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[Rechtliche Frage] Zufällige Namensgleichheit mit Realpersonen in Büchern

Begonnen von Yamuri, 20. April 2023, 08:15:18

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Yamuri

Guten Morgen,

ich hoffe meine Frage ist hier richtig. Vielleicht wird es auch andere interessieren und die Antwort auf meine Frage könnte nicht nur für mich nützlich sein.

Für meine Science-Fantasy Reihe in der ich zahlreiche chinesische Namen benötigt habe, habe ich sehr viel Rechercheaufwand betrieben, weil ich wollte, dass die Namen gut klingen und passend sind. Ich habe auch Rücksprache gehalten bzw. halte Rücksprache mit Native Speakern bzgl. der Namen.

Nun habe ich bei der Recherche aber nicht darauf geachtet, ob es Realpersonen gibt, die dieselben Namen tragen. Jetzt ist mir aber beim Überarbeiten aufgefallen, dass es Realpersonen gibt (keine Schauspieler) aber eben trotzdem Realpersonen, die teilweise dieselben Namen haben wie meine Figuren.

Meine Frage: Ist das ein Problem? Oder genügt ein Vermerk, dass Namensähnlichkeit/Gleichheit rein zufällig ist. Ich wusste ja tatsächlich bis vor Kurzem nicht, dass es Menschen gibt, die dieselben Vor- und Nachnamen tragen - wobei hier natürlich hinzu kommt, dass ich nicht weiß ob nur die Umschrift der Namen gleich aussieht, aber die chinesischen Zeichen, die ich für meine Namen als Grundlage nutze andere sind, als die besagter Realpersonen. Zumal es bei den Namen teils mehrere unterschiedliche Realpersonen gibt, die denselben Namen tragen.

In einigen Büchern habe ich aber schon den Vermerk gesehen, der darauf hinweist, dass die Personen im Buch erfunden sind und nichts mit Realpersonen zu tun haben, auch wenn die Namen gleich sind. Namen haben Macht, daher würde ich ungern nochmal alles ändern wollen, zumal die Namen halt so, wie ich sie gewählt habe auch sprachlich gut gewählt sind.

"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

Barra

Find ich eine sehr interessante Frage.

Hätte jetzt aber auch gesagt: Das ist purer Zufall und bedarf nicht einmal eines Hinweises. Erst mal so spontan. Andererseits, schaden wird es sicher auch nicht, kann man sicher zusammen mit dem CN/TW Hinweis niederschreiben, ist ja nur eine Zeile.

Anders sieht es aus, wenn ich persönlichen Beef mit einer realen Person habe, nennen wir sie hier mal 'Anja Wild'. Wenn mein Klarname als Autorinnenname auf dem Roman steht und es klar ist, dass Anja, genau die Anja ist, die ich so sehr verabscheue, dass ich sie möglichst im schlechtesten Licht darstelle und der Figur womöglich auch noch die grausamsten Dinge antue in der Geschichte, ist es a) ganz sicher nicht die feine Art und b) im Zweifelsfall womöglich auch Rufmord. Wäre interessant, ob es da rechtliche Schritte geben könnte.
Aber wenn ich diese Person 'Anja' so sehr verfremde und sie bei mit jetzt 'Antonia Witz' ist, dann weiß ICH, wen ich da meine, aber niemand der mich und sie real kennen könnte.
-> Sprich hier also unbedingt ändern.

Ich kann aber nicht hingehen und einer amerikansichen Autorin vorwerfen in ihrem Steampunkroman, der in Europa spielt, eine Figur zu benutzen die zufällig 'Anna Thiers' heißt, also genau wie ich (wenn mein Name Anna Thiers wäre). Egal, ob diese Person im Roman böse wäre oder nicht.
-> Also nicht ändern.

Dritter Fall: Ich entscheide mich den Namen 'Zoran Đinđić' zu benutzen. Weil ich einfach einen serbischen Namen wollte. Und jetzt stellt sich heraus: Oh, das war ein realer Politiker (Person des öfentlichen Interesses), was mach ich jetzt? Ändern? Kommt drauf an? Ist der Vorname relativ verbreitet? Ja? Lassen. Ist der Nachname sehr geläufig (Vergleich: Müller) Nein? Lieber abwandeln, ändern. Ist die Kombi vielverbreitet? Sicher nicht. Unbedingt ändern, da sonst eventuell falsche Assoziationen aufkommen. Unabhängig von der Einstellung des realen Menschen oder seiner Partei oder sonst etwas.
-> Ändern, wenn ich weiß, dass die reale Person zB aus politischem, religiösem Umfeld stammt.

