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Wie ausgeklügelt muss/sollte eine Welt eigentlich sein?

Begonnen von Sonnenblumenfee, 27. Februar 2011, 12:22:17

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Sonnenblumenfee

Wenn ich mir hier so die ganzen Beiträge durchlese, kommt es mir so vor, als würdet ihr eure Welten nicht nur bis ins Detail planen, sondern bis zu jedem Staubkorn. Als würdet ihr (verglichen mit unserer Erde) alles über Australien, die dor lebenden Völker und deren Geschichte wissen, obwohl eure eigentliche Story ausschließlich in Europa spielt. Und um es vorweg zu schicken: das finde ich ziemlich bewundernswert  :jau:

Meine Frage ist jetzt allerdings: Muss das sein?
Das es von Vorteil ist, wenn man seine Welt gut kennt, ist unbestritten. Aber wie viel muss ich tatsächlich wissen? Reicht es, wenn ich mir meine Welt "on the go" bastle?
Stört es euch beim Lesen, wenn ihr keine so ausgeklügelte Welt vor euch habt, wenn der rest der Geschichte (Handlung, Charaktere...) absolut stimmig ist?

LG Sonnenblumenfee
"Discipline is my freedom" - Gretchen Rubin

Zit

Natürlich muss das nicht sein. Kommt aber halt immer drauf an, wie "globalisiert" die erfundene Welt ist. ;D

Dass in China Schriftsteller unter Hausarest gestellt werden können, wenn sie allzu kritisch mit dem System sind oder doch eher im Gefängnis landen, streift mich real, weil ich weiß, dass China existiert und dass Deutschland Handelsbeziehungen mit ihnen pflegt (und weil es mit unserer heutigen Technik leicht ist, von China nach Deutschland live zu übertragen).

Dass manche von uns gleich mal einen ganzen Planeten entwerfen, liegt, denke ich, am Welten-Recycling. Warum für jede Geschichte ein neues Land entwerfen, wenn ich gleich einen ganzen Planeten haben kann? ;D Denke ich mir zumindest. Aber den Planeten habe ich auch nicht komplett fertig. Er wächst eher von Stück zu Stück wie ich Geschichten darin ansiedle. (Kann u.U. auch daran liegen, dass die typische Heldenreise ja auch irgendwo hingehen muss und wenn dann die Fantasie des Autors mit ihm durchgeht ...)
Aber manchmal mach ich's mir dann doch einfach, mache ein einzelnes Land, vll. mit ein paar Ländern drumherum und deren Beziehungen untereinander, und fertig. Auf engem Raum eben, ganz nach Myst.

Also, wie gesagt, nichts muss, aber alles kann. Und soll. (Und darf, natürlich.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Leo

ZitatMuss das sein?
Bestimmt nicht!

Ich finde es sind einfach zwei verschiedene Herangehensweisen: entweder du hast einen Plot, und modellierst darum herum die Welt so wie du sie gerade brauchst, oder du konstruierst die Welt und guckst dann, wie du deinen Plot unterbringen kannst.

Beides geht, entscheidend ist, was dabei herauskommt. Wenn du es schaffst, eine plausible Welt so nebenbei zu erschaffen, dann mach das ruhig.

Aber zumindest mir kommen beim Planen der Welt immer so tolle Ideen, die ich noch wunderbar verwenden kann - alleine deshalb würde ich darauf nicht verzichten wollen. Gerade auf die kleinen Details, die das ganze plastischer machen, würde man beim Schreiben oft nie im Leben kommen.

Es spricht ein überzeugter Weltenbauer
LG, Leo

Luna

Hmm ... ich sehe das etwas gespalten. Über Australien muss man wahrscheinlich nichts wissen, um eine Story in Europa zu schreiben, es sei denn, Australien hat Europa irgendwie beeinflusst.

