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[link] Eine Lanze für Fantasy brechen: Artikel in der Stuttgarter Zeitung

Begonnen von Maria, 01. Juli 2012, 06:41:55

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Zit

Zitat von: Linda am 06. Juli 2012, 23:59:24
Um hier mal Butter bei die Fische zu geben. Der Artikel entstammt in der Print-Ausgabe einer 4-seitigen Sonderbeilage anlässlich des Fantastikfestivals Dragon Days im Literaturhaus Stuttgart, die um einiges vielfältiger ist, als nur das Phänomen Tolkien zu beleuchten.

Mea Culpa. Beim Online-Artikel steht das nirgendwo, also kann ich nur das beleuchten, was ich habe.
Wenn es tatsächlich so ist wie du sagst, dann haben sie in der Printausgabe scheinbar doch einen relativ differenzierten Einblick gegeben. Nur schade, dass sie es bei der Online-Version versäumt haben -- scheint mir zumindest so. (Ist ja genauso, wenn ich von einem Vierbänder nur den zweiten Teil auf den Markt werfe. Nichtssagend, aus dem Zusammenhang gerissen.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Lomax

Zitat von: Linda am 06. Juli 2012, 23:59:24Der Artikel entstammt in der Print-Ausgabe einer 4-seitigen Sonderbeilage anlässlich des Fantastikfestivals Dragon Days im Literaturhaus Stuttgart, ...
Ich fühle durch dein Posting übrigens mein Leistungsschutzrecht verletzt. Immerhin waren es ja meine familiären Verbindungen, die uns diese Sonderbeilage besorgt haben  >:(

Debbie

Ich mag Dennis Scheck - und den Artikel. Er ist etwas provokant, aber das mögen die Leute ja gerne, und offenbar erreicht man so mehr Menschen und mehr Diskussion. Bösartigerweise fand ich allerdings gerade die Unterstellung der "Beschränktheit" bei chronischen Fantasy-Gegnern recht passend.  :snicker:  Warum?

Zuerst mal bin ich der gleichen Meinung wie Scheck - wenn man schon auf etwas schimpft (was Heidenreich ja offensichtlich getan hat) sollte man doch zuerst einmal wissen, wovon man spricht. Tolkien ist ja nun auch nicht gerade Irgendwer , und das gilt für die Betrachtung der gesamten Literaturentwicklung, nicht nur die der Fantasy. Insofern hat sie sich mit ihrer Falschaussage (Ohren mit Füßen der Hobbits zu verwechseln) m. E. schon ziemlich blamiert. Das sollte einer angesehenen und vor allem "kompetenten" Literaturkritikerin nicht passieren. Aber für wahnsinnig intelligent habe ich sie sowieso noch nie gehalten - intellektuell ja, wobei ich dann fairerweise dazu sagen muss, dass ich Intellektualität schon immer als Kompensation wahrer Intelligenz gesehen habe. Diesbezügliche würde ich hier auch nicht von beschränkter Intellektualität, sondern beschränkter Intelligenz sprechen. Jemand, der wirklich intelligent ist, hat es nämlich nicht nötig intellektuell daherzureden, oder dieses Image anzustreben. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele der wirklich Großen, u. a. Jobs, Gates, Einstein, etc.. Keiner von denen hat sich durch Intellektualität hervortun müssen, viel mehr handeln ihre Reden und Zitate vom Kern der Dinge. Und so ist das bei Fantasy oftmals auch.

Das Genre versucht nicht sprachlich oder intellektuell zu glänzen, und die Werke, die es tun, haben nur mäßigen Erfolg. Bei Fantasy geht es nicht um die Anerkennung der Literaturkritiker, sondern darum Menschen zu bewegen. Insofern ist für mich die Meinung der Kritiker zu Büchern des Genres, nur bedingt von Bedeutung. Für mich ist Fantasy die Reduzierung auf das Wesentliche. Es geht nicht so sehr darum, sich wegzuträumen oder der Realität zu entfliehen, als vielmehr darum, sich daran zu erinnern was wirklich von Bedeutung ist.

Ja, hier geht es um Gut und Böse, Mut und Feigheit, Richtig und Falsch, Hass und Vergebung, Liebe und Selbstaufopferung, Stolz und Ehre. Und erschreckenderweise gehen diese Werte in unserer Gesellschaft immer mehr verloren - weil ihre Bedeutung in unserem täglichen Stress in Vergessenheit gerät, oder auch weil man sie sich manchmal nicht erlauben kann/darf. Ich sage nicht, dass es in anderen Genres nicht um diese Dinge geht - aber in der Fantasy sind sie das zentrale Thema, der Motor der Geschichte. Und dadurch, dass Alltägliches (selbst in Contemporary Fantasy) in den Hintergrund rückt und den wirklich wichtigen Dingen Platz machen muss, sind all diese Dinge viel präsenter, greifbarer, fühlbarer. Fantasy erinnert uns daran, wer wir wirklich sind, was wirklich wichtig ist ... Es geht um Moral und ja, wenn man so will, um den Sinn des Lebens. Es erinnert uns daran, dass wir alle kleine Helden sein können, wenn auch nur in unserem kleinen Umfeld.

