Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Buch- und Verlagswesen => Thema gestartet von: Franziska am 20. November 2014, 20:08:16

Titel: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 20. November 2014, 20:08:16
Ich gehe immer regelmäßig die Fantasyveröffentlichungen durch und achte dabei besonders auf deutsche Autoren. Seit Jahren heißt es immer, Fantasy stagniert, es wird kaum veröffentlich etc. Jetzt soll es wieder etwas mehr kommen, aber man weiß es nie so genau. Eigentlich ist es aber so, dass immer einige deutsche Autoren veröffentlicht werden. Auch wenn nicht mehr so viele davon leben können wie wohl noch vor fünf Jahren. Es stimmt nicht, dass Debutautoren von großen Verlagen keine Chance gegeben wird und in den letzten Jahren sind einige seriöse Kleinverlage entstanden, die ein vorzeigbares Programm haben.
Ich finde es immer ganz motivierend und interssant zu sehen, was sich bei der deutschsprachigen Fantasyszene so tut. Werden wohl Trends aus den USA übernommen, oder neue gesetzt? Oder auch: welche Agenturen haben es geschafft, deutsche Autoren zu vermitteln? Ich finde das immer ganz interessant.

Hier sind zum Beispiel ein paar Bücher, die demnächst erscheinen:
Der Meister der Türme von Martin Alexander, Lübbe (Debut)
Der unrechte Wanderer, Michael Marcus Turner, blanvalet
Lord Limbus, Stephan Russbült , Lübbe
Tochter der Schwarzen Stadt von Torsten Fink, blanvalet
Flammenwüste - Der Gefährte des Drachen von Akram El-Bahay, Lübbe
Zwillingsmond: Roman von Christiane Spies, Knaur
KALYPTO - Die Herren der Wälder: Roman. Band 1 von Tom Jacuba, Lübbe (Debut)
Schattendämmerung von Kaja Evert, Knaur

Das sind nur einige der Bücher, vielleicht nicht so viele wie noch vor einigen Jahren, aber da wir hier öfter mal diskutieren, dass Verlage ja so wenige deutsche Autoren nehmen, finde ich es immer ganz interessant mal zu gucken, ob das auch stimmt.
Die genannten Titel sind alle HF und nicht nur Nachahmer von GoT. Auch wenn es ein wenig den Trend bestätigt, den ich seit einer Weile auf dem englischsprachigen Markt beobachte: Magier und Drachen scheinen in zu sein.
Ich weiß, dass es wenig bringt, jetzt versuchen zu wollen, etwas ähnliches wie eins dieser Bücher zu schreiben, weil es sein kann, dass in einem Jahr schon wieder niemand HF haben will.
Aber ich finde es mal interessant zu diskutieren, wie die Entwickung der deutschen Fantasy wirklich ist, anstatt immer nur theoretisch zu spekulieren.
Ich habe zum Beispiel auch diese Liste gemacht mit deutschsprachigen Fantasyromanen. Da man da immer nur für 100 abstimmen kann, sind nicht alle drauf, die ich kenne. Es hat mich selbst überrascht, wie vielfältig deutsche Fantasy ist, wenn man die Bücher so alle zusammen sieht. Großverlage, Kleinverlage zusammengenommen.
(das soll jetzt keine Aufforderung sein, nur für Tizibücher abzustimmen ;) )
https://www.goodreads.com/list/show/70717.German_Fantasy_Novels (https://www.goodreads.com/list/show/70717.German_Fantasy_Novels)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kaeptn am 20. November 2014, 20:36:11
Ja, es gibt sie immer mal wieder, die deutschen Debüt-Autoren, zumindest Debüt bei großen Verlagen. Robert Corvus (vorher DSA) zum Beispiel (Schattenherren...) und David Falk (Der letzte Krieger/König) sind da auch noch zu nennen, generell hat zum Beispiel Piper prozentual viele deutsche Fantasy-Bücher im Programm.

Aber du sprichst den wesentlichen Punkt auch an: Davon leben kann wohl kaum einer. Nicht umsonst hat sich Heitz vermehrt der dunklen Spannung (bin gespannt, ob er nach Zwerge 5 überhaupt nochmal klassische Fantasy macht) zugewandt, Hardebusch schreibt jetzt was Historisches, oder guck hier im Forum, Lomax und Linda, die sind auch mittlerweile in anderen Bereichen unterwegs ... Und was sind schon 3-4 Programmplätze für Debüt-Autoren im Jahr, angesichts allein der Masse der Leute die sich hier tummeln und einen der Plätze gern hätten (und ohne Agentur wird ihn kaum einer kriegen). Dass immer mal wieder was geht, hat man ja an dem überraschenden Aufruf der AVA vor ein paar Monaten gesehen.

Bei Kleinverlagen hat man indes gute Chancen, ja. Man sollte sich aber klarmachen, dass das dann wirklich nur ein zeitintensives Hobby ist, da kommt monetär wirklich nicht viel bei rum. Deswegen Dinge zu schreiben, die vielleicht marktkonform aber nicht 100% dem eigenen Gusto entsprechen, halte ich für falsch, dann nimmt man sich nur die Lust am Schreiben. Dank SP kann heute jeder schreiben UND veröffentlichen wozu er Lust hat, am Markt orientieren würde ich mich allenfalls, wenn ich eine Agentur hätte und die eine konkrete Verlagsanfrage hat, man also eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen lukrativen Vertrag hat.

Was die Entwicklung am deutschen Markt insgesamt angeht, hat Nadine in den Büchernews schon auf diese Interessante Rundfrage an die Programmleiter großer deutscher Fantasyverlage verwiesen, aber es kann wohl nicht schaden, es hier nochmal zu verlinken:
http://www.phantastiknews.de/joomla/index.php?option=com_content&view=article&id=9687:die-fantasy-im-buch-&catid=36:literatur&Itemid=56
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 20. November 2014, 20:52:14
Die Antworten auf die Fragen fand ich jetzt nicht besonders informativ, kann man sich eigentlich auch so denken. Dass es nichts bringt nach einem Trend zu schreiben, meinte ich ja auch. Aber ich finde es trotzdem immer ganz interessant Trends zu beobachten.
Die meisten Fantasyautoren die in den letzten zehn Jahren aufgebaut wurden veröffentlichen schon noch, nur meist dann ein Buch im Jahr anstatt mehreren, oder eben in zusätzlichen Genre. Viele arbeiten auch als Übersetzer.
Ich habe das Gefühl, dass Kleinverlage auch eine Chance haben gut wahrgenommen zu werden, und bei SP sowiso, wenn man Glück hat. Aber dass die hierzulande große Trends setzen und man deshalb die Verlage nicht mehr fragt, finde ich auch etwas übertrieben.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kati am 26. Dezember 2014, 14:35:27
Ich hole den Thread nochmal raus, weil mir etwas aufgefallen ist und ich nicht weiß, ob das ein generelles Problem ist. Ich war letztens auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken und nach Büchern, die ich von meinem eigenen Weihnachtsgeld kaufen wollte, und da ich mal wieder etwas Deutschsprachiges lesen möchte, habe ich die Augen nach deutscher YA-Fantasy aufgehalten. Dem Genre geht es an sich ja ziemlich gut, die Buchhandlungen sind voll von Urban Fantasy und auch High Fantasy für Jugendliche scheint zu laufen. Aber das sind alles Übersetzungen. Unter den Neuerscheinungen in den drei Buchhandlungen, die wir hier haben, war gerade einmal eine Dystopie von einer deutschen Debutautorin und ansonsten habe ich nur die großen Namen gefunden, zum Beispiel Kerstin Gier oder Nina Blazon und Kai Meyer. Ich habe das Gefühl, Fantasy für Jugendliche verlagert sich immer mehr in den Ebook-, Kleinverlags- und Selfpublisherbereich und ich finde das sehr schade. Kann mir hierzu jemand Auskunft geben, der sich mit dem Markt auskennt? Gibt es noch deutsche Debüts oder auch neue Bücher von bereits bekannten deutschsprachigen Autoren von größeren Verlagen (soll heißen, groß genug, dass die Bücher auch im Buchhandel zu haben sind) oder setzen sie wirklich nur noch auf Übersetzungen und die schon bekannten Autoren? Wie gesagt, die Regale waren voll mit neuer Urban Fantasy für Jugendliche. Aber alles waren Übersetzungen von amerikanischen Titeln. Wenn ich im Onlinebuchhandel suche, finde ich zwar einiges, aber meist sind das Verlage, von denen ich noch nie etwas gehört habe oder Titel von Selfpublishern. Als deutschsprachige Autorin von Jugendfantasy finde ich das doch ein wenig beunruhigend. Ganz zu schweigen davon, dass ich gern auf Deutsch lesen würde, aber nur ungern Übersetzungen.  :-\

Dass es, was die Fantasy für Erwachsene angeht anders auszusehen scheint, finde ich echt interessant. Da habe ich mich gar nicht umgesehen, weil ich es nicht so oft lese. Aber das ist natürlich schön.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Grey am 26. Dezember 2014, 14:55:21
Tja, ich zitiere dazu nur mal cbj, die ja kürzlich erst mein Dämmerland abgesagt haben: Der Markt für deutsche Jugendfantasy ist quasi nicht existent. Die Jugendlichen kaufen angeblich nur die amerikanischen Trends. Und Kerstin Gier. ::)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kati am 26. Dezember 2014, 15:02:34
Okay, damit bestätigst du, was ich befürchtet hatte.  :-\ Das ist echt schade. Dann konzentriere ich mich erstmal auf meine historischen Sachen und die Fantasy für Erwachsene, die scheint ja wenigstens noch ein bisschen zu laufen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Miezekatzemaus am 26. Dezember 2014, 15:06:49
Ich kann nicht behaupten, dass ich Ahnung vom Markt habe, aber nach dem, was ich in meiner Umgebung und in der Schule mitbekomme, stimmt das. Die Edelsteintriologie ist das einzige deutsche an Büchern, was angefasst wird. Sonst greifen alle zu amerikanischen Autoren. Es gibt beispielsweise in der Bücherei auch kaum Alternativen mehr - weil offensichtliche deutsche Fantasy nicht gekauft wird. :-\
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 26. Dezember 2014, 15:21:05
Mist, jetzt habe ich meinen Beitrag gelöscht. :wums:

Also das ist schon etwas merkwürdig. Fantasy und auch Urban ist auf den Bestsellerlisten immer noch weit oben bei YA. Aber Debuts bei großen Verlagen gibt es wirklich selten. Dann eher HF. Und eher bei den ebook-Labels. Oder SP in dem Bereich ist ja auch recht erfolgreich.
Ich verlinke noch mal zu meinen Listen:
Allgemein YA:
https://www.goodreads.com/list/show/36316.YA_Books_by_German_Authors (https://www.goodreads.com/list/show/36316.YA_Books_by_German_Authors)

Allgemein deutsche Fantasy:
http://www.pinterest.com/celiajansson/german-fantasy-novels/ (http://www.pinterest.com/celiajansson/german-fantasy-novels/)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Klecks am 26. Dezember 2014, 15:37:32
Ich werde nie begreifen, warum jemand ganz bewusst keine deutschen Fantasy-Bücher - welchen Subgenres (High, YA, Low ...) auch immer - anrührt. Mir fällt kein logischer Grund dafür ein. Vor allem muss man sich da heutzutage hin und wieder Mühe geben, um dem auszuweichen, wenn dann mal eines von einem deutschen Autor veröffentlicht wurde, denn immerhin gibt es viele Pseudonyme, die nicht unbedingt deutsch klingen - und die vermutlich aus genau diesem Grund gewählt werden. Da schaut dann wohl jemand extra ins Buch rein mit dem Ziel, herauszufinden, ob es einen Übersetzer gab oder ob das Buch von einem deutschen Autor geschrieben wurde.

Dass es so schlecht aussieht für uns in diesem Fantasy-Bereich, hätte ich jedenfalls echt nicht gedacht. Ich hätte da so viele Buchideen ...  :gähn:

Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Klecks am 26. Dezember 2014, 15:46:58
Tut mir leid, dass das ein Doppel-Post wird, aber mir ist gerade noch etwas eingefallen, was mich sehr interessiert: Wie sieht es eigentlich mit deutschsprachiger Science Fiction aus? Ich höre oft von Bekannten, dass das als Subgenre von Fantasy empfunden wird, und mich würde interessieren, inwiefern man sich als deutscher Autor mit Science Fiction auf dem Markt platzieren kann. Weiß das jemand? Läuft es da besser als mit Fantasy, ebenso schlecht oder noch miserabler?
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kati am 26. Dezember 2014, 15:55:15
Franziska: Deine Listen kenne ich, aber die YA-Fantasy ist ja auch schon etwas älter. Die Bücher von Patricia Schröder sind zwischen 2011 und 2013 erschienen und nach meiner Einschätzung (ich kenne mich aber da nicht so aus), gehörten sie zum letzten Schwung YA-Fantasy aus Deutschland und seitdem liefen bloß noch die Reihen zu Ende, aber es kam nichts Neues nach. Ich hatte mir auch eingebildet, dass zum Beispiel die Bücher von Patricia Schröder, Eva Völler oder Tanja Heitmann sehr beliebt gewesen wären. Sie lagen eigentlich immer in allen Buchläden aus und wurden sicherlich auch gekauft. Aber ich weiß natürlich nicht, inwieweit sie genug gekauft wurden. Ich überlege mir, ob ich meine YA-Projekte dann einfach anpasse. Entweder die Fantasy raus, oder für ein erwachsenes Publikum zurechtschneidern. Ich schreibe natürlich vorrangig aus Spaß, aber ich mache mir da nichts vor. Natürlich möchte ich auch veröffentlichen. Und wenn die Chancen so gering sind, ist das schon etwas demotivierend.

Ich habe in Frankreich bemerkt, dass es dort zum Beispiel so gut wie überhaupt keine "eigene" Fantasyliteratur für Jugendliche gibt. Ich bin dort in die Buchläden rein mit der Aussicht mir ein paar Romane zu besorgen, die es in Deutschland nicht gibt, und bin nur auf ins Französische übersetzte amerikanische Romane gestoßen. Da habe ich noch gedacht, dass Deutschland ja eigentlich einen sehr starken eigenen Markt an Literatur für Jugendliche hat, aber anscheinend bewegen wir uns darauf zu bald ähnlich dazustehen wie Frankreich. Kann es sein, dass es einfach billiger ist, Lizenzen einzukaufen, als eigene Bücher zu machen? Ich kenne mich da überhaupt nicht aus, aber war es nicht so, dass sie auch darauf achten, welche Bücher sich in den USA gut verkauft haben, weil das Risiko dann geringer ist? Vielleicht ist das einfach die nächste Stufe davon. Wieso überhaupt irgendein Risiko eingehen, wenn man auf Nummer sicher gehen kann und Bücher, die in den USA okay liefen, kaufen kann. Allerdings sehe ich auch immer Übersetzungen von Büchern, von denen ich weiß, dass sie in den USA eben nicht gut liefen. Hm.

Klecks: Das geht mir ähnlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jugendliche ein Buch, das in Deutschland spielt oder von einem deutschen Autoren geschrieben wurde, deshalb nicht lesen wollen würden. Da fehlt für mich auch einfach der triftige Grund. Dass zum Beispiel Kerstin Gier sehr marktorientiert schreibt, ist ja kein Geheimnis. Sie hat letztens in einem Interview gesagt, dass die Bücher nur in London spielen, weil man ihr wegen der besseren Chancen auf eine Übersetzung dazu geraten hat. Aber ich glaube nicht, dass andere deutsche Autoren nicht auch nah am Markt schreiben oder Geschichten schreiben, die Jugendliche interessieren. Was Science-Fiction angeht: Wie gesagt, ich habe eine einzige Dystopie von einer deutschsprachigen Autorin entdeckt. ("Lùm" von Eva Siegmund). Ansonsten... weiß das jemand? Wie es im Erwachsenenbereich aussieht, weiß ich nicht. Ich hoffe sehr gut, denn an so etwas schreibe ich schließlich gerade.  :versteck:
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Entropy am 26. Dezember 2014, 16:15:24
Ich verstehe nicht, warum ihr nicht einfach das schreibt, was ihr gerade schreiben wollt. Wenn ihr zu den marktorientierten Autoren gehört, dann ist das natürlich nachvollziehbar. Wenn nicht, dann macht euch doch nicht so viele Gedanken. Irgendwie sieht es immer mies aus, habe ich das Gefühl. ;)

Zitat von: Kati am 26. Dezember 2014, 15:55:15
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jugendliche ein Buch, das in Deutschland spielt oder von einem deutschen Autoren geschrieben wurde, deshalb nicht lesen wollen würden. Da fehlt für mich auch einfach der triftige Grund.

Doch, das kann ich mir durchaus vorstellen. Ich lese auch nicht gerne Bücher, die hier in Deutschland spielen, ob es sich dabei nun um Urban Fantasy oder ein anderes Genre handelt. Warum nicht? Weil ich hier lebe. Diese Welt kenne ich schon. Diese Welt kann ich selbst erleben. In London war ich noch nie. Bücher, die in London spielen, haben einen gewissen Anreiz auf mich, denn diesen Ort und dieses Land kenne ich noch nicht. Das ist nun meine persönliche Meinung, die nicht unbedingt auf andere übertragbar ist. Von deutschen Autoren lese ich gerne Bücher, sogar noch lieber als Übersetzungen, weil ich dann immer das Gefühl habe, das ursprüngliche Werk vorgesetzt zu bekommen.

Zitat von: Klecks am 26. Dezember 2014, 15:46:58
Wie sieht es eigentlich mit deutschsprachiger Science Fiction aus? Ich höre oft von Bekannten, dass das als Subgenre von Fantasy empfunden wird, und mich würde interessieren, inwiefern man sich als deutscher Autor mit Science Fiction auf dem Markt platzieren kann. Weiß das jemand? Läuft es da besser als mit Fantasy, ebenso schlecht oder noch miserabler?

Da ich gerade an einem SF-Roman schreibe, habe ich mich auch mal informiert. Ergebnis: Es soll ziemlich mies laufen, versuch es gar nicht erst, du armer, kleiner, naiver Neuautor. Wenn man SF schreibt, dann schreibt man definitiv nicht marktorientiert. Mit klischeehaften Dystopien inklusive Liebes/Dreiecksbeziehung kann man glaube ich ganz gut landen, nach dem Hype um die Tribute von Panem und Divergent.

http://www.flyfiction-fantasy-verlag.de/deutsche-fantasy-autoren-studie.pdf
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 26. Dezember 2014, 16:23:44
Ich schreibe sehr gerne deutsche Settings, habe aber tatsächlich das Gefühl, dass das teilweise schwierig ist. Vor allem bei der Erotik habe ich das Gefühl, dass es zur Zeit immer exotischer, exklusiver, reicher und vor allem provokanter sein muss. Manche Verlage wünschen sich aber ein deutsches Setting und dann freut es mich, wenn ich das machen kann. Ich bin schon marktorientiert, aber generell entscheide ich mich für ein Setting eher danach, ob es zur Stimmung der Geschichte passt. Außerdem schreibe ich nicht gerne über Orte, an denen ich noch nicht war. Man kann heutzutage zwar alles recherchieren, aber es ist wahnsinnig schwer, die richtige Stimmung rüberzubringen, wenn man den Ort gar nicht kennt. Ich habe trotzdem vor, demnächst auch mal exotischere Settings zu versuchen. (Die ich aber schon besucht habe.) Mal sehen, was der Verlag dazu sagt.
Generell denke ich auch, dass bei Jugendfantasy gerade die unbekannten Settings den Reiz ausmachen. Ein Buch darf glaube ich durchaus in Deutschland starten, sollte dann aber irgendwelche besonderen Schauplätze aufweisen. Das muss kein anderes Land sein, da reichen vielleicht auch verzauberte Katakomben oder eine Welt in der Welt oder was weiß ich. Alles andere ist wahrscheinlich tatsächlich zu wenig exotisch für eine ordentliche Realitätsflucht. Ich weiß noch, dass mir genau aus diesem Grund "Tintenherz" nicht so gut gefallen hat. Das war irgendwie nicht richtig Fantasy, weil es immer nur in unserer Welt spielte. Teil 2 und 3 fand ich dann wesentlich besser. Natürlich ist gerade das auch ein Gegenbeispiel, denn das lief ja ziemlich gut. :)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Klecks am 26. Dezember 2014, 16:24:31
Zitat von: Entropy am 26. Dezember 2014, 16:15:24
Ich verstehe nicht, warum ihr nicht einfach das schreibt, was ihr gerade schreiben wollt.

Ich glaube, die meisten von uns schreiben, was sie wollen. Dass man schreibt, was man will, schließt absolut nicht aus, sich über den Buchmarkt zu informieren.  :omn:

Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 26. Dezember 2014, 16:35:11
Zitat von: Kati am 26. Dezember 2014, 15:55:15
Franziska: Deine Listen kenne ich, aber die YA-Fantasy ist ja auch schon etwas älter.
Ich weiß, dass du die kennst. Ich versuche aber auch immer, sie zu aktualisieren, wenn ich auf was Neues stoße.
Tja, die große Welle von Fantasy-YA ist wohl vorbei. Schon seit einer Weile. Es gibt wirklich wenig neues aus Deutschland. Das erwähnte Lum, wäre mir eingefallen und Die Herrscher von Daleth. Aber die Autorin war auch nicht ganz neu.
Von Jenny-Mai Nuyen erscheint demnächst ein Urban Fantasy-Buch, das in Berlin spielt. Man kann das bereits online mitlesen. Aber sie ist natürlich auch schon etabliert, ähnlich wie Nina Blazon oder Kai Meyer, von denen auch noch YA-Fantasy erscheint. Debuts gibts wirklich nur in Ausnahmen oder bei Impress werden ja auch wenige Titel dann gedruckt (Pan-Trilogie).
Ich muss aber auch sagen, dass mich die meisten dieser Bücher, die erscheinen nicht ansprechen. (außer Jenny-Mai Nuyen).
Ich finde es sehr schade, dass es so wenig Urban Fantasy gibt, die hier spielt. Berlin finde ich da als Schauplatz sehr schön und nicht jeder kennt Berlin.
Zum Beispiel Lena Klassen aka Maja Winter veröffentlicht jetzt auch im SP.

Hier kann man bei amazon auch nach deutschen Autoren sortieren. Das ist etwas tricky. Hier (http://www.amazon.de/s/ref=sr_st_date-desc-rank?fst=as%3Aoff&__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85Z%C3%95%C3%91&bbn=280718&qid=1419607491&rh=n%3A186606%2Cn%3A!541686%2Cn%3A280652%2Cn%3A280686%2Cn%3A280714%2Cn%3A280718%2Cp_n_feature_two_browse-bin%3A486178011%7C490986011&sort=date-desc-rank)
Das einzige Fantasy Buch, das demnächst erscheint, das mir da aufgefallen ist: Die Buchspringer von Mechthild Gläser.
Ansonsten sieht es wirklich mau aus. Dafür sehe ich immer wieder, dass deutsche Verlage Lizenzen von Büchern kaufen, die in englisch kaum bekannt sind und beispielsweise nur 200, 500 Stimmen auf goodreads haben. Da sieht man dann schon, wie bekannt die Bücher sind. Oder da eher mittelmäßige Reviews haben. Das wundert mich manchmal dann auch.
Gleichzeitig wenn man sich die Bücher anguckt, die bald erscheinen, fast nur Fantasy, vor allem Fortsetzungen von Reihen, Thriller und Liebesromane.

Aber wie oben gesagt sieht das bei Erwachsenenromanen anders aus.

Wie das mit SF aussieht, weiß ich nicht. Da ist Nadine die Expertin, da könnten wir auch mal einen eigenen Thread für aufmachen.
Die Diskussion, ob für den Markt schreiben oder nicht, hatten wir auch schon öfter.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Pestillenzia am 26. Dezember 2014, 22:05:06
Zitat von: Kati am 26. Dezember 2014, 15:55:15
Kann es sein, dass es einfach billiger ist, Lizenzen einzukaufen, als eigene Bücher zu machen?

Ja, denn die Bücher wurden bereits lektoriert, sodass schon einmal ein großer Arbeitsschritt wegfällt. Die Bücher müssen "nur" noch übersetzt werden, und Übersetzerjobs sind - wenn es stimmt, was ich immer wieder gehört und gelesen habe - meistens nicht besonders gut bezahlt (Aber dazu können unsere Fachfrauen und -männer hier fundiertere Auskunft geben). Inwieweit Übersetzungen dann noch lektoriert werden, weiß ich nicht, aber insgesamt kommt der Verlag in der Regel günstiger weg und hat noch dazu das Marketingargument "Bestseller aus den USA/Großbritannien/etc.".
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Christopher am 26. Dezember 2014, 22:58:37
Verstehe nicht ganz, wieso das überhaupt eine Einbahnstraße ist. Weiß ich bloß nix davon oder kaufen britische/amerikanische Verlage keine Lizenzen von deutschen Autoren von denen sie ggf. das Marketingargument "Bestseller aus Deutschland, dem Land der Dichter und Denker" dazu bekommen können?  :omn:
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Valkyrie Tina am 26. Dezember 2014, 23:27:08
Zitat von: Christopher am 26. Dezember 2014, 22:58:37
Verstehe nicht ganz, wieso das überhaupt eine Einbahnstraße ist. Weiß ich bloß nix davon oder kaufen britische/amerikanische Verlage keine Lizenzen von deutschen Autoren von denen sie ggf. das Marketingargument "Bestseller aus Deutschland, dem Land der Dichter und Denker" dazu bekommen können?  :omn:

Doch, das tun sie... aber dafür muss das Buch erst mal ein Bestseller sein. Und das erreichen die hier angesprochenen YA - Romane nicht, weil sie nicht entsprechend vermarktet werden- und ich fürchte, weil es einfach nicht das "Ökosystem" im deutschen Buchmarkt gibt.
Im englischspachigen Markt gibt es einfach eine Fülle von Romanen, und auch für ausgefallene Geschmäcker ist etwas dabei. Im deutschsprachigen Raum scheint es vergleichsweise weniger zu geben. Und entsprechend wenig gute Romane, bzw Bestseller kristallisieren sich heraus.

Mal ganz abgesehen davon fürchte ich, dass jedes Land seinen Ruf hat. Deutschland hat die Dichter und Denker... Willst du Ya-Fantasy lesen, die sich anhört, als hätte Schiller sie geschrieben?  :rofl:

Zu Dyonis dem Vampire schlich
Buffy den Pfahl im Gewande
Sie schlugen die Häscher in Bande
Was willst du mit dem Pfahle sprich?
Da kam Harry Dresden auf seinem untoten Tyrannosaurier und machte sie alle platt.

:rofl:
So, nu aber ins Bett! *duck und weg*
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Pestillenzia am 26. Dezember 2014, 23:36:52
Tja, gute Frage. Leider ist es so, dass deutsche Titel sich - mit wenigen Ausnahmen, Nele Neuhaus zum Beispiel, die verkauft bis nach Japan - ins Ausland schlecht verkaufen. Der englischsprachige Markt ist riesig und entsprechend groß das Angebot, so dass deutsche Titel, die erst übersetzt werden müssen, einfach nicht gefragt sind. Und das mit den Dichtern und Denkern mag vielleicht in der Ernsten Literatur ziehen - bei Fantasy, Krimi und Co. interessiert das keinen.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat eine Zusammenfassung für 2014 herausgegeben; auf den Seiten 6ff geht es um Lizenzkäufe und -verkäufe. Zwar bezieht sich das nur auf den Buchhandel allgemein, nicht speziell auf Fantasy, aber interessant ist es doch. Hier gehts lang. (http://buchmesse.de/images/fbm/dokumente-ua-pdfs/2014/buchmarkt_deutschland_buch_und_buchhandel_in_zahlen_2014_deutsch.pdf_45274.pdf)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 27. Dezember 2014, 00:23:57
Es werden schon ab und zu Lizenten gekauft. Aber vor allem von Kleinverlagen, daher bekommen die Titel dann nicht so viel Aufmerksamkeit. Oder eben wie erwähnt die Bestseller. Da kenne ich eigentlich nur Cornelia Funke, Kerstin Gier, Walter Moers, Christoph Marzi, Markus Heitz und Kai Meyer. Von Nina Blazon wurde ein Buch übersetzt, war aber wohl nicht so erfolgreich. Da ist es wahrscheinlicher, dass dasBuch auf tschechisch oder polnisch übersetzt wird. Was hier funktioniert muss nicht unbedingt in den USA oder UK funktionieren. Andersrum jedoch meistens schon.
Aber das ist eigentlich ein eigenes Thema. Ich wollte hier eigentlich über den deutschen Markt reden. ;)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Volker am 27. Dezember 2014, 01:50:18
Eins der Lizensierungs-Probleme ist, dass deutsche Verlage US-Bestseller meist nur in Lizenzpaketen bekommen können - also nicht nur den Bestseller, sondern nur zusammen mit einer Handvoll dazugepackter weiterer (zu bezahlender) Buchlizenzen. Und dann ist es latürnich billiger, nur noch den Übersetzer zu bezahlen und sich auf "etablierte Erfolgsimporte" zu setzen, als lokale Autoren neu aufbauen zu müssen.
:seufz:
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Sascha am 27. Dezember 2014, 16:13:35
Zitat von: Volker am 27. Dezember 2014, 01:50:18
Eins der Lizensierungs-Probleme ist, dass deutsche Verlage US-Bestseller meist nur in Lizenzpaketen bekommen können - also nicht nur den Bestseller, sondern nur zusammen mit einer Handvoll dazugepackter weiterer (zu bezahlender) Buchlizenzen.
Eigentlich traurig, dass die Deutschen bei sowas mitmachen. Wenn mir jemand sagt "Du bekommst das, was Du willst, nur, wenn Du außerdem noch diese fünf Sachen dazunimmst, ob Du sie brauchst oder nicht.", dann würde ich sagen "Dann halt nicht." Müßten nur alle machen, dann würden die Ami-Verlage von dieser Idiotie schon abrücken. Aber solange halt irgendjemand bei dem Schwachsinn mitspielt, ziehen die anderen nach.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Timmytoby am 27. Dezember 2014, 21:01:59
Zitat von: Manu am 26. Dezember 2014, 22:05:06
Ja, denn die Bücher wurden bereits lektoriert, sodass schon einmal ein großer Arbeitsschritt wegfällt. Die Bücher müssen "nur" noch übersetzt werden, und Übersetzerjobs sind - wenn es stimmt, was ich immer wieder gehört und gelesen habe - meistens nicht besonders gut bezahlt (Aber dazu können unsere Fachfrauen und -männer hier fundiertere Auskunft geben). Inwieweit Übersetzungen dann noch lektoriert werden, weiß ich nicht, aber insgesamt kommt der Verlag in der Regel günstiger weg und hat noch dazu das Marketingargument "Bestseller aus den USA/Großbritannien/etc.".

Das täuscht :)
Eine Übersetzung hat auch immer noch ein Übersetzungslektorat mit dran und ein (seriöser) Übersetzer verlangt nicht weniger als ein Lektor pro Normseite/Wort (zumindest sollte er/sie das nicht).
Die Lizenzen lohnen sich vor allem, weil die Verträge für Autoren aus dem englischsprachigen Raum weitaus unfairer sind und der überwiegende Teil der Schriftsteller kaum etwas von den Gewinnen aus übersetzten Ausgaben zu sehen bekommt. Das wäre so, dank deutschem Urheberrecht, auch gar nicht möglich hier.
Außerdem ist es natürlich sehr lukrativ Lizenzen einzukaufen, weil sie weniger Risiko darstellen. Die Verlage kaufen ja generell vor allem Bücher ein die auch schon auf dem amerikanischen/britischen Markt erfolgreich waren. Normal muss ein Verlag eine Mischkalkulation fahren, bei der die Gewinne aus den gut laufenden Büchern die Verluste aus den Nieten ausgleichen. Bei Lizenzen gibt es weitaus weniger Nieten.
Und das erklärt auch wieder die Lizenzpakete: Die deutschen Verlage würden am Liebsten nur Bestseller einkaufen und die amerikanischen wollen auch aus ihre Midlist noch Gewinn schlagen. Als Kompromiss entstehen dann die Pakete. Da würde ich den deutschen Verlagen auch nicht die Opferrolle zuweisen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Valkyrie Tina am 27. Dezember 2014, 21:31:11
Zitat von: Sascha am 27. Dezember 2014, 16:13:35
Eigentlich traurig, dass die Deutschen bei sowas mitmachen. Wenn mir jemand sagt "Du bekommst das, was Du willst, nur, wenn Du außerdem noch diese fünf Sachen dazunimmst, ob Du sie brauchst oder nicht.", dann würde ich sagen "Dann halt nicht." Müßten nur alle machen, dann würden die Ami-Verlage von dieser Idiotie schon abrücken. Aber solange halt irgendjemand bei dem Schwachsinn mitspielt, ziehen die anderen nach.

Umgekehrt wird aber auch ein Schuh draus. Alle Verlage tun das, auch die Deutschen, wenn sie einen entsprechenden Bestseller haben, und wäre das nicht so, gäbe es noch weniger übersetzte deutsche Autoren. Und selbstverständlich will ein Verlag für seine Autoren die besten Bedingungen raushandeln - entsprechend versuchen, möglichst viele seiner Autoren unterzubringen.

Insgesamt geht es bei diesen Geschäften um ökonomische Überlegungen. Ein Verlag der Grr Martin angeboten bekommt, wird nicht sagen "ne, ich nehm euer anderes Zeug aber nicht",  und mal ganz davon abgesehen ist der deutsche Buchmarkt nicht der einzige. Weder die amerikanischen noch die deutschen Verlage sind die "bösen"  oder die "lieben" und ich halte es für wenig zweckmäßig, bei Diskussionen Polemik und Beschimpfungen wie "Idiotie" oder, "Schwachsinn" zu verwenden. Manche Trends und Entwicklungen sind frustrierend, aber mit diesem "die pösen pösen Amis machen alles kaputt und die gierigen Verlage ziehen ja nach" begeben wir uns in eine Opferrolle, die erstens nix bringt und zweitens es sich sehr, sehr einfach macht. Weil dann sind ja nur die anderen Schuld und wir brauchen selber nichts zu ändern.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Sascha am 27. Dezember 2014, 22:11:33
Okay okay, liebe Nemesis. Ich hatte Volker so verstanden, daß das eine recht einseitige Sache ist.
Trotzdem finde ich solche Bündelangebote nicht gut. Das gibt's ja auch so im Alltag immer wieder, und ich empfinde es nun mal als Idiotie. Wenn mir jemand etwas verkaufen will, was ich gern möchte, aber nur, wenn ich einen Haufen anderes Zeug dazunehme, das ich nicht will, dann verzichte ich lieber. In seltenen Fällen mag es da (aus meiner Sicht) akzeptable Gründe geben (z.B. Autoelektronik, weil man da nicht jede Kombination einzeln testen kann), aber wenn es die nicht gibt, dann hab ich dafür auch kein Verständnis.
Wenn ich mir vorstelle, ich hätte mal irgendwann was veröffentlicht und dann hieße es "Du wirst übrigens jetzt für den englischsprachigen Markt übersetzt.", würde es mich sicher erst mal freuen. Aber wenn das dann nur passiert, weil man den Lizenznehmer eben per Bundle dazu gezwungen hat, hätte das für mich schon einen sehr schalen Beigeschmack. Klar, Geld gibt es, aber Freude hätte ich daran keine mehr.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Christopher am 27. Dezember 2014, 22:15:34
Zitat von: Timmytoby am 27. Dezember 2014, 21:01:59
Die Lizenzen lohnen sich vor allem, weil die Verträge für Autoren aus dem englischsprachigen Raum weitaus unfairer sind und der überwiegende Teil der Schriftsteller kaum etwas von den Gewinnen aus übersetzten Ausgaben zu sehen bekommt. Das wäre so, dank deutschem Urheberrecht, auch gar nicht möglich hier.


Hm. Wäre toll, wenn mal einer der englischen Autoren aus dem EU-Raum dagegen klagt, dass er nicht schlechter gestellt werden soll/darf als die deutschen Autoren, die vom hiesigen Urheberrecht geschützt werden. Das hätte den Vorteil, dass die ganzen englischen Autoren auch Mal was für ihre Arbeit sehen und gleichzeitig dieses Geramsche aufhört, was es den deutschen Neuautoren schwer macht. Gibt es nicht irgendwo eine Ecke für englische Autoren, wo man die Idee mal anklingen lassen könnte?  :hmmm:
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 27. Dezember 2014, 22:24:37
Das Verlagsgeschäft ist ein knallhartes Business. Ein einziger Bestseller muss oft die Midlist mitfinanzieren und hält den Verlag außerdem konkurrenzfähig. Das ist eben freie Marktwirtschaft. Natürlich ist das irgendwie blöd, aber Bestseller sorgen auch für das Kapital, mit dem ein Verlag das Risiko eingehen kann, unveröffentlichte Bücher deutscher Autoren einzukaufen. Der US Verlag könnte ja auch einfach noch mehr Geld verlangen. Das wäre auch nicht unbedingt besser für den deutschen Verlag. Und wenn andere deutsche Autoren durch Verbündelung mit einem Bestseller eine Chance auf eine Übersetzung bekämen, fände ich das super. Das blöde daran ist halt, dass die mitverkauften Lizenzen nicht unbedingt die Bücher sind, die eine Übersetzung am meisten verdienen. Das ist vor allem, was mich daran stört.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Chris am 28. Dezember 2014, 00:41:08
Um noch mal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen  ;) - wie sieht es am Markt aus?
Ich versuche seit 2010 meine Fantasy-Romane an den Mann oder die Frau zu bekommen, ohne Erfolg. Weder im YA noch im Erwachsenenbereich, weder im Urban Fantasy noch im Romantasy ... - jedenfalls nicht bei den Publikumsverlagen, bei Kleinverlagen schon.
Von meiner Agentur habe ich zu hören bekommen: Fantasy geht gar nicht mehr, nur für etablierte Autorinnen und Autoren. Aber: das Gleiche hört man inzwischen auch für den historischen Roman, der noch vor wenigen Jahren als DAS Einstiegsgenre galt.
Im Moment ist es leider einfach so, dass die Programme insgesamt kleiner werden, die Programmplätze noch "umkämpfter" und Debüts noch mehr Glück haben müssen als noch vor fünf oder zehn Jahren.
Aber - das finde ich positiv: es gibt keinen Trend mehr und damit mehr Offenheit für Genres. Jetzt höre ich immer: "Wir suchen gut erzählte Geschichten ..."
Liebe Grüße
Chris
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 28. Dezember 2014, 02:50:17
Ja, dass es keinen speziellen Trend mehr gibt, ist glaube ich seit zwei Jahren so. Ich habe vorhin in der Nautilus einen Bericht gelesen von Martin Alexander, von dem gerade ein Fantasy-Debut bei Lübbe erschienen ist. Das Buch klingt für mich recht ansprechend, dass ich es lesen würde. Was mich erstaunt hat ist, dass er schreibt,  dass es sein erster Roman ist und er sich damit direkt bei Verlagen beworben hat und zwei Interesse hatten. Dann ist er bei Lübbe untergekommen. Da er sagt, es hätte eine Weile gedauert, vom Vertrag zum Erscheinen, war das dann wohl vor eineinhalb Jahren. Aber auch wenn ich bei meinen Bewerbungen bei Großverlagen immer Antwort bekommen habe, hätte ich dennoch nicht gedacht, dass es tatsächlich vorkommt, dass da was von den unverlangten Manuskripten ausgewählt wird. Ob er irgendwie schon vorher Kontakte hatte weiß man jetzt natürlich nicht. Vielleicht war das Buch einfach dermaßen gut. Also ganz so aussichtslos kann es dann nicht sein.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: gbwolf am 09. Januar 2015, 09:41:37
Zitat von: Franziska am 26. Dezember 2014, 16:35:11
Wie das mit SF aussieht, weiß ich nicht. Da ist Nadine die Expertin, da könnten wir auch mal einen eigenen Thread für aufmachen.
Oh danke, das schmeichelt mir natürlich. Aber alle neuen Trends bekomme ich momentan auch nicht mit. Derzeit spielt sich viel im Kleinverlagsbereich ab, deshalb verweise ich mal auf eine Diskussion bei SF-Fan, die nicht ganz meiner Meinung entspricht, aber doch einige nette Details hat - und vor allem von Leuten geführt wird, die sich im Kleinverlags-Fandom auskennen: http://forum.sf-fan.de/viewtopic.php?f=1&t=8674 (Zukunftsperspektive für Science-Fiction in Verbindung mit Printverlagen)
Im Kinderbuchbereich kommt SF derzeit auch. Loewe wagt sich da beispielsweise mit "Mission Phönix" vor, dem Mark Brandis/Commander Perkins unserer Zeit, wie es scheint.

Weltraumabenteuer gehen immer, scheint mir.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: gbwolf am 16. April 2015, 22:29:33
Um noch einmal auf das Thema SF zurückzukommen: http://www.piper.de/aktuelles/news/science-fiction-bei-piper
;)
Piper richtet eine ganze neue Sparte ein und plant Plakatwerbung. Dazu auch noch in den Branchennews: http://www.buchreport.de/nachrichten/verlage/verlage_nachricht/datum/2015/04/16/mehr-platz-fuer-die-zukunft.htm

Edit: Dazu noch der Verweis auf die Diskussion zur Pressemitteilung bei SF-Fan.de: http://forum.sf-fan.de/viewtopic.php?f=25&t=8826
Knaur und Fischer haben ja ebenfalls ein SF-Programm angekündigt.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 16. April 2015, 22:58:12
Oh, das ist ja interessant Nadine. Warum bin ich eigentlich bei jedem Trend zu spät? ::)
Es gibt ja kaum Agenturen, die SF annehmen. Vielleicht ändert sich das ja jetzt. SF war ja ziemlich lange sehr klein hier abseits von Kleinverlagen.
Es ist natürlich fraglich, ob sie auch noch nicht so etablierte Autoren in Programm nehmen werden.

Was Fantasy betrifft habe ich das Gefühl, das im Moment wirklich die interessanten Bücher in Kleinverlagen erscheinen. Es wurden in den letzten Jahren ja einige interessante Verlage gegründet, wo viele Tizis ja auch schon fleißig veröffentlichen.
Aber trotzdem sehe ich auch ab und zu, dass Debutautoren eine Chance gegeben wird.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Lauren Mandrake am 02. September 2015, 21:44:22
Ich grabe den Thread auch noch mal raus.

Es gab da kürzlich auf lovelybooks eine schöne Diskussion, die Aileen P Roberts "losgetreten" hat.
Da geht es auch darum, ob die "deutsche Fantasy" stirbt.

http://www.lovelybooks.de/autor/Aileen-P.-Roberts/Das-Reich-der-Dunkelelfen-494784304-w/buchverlosung/1144016157/ (http://www.lovelybooks.de/autor/Aileen-P.-Roberts/Das-Reich-der-Dunkelelfen-494784304-w/buchverlosung/1144016157/)

Ich kann meine fünf Cents nur ganz subjektiv dazugeben:
Ich habe einige der deutschen Neuerscheinungen gelesen und muss sagen, dass ich sie bisher nicht wirklich gut fand.
Thurner (Der unrechte Wanderer) schreibt dem Gritty Fantasy-Genre "hinterher" und auch Tom Jacuba... bei dem Buch hatte ich das Gefühl dass es eher SciFi hätte werden sollen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 02. September 2015, 23:10:23
Der Artikel ist aber auch schon etwas älter. Ich habe auch etwas das Gefühl, dass im Moment nicht unbedingt die Bücher erscheinen, die Fantasy-Leser gerne lesen würden. Ich denke, das geht eher in Richtung Game of Thrones. Aber da fehlt bisher eine deutsche Version. Ich habe noch nicht viele der neueren Bücher gelesen, daher kann ich da keine Qualität beurteilen.
Ich glaube, dass ein deutscher Autor, der wirklich gut schreibt im Moment durchaus Chancen hat, einen Verlag zu finden, man sieht es ja an einigen hier, dass es auch klappt. Aber dass die Verkäufe nicht so sind, dass die Autoren dann davon leben können ist glaube ich immer noch so. Fantasy ist wieder eher ein kleineres Genre geworden. So einen großen neuen Trend sehe ich da immer noch nicht und finde das eigentlich auch immer noch ganz gut. So bleibt es vielfältiger. Ich habe allerdings den Eindruck, dass es insgesamt noch weniger Veröffentlichungen gibt, noch weniger Debuts, hauptsächlich Fortführungen von Reihen und von etablierten Autoren, außerdem hat man das Gefühl, die Verlage müssen ihre Lizenkäufe loswerden, die sie in Paketen gekauft haben, sonst weiß ich nicht, warum sie Bücher veröffentlichen, die kaum Rezensionen haben und wenn dann schlechte und kaum bekannt sind.  ::) Früher war es so, dass ich kaum hinterherkam bei den ganzen Veröffentlichungen, so viel wollte ich davon lesen, jetzt gibt es kaum was, was mich anspricht.

Was gerade erschienen ist/erscheint:


Die Traumknüpfer: von Carolin Wahl (Debut)
Nebelsilber von Tanja Heitmann
Imperium des Lichts: von Torsten Fink
Frostseelen: von Natalie Speer
Sieben Heere: von Tobias O. Meißner
Der Winter der schwarzen Rosen von Nina Blazon
Lord Limbus von Stephan Russbült
Nebelmacher, Bernhard Trecksel
Gesa Schwartz - Nacht ohne Sterne
T.S. Orgel Die Blausteinkriege 1 - Das Erbe von Berun

ansonsten hat sich meine Ansicht nicht geändert, dass viel bei den Kleinverlagen stattfindet, man sieht es ja an den weiterhin vielen Zirklern dort. In Frabe und Bunt, Ohneohren, Papierverzierer ... nur dass deren Bücher natürlich leider selten in den Buchhandlungen liegen.

Bei SF war ich ein bisschen überrascht, dass es da tatsächlich einige recht erfolgreiche deutsche Autoren gibt, allerdings im SP. Wie das bei Verlagen derzeit aussieht, weiß ich nicht, bei Piper habe ich da auch noch nicht viel gesehen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Lauren Mandrake am 02. September 2015, 23:19:20
Ja, Franziska, da hast du recht.
Also damit, dass im Moment irgendwie nichts dabei ist, was den Leser wirklich hibbelig macht.

Ich habe zwar die "Blausternkriege" und "Traumknüpfer" vorbestellt, aber irgendwie hab ich auch das Gefühl, es hakt gerade in der Fantasy. Also im 'Mainstream'. Klar, irgendwie findet jeder Autor einen eigenen Ansatz, aber wenn man's dann so liest ist es doch irgendwie nicht Fisch, nicht Fleisch.
Es tröstet zwar nicht wirklich, aber auch die englische Fantasy ist im Moment nicht besonders aufsehenerregend. Klar, ja, Game of Thrones, und das Hibbeln auf den neuesten Rothfuss... aber sonst?
CL Wilson hat da jetzt so eine Dilogie rausgehauen, die mehr als mittelmäßig war, von "Queen of Tearling" war ich jetzt auch weniger begeistert und auch generell...

Deshalb, auch wenn der Artikel alt ist: dort wird immer noch bei lb diskutiert und das zeigt auch, dass die Krise von Lesern wahrgenommen wird. Klar, viele sagen: Ja, aber Fantasy stirbt nie!
(Weil, rein theoretisch, ... waren schon die alten Schöpfungsmythen Fantasy...)

Irgendwie will man sich an Innovation gerade übertrumpfen, weil jahrelang auf "das ist ja eine Tolkien-Fanfiction!" rumgehackt wurde, nun hat sich das Ganze irgendwie ins Gegenteil verkehrt.
Ich muss zugeben, mein letztes richtig gutes Fantasybuch ist ewig her... Leider.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: FeeamPC am 03. September 2015, 01:13:00
Gutes Fantasybuch, da hat wohl jeder so seine eigene Definition. Ich zum Beispiel liebe actionreiche, derbe, exotische Welten und verzichte gerne auf softe Romanzen. Aber nach den Zahlen, die ich habe, verkaufen sich die Romanzen besser (außer man heißt George R.R. Martin).
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Silvia am 03. September 2015, 21:38:19
Ich lese seit Monaten hauptsächlich Selbstverleger und Kleinverleger :D Da gibt es echt jede Menge Perlen zu entdecken. Im Buchladen war ich nur, weil ich den letzten Lukianenko haben wollte. Ansonsten finde ich im Regal momentan auch nicht besonders viel, was mich neugierig macht.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Aljana am 03. September 2015, 21:41:12
Zitat von: Silvia am 03. September 2015, 21:38:19
Ich lese seit Monaten hauptsächlich Selbstverleger und Kleinverleger :D Da gibt es echt jede Menge Perlen zu entdecken. Im Buchladen war ich nur, weil ich den letzten Lukianenko haben wollte. Ansonsten finde ich im Regal momentan auch nicht besonders viel, was mich neugierig macht.

Dem kann ich nur zustimmen
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Lauren Mandrake am 07. September 2015, 15:54:44
Ich lese seit einiger Zeit auch viel Fantasy über den Kindle, aber beim Selfpublishing hapert es halt oft am Lektorat oder auch an der Formatierung der eBooks.
Auf der anderen Seite schaffen es ja schon ein paar vom Selfpublishing in die Verlage... hm, ich finde es immer schwierig, wirklich eine "Perle" zu finden.
Ich glaube, ich habe damals Uschi Zietsch auf dem kindle gelesen und fand es super, aber ich weiß es nicht mehr genau. Kann auch sein dass ich mich irre und ich ihre Bücher ausgeliehen hatte  :pfanne:
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kaeptn am 16. September 2015, 11:07:26
treogen hat mir auf dem MantiCon so eine Statistik des deutschen Buchhandels gezeigt, nach der Phantastik (Fantasy, SF und ich glaube auch noch Horror) gerade mal 7,6% der verkauften Bücher ausmachen. Wenn man da dann noch Game of Thrones und andere US-Bestseller rausrechnet, kann man sich vorstellen, wie dünn der Markt für heimische Fantasy-Titel geworden ist.

Gerade die klassische Fantasy a la Tolkien hat es mMn gerade extrem schwer. Schaut man z.B. bei LovelyBooks auf die "besten Neuerscheinungen 2015" findet man hauptsächllich Romantasy und Urban-Titel. Selbst Heitz' Zwerge 5 (ok, der war auch sehr mau) schafft es gerade mal auf Platz 38 - und mich würde sehr interessieren, wie hier die Verkaufszahlen im Vergleich zu Zwerge 1&2 aussehen, die damals ja sogar die Spiegel-Bestsellerlisten stürmten.
Auch in den Buchhandlungen sind die Fantasy-Regale bzw Auslagen schmaler geworden und werden von Game of Thrones, weiteren US-Autoren (Brett, Rothfuss, Weeks, Sanderson) und den altbekannten deutschen Autoren (Heitz, Hennen, Hohlbein, Marzi...) schon gefüllt. Selbst sowas wie "Der letzte Krieger" oder "Flammenwüste" haben es da schon schwer, überhaupt ein Plätzchen zu ergattern bzw. es mehr als 1-2 Wochen nach Release zu behaupten. So sieht es leider aus :(
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Amber am 16. September 2015, 13:34:32
Das hat aber auch damit zu tun, dass der Buchmarkt als Ganzes so umkämpft ist. Sieht man sich dagegen z.B. die Kino- und Serienlandschaft an, finde ich schon, dass man merkt, dass Fantasy-SF an Akzeptanz gewonnen haben.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Zit am 18. September 2015, 19:15:50
 :hmmm: Ob das dann ein Problem des Lesens ist? So ein Film liefert natürlich (wenn gut gemacht) super Bilder und ist mit 1,5 bis 2h auch schneller verdaulich als ein Buch. Wobei ich mich gerade an die Mara-Geschichte erinnere, die wir gerade erst in einem anderen Thread hatten (treogens Beitrag dazu (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,17291.msg769238.html#msg769238)). Was ich damit sagen will: Deutsche Autoren haben es schon schwer, aber deutsche Filmemacher im Genre noch schwerer. Aber vor allem sind Kinogänger ungleich Leser. :/ Heißt auch: Nur weil es im Kino besser läuft, muss noch lange nicht der Buchmarkt nachziehen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kaeptn am 18. September 2015, 23:02:53
Wobei aber auch im Kino gilt: Klassische Fantasy a la Tolkien sieht man sehr selten bis gar nicht. Derzeit sind ja vor allem SF-angehauchte Dystopien in (Tribute, Divergent. Die Auserwählte, Die 5. Welle...) und richtige SF (Der Marsianer, Oblivion, Edge of Tomorrow...), dazu natürlich die Superhelden. Aber wenn ich jetzt außer dem Hobbit eine tolkieneske Fantasy-Geschichte in einem Kinofilm benennen sollte .... hm. Wenn man zwei Augen zudrückt, geht Seventh Son noch als solche durch, aber mehr fällt mir nicht ein.

Im TV sieht es besser aus - aber die TV-Serien kosten glaube ich eher Leser, als sie welche bringen, weil sie unheimlich viel Zeit fressen. Game of Thrones hat wohl im Buchmarkt auch vor allem George Martin geholfen, nicht aber dem Genre als ganzem.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: FeeamPC am 19. September 2015, 00:53:19
Es bleibt wohl so- wir sind ein Nischen-Genre, und jedes Buch bei einem Kleinverlag, das die magische Grenze von 200 Stück im Verkauf knackt, darf als Erfolg gewertet werden. Bei Großverlagen dürfte erst dann Freude herrschen, wenn deutlich über 5000 Bücher verkauft wurden, schätze ich.
Aber wenn man das mit Romanzen und Krimis vergleicht, sind das alles kleine Größen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 19. September 2015, 03:10:19
Das ist wohl leider so. Mit wenigen Ausnahmen, es gibt ja durchaus einige sehr erfolgreiche deutsche Autoren, Markus Heitz, Kai Meyer, Cornelia Funke ... aber soweit ich das verfolgte habe, kam lange niemand neues, der daran anknüpfen konnte.
Wie ich schon mal schrieb, ich sehe da aber immer wieder recht erfolgreiche Selfpublisher, vor allem bei Jugendbüchern oder Romantasy. Die werden wohl mehr als ein paar hundert, eher tausende Bücher verkaufen. Einige können auch davon leben.

Ich sehe langsam auch einen Trend Richtung SF Space Opera. Auch wenn ich nicht denke, dass es ein großer Trend wird. Zum Beispiel hat Bernd Perplies unter Psuedonym eine Serie gestartet. Die Justifiers-Reihe von verschiedenen Autoren wurde andererseits eingestellt, weil sie nicht gut genug lief.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Trippelschritt am 19. September 2015, 12:00:47
Ich kann leider gar keinen Trend erkennen mit Ausnahme von Romance, was vielleicht daran liegen mag, dass jugendliche/jüngere weibliche Leserschaft einen sehr großen Block ausmacht. Vor allem innerhalb der Fantasy. Das gilt auch für Foren und (Hobby?)Autoren. Harte Zahlen habe ich aber nicht, wenn man mal die Forenlisten (auch bei LovelyBooks) weglässt.
Ich selber schreibe ja High Fantasy und kann mich über magelndes Interesse nicht beklagen. Dass ich selber aber nur selten meine eigenen Bücher empfehle, liegt nur an der Pleite mit dem Korrektorat, die einfach nicht professionell war. Aber dafür gibt es gleich mehrere Gründe und der Veralg arbeitet daran.
Und was das Nischendasein angeht. Phantastik war immer schon nicht mehr als eine Nische bis in die Tage von Moorcock zurück. Tolkien oder Harry Potter sind da Ausnahmen. Sonst kommen wir an normale Spannungsliteratur nicht heran. Das wird mich aber nicht davon abhalten, weiter für diese Nische zu schreiben.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kaeptn am 19. September 2015, 18:08:06
Zitat von: Trippelschritt am 19. September 2015, 12:00:47Phantastik war immer schon nicht mehr als eine Nische bis in die Tage von Moorcock zurück. Tolkien oder Harry Potter sind da Ausnahmen. Sonst kommen wir an normale Spannungsliteratur nicht heran. Das wird mich aber nicht davon abhalten, weiter für diese Nische zu schreiben.

Das stimmt ja so nicht. Es gab da nach HdR/Harry Potter im Kino diese Phase, als mit Die Zwerge, Die Elfem und Tintenherz deutsche Fantasy die Bestseller-Listen stürmte und die Regale breiter und breiter wurden. Dann kam Twilight und der Vampir-Boom und die Romantasy verdrängte die klassische Fantasy und läuft sich in letzter Zeit selbst tot. Manch einer hatte wohl gehofft, die Hobbit-Filme würden den Boom klassischer Fantasy wieder anfachen, aber dem war nicht so.

Wobei ich auch glaube, dass das gegen über 2002 noch immer weitaus breitere High Fantasy-Angebot auf dem Markt dazu führt, dass sich eine durchaus noch hoch sechsstellige Leserzahl auf so viele Neuerscheinungen verteilt, dass für die einzelnen Titel nicht viel übrig bleibt. Allein was Heyne im Jahr an Fantasy rausbolzt, würde mir rein von der Seitenzahl an Lesefutter locker 2-3x reichen, dazu noch Knaur, Piper, Bastei, Blanvalet uswusf, von den Kleinverlagen ganz zu schweigen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Trippelschritt am 19. September 2015, 20:43:38
Aye Aye Kaeptn, da muss ich ich ein wenig korrigieren, denn Romantasy wird tatsächlich breiter und breiter und die Glitzi-Vampire hatte ich sogar total verdrängt. Gehen aber auch in Richtung Romance. Bleiben noch Tintenherz und die Zwerge etc. Dazu möchte ich nicht viel sagen, es sei denn, es gibt irgendwo einen thread, wo diese Romane diskutiert werden. Aber es ist schon richtig, ich hätte mehr differenzieren sollen.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Lynn am 21. September 2015, 15:58:52
Ich bin nicht sicher, ob ich mich irgendwo verlesen hab, oder ob das Durcheinander schon an anderer Stelle entstanden ist, aber könnten wir hier bitte bei den Begrifflichkeiten sauber bleiben. Phantastik ist nämlich etwas anderes als Fantasy.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Trippelschritt am 21. September 2015, 16:32:01
Für mich ist Phantastik der Oberbegriff. Fantasy ist Phantastik, aber nicht jede Phantastik Fantasy. Das hatte mal Konsens in den Siebzigern, obwohl auch damals Suhrkamp in seiner Phantastischen Reihe kein Fantasy hatte, soweit ich mich erinnern kann. Gilt das noch? Oder nicht mehr.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 21. September 2015, 16:44:07
Das wird immer mal wieder anders beschrieben, daher will ich dazu nichts sagen. Mir ging es um den gesamten Markt, Fantasy, SF, Phantastik ...
@Keptn: also im Moment wird ja recht wenig HF veröffentlicht, da sehe ich nicht, dass man es nicht schaffen könnte zu lesen, was einen interessiert. Es ist aber so, dass in den letzten 15 Jahren so viel veröffentlicht wurde, von deutschen und ausländischen Autoren, dass ich da immer noch eine lange Liste habe, die ich nicht abgearbeitet habe. Es gibt sicher Leute, die mehr lesen und nur im Genre. Ich weiß nicht, ob die es geschafft haben, das alles zu lesen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Loki am 21. September 2015, 18:02:32
Also ich kann als sehr schneller und (ehemaliger) Viel-Leser sagen, dass ich ganz ganz selten in der Lage war mit den Neuerscheinungen mitzuhalten und gleichzeitig die Bücher, die man halt gelesen haben muss aufzuholen. Das war nur in der Zeit wo ich so drei Bücher pro Woche gelesen habe und das kann man nun wirklich nicht besonders Lange durchziehen. Höchstens man ist schüler, hat Urlaub oder ist zeitweise arbeitslos.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kaeptn am 26. September 2015, 16:39:04
Hier ein Interview mit Jens Schumacher, wo er u.a. berichtet, wieso er von Lyx zu Feder & Schwert gegangen ist und z.B. auch Wolfgang Hohlbein mit stark rückläufigen VK-Zahlen (im Hardcover) zu kämpfen hat. (Entsprechende Stelle habe ich in den Link eingebettet).

https://youtu.be/HpAVTLjF3D4?t=10m22s
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 15. Dezember 2015, 17:56:44
Ähm Kaeptn, das Video ist vielleicht mitlerweile privat.

Ich habe im Moment das Gefühl, dass es mit den Fantasy-Veröffentlichungen noch weniger geworden ist. Dafür gibt es etwas mehr SF.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Spinnenkind am 18. Dezember 2015, 13:07:10
Ich weiß nicht, von dem, was ich so mitbekomme, scheinen sich die Verlage aber auf eine neue Fantasy-Welle einzustellen. Natalja Schmidt wurde ja Mitte des Jahres eigens als Leiterin der Fantasyabteilung bei Droemer Knaur eingestellt. Hin und wieder darf ich Gutachten für sie machen. Natürlich darf ich da jetzt keine Details verraten, aber ich habe mich bei manchen Büchern schon gewundert, dass Droemer sie überhaupt in Betracht zieht, weil sie sich wirklich sehr von der gängigen Fantasy unterscheiden und sich in teilweise sehr abgefahrene Gefilde vorwagen. Eine dieser Autorinnen haben sie jetzt wohl auch eingekauft, sogar als Reihe, für 2017. Mich freut's, natürlich  ;D

Ich frage mich nur, woher dieser Anstoß kommt. Leider muss man ja sagen, dass die meisten literarischen Trends in der Fantasy nach wie vor aus dem englischsprachigen Ausland kommen. Ob da ein neuer Hype im Anmarsch ist?
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Amber am 18. Dezember 2015, 17:32:27
Wenn du das selbe Buch meinst wie ich, Spinnenkind, freue ich mich auch, dass es eingekauft wurde ;)

Es wird sich zeigen, wie erfolgreich die Fantasy-Neustarts von Knaur und Fischer sein werden. Es wäre natürlich großartig, wenn sie dazu beitragen könnten, einen neuen Aufschwung im Genre auszulösen.

Mein Eindruck ist, dass Fantasy und Science Fiction hierzulande im Mainstream angekommen sind und dass die großen Publikumsverlage, die bisher kein oder zumindest kein durchgängiges (man denke an PAN bei Knaur, das man eingestellt hat, nur um drei Jahre später unter anderen Vorzeichen einen Fantasy-Neustart zu planen), von ausgewiesenen "Experten" gestaltetes Fantasy-Programm hatten, diese Lücke schließen möchten. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass sie in verschiedenen anderen Genres rückläufige Zahlen haben. Zudem ist - das ist jetzt aber vor allem meine persönliche Meinung - ein Phantastik-Programm eine Möglichkeit, jüngere Zielgruppen zu gewinnen. Ich mag mich irren, aber ich kenne wenige Phantastik-Leser, die älter als fünfzig sind, die Mehrheit ist meiner Einschätzung nach unter vierzig, und wenn die Verlage auf Dauer überleben wollen, brauchen sie diese Zielgruppen. Ältere Zirkler dürfen mich jetzt natürlich gern korrigeren, ich möchte niemanden diskriminieren :)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: FeeamPC am 18. Dezember 2015, 17:39:11
Eine winzig kleine Korrektur allerdings nur:
Es gibt durchaus viele ältere Fantasy-Leser. Nur haben die in der Regel meist als junge Leute angefangen, Fantasy zu lesen (immerhin kam Tolkiens Herr der Ringe heraus, als ich gerade studierte).
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Amber am 18. Dezember 2015, 17:52:53
Zitat von: FeeamPC am 18. Dezember 2015, 17:39:11
Eine winzig kleine Korrektur allerdings nur:
Es gibt durchaus viele ältere Fantasy-Leser. Nur haben die in der Regel meist als junge Leute angefangen, Fantasy zu lesen (immerhin kam Tolkiens Herr der Ringe heraus, als ich gerade studierte).

Sicher sehe ich das zu einseitig. Michael Ende wurde ja auch schon in den 70ern gefeiert :)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kaeptn am 18. Dezember 2015, 21:33:19
Möglich das einige auf die Shannara-Serie setzen. Das ist ja mal wirklich ganz klassische Fantasy (kein Wunder, ist ja auch schon über 30 Jahre alt). Vielleicht spült die Elfen & Co nochmal nach oben?

Gut, was die Verlage für 2017 planen, weiß ich natürlich nicht, mein Eindruck aus diversen Buchhandlungs-Besuchen ist auch eher, das klassische Fantasy noch weiter zurückgeht und Urban und Romantasy den Löwenanteil ausmachen. Bei Thalia im RRZ Mülheim hat seit einiger Zeit die Erotik der Fantasy einen Teil des Regals abgeknapst und Hobbit/Herr der Ringe liegen neben Shades of Grey und Konsorten.

Ja, SF nimmt zu (Piper hat ja seit Ewigkeiten diesen Herbst mal wieder ein ganzes Programm aufgelegt), aber wen wundert das angesichts des Star Wars Hypes der dank Trilogie und SpinOffs ja Jahre anhalten soll? Und vor allem war die SF hierzulande ja wirklich ziemlich am Ende, von daher konnte es ja fast nur noch aufwärts gehen. Allerdings scheinen deutsche Autoren da abgesehen von Brandhorst auch keine allzu große Rolle zu spielen.

Überraschend finde ich eher, das Mayersche und Thalia mittlerweile Warhammer ganze Regalteile einräumen, das scheint sich wirklich gut zu verkaufen, obwohl die Inhaltsangaben für mich total generisch klingen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Spinnenkind am 23. Dezember 2015, 00:22:18
ZitatÜberraschend finde ich eher, das Mayersche und Thalia mittlerweile Warhammer ganze Regalteile einräumen, das scheint sich wirklich gut zu verkaufen, obwohl die Inhaltsangaben für mich total generisch klingen.

Das fasziniert mich auch immer wieder aufs Neue, dass die sich so gut verkaufen (man sollte ja meinen, dass der Anteil an Pen&Paper-Rollenspielern keinen allzu großen Teil der deutschen Bevölkerung ausmacht). Aber scheinbar ist dem ja so, immerhin gibt es Autoren, die nur mit dem Schreiben dieser Bücher ihre Brötchen verdienen. Aber wieso ausgerechnet die Bücher, die in diesen Welten spielen, und nicht etwa andere Fantasyromane mit mehr oder weniger generischen Plots... :hmmm:
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Angela am 23. Dezember 2015, 08:33:55
Für mich ist es nur ein Zeichen dafür, dass echte Buchläden immer mehr verschwinden und zu einer Art Laden für XYZ mutieren. Das macht Amerika schon länger vor, Barnes und Nobles ist zwar eher noch ein Buchladen wie früher(und hat Probleme, in Vancouver sind sie ganz weg) aber Chapters in Kanada hat gerade im Eingangsbereich praktisch nur noch Wohlfühlzeugs, Decken, Handtücher ...
Bei Warhammer kann ich mir vorstellen, dass die Leute das Zeug auch nur für sich haben möchten. Ich bin so ein Typ, den die kleinen Figuren sehr ansprechen, und ich habe mir da einiges von Lord of the Rings gekauft (und einem meiner Jungen gegeben). Wenn reine Warhammerläden funktionieren, und ich war schon in einigen, warum das nicht mal probieren. Es bringt auf jeden Fall neue Kunden in den Laden.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: FeeamPC am 23. Dezember 2015, 11:56:40
Weltbild hat auch als reiner Buchkatalog begonnen, und führt jetzt beinahe mehr Non-Books als Bücher.

Interessant finde ich aber auch eine andere Zahl:
Im Ausland wird eine Fantasy-Buch-Lizenz bereits als gut betrachtet, wenn sie in Deutschland eine Startauflage von 1000-5000 bekommt.
Bestseller wie George Martin sind da natürlich nicht mit drin.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Christopher am 23. Dezember 2015, 12:00:48
Könntest du das erläutern Fee? Irgendwie steh ich grad auf dem Schlauch.
Wird eine Lizenz aus dem Ausland, die in Deutschland mit 1000-5000 startet schnell/gut nach Deutschland verkauft? Werden Lizenzen die in Deutschland mit 1000-5000 als Auflage laufen gut ins Ausland verkauft? Ich bin etwas verwirrt.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: FeeamPC am 23. Dezember 2015, 15:22:13
Wenn z.b. ein amerikanischer Autor eine Fantasy-Lizenz nach Deutschland verkauft, dann wird alles ab 1000 Stück Auflage aufwärts als gut betrachtet.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Trippelschritt am 23. Dezember 2015, 15:56:01
Das ist eine interessante Neuigkeit, denn bisher geisterte immer die Zahl von 3000 für ein break even eines neu auf den Markt gebrachten Buches durch die Szene. Keine Lizenzausgabe. Ich habe aber keine Ahnung woher diese Zahl kam und ob sie korrekt war.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 23. Dezember 2015, 17:26:10
Woher hast du denn diese Zahl? Das würde mich schon sehr wundern. Sogar für einen Kleinverlag lohnt sich das erst ab 1500 (wurde so letztens vom Cursed Side Verlag gesagt).
Ich vermute mal, die tausend Exemplare beziehen sich auf Lizenzkäufe, die bei Bestsellern mitgenommen werden müssen. Die werden ja oft nur in Bündeln verkauft. Dann heißt es kauft den Bestseller und drei unbekannte Bücher oder so. (so genau kenne ich mich da auch nicht aus.)
Klar, dass das dann bei deutschen Autoren nicht gilt.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: FeeamPC am 23. Dezember 2015, 18:05:57
Auf die Bestseller bezieht sich das bestimmt nicht. Das stammt von einer englischen Seite (leider habe ich mir kein Lesezeichen auf die Adresse gesetzt), auf der für englischsprachige Autoren heruntergebrochen wurde, ob man vom Schreiben leben kann. Das dürften also in England, Amerika und sonstwo die typischen Midlist-Autoren sein, die dann in besagten Paketen mitverkauft werden. Der Verfasser sagte sinngemäß, Auslandslizenzen sind schön, aber man solle sich nicht zuviel davon erhoffen, da, siehe obige Zahlen, relativ wenige Verkäufe zu erwarten wären.
Und dann fügte er noch hinzu, dass nach seiner Auswertung es reine Glückssache ist, wenn man bei Auslandslizenzen im Ostblock, in China oder Korea überhaupt Geld sieht, da kaum ein Autor finanzkräftig genug ist, da mit Anwalt hinterher zu sein und die dortigen Verlage das genau wissen.
Ich habe das nur mal hier angebracht, um zu zeigen, dass es den meisten übersetzten Autoren nicht anders/besser geht als uns hier.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 18. August 2016, 15:27:53
Die Diskussion überschneidet sich etwas mit der über deutsche Autorinnen. Aber da es allgemeiner ist, poste ich mal wieder hier.
Wenn man dieses schon etwas ältere Interview liest, wird einem einiges klar.
https://fantasyblogger.wordpress.com/tag/fischer-tor/ (https://fantasyblogger.wordpress.com/tag/fischer-tor/)
Deutsche Autoren haben handwerkliche Defizite und schreiben provinziell?
Ich will mich jetzt nicht darüber aufregen. Denn ich kann mir nicht vorstellen, was für grauenhafte Manuskripte dem Mann angeboten werden. Und es stimmt ja auch, dass man hier schlechter an Creative Writing Seminare kommt. Was er jetzt mit provinziell meint, weiß ich jedoch nicht. Es gibt ja durchaus Verlage, die deutschen Autoren eine Chance geben, zum Beispiel Knaur.

Es gibt auf jeden Fall einige Bücher, die mich interessiren, und die ich bestimmt lesen werde, die demnächst erscheinen.
Zum Beispiel:
Die Dunkelmagierin von Arthur Phillip
Die silberne Königin von Katharina Seck.  ;)
Träume aus Feuer von Maja Winter
Irrlichtfeuer von Julia Lange
Talvars Schuld von Valerie Colberg
Mitternacht von Christoph Marzi.

Um mal ein bisschen positiv auf die Sache zu schauen, da sind auch immer wieder so einige Debuts dabei.
Übrigens jetzt auch zwei SF Debuts deutscher Autoren bei Heyne.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kati am 18. August 2016, 15:52:28
Kann sich jemand erklären, was er mit dem "Hang zum Provinziellen" meint? Eine Freundin und ich rätseln, ob er da Soziolekte oder Regiolekte meint, aber die gibt es in amerikanischen Büchern ja auch, sie verschwinden nur bei der Übersetzung, weil sie sich eben nicht übersetzen lassen. Jedenfalls finde ich die Einstellung ziemlich enttäuschend, aber leider auch bezeichnend. Dass Creative-Writing-Seminare zwar nicht schaden, aber nicht darüber entscheiden, ob jemand gute Romane schreibt oder nicht, scheint auch nicht so klar zu sein. Auch viele US-Autoren, die durchaus erfolgreich sind, haben nicht an so etwas teilgenommen. Generell liest sich das alles sehr "amerikanisiert", also seine gesamte Einstellung zum Thema. (Auch was den Vermerk auf die Kurzgeschichte angeht, nicht nur die Writing Classes.) Ich habe immer mehr das Gefühl, dass viel mehr Einheitliches, an den amerikanischen Markt Angepasstes verlangt wird und, falls der Kommentar zum Hang zum Provinziellen wirklich in die Richtung geht, wie ich denke, würde dass das ja auch nochmal untermauern.

Ich finde es schade, dass ein neues Imprint in Deutschland anscheinend von vorn heraus ausschließt, mit allzu vielen deutschen Autoren zusammenzuarbeiten, die noch nicht etabliert sind.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 18. August 2016, 16:00:26
Ja, das finde ich auch schade und ich finde seine Einstellung auch etwas seltsam. Vor allem das mit den Kurzgeschichten, das sagt doch nichts darüber aus, ob jemand einen Roman schreiben kann. Ich habe sechs Romane geschrieben und keine Kurzgeschichten veröffentlicht.  ::)
Dann nimmt man eben keine unvollendeten Manuskripte an.
Das Gefühl von einem großen Unterschied zwischen deutschen und amerikanischen Autoren habe ich eher in der Gegenwartsliteratur, da lese ich lieber amerikanische, weil ich die deutsche Art, wie sie in den Schreibunis vermittelt wird nicht mag. Amerikanische Autoren schreiben dialoglastiger, mit guten Dialogen und lebendigen Figuren. Aber ob sich das auch in Genreliteratur zeigt? Ich denke eher, der Mann meint, dass deutsche Autoren handwerkliche Defizite haben. Aber erstens ist es heute ja so einfach, sich übers Schreiben selbst weiterzubilden, zweitens gibt es ja eine Reihe deutscher erfolgreicher Fantasyautoren.
Ich möchte aber nicht sagen, dass der Mann völlig unrecht hat, wir kennen hier viele Autoren im Forum, die gut schreiben und sich weiterbilden und das Handwerk beherrschen. Ich denke, wir sind hier besser als der Durchschnitt. Aber ich gehe mal davon aus, dass die Verlage eh nur nehmen, was ihnen Agenturen anbieten und dahin muss man es ja auch erstmal schaffen. ???
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kerstin am 18. August 2016, 16:21:26
Zitat von: Franziska am 18. August 2016, 15:27:53
https://fantasyblogger.wordpress.com/tag/fischer-tor/ (https://fantasyblogger.wordpress.com/tag/fischer-tor/)
Deutsche Autoren haben handwerkliche Defizite und schreiben provinziell?
So hat er das ja auch nicht gesagt, sondern er sprach von "manchmal" und kann man ihm da wirklich wiedersprechen?
Wenn ich mich in anderen Foren oder auch meinen Schreibkursen umsehe, treffe ich immer wieder auf Leute, die zwar tolle Ideen habe, handwerklich aber leider (noch) eine Katastrophe sind.
Und ja, ich denke schon, dass die Tatsache, dass bei uns das gesamte Thema des Lernens vom Handwerk noch stiefmütterlich behandelt wird, einen Einfluss auf die Qualität hat. Nur weil es ein paar Genies gibt, die es auch ohne können, muss es ja nicht für den Rest (mich eingeschlossen) gelten. Ich finde diese Tatsache auch sehr schade - es gibt so viele Menschen mit tollen Ideen, aber viele kommen ja gar nicht erst auf die Idee, sich mit dem Handwerk auseinanderzusetzen.
Wäre es bei uns (wie z.B. in den USA) üblich, dass man schon in der Schule etwas zum Kreativen Schreiben lernt, wäre das sicher anders. Dann würden Talente früh gefördert werden und dieser elende Gedanke, dass "Schreiben" eine Kunst ist, die man nicht lernen kann, würde endlich mal schwinden.
Das Niveau hier im

Das provinziell verstehe ich allerdings auch nicht.  ???

Und man kann ja auch nicht sagen, dass sie keine deutschen Autoren im Programm haben - es sind halt keine Debüts. Aber auch das kann man ihnen meiner Meinung nach nicht verübeln. Sie sind gerade im ersten Programm - da können sie vermutlich einfach noch nicht das Risiko mit einem Neuling eingehen (mal abgesehen davon, dass die Vorbereitung eines frisch eingekauften deutschen Debütautors einfach auch lange dauert - selbst wenn sie jetzt einen unter Vertrag genommen hätten, würden wir das Buch wohl nicht vor 2018 sehen).

Und zu der Kurzgeschichte: Er bezieht sich da auf Mehrteiler von sehr großem Umfang, die ja gerne von Neulingen in der Fantasy als Erstes geschrieben werden. Ich gehe mal davon aus, dass er damit sagen wollte, dass es hilfreich sein könnte, wenn man sich vorher an etwas Kleinerem geübt hat, da so ein Mammutwerk einfach schwer unter Kontrolle zu halten ist. Ich sage meinen Schreibschülern auch nicht "schreibt zur Übung erst Mal ein paar einzelstehende Romane", sondern auch eher Kurzgeschichten.

Von daher würde ich mal abwarten. Ich finde es schon positiv, dass es Tor überhaupt gibt, und dass sie nicht nur die Lizenzen aus den USA nehmen, sondern überhaupt deutsche Autoren nehmen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Amber am 18. August 2016, 16:56:00
@Franziska: Ich freue mich, dass du dich für "Irrlichtfeuer" interessierst.

Ich finde die Aussagen über deutsche Autoren in dem Interview generell etwas hart.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 18. August 2016, 17:14:35
Kerstin, ich bin da eigentlivh deiner Meinung,  und habe es auch so gelesen. Deshalb meinte ich ja auch, dass er schon recht haben kann.  Und ich will von mir selbst auch nicht behaupten, dass ich mit den besten amerikanischen Autoren mithalten kann. Es klingt nur etwas pauschal.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kerstin am 18. August 2016, 17:24:14
Verstehe ich, das könnte aber vielleicht auch an der Kürze des Interviews liegen (einen postiven Eindruck hat er bei mir allerdings auch nicht hinterlassen).

Was ich bei solchen Interviews immer schade finde (es sind ja nicht die ersten pauschalen Aussagen über deutsche Autoren), dass sie eben so allgemein sind, dass man als Autor wenig damit anfangen kann.
Auch wenn Verlage und Lektoren sicher keine Schreibcoaches sind, nervt es mich immer etwas, wenn über die Qualität des deutschen Nachwuchses gelästert wird, aber niemand auch nur annähernd sagt, was genau eigentlich das Problem ist.
Was bitte soll ein Autor mit "provinziell" anfangen?
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Dämmerungshexe am 18. August 2016, 17:59:36
Das erinnert mich an die Theorie die ich mal gelesen oder gehört habe (kann leider nicht mehr sagen wann und wo), dass wir hier in Europa die Filme aus Hollywood deswegen besser finden, weil wir sie gewohnt sind. Ein "Qualitätsmerkmal" dabei soll angeblich die falsche Lippenbewegung sein. Wir sind das gewohnt und nehmen es daher als "richtig" wahr. Ebenso wie allein schon die unterschiedlichen Farbsysteme für uns schon ein Merkmal von "gute" und "schlecht" sind.

Ich denke mal amerikanische Autoren schreiben wahrscheinlich einfach "anders". Aber weil das über lange Zeit hinweg der Standart war, wird es nach wie vor als bessere Qaulität betrachtet. Wahrscheinlich spielt dann auch noch die Übersetzng mit rein (ähnlich wie bei der Lippensynchonität) - da haben sich einige Standarts eingebürgert, wie übersetzt wird, und das ist dann in unseren Augen "gut".

Ich persönlich finde es einfach schade, wenn man extra ein neues Label aufmacht und statt die Chance zu ergreifen sich wirklich einen USP zu schaffen, bringt man lieber Vorgekautes, um auf der sicheren Seite zu sein.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 18. August 2016, 22:19:17
Na ja,  Tor ist ja in dem Sinn kein neues Label. Ich finde es eigentlich toll, dass endlich mal Autoren wie Guy Gavriel Kay eine Chance in Deutschland bekommen. Erstmal etwas zu nehmen, was sicher gut läuft ist ja für den Anfang eine gute Strategie. Wäre nur schön, wenn sie irgendwann auch neuen deutschen Autoren mehr Chancen geben würden. Von 12 Büchern sind immerhin drei von (etablierten) deutschen Autoren.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Judith am 18. August 2016, 22:41:18
Zitat von: Franziska am 18. August 2016, 22:19:17
Na ja,  Tor ist ja in dem Sinn kein neues Label. Ich finde es eigentlich toll, dass endlich mal Autoren wie Guy Gavriel Kay eine Chance in Deutschland bekommen.
Wobei Guy Gavriel Kay ja bereits eine Chance in Deutschland bekommen hatte, aber leider sind seine Romane wohl nicht so gut angekommen wie erhofft.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 18. August 2016, 23:44:13
Zitatdieser elende Gedanke, dass "Schreiben" eine Kunst ist, die man nicht lernen kann, würde endlich mal schwinden

Das geht mir auch so. Man wird hier in Deutschland von vielen ja schon als minderwertig betrachtet, wenn man sagt, dass man gerne Schreibratgeber liest und sich handwerklich fortbildet. Denn ein guter Autor hat das nicht nötig. Das scheinen zumindest viele zu denken, und schauen dann auf einen herunter. Von Berufsautoren hingegen kommt meistens ein Kopfnicken. Die bilden sich eigentlich fast alle auf die eine oder andere Art fort. (Nicht unbedingt mit Ratgebern, jeder hat da seinen eigenen Weg.) Ich persönlich finde, dass amerikanische Autoren uns häufig bei der Dramaturgie ein Stück voraus sind. Die Bücher sind einfach von der ersten Seite an spannend und halten diese Spannung mühelos. Besonders amerikanische Jugendfantasy. Da findet man eigentlich nur Pageturner. Von den Ideen her vielleicht nicht außergewöhnlich, aber handwerklich so gut, dass man richtig darin versinkt und die Bücher verschlingt. Das bewundere ich und daran arbeite ich sehr stark, um mich zu verbessern. Natürlich sind nicht alle amerikanischen Bücher perfekt, aber ich finde, man merkt schon, dass sie das Handwerk richtig verinnerlicht haben. Und ich glaube, das fehlt vielen deutschen, oder sagen wir besser: vielen nicht amerikanischen Büchern, die oft sprachlich genial sind und voller toller Ideen stecken. Man liest sie gerne, aber es fehlt dieser letzte Funke. Dieser Effekt, dass man sie einfach nicht weglegen kann. Das zu erreichen ist zur Zeit mein größtes Ziel, auf das ich hinarbeite. Gib dem Leser keine Chance, das Buch weglegen zu können. ;D Ich denke, das ist es zum Teil, was im Artikel gemeint ist. Und natürlich ist das zu pauschal, denn es gibt auch viele deutsche Autoren, die das beherrschen. Ursula Poznanski, Ottfried Preußler, Michael Ende, Rebecca Gablé, um nur ein paar zu nennen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kati am 19. August 2016, 12:50:55
Zitat von: KerstinWenn ich mich in anderen Foren oder auch meinen Schreibkursen umsehe, treffe ich immer wieder auf Leute, die zwar tolle Ideen habe, handwerklich aber leider (noch) eine Katastrophe sind.

Das wird es in den USA aber ganz genauso geben, wie hier. Der Mann spricht im Interview ja davon, dass durch die Größe und die daraus entstehende Marktgröße der USA sehr viel mehr gutes Material verfügbar ist – im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass es sicherlich auch sehr viel mehr nicht Gutes gibt, denn nicht jeder amerikanische Autor, der sein query-Briefchen an einen Verlag schickt, ist ein guter Autor. Diese amerikanischen Pendants zu den deutschen Autoren mit handwerklichen Defiziten erreichen einen deutschen Verleger sicherlich aber nicht – er kriegt nur vorgelegt, was von amerikanischen Verlagen schon durchgewunken wurde. Also natürlich wirkt es für ihn, als schwappte da aus den USA eine große Flut an qualitätsvollen Manuskripten zu uns, aber deshalb die einheimischen Autoren als weniger lesenswert abzustempeln, weil er schlechte Manuskripte zugesendet bekommt, finde ich einfach schade.

Zitat von: KerstinUnd ja, ich denke schon, dass die Tatsache, dass bei uns das gesamte Thema des Lernens vom Handwerk noch stiefmütterlich behandelt wird, einen Einfluss auf die Qualität hat. Nur weil es ein paar Genies gibt, die es auch ohne können, muss es ja nicht für den Rest (mich eingeschlossen) gelten. Ich finde diese Tatsache auch sehr schade - es gibt so viele Menschen mit tollen Ideen, aber viele kommen ja gar nicht erst auf die Idee, sich mit dem Handwerk auseinanderzusetzen.

Da stimme ich dir auf jeden Fall zu. Nur sind Schreibkurse und –seminare nicht der einzige Weg, sich mit dem Handwerk auseinanderzusetzen. Ich habe oft das Gefühl, dass es in den USA immer mehr in die Richtung geht, dass jemand, der keine ,,professionelle" Schreibausbildung hat, nicht für voll genommen wird und das finde ich schade und auch ziemlich elitär. Schreibseminare sind oft nicht gerade billig und auch zeitintensiv. Ich bin aber auf jeden Fall bei dir, dass hierzulande vielen Autoren noch das Verständnis dazu fehlt, dass man schreiben einfach lernen muss. Ich persönliche halte da Learning bei Doing (Schreiben, bewusst lesen und drauf achten, wie bestimmte Sachen gemacht werden etc.) für nicht zu verachten, es reicht aber natürlich nicht aus und muss ergänzt werden. Trotzdem muss es nicht immer das Schreibseminar sein, wie im Interview angedeutet wird. Allerdings ist das Interview wirklich kurz und vielleicht ist es auch missverständlich, was er da meint.

Zitat von: AlanaIch persönlich finde, dass amerikanische Autoren uns häufig bei der Dramaturgie ein Stück voraus sind. Die Bücher sind einfach von der ersten Seite an spannend und halten diese Spannung mühelos. Besonders amerikanische Jugendfantasy. Da findet man eigentlich nur Pageturner. Von den Ideen her vielleicht nicht außergewöhnlich, aber handwerklich so gut, dass man richtig darin versinkt und die Bücher verschlingt.

Ich höre in letzter Zeit immer öfter von amerikanischen Jugendbuchbloggern, dass sie genau das langsam nervt, der immer gleiche Aufbau bei immer weniger spannenden Ideen dahinter und kann das auch ein Stück weit nachempfinden. Wie Liebesgeschichten verlaufen, Plothandlungen, ganze Twists kann man immer mehr voraussehen, weil sehr viele Geschichten gleich aufgebaut sind. Dazu kommt, dass die amerikanische YA sich einfach nichts traut, was auch oft kritisiert wird. Dasselbe Muster wird immer und immer wieder angewandt und abgewichen wird wirklich selten. Ich finde in der amerikanischen YA eigentlich nur noch selten Bücher, die mich genug interessieren, um sie zu lesen, auch wenn vieles handwerklich gut gemacht ist. Ich habe oft das Gefühl, dass deutsche (aber auch britische) YA da origineller ist, das kann aber auch dran liegen, dass man als nicht-amerikanischer Autor mehr abliefern muss, um überhaupt einen Verlagsplatz zu bekommen. Jedenfalls finde ich es schade, dass sehr viel "durchschnittliche" YA aus den USA zu uns kommt. Ein guter Stil reicht einfach auch nicht, wenn der Plot nichts reißen kann.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kerstin am 19. August 2016, 13:18:05
Zitat von: Charlotte am 19. August 2016, 12:50:55
Das wird es in den USA aber ganz genauso geben, wie hier. Der Mann spricht im Interview ja davon, dass durch die Größe und die daraus entstehende Marktgröße der USA sehr viel mehr gutes Material verfügbar ist – im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass es sicherlich auch sehr viel mehr nicht Gutes gibt, denn nicht jeder amerikanische Autor, der sein query-Briefchen an einen Verlag schickt, ist ein guter Autor.
Das stimmt zwar auf der einen Seite, aber ich wage zu behaupten, dass die Prozentzahl an handwerklich zumindest halbwegs tauglichen Manuskripten in den USA z.B. deutlich größer ist. Ganz einfach, weil dort eben in den Menschen verankert ist, dass das Schreiben auch handwerkliche Aspekte hat.
Das sehe ich hier in Deutschland so gar nicht. Wie @Alana hatte ich es im Gegenteil auch schon, dass auf mich herabgesehen wurde, weil ich mich handwerklich eben weiterbilde. Selbst einige meiner Schüler halten mich glaube ich für eine zweitklassige Autorin - nicht wegen meiner Texte, sondern weil ich es "gelernt habe", bzw. immer noch lerne.
Die Widerstände sind da bei großen Teilen der schreibenden Bevölkerung enorm - trotzdem schicken sie es an Agenten, Lektoren ...

Es geht dabei ja auch nicht nur um Schreibkurse. Ich habe selbst nie einen besucht, da ich genau dieses Problem hatte. Keine Kurse in meiner Nähe und der Rest zu teuer. Das war auch einer der Gründe, warum ich inzwischen an der VHS Kreatives Schreiben unterrichte - genau um das zu ändern.
Ich stoße aber z.B. immer wieder auf das Problem, dass es kaum bezahlbare, gute Schreibratgeber auf deutsch gibt - maximal für Anfänger, aber nicht für Fortgeschrittene. Einige meiner Schüler würden gerne mehr lernen, können es aber aus diesem Grund nur eingeschränkt.
Ebenso wie Webseiten über das Schreiben - viele Infos findet man nicht auf deutsch.
In den USA hält dagegen einfach mal ein Stephen King einen Vortrag an einer Uni über das Schreiben oder man kann sich bei Bestseller-Autoren einschreiben ...

Wenn man also bedenkt, dass wir eben kleiner sind und dementsprechend weniger Autoren und dann noch berücksichtigen, dass die durchschnittlicher handwerkliche Qualität zwangsweise schlechter sein muss, wundert es mich nicht, dass es schwierig sein kann, passende Manuskripte zu finden. (Mal abgesehen davon, dass Leser leider immer noch vor deutschen Autoren zurückschrecken - ich habe schon so oft gehört "eigentlich lese ich ja nichts von Deutschen, aber ...").

Versteh mich bitte nicht falsch - ich finde auch, dass die deutsche Phantastik mehr gefördert gehört (oder allgemein Autoren), aber ich bin mir nicht sicher, ob das bei den Verlagen anfangen sollte. In meinen Augen fängt es bereits bei unserem Bildungssystem an - kein Kreatives Schreiben in der Schule, nur E-Literatur im Unterricht ...
Der Tintenzirkel spiegelt in meinen Augen die Realität auch nicht wieder - das Niveau hier ist verdammt hoch.


Zitat von: Charlotte am 19. August 2016, 12:50:55aber deshalb die einheimischen Autoren als weniger lesenswert abzustempeln, weil er schlechte Manuskripte zugesendet bekommt, finde ich einfach schade.
Hat er ja nicht - er sprach von manchmal.
Es war sicher ungeschickt formuliert (wie du ja sagtest, dass es in den USA auch schlechte Skripte ist ja kein Geheimnis), aber ich lese daraus keine grundsätzliche Ablehnung.

Zitat von: Charlotte am 19. August 2016, 12:50:55Ich höre in letzter Zeit immer öfter von amerikanischen Jugendbuchbloggern, dass sie genau das langsam nervt, der immer gleiche Aufbau bei immer weniger spannenden Ideen dahinter und kann das auch ein Stück weit nachempfinden.
Ich weiß nicht, wie repräsentativ das ist. Blogger sind meistens ja Vielleser und eher jung - das man da irgendwann von einem Genre übersättigt ist, wundert mich nicht. Ich lese aus diesem Grund seit ein paar Jahren auch weniger Fantasy und dafür mehr Thriller (und bekomme da von immer demselben Aufbau nicht die Nase voll :P).
Der Durchschnittsleser liest so wenig, dass ihn immer derselbe Aufbau wenig stören dürfte. Ganz im Gegenteil - meistens ist es genau das, was die Leute wollen - einfach eine Variation einer Geschichte, die ihnen richtig gut gefallen hat.
Ich finde, dass man das auch gut daran sieht, dass meiner Meinung nach, gerade die ausgefalleneren Bücher, die Verlage durchaus auch wagen, oft ziemlich floppen. Gerade bei deutschen Autoren waren in den letzten Jahren originelle Stoffe dabei, aber viele sind einfach nicht beim Leser so gut angekommen, wie die Tausendste Wiederholung derselben Geschichten.

Zitat von: Charlotte am 19. August 2016, 12:50:55Ein guter Stil reicht einfach auch nicht, wenn der Plot nichts reißen kann.
Da stimme ich dir zu - umgekehrt geht es aber ja auch nicht. :)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 19. August 2016, 15:03:14
@Charlotte: Da gebe ich dir absolut recht und ich mag das auch nicht. Aber das meinte ich nicht mit Dramaturgie. Unterhaltungsliteratur hat seit Urzeiten einen tieferliegenden Rhythmus, der durch die 7 Plotpunkte wiedergegeben wird. Diese Struktur macht Geschichten spannend, sie liegt dem Menschen im Blut. Diese Struktur ist aber lediglich ein Gerüst, das man verwenden kann, wie man will. Und diese Gerüst beherrschen amerikanische Autoren perfekt, deshalb lesen sich ihre Bücher oft besser und spannender. Die immergleichen Twists und immer gleichen Romances sind das, was auf der Struktur oben drauf liegt, und das kann jeder anders machen. Da fehlt es dann oft bei den amerikanischen Jugendbüchern. Vielleicht wäre es fruchtbar, deutsch-amerikanische Autorenteams zu bilden. ;D

@Kerstin: Ich glaube auch, dass vor allem die deutsche Einstellung zu Kunst das Problem ist. Und die kann man nicht erst ändern, wenn die Leute an die Verlage herantreten.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: canis lupus niger am 19. August 2016, 15:57:03
Zitat von: Kerstin am 19. August 2016, 13:18:05
Zitat von: Charlotte am 19. August 2016, 12:50:55Ich höre in letzter Zeit immer öfter von amerikanischen Jugendbuchbloggern, dass sie genau das langsam nervt, der immer gleiche Aufbau bei immer weniger spannenden Ideen dahinter und kann das auch ein Stück weit nachempfinden.
Ich weiß nicht, wie repräsentativ das ist. Blogger sind meistens ja Vielleser und eher jung - das man da irgendwann von einem Genre übersättigt ist, wundert mich nicht. Ich lese aus diesem Grund seit ein paar Jahren auch weniger Fantasy und dafür mehr Thriller (und bekomme da von immer demselben Aufbau nicht die Nase voll :P).

Meine Wahrnehmung ist das aber auch, dass die Fantasy aus großen Verlagen eine immer einheitlicher werdende Ware ist, dass sie unabhängig von Subgenre der immer gleichen Aufbau hat. Wie beim klassischen Sonntagabend-Heimatfilm von Inga Lindström weiß man nach wenigen Minuten schon, wer wer ist und wie die Geschichte ausgehen wird. Das ist meiner Medinung nach eine Folge des zu sklavischem Befolgens von Schreibregeln und -ratgebern. Ein bisschen weniger professionelle Routine wäre da durchaus erfrischend und aus meiner Sicht als Leserin auch wünschenswert.

Die Aussagen zu den Fähigkeiten deutscher Fantasy-Autoren finde ich ziemlich beleidigend. Wenn sie "nur" missverständlich waren, umso schlimmer, dass sie in diesem Interview zum Programm des neuen Labels genau so getroffen wurden.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 19. August 2016, 16:07:19
Ehrlich gesagt glaube ich absolut nicht, dass das Leute sind, die Schreibratgeber lesen. Denn wer das tut, erwirbt das Handwerkszeug, gute Geschichten zu schreiben, ohne sich an ausgelutschte Plots zu halten. Wer die Grundstrukturen des Erzählens kennt, kann sie abwandeln oder brechen. (An diesen Punkt kann man natürlich auch ohne Ratgeber kommen!) Wer sie nicht kennt, schreibt viel eher immer nach dem gleichen Schema, das er mal irgendwo als Vorlage abgeschaut hat. Und wer sich sklavisch an Schreibratgeber hält, muss sich auch an die wichtigste Regel halten, die in jedem guten Ratgeber steht: dass man sich an nichts sklavisch halten, sondern sein eigenes Ding daraus machen soll.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 19. August 2016, 17:06:28
Ich finde die Diskussion hier gerade sehr interessant. Ich kann nicht beurteilen, inwiefern deutsche Autoren sich im Schnitt handwerklich bilden. Ich habe gerade das Gefühl, dass junge Autoren sich heute recht einfach forbilden können übers Internet und übers Vernetzten. Aber auch viele SPler beschäftigen sich überhaupt nicht damit und die Bücher verkaufen sich bestens. Das entspricht dann aber vielleicht nicht dem Anspruch eines solchen Verlages.
Ich finde eigentlich gar nicht, dass Fantay allgemein immer gelich ist. Ich weiß nicht, was ihr so liest, aber ich lese immer wieder tolle originelle Bücher mit spannenden Wendungen. Bei GoT zum Beispiel wüsste ich nicht, wie es ausgeht. Das ist doch das beste Beispiel für spannend geschrieben mit überraschenden Wendungen. Und das ist ja gerade das, was es so beliebt macht.
Ich habe hier ja immer wieder Bücher deutscher Autoren genannt, die ich interessant finde und die sich auch öfter originell anhören. Ich bin gerade dabei, auch mal mehr davon wirklich zu lesen.
Ich denke, mit "provinziell" meinte er vielleicht, dass sich deutsche Autoren eben mehr an anderen deutschen Autoren orientieren und nicht das Können der amerikanischen haben. Wäre für mich die logischte Erklärung.  :hmmm:
Na ja, ich will das jetzt auch nicht so an dem Interview festmachen. Viele Verleger denken wahrscheinlich ähnlich.
Übrigens hatte ich in letzter Zeit immer wieder Bücher amerikanischer Autoren, erfolgreiche Bücher wohlgemerkt, wo ich mich gefragt habe, ob der Autor jemals ein Schreibseminar besucht hat. Aber bei der einen Serie fand ich das Setting so originell und die Figuren so toll, dass ich es trotzdem gerne gelesen habe. Von einem Siieben-Punkte-Plot war da jedoch keine Spur.  ::)

Aber ich finde es auf jeden Fall auch mal richtig, nicht immer nur auf die Verlage zu schimpfen, sondern mal ehrlich zu sagen, ja vielleicht ist da wirklich was dran, was kann man machen, um handwerklich besser zu werden? Sind wir wirklich so toll, wie wir denken? Das heißt ja nicht, dass man jetzt die Masche von Autor x und y kopieren muss.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: canis lupus niger am 19. August 2016, 19:27:47
Zitat von: Franziska am 19. August 2016, 17:06:28
Ich denke, mit "provinziell" meinte er vielleicht, dass sich deutsche Autoren eben mehr an anderen deutschen Autoren orientieren und nicht das Können der amerikanischen haben.

Gerade eine derartige Verallgemeinerung fände ich aber unkorrekt, denn ich halte das Können amerikanischer Autoren nicht grundsätzlich für größer als das deutscher Autoren. Möglicherweise könnte man sagen, dass es quantitativ mehr fähige amerikanische Autoren gibt, als deutsche, denn die US-Bevölkerung und damit die absolute Anzahl schreibender Personen ist ja auch größer als die deutsche. Aber es gibt ganz sicher zahlreiche fähige deutsche Autoren, die keinen Fuß in die Tür deutscher Verlage oder deutscher Töchter internationaler Verlagskonzerne bekommen, weil sie eben "nur" deutsche Autoren sind. Dieses Vorurteil hindert mMn manches sehr gute Manuskript deutscher Autoren am Erfolg. Jeder Autor, der gut werden will, bemüht sich lebenslang darum, immer noch dazu zu lernen, egal wo. Ob man Kursen im "creative writing" belegt, sich im Internet kundig macht, in Autorenforen austauscht, an Messen oder anderen Veranstaltungen teilnimmt, Ratgeber liest oder einfach viele gute Bücher, - es gibt nicht nur einen guten Weg, sein Können zu vergrößern. 

Natürlich muss man auch gelten lassen, dass jedem sehr guten Manuskript vielleicht 5000 mittelmäßige, unausgereifte bis sogar sehr schlechte gegenüberstehen. Da ist es schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen. Aber ich weigere mich zu glauben, dass das hier anders ist als in den USA. Man muss als Verleger halt hinschauen, was etwas taugt, hier wie dort.

Auch ich habe in den letzten Jahren einige wirklich gute und innovative Fantasy-Romane aus deutscher Feder gelesen, und nicht nur von Autoren mit großen Namen. Und ich habe einige wirklich schlechte Bücher aus amerikanischer und deutscher Feder gelesen, die mit einem immensen Marketingaufwand trotzdem erfolgreich gemacht wurden.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Tintenteufel am 19. August 2016, 20:18:04
@Kerstin
Was meinst du mit nur E-Literatur im Unterricht? Ich habe keine Schreibkurse besucht, aber ein paar Seminare an der Uni mit einem ganz phantastisch engagierten Dozenten - und in Schule und Uni wird immer noch mit Büchern gelehrt.

Der Sache mit den Kurzgeschichten würde ich aber zustimmen.
Das hängt wahrscheinlich auch stark mit der fehlenden Schreibausbildung zusammen. Wenn Anfänger über die Literatur zum schreiben kommen - also sozusagen das Endprodukt "Buch" und nicht über den Prozess, den täglichen Kampf mit der leeren Seite - dann kupfern die natürlich von der Literatur ab, die sie mögen, und versuchen das nachzuempfinden. Und gerade das führt dann zu einer Ablehnung von Kurzgeschichten, weil die in der breiten Masse eben nicht gelesen werden. Sondern hauptsächlich Mehrteiler.
Niemand muss Kurzgeschichten mögen oder gut können - aber an ihnen übt man sehr gut, sehr schnell Dramaturgie, Handlungsaufbau und Spannungsbögen. Man übt, wie man auf fünf Seiten einen spannenden Charakter gestaltet und nicht auf zweihundert.
Und verliert nicht so schnell die Lust, wie an einem lächerlich überzogenen fünfteiligen Epos, das als Erstlingswerk natürlich unbedingt an die Öffentlichkeit muss, wo man aber nach fünfzig Seiten kein Interesse mehr hat, weil die Idee eben doch nicht so genial war wie gedacht.

Zitat@Charlotte: Da gebe ich dir absolut recht und ich mag das auch nicht. Aber das meinte ich nicht mit Dramaturgie. Unterhaltungsliteratur hat seit Urzeiten einen tieferliegenden Rhythmus, der durch die 7 Plotpunkte wiedergegeben wird. Diese Struktur macht Geschichten spannend, sie liegt dem Menschen im Blut. Diese Struktur ist aber lediglich ein Gerüst, das man verwenden kann, wie man will.
Dem widerspreche ich vehement. Es ist doch grade die Modulation des Rhythmus', die eine Kurzgeschichte von einem Roman unterscheidet. Die eine herzhafte Komödie von einer tragikomödie unterscheidet oder einer eierlegenden Wollmilchsau, die alles machen will und nix tut.
Ob ich jetzt eine Romantasy über Bob, der Vampir Alice liebt, oder Charlie, der Werwolf Jack liebt, oder Denis, der Hexe Linda liebt, lese...ist da gleichgültig, wenn alles nach sieben Punkten abgehakt wird. Das ist dann eine Überbetonung von handwerklichem Geschick, die im Extrem (auch wenn du das nicht so meinst, weiß ich auch) genau so fad wird - egal, wie viele Tropes da ausgetauscht werden.
Das unterschiedliche Grundgerüst unterscheidet die.

Und damit möchte ich mal wieder eine Lanze für elitäreres Kunstverständnis brechen.
Klar hat das deutsche System einige Nachteile und ist sicher nicht perfekt. Ganz besonders wenn Verlage eben auf den Absatzmarkt schauen und an die Gewöhnung an angelsächsische Fantasy und dann eben nur noch nach diesen Gesichtspunkten aussuchen. Weswegen ich das Interview mit dem Herrn auch nicht sehr gut finde.
Aber nur auf handwerkliches Geschick zu schauen oder auch nur hauptsächlich, und das dann lehren zu wollen, das bringt meiner Meinung nach vor allem eines hervor: Einheitsliteratur. Die Bücher von Stephen King sind gut geschrieben, klar. Aber bis auf eine knappe Handvoll vielleicht absolut vergessbar, nach dem immer gleichen Schema aufgebaut, mit dem gleichen Rhythmus und oft genug dem gleichen enttäuschenden Ende, sobald das Schema sich wieder erfüllt.
Das ist dann Massenware, keine Kunst.
Es will nicht jeder Kunst machen, schon klar. Aber dann möchte ich mir auch nicht von jemanden, der "eh nur unterhalten" will erzählen lassen, was ich über Kunst zu denken habe.

Ich finde auch, dass es gute deutsche Autoren gibt. Und ich finde die Entwicklung sehr schade, dass so viele Leser und Professionelle der Sache keine Chance geben - mich schließe ich da nicht einmal aus.
Aber man sollte handwerkliche Schulungen auch nicht über glorifizieren. Alle unsere Filmemacher haben Schulungen und Lehrgänge und Studiengänge besucht und der deutsche Film ist mit der langweiligste auf diesem Planeten.
Man braucht mehr davon, keine Frage. Mehr engagierte Dozenten, wie meinen allerliebsten Lieblingsdoktor, für den ich auch sinnlos dreimal den gleichen Kurs mache. Aber Pflicht, wie teilweise in Amerika, sollte es auch nicht sein. Ich fürchte mich vor dem Tag, wo man nirgendwo mehr genommen wird, weil man nicht mindestens einen B.A. mit 2,3 in "creative writing" und ein Praktikum beim "Weltbestseller Dan Brown" gemacht hat.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 19. August 2016, 21:08:54
@Tintenteufel: Ich spreche von Romanen der Unterhaltungsliteratur, nicht E-Literatur und Kurzgeschichten. Die sieben Punkte hat sich niemand ausgedacht und wenn du dir alle wirklich guten Romane der Weltliteratur anschaust, wirst du feststellen, dass du in den meisten diese 7 Plotpunkte findest. Die 7 Plotpunkte sind kein Schema, das abgehakt werden muss. Sie sind die Grundstruktur, die sich bei Analysen uralter Geschichten und Romane als allgegenwärtig herauskristallisiert hat. Die 7 Plotpunkte lassen sich sehr stark abstrahieren und können ganz anders aussehen, als in 0815 Plots. Jedoch findet man sie in den meisten Geschichten, die von vielen Menschen als spannend und gut erzählt wahrgenommen werden. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Tintenteufel am 19. August 2016, 21:43:41
Jede Erwähnung der 7-Plot-Punkte Methode, die ich eben gefunden habe, nennt einen Mann namens Dan Wells als Inspiration oder wenigstens als ersten Aufschreiber dieser Methode, laut einigen Seiten sogar in Anlehnung an den Star Trek RPG Narrators Guide - ein Buch aus dem Jahre 2002.
Die 7-Punkte-Methode ist eine Form von vielen, einen Roman zu strukturieren. Auch vor dem Stark Trek Narrators Guide gab es eine bunte Palette an Schreibratgebern. In vielen dieser Schreibratgebern und in vielen anderen Standardwerken zu Poetik ganz allgemein finden sich andere Rhythmen und Grundstrukturen - wie etwa das Aristotelische 3-Akt-Prinzip, das sich ebenfalls in praktisch jedem Roman der Welt finden lässt. Ausnahmen bestätigen die Regel. ;)
Selbst wenn wir uns auf Romane beschränken und auf Ratgeber, die explizit für diese geschrieben worden sind, findet sich eine Fülle von anderen Vorschlägen und Möglichkeiten, einen solchen zu strukturieren.

Es ist sicherlich nicht falsch, dass man jeden Roman nach der 7-Punkte-Methode lesen kann. Die Frage bleibt, ob diese Methode die eine, einzig wahre ist für Romane oder erfolgreiche Romane - was ich bezweifle. Ich kann jede "uralte Geschichte" auch nach der 3- oder 5-Akt-Struktur lesen, genau so wie auch jede neuere. Genau so, wie sie auch nach völlig anderen Strukturen gelesen werden können - der Heldenreise etwa (17 Punkte btw.) oder der etwas Blockbusterlastigen 9-Akt-Struktur. Mit genau der Berechtigung, mit der ich die 7 Punkte suchen kann.
Die sieben Punkte sind eine Methode von vielen und kein verschüttetes Geheimnis der Antike, das jetzt erst wieder entdeckt worden ist. Erzählungen sind komplexer als eine einzelne Grundstruktur.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kati am 19. August 2016, 22:00:28
Die sieben Punkte sind tatsächlich allgegenwärtig. Ich arbeite seit einem knappen Jahr bewusst damit und nehme sie als Richtlinie, habe aber bemerkt, dass ich auch schon vorher instinktiv all meine Geschichten (keine einzige Ausnahme) an diese Struktur angelehnt habe. Seit ich bewusst damit arbeite, werden meine Spannungsbögen aber tatsächlich besser, die Handlung ist dichter, ich mache prägnantere Plots. Es stimmt auch, was Alana sagt. Das hat sich niemand ausgedacht, es ist eine uralte Struktur, die sich durch Jahrtausende zieht und auf dem alten griechischen Dramenaufbau basiert. Warum wir gerade diese Struktur als besonders spannend empfinden, weiß ich nicht. Aber die meisten Plottechniken, die man lernen kann, basieren auf den sieben Punkten oder beziehen sie sogar ein.

Zitat von: AlanaAber das meinte ich nicht mit Dramaturgie. Unterhaltungsliteratur hat seit Urzeiten einen tieferliegenden Rhythmus, der durch die 7 Plotpunkte wiedergegeben wird. Diese Struktur macht Geschichten spannend, sie liegt dem Menschen im Blut. Diese Struktur ist aber lediglich ein Gerüst, das man verwenden kann, wie man will. Und diese Gerüst beherrschen amerikanische Autoren perfekt, deshalb lesen sich ihre Bücher oft besser und spannender. Die immergleichen Twists und immer gleichen Romances sind das, was auf der Struktur oben drauf liegt, und das kann jeder anders machen. Da fehlt es dann oft bei den amerikanischen Jugendbüchern. Vielleicht wäre es fruchtbar, deutsch-amerikanische Autorenteams zu bilden. ;D

Das hatte ich falsch verstanden, aber ich gebe dir Recht, wie du es jetzt erklärt hast. Wenn ich es richtig sehe, sind die 7 Punkte oder ein darauf aufbauendes Plotsystem auch tatsächlich mit das Erste, das amerikanische Autoren lernen, während sie hier nicht so verbreitet sind. Ich habe ziemlich lang gebraucht, um davon zu hören, aber seit ich es kenne, plotte ich besser, wie oben beschrieben. Also ja, da muss was dran sein, dass amerikanische Autoren diese Struktur viel mehr verinnerlicht haben, weil sie sie einfach mit als erstes lernen, wenn sie anfangen sich mit dem Schreiben zu beschäftigen.

@Kerstin: Danke für die Ausführungen. Ich finde es erstmal total gut und cool, dass du selbst Kurse anbietest. So wie du es jetzt erzählt hast, kann ich mir das auch eher vorstellen. Dass es zwischen amerikanischen und deutschen Autoren so große Unterschiede im Lernprozess gibt, hatte ich bis gestern/heute gar nicht auf dem Schirm, obwohl ich wusste, wie viel amerikanische Autoren auf handwerkliche Weiterbildung legen. Aber wenn man das einbezieht ergibt es schon Sinn, dass es in Deutschland durch die "Schreiben ist Kunst, das muss ich nicht lernen"ö´-Mentalität sicherlich mehr Autoren mit guten Ideen gibt, die aber das Handwerk nicht beherrschen, was schade ist. Danke für's nochmal ausführlicher erklären, jetzt bin ich schlauer!  :knuddel:

Zitat von: TintenteufelDas ist dann Massenware, keine Kunst.
Es will nicht jeder Kunst machen, schon klar. Aber dann möchte ich mir auch nicht von jemanden, der "eh nur unterhalten" will erzählen lassen, was ich über Kunst zu denken habe.

Ich glaube, niemand hier würde abstreiten, dass Literatur auch Kunst ist. Ich verstehe mich als Künstlerin, wenn ich schreibe. Aber ein Künstler, der sein Handwerk nicht beherrscht, dessen Kunst ist nicht halb so gut, wie sie sein könnte. Ich musste auch Malen, was als Kunst schlechthin verstanden wird, schwer lernen. Vor meinen zwei Jahren Kunst-Leistungskurs habe ich auch gern gemalt. Nach den zwei Jahren hatte ich Ahnung von verschiedenen Kunstrichtungen, von Farb- und Formenlehre, von Perspektiven, vom Material. Das ist mein Handwerk, wenn ich male. Wenn ich einen dreieckigen Hut male, dann wirkt das Dreieck auf 99% der Betrachter auf eine bestimmte Weise, auch, wenn es als Hut versteckt ist. Genauso ist es beim Schreiben mit den sieben Punkten auch. Ich kann nicht bestimmen, wie Betrachter mein Dreieck wahrnehmen und ich kann nicht ändern, dass die sieben Punkte bei den Lesern seit Jahrhunderten am besten ankommen aber beides kann ich als Künstler nutzen, um gute Kunst zu machen, die Leuten gefällt oder auf die Weise auf die Leute wirkt, die ich beabsichtigt habe. Handwerk ist wichtig und es gibt bestimmte Formeln, die seit Jahrhunderten wirken. Damit kann man natürlich spielen, aber nur, weil ein Dreieck immer als Dreieck wahrgenommen wird, ist ja auch nicht jedes Bild, in dem dreieckige Formen vorkommen, gleich oder Einheitsbrei. Dasselbe ist es mit Romanen, die die sieben Punkte als Basis verwenden.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 19. August 2016, 23:53:09
@Charlotte: Danke, das hast du gut erklärt und ergänzt.  :knuddel:

@Tintenteufel: Tatsächlich ist es so, dass sich die 7 Punkte und die anderen Strukturen nicht ausschließen. Sie beinhalten sich. Die 7 Punkte markieren ganz bestimmte wichtige Stellen in der Drei-Akt-Struktur. Bevor man die 7 Punkte lernt, lernt man erst die drei Akte und auch in der Heldenreise findet man die 7 Punkte, nur dass es eben noch ein paar zusätzliche gibt.

Zum Thema Kunst: Kunst liegt im Auge des Betrachters. Für mich bedeutet Kunst, mit einem bestimmten Werk genau die Wirkung zu erzielen, die man erreichen wollte. Dafür muss man das Handwerk beherrschen, denn nur dann kann man sich bewusst dafür entscheiden, eine Leinwand einfarbig blau anzumalen, um damit etwas auszusagen. Die Künstler, die solche auf den ersten Blick sinnfreien Kunstwerke erschaffen, beherrschen alle die Grundlagen des Zeichnens etc. bis zur Perfektion. Aber sie brechen die Regeln ganz bewusst, um etwas bestimmtes zu erreichen. Manch einer will vielleicht nur beweisen, dass er jeden Mist teuer verkaufen kann. Andere drücken damit Nihilismus oder Dadaismus aus. Klar kannst du ein Buch ohne die 7 Punkte schreiben. Die Kunst ist aber, damit genau die Wirkung zu erzielen, die du dir vorstellst.

Dass ein Maler aus diesem Grund das Handwerk beherrschen sollte, wird akzeptiert. Dass er das lernen muss, auch. Aber ein Schriftsteller nicht? Da muss es Gott gegeben sein? Das verstehe ich nicht.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Churke am 20. August 2016, 22:24:40
Zitat von: Alana am 19. August 2016, 23:53:09
Die Künstler, die solche auf den ersten Blick sinnfreien Kunstwerke erschaffen, beherrschen alle die Grundlagen des Zeichnens etc. bis zur Perfektion. Aber sie brechen die Regeln ganz bewusst, um etwas bestimmtes zu erreichen.

Das war vielleicht früher mal so. Der Gerhard Richter hat in der DDR noch sozialistischen Realismus gelernt, aber die meisten zeitgenössischen Künstler können NICHT wirklich gegenständlich malen, weil ihnen die Ausbildung fehlt.

Aber ich fürchte, wenn man an die Sache mit dem Obersatz: "Ich will jetzt Kunst machen" herangeht, wird das wahrscheinlich nichts. Du schreibst allerdings sehr richtig, dass man als Künstler einen Effekt im Auge hat. Es geht darum, ergebnisorientiert zu arbeiten. Wenn dabei Kunst herauskommt, ist das eine möglicherweise nicht beabsichtigte Nebenfolge.

Noch ein Wort zu den deutschen Autoren und der Professionalität. Ich lese gerade einen SF-Roman von Mike Resnick. Das Buch ist vollkommen einfalls- und anspruchslos. Ein klischeebeladener Plot aus der Reihe "Freiheit & Abenteuer im Weltraum". ABER: Es ist routiniert heruntergeschrieben, kein Kapitel zu lang, keine Wiederholungen, alle Gags sind genau platziert, Spannungsbogen und Wendungen stimmen.
Für mich ist Resnick sicherlich kein guter Autor (trotz der 5 Hugos) - aber er beherrscht sein Handwerk. Bei deutschen Autoren sieht man das eher selten...



Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Judith am 21. August 2016, 09:40:06
Bei Dan Brown stimmt auch der Spannungsaufbau - aber ich persönlich lese da lieber eine Geschichte, die mit der Erwartungshaltung bricht, ungeahnte Wendungen nimmt und sich mehr auf gut gezeichnete Figuren verlässt als auf das plotterische Handwerk. Oder anders gesagt: Ein klischeehaftes und einfallsloses Buch mag handwerklich gut sein können, aber ich als Leserin empfinde es nicht als gut.

Es wurde hier z.B. auch Rebecca Gable genannt und die ist für mich eins der abschreckendsten Beispiele par excellence. Sie mag gut schreiben können, aber nachdem ich von ihr zwei Bücher gelesen hatte, konnte ich beim dritten praktisch die gesamte Handlung vorhersehen, mir war dazwischen schon klar, wer als nächster sterben würde, in wen sich die Hauptfigur logischerweise noch verlieben müsste, etc. Dazu noch eine extreme gut-böse-Zeichnung, was den Helden und den Gegenspieler betrifft.
Ein ähnliches Problem habe ich mit einigen amerikanischen YA- und Fantasyautoren. Was hilft all das gute Handwerk, wenn eine Geschichte dermaßen vorhersehbar und uninspiriert ist, dass man sich einfach nur langweilt?

Klar, ein handwerkliches Können muss mal als Grundlage da sein. Aber ich sehe es wie Tintenteufel, dass zuviel Konzentration auf reines Handwerk schnell mal fade Massenware hervorbringt.

Abgesehen davon kann ich den Eindruck, dass amerikanische Bücher tendenziell (handwerklich) besser sind als deutsche überhaupt nicht teilen. Ich finde da und dort gleichermaßen Nieten wie Highlights und greife auch immer wieder sehr gern zu deutschen Autorinnen und Autoren.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 21. August 2016, 12:59:40
Judith, ich denke mal, du bist auch wesentlich anspruchsvoller als der durchschnittliche Leser. Rebecca Gable verkauft sich nun mal richtig gut. Ich denke mal, die meisten hier haben den Anspruch etwas zu schreiben, was sich nicht so leicht vorhersehen lässt. Und ich finde, die erfolgreichen Fantasy Autoren von heute schreiben auch nicht so vorhersehbar. GRRM, Patrick Rothfuss, Brandon Sanderson ... schreiben auch eher für etwas anspruchsvollere Leser. Ich glaube, das ist ein großes Missverständnis hier. Dass man das Handwerk beherrscht heißt ja nicht, dass man sich sklavisch an irgendwelche Regeln hält, die das Buch vorhersehbar machen. Im Gegenteil ich finde, wenn man das Handwerk beherrscht ist man gerade in der Lage ein spannendes Buch mit guten Wendungen zu schreiben.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kati am 21. August 2016, 13:46:39
Es ging ja auch nur um das Handwerk als Basis, auf der dann noch mehr aufbauen muss. Nur sein Handwerk zu beherrschen reicht nicht, das hatte ich ja selbst zu der amerikanischen YA, die sich seit langem nichts Neues mehr traut und die mich deshalb nur noch selten interessiert, geschrieben. Aber auch die Bücher, die mich wirklich überzeugen konnten, folgen dem 7-Punkte-Schema. Ich verstehe das als Skelett einer Geschichte und dann muss natürlich der ganze Rest auch noch dran und da fällt die amerikanische YA für mich persönlich oft durch, weil ich auch das Gefühl habe, ich lese immer wieder dieselbe Geschichte, auch, wenn sie gut erzählt ist. Bei deutscher YA (ich kann im Moment nicht wirklich auf deutsche Fantasy im Allgemeinen eingehen, weil ich da nicht so viel lese, aber es gilt auch für deutsche Thriller und Krimis und besonders für historische Romane) stecken oft wunderbare Geschichten und auch ein schöner Stil dahinter, aber was mich oft rausreißt, ist das Pacing, das sich unharmonisch liest und dahinter steckt halt meistens kein bewusster Versuch von der Norm abzuweichen, sondern ein Nichtverständnis von Spannungsbögen, Pacing und dergleichen. 

Ich hoffe, ich kann das hier so offen sagen, aber mir fällt das immer wieder bei Büchern aus dem Impress-Verlag auf. Impress macht teilweise richtig schöne Bücher und ich sage gleich dazu, dass mir noch kein Zirklerbuch aus dem Impressverlag untergekommen ist, bei dem ich das Problem bemerkt hätte (vielleicht, weil wie Kerstin sagte, das Niveau hier tatsächlich höher ist), aber oft haben Impressromane tolle Ideen, die Umsetzung ist dann aber leider nicht überzeugend. Ich habe letztens wieder eines gelesen, das eine tolle Prämisse hatte und toll anfing, wo der Stein dann aber bis zur Hälfte des Romans nicht ins Rollen gebracht wurde. Ich kann das natürlich nicht wissen, doch es las sich tatsächlich, als hätte die Autorin einfach geschrieben, ohne von Struktur, Pacing und dergleichen gehört zu haben und die Geschichte hat deshalb für mich nicht funktioniert. Weshalb ich trotzdem immer wieder an Impress hängen bleibe ist aber, dass sie bisher Ideen abseits von dem, was gerade gut läuft, und Diversity offener gegenüber zu stehen scheinen. Ich mache das jetzt am Beispiel Impress fest, weil ich finde, dass sich das handwerkliche Problem, über das Alana gesprochen hatte, dort oft zeigt. In anderen Verlagen begegnet es mir natürlich auch, aber dort hatte ich es gehäuft bemerkt (vielleicht auch immer einfach die falschen Bücher erwischt).

Zitat von: FranziskaDass man das Handwerk beherrscht heißt ja nicht, dass man sich sklavisch an irgendwelche Regeln hält, die das Buch vorhersehbar machen. Im Gegenteil ich finde, wenn man das Handwerk beherrscht ist man gerade in der Lage ein spannendes Buch mit guten Wendungen zu schreiben.

Ja, so habe ich die Diskussion bisher auch verstanden. Es ist ja nicht verkehrt, bewusst von der Struktur abzuweichen, aber um so etwas bewusst machen zu können, muss man sich mit der Struktur auskennen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Silvia am 21. August 2016, 13:56:02
Was ist denn "Pacing"?
Der Begriff begegnet mir heute zum ersten Mal.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Shedzyala am 21. August 2016, 14:30:59
Grob gesagt beschreibt Pacing das Tempo in einer Szene, und das ist mir bei manchen deutschen Büchern in der Tat etwas zu langsam in der Mitte. Oft habe ich das Gefühl, dass es daran hapert, dass sich die Autoren selbst nicht ganz vertrauen und deshalb jede Reaktion des Protagonisten sofort rechtfertigen, anstelle sie für sich wirken zu lassen, was eben das Tempo rausnimmt. Ausländische Autoren (da spreche ich nicht nur von den amerikanischen) scheinen da selbstbewusster zu schreiben. Andererseits stimmt es schon, was übersetzt auf dem deutschen Markt landet, musste zweimal durch die Qualitätskontrolle eines Verlags anstelle nur einmal.

Die Vorhersehbarkeit vieler Bücher ist aber in der Tat schlimm. Das sehe ich allerdings nicht nur bei amerikanischen Übersetzungen, sondern auch bei vielen deutschen SP-Titeln (natürlich gibt es da auch gleichzeitig echte Perlen zu entdecken!). Teilweise kann man schon dem Klapptext entnehmen, wie die Geschichte verlaufen wird – und das nicht, weil der Klapptext zu viel verrät.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Judith am 22. August 2016, 07:41:35
Zitat von: Franziska am 21. August 2016, 12:59:40
Ich glaube, das ist ein großes Missverständnis hier. Dass man das Handwerk beherrscht heißt ja nicht, dass man sich sklavisch an irgendwelche Regeln hält, die das Buch vorhersehbar machen. Im Gegenteil ich finde, wenn man das Handwerk beherrscht ist man gerade in der Lage ein spannendes Buch mit guten Wendungen zu schreiben.
Es wurde hier allerdings vorher ein paarmal etwas in die Richtung gesagt, dass dieses oder jenes Buch zwar uninspiriert oder einfallslos gewesen wäre, aber handwerklich wenigstens gut geschrieben. Und dass die meisten amerikanische Autoren wenigstens das Handwerk beherrschen würden, auch wenn die Bücher vorhersehbar wären. Das war es im Grunde, worauf ich mich bezogen habe - weil ich einfach nicht weiß, was man von einem handwerklich guten Buch hat, wenn es aber die genannten Schwächen aufweist.

Ich halte Patrick Rothfuss übrigens nicht unbedingt für einen Autor, der sein Handwerk so gut beherrscht.  ;) In punkto Plotaufbau und Tempo stimmt da meiner Meinung nach so einiges nicht - was nichts daran ändert, dass ich seine Bücher sehr gern mag. Für mich wäre er sogar ein sehr gutes Beispiel für einen Autor, der stilistisch sehr gut schreibt, beim Handlungsaufbau aber deutliche Schwächen hat und trotzdem sehr erfolgreich ist.
Bei Brandon Sanderson hatte ich dagegen bislang tatsächlich das Problem, dass ich seine Bücher irgendwie "seelenlos" und zu sehr nach Schema F geschrieben gefunden habe. Aber vielleicht habe ich noch nicht so ganz das richtige Buch erwischt (bisher hatte ich es versucht mit "Elantris", "Kinder des Nebels" und "Alcatraz").
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kerstin am 22. August 2016, 10:52:56
Sorry, ich war von Freitag an unterwegs, deshalb ein sehr langer Beitrag.

Zitat von: canis lupus niger am 19. August 2016, 15:57:03
Meine Wahrnehmung ist das aber auch, dass die Fantasy aus großen Verlagen eine immer einheitlicher werdende Ware ist, dass sie unabhängig von Subgenre der immer gleichen Aufbau hat.
Empfindest du das nur so, oder hast du das auch mal ernsthaft überprüft? Hast du dir die Verlagsvorschauen mal angesehen?
Hier findest du z.B. alle von Randomhouse (https://service.randomhouse.de/randomhouse_vorschauen.jsp) und von der Hobbit Presse  (https://www.klett-cotta.de/downloads).
Wenn du die durchgehst, findest du da wirklich nur Bücher, die einheitlich sind?
Ich so gar nicht ... Ganz im Gegenteil - ich schaffe nichtmal einen Bruchtteil der Bücher zu lesen, die ich spannend finde. Ein Teil davon enttäuscht mich und so viele finde ich überraschend.
Findest du z.B. "Willkommen in Night Vale" wirklich Standardware? Mir persönlich war es deutlich zu abgefahren - und dabei war das auf der Leipziger Messe eines der am stärksten beworbenen Bücher der Phantastik.
Oder Anne Leckie? Maschinen finde ich in so vieler Hinsicht genial und originell.
Die Reihe ist zwar nicht ganz neu - wusstest du bei Steven Erikson wirklich wie seine Bücher verlaufen?

Mal allgemein: Ich finde es bei dieser Diskussion schade, dass nur wieder die üblichen Bestseller genannt werden, um sie auseinanderzunehmen. Klar, wenn man in Buchhandlungen geht, findet man nur die üblichen Verdächtigen. Dafür können aber die Verlage nichts.
Mich bestätigt das nur in meiner Annahme, dass sich kaum noch einer die Mühe macht, sich Verlagsprogramme anzuschauen. Da wundert es mich nicht, dass man das Gefühl bekommt, dass es nur immer wieder dieselben Bücher gibt. Es sorgt aber auch dafür, dass originellere Stoffe auf der Strecke bleiben.

Und weil hier so auf TOR rumgehackt wird - habt ihr euch mal das Programm angesehen? Wollt ihr wirklich behaupten, dass dort keine deutschen Autoren vertreten sind und die Bücher reine Massenware? Hier ist der Link (http://www.fischerverlage.de/service/aktuelle_vorschauen) zu der Vorschau.

Zitat von: canis lupus niger am 19. August 2016, 15:57:03Die Aussagen zu den Fähigkeiten deutscher Fantasy-Autoren finde ich ziemlich beleidigend. Wenn sie "nur" missverständlich waren, umso schlimmer, dass sie in diesem Interview zum Programm des neuen Labels genau so getroffen wurden.
Wenn ich sage "Manchmal treffe ich auch der Autobahn auf verantwortungslose Vollidioten" - wäre das dann auch eine Beleidigung für alle Autofahrer?

Zitat von: Franziska am 19. August 2016, 17:06:28
Aber ich finde es auf jeden Fall auch mal richtig, nicht immer nur auf die Verlage zu schimpfen, sondern mal ehrlich zu sagen, ja vielleicht ist da wirklich was dran, was kann man machen, um handwerklich besser zu werden? Sind wir wirklich so toll, wie wir denken? Das heißt ja nicht, dass man jetzt die Masche von Autor x und y kopieren muss.
Danke! Genau dasfinde ich auch!  :vibes:

Zitat von: Tintenteufel am 19. August 2016, 20:18:04
Was meinst du mit nur E-Literatur im Unterricht? Ich habe keine Schreibkurse besucht, aber ein paar Seminare an der Uni mit einem ganz phantastisch engagierten Dozenten - und in Schule und Uni wird immer noch mit Büchern gelehrt.
Du willst von mir jetzt keine Defintion von E-Literatur in Gegenüberstellung zur U-Literatur, oder?  ;)
Vielleicht sollte ich genauer sagen - E-Literatur und Klassiker.
Es gab in der Schule wohl kaum ein Fach, dass ich so wenig mochte wie Deutsch (und wenn ich mir bei den Töchtern von Bekannten anschaue, was sie lernen und machen, hat sich daran nichts geändert) - und dabei hatte ich sehr gute Noten darin.
Die einzigen Bücher, die wir gelesen haben und besprechen durften, waren die üblichen Klassiker von Goethe, Schiller, Shakespear, Thomas Mann, Gottfried Keller ... Zeitgenössische durften wir uns nur raussuchen (bei den zwei Gelegenheiten, wo wir eigene Bücher aussuchen durften), wenn es ganz klar offiziell als anspruchsvolle Literatur angesehen wurde.
Wenn ich nicht schon seit meiner Kindheit gerne gelesen hätte, wäre meine Begeisterung fürs Lesen mit dem Deutschunterricht sicher abgetötet worden. Bei einigen Freunden war genau das der Fall. Wenn man Kindern schon in der Schule die Freude am Lesen nimmt, braucht man sich nicht wundern, wenn später so wenige lesen oder gar schreiben.
Ich war auch mit einer Freundin für unsere Schülerbibliothek verantwortlich - wir durften pro Schuljahr drei oder vier Neuanschaffungen vorschlagen (und Fantasy haben wir glaube ich nie durchgesetzt bekommen) - die restlichen Bücher wurden vom verantwortlichen Deutschlehrer nach ihrem Anspruch ausgesucht - demenstprechend viel wurden sie dann auch ausgeliehen ...
An Büchern wurde sicherlich gelehrt - Textinterpretationen, wo man das Wissen von irgendwelchen Literaturwissenschaftlern wiederkäuen musste, Gedichtsinterpretationen und Erörterungen.
Gelernt habe ich über das Kreative Schreiben, also wie man selbst Texte verfasst, in der Schule GAR NICHTS.
Ich bin sogar in die Stadtbücherei gegangen, um nach Schreibratgebern zu suchen, aber es gab nichts.

Wenn man in Deutschland mehr gute Autoren und auch mehr Leser haben will, muss sich meiner Meinung nach erst der Deutschunterricht ändern. Kindern muss erst Mal die Begeisterung für das Lesen vermittelt werden, ohne eine Wertung der Bücher vorzunhemen.
Und es gehört meiner Meinung nach auch Kreatives Schreiben auf den Unterrichtsplan. Warum man im Deutschunterricht nicht auch selbst schreibt, erschließt sich mir nicht.

Natürlich gibt es heute mehr Möglichkeiten (dank des Internets), aber das ist erst seit wenigen Jahren so und der größte Teil der Menschen 30+ dürfte nach meiner Erfahrung davon nichts mitbekommen haben.

@Charlotte: Danke!  :knuddel: Ich stimme deinem Beitrag vollkommen zu.
Deinem Beispiel mit Impress und amerikanischer YA kann ich zustimmen. Meine Theorie dazu ist, dass das Zielpublikum einfach noch weniger anspruchsvoll  ist (bevor sich jemand aufregt - bitte erst den Rest lesen, dann wird hoffentlich klarer, was ich meine). Es richtet sich ja vor allem an Teenies und wenn ich mir anschaue, was ich damals mit Begeisterung verschlungen habe ...  ::)
R. A. Salvatore habe ich z.B. heiß und innig geliebt - heute kann es nicht mehr lesen, weil mir das alles zu simple ist.
David Eddings lese ich zwar immer noch gerne, aber meine Güte ist das klischeehaft ...
Die Liste lässt sich endlos fortsetzen. Meine Asprüche waren echt nicht groß :D
In dem Alter hat man zwangsweise noch keine so große Leseerfahrung (und ja, ich war auch Vielleser als Kind und Teenie), ist oft begeisterungsfähiger und unkritischer. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.
Wichtig als Teenie war mir vor allem, dass es ausreichend Lesenachschub gab. Ich konnte nie wieder so viel lesen, wie in dieser Zeit - oft mehrere Bücher pro Woche, 11 000 Seiten in einem dreiwöchigen Urlaub ... Ich habe manche Bücher mehr als zwanzig Mal gelesen ...
Wenn man so viel Zeit und Enthusiasmus beim Lesen hat, verschmerzt man auch eher mal ein mittelmäßiges Buch - hauptsache es ist neuer Lesestoff da.
Heutzutage bin ich kritischer - ich bin schon stolz auf mich, wenn ich 50 Bücher im Jahr schaffe. Da kann ich es mir nicht mehr leisten, meine Zeit mit Büchern zu verschwenden, die mich nicht begeistern.

Deshalb finde ich es auch so schwierig, wenn jemand mit dem "früher war alles besser" anfängt. Mag sein, aber ich vermute eher, dass sich die betreffende Person einfach geändert hat. Gerade als Autor liest man nicht mehr so unbedarft wie als Kind / Teenie, der sich nicht mit dem Schreibhandwerk beschäftigt hat.
Mein bestes Beispiel ist, dass ich vor einer Weile bei einem hochgelobtem, extrem erfolgreichen Thriller den Killer nach ein paar Seiten identifizieren konnte, nur weil die Autorin ihn auf eine bestimmte Weise beschrieben hat (und wohl eher das Gegenteil erreichen wollte). Das passiert einem Durchschnittsleser einfach nicht.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Sascha am 22. August 2016, 12:52:13
@Kerstin: Bei allem, was Du zum Deutschunterricht an der Schule sagst, unterschreibe ich aus tiefstem Herzen. Ist auch exakt meine Erfahrung. Nichts kann einem etwas so vermiesen wie die Schule. Ist übrigens z.B. bei Sport ebenso. Ich bin so froh, daß ich meine beiden Biester rechtzeitig zum Lesen gebracht habe, bevor sie Opfer dieses Systems wurden ... (Und beide schreiben schon eifrig an eigenen Geschichten! :D )
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kati am 23. August 2016, 12:57:33
Zitat von: KerstinFindest du z.B. "Willkommen in Night Vale" wirklich Standardware? Mir persönlich war es deutlich zu abgefahren - und dabei war das auf der Leipziger Messe eines der am stärksten beworbenen Bücher der Phantastik.

"Night Vale" würde ich vielleicht aus dem Vergleich rausnehmen, weil es kein eigenständiger Roman ist, sondern ein "Gimmick" für die Fans des Night-Vale-Radio-Podcasts. Ich liebe das Buch, aber ich liebe auch den Podcast und ich glaube, deshalb bin ich auch die Zielgruppe und Leute, die den Podcast nicht kennen, können mit dem Buch nichts anfangen. Also ja, "Night Vale" ist übelst abgefahren und sicherlich keine Standardfrage, aber wäre es veröffentlicht worden, wenn sich ein Autor damit "einfach so" beworben hätte und es nicht schon den gehypten Podcast gegeben hätte? Glaube ich nicht.

Zitat von: KerstinUnd weil hier so auf TOR rumgehackt wird - habt ihr euch mal das Programm angesehen? Wollt ihr wirklich behaupten, dass dort keine deutschen Autoren vertreten sind und die Bücher reine Massenware? Hier ist der Link zu der Vorschau.

Es ging ja darum, dass die deutschen Autoren bei TOR alle schon etabliert sind und sie keinen neuen Autoren eine Chance geben. Das Programm sieht tatsächlich spannend aus, aber wenn ich dann schon sehe, dass Dietmar Dath als "einziger relevanter SF-Schriftsteller der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur" bezeichnet wird... das klingt ja doch wieder sehr auch nach den Aussagen aus dem interview, die viele so verstanden haben, dass sich deutsche Literatur für den Verlag anscheinend nicht zu lohnen scheint. Massenware ist die Fantasy, auch die deutsche Fantasy, sicherlich nicht, ich finde, sie ist mit das Genre, in dem sich am meisten getraut wird. Aber es bleibt schade, dass auf einige wenige, bereits etablierte Zugpferde gesetzt wird (Meyer, Dath und Frenz). Ein Imprint wie TOR hätte sich glaube ich das "Risiko" leisten können, auch mal einem Debutautoren eine Chance zu geben. Sie hängen ja auf der einen Seite mit Fischer und auf der anderen Seite mit TOR USA zusammen und hätten die Finanzen sicherlich gehabt. Ich werde aber mal abwarten, was die Zukunft bringt. Vielleicht ist das auch ein Schachzug, um das Imprint erstmal bekanntzumachen und dann trauen sie sich mehr. Bei den in Deutschland noch unbekannten US-Autoren und britischen Autoren trauen sie sich aber jetzt schon deutlich mehr, da habe ich bis auf LeGuin und Kay noch keinen einzigen Namen gehört (obwohl zumindest Becky Chambers auf dem amerikanischen Markt bekannt zu sein scheint).

Aber natürlich stimme ich dir mittlerweile zu, was das vernachlässigte Handwerk in Deutschland angeht und, dass nicht nur die Verlage Schuld daran sind, dass es so wenig deutsche Fantasy auf dem Markt gibt. Ich bin mir trotzdem sicher, dass da bestimmt hin und wieder richtig gute Bücher übersehen werden, weil ein großer Teil der eingesendeten Manuskripte nicht überzeugt, und fände es schön, von Verlagsseite aus mehr "Mut" zu deutscher Fantasy zu sehen. Gleichzeitig ist es aber wirklich wichtig, sich klar zu machen, dass wir hierzulande wohl wirklich noch viel zu sehr dem Anspruch hinterherrennen Künstler sein zu wollen, die entweder schreiben können oder nicht und kein Handwerk lernen müssen. Daher verstehe ich die Verlage auch, dass sie so vorsichtig sind. Um dein Beispiel aufzugreifen: Wenn mir auf der Autobahn fünf Idioten entgegenkommen und mir beinahe das Auto kaputt fahren, dann bin ich beim sechsten auch misstrauisch und weiche lieber aus, auch, wenn die Chance besteht, dass der richtig gut fährt.

Mir gefallen deine Posts übrigens immer wieder richtig gut, @Kerstin, ich lese sie gern und sie haben für mich auch einiges zum Thema klarer gemacht.  :jau: Muss man ja auch mal sagen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kerstin am 24. August 2016, 10:10:40
@Charlotte: Das Kompliment kann ich nur zurückgeben.  :vibes:

Zitat von: Charlotte am 23. August 2016, 12:57:33
"Night Vale" würde ich vielleicht aus dem Vergleich rausnehmen, weil es kein eigenständiger Roman ist, sondern ein "Gimmick" für die Fans des Night-Vale-Radio-Podcasts.
Teilweise hast du sicher recht - die Werbung von dem Buch erwähnte den Podcast allerdings nicht (ich habe auch erst nach dem Lesen davon erfahren). Zudem war die Werbung für ein "Gimmick" wirklich extrem. Kein anderes Buch ist mir auf der Messe so oft über den Weg gelaufen. Bedruckte Einkaufstaschen, Flyer, Leseproben, Bücherwände nur mit diesem Buch, Plakate, bedruckte Stände ... Das war schon heftig.
Demenstprechend überrascht war ich, als ich es gelesen habe.
Aber prinzipiell sind wir uns ja einig, was die Vielfalt der Fantasy auf dem Markt angeht. :)

Zitat von: Charlotte am 23. August 2016, 12:57:33
Das Programm sieht tatsächlich spannend aus, aber wenn ich dann schon sehe, dass Dietmar Dath als "einziger relevanter SF-Schriftsteller der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur" bezeichnet wird... das klingt ja doch wieder sehr auch nach den Aussagen aus dem interview, die viele so verstanden haben, dass sich deutsche Literatur für den Verlag anscheinend nicht zu lohnen scheint.
Das ist ein reiner Werbespruch. Die Verlagsvorschauen sind ja in erster Linie dazu da, damit die Verlagsvertreter den Buchhändlern was zeigen können. Die Aussagen darin darf man so ernst nehmen, wie die von der Werbung für Diätpillen, die einem ein gesundes Abnehmen ohne Sport oder Verzicht versprechen. ;)
Du möchtest nicht wissen, was da über mich schon geschrieben wurde.  ;D
Dath kommt ja eher aus der anspruchsvollen Literatur und wird im Gegensatz zu den "normalen" Fantasy- / SciFi-Autoren vom Feuilleton ernst genommen. Das lässt sich perfekt für die Werbung ausschlachten mit einem "einzig relevant". Ich bezweifle aber stark, dass die Mitarbeiter eines reinen Fantasy- / SciFi-Verlags dieser Zweiklassengesellschaft von Autoren zustimmen würden.

Zitat von: Charlotte am 23. August 2016, 12:57:33
Aber es bleibt schade, dass auf einige wenige, bereits etablierte Zugpferde gesetzt wird (Meyer, Dath und Frenz). Ein Imprint wie TOR hätte sich glaube ich das "Risiko" leisten können, auch mal einem Debutautoren eine Chance zu geben.
Als etabliert würde ich Frenz nicht unbedingt bezeichnen - seine letzte Großverlagsveröffentlichung liegt einige Jahre zurück und er ist meines Wissens nach kein Bestseller-Autor. Wenn ich da auf meine eigenen Erfahrungen zurückblicke, ist er damit alles andere als etabliert. Aber er ist natürlich auch kein Debüt-Autor.

Zitat von: Charlotte am 23. August 2016, 12:57:33Sie hängen ja auf der einen Seite mit Fischer und auf der anderen Seite mit TOR USA zusammen und hätten die Finanzen sicherlich gehabt.
Finanziell hängen sie meines Wissens nach nicht mit TOR zusammen.
Tor in den USA und Großbritannien gehören zwar beide zum selben Konzern, agieren aber unabhängig voneinander. In Deutschland bekam S. Fischer den Zuschlag, [...]
Wie ich das Interview verstehe, musste Fischer eher Geld dafür zahlen, dass sie den Namen TOR verwenden dürfen. Sie bekommen ja auch nicht automatisch die Lizenzen, sondern können sich die Titel nur als erstes ansehen. Darauf bieten müssen sie trotzdem normal.
Zum Thema Finanzen: Auf der einen Seite wären sie sicher nicht gleich Pleite gegangen, wenn sie ein Debüt aufgenommen hätten. Auf der anderen Seite darf man aber auch die Verlage nicht überschätzen. Das sind keine gewaltigen Milliarden-Konzerne.
2010 hat der gesamte S. Fischer Verlag (dazu gehören Fischer Taschenbuch, Krüger Verlag, Scherz Verlag, Fischer FJB und Fischer Kinder- und Jugendbuchverlag) 73 Millionen Gesamtumsatz gemacht - dabei kam nur ein Sechstel aus den Büchern (Quelle (http://www.boersenblatt.net/artikel-125_jahre_s._fischer.454256.html)).
Wenn man sich diese Zahlen anschaut, berücksichtigt, dass sie für den Namen TOR etwas zahlen mussten, dann wundert es mich nicht, dass sie erstmal auf größtmögliche Sicherheit konzentriert waren. Sie haben ja auch nur ein kleines Programm - gerade mal 11 Titel.

Und zuletzt muss man sich auch die Anzahl der Mitarbeiter anschauen - sie haben nur einen Vollzeitlektoren. Einen! Gerade am Anfang (das Team ist ja noch nicht eingespielt) dürfte er mit zwei neuen Romanen zum Lektorieren voll ausgelastet gewesen sein. Das ist ja nur das Programm für ein Halbjahr / möglicherweise sogar nur ein Vierteljahr, sollten sie auch Sommer- und Winterprogramme herausbringen.
Das man sich da nicht auch noch einen Debütanten ans Bein bindet, der meistens mehr Arbeit verlangt und über dessen Zuverlässigkeit man auch noch nichts weiß, wundert mich nicht.
Das Buch von Dath ist ja auch nur eine Taschenbuchausgabe von einem bereits erschienenen Buch.

Zitat von: Charlotte am 23. August 2016, 12:57:33Ich werde aber mal abwarten, was die Zukunft bringt. Vielleicht ist das auch ein Schachzug, um das Imprint erstmal bekanntzumachen und dann trauen sie sich mehr.  Bei den in Deutschland noch unbekannten US-Autoren und britischen Autoren trauen sie sich aber jetzt schon deutlich mehr, da habe ich bis auf LeGuin und Kay noch keinen einzigen Namen gehört (obwohl zumindest Becky Chambers auf dem amerikanischen Markt bekannt zu sein scheint).
Ich gehe davon aus. Lizenzen von Büchern, die sich im Ausland bereits gut verkauft haben, sind halt deutlich risikoärmer.
Sollte sich daran in der Zukunft allerdings nichts ändern, wäre ich auch sehr enttäuscht.

Zitat von: Charlotte am 23. August 2016, 12:57:33Ich bin mir trotzdem sicher, dass da bestimmt hin und wieder richtig gute Bücher übersehen werden, weil ein großer Teil der eingesendeten Manuskripte nicht überzeugt, und fände es schön, von Verlagsseite aus mehr "Mut" zu deutscher Fantasy zu sehen.
Da bin ich mir sicher - ist in den USA aber ja auch nicht anders. Es gibt einfach zu viele Bücher für zu wenige Programmplätze. Ändern wird sich das wohl nur, wenn die Menschen wieder mehr lesen.
Ich würde mir allerdings von den Lesern auch deutlich mehr Mut zur deutschen Fantasy wünschen. Es wird zwar langsam besser, aber ich stoße noch so oft auf dieses "uh, deutscher Autor, muss nicht sein" oder "eigentlich lese ich ja keine deutschen Autoren, aber ...".
Das finde ich persönlich sehr schade.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Blackhat am 24. August 2016, 11:29:52
Zitat von: Kerstin am 24. August 2016, 10:10:40
Ich würde mir allerdings von den Lesern auch deutlich mehr Mut zur deutschen Fantasy wünschen. Es wird zwar langsam besser, aber ich stoße noch so oft auf dieses "uh, deutscher Autor, muss nicht sein" oder "eigentlich lese ich ja keine deutschen Autoren, aber ...".

Das kann ich leider nur bestätigen. Einer meiner Freunde, ein echter Fantasy-Vielleser, der auch überwiegend auf die englischen Originale zugreift, hat mir letztens erst gesagt, deutsche Fantasyautoren würde er sich prinzipiell nicht antun. Ich finde diese Einstellung auch zu hart, aber sie zeigt doch, dass diese Meinung nicht nur bei den Verlagen zu finden ist. Umgekehrt ist es vielleicht auch so, dass die Verlage, die natürlich wissen sollten, wie die Fantasy-Leserschaft hier im Land tickt, diese Meinung dann nur zu gerne bedienen. Keine Ahnung, ob das wirklich so ist. Viel spannender ist für mich die Frage, warum offenbar nicht wenige Leser so denken. Dass es sich nur um Vorurteile handelt glaube ich nicht. Allerdings konnte mir mein Freund auch nicht genau sagen, wie er zu diesem Urteil gekommen ist. Seine Begründung war etwas nebulös und trotzdem sollten wir Autoren so etwas nicht einfach wegwischen nach dem Motto: Der oder die haben halt keine Ahnung. Denn bei meinem Bekannten muss ich sagen, er hat Ahnung. 
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Leann am 24. August 2016, 11:37:29
Wenn dein Bekannter deutsche Fantasyautoren prinzipiell nicht liest, frage ich mich allerdings, woher dann seine Meinung kommt, dass die schlecht sind. Ich finde es immer befremdlich und auch sehr schade, dass einige Leser sich selbst so stark einschränken. Schon dieser Ausdruck "prinzipiell" ... Wenn ihm also jemand einen Fantasyroman eines deutschen Autors empfiehlt, sagt er einfach "Nein danke, lese ich aus Prinzip nicht"? Wenn jemand keine deutschen Fantasyromane liest und sich trotzdem anmaßt, sie zu beurteilen, dann kann ich das sehr wohl mit einem "der hat keine Ahnung" wegwischen. Anders, wenn jemand einige Romane gelesen hat, sie ihm nicht gefallen haben und er das auch gut begründen kann. Ich habe auch schon einige Fantasyromane von deutschen Autoren gelesen, die ich überhaupt nicht gut fand (und auch von ausländischen Autoren), aber ich würde trotzdem nicht auf die Idee kommen, daraus zu schließen, dass alle schlecht sind und zukünftig keinen mehr lesen. Da wünsche ich mir wirklich auch mehr Offenheit und Neugier. 
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Blackhat am 24. August 2016, 11:56:00
@Leann

Natürlich hat er Bücher von deutschen Fantasyautoren gelesen und ist danach erst zu seinem Urteil gekommen. Wie gesagt, seine Begründung war jetzt auch nicht sonderlich differenziert, leider, aber irgendetwas hat ihn gestört. Ich kann ja nochmal bei ihm nachhaken.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Drachenfeder am 24. August 2016, 11:57:18
Ach Leann, ich stimme dir da voll und ganz zu, aber so ist es doch immer und überall. Leider.
Ich lese beispielsweise keine Liebesromane und ähnliches. Einfach nicht mein Ding, aber ich würde niemals behaupten, dass diese Bücher schlecht geschrieben sind oder das deutsche Autoren nicht können. Und ich würde ebenso wenig behaupten, dass ich niemals versuchen werde romantische Romane zu lesen. Bin ebenfalls für mehr Offenheit und Neugier, auch natürlich was die deutsche Fantasy-Szene betrifft. Ich persönlich lese sogar lieber deutsche Autoren, denn da kann ich, wenn es mir gefallen hat, wirklich behaupten "der schreibt gut!". Kann ich bei anderssprachigen doch gar nicht genau sagen, wenn ich nicht das Original gelesen habe.

Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: canis lupus niger am 25. August 2016, 21:05:20
Zitat von: Kerstin am 22. August 2016, 10:52:56
Wenn ich sage "Manchmal treffe ich auch der Autobahn auf verantwortungslose Vollidioten" - wäre das dann auch eine Beleidigung für alle Autofahrer?
Ein bisschen hast Du mir schon meine Aussage im Mund verdreht. Im Interview hieß es:
ZitatWir brauchen Autoren die schreiben können. Wir sind weder Schreibwerkstatt noch Schreibschule, sondern müssen Bücher verkaufen. Deutsche Autoren haben in manchen Fällen ein handwerkliches Defizit im Vergleich mit amerikanischen.
Und das heißt für mich: Wir haben kein Interesse, deutschen Autoren das Schreiben beizubringen. Wir wollen Geld verdienen, deshalb setzen wir auf amerikanische Autoren, die das schon können.

Auf Dein Beispiel übertragen: Ich setze mich nicht in das Auto eines deutschen Fahrers, weil da die Gefahr größer ist, an einen verantwortungslosen Vollidioten zu geraten.

Ist auch stark vereinfacht, beschreibt aber, warum ich das Interview als Beleidigung deutscher Autoren empfinde. Aber ich will nicht weiter darauf herumreiten, weil ich mich nicht gerne streite. Es handelte sich ja nur, wie ich versucht habe, deutlich zu machen, um meine persönliche Meinung. Jeder Mensch darf dazu herzlich gerne eine andere haben und meine für völligen Blödsinn halten. 

Zitat von: Kerstin am 22. August 2016, 10:52:56
Die einzigen Bücher, die wir gelesen haben und besprechen durften, waren die üblichen Klassiker von Goethe, Schiller, Shakespear, Thomas Mann, Gottfried Keller ... Zeitgenössische durften wir uns nur raussuchen (bei den zwei Gelegenheiten, wo wir eigene Bücher aussuchen durften), wenn es ganz klar offiziell als anspruchsvolle Literatur angesehen wurde.
Wenn ich nicht schon seit meiner Kindheit gerne gelesen hätte, wäre meine Begeisterung fürs Lesen mit dem Deutschunterricht sicher abgetötet worden. Bei einigen Freunden war genau das der Fall. Wenn man Kindern schon in der Schule die Freude am Lesen nimmt, braucht man sich nicht wundern, wenn später so wenige lesen oder gar schreiben.
Hierzu wollte ich gerne noch ein Annekdötchen erzählen, um zu zeigen, dass sich doch inzwischen ein bisschen ändert.

Vor einiger Zeit durfte ich in unserer heimischen Stadtbibliothek eine Lesung zu meiner "canis lupus niger"-Fantasy-Reihe halten. (In der Bibliothek stehen je zwei Exemplare der beiden Bücher und sie sind zwei Jahre lang fast ununterbrochen ausgeliehen gewesen.)

Die Lehrerin meines alten Gymnasiums, die dort für die Schulbibliothek (in der auch je ein Exemplar meiner Machwerke steht) verantwortlich ist, und bei der ich seinerzeit schon Unterricht hatte, war ebenfalls auf der Lesung. Mann, was war ich ihretwegen nervös!
Sie leitet in der Schule u.a. eine Leseclub-AG, in der die verschiedensten Jugendbücher, u.a. Narnia, Krabat und Lapislazuli gelesen werden, um Kindern den Spaß am Lesen zu vermitteln.

Nach der Lesung gab es noch das übliche Gespräch, und die Lehrerin meinte, im Deutschunterricht käme Fantasy ja wirklich ein bisschen kurz, weil die Kern-curricula dafür kaum Zeit ließen. Darauf hab ich ihr geantwortet: "Stimmt, außer an Goethes "Faust" und Kafkas "Die Verwandlung" kann ich mich an keine Fantasy erinnern, die wir damals gelesen hätten." Sie stutzte erst, aber dann haben wir gemeinsam darüber gelacht. 
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Sascha am 26. August 2016, 10:02:10
Zitat von: canis lupus niger am 25. August 2016, 21:05:20
Nach der Lesung gab es noch das übliche Gespräch, und die Lehrerin meinte, im Deutschunterricht käme Fantasy ja wirklich ein bisschen kurz, weil die Kern-curricula dafür kaum Zeit ließen. Darauf hab ich ihr geantwortet: "Stimmt, außer an Goethes "Faust" und Kafkas "Die Verwandlung" kann ich mich an keine Fantasy erinnern, die wir damals gelesen hätten." Sie stutzte erst, aber dann haben wir gemeinsam darüber gelacht.
Ja, da ist was wahres dran. Es wird gerne vergessen, daß auch solche Klassiker, wenn man es genau nimmt, heute unter den Begriff Fantasy fallen müßten. Den gab's damals nur noch nicht so. Und dann die Nibelungensage, mit Drachen, Zwergen, Zauberei usw., alles Fantasy. Warum die dann gerne rundweg als anspruchsloses Unterhaltungszeug abgetan wird ...
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: FeeamPC am 26. August 2016, 10:21:35
Selbst das hochgepriesene Werk der Antike, die Odysee, ist nichts als reinrassige Fantasy. Zauberinnen, Zyklopen, Sirenen und was noch alles.
Aladdin und die Wunderlampe- Fantasy. Shapespeares Sommernachtstraum - Fantasy. Mozarts Zauberflöte - Fantasy.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Maubel am 26. August 2016, 10:34:15
Ja, das ist wirklich spannend, wie lange es dieses "neue" Genre doch gibt. Von Märchen und Sagen wollen wir gar nicht mal anfangen. Die Leute mochten eben schon immer fantastische Geschichten und das Argument, die glaubten das wirklich, greift auch nicht immer. Manches vielleicht, aber sicher nicht alles. Dass Shakespeare oder Faust kein Realismus sind, war sicher auch den Leuten, die es damals gelesen haben klar.
Aber das sind eben alte Klassiker und lässt sich doch gar nicht mit dieser Unterhaltungsliteratur von heute vergleichen - Vorsicht, Ironie. So würde aber wahrscheinlich argumentiert, schließlich hat Faust da so wichtige Motive etc drin, die man sezieren kann. Was vielen nicht auffällt, ist, dass auch die angebliche Unterhaltungsliteratur oft mit Metaphern, Bildern, Motiven und vielem mehr arbeitet. Für mich ist die Fantasy zumindest nur ein buntes Kleid, dass ich meiner Geschichte angezogen habe, damit sie eben unterhält und nicht dröge und schwer zu verdauen ist.

In dieser Aussage von wegen Klassiker etc versteckt sich übrigens wieder dieser Kunstanspruch der Deutschen. Hoch gefeiert werden hier Romane, die schwere Kost sind und die wahrscheinlich der gewöhnliche Leser Mühe hat sich überhaupt damit zu identifizieren. Hauptsache, es ist schön kritisch (so übrigens auch im Vergleich deutsche Filme/Serien vs englische Filme/Serien). Die Deutschen sind in vieler Hinsicht sehr konservativ und das spiegelt sich eben in solchen Entscheidungen wieder, nur etablierte Autoren zu nehmen. Diejenigen haben sich eben schon bewiesen und etwas Neues hat es immer schwierig.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 26. August 2016, 12:29:29
Das ist alles interessant, führt jetzt aber wirklich sehr weit vom Thema ab.  ;)

Ich denke, man darf das Interview nicht so nehmen, dass alle Verleger so denken. Deshalb habe ich ja auch erwähnt, welche Bücher deutscher Autoren demnächst erscheinen und dass mich viele davon interessieren.


Ich weiß gar nicht mehr, ob ich das schon irgendwo gepostet hatte. Ich hatte mir ja mal angeguckt, wie viel von deutschen Autoren wirklich erscheint. Die Zahlen sind von den letzten 10 Jahren von Amazon. Dass heißt wahrscheinlich nicht ganz genau, da einige Bücher gar nicht mehr verfügbar sind. Aber ich denke doch, schon aussagekräfitg.

Die erste Zahl sind die Gesamtzahl der erschienenen Fantasybücher, die zweite die von deutschen Autoren.

Knaur: 40 /90   von 21 Autoren= 44%
Piper: 177/520 von  26 Autoren= 34 %
Lübbe: 60/350? von 14 Autoren =17 %
Blanvalet: 47/540   von 11 Autoren=  8,7 %
Heyne: 89/660 von 30 Autoren= 13 %
Goldmann:  18 /160 von 3 Autoren= 11 %
Klett-Cotta: 8/130 von 5 Autoren = 6 %
rowohlt: 6/38 von 4 Autoren =15 %
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Kati am 26. August 2016, 13:00:47
Ich würde jetzt auch moderne Fantasy nicht mit Klassikern der Schauer-, Gothic- und Romantikliteratur vergleichen, wenn ich ehrlich bin. Nicht, weil die Klassiker so viel besser und toller sind, sondern, weil man da zwar den Anfang der Fantasy suchen kann, aber die übernatürlichen Elemente komplett anders eingesetzt werden. Mephistopheles ist ja nicht einfach der Teufel, weil Goethe Fantasy über den Teufel schreiben wollte. Diese Symbolik hat moderne Fantasy oft (manchmal natürlich aber schon) nicht mehr, da ist ein Teufel einfach ein Teufel. Darüber sollte man jetzt keine Wertung vornehmen was besser und "wertvoller" ist, aber der Vergleich hinkt meiner Meinung nach. Phantastik um der Phantastik willen gab es damals nämlich auch schon, die liest man aber auch nicht in Schulen, obwohl alt, und zwar wohl aus denselben Gründen, weshalb moderne Fantasy es nicht auf den Lehrplan schafft. Nicht "anspruchsvoll" genug.

Franziska: Cool, sehr spannend! Ich finde besonders interessant, dass Knaur und Piper mit so viel Abstand vorne liegen, was deutsche Autoren betrifft. Hast du dir vielleicht irgendwo vermerkt, ob die deutsche Fantasy über die zehn Jahre ab- oder zugenommen hat?
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 26. August 2016, 13:06:06
Nein, das war mir dann doch zu aufwändig. Ich habe aber das Gefühl, dass es gerade eher zunimmt.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Zit am 26. August 2016, 13:18:17
Waren bei den Autoren Dopplungen dabei, also dass ein Autor in verschiedenen Verlagen veröffentlicht hat? Für zehn Jahre finde ich die Anzahl doch sehr mager, gerade im Kontext wie viele Bücher überhaupt jedes Jahr allein veröffentlicht werden. Das sind 112 Autoren. Das wäre vielleicht der harte Kern des TiZi, unsere tatsächliche Mitgliederanzahl ist ja dreimal so groß. Und dann 90% handverlesen. Da ist es echt utopisch heutzutage in einem Publikumsverlag unter zu kommen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 26. August 2016, 13:23:45
Oh spannend, danke, Franziska. Ja, Knaur veröffentlicht im gesamten Programm viele deutsche Autoren und einige der erfolgreichsten Bestseller- und Midlistautoren bei Knaur sind Deutsche, was ich sehr erfreulich finde.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 26. August 2016, 13:36:36
@Zit: ja, das sind ca. 100 deutsche Autoren. Aber nicht alle davon veröffentlichen immer noch. Es gibt einige, da erschien mal ein Buch oder zwei und dann wars das. Ob sie das Pseudonym gewechselt haben oder ganz aufgehört, weiß ich natürlich nicht. Daher poste ich hier ja auch immer wieder Debutautoren. Ich finde die Anzahl der Debuts eigentlich erstaunlich hoch. Daher würde ich nicht sagen, dass es utopisch ist, bei einem großen Verlag zu landen.
Und da sind ja auch keine Jugendbücher dabei, die werde ich mir irgendwann nochmal extra angucken.
Aber ich finde auch, gerade was ebooks betrifft und High Fantasy, da erscheint nicht so viel von großen Verlagen. Daher können da Kleinverlage und SPler durchaus mithalten. Im Buchladen verkaufen sich insgesamt mehr Bücher, aber was so alles abseits der Großverlage erscheint ist schon recht viel und teilweise ja auch sehr erfolgreich. Ich habe da jetzt ca. 550 Bücher gepinnt:
https://de.pinterest.com/celiajansson/deutsche-fantasy-b%C3%BCcher/ (https://de.pinterest.com/celiajansson/deutsche-fantasy-b%C3%BCcher/)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 08. Mai 2017, 23:47:23
Ich habe mir mal wieder die Neuerscheinungen angesehen. Und da wir hier ja immer wieder diskutieren, die Verlage würden keine deutschen Autoren nehmen und immer nur das gleiche veröffentlichen, ich finde das eigentlich gar nicht.
In diesem Jahr gibt es wieder einige Debuts bei großen Verlagen. Auch einige von in der Kleinverlagsszene bekannten Autoren. Es scheint also schon möglich zu sein, vom kleinen zum großen Verlag zu kommen. Da scheinen Verlage durchaus mitzubekommen, zum Beispiel hat die Autorin, die den Fantasy Indie Autoren Preis gewonnen hat ihr Buch im Print bei Knaur.
Die Bücher: vor allem "klassische" High Fantasy. Auch wieder im Trend: Völkerromane. Aber auch einige Bücher, die mich von der Beschreibung ansprechen. Klassisch, aber interessante Plots oder Figuren laut der Klappentexte. Auch von den eingekauften übersetzten Büchern finde ich es durchaus gut gemischt.
Was ich auch interessant finde: zwei originelle Dystopien als Debuts.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 12. Dezember 2017, 01:52:41
Leider habe ich immer noch keine Seite gefunden, wo alle Bücher aufgelistet werden, wenn mir jemand eine sagen kann, bitte melden. Also wo man die Bücher nach Verlagen, Erscheinungsjahr sortieren kann und nicht TB und HC extra angezeigt werden. Leider funtkioniert die Suche bei Amazon nicht mehr richtig. Dennoch habe ich versucht, mir das nochmal für die letzten Jahre anzugucken, angeregt durch den anderen  (Thread (http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=21959.0).

Dabei bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass in den letzten vier Jahren immer an die 30-50 Bücher von deutschen Autoren bei Großverlagen erscheinen, dabei immer 2-6 Debuts.
Durch den Pseudonymwahn ist das leider nicht immer gut herauszufinden.
Vor zehn Jahren waren die Zahlen nicht groß anders, außer dass es vielleicht in den Jahren der Völkerromane mehr deutsche Autoren gab, dafür habe ich heute insgesamt mehr Fantasybücher gezählt, aber da bin ich mir nicht sicher, weil ich das für damals nicht mehr prüfen kann. (die meisten Bücher dürften jetzt vergriffen sein)

Während ich dieses Jahr tatsächlich nur zwei Debuts finden konnte, sind da für nächstes Jahr schon einige angekündigt.

Dazu kommen dann noch über 100 Bücher von Kleinverlagen, die größtenteils deutsche Autoren verlegen. Diese hohe Anzahl gab es meines Wissens früher nicht. Oder irre ich mich da? Die meisten Verlage von damals gibt es heute nicht mehr, dafür gibt es zahlreiche neue.

Was mich auch noch interessiert hat: von den deutschen Autoren, die dieses Jahr was rausgebracht haben und bei denen ich es herausfinden konnte sind alle bei den Agenturen: AVA, Molden, Scriptzz und Editio Dialog.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 12. Dezember 2017, 01:58:12
Danke für deine Mühe, Franziska. Bei den Agenturen denke ich, dass es sehr schwierig ist, das zu sagen, aber ich weiß auf jeden Fall von Schlück, Langenbuch & Weiß und Meller, dass deren Autoren dieses Jahr Fantasy veröffentlicht haben.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 12. Dezember 2017, 12:22:07
Danke, ja mehr als die Autorennamen und "Agentur" googeln ist mir nicht eingefallen. Da kommt dann leider nicht immer was. Aber es hat mich schon gewundert, dass Schlück nicht dabei war. Wie gesagt, die ganzen Pseudonyme machen es dann zusätzlich schwer.  ;) Da müsste man dann die Autorn direkt fragen, wie es zu der Veröffentlichung kam.

Nächstes Jahr erscheint dann ja auch von unserer Maja das Buch bei Knaur. Also kann man erzählperspektive auch zu den Agenturen hinzufügen.  ;)

Beispiele für Bücher 2018:
Heike Knauber: Najaden. Das Siegel des Meeres, blanvalet (Debut)
Max Heubeck: Alben und Trolle, Bastei (Debut)
Hendrik Lambertus: Zwillingsblut, der Kampf der Zwerge, Lübbe (Debut)
Stefanie Lasthaus: Die Saphirtür, Heyne
Tom Jacuba: Der Sturm, Bastei
Bernd Perplies: Der Weltenfinder, Tor Fischer
Nina McKay: Teenie Voodoo Queen, ivi
Liza Grimm (Jennifer Jäger): Die Götter von Asgard, Knaur (Debut beim Großverlag)
Cornelius Zimmermann: Rocking the forest, Tor Fischer
Sophie Nuglisch: Die Hässlichen, Piper (Debut)
Maja Ilisch: Die Spiegel von Kettlewood Hall, Knaur (Debut beim Großverlag)
Ivo Pala: Schwarzes Blut, Knaur
Sylvie Englert (Katja Brandis): Das dunkle Wort, Knaur
Judith und Christian Voght: Die 13 Gezeichneten, Knaur (Debut beim Großverlag)
Hanna Kuhlmann: Nacht der Diebe, Knaur (Debut)

Da sind viele Bücher dabei, die mich interessieren zu lesen und ich finde auch es sieht danach aus, dass die Verlage neue Autoren und neue Stoffe suchen.  :)

Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Fianna am 12. Dezember 2017, 12:26:12
 Jennifer hat auch ein Debut beim Grossverlag, Impress wird doch sonst im Forum immer sehr von Carlsen unterschieden...

Bei Hendrik Lambertus ist ein c zuviel  :psssst:
Das finde ich toll! Ich kenne ihn überhaupt nicht, aber bisher hat mir jede Kurzgeschichte gefallen, die ich gelesen habe.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 12. Dezember 2017, 12:51:00
Und von mir erscheint natürlich bei Arena Band 2 meiner Fantasy Reihe, von der dieses Jahr der erste Teil erschienen ist. Überhaupt erscheinen bei Arena und den anderen Jugendbuchverlagen sehr viele deutsche Fantasy Autoren. Oder hast du Jugendbuch jetzt ganz bewusst weggelassen?
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 12. Dezember 2017, 15:36:29
Jugendbücher habe ich mir einfach noch nicht angesehen, dazu bin ich noch nicht gekommen.  ;)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Amber am 12. Dezember 2017, 16:42:30
Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast, Franziska, das ist sehr interessant. Ich schreibe da noch was zu, wenn ich wieder mehr Zeit habe, muss gleich weg.

Ich wollte nur sagen, Max Heubeck ist kein Debütant, das ist ein Pseudonym (weiß nicht ob es offen ist).
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 12. Dezember 2017, 16:48:16
Zitat von: Franziska am 12. Dezember 2017, 15:36:29
Jugendbücher habe ich mir einfach noch nicht angesehen, dazu bin ich noch nicht gekommen.  ;)

Ah, okay. Da ich in dem Bereich einige Autoren kenne, kann ich dazu gern was beisteuern, aber erst nächste Woche, nach der Deadline.  ;D
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 11. April 2018, 14:56:15
Weil es mir gerade wieder aufgefallen ist: Es gibt einige sehr erfolgreiche Selfpublisher, die harte SF schreiben. International ist das beste Beispiel wohl Andy Weir aber auch hier gibt es so drei vier, die damit richtig erfolgreich sind. Da ich gerade in einer Facebookgruppe von mittleren fünfstelligen Beträgen pro Buch gelesen habe, von jemanden, der noch nicht mal zu den erfolgreichsten zählt, hat mich das etwas gewundert. Es heißt doch immer große Verlage nehmen kaum SF, es sei denn Dystopien, aber ich meine wirklich Space Opera, etc. Fand ich einfach mal interessant zu bemerken.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Silvia am 07. Mai 2018, 09:49:36
Dieses Jahr gibt's bisher noch gar keinen "richtigen Trend" in der Fantasy, oder?  :hmmm:
Bis auf Romantasy, den Dauerbrenner ...
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 07. Mai 2018, 10:28:12
Im fantastischen Jugendbuch sind dieses Jahr Paläste in. Alles, was mit höfischem Leben, Intrigen etc. zu tun hat.

@Franziska: Andy Weir ist für mich Soft SF. Zumindest Der Marsianer ist keine typische SF, sondern sehr massentauglich und leicht zugänglich. Das meine ich im besten Sinne, denn ich habe mit harter SF immer große Probleme, obwohl ich SF liebe. Ich fand den Marsianer genial und hätte gern mehr davon. Ich denke, der Erfolg rührt auch daher, dass es eben erzähltechnisch und vom Worldbuilding her keine typische SF ist. Gleiches gilt übrigens für Ready Player One. Keine SF, sondern eigentliche All Age Belletristik mit SF Worldbuilding.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Katja am 07. Mai 2018, 12:05:00
Ist es nicht so, dass der Trend im Grunde schon wieder vorbei ist, wenn man ihn erkennt? Wobei sich das mit den Royals jetzt schon eine Weile hält. Die Frage ist halt, wie lange noch? Es gibt ja Autoren, die Trendbezogen schreiben - die können davon profitieren. Für alle anderen heißt es wohl, hoffen, dass das eigene Thema zufällig in den Trend passt oder einen eigenen Trend auslösen. :) :)   
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Silvia am 07. Mai 2018, 15:31:30
Paläste und Palastintrigen?  :o Vermutlich wieder mit Prinzen- oder Prinzessinnenauswahl?
ojeoje  ;D Damit kann ich ja so gar nix anfangen, weder lesend noch schreibend.
Gebt mir eine ordentliche mittelalterliche Burg!
Ok, ich lese wohl gerade zu viel Spielmannsgeschichten am Stück.  :buch:
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Linda am 13. Mai 2018, 01:34:05
Zitat von: Silvia am 07. Mai 2018, 15:31:30
Ok, ich lese wohl gerade zu viel Spielmannsgeschichten am Stück.  :buch:

Da hast du doch dein Thema: (schnörkelschnörkel:) Der Klingende Palast - Höfische Auswahl der Lauten und Lautesten :-) (oder ESC goes Fantasy)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Angela am 13. Mai 2018, 08:22:05
Matthias Matting hat auf der PAN erklärt, dass mit SF, die sich eher an physikalischen Gesetzte hält, also wissenschaftlich fundiert ist, durchaus recht gut Geld zu verdienen sei, gerade auch im SP. Käufergruppe sind eher Männer ab 45, und diese kaufen eher, als dass sie ausleihen. Er zählt Andy Weir in die Kategorie, kommt für mich auch hin, wobei ich nur den Film kenne, aber alles könnte so passieren.
Schwerkraft im All darf dann natürlich nicht vorkommen. The Expanse wäre im Film ein Beispiel für mich.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Zit am 13. Mai 2018, 16:08:14
Oh, das klingt ja mal sehr gut, Angela. Hoffentlich hält sich das noch ein paar Jährchen. :jau: Wobei ich "realistische" SF für eine allgemeine Entwicklung halte. Die Leute hören auf, in Seifenblasen zu denken – der Hype um die ersten Schritte im All sind ja längst vorbei, Astronaut ist ein etablierter Beruf – und suchen nach konkreten Lösungen für konkrete Probleme. Oder sie warnen vor Problemen, die in Zukunft konkret werden könnten, wenn wir so weiter machen, was uns wieder zum kurzen Aufflammen von Cyberpunk und Dystopie bringt. (Zumindest im Kino. Bei Büchern ist es immer noch Nische, glaube ich.)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Aphelion am 16. Mai 2018, 20:46:38
Zitat von: Angela am 13. Mai 2018, 08:22:05
Schwerkraft im All darf dann natürlich nicht vorkommen.
:psssst: https://www.wired.com/story/yes-there-is-gravity-in-space/

Ich weiß, was du meinst, aber gerade bei dem Satz musst du in der Sci-Fi echt aufpassen. :D
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Sturmbluth am 16. Mai 2018, 21:16:16
Zitat von: Aphelion am 16. Mai 2018, 20:46:38
Ich weiß, was du meinst, aber gerade bei dem Satz musst du in der Sci-Fi echt aufpassen. :D

Machen wir uns nichts vor. Das, was die meisten als Science Fiction kennen, ist tatsächlich ja nichts anderes als ,,Fantasy im Weltraum". Echte Science Fiction hat eben einen hohen Anteil an Science drin. Und dazu noch etwas Gesellschaftskritik im Bezug auf diese Science.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Silvia am 16. Mai 2018, 21:30:57
Ich kenn da noch die "guten alten" utopischen Ost-Werke ... Oh ja, manche hatten da auch viel Wissenschaftskram drin. Aber das waren tatsächlich noch positive Utopien, trotz oder gerade wegen der Ideologie, die darin oft enthalten war. Das Positive vermisse ich seitdem etwas ... das könnte meinethalben gern mal wieder ein Trend werden. Nicht immer so viele Dystopien.  :hmmm:
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Sturmbluth am 17. Mai 2018, 09:53:40
Zitat von: Silvia am 16. Mai 2018, 21:30:57
Ich kenn da noch die "guten alten" utopischen Ost-Werke ... Oh ja, manche hatten da auch viel Wissenschaftskram drin. Aber das waren tatsächlich noch positive Utopien, trotz oder gerade wegen der Ideologie, die darin oft enthalten war. Das Positive vermisse ich seitdem etwas ... das könnte meinethalben gern mal wieder ein Trend werden. Nicht immer so viele Dystopien.  :hmmm:
Ja, das stimmt. Irgendwie wird immer eine Dystopie daraus, wenn man heutige wissenschaftsorientierte SciFi-Werke liest. Dabei könnte man durchaus eine Zukunftsvision entwickeln, in der die Technologie Positives bewirkt hat und es trotzdem einen interessanten Konflikt gibt, der die Geschichte lesenswert macht.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Churke am 17. Mai 2018, 10:29:52
Ein SF-Autor hat das mal so erklärt:
Bei einer idealen Zukunft ist die Gegenwart nicht mehr lebenswert.
Bei einer apokalpytischen Zukunft möchte man die Gegenwart nicht mehr verlassen.

Man braucht eine Mischung aus Sorge und Hoffnung.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Zit am 18. Mai 2018, 20:16:34
Weil mich das Thema in letzter Zeit im Kopf verfolgt: Wie steht es eigentlich um nicht-weiße Menschen auf Buchcovern? Je nach Genre sehe ich eher Bücher ohne Menschen (Thriller/ Krimi) oder nur mit halben Menschen (Erotik) oder Papierschnittsilhouetten (Romance) – und wenn dann doch mal ein Mensch drauf ist, ist der weiß. Warum? Gibt es da keine Bemühungen oder verkaufen sich Bücher mit nicht-weißen Menschen auf dem Cover schlechter?
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Araluen am 18. Mai 2018, 20:50:00
Die Frage ist da wohl auch oder eher, wie viele nicht-weiße Protagonisten gibt es? Modellcover stellen doch meist den Protagonisten dar. Man klatscht ja nicht irgendwen aufs Cover (hoffe ich zumindest. Ich mag diese Modellcover ohnehin nicht).
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Zit am 19. Mai 2018, 19:18:08
Ja, stimmt, das wäre die nächste Frage gewesen. Allerdings hatte ich angenommen, dass es nicht-weiße Figuren gibt, habe ich mich da geirrt?
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Steffi am 19. Mai 2018, 20:05:52
Zitat von: Araluen am 18. Mai 2018, 20:50:00
Die Frage ist da wohl auch oder eher, wie viele nicht-weiße Protagonisten gibt es? Modellcover stellen doch meist den Protagonisten dar. Man klatscht ja nicht irgendwen aufs Cover (hoffe ich zumindest.

Beim PAN-Treffen wurde beim Diversity-Panel genau so ein Fall vorgestellt: Die Protagonistin des Buches ist eine PoC, das Cover ziert eine weiße Frau.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Araluen am 19. Mai 2018, 20:31:31
Zitat von: Zitkalasa am 19. Mai 2018, 19:18:08
Ja, stimmt, das wäre die nächste Frage gewesen. Allerdings hatte ich angenommen, dass es nicht-weiße Figuren gibt, habe ich mich da geirrt?
Da kann ich jetzt keine statistische Auskunft geben. Mir kommt das beim Lesen aber selten bis gar nicht unter.

Zitat von: Steffi am 19. Mai 2018, 20:05:52
Beim PAN-Treffen wurde beim Diversity-Panel genau so ein Fall vorgestellt: Die Protagonistin des Buches ist eine PoC, das Cover ziert eine weiße Frau.
Das ist natürlich total  Banane. Da macht ein Modell-Cover in meinen Augen ja noch weniger Sinn und bestätigt wohl den Verdacht, dass nicht-weiße Cover-Modells aus Marketinggründen gemieden werden - schade.
Was genau bedeutet PoC?
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Steffi am 19. Mai 2018, 20:47:00
PoC = Person of Colour, was alle Nicht-Weißen Ethnien mit einschließt.

Die Vermutung beim Panel war, dass das mit dem Cover nicht mal böse Absicht war, sondern dass dem Coverkünstler die entsprechenden Infos einfach nicht vorlagen, und dass dann bei der Endabnahme einfach nicht drüber nachgedacht oder schlichtweg gepennt wurde, weil "weiß" eben Protagonisten-Standard ist in der Literatur. Aber genau da liegt eben das Problem.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Araluen am 19. Mai 2018, 22:34:09
Danke fürs Ausschreiben :)
Da hätten die dann aber ordentlich gepennt. Aber gut, auch sowas kommt vor. Schade ist es trotzdem.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Linda am 20. Mai 2018, 00:21:23
Weil's grade so schön passt.

hier mal ein amerikanisches Gegenbeispiel, das mir letztes Jahr unterkam:
https://www.amazon.de/Song-Blood-Stone-Earthsinger-Chronicles-ebook/dp/B076BBH93C/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1526768115&sr=8-1&keywords=L.+Penelope

Wobei die verschiedenen Hautfarben/Völker im Werk auch als durchaus problematisch thematisiert werden.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: FeeamPC am 20. Mai 2018, 13:43:23
Wunderschönes cover. Merkwürdigerweise ist bei diesem Buch die Kindle-Version teurer als das Hardcover. Aber das ist weit ab vom Thema.
Bei meinen nicht-weißen Protagonenten helfe ich mir damit, dass ich Cover nehme, auf denen die Hautfarbe überhaupt nicht zu erklennen ist. Dann kann sich jeder Leser selbst ein Bild machen.
Und was die Science Fiction angeht, da war das letzte, was ich gelesen habe, eine amerikanische Serie. Ich denke, hierzulande ist das Schwergewicht Perry Rhodan so marktbeherrschend, dass man kaum gute Science Fiction daneben wahrnehmen kann.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Silvia am 08. Oktober 2018, 13:38:28
Da ich mich als Leserin derzeit fast nur noch im Selfpublisher-Bereich herumtreibe - gibt es denn was Neues im Verlagsbereich Phantastik? Oder laufen da immer noch die gleichen alten Trends?
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 08. Oktober 2018, 15:19:33
Alte Trends? Ich sehe im Moment auf dem englischen Markt immer noch das Thema Diversität im Trend. Ds wird auch viel übersetzt.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Maria am 24. Dezember 2018, 07:26:55
Ich frage mich ob sich die deutschen Übersetzungen der Starken-Frauen-Bücher bei uns so verkauft haben wie in den USA . Ich meine damit die gepriesenen Werke wie ,,Dumplinˋ" , ,,Vox" oder ,,Die Gabe" oder auch die afrikanische Fantasy ,,Children of Blood and Bone" . Da bei uns weiße Schönheiten auf dem Cover die Norm sind und ich den Eindruck habe, dass bei deutschsprachigen Leserinnen ,,naiv, rosabrillenverliebt und devot" bei Heldinnen eher akzeptiert wird als ,,wehrhaft, unabhängig  und geradeheraus" wäre ich sehr neugierig zu erfahren, ob die Diversität und das #metoo Movement überhaupt bei den Buchkäuferinnen angekommen ist.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Trippelschritt am 24. Dezember 2018, 09:47:53
Das ist schwer zu beantworten bei der großen Masse von Büchern und Leserinnen unterschiedlichen Alters. Nach meinem Eindruck hatte "Me Too" so gut wie keinen Einfluss auf die Auswahl von Lesestoff und wird in ganz anderen Zusammenhängen diskutiert. Und was "die Gabe" angeht, - immer vorausgesetzt, es ist der Roman von Ursula LeGuin gemeint (Gifts 2004) - ist der ja lange vor "Me Too" erschienen.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Amanita am 24. Dezember 2018, 10:37:33
ZitatDa bei uns weiße Schönheiten auf dem Cover die Norm sind und ich den Eindruck habe, dass bei deutschsprachigen Leserinnen ,,naiv, rosabrillenverliebt und devot" bei Heldinnen eher akzeptiert wird
In den amerikanischen Diskussionen wird aber auch immer wieder behauptet, dass dies so sei. Ich denke, dass die Kundeninteressen da sehr unterschiedlich sind, könnte mir aber vorstellen, dass es für "sehr mit realen Problemen belastete" Bücher allgemein schwerer ist im Fantasybereich einen großen Markt zu finden. Diesen Eindruck habe ich gerade bei den afrikanischen Fantasygeschichten, die mir bisher begegnet sind doch öfter. Für Leser, die der Flut von schlechten Nachrichten aus allen Medien in Fantasywelten mit fantastischen Problemen und klaren Grenzen zwischen Gut und Böse entfliehen möchten, ist das meistens eher nicht das richtige.
Aber auf jeden Fall danke für den Tipp, die "Children of Blood and Bone" landen bei mir auf jeden Fall auf der Liste von Büchern, die ich mir mit weihnachtlichen Geschenken oder Buchgutscheinen zulegen will.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: zDatze am 24. Dezember 2018, 17:32:43
Es ist "Die Gabe" von Naomi Alderman (https://www.randomhouse.de/Paperback/Die-Gabe/Naomi-Alderman/Heyne/e529101.rhd) gemeint. Ich hab es in den Buchhandlungen gesehen, aber teilweise war es unter Romanen einsortiert und nicht im Fantasyregal. Ob es damit die Zielgruppe getroffen hat, weiß ich nicht. Ich hab es jedenfalls auf Englisch gelesen und es hat mich sehr zwigespalten zurück gelassen.

Starke Frauenfiguren sind sicherlich einer der Trends. Generell "Bad Boy/Girl" würde ich auch dazu zählen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 25. Dezember 2018, 12:03:14
@Maria wie die Verkäufe genau aussehen, weiß ich nicht. Aber dass hier eher weiße devote Frauenfiguren gefragt sind, seh ich nicht. Bücher wie Throne of Glass ist doch auch mega beliebt.
Children of Blood... hab ich jedenfalls überall auf Instagram gesehen. Ich glaube, gerade Leute und Buchblogger, die viel lesen, mögen auch gerne mal etwas anderes. Aber diese Bücher kommen hier auch nur an, weil sie in den USA schon viel diskutiert wurden. 
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Lukas am 26. Dezember 2018, 00:14:04
Zitat von: Franziska am 25. Dezember 2018, 12:03:14
@Maria Bücher wie Throne of Glass ist doch auch mega beliebt.

Diese Serie ist aber eine der problematischsten überhaupt. Vor allem in Sachen Diversität.
Bei SJM sind ja alle Charaktere weiß, hetero und auf jeden Fall super super heiß und als starken Charakter empfinde - zumindest ich - die Protagonisten hier nicht.

Vllt. aber nur meine Meinung.
Children of Blood and Bone habe ich noch nicht gelesen aber bis auf Instalove auch viel Gutes gehört, eben auch über die Diversität udn starke Frauenrolle.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Angela am 26. Dezember 2018, 09:57:13
Ich lese gerade den zweiten(edit:stimmt nicht, dritten) Band der Throne of Glass Reihe. Hier werden halt die mit Magie gejagt und getötet, also doch wieder die mit der falschen Abstammung. Das mit dem superduper toll aussehen ist mir auch gewaltig auf den Keks gegangen, finde ich eher schwächend. Erst wollte ich deshalb nicht weiterlesen. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass die sexuelle Orientierung da irgendwie in Stein gemeißelt ist, oder Hautfarbe überhaupt gewertet wird, davon abgesehen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 26. Dezember 2018, 18:04:05
Das Beispiel war auch eher auf die devote Frauenfigur bezogen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Maria am 25. Januar 2019, 08:32:07
Derzeit groß in aller Munde ist wieder ein Einkauf aus den USA, nämlich das Buch "The Belles".

Hier ist im Original ein girl of colour auf dem Cover, Gesicht gut zu erkennen, sieht aus wie ein Foto:
https://www.lovelybooks.de/autor/Dhonielle-Clayton/The-Belles-1564973895-w/

Was hat der deutsche Verlag draus gemacht?
https://www.lovelybooks.de/autor/Dhonielle-Clayton/The-Belles-Sch%C3%B6nheit-regiert-1759914130-w/
Die Figur ist von hinten, so dunkel, dass es auch ein Schattenriss sein könnte und die typischen Haare brav hochgebunden, gerade mal das absolute Minimum an Hinweis, dass die Hauptfigur ein girl of colour ist.

(Achtung, hier kommen Spoiler):

Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.


Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Alana am 25. Januar 2019, 14:26:44
Also das finde ich jetzt nicht schlimm. Man sieht doch ganz eindeutig, dass sie eine PoC ist und ihre Haut ist sogar dunkler, als die des Mädchens auf dem Originalcover, was ich sehr positiv finde. Als Schattenriss kann man das in meinen Augen selbst mit viel Mutwillen nicht sehen. Dass man ihr Gesicht nicht sieht, spielt da für mich auch keine Rolle. Durch das helle Kleid finde ich sogar, dass die Tatsache, dass sie PoC ist, auf dem deutschen Cover sehr stark raussticht. Aber nicht auf negative Art. Ich finde das Cover sehr ansprechend und würde auf jeden Fall danach greifen. Aber ich habe das Buch eh schon auf meiner Liste. Daher habe ich den Spoiler auch nicht gelesen. Wäre gut, wenn du den in Spoiler Tags setzen würdest, dann könnte ich den Rest deines Beitrags lesen. :)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 30. Oktober 2019, 00:04:32
Ich habe mir mal inspiriert durch @zDatze s Goodreads-Liste (https://www.goodreads.com/list/show/133529.German_Deutschsprachige_Neuerscheinungen_Fantasy_2019) (Ich war so frei, die zu ergänzen) mal die Neuerscheinungen dieses Jahr von deutschssprachigen Autoren anzusehen.

Was mir dabei aufgefallen ist, dass einige Autoren, die sich vor Jahren in der Szene etabliert haben, jetzt vor allem Krimis oder Historisches schreiben. Oder sie machen gleichzeitig SP. Das ist an sich natürlich nicht neu, aber zeigt auch wieder, wie schwer es sein muss, sich am Markt zu halten. Das schaffen wohl wirklich nur Autoren, die jedes Jahr mindestens 1 Buch veröffentlichen. Ob die Autoren jetzt keinen Verlag mehr gefunden haben, ihnen nichts mehr eingefallen ist, oder sie alle munter die Pseudonyme wechseln, weiß ich natürlich nicht. Auch wie viele Autoren nur ein oder zwei Bücher veröffentlicht haben, finde ich krass. Da weiß man natürlich auch nicht immer, ob ein Pseudonym dahinter steckt.  :hmmm:

Dieses Jahr gabs irgendwie vor allem High Fantasy von etablierten und neuen Autoren. Und dazu sehr viel YA-Romance-Fantasy. Auf Instagram werden dann immer dieselben 3 Bücher gehyped. Dagegen gab es auch einige übersetzte Urban Fantasy, daher weiß ich nicht, ob da deutsche Autoren keine Lust drauf hatten oder die Verlage es nur nehmen, wenn es im Original erfolgreich war, das ist bei dem Genre ja auch öfter so.

Außerdem interessant fand ich, dass ich bei großen Verlagen jetzt 2/3 weibliche Autorinnen gezählt habe (darunter auch viel HF)

Es gibt natürlich noch viel mehr als diese knapp 50, aber alle SP-Bücher und Drachenmond zu suchen wird dann etwas viel.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Yvonne am 30. Oktober 2019, 20:15:59
Die Liste habe ich ich mir gleich abgespeichert, das ist ja eine super Zusammenstellung  :jau:

Mir ist aufgefallen, wie sehr sich New Adult entwickelt hat, gefühlt ist das mehr geworden und auch Autoren*innen, die ich als Fantasy Autoren*innen kennengelernt habe, bringen nächstes Jahr New Adult Reihen raus. Und wenn ich z.B. in letzter Zeit Fantasy Romane sehe, dann ist das überwiegend Romance-Fantasy. Ist natürlich nur mein persönlicher Eindruck.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 30. Oktober 2019, 20:32:34
Ja, ich denke, allein von Fantasy zu leben, ist nicht so leicht. Was man so mitbekommt, kann man ja auch bei großen Verlagen fro sein, wenn man einen größeren Vierstelligen Betrag erhält. Wenn man dann nur 3-4 tausend bekommt, reicht das natürlich nicht. Und New Adult verkauft sich gerade gut, besonders bei Autoren, die das Glück haben, vom Verlag gepusht zu werden und sich gut selbst vermarkten können.

Aber einige YA-Fantasy-Bücher scheinen auch ziemlich gut zu laufen. Ich krieg das vor allem bei Instagram mit, dass es dabei kaum noch um den Inhalt geht, und vielmehr um das Cover. Andererseits wurde auch "Der Name des Windes" wieder rausgekramt, obwohl das Buch ja schon älter ist und das hat ein schönes Cover und ist gut.

Hier ist auchnochmal mein Pinterest-Board. Das ist nur nicht nach Jahr sortiert.
https://www.pinterest.de/celiajansson/deutsche-fantasy-bücher/ (https://www.pinterest.de/celiajansson/deutsche-fantasy-b%C3%BCcher/)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Grey am 30. Oktober 2019, 23:41:35
Ich habe auf der Messe ein ganz interessantes Gespräch mit einer Schlück-Agentin gehabt, die erzählte, sie hätten ja immer ihre Listen auf den Lektorats-Terminen dabei, da stünden vorn die Lizenzen und danach die deutschen Autor*innen drauf, weil sich die Verlage jahrelang vornehmlich für die US-Titel interessiert haben. Seit zwei oder drei Jahren beobachten sie aber, dass viele Lektor*innen die Lizenzen erstmal überblättern und direkt nach den deutschen Originaltiteln fragen. Das finde ich eine spannende und schöne Entwicklung.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 31. Oktober 2019, 00:55:33
Das ist ja interessant. Ich sag ja auch immer, wenn man wirklich mal guckt, gibt es eigentlich recht viele Bücher deutscher Autoren. Klar sind auch im YA Bereich die Bücher von englischsprachigen Bestaeller-Autoren wie Leigh Bardugo, Sarah J. Maas etc. mega beliebt, aber auch deutsche Autoren wie Laura Kneidl, Ava Reed etc. oder auch mal Debutautoren. Da merken die Verlage wohl auch, dass es da eine Leserbindung gibt, die mit deutschen Autoren einfacher herzustellen ist, so dass es nicht mehr so eon Marketing Nachteil ist, das wäre so meine Vermutung. Andererseits merken sie vielleicht auch, dass auch deutsche Autoren tolle Bücher schreiben.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: MonstersMagic am 31. Oktober 2019, 13:41:05
Meine Info ist auch, dass sie aktuell lieber deutsche Autoren bevorzugen (wenn sie ein gesuchtes Genre bedienen), um sich die Übersetzungskosten zu sparen. Das könnte natürlich auch ein Faktor sein.  :)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Trippelschritt am 31. Oktober 2019, 15:46:01
Das ist bestimmt ein Faktor. Die Verlage haben über eine recht lange Zeit auf Lizenzen von erst Bestsellern, dann auch gut verkaufbaren Büchern gesetzt und die dann übersetzen lassen. Aber die Nachfrage hat die Preise hoch getrieben. Zwar sind Lizenzen guter Bücher immer noch sicher, aber sie lohnen sich nicht mehr, weil sie zu teuer sind. Das hat mir jemand mal erklärt, von dem ich annehme, dass er vom Markt Ahnung hat.

Trippelschritt
(Richtigkeit dieser Info ohne Gewehr)  :vibes:
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Amber am 31. Oktober 2019, 19:00:08
Die Übersetzerhonorare sind definitiv nicht hochgegangen. Aber es wird aufgrund der sich verändernden Marktstrukturen immer schwieriger von einzelnen Titeln ohne massive Werbung große Stückzahlen zu verkaufen. Deshalb lohnen sich Übersetzungen finanziell oft nicht mehr. Weil die Verlage für deutschsprachige AutorInnen tendenziell weniger bezahlen müssen als für ausländische Lizenzen + Übersetzungskosten.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Ilva am 31. Oktober 2019, 20:09:46
Das mit den Kosten und der Nachfrage nach Lizenzen klingt logisch.

Als kleiner Nebenfaktor: Gefühlt ist auch das Angebot englischer Bücher in Buchhandlungen einiges grösser geworden (z.B. eigene Regale mit englischer Fantasy). Vielleicht kaufen inzwischen mehr Leute lieber die Originalsprache als die Übersetzung.

Zitat von: Franziska am 30. Oktober 2019, 20:32:34
Hier ist auchnochmal mein Pinterest-Board. Das ist nur nicht nach Jahr sortiert.
https://www.pinterest.de/celiajansson/deutsche-fantasy-bücher/ (https://www.pinterest.de/celiajansson/deutsche-fantasy-b%C3%BCcher/)
Danke für die Lesetipps!  :vibes:
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Trippelschritt am 31. Oktober 2019, 21:13:49
Zitat von: Franziska am 30. Oktober 2019, 20:32:34

Hier ist auchnochmal mein Pinterest-Board. Das ist nur nicht nach Jahr sortiert.
https://www.pinterest.de/celiajansson/deutsche-fantasy-bücher/ (https://www.pinterest.de/celiajansson/deutsche-fantasy-b%C3%BCcher/)

Sag bloß, die hast Du alle gelesen.

Trippelschritt
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 31. Oktober 2019, 22:41:21
@Amber wie genau hat sich denn der Markt verändert? Man sieht ja immer noch einige wenige Bestseller überall.

@Trippelschritt natürlich nicht. Das sind einfach alle Bücher deutscher Autoren