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Erstickt der Buchmarkt an sich selbst?

Begonnen von Kaeptn, 22. Januar 2020, 08:25:06

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Coppelia

#30
@Alana Alles ok. :) Trotzdem fand ich deinen Beitrag eben noch mal sehr hilfreich.
Bei mir ist es halt so, dass ich ungefähr weiß, was ich tun und können müsste. Ich weiß aber, dass ich es in der mir zur Verfügung stehenden Zeit nicht schaffe, selbst dann nicht, wenn ich sämtliche Energie aufwende, die ich habe. (Das tue ich nämlich bereits; vielleicht habe ich auch weniger Energie als andere Menschen). Deswegen fühle ich mich aber schlecht, denn 1. schaffen andere es ja auch, 2. geht es um meine Romane und meinen ganz großen, wichtigen Traum, und ich möchte ja all das unheimlich gern machen, weil es mir so extrem am Herzen liegt. Daher höre ich vermutlich auch eher einen Vorwurf, weil ich mir selbst die ganze Zeit schon heftige Vorwürfe mache, einfach nicht zu genügen - und mein großer Traum, meine Geschichten müssen darunter leiden. Puh, während ich das hier tippe, merke ich, wie extrem mich das Thema belastet und wie sehr es mir zu Herzen geht.
Eben weil es sich so anfühlt, als wäre Schreiben der Sinn meines Lebens, kann ich nicht einfach sagen: "Och ja, ist halt nur mein Hobby, morgen strick ich dann Socken, macht ja keinen Unterschied."
Der Frust, wenn ich etwas probiere und es nicht klappt, kommt noch dazu, aber der lässt sich wohl einfach nicht vermeiden.

Alana

#31
ZitatDeswegen fühle ich mich aber schlecht

Das kann ich so gut verstehen, aber das solltest du wirklich nicht.  :knuddel: Ich stoße auch oft an meine Grenzen, denn mein Real Life ist zur Zeit häufig sehr fordernd und teilweise auch belastend. Und ich fühle mich auch oft sehr schlecht, weil ich Berufsautorin bin und nicht mehr schaffe als andere, die "nebenher" noch Vollzeit in einem anderen Job arbeiten. Aber von sowas muss man sich wirklich freimachen. Jeder Mensch hat andere Energiereserven und andere Herausforderungen zu meistern.

Früher hat mich das sehr runtergezogen, aber man kann wirklich lernen, netter zu sich selbst zu sein und sich zu sagen: Okay. Ich kann das jetzt eben nicht und das ist okay. Und dann setzt man radikal Prioritäten und macht das, was einem gerade am wichtigsten ist oder der Gesundheit (vor allem auch der mentalen) am meisten hilft.

Frust ist leider tatsächlich ein großer Teil des Autorendaseins und er wird auch nicht weniger, wenn man manche der eigenen Ziele schließlich erreicht. Aber es hilft, sich immer bewusst zu machen, dass man viele Dinge nicht in der Hand hat und sich auf die konzentrieren sollte, die man beeinflussen kann.

ZitatEben weil es sich so anfühlt, als wäre Schreiben der Sinn meines Lebens, kann ich nicht einfach sagen: "Och ja, ist halt nur mein Hobby, morgen strick ich halt Socken."

Das verstehe ich wirklich sehr gut. Fast bei jeder Deadline denke ich: ich kann nicht mehr. Ich mag nicht mehr. Ich hasse mich. Ich hasse mein Geschreibsel, wenn ich das Buch abgegeben habe, will ich nie wieder ein Manuskript sehen. Und dann, zwei Tage nach Abgabe, habe ich 30 neue Ideen, die ich am liebsten sofort schreiben will, und tippe heftig an irgendeiner Idee, die nicht verkauft ist und die wahrscheinlich niemanden je interessieren wird. Die Sehnsucht danach ist eben etwas, was man nicht in der Hand hat.  :knuddel: Vielleicht tröstet es dich ein wenig, dass ich sehr bewundere, wie du in letzter Zeit an die Sache rangegangen bist, immer offen für Vorschläge und Ideen und eben alles neben einem Vollzeitjob, der sehr fordernd ist. Ich hätte die Kraft dazu wahrscheinlich nicht und dafür solltest du dich unbedingt immer wieder loben.

Und, um wieder zum Thema zurück zu kommen auch der Buchmarkt und seine Größe ist etwas, das man als einzelner Autor einfach nicht in der Hand hat, weswegen es für mich einfach sinnlos ist, sich darüber Gedanken zu machen. Wobei ich ja Gedankenexeperimente und Diskussionen durchaus immer spannend finde. :)

Alhambrana

Antigone

Zitat von: Alana am 23. Januar 2020, 13:00:14
Aber bei mir kommt immer an, dass Leute Bücher verkaufen wollen, ohne was dafür zu tun.

Ich glaube, das ist der Knackpunkt. Ich denke, Autoren sind immer noch Leute, die Bücher schreiben wollen. Nicht verkaufen. Wollten sie Bücher (oder generell Dinge) verkaufen, wären sie keine Autoren geworden, sondern Buchhändler, Verleger oder Marketing-Fachmenschen.

Ja, ich weiß, dass sich die Medienwelt in den letzten Jahren extrem gewandelt hat, und sich das Tempo der Veränderungen nicht verdoppelt, sondern wahrscheinlich verzehntfacht hat. Und ja, ich weiß auch, dass das ein wenig naiv von mir ist, aber als ich ernsthaft zu schreiben begonnen habe, war die Idee tatsächlich noch: ich schreibe das Buch, überarbeite es noch, aber die Vermarktung macht der Verlag. Jeder das, was er am besten kann. Das ist jetzt allerdings auch schon wieder 30 Jahre her.
Das es das heute nicht mehr ist (oder vlt. eh auch niemals war) ist mir durchaus bewusst. Aber das macht es nicht weniger frustrierend.
Abgesehen davon weicht es auch schon vom Diskussionsthema ab.

Alana

#33
ZitatUnd ja, ich weiß auch, dass das ein wenig naiv von mir ist, aber als ich ernsthaft zu schreiben begonnen habe, war die Idee tatsächlich noch: ich schreibe das Buch, überarbeite es noch, aber die Vermarktung macht der Verlag.

Ich finde es nicht naiv, ich finde, das ist eine legitime Herangehensweise. Niemand sollte sich zu Marketing zwingen, wenn er das einfach nicht möchte. Es ist nur einfach verdammt schwer, einen Verlag so von sich zu überzeugen, dass er das ganze Marketing alleine wuppt, und ganz ehrlich, ich denke, das war es frührer auch schon. Aber wenn man das so sieht und diesen Weg gehen möchte, dann wäre mein Ansatz eben wieder, sich zu fragen, wie man das schafft, (Welchen Stoff muss ich schreiben etc.) und sich vielleicht auch bewusst zu machen, dass man damit einen wirklich harten Weg einschlägt, der sicherlich sehr viel Frust bedeutet und bei dem es tatsächlich, meiner Meinung nach, extrem viele Faktoren gibt, die man nicht beeinflussen kann.
Alhambrana

Coppelia

#34
@Alana Danke für die freundlichen Worte. :)
Mir hat es geholfen, das zu schreiben, und deine Hinweise finde ich auch hilfreich.

Trotzdem muss ich irgendwie noch einen Weg finden, wie ich das, was ich für mich im Leben so wichtig finde, zumindest effektiver verfolgen kann. Es nie zu erreichen, ist sicher leicht möglich, aber ich will mir später nicht vorwerfen müssen, dass ich es nicht nach Kräften versucht habe. Vielleicht erkenne ich einen Weg, wenn ich weiter die Augen offenhalte. Falls ich es herausfinde, teile ich gern meine Erkenntnisse. ;)

Lothen

#35
Zitat von: AntigoneIch glaube, das ist der Knackpunkt. Ich denke, Autoren sind immer noch Leute, die Bücher schreiben wollen. Nicht verkaufen. Wollten sie Bücher (oder generell Dinge) verkaufen, wären sie keine Autoren geworden, sondern Buchhändler, Verleger oder Marketing-Fachmenschen.
Wenn es letztlich nur darum geht, dass man gerne schreiben möchte, dann muss man sich ja mit dem Marketing-Sums auch nicht befassen. Jede*r kann ein tolles Buch schreiben, es im SP veröffentlichen (oder auf Whatpad, im Blog, wie auch immer) und sich über ein paar Leser*innen freuen. Das kann sogar gut laufen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass man damit reich wird oder auch nur genug verdient, um davon leben zu können, ist begrenzt.

Das Schreiben an sich ist immer noch genauso einfach wie eh und je und völlig unabhängig von allen anderen Faktoren. Nur die Wege, zu veröffentlichen, gelesen zu werden und damit Geld zu verdienen haben sich verändert.

Die Crux ist, dass zum Schreiben und zum Veröffentlichen einfach unterschiedliche Skills benötigt werden, und das kann super frustrierend sein. Aber wie ich schon sagte, das ist letztlich kein einzigartiges Problem auf dem Buchmarkt, sondern das ist ein Problem bei allen kreativ-schaffenden Berufen. Comiczeichner*innnen, Schneider*innen, Produktdesigner*innen oder Musiker*innen stehen sicher vor genau denselben Problemen. Singen und Konzertzusagen bekommen oder CDs verkaufen (bzw. Klicks auf Spotify) sind ja auch ganz unterschiedliche Paar Schuhe.

Klecks

Für mich ist das auch ein sehr aktuelles und sehr schwieriges Thema, weil ich spätestens im Frühjahr 2021 mit dem Selfpublishing-Abenteuer starten will, seit Monaten alles zum Thema Marketing lese, was ich in die Finger bekommen kann, und mich gleichzeitig immer wieder frage, ob es nicht die falsche Entscheidung ist - aus verschiedenen Gründen, unter anderem, weil ich meines Wissens nach in einem der Genres veröffentlichen würde, die total überschwemmt sind und in dem man schnell wieder untergeht. Andererseits muss man bei einer Verlagsveröffentlichung auch das Risiko in Kauf nehmen, dass man untergeht, spätestens, wenn die (Vor-)Verkäufe nicht so sind, wie der Verlag sie gerne hätte. Weil es sich bei meinem Projekt um eine Serie handelt, wäre es danach komplett verbrannt, was ich nicht riskieren will, und allein aufgrund der Tatsache, dass es eine Serie ist, ohnehin noch schwerer als ohnehin schon, einen Verlag oder gar eine Agentur dafür zu finden. Dasselbe Risiko, unterzugehen, droht aber, wenn die Serie im Selfpublishing überschwemmt wird. Ganz zu schweigen von dem wichtigen Faktor "Glück", der bei beidem eine Rolle spielen würde.

Kurzum: Es hat alles seine Licht- und Schattenseiten, und es ist nicht einfach, da für sich herauszufinden, was am besten ist.

Maja

#37
Ich habe bei mir gesehen, dass das Schreiben guter Bücher so viel Energie kostet, dass ich einfach keine Kraft habe, das Buch auch noch selbst zu vermarkten. Es ist mitnichten so, dass ich nichts tue - he, ich schreibe Bücher, ich stecke alles rein, damit sie gut werden! - aber auch für mich ist Marketing Verlagssache. Dafür lebe ich damit, dass ich eben nicht den vollen Ladenpreis selbst reinbekomme, sondern den Buchhändlern ihren Anteil lasse und dem Verlag seinen. Das sind die Leute, die dafür da sind, mein Buch an den Mann zu bringen. Schreiben ist für mich auch so schon ein Vollzeit- und Knochenjob, und ich möchte mir nicht Bequemlichkeit unterstellen lassen dafür, dass ich nicht auch noch das Marketing stemme.

Von einem Designer, der für die Autofirma das neue Modell entwirft, und dem Ingenieur, der den Motor konstruiert hat, erwartet niemand, dass sie auch noch das Marketing machen - es wird anerkannt, dass sie etwas Tolles geleistet haben. Oder, um bei dem Beispiel zu bleiben: Ich designe hübsche Topflappen für Manufactum. Als Verlagsautorin ist mein Buch auch ein Teamprodukt, an dem viele ihren Anteil haben. Mein Anteil an dem Buch, den ich mal als Löwenanteil bezeichnen möchte, ist, es zu schreiben. Das kann ich. Dafür bin ich da.

Die Verlagswirklichkeit sieht oft anders aus. Da rückt das Schreiben, das Buch selbst, oft so sehr in den Hintergrund, dass es nur noch um die Fähigkeit eines Autors zur Vermarktung geht. Wenn mir der Verlag dann den Folgevertrag absagt mit den Worten "Du verkaufst dich nicht", dann muss ich das wörtlich nehmen: *Ich* verkaufe mich nicht. Weil es sonst niemand auch nur versucht hat. Und weil ich nicht verkaufen kann, ist das Buch dann kläglich untergegangen, ohne Marketingbudget oder irgendein Engagement des Verlags. Sie haben es nicht mal auf Facebook erwähnt, was jetzt wirklich billig gewesen wäre - sie haben ausschließlich darauf gebaut, dass ich meine Connections zur deutschen Fantasyautorenszene spielen lasse, euch alle als Multiplikatoren aktiviere, und das Buch dann von selbst läuft.

Ich bin Autor, Verlagsautor, und das mit Leib und Seele. Ich betracht ein Buch als ein Teamprodukt, zu dem jeder das, was der am besten kann, beisteuert, und am Ende jeder ein Stück vom Kuchen abbekommt. Mein Kuchenstück ist deutlich kleiner als das des Selfpublishers. Aber dafür hätte ich gerne auch die Sicherheit, mich auf das zu konzentrieren, was ich kann, Schreiben, und nicht meine kläglich karg gesähte Energie da verpulvern muss, wo sie ergebnislos verpufft. Das heißt nicht, dass ich mich, sobald das Buch im Druck ist, zurücklehne und sage "Mit dem habe ich nichts mehr zu tun, das liegt alles beim Verlag". Ich zeige meine Nase, ich mache Lesungen, lasse mich mit Freuden interviewen, ich spiele mit, wenn es tolle Aktionen gibt. Aber ich lege Wert darauf, dass mein eigentlicher Job das Schreiben ist und ich nicht zu blöd oder zu bequem bin, mein Marketing selbst zu stemmen.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Sascha

@Maja: So sehe ich das auch: Jeder das, was er am besten kann.

Araluen

#39
Auch wenn es nicht ganz zum Threadthema aber imerhin zur Diskussion passt: Ich glaube, ein guter Teil der Frustration entsteht auch dadurch, dass man als Autor den Fehler nun viel mehr bei sich selbst suchen kann, wenn ein Buch nicht läuft oder wenn man generell nicht so viel verkauft, dass es sich lohnt, die Zahlen überhaupt zu erwähnen. Früher hat man ein Buch geschrieben, überarbeitet und einem Verlag/Agentur angeboten. Der hat es genommen oder abgelehnt. Ein Nein, trifft hier zwar auch, aber das Krönchen lässt sich schnell richten. Man kann locker x Gründe nennen, warum es mit dem Manuskript bei diesem Verlag/Agentur nicht geklappt hat, die nichts mit einem selbst zu tun haben. Also versucht man es beim nächsten oder beschließt sein Glück mit dem nächsten Manuskript zu versuchen. Letztendlich  konnte man sich als Autor aber immer sagen: Es ist höhrere Gewalt, dass ich unveröffentlicht bin. Die Gatekeeper lassen mich nicht rein. Das kann ärgerlich und frustrierend sein, aber bei weitem nicht so ärgerlich und frustrierend wie die Ablehnung durch die Leser selbst, für die man ja die Geschichte eigentlich geschrieben hat.
Nun haben wir das Selbpublishing - eine tolle Sache und eine Riesenchance für alle Beteiligten wie ich finde. Doch diese Riesenchance bringt auch einen Riesendruck für die Autoren mit sich. Die "Ausrede": Verlage wollen mich nicht, zieht nicht mehr. Man kann nun einfach selbst publizieren und in einer erfolgsorientierten Gesellschaft wie unserer hat man damit gefälligst Erfolg zu haben. Man muss nur genug wollen und sich Mühe geben, dann klappt das schon, lautet oft der Tenor. Schließlich hat man jetzt alle Zügel selbst in der Hand - wie peinlich wenn der Karren dann doch vor die Wand fährt und die Leser das Werk ablehnen und es in der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Um beim Bild zu bleiben: In "der guten alten Zeit" saß der Autor hinten mit in der Kutsche. Nun kann er sich auf den Kutschbock setzen. Und wenn etwas schief geht, ist immer der Kutscher schuld und nicht die Passagiere (auch wenn Verlage mangelnden Erfolg gerne auch auf mitfahrende Autoren zu schieben scheinen). Um es kurz zu machen: Ich glaube nicht, dass der Frust entsteht, weil man wegen eines zu großen Marktes nicht sichtbar genug ist, um ordentlich zu verkaufen, sondern weil man selbst offensichtlich zu inkompetent war, den Karren vernünftig ins Ziel zu fahren.
Das klingt jetzt vielleicht wenig hilfreich, aber man sollte es sich vor Augen führen. Es sind nicht die anderen Schuld, sondern man hat es selbst in der Hand. Früher hätten du und ich vielleicht nie die Chance bekommen, etwas zu veröffentlichen, weil an dem Tag, als wir das Manuskript eingereicht hätten der Lektor gerade Streit mit seiner Frau hatte, schlecht drauf war und deshalb die gesamte Post des Tages in den Abgelehnt-Ordner verschoben hätte oder weil der Lektor vielleicht wirklich aus subjektiven oder auch marktstrategischen Gründen der Meinung gewesen wäre, dass das Manuskript einfach nicht passt. Heute können wir unabhängig von solchen Gatekeepern unser Glück versuchen und sehen was draus wird und das mit einem realistischen Blick auf die Dinge. Wie Alana schon sagte, muss man für sich selbst entscheiden, welches Ziel man erreichen möchte und sich dann darüber klar werden, was man dafür tun muss.

Marketing ist nur ein kleiner Teil davon. Vor allem muss das Produkt stimmen. Marta (entschuldige, dass ich dich gerade als Beispiel ranziehe, du bist die erste, die mir einfällt), wäre nicht so erfolgreich, dass sie von ihrer Schreibe leben kann, wenn sie nicht auch gut schreiben würde. Und mit gut meine ich jetzt nicht ein theoretisch im Kreise von Fachleuten diskutiertes Gut. Sondern, dass sie an ihre Zielgruppe gerichtet schreibt in Plot, Figuren und Erzählstimme. Ihre Leser fühlen sich wohl in ihren Geschichten. Deshalb wollen sie mehr davon und empfehlen sie weiter, was neue Leser generiert. Deshalb kaufen sie jeden neuen Band und weniger, weil Marta Cover auf Instagramm postet oder Umfragen auf FB startet oder whatever. Bestsellerautoren gab es schon vor den sozialen Medien. Das sollte man nicht vergessen.
Aber Leser wollen heute wissen, wer die Bücher schreibt, die sie so sehr lieben. Also ist es gut, wenn man ihnen die Möglichkeit gibt mit einem in Kontakt zu treten. Früher nannte man das Fanpost noch richtig mit Umschlag und Briefmarke und man konnte sehr froh sein, wenn das Objekt der Fanbegierde tatsächlich geantwortet hatte. Heute genügen wenige Klicks und eine Antwort, ist nahezu garantiert.
Deshalb sollte man die sozialen Medien auch nicht komplett ignorieren zumindest dann nicht, wenn man Wert auf den Austausch mit seinen Lesern legt, in Erinnerung bleiben will und auf sich aufmerksam machen möchte und es gibt auch viele Marketingstrategien für die sozialen Medien, die hervorragend funktionieren und die man sich nutzbar machen kann. Man muss nur Zeit und Geld investieren wollen, diese Strategien zu erlernen. Wenn man das nicht will, ist das in Ordnung. Das soll jetzt nicht heißen, dass jeder, der keine Lust/Zeit/Geld für Marketing über soziale Medien hat selbst schuld ist an seiner Unsichtbarkeit. Viele Wege führen nach Rom. Nur wenn man sich gegen einen Weg entscheidet, muss man sich eben auch für einen anderen entscheiden, wenn man irgendwann mal irgendwo ankommen möchte, und da hilft es nicht an der Kreuzung stehen zu bleiben und sich darüber zu ärgern, dass der Weg nach Rom so lang ist.

Edit: @Maja: Ich stimme dir voll umfänglich zu. Es ist ein Weg zu sagen: ich schreibe das Buch, verkaufen soll es der Verlag. Dafür ist er da. Das sehe ich genauso. Und deshalb verstehe ich auch, warum so viele ins SP drängen. Warum sich mit Gatekeeping aufhalten und Prozente abgeben, wenn die eigentliche Verkaufsarbeit ohnehni wieder an den Autor abgeschoben wird? Natürlich kann man als Autor Teil der Marketingstrategie des Verlags sein. Die Strategie darf aber nicht so aussehen, dass der Autor alles allein stemmt, allein sein Netzwerk genutzt wird oder gar noch selbst investiert. Dann kann man es auch gleich selbst machen. An dieser Stelle müssen die Verlage ihre Strategien überdenken. Aber solange es genug Autoren gibt, die vor lauter Dankbarkeit veröffentlicht zu werden und falscher Loyalität nahezu alles mit sich machen lassen (nein, ich spreche hier wirklich niemanden konkret an, da ich gar nicht weiß, was der einzelne mit sich machen lässt und was er aus voller Überzeugung tut), werden die Verlage kaum Handlungsbedarf sehen.

Zum erstickenden Buchmarkt: Ich denke nicht, dass die Öffnung des Buchmarktes durch Selfpublishing ihn an sich selbst ersticken lässt. Ja, es ist eine wahre Flut an Büchern, die täglich auf den Markt strömt, aber das wird sich selbst regulieren. Irgendwann trennt sich die Spreu vom Weizen und das System beruhigt sich - das gilt für Spler als auch für Kleinverlage, die über ihre Ambition den echten Plan vergessen haben. Leser sind ja auch nicht ganz deppert. Auch sie erkennen für sich Schund, wenn sie ihn in der Hand halten und werden ihn weglegen und dann wird er verschwinden - natürlich noch immer abrufbar aber in irgendeiner vergessenen Ecke. Während das, was die Leser lieben in die vorderen Ränge drängt und hier muss man eben seinen Platz und seinen Weg dahin finden. Natürlich ist die Kapazität eines jeden Lesers begrenzt. Die SuBs wachsen von Tag zu Tag. Aber ich denke nicht unbedingt mehr als sie es vorher schon getan haben und oft wachsen sie real - sprich Leser häufen gekaufte Bücher an, die sie "demnächst" mal lesen wollen.  An dieser Stelle sollte man mit dem, wie ich finde, noch immer wichtigsten Marketinginstrumenten eines Buches aus der Masse herausstechen: Cover, Titel und Klappentext. Über die Wichtung kann gestritten werden. Bei mir als Leser wäre sie Titel, Cover, Klappentext, wobei ich gerne über ein mir persönlich unsympathisches Cover hinwegsehe, wenn mich dafür der Klappentext umhaut. Ich kaufe die Bücher schließlich wegen der Geschichte und nicht wegen des Bildes - sonst würde ich mir ein Poster kaufen. Als allererstes muss mich aber der Titel ködern... und manchmal auch die Breite des Buchrückens ;) aber das greift nur in der Buchhandlung.
Was mir da eher Sorgen macht, als das derzeit riesige Angebot, ist die derzeitige Preiskultur. Ich bin zu weit weg vom Metier, um tatsächlich zu wissen, was der Druck eines Buches in der Produktion kosten. Aber ich kann mir schwer vorstellen, dass die Druckkosten gute 70% bis 80% betragen. Aber genau in diesem Differenzbereich befinden sich oft E-Books im Vergleich zum Print - gerundet geht ein Taschenbuch für 10€ über die Theke und E-Books oft für 3€ schlimmstenfalls weniger. Wir verscherbeln unser Produkt, in dem so viel Herzblut steckt, freiwillig zu Dumpingpreisen... aus welchem Grund? Mehr Sichtbarkeit?
Klar, wenn man jetzt als einziger einen gerecht kalkulierten Preis verlangen würde, wird man aus Kostengründen vermutlich ignoriert. Geiz ist eben immernoch geil. Ich versteh nur nicht, warum sich alle einig zu sein scheinen, dass 3€ ein guter Preis für einen Roman ist im SP bereich. Bei Verlagsbüchern ist die Differenz in der Regel deutlich geringer. Also eigentlich, warum wir willentlich in dieser Dumpingspirale rotieren und uns absolut freiwillig um den wohlverdienten Lohn für unsere Arbeit bringen. Dass Modelle wie Kindle Unlimeted das nur befeuern, ist klar. Aber das führt zu weit an dieser Stelle.

Linda

#40
Ich sehe das ganz genauso wie Maja. Ich bin Verlagsautorin, das ist mal besser, manchmal schlechter, aber es ist mein Ding. Ich helfe beim Marketing meiner Werke nach Kräften mit, aber das ist nicht mein Ding. Mir fällt es schon schwer, meine Bücher im Alltag mal zu erwähnen, weil ich es peinlich und aufdringlich finde (vor allem, wenn ich das von der anderen Seite her mitbekomme *fremdschäm* - und ja, es sind halt oft ähnliche Kaliber, die unangenehm auffallen und den Ruf aller Autoren schädigen).
  Natürlich tue ich das trotzdem und springe jedesmal über meinen Schatten, weil ich meine Bücher toll finde und mich riesig über Leser und Interessierte freue. Ebenso, wie ich Interviews gebe, Leserunden betreue, früher Lesungen gemacht habe etc.
Aber ich stecke meine Energie lieber in meine Werke.


Zit

@Araluen

Ich mache da eher gegenteilige Beobachtungen: E-Books aus Verlagen sind oft kaum merklich günstiger als HC oder TB. Eben weil, wie du sagtest, die Druckkosten nicht 80% des Buchpreises ausmachen.
Als SPler ist aber nun so, dass man, um sich gegen Verlagsveröffentlichungen und dem Stigma "Vanity Publishing" durchzusetzen, in erster Linie über Preise bessere Verkaufsränge erkämpfen kann/ konnte. Das haben dann viele gemacht und führte zu Dumpingpreisen, über längere Zeit zu Preiserwartungen bei Lesern und gipfelte schließlich darin, dass Neupublikationen oder erste Bände von Serien/ Reihen für 0 EUR angeboten wurden. Auf dem amerikanischen Markt scheint das mittlerweile aber auch nicht mehr zu fruchten, und manche fahren auch teilweise die andere Strategie, Bücher nicht mehr so günstig zu verkaufen sondern halt mehr dafür zu verlangen (wobei 1ter Band kostenfrei und weitere Bände dann mit höhrem Preis relativ gut geht). Auch weil sich bei Lesern das andere Stigma "Niedriger Preis = Schlechte Romane" hält. :omn: Wie mans macht, man machts verkehrt. ;D Btw.: Kämpfe um Ränge werden jetzt in erster Linie über Amazon-Werbung geführt. Wird in Deutschland also vermutlich auch bald so.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Klecks

@Maja @Sascha @Linda: Genau das war auch immer meine Meinung und noch einer der Gründe, warum Selfpublishing für mich lange Zeit kategorisch nicht in Frage kam. Und mein Eindruck ist eben auch, dass man heute generell nicht mehr "nur" schreiben kann, nicht nur als Selfpublisher nicht, sondern auch als Verlagsautor nicht. Im Prinzip muss man heute, egal, welchen dieser beiden Wege man wählt (und egal, ob man beide gleichzeitig wählt), mehrere Disziplinen beherrschen, für die es eigene Berufe gibt. Oder zumindest gab. Und ich kann diese Entwicklung überhaupt nicht leiden und bin noch nicht im Reinen damit, obwohl man natürlich auch eine Menge dazu lernt, wenn man sich mit diesen Dingen beschäftigt. Aber ich ahne jetzt schon, dass ich teilweise mehr Arbeit und Zeit ins Marketing als ins Schreiben werde investieren müssen. Letzten Endes kommt für mich alles darauf zurück, dass ich am liebsten einfach nur schreiben und alles andere den jeweiligen Berufsfeldern bzw. ihren Vertretern überlassen würde, und dass genau das leider nicht passieren wird, egal, für welchen Weg man sich entscheidet.