Und ja, ich denke, dass Fantasy v. a. Idealisten anspricht, Menschen mit hohen moralischen Wertvorstellungen, denen die oben genannten Begriffe noch etwas bedeuten. Insofern würde ich Leuten, die den Wert von Harry Potter oder HdR nicht erkennen (den Wert anderer Fantasy Bücher können sie schwerlich erkennen, wenn sie sich nicht für das Genre interessieren, aber diese beiden Geschichten sind ja auch für Nichtleser zugänglich) nicht nur einen Teil Intelligenz absprechen, sondern auch - bis zu einem gewissen Grad - Charakterstärke und moralischen Integrität.

So, jetzt dürft ihr mit Pfannen werfen  ;)

Linda

Zitat von: Zitkalasa am 07. Juli 2012, 10:26:48
Mea Culpa. Beim Online-Artikel steht das nirgendwo, also kann ich nur das beleuchten, was ich habe.
Wenn es tatsächlich so ist wie du sagst, dann haben sie in der Printausgabe scheinbar doch einen relativ differenzierten Einblick gegeben. Nur schade, dass sie es bei der Online-Version versäumt haben -- scheint mir zumindest so. (Ist ja genauso, wenn ich von einem Vierbänder nur den zweiten Teil auf den Markt werfe. Nichtssagend, aus dem Zusammenhang gerissen.)

da hat Print noch mal die Nase vorn.

Tolkien ist schon der Aufhänger. Es geht auch um den Hobbit-Film, die Schauspieler, namentlich Sherlock und John äh B. Cumberbatch und M. Freeman (letzterer einigen evtl auch aus der BBC-Anhalter-Serie bekannt), die Tolkiengesellschaft und S. Servos Herr-der-Ringe-Film-Seite-Community, die Dragon Days, Nina Blazons Leben und Werk und ein Kunstbuch zum Hobbit sowie ein Beitrag betitelt mit das älteste Erzählgewerbe mit dem bereits erwähnten Stammbaum. Das Ganze optisch sehr schön aufbereitet und mit kleinen Kommentaren zu Lieblingsfiguren aus Tolkiens Welt verbunden.
Klar, es ist viel Tolkien, es wird allerdings nicht behauptet, dass er der alleinige Herrscher im Reich der Phantasie ist. Wäre auch extrem kontraproduktiv. Und im Artikel geht es ja z.B. auch um Funke und ganz allgemein um Fabelwesen in der Literatur.
Außerdem hat die Auswahl natürlich einen ganz einfachen Grund. Der Artkel wendet sich nicht an Fantasy-Kenner, sondern die Allgemeinheit. Und wenn man dann dauernd Kleinverlagsautor xyz nennt, winken sie ab. Tolkien und Funke kennt 'man' aber nun mal inzwischen. Wobei Tolkien sich einfach gut zum Thema Eskapismus zitieren lässt, während man von Autor xyz wenig hört, weil sich das Feuilleton weigert, ihn zu interviewen oder gar wahrzunehmen. Und genau das beklagt der Autor des Artikels. 

Linda

Zitat von: Lomax am 07. Juli 2012, 11:38:05
Ich fühle durch dein Posting übrigens mein Leistungsschutzrecht verletzt. Immerhin waren es ja meine familiären Verbindungen, die uns diese Sonderbeilage besorgt haben  >:(

hättste ja auch selbst antworten können  :omn:

Lemonie

ZitatDer Artikel entstammt in der Print-Ausgabe einer 4-seitigen Sonderbeilage anlässlich des Fantastikfestivals Dragon Days im Literaturhaus Stuttgart, die um einiges vielfältiger ist, als nur das Phänomen Tolkien zu beleuchten.

Das ist dann natürlich was anderes, obwohl es schon schade ist, dass es in dem Online - Auszug nicht zur Sprache kommt. Vor allem, weil es im Internet ja wahrscheinlicher ist, dass Nicht - Fantasy - Leser darüber stolpern.


ZitatTolkien ist schon der Aufhänger. Es geht auch um den Hobbit-Film, die Schauspieler, namentlich Sherlock und John äh B. Cumberbatch und M. Freeman (letzterer einigen evtl auch aus der BBC-Anhalter-Serie bekannt), die Tolkiengesellschaft und S. Servos Herr-der-Ringe-Film-Seite-Community, die Dragon Days, Nina Blazons Leben und Werk und ein Kunstbuch zum Hobbit sowie ein Beitrag betitelt mit das älteste Erzählgewerbe mit dem bereits erwähnten Stammbaum. Das Ganze optisch sehr schön aufbereitet und mit kleinen Kommentaren zu Lieblingsfiguren aus Tolkiens Welt verbunden.

Ich finde es durchaus logisch, Tolkien als Aufhänger zu verwenden (auch mit dem Film als Anlass), und umgesetzt ist es in seinem Artikel meiner Meinung nach gut. Nur ist es halt leider so, dass ein Nicht - Fantasy - Leser, der da draufklickt, auch nicht mehr über die Vielfalt von Fantasy erfährt. Dabei ist das für mich gerade der springende Punkt (der ja auch im Artikel zur Sprache kommt), dass viele denken, Fantasy bestünde nur aus Orks und Elfen...

Was die Sprache betrifft, mache ich ihm keine Vorwürfe, er ist zwar schon provokant und es ist unwahrscheinlich, dass sich da jemand angesprochen fühlen möchte und das Ganze irgendetwas bewirkt, aber es ist auf jeden Fall mal gut, das öffentlich zu sagen.

Linda

Zitat von: Lemonie am 07. Juli 2012, 15:32:26
Das ist dann natürlich was anderes, obwohl es schon schade ist, dass es in dem Online - Auszug nicht zur Sprache kommt. Vor allem, weil es im Internet ja wahrscheinlicher ist, dass Nicht - Fantasy - Leser darüber stolpern.

das ist ein generelles Problem des Internets. Was Google / x (oder x = andere Suchmachine) nicht findet, oder was die Wikipedia nicht kennt, gibt's faktisch nicht.  Auszüge und Zitate sind leicht missverständlich, eine virtuelle Nachricht kann leicht verfälscht, ein Digitalfoto leicht ausgetauscht bzw bearbeitet werden. Internet ist einfach toll -  aber eine saubere und verlässliche Quelle sieht anders aus (die Rezeption bzw Verarbeitung von digitalen Texten auf Bildschirm und gedruckten Texten unterscheidet sich übrigens auch). Aber das ist eine andere Frage und soll ein anderes Mal beantwortet werden.  ;D




Drachenkrieger

#37
Zitat von: Debbie am 07. Juli 2012, 12:33:32


Das Genre versucht nicht sprachlich oder intellektuell zu glänzen, und die Werke, die es tun, haben nur mäßigen Erfolg. Bei Fantasy geht es nicht um die Anerkennung der Literaturkritiker, sondern darum Menschen zu bewegen. Insofern ist für mich die Meinung der Kritiker zu Büchern des Genres, nur bedingt von Bedeutung. Für mich ist Fantasy die Reduzierung auf das Wesentliche. Es geht nicht so sehr darum, sich wegzuträumen oder der Realität zu entfliehen, als vielmehr darum, sich daran zu erinnern was wirklich von Bedeutung ist.

Ja, hier geht es um Gut und Böse, Mut und Feigheit, Richtig und Falsch, Hass und Vergebung, Liebe und Selbstaufopferung, Stolz und Ehre. Und erschreckenderweise gehen diese Werte in unserer Gesellschaft immer mehr verloren - weil ihre Bedeutung in unserem täglichen Stress in Vergessenheit gerät, oder auch weil man sie sich manchmal nicht erlauben kann/darf. Ich sage nicht, dass es in anderen Genres nicht um diese Dinge geht - aber in der Fantasy sind sie das zentrale Thema, der Motor der Geschichte. Und dadurch, dass Alltägliches (selbst in Contemporary Fantasy) in den Hintergrund rückt und den wirklich wichtigen Dingen Platz machen muss, sind all diese Dinge viel präsenter, greifbarer, fühlbarer. Fantasy erinnert uns daran, wer wir wirklich sind, was wirklich wichtig ist ... Es geht um Moral und ja, wenn man so will, um den Sinn des Lebens. Es erinnert uns daran, dass wir alle kleine Helden sein können, wenn auch nur in unserem kleinen Umfeld.

Und ja, ich denke, dass Fantasy v. a. Idealisten anspricht, Menschen mit hohen moralischen Wertvorstellungen, denen die oben genannten Begriffe noch etwas bedeuten.moralischen Integrität.


Das hätte ich auch nicht besser sagen können. Denn genauso empfinde ich das auch. :vibes:

Und wenn es Menschen gibt, die mit Fantasy nichts anfangen können.  Na und, das haben sie umsonst. Meine Schwester gehört leider auch dazu. Höre da schon nicht mehr hin, wenn sie sagt, ich soll ein richtiges Buch schreiben. Denn für mich schreibe ich ein richtiges Buch! Fantasy stirbt nicht aus! :ätsch: