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DaVinci Resolve 15 - Ein Versuchskaninchen auf dem Weg der Sorgen

Begonnen von Kunstmut, 07. April 2019, 07:23:17

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Kunstmut

Ich besitze ein sehr gutes Mikrofon und eine Canon-Spiegelreflexkamera. Ich kann also Ton und bewegtes Bild in guter Qualität herstellen. Mehr, als für angedachte Song Cover, Demo Tapes und vielleicht Hörbücher von uralten gemeinfreien deutschen Texten nötig wäre.

Nur von Zusammenführung von Ton und Bewegtbild, Videoschnitt, Zauberstabgefuchtel und Laptop-Gerendere-Geschmelze, tausend Abbrüchen und Neustarts habe ich keine Ahnung. Das kenne ich nur aus Legenden und Märchen aus dieser merkwürdigen anderen Parallelwelt mit so Kreaturen, Menschen genannt, auf diesem ulkigen Planeten Eda, Erdo, Edre oder so ähnlich. Dort, wo Menschen Menschen töten um des Geldes wegen, und wo Natur da ist, um Autobahnen und Parkplätzen, Panzern und Marschflugkörpern zu weichen ...

Solange also der Faschismus nur tobt und den nächsten Bürgerkrieg noch nicht ausgelöst hat, dachte ich mir, es sei eine tolle Idee, Gitarre zu erlernen, und Musik zu spielen, die nichts mit diesem Jahrzehnt zu tun hat.

Und genau da ist mir nach einigem Suchen gerade DaVinci Resolve 15 in der abgespeckten kostenlosen Variante aufgefallen. Ob wir die Vollpreisvariante mit 8k Rendering und 7.1 Surround-Audio-Mixen in Teflonpfannen-Deutschland überhaupt je benutzen können, steht wohl nicht einmal in den geheimen Schriftrollen der Wirtschaftsweisen. Der Frage braucht man sich wohl erst in zehn Jahren zu widmen, wenn aus Neuland bereits schwarzblaugelb Deutschland wurde.

Auf jeden Fall klingt ein Teil des Vorworts so anmutig und naiv herrlich als käme es aus dem Munde Hans Christian Andersens:

"Best of all, DaVinci Resolve 15 is absolutely free! We've made sure that the free version of DaVinci Resolve actually has more features than any other paid editing system. That's because at Blackmagic Design we believe everybody should have the tools to create professional, Hollywood caliber content without having to spend thousands of dollars."

Hey, die heißen Blackmagic. Black mages sind doch diejenigen, die alles umbringen und schrecklich nett wiederbeleben und dann zur Abschreckung der Nachbarn im Vorgarten Frisbees holen lassen, oder? Das muss doch einfach sympathisch sein.

Aber der kleindenkende Deutsche in mir denkt sich dabei nur: Ob das alles so stimmt, kann ich nicht beweisen, da ich Software im Preis einer Kindheit noch nie verwendet habe!

Aber die Illusion, die hier aufgebaut, gemalt, getischlert, frisiert, delikat garniert und gebauchpinselt wird, ist einfach zu schön, um meinen Zynismus-Detektor anschlagen zu lassen. Und eine leere Flasche Wein ist immer noch besser als gar kein Wein. Vor allem, wenn man mal wieder vor Frust weinen muss, dann hat man gleich ein Gefäß, um das Trinkwasser für privatisierte Zeiten aufzufangen.

Um nicht weiter zu langweilen:
Testversuch: Alle 412 Seiten des Basismanuals lesen. Juhu.
Ziel: Aus Bild und Ton was herstellen, dass man auf youtube laden kann.
Warum?: Autoren gelten als technikscheue Wüstennomaden. Vielleicht helfen meine Versuche jemandem. Kann ja wohl nicht der einzige Leser sein, der sämtliche "klassischen" Autorenlesungen hochnotpeinlich und cringe af findet.

Meine Hauptaufgabe wird es sein, herauszufinden, ob folgender, simpler Gedankengang eines kreativen Menschen sich mit analytischer - ach so streng kaltherzig wütender - Software verträgt. Kann man nicht erst eine Audiospur aufnehmen, dann ein Video aufnehmen, die Audiospur des Videos stummschalten, die vorher aufgenommene Audiospur perfekt synchron unter das Video drunterlegen, und vielleicht noch hier und da die Perspektive mithilfe einer zweiten stummgeschalteten Videospur wechseln?

Meiner Erfahrung nach wird dieses Problem entweder innerhalb von zehn Minuten gelöst sein oder sich über Wochen in Schützengräben einkuscheln. Mal schauen.

Kurzum: Ich werde ein wenig "probieren". Entweder es gelingt mir, die Besen wieder einzufangen und ein Update hier reinzuposten, oder man sollte das hier als Warnschild aufstellen. So nach dem Motto: Achtung, guter Wille kann tödlich sein. Bei Risiken oder Nebenwirkungen räuchern sie die Packungsbeilage oder essen sie ihren Arzt oder ihren Apotheker.

PS: Falls jemand Sarkasmus findet - wohnst wohl noch in der Realität, eh?

FeeamPC

#1
Klingt interessant. Die Software schau ich mir mal näher an.
Edit:
Interessant, aber mein alter PC bietet leider nicht genügend neue Hardware für dieses Programm.

Sunflower

Ich habe ja gerade eine Ausbildung zur Multimedia-Journalistin hinter mir, und mein letzter Dozent, Videojournalist, schwört auf Resolve. Bisher zumindest auf jede Funktion außer auf den Videoschnitt  ;D - aber auch da entwickeln sie sich wohl immer weiter, und werden mit jeder Version besser. Ich glaube also, du liegst mit Resolve auf jeden Fall nicht ganz falsch. Auf deinen Bericht bin ich aber auch schon gespannt. Dein Vorhaben klingt ja eher leicht, das sollte mit dem Programm hoffentlich einfach zu schaffen sein. Resolve soll vor allem in der Farbkorrektur supergut sein, aber das betrifft dich dann ja eher nicht, oder?

Ich habe die letzten Monate mit Avid geschnitten, was die Hölle war, und wäre jedenfalls auch nicht unglücklich, ein gratis, gutes Schnittprogramm zu kennen :)
"Stories are, in one way or another, mirrors. We use them to explain to ourselves how the world works or how it doesn't work. Like mirrors, stories prepare us for the day to come. They distract us from the things in darkness."
- Neil Gaiman, Smoke and Mirrors

Kunstmut

#3
Hier mal ein kleines Update. Das Programm an sich ist wundervoll. Es ist zwar beim Bearbeiten genauso hängengeblieben wie ich und hat manchmal Aussetzer, aber das dürfte daran liegen, dass alles, was mit Videobearbeitung zu tun hat, generell sehr viele Ressourcen frisst. Die Sache mit dem Video ohne Ton war einfacher als gedacht, da man nur Alice in die Kamera folgen muss, um dann im Untermenü des Untermenüs Aufnahme ohne Ton einzustellen. Allerdings habe ich mich dann vorerst doch dagegen entschieden, ein Video aufzunehmen, und zwar aus drei Gründen.

Nummer 1: Es ist unglaublich ermüdend einen Song mit Gitarre und Gesang am Stück zigmal vor dem Mikrofon einzuspielen und dann noch zusätzlich für ein Video einzuspielen, wo ich ja quasi für umsonst singe. Und mittendrin muss man mal husten, vergisst ein Wort, vertauscht etwas, verspielt sich nach zweieinhalb Minuten, sodass die gesamte Aufnahme ruiniert ist, oder ein Auto fährt vorbei und stänkert in die Aufnahme. Aber das wäre es mir noch wert gewesen und irgendwann werde ich das noch mal einsetzen. Mein Lieblingsfeature ist ja die Rasierklinge, mit der man seine Inkompetenz aus der Audiospur schneiden kann, falls nötig. Manchmal wünsche ich mir, ich könnte mein Leben auch auf diese Weise editieren. Hach.

Nummer 2: Ich habe das Rendern und das Ausmaß der Dateien evolutionär unterschätzt. Sorry, dafür werde ich mein Datenvolumen samt glühender Bambusleitung nicht räuchern. Daher bleibe ich fürs Erste bei Audiospur mit lustigem Bild. Es war sogar überraschend einfach, einen Titel auf das Bild zu bekommen, der dann nach wenigen Sekunden ausgeblendet wird. Ich gehe zwar gerade vor wie ein Bauer aus vergangenen Tagen, der einen Stift benutzt, um damit in der Erde zu wühlen, aber wenn ich in Zukunft verstehen lerne, dass man damit auch schreiben kann, wird es skandalös.

Nummer 3: Ich habe es gewaltig unterschätzt, wie unfassbar kartoffelig und deutsch es aussieht, wenn einer auf der Couch sitzt und Gitarre spielt - und das war es. Das hätte ich so 2007 herum noch bringen können. Aber heutzutage ist das so, wie mit dem alten Traktor auf die Autobahn zu fahren. Wahrscheinlich muss ich meine Kamera mal in den Wald ausführen und am rauschenden Geäst schnuppern lassen. Mag sein, dass ich einfach immer zu hohe Ansprüche habe, aber ich kann doch kein Video machen, für das ich mich hinterher selbst trolle und beleidige.

P.S. Ich könnte jetzt theoretisch auch mal ein Hörbuch aufnehmen. Einfach just for fun, um zu testen, ob mir irgendjemand da draußen zuhört. Mein Problem dabei ist nur, dass ich "Briefe, die ihn nicht erreichten" - Elisabeth von Heyking erstmal ganz lesen muss. Schließlich käme ich nie auf die Idee, viele Stunden meines staubtrockenen Halses einem Haufen Kitsch zu widmen. Allerdings lese ich gerade was ganz anderes: Über den zweiten amerikanischen Bürgerkrieg, der von 2074 bis 2095 stattfand. Alles rein fiktiv natürlich. Wobei die These, dass sich die Südstaaten abspalten, weil sie an fossilen Brennstoffen festhalten wollen durchaus faszinierend ist. Zwischenzeitlich hatte ich auch mit dem Gedanken gespielt, was von Kafka einzulesen, aber die Tagebücher enthalten so viele Fremdwörter, deren Aussprache man jedes Mal nachschlagen muss, dass es zu viel Aufwand ist. Beim Lesen geht man bei sowas ja spielend drüber weg, aber ich kenn doch das Internet, da kann man drei Seiten einlesen und die Leute weisen einen wie die Gestapo auf jede falsche Aussprache hin. (Vielleicht leidet mein Verfolgungswahn auch einfach nur mehr als gewöhnlich.)

Ach ja, auf meinen youtube Kanal habe ich nun drei Songs als Test hochgeladen. Just for fun. Wie ich das richtig mit meinem Tintenzirkel-Profil verlinke, weiß ich nicht, daran bin ich schon vor einer Woche gescheitert, weil ich zu dumm bin. Aber das eilt auch nicht, da ich mit Videos und Resolve erst noch experimentieren muss. Mich würde zum Beispiel interessieren, wie sich verschiedene monochrome Phasen in einem Video so machen. Man merkt vielleicht schon: Ich habe absolut keinen Bock auf das Offensichtliche und Erstbeste, weil das alle anderen schon machen.

Kurzfazit: Resolve ist ein sehr gutes Programm, indem man ein zweites Leben anfangen kann.