Steffi

Um jetzt mal den Advocatus Diaboli zu spielen: Ich denke, nur noch das Buch schreiben und an den Verlag geben zu wollen, damit der dann das Marketing stemmt, ist heute einfach nicht mehr realistisch. Und das ist nicht die Schuld der Verlage.

Vor zwanzig Jahren war das Verhältnis von Lesern zu Autoren noch völlig anders als heute. Damals kam man mit seinem Lieblingsautor höchstens bei Lesungen oder Messen in Kontakt, und das war okay. Durch das Internet allerdings hat was das betrifft ein riesiger Umbruch stattgefunden. Die Leser heutzutage sind es gewöhnt, am Alltag des Autoren näher dran zu sein, die Entstehung eines Buches mitzuverfolgen, das Gefühl zu bekommen, dass sie und der Autor auf Augenhöhe kommunizieren. Ich folge meinen Lieblingsautoren ja auch gerne auf Twitter und Instagram, besonders wenn ich das Gefühl habe, dass sie auf Social Media aktiv sind und dort interessanten Content liefern. Ich erfahre über diese Accounts von neuen Büchern, von Fortsetzungen, von Vorbestellaktionen und ich finde es toll. Social Media generiert da definitiv Aufmerksamkeit für die Produkte, besonders, wenn die Autoren selbst als sympathisch auftreten und Werte vertreten, mit denen ich mich identifiziere. Man sollte den Impact von der Etablierung der eigenen Persona als Marke nicht unterschätzen. (Wobei auch das letztenendes kein Garant für Verkäufe ist, da steckt man dann doch oft nicht drin.)

Allerdings leben Social Media-Accounts von Authenzität. Sollen Verlage jetzt ernsthaft für jeden Autor dessen Instagram und Twitter mitbespielen? Wie soll das gehen?

Wir leben nun mal in einer Zeit, in der die Kreativen und das Publikum immer näher zusammenrücken. Das kann einem gefallen oder nicht, aber viele Leser erwarten heute einfach, dass Autoren online zugänglich sind und aktiv auf den Plattformen. Darüber zu diskutieren, ob das dem Autor gegenüber fair ist, erscheint mir irgendwie unsinnig - es ändert letztendlich nichts an der Sache. Ich verstehe aber jeden Verlag, der einen Social Media-affinen Autor einem "Ich schreibe nur und dann macht ihr das Marketing"-Autor vorzieht. Nichtmal aus "Ich spar das Geld fürs Marketing"-Gründen, sondern weil die Erwartungshaltung der Leser an Schreibende heute ganz anders ist als Ende der Neunziger.
Sic parvis magna

Araluen

Ein aktiver Sovial Media Account macht noch kein Marketing. Auch in meinen Augen kann ein Verlag von seinen Autoren verlangen im Social Media für seine Leser erreichbar zu sein und sie mit authentischen Content zu "füttern" und mit ihnen zu interagieren. Echtes Marketing erfordert aber Strategie, um ein Branding zu kreieren und eine authentische Story zu entwerfen, der die Kunden folgen und dabei nicht nur bespaßt werden, sondern Verkäufe generieren. Daneben braucht man noch Kampagnen und Aktionen, usw. Und hier sehe ich den Verlag in der Pflicht, Fachleute zu bezahlen, sich genau das zu überlegen und das nötige Geld zur Umsetzung in die Hand zu nehmen. Der Autor übernimmt dann seinen Part in dieser Strategie.
Soweit ich das aber mitkriege, da ich noch nicht aus eigener Erfahrung sprechen kann, lagern die Verlage sowohl Strategie, Finanzierung als auch Umsetzung oder große Anteile davon gern mal an den Autor aus. Und wenn es soweit ist, kann man es auch komplett in Eigenregie machen.