Ich habe meine erste Geschichte auch mit "Welt on the go" basteln geschrieben und war mit dem Ergebnis auch sehr zufrieden. Und dennoch habe ich inzwischen teilweise das Gefühl, dass ich einige wichtige "Staubkörner" übersehen habe, dass meine Welt ... tot wirkt. Es kann sich da natürlich auch um einen bescheuerten Perfektionismus von mir handeln ...

Was geschieht, wenn ich eine Geschichte lese, deren Welt nicht ausgeklügelt ist? Ich denke, es kommt darauf an, ob ich MERKE dass die Welt nicht lebendig ist. Man kann sicherlich mit einem minimum an Weltaufwand eine gute Geschichte schreiben, man darf es den Leser nur nicht merken lassen. Man muss den kleinen Teil an Welt, in den man den Leser eintauchen lässt stimmig erscheinen lassen. Das könnte durchaus einfacher sein, wenn man vorher die Welt entsprechend ausgereift gebastelt hat, aber es gibt sicherlich auch Autoren die ohne diese Überlegungen einen Roman schreiben können.

Gruß
AF

Rakso

Jedem ist es selbst überlassen, ob er/sie eine Welt bis ins kleinste Detail plant. Manche kommen mit einer einfachen "Das-ist-mein-Handlunsgort-und-fertig"-Welt zurecht, andere brauchen eben das ganze drumherum.

Ich persönlich bastle gerne herum. Ab und zu kommen mir ein paar Ideen, die verarbeite ich in Ländern/Gegenden die eigentlich nicht(s) (direkt) mit meinem Plot zu tun haben. Je nach dem in welcher Stimmung ich bin. Da entsteht mit der Zeit ein riesiger Wust an Informationen, Anekdoten und Besonderheiten, je nach dem wie es in die Welt passt.

Das erscheint unnötig aber es hilft mir mich in die "Stimmung" der Welt hineinzuversetzten. Eine eher globalisierte Welt, die von Imperialismus, internationalen Machtkämpfen und Konsum bestimmt wird, hat einen anderen "Grundton" als eine, die einem eher im Mittelalter angesiedelt ist. Außerdem habe ich immer im Hinterkopf: "Daraus kannst du vielleicht auch mal eine Geschichte machen" (das fällt dann unter das Stichwort Welten-recycling)

Für mich gilt, wenn ich gedenke eine Fortsetzung zu schreiben, muss die Welt komplexer sein. Denn sonst wirkt das Buch trotz vielleicht ganz passabler Geschichte flach und unecht. Für eine Ein-Roman-Welt ist dass noch eher verzeihlicher (wenn auch nicht schön)

Gruß,
Szajkó

Tanrien

#5
Ich bin auch nicht so der Weltenbastler... ::) Von daher verstehe ich die Frage - ich finde es auch immer sehr bewundernswert, wenn eine Welt komplett und vollständig ausgestattet ist. Ich würde hier in verschiedene Themen? Ideen? Punkte? unterteilen:

1. Die Welt ist unlogisch - Ein absolutes No-Go, weil, finde ich, auch ein bisschen peinlich für einen als Autor. Nun gibt es natürlich verschiedene Ansichten und verschiedene Leser. Wenn etwas nicht im Text erklärt wird, aber dem Leser komisch erscheint, muss es dann nicht zur Welt passen? Was, wenn der Leser falsch informiert ist/falsche Annahmen macht?

2. Die Welt ist logisch - Das wäre (hoffentlich) der Normalfall. Dafür braucht man aber:

3. Informationen für die innere Logik - Die machen dem Leser die Welt greifbar, sind aber genau der Knackpunkt, denn sie können so schwammig gehalten werden, wie es denn eben passt.

4. Informationen für die innere Logik, die nicht erwähnt werden - Die wären vermutlich höchstens ein Informationshintergrund, also "nur" Research.

5. Extrainformationen, die eingebracht werden - Das kann einer Geschichte noch einen gewissen Kick geben, eine gewisse Realität. Extra meint hier wirklich "unnötig". Die Informationen trägt nichts weiter bei, als dass sie die Welt ausfüllt, dem Leser sagt, dass es etwas größeres gibt. Hier geht es nicht mehr um die Griffigkeit der Geschichte, sondern genau darum, eben diese Griffigkeit weiter auszudehnen. Genau wie niemand die normale Welt komplett versteht und kennt, machen diese Extrainformationen klar, dass auch die fiktionale persönliche Welt des Charakters kein abgeschlossener/-getrennter Komplex vom Rest der Welt ist.

6. Extrainformationen, die nicht eingebracht werden

Ich denke, letztendlich kommt es auf die Frage an: Wie genau will ich sein? Wie genau will ich erzählen und dabei logisch bleiben? Wenn ich nicht sage, dass der Fluss genau an Stelle XY meiner Weltkarte entspringt, dann kann auch kein Geologe über die Stelle beim Lesen stolpern und den Kopf schütteln, weil das wegen irgendwelcher "Besonderheiten" unmöglich ist. Auch, wenn das vielleicht keinem anderen Leser aufgefallen wäre.

Man sollte hier, denke ich, auch nicht vergessen, dass bei der Erstfassung nicht alles perfekt sein muss. Gerade Details können gut und einfach in den Überarbeitungen noch eingebracht werden - nur "grobe" Fehler sind eher nervig zu korrigieren, aber Einfügen (gerade von den oben definierten Extrainformationen) geht meistens immer.

Ich persönlich lese gerne Bücher, die bis zu den Extrainformationen gehen, aber selber hätte ich nicht genug Geduld dafür. Ich würde also sagen, wenn man in der Erstfassung eine logische Welt hat, die halbwegs erklärt ist, und in der Endfassung dann die komplette Erklärung, die die Welt logisch macht, "reicht" das - wirkt also nicht, als wäre es einem völlig egal, macht aber auch nicht zu viel Mühe, wenn einem Weltenbau nicht so liegt.

Valaé

Auch ich stimme zu: Das MUSS nicht sein. Aber es ist unglaublich praktisch.
Ich gebe zu, dass ich manchmal stöhne wenn ich daran denke wie viel Weltenbastelei mir noch bevorsteht und mein perfektionistisches Gehirn mir zu jedem Volk was ich habe (die, die bisschen was von mir kennen/wissen, wissen dass das weit mehr als 10 sind) auch noch eine gesamte unterschiedliche Kultur entwerfen sollte, mit Eigenheiten in Kleidung, Essen, Musikgeschmack, große Künstler, Helden etc.
Wenn ich dann denke, dass das nur die großen Obergruppierungen der Völker sind und es zu jedem Volk noch mindestens drei Untergruppierungen gibt, die sich ja auch noch davon unterscheiden müssen  :gähn:.
Aber: Es war für das ursprünglich geplante Projekt, was ein globales Problem gewesen war, wo auch alle was zur Lösung beitragen sollten, einfach notwendig. Ich hab dann eingesehen, dass mit so vielen Völkern ein globales Projekt nicht in ein Buch zu fassen sein wird es sei denn ich möchte es mit der Bibel aufnehmen an Seitenzahl. Aber jetzt habe ich das schöne Phänomen wie Szajkó schon beschrieben hat: Man bastelt an der Welt und es kommt der Gedanke *das ist aber ein schönes Detail, daraus kann man doch was machen!* Bums, nächste Geschichtenidee da.
Ich lege sowieso alles gerne in einer einzigen Welt an, das erfordert mehr Arbeit an dieser Welt, aber ich fühle mich dafür in ihr Zuhause wie in meiner eigenen Wohnung und habe selten Probleme, noch irgendwo Atmosphäre reinzubringen, Orte zu finden wo etwas sein sollte... wenn ich in einer Geschichte mal spontan einen Ort brauche, kann ich meistens einen nehmen, der schon existiert oder ich kann ihn wenigstens in einem Landstrich ansiedeln, dessen Sitten ich schon kenne. Das erspart mir oft die *Weltenbastelzwangspausen*, wenn man beim Schreiben an ein Problem gestoßen ist, wo man etwas braucht, was es noch nicht gibt. Sehr praktisch.

Aber ich glaube, die ganze Frage ist Geschmackssache. Manche lieben es einfach an der Welt zu basteln, andere wollen verständlicherweise nicht SO viel Zeit aufwenden, denn seien wir ehrlich: Ich habe fast mehr Weltenbastelei-Dokumente als Kapitel einer Geschichte und viele Details werden vielleicht nie Anwendung finden. Manche, die nicht so gerne Weltenbastelei machen, könnten das als Zeitverschwendung sehen und ich könnte es ihnen noch nicht mal übelnehmen^^.

KaPunkt

Zitat von: Tanrien am 27. Februar 2011, 14:20:30
1. Die Welt ist unlogisch (...)

2. Die Welt ist logisch - Das wäre (hoffentlich) der Normalfall. Dafür braucht man aber:

3. Informationen für die innere Logik (...)

4. Informationen für die innere Logik, die nicht erwähnt werden - (...)

5. Extrainformationen, die eingebracht werden - Das kann einer Geschichte noch einen gewissen Kick geben, eine gewisse Realität. Extra meint hier wirklich "unnötig". Die Informationen trägt nichts weiter bei, als dass sie die Welt ausfüllt, dem Leser sagt, dass es etwas größeres gibt. Hier geht es nicht mehr um die Griffigkeit der Geschichte, sondern genau darum, eben diese Griffigkeit weiter auszudehnen. Genau wie niemand die normale Welt komplett versteht und kennt, machen diese Extrainformationen klar, dass auch die fiktionale persönliche Welt des Charakters kein abgeschlossener/-getrennter Komplex vom Rest der Welt ist.

6. Extrainformationen, die nicht eingebracht werden
Ich halte diese Einteilung für sehr gut.
Mir ist beim schreiben vor allem Punkt 5 wichtig.
Klar muss die Welt funktionieren und in sich stimmig sein. Aber mir gefallen beim Lesen vor allem die kleinen Gimmicks, die die Welt bunt und detailreich machen.
Wie man jetzt zu diesen Details kommt, ob man sie konstruiert oder im Schreiben erfindet und erstmal vielleicht nicht mehr als den Namen einer Volksgruppe hat (ich benutze eine Mischung aus beidem) ist mir egal.

Wichtig ist dann allerdings, dass man auf die Stimmigkeit achtet. Was man so im Vorbeigehen in den Text, die Welt geworfen hat, ist jetzt Kanon. (Solange, bis es wieder gestrichen wird. )

Wenn also irgendwo erwähnt wird, dass die Usaschi aus religiösen Gründen keinen Fisch essen - dann sollte man das noch wissen, wenn man in das Gebiet der Usaschi kommt. - Dort sollte es dann bitte keine Fish&Chips Buden geben.

Ich hoffe, es wird klar, was ich meine, und das meine Meinung hilfreich war.

Liebe Grüße,
Kirsten,
die auch keine Kenntnisse über die Plattentektonik ihrer Welt hat  :psssst:
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

zDatze

Bei mir fällt der Umfang einer Welt immer total unterschiedlich aus. Es kommt auf die Geschicht an. Und auf das, was ich in dieser Geschichte thematisieren will, welche Probleme ich mit hinein packe und auch mit welchen Problemen und Hürden mein Chara zu kämpfen hat.
Den Umfang der Story sollte man dabei aber auch nicht vergessen. Eine Trilogie z.B. würde ich nicht beginnen, ohne die Grundzüge der Welt zu kennen. Könnte passieren, dass man sich am Ende (oder im Laufe der Trilogie) auf einmal selbst ins Knie schießt, weil man sich über ein paar Details keine Gedanken gemacht hat.

Geht die Geschichte stark von meinem Chara aus, so reicht mir meistens ein Grundgerüst. Das heißt bei mir auch, dass ganz als erstes eben dieser Chara in meinem Kopf war und ich die Welt erst durch ihn bzw. mit ihm entdeckte. Beim Plotten oder beim Schreiben. (Kommt ganz darauf an, wie sehr mir die Story unter den Fingernägeln brennt. :D )

Ich finde auch nicht, dass man sich unbedingt so viele Gedanken über die Welt machen muss. Wenn sich das alles von alleine beim Schreiben entwickelt, dann sollte man sich auch nicht dazu zwingen sich vorher schon den Kopf darüber zu zerbrechen.

Prägt die Welt meinen Chara, so mache ich mir Gedanken darüber. Schließlich will ich ja verstehen, warum er bzw. sie so ist, wie er/sie eben ist. Ich sehe darin eine Möglichkeit, um meinem Chara mehr Leben einzuhauchen und sein Handeln nachvollziehbarer zu machen.
Wie weit man dabei beim Weltenbasteln geht, muss jeder selbst entscheiden. :)

FeeamPC

Ich benötige für meine Geschichten diese Voraussetzungen:

Die Welt als solche muss nicht ausgeklügelt sein.

Es reicht mir, z.B. zu sagen: ein Planet, der drei Kontinente hat, die 1/5 der Planetenfläche bilden und relativ nahe beeinander liegen. Rest Wasser.

Etwa anderes ist es mit dem Ort der Handlung. Das Land, die Bevölkerung, die Sitten und Gebräuche sollten schon relativ detailliert sein, sonst kommen schnell logische Fehler in die Geschichte.
Für alles, was über eine Kurzgeschichte hinausgeht, lege ich fest:
Götter und Glauben
Klimazone, grob auch die geographische Landkarte und politische Welt  (z.B. Königreich x, grenzt an Reich Y, an Meer Z, an Wüste und Barbaren
Art/Rasse der Bevölkerung und genaue Regierungsform , z.B. Bürgermeister oder königliche Verwalter in den Städten?
Wovon lebt die Bevölkerung, was wird angebaut, was gehandelt, was hat welchen Wert? (Bekomme ich für einen Landarbeiter-Monatslohn nur Wohnung und Essen, oder reicht er auch für den Kauf eines Schweins?)
Wie weit ist die Technik entwickelt?
Gibt es Magie, wenn ja, welche, wie funktioniert sie?
Gibt es besondere Bräuche und Feste? Gibt es soziale Einschränkungen für bestimmte Bevöklkerungsteile?

Die detaillierte Landkarte und die Geschichte wiederum ergeben sich meist von selbst im Laufe einer Geschichte, ich muss sie dann nur notieren, damit im weiteren Verlauf keine Widersprüche eingebaut werden.

Mit dieser Grundausstattung kriege ich normalerweise jede Welt so hin, dass sie lebendig wirkt.

Sonnenblumenfee

Da muss ich direkt noch mal nachhaken: Was bedeutet für euch denn "unlogisch"?
Sind das ganz offensichtliche Fehler (auf S. 433 wird das Land X als "trockenes Wüstenland" bezeichnet, auf S.678 steht dann etwas von "vielen Seen und uralten Wäldern")?
"Discipline is my freedom" - Gretchen Rubin

Siliel

Für mich würde "unlogisch" jetzt bedeuten, dass  zum Beispiel die eine Hälfte des Landes aus Sandwüste besteht, trocken und heiß ist und der Rest in etwas unser Klima hat. Das, was du beschrieben hast, ist dann praktisch ein extremes Beispiel meines Beispiels. Unlogisch finde ich aber auch, wenn das Land ein geschätztes Jahrtausend zeitlich immer nur in unserem Mittelalter anzusiedeln ist, und dann einfach nichts passiert. Zumindest käme mir das schon seltsam vor.

Zitat von: Tanrien am 27. Februar 2011, 14:20:30
5. Extrainformationen, die eingebracht werden - Das kann einer Geschichte noch einen gewissen Kick geben, eine gewisse Realität. Extra meint hier wirklich "unnötig". Die Informationen trägt nichts weiter bei, als dass sie die Welt ausfüllt, dem Leser sagt, dass es etwas größeres gibt. Hier geht es nicht mehr um die Griffigkeit der Geschichte, sondern genau darum, eben diese Griffigkeit weiter auszudehnen. Genau wie niemand die normale Welt komplett versteht und kennt, machen diese Extrainformationen klar, dass auch die fiktionale persönliche Welt des Charakters kein abgeschlossener/-getrennter Komplex vom Rest der Welt ist.

Ich denke auch, dass eine Welt nicht nur einfach logisch und in sich stimmig sein muss, sondern auch greifbar. Und ich denke, so etwas trägt auch ein wenig zur Atmosphäre bei.

Nachtblick

Hi Sonnenblumenfee,

ich habe schon mal eine ähnliche Frage gestellt, vielleicht helfen dir die Antworten in diesem Thread auch noch weiter:
http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,4230.msg110614.html#msg110614

Du bekommst übrigens noch eine Mail. Keine Sorge. ;)

Tanrien

Zitat von: Sonnenblumenfee am 27. Februar 2011, 19:36:33
Da muss ich direkt noch mal nachhaken: Was bedeutet für euch denn "unlogisch"?
Sind das ganz offensichtliche Fehler (auf S. 433 wird das Land X als "trockenes Wüstenland" bezeichnet, auf S.678 steht dann etwas von "vielen Seen und uralten Wäldern")?

Das hat ja nicht wirklich etwas mit Weltenbau zu tun, sondern mehr damit, dass man sich beim Schreiben Notizen machen sollte. Aber es gibt ja bestimmte physikalische/geologische/... Grundlagen/-annahmen/-entwicklungen, die nicht funktionieren, wobei mir jetzt natürlich kein Beispiel einfällt. Oh, vielleicht sowas wie, dass wir einen Standardboden (Y) haben und der wird Jahr für Jahr (Z) immer wieder bepflanzt mit einer bestimmten Pflanzensorte (X), seit Generationen und der Protagonist ist jetzt wieder dran. Aber vielleicht geht das gar nicht, vielleicht müsste der Boden nach Y+Z+X schon längst totgefarmt sein. Das wäre ein kleiner "unlogischer" Punkt, der vielleicht nur wenigen auffällt. Besser erklären kann man es an diesen "Aber warum haben die nicht einfach...?", bei denen sich der Leser also aktiv wundert, warum dein Ausstrebendes Volk nicht einfach die Stadt verlassen hat, als es festgestellt hat, dass die Wasserleitungen vergiftet waren; nur ist es hier eben nicht so klar definiert, weil es ja soziale Gründe geben könnte. Bei physikalischen Sachen ist der einzige "Grund" für Unlogik neben Unwissen (Auch in unserer Welt ist vieles nicht erklärt.) Magie.

Es geht also meistens um nicht sofort offensichtliche Unlogik/Logikfehler, die vom Autor einfach übersehen werden. Entweder aus Betriebsblindheit/falschen Annahmen, weil das Fachwissen ist oder weil es nur ein wirklich kleiner, unwichtiger Teil der Welt ist...

FeeamPC

Unlogisch wäre zum Beispiel, wenn in deiner Welt Herden-Fluchttiere wie Pferde im dichten Dschungel beheimatet sind. Oder wenn im Regenschatten eines hohen Gebirges Regenwald wächst (der gehört logischerweise auf die andere Seite). Oder wenn Ackerbau Marke Mittelalter betrieben wird, aber fast genauso viele Adelige wie Bauern in deinem Land leben (mit mittelalterlichem Ackerbau lassen sich erheblich weniger Menschen ernähren, man braucht also deutlich mehr Bauern als heute, um eine Bevölkerung durchzufüttern).

Gewisse Gegebenheiten einer Welt müssen stimmen, Magie hin oder her, sonst nimmt der Leser die Welt nicht als real wahr.