Generell:
Die Chance, dass eine reale Person mit haargenau der Kombination aus Vor- und Nachnamen existiert ist hoch. Ich ändere das nur dann, wenn ich das recherchieren kann und dabei auf oben genannte Probleme stosse.
Ich hatte das in meinem Ratten NaNo, da hatte ich mir einen Namen gesucht für meine Prota und festgestellt: Dafu? Den Namen hatte auch ein Serienkiller? Damn. Lassen oder nicht? Abwandeln? Manchmal reicht es schon einen Buchstaben auszutauchen. Bsp: Philip -> Phillip oder Filip / Kati -> Cathy oder Khati
Wie das jetzt natürlich bei asiatischen Namen ist und wie sehr da schon ein einziger Buchstabe enorme Änderungen beinhaltet, kann ich nicht beurteilen.
Im Zweifelsfall auf jeden Fall die Option der Änderung im Hinterkopf behalten.

Bin gespannt, ob jemand hier schon mal entsprechende Erfahrungen gemacht hat. Also ob sich ein*e Leser*in gemeldet hat: "Warum benutzt du meinen Namen?! Was hab ich dir getan?" oder "Warum stellst du die australische Sängerin in so einem schlechten Licht dar?" Wer weiß. Bin gespannt auf eure Beiträge.

Dämmerungshexe

#2
Ich glaube hier könnten noch kulturelle Aspekte mit einfließen: bei Mangas weiß ich (glaube ich gehört zu haben), das viele der Namen von Figuren so gestaltet sind, dass sie eben nicht im realen Leben vorkommen würden, weil das für reale Personen sehr "entwürdigend" sein könnte. Ich weiß nicht genau, ob es in China ähnlich sein könnte. (Wenn du Native Speaker bei der Hand hast, denke ich sie hätten dich auf sowas hingewiesen, aber vielleicht nochmal nachfragen.)
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Berjosa

Ich habe wegen einer zufälligen Namensgleichheit schon mal Ärger bekommen, mit einer nicht prominenten, mir völlig unbekannten Person in Deutschland. Mehr als Ärger war es aber auch nicht, denn rechtlich gab es nichts zu beanstanden. Allerdings war bei der Gelegenheit keine verbindliche Aussage zu bekommen, ob der berühmte Spruch von "Eventuelle Ähnlichkeiten sind unbeabsichtigt und rein zufällig" irgendwie helfen würde.
(Ich habe mich nur von BoD auf den Arm genommen gefühlt, die mir den Vertrag gekündigt haben. Die sind schon länger im Geschäft, da sollte die Rechtslage bekannt sein.)

Ich fürchte, das ist eine Sache, die sich beim Schreiben nicht vermeiden lässt. Wirklich kritisch ist meines Wissens das von @Barra beschriebene Beispiel Anja Wild, und es kann auch in der Variante Antonia Witz noch schiefgehen.



Yamuri

Ich fürchte auch, dass es sich wohl wirklich nicht vermeiden lässt, wenn man keine Kunstnamen verwendet, sondern versucht mit realen Sprachen Namen zu kreieren, die echt wirken sollen. Schon allein deshalb nicht, weil es so viele Chines:innen gibt, dass es fast unmöglich ist nicht eine Namenskombination zu wählen, die es irgendwo schon gibt. In einem andren Projekt habe ich den Namen Victor Wang - und was muss ich feststellen, natürlich gibt es den Namen auch schon. Vielleicht werde ich den Nachnamen dann noch erweitern, um mich stärker abzugrenzen.

Tatsächlich ist es mir aber auch schon passiert, dass ich meinen Namen vollen Realnamen schon in einer Krimiserie entdeckt habe. Ich weiß nicht mehr was es für eine Figur war, die den Namen trug, aber mein Realname fand bereits in einem deutschen Krimi Verwendung. Vermutlich ist es wirklich unbedenklich, wenn der Name häufiger vorkommt.

Ich werde aber auf jeden Fall zwecks der kulturellen Frage nochmal nachhaken, obwohl es auch in chinesischen Serien häufiger mal Namen gibt, die, wenn man sie recherchiert auch von Realpersonen getragen werden. Es scheint also in China durchaus ok zu sein. Aber bevor ich es veröffentliche würde ich sowieso nochmal alle Namen plus Zeichen und Umschrift durchchecken lassen. Gerade bei Frauennamen kann man nämlich auch versehentlich Namen erzeugen, die nur Prostituierte tragen und das wäre peinlich. ^^
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- Harriet Tubman

Elona

Ich habe mal in einem Interview mit einem Anwalt gehört, dass diese Disclaimer rechtlich gesehen eigentlich nichts bringen. Also so Dinge wie "Handlungen und Personen sind rein erfunden" etc.

Begründung (die für mich schlüssig war/ist):
Hier geht es um Persönlichkeitsrechte und wenn eine Person sich verletzt fühlt, hat sie erst einmal das Recht zu klagen. Soweit ich mich erinnere, liegt die Beweislast allerdings bei ihr, weshalb die Klage (vermutlich) im Sande verlaufen würde.

Trotzdem sollte man sich im Hinterkopf behalten, dass es Ärger geben könnte. Die Disclaimer verwende ich übrigens auch. Schaden ja schließlich auch nicht.  :engel:

Yamuri

Ja, das ist klar. Ich habe jetzt auch einen anwaltlichen Impressumsdienst und damit gleich einen Anwalt zur Seite, falls etwas sein sollte. :) Aber natürlich möchte ich nicht jemanden verletzen. Was halt auch so eine Sache bei chinesischen Namen ist, das ist die Tatsache, dass nur weil in der Umschrift der Name gleich aussieht, er im original Mandarin dann noch lange nicht derselbe Name sein muss. Das heißt wenn ich mir anhand von Zeichenlisten, Wörterbüchern etc. und Empfehlungen von Native Speakern, wie man sich gute Namen zusammenstellt, Namen ausdenke, dann kann durchaus sein, dass diese Namen gar nicht dieselben sind, wie die Namen, die ich jetzt bei Google gefunden habe. Dazu müsste ich entsprechende Personen anschreiben und sie etwas sehr persönliches fragen, nämlich aus welchen Zeichen ihr Name besteht. Nur dann kann ich im Grunde herausfinden, ob der Name tatsächlich derselbe ist.
Grundsätzlich ist mir nur wichtig, dass die Namen gute und richtige Namen sind, weil ich a) die chinesische Kultur und Sprache sehr mag und schon deshalb authentisch sein will und weil ich mir aufgrund meiner Liebe zu China b) mir nicht den Vorwurf anhören möchte -> den Namen könne es ja gar nicht geben in China. Daher recherchiere ich so genau und halte auch Rücksprache. Gute, realistische Namen zu verwenden, birgt aber dann wiederum die Gefahr, dass es eben Menschen gibt, die diese Namen bereits haben. Ist also ein zweischneidiges Schwert und ich fürchte fast, egal wie man es macht, es kann jemand meckern.
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Villyana

jetzt muss ich mal etwas blöd nachfragen, aus wie vielen Teilen bestehen denn chinesische Namen und ist es möglich da noch welche ein zu fügen?
Ich kenne mich mit der Sprache gar nicht aus und frage daher evtl etwas naiv. Ich denke nur, dass wenn man zB im deutschen einen Namen aus Vor- und Nachname wählen würde, könnte es sein, dass es so eine oder mehrere Personen gibt. Kommt hier noch ein 2. Vorname oder ein doppelter Nachname hinzu verringert sich quasi mit jedem Namen mehr die Chance, dass ich jemanden treffe, der so heißt. Jetzt mal ganz dumm, heißt jemand Sarah Müller, ist das relativ Häufig. Eine Sarah Melissa Müller wäre da schon seltener und eine Müller-Schmidt bestimmt auch.

Es gibt ja viele Kulturen mit einem 2. Vornamen, den man aber so gut wie nie benutzt. Bei mir in der Familie hat das zB jeder. Man könnte bei der Einführung der Person den ganzen Namen mal nennen, ebenso wie in einem Glossar und dann aber immer die kürzere Version in der Geschichte benutzen.
Da fühlt man sich evt. nicht so sehr auf die Füße getreten.

Generell würde ich dir aber auch raten da bei denen Native Speaker zur Hand hast, würde ich aber auch hier nochmal nachfragen, wie @Dämmerungshexe hier ja schon hingewiesen hat. Wen die es nicht wissen, wer dann?  ;)

Yamuri

@Villyana

Für deine Frage muss ich weiter ausholen, weil das mit den chinesischen Namen generell nicht so einfach ist. Ich habe da sehr viel recherchiert auf Seiten, die auch von native Speakern ins Netz gestellt wurden und Empfehlungen aussprachen.

Ich versuche das jetzt mal verkürzt darzustellen, weil es halt sehr komplex ist. Für den Nachnamen wird empfohlen einen der Namen aus der Liste der 100 Nachnamen zu wählen. In der Pinyin Umschrift können manche Namen gleich aussehen, obwohl das zu Grunde liegende Zeichen unterschiedlich ist. So gibt es allein für den Nachnamen Li über 10 unterschiedliche Bedeutungen, die aber für das westliche Auge, wenn es nur die Pinyin Umschrift sieht, nicht erkenntlich sind. Das bedeutet, wenn ich im Internet 3 Personen mit diesem Nachnamen finde und nur die Pinyin Umschrift habe, weiß ich nicht ob alle drei wirklich denselben Nachnamen haben. Das kann ich erst sehen, wenn ich das chinesische Zeichen dazu habe.

Das bedeutet für mich, wenn ich jetzt denke, dass meine Nachnamen in der Pinyin Umschrift so aussehen, wie die Namen realer Personen, kann ich nicht wissen, ob das überhaupt stimmt. Es kann sein, dass ich mich irre, weil ich ja die chinesische Schreibweise der Namen der Personen nicht kenne, weil diese leider bei diesen Personen nicht angegeben ist. Ich könnte jetzt jeden einzeln anschreiben, aber ich glaube fast, dass das etwas übertrieben ist.

Zu den Vornamen. Bei den Vornamen werden chinesische Zeichen gesucht, die eine bestimmte Bedeutung haben. Männernamen und Frauennamen und Namen, die für männlich und weiblich und damit auch für non-binary geeignet sind. Ich habe hier das Pleco Dictionary benutzt und Wortbedeutungen eingegeben um passende Zeichen zu finden. Auch hier gilt, die Pinyin Umschrift des Namens Yinghao z.B. sieht für uns immer gleich aus, aber in der chinesischen Schrift kann dieser Name aus unterschiedlichen Zeichen bestehen.

Ich benutze teilweise bereits zusammengesetzte, längere Namen und nenne bei den Protagonisten die Nachnamen auch nur dann, wenn es notwendig ist. Meist benutze ich nur die Vornamen, bei Yinghao auch oft die Abkürzung, wobei diese Abkürzung nur von nahen Verwandten und engen Freunden im Dialog benutzt werden darf. Generell ist es so den Vornamen allein zu benutzen ist eine Grenzüberschreitung, wenn man nicht grade verwandt oder sehr gut befreundet ist. Den Vornamen also einfach abkürzen, das dürfen auch nur wirklich nahe stehende Personen ohne unhöflich oder sehr dreist zu sein.

Ich werde auch definitiv ein Glossar anlegen und darin dann neben der Pinyin Umschrift und Aussprache auch die korrekten chinesischen Zeichen reinschreiben. Das mit den zwei Vornamen in China gab es früher tatsächlich. Ab der Volljährigkeit erhielt man den sogenannten Courtesey Name und ich hatte mir schon überlegt, ob ich das auch in meine Geschichte reinbringe. Allerdings mache ich es westlichen Leser:innen damit noch schwerer sich all die Namen zu merken. Daher habe ich beschlossen das mit dem Courtesy Namen rauszulassen, besonders da meine Geschichte weniger historisch angehaucht ist, sondern futuristisch.

Doppelte Vornamen, wie wir sie kennen, könnte man ggf. vergleichen mit zwei Zeichen, die für einen Vornamen benutzt werden. Bei Yinghao habe ich zwei Zeichen. Ying und Hao. Das ist vergleichbar mit zwei Vornamen, die aber zusammengezogen eine Bedeutung haben und als Einzelzeichen auch. Sie können als eigenständige Vornamen benutzt werden, oder als ein Gesamt-Vorname. Leider gibt es das in Pinyin Umschrift aber auch häufiger. Ich kann mir bei Yinghao aber vorstellen, dass die Zeichen, die ich gewählt habe andere sind, als die der Personen, die ich online entdeckt habe.

Es ist also alles recht komplex :) Vermutlich muss ich mir aber wirklich nicht so viele Gedanken machen. Jetzt da meine Betaleser:in ihre Abschlussprüfung geschafft und wieder Zeit hat, werde ich ihr aber eh nochmal meine Namensliste schicken, schon allein wegen der Namens-Kombinationen, nicht dass ich da ungünstige Kombinationen drin habe. Also ja, bei ihr nachfragen werde ich auf jeden Fall noch. Es ist nur etwas schwierig aus dem Pleco Dictionary die Zeichen rauszukriegen und auf meinen PC zu übertragen. Aber das krieg ich auch noch hin. ^^ Muss ja sowieso früher oder später passieren, wenn ich sie im Buch im Glossar drin haben will.

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- Harriet Tubman