sonderzeichen sind dann sinnvoll, um nicht zu sagen notwendig, wenn ich als Autor z.B. darauf hinweisen will, das der Name nicht zweisilbig (mit langem i), sondern dreisilbig gesprochen wird, also Vi-en-nor. Geschrieben: Viénnor.
Sonderzeichen haben also m.E. ihre Daseinsberechtigung, wenn sich der Autor etwas dabei gedacht hat und sie nicht nur als Textschmuck dienen.

Mir ging es bei der hier diskutierten Frage gar nicht so sehr um richtige Betonung, sondern darum, auf eine tiefergehende Bedeutung des Wortes hinzuweisen. Es ist richtig, vielen Lesern mag dies völlig schnuppe sein, aber es mag auch Leser geben, für die ein gewisser Aha-Effekt von Bedeutung ist – Nach dem Motto: ,,...Ach nee...guck an..."

@LaMaga
Der von dir in diesem Zusammenhang gebrauchte Begriff ,,telling names" war mir bislang unbekannt, aber er trifft den Nagel auf den Kopf. Das muss ich mir merken. Hab Dank.

@Berry
Ich denke, wir beide sind da so ziemlich auf einer Wellenlänge. Nur deinen Einwand (Stichwort ,,Tolkien-Trittbrettfahrer) kann ich nicht so stehen lassen. Ich will mich hier gerne als Tolkien-Anhänger outen. Für mich ist sein Werk, vor allem wenn wir über gut ausgearbeiteten Weltenhintergrund reden, nach wie vor das Maß aller Dinge. Tolkien hat sich die Mühe gemacht, eine neue Fantasysprache (Sindarin und Quenya) zu entwickeln. Aber auch Tolkien hat sich hier einer alten Sprache bedient, nämlich Angelsächsisch und hat daraus eine neue Sprache geschaffen. All jene Autoren, die es nach diesem Vorbild, ebenfalls zumindest ,,versuchen", einen komplexeren Weltenhintergrund darzustellen mit Hilfe von Sprachvarianten (dargestellt mit Sonderzeichen), pauschal als Trittbrettfahrer abzustempeln, halte ich für falsch. Abgesehen davon, mal Hand aufs Herz, welcher Fantasy-Autor hat nicht HdR gelesen und hat sich nicht (unbewusst) davon inspirieren lassen? Ist das verwerflich?
Aber das ist ein anderes Thema über das man stundenlang philosophieren kann... :)

Dramatis Personae ist eine gute Idee. Aber ist das nicht, ganz plump gesagt, nicht einfach nur ein Personenverzeichnis? Gehören denn Hinweise in Bezug auf die richtige Aussprache überhaupt da mit rein?  :hmmm:


Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Shay am 06. Dezember 2007, 22:44:13
Ich muß da ein bißchen ausholen...

Für mich gehören in sich konsistente Namen zu einem gut ausgearbeiteten Welthintergrund. Wenn ich ein neues Volk habe, dann lege ich mir zuerst einmal fest, welche Laute die dort haben, und wie die mit den in-world Alphabeten (die ich aber nicht entwickelt habe, ich weiß nur, welche es gibt) geschrieben werden. Und für jeden Buchstaben der in-World-Alphabethe überlege ich mir dann eine möglichst sinnvolle Kombination lateinischer Buchstaben. Wenn ein Volk selbst keine Schrift verwendet, dann überlege ich mir eben, welches andere Volk am ehesten Veranlassung hätte, solche Namen aufzuschreiben und wie das dann wohl in ihren Ohren klingt.

Das ist alles wahnsinnig kompliziert, aber für was hat man lange Autofahrten. Letztendlich steht dann für jedes Volk ein Satz an Buchstaben/Buchstabenkombinationen fest, sowie gewisse Regeln, wie die kombiniert werden dürfen. Nach diesen Regeln lasse ich mir dann von einem Zufallsgenerator endlos lange Vorschlagslisten generieren und mach daraus meine Namen. Das führt zwar nicht immer, aber doch oft dazu, daß zumindest ich meinen Namen ansehen kann, zu welchem Volk sie gehören und das ist eigentlich Sinn und Zweck der ganzen Übung. Wir können ja auch oft auf einen Blick einen italienischen von einem japanischen Namen unterscheiden.

Sonderzeichen verwende ich äußerst sparsam, aber es gibt Sprachen, in denen Sonderzeichen oder Akzente wichtig sind, da z.B. Betonungsänderungen Sinnänderungen nach sich ziehen. So heißt z.B. eine meiner Figuren mit Nachnamen Seviluêl (Traumstern: Stern im Singular), ihr Schiff aber Lûelirhal (Sternenschwinge: Sterne im Plural). Und meine Mitstreiterin erfindet Namen nach Aussehen, da ist dann auch mal ab und zu ein Häkchen ursprünglich wegen der Optik drin (so leicht kommt sie mir aber nicht davon, irgendeinen Sinn muß es dann schon machen). In einer anderen Sprache habe ich die Kombinationen sj und hj für sch und ch genommen. Was dann aber der Leser letztendlich daraus macht, ist mir egal. Eine Freundin liest z.B. immer Sjasko, obwohl die gute Frau eigentlich Sasjko (gespr. Saschko) heißt. Jo mei...

Wichtig ist mir, daß die Namen halbwegs unterscheidbar sind, und mehr oder weniger aussprechbar (bis auf Sprachen, die explizit als "unaussprechlich" entworfen sind). Für mich intern gibt es da noch mehr Randbedingungen, aber mit denen muß sich der Leser von mir aus nicht rumplagen. Ich würde die Infos darüber wohl in einen Anhang packen, und vorne nur kurz darauf hinweisen.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lomax am 06. Dezember 2007, 23:26:14
Hm, nachdem sich jetzt noch mal alle Sonderzeichen-Befürworter zu Wort gemeldet und ausführlich erklärt haben, was für eine tiefe Bedeutung diese Sonderzeichen für sie haben, und was sie damit ausdrücken wollen, und dass es im Prinzip ja keine Rolle spielt, ob das ein Leser nachvollziehen kann ... muss ich doch darauf hinweisen, dass ich das nicht für einen Widerspruch zu meinen obigen Erläuterungen halte, sondern für eine recht gute Definition von literarischen Manierismen ;D :psssst:
  Aber gut. Dass Sonderzeichen rein drucktechnisch meist kein Problem sind, wurde schon festgestellt. Und wenn der Autor persönlich meint, sie bringen zu müssen, und er sich zutraut, diese seine persönliche Vorliebe so umzusetzen, dass es keine relevante Zahl von Rezipienten stört - oder wenn ihm diese persönliche Vorliebe gar so wichtig ist, dass es ihm egal wird, ob es irgendwelche Leser stört, dann lässt sich dagegen schwerlich etwas einwenden. Und unter all den Manierismen, die man gerade bei noch nicht vom Markt "verschliffenen" Schreibern findet, zählen Sonderzeichen sicher noch zu den harmloseren.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Linda am 07. Dezember 2007, 01:51:54
Zitat von: Nitewolf am 05. Dezember 2007, 08:29:18

Ich mache mir gerade bei Fantasynamen meist gar nicht die Mühe, zu versuchen, sie zu entziffern, sondern merke mir einfach nur das Schriftbild. Ich weiss nicht, wieviele Bücher ich gelesen hab, von denen ich keine Ahnung hab, wie der Protagonist heißt, weil ich den Namen nie wirklich gelesen hab. Und da bin ich nicht der einzige, ich kenn viele Leute, denen das so geht.
Mal ganz ehrlich, hat sich irgendjemand wirklich ernstahft Gedanken drüber gemacht, wie man Fafhrd korrekt aussprechen soll, oder Drizzt Do'Urden oder Corum Jhaelen Irsei???
Einfach im Kopf als .jpg abspeichern und gut is.

da hast du meine Methode ganz gut getroffen :-) Nitewolf. Ich dachte, ich wäre allein mit meiner Marotte. Aber ich mag's auch nicht, wenn die Namen in Romanen "unaussprechlich" sind oder mit Sonderzeichen überfrachtet werden.  Daher sind die Namen in meinen Geschichten auch "Akzente-frei" usw - und sie haben idR 1 - 2 Silben.
Kronprinz Orodondaron ... bis man mit dem Namen durch ist, ist der Typ doch schon satte 90. :) Da lese ich Orod und weiß schon, wer gemeint ist. Merken tue ich mir die Namen der Hauptfiguren jedoch recht gut.

Übrigens geht mir das optische Merken nicht nur mit den Namen so. Ich hab manchmal den Eindruck, dass das eines der Geheimnisse des (meines) schnellen Lesens ist. Viele Worte (teilweise auch Phrasen) habe ich per Schriftbild gespeichert. Abweichungen davon (= Fehler) fallen mir optisch auf (naja, wie auch sonst ;-))

Gruß,

Linda
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Antigone am 07. Dezember 2007, 09:04:33
So, jetzt geb ich auch noch ganz kurz meinen Senf dazu. Ich bin genau das Gegenteil von Lennard, für mich steht die Story im Vordergrund, und das Erfinden von Welten ist für mich einfach ein notwendiges Übel, wenn man Fantasy schreibt. Sprich, ich versuch es, so wenig wie notwendig zu machen. Ich arbeite lieber die Macken meiner Protas aus anstatt Schriften oder Religionen.

Und das mit den Sonderzeichen seh ich ganz pragmatisch: ich will auf gar keinen Fall Namen verwenden, die so lang oder kompliziert sind, dass ich mich beim Schreiben mindestens 3x vertippe. Das wär mir viel zu mühsam. Und deswegen verwende ich keine Sonderzeichen und versuche auch eher kürzere Namen zu haben.

Lg, A.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Hr. Kürbis am 08. Dezember 2007, 08:19:01
So, ich jetzt auch mal, interessantes Thema!

Grundsätzlich benutze ich in meinen Texten keine Sonderzeichen und Akzente, da ich sie spätestens seit WoW hasse. Versucht mal, einen bestimmten Spieler irgendwo ausfindig zu machen, der meinte, seinen Namen möglichst individuell aufpeppen zu müssen und drei verschiedene Sonderzeichen dazu benutzt hat.
Ich halte es sowieso für eine Unart der Fantasy, möglichst komplizierte, mit Wert auf Betonung gelegte und durch Sonderzeichen verschnörkelte Namen zu verwenden. Da rollen sich bei mir die Fußnägel auf, wir sind hier doch in Deutschland und gerade unsere einfache Wortbildung bedeutet doch nicht, dass die Namen platt sind, oder?
Ich finde es immer angenehm, wenn ich weiß, wie ich einen Namen auszusprechen habe, eben weil keine Anleitung dazu benötigt wird. Vielmehr stört es mich dann, wenn ich mit jemandem über ein Buch spreche und wir uns erst darauf einigen müssen, wie die Charaktere denn nun ausgesprochen werden, damit wir einander verstehen.
Das kommt mir dann immer so vor, als würde der Autor Unzulänglichkeiten in der Charakterisierung durch einen möglichst bedeutungsschwangeren Namen auszubügeln versuchen. :nöö:
Deswegen meine Devise: Ich bin ein deutscher Autor, ich schreibe Fantasy vor meinem kulturellen Hintergrund und benutze nur deutsch auszusprechende Namen. Dieses Selbstbewusstsein habe ich gegenüber der Übermacht der gerade englischsprachigen Fantasy mittlerweile entwickelt. Europäische Fantasy ist sowieso erfrischend "anders".

PS: Namen sind Schall und Rauch, also warum soviel Zeit darauf verschwenden? ;D
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: FeeamPC am 08. Dezember 2007, 09:30:49
Wenn Namen nur Schall und Rauch sind, dann frage ich mich, warum wir zwar jede Menge Gabriels und Michaels hier herumlaufen haben, aber keinen Luzifer (und, zumindest in Deutschland, auch nicht gerade viele Jesus).
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lomax am 08. Dezember 2007, 13:14:32
Zitat von: Hr. Kürbis am 08. Dezember 2007, 08:19:01Ich bin ein deutscher Autor, ich schreibe Fantasy vor meinem kulturellen Hintergrund und benutze nur deutsch auszusprechende Namen. Dieses Selbstbewusstsein habe ich gegenüber der Übermacht der gerade englischsprachigen Fantasy mittlerweile entwickelt.
Was auch noch ein netter Hinweis ist. Denn wenn man "Originaldiskussionen" zu englischsprachigen Büchern verfolgt, wird man feststellen, dass sich deren Autoren die Aussprache ihrer Eigennamen oft nach englischsprachigen Regeln gedacht haben (und damit meine ich nicht echte englische Namen, sondern "typische Fantasynamen"). In Übersetzungen werden diese Eigennamen meist in unveränderter Schreibweise übernommen - die dann, wenn deutsche Leser über die Bücher reden, auch ganz unbefangen "deutsch" ausgesprochen werden.
  Und in der Regel macht sich darüber auch niemand Gedanken, und es stört auch keinen. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob auf diesen Umstand hier im Diskurs schon mal hingewiesen wurde, aber er führt jedenfalls auch das Beharren auf die besondere Bedeutung der "richtigen Aussprache" ad absurdum.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Hr. Kürbis am 08. Dezember 2007, 18:51:51
Zitat von: FeeamPC am 08. Dezember 2007, 09:30:49
Wenn Namen nur Schall und Rauch sind, dann frage ich mich, warum wir zwar jede Menge Gabriels und Michaels hier herumlaufen haben, aber keinen Luzifer (und, zumindest in Deutschland, auch nicht gerade viele Jesus).


Das hat aber nichts mit deren Bedeutung zu tun, sondern mit dem Bild, das wir damit verbinden.
Luzifer bedeutet "Lichtbringer" (war immerhin der höchste Engel vor seinem Fall), was alles andere als gruselig ist, trotzdem denken wir an den Teufel.
Das meinte ich mit Schall und Rauch, es geht um die Bedeutung. Meine Eltern haben bestimmt nicht daran gedacht, mich den "Gekrönten" zu nennen, sie fanden den Namen einfach schön, nicht den Ursprung dahinter. So halte ich es mit meinen Namen auch, um die Bedeutung mache ich mir keinen Kopf, er muss aussprechbar sein und zum Charakter "akustisch" passen. Mehr nicht... alles andere ist in meinen Augen Blendwerk.

@Lomax
Ich lese pauschal erstmal alles als deutsch, zum Beispiel bei Robert Jordan die Charaktere Egwene oder Birgitte, die englisch zu betonen und auszusprechen finde ich lächerlich. Richtig gestolpert bin ich allerdings über den Schmied "Horst" in Eragon, für so ein US-Jüngelchen vielleicht total exotisch, für mich nur irgendwie der Stimmungskiller. ;D
Anders hingegen bei Star Wars, Großadmiral Thrawn nicht englisch zu lesen kam mir nie in den Sinn.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Lennard am 08. Dezember 2007, 21:02:12
Wenn man die Beiträge so liest, könnte man glatt den Eindruck bekommen, das Namen bei Verwendung von Sonderzeichen zwangsläufig lang und kompliziert zu sprechen bzw. zu lesen sind. Dem ist nicht so. Ich behaupte, das ein Name, welcher Sonderzeichen enthält, trotzdem kurz gehalten, leicht zu lesen und gut zu merken sein kann.

@Hr. Kürbis

ZitatDeswegen meine Devise: Ich bin ein deutscher Autor, ich schreibe Fantasy vor meinem kulturellen Hintergrund und benutze nur deutsch auszusprechende Namen.

Ich stimme dir zu. Die deutschsprachige Fantasy sollte einen höheren Stellenwert haben, als es derzeit ist. Du schreibst Fantasy mit Blick auf deinen kulturellen Hintergrund. Auch da hast du vollkommen Recht – Der kulturelle Hintergrund ist nämlich genau der Punkt. Viele Fantasy-Autoren lehnen sich oft mit ihrer eigenen Welt stark an reale Kulturkreise an oder lassen sich davon inspirieren. Dagegen ist nichts einzuwenden. Einige sind den germanischen Mythen zugetan, andere den keltischen Sagen etc.
Egal welche Art Fantasy man schreibt, es muss "glaubwürdig" sein.

Wenn ein Autor also mit seinem Roman im germanischen Kulturkreis als Hintergrund bleibt, z.B. in dem er die Nibelungensage in irgendeiner Weise aufgreift, dann sind gute alte deutsche Namen nicht nur glaubwürdig, sondern fast schon Pflicht.
Oder ein anderes Beispiel: Wäre eine Brunhild oder dergleichen (jetzt nur in Bezug auf den Namen) als Hohepriesterin von Avalon glaubwürdig? Ich kann mir das nur schwer vorstellen, denn es passt nicht zum kulturellen Hintergrund.

Jeder Kulturkreis, sei er real oder dem wirren Geist des Autors entsprungen, hat seine eigenen sprachlichen Besonderheiten, z.T. mit speziellen Sonderzeichen. Ist es nicht zu befürworten, wenn der Autor bestrebt ist, dem Leser den kulturellen Hintergrund (einschließlich der Sprache), der quasi als Paket um die eigentliche Geschichte geschnürt ist, näher zu bringen? Wird damit der ganze Roman nicht glaubwürdiger?

Letztendlich hat jeder, der hier gepostet hat, Recht, denn über Geschmack und Lesegewohnheiten lässt sich bekanntlich nicht streiten. Und wie hier bereits mehrfach geschrieben wurde: Vielen Lesern ist es wahrscheinlich völlig egal, ob ein Name, gleich ob mit oder ohne Sonderzeichen, eine tiefere Bedeutung hat oder nicht. Sie wollen einfach nur eine spannende Geschichte lesen. Aber es mag auch einige Leser geben (so wie ich), die obendrein auch gerne mal hinterfragen. Was mich angeht, so möchte ich beide Lesertypen bedienen. D.h. eine spannende Geschichte im Rahmen eines gut ausgearbeiteten Weltenhintergrundes. Ein komplexer und tiefgreifender Weltenhintergrund kann auch diverse sprachliche Besonderheiten beinhalten, evtl. auch mit einigen Sonderzeichen. Meine Frage zielte vor allem darauf ab, meinen Romanhintergrund so glaubwürdig wie möglich zu machen, denn auch ich habe einen bestimmten Kultur/Sprachraum als Vorlage und da gibt es einige Sonderzeichen.

Ich denke, auch hier gilt wie so oft: Auf das richtige Maß kommt es an. So das die einen Leser sich nicht dran stören und die anderen Leser es vielleicht annehmen.

Blendwerk? *räusper* also die Aussage finde ich schon sehr gewagt.  :hmmm:
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Hr. Kürbis am 09. Dezember 2007, 11:29:41
Zitat von: Lennard am 08. Dezember 2007, 21:02:12
Blendwerk? *räusper* also die Aussage finde ich schon sehr gewagt.  :hmmm:


Auf jeden Fall ist sie gewagt, aber es gibt eindeutig zu viel (veröffentlichte) Fantasy, in der sicherlich nur der Autor auch versteht, was er gemeint hat. Ich wage mal zu behaupten, die meisten machen sich überhaupt keinen Kopf um solche Dinge. Solle es allerdings doch so sein und vom Autor auch gekonnt rübergebracht werden, dann bildet er wohl die löbliche Ausnahme.
Aber ist auch egal, jeder kann ja nur von seinen persönlichen Erfahrungen aus sprechen, ich habe eben schon zu viele Dinge "erfahren", die einfach nur schlecht und ohne Sinn und Verstand waren. :gähn:

Mit dem kulturellen Hintergrund meinte ich übrigens nicht die Bezogenheit auf einen bestimmte Art von geschichtliche Vergangenheit, sondern meinen Hintergrund als Autor.  Habe ich jetzt ein orientalisches Setting, bemühe ich mich schon um Namen, die in die Richtung gehen und passen, deswegen würde ich auf einen Beduinen, der "Kalle" heißt verzichten. Trotzdem bleiben sie deutsch aussprechbar.
Titel: Re: Spezielle Sonderzeichen
Beitrag von: Nitewolf am 10. Dezember 2007, 10:24:30
Zitat von: Hr. Kürbis am 09. Dezember 2007, 11:29:41
Habe ich jetzt ein orientalisches Setting, bemühe ich mich schon um Namen, die in die Richtung gehen und passen, deswegen würde ich auf einen Beduinen, der "Kalle" heißt verzichten. Trotzdem bleiben sie deutsch aussprechbar.

LOL. Klasse Idee mit dem Kalle!

Auch wenn ich glaube, dass viele Leser über Namen großzügig hinweggehen, glaube ich auch, dass sie das tun, weil die Namen sowieso ohne Sinn und Ziel zusammengewürflet sind.
Wenn Der eine Dorfbewohner Fisantrysophilasitanus heisst und sein Nachbar Klaus, dann brauch ich mir weiter auch keinen Kopf über die Namen in dem Buch machen.  :wums:
In so fern ist ein konsistentes sprachliches Flair einer Welt, bzw. bestimmter Länder / Rassen schon ne tolle Sache, da leg ich auch Wert drauf. Und Fantasy darf ja auch exotisch sein. Deutsche Namen sind mir persönlich zu unexotisch, die entführen mich nur schwer in ne fremde, stylische Welt, aber das ist natürlich nur mein Geschmack.
Aber ich glaube, je lesbarer Namen sind, desto eher wird der Leser sie auch wirklich wahrnehmen - Ob ich das selbst in meinem Setting auch nur annähernd realisiert habe, mit französischen Vornamen und akkadischen Nachnamen sei jetzt mal dahin gestellt  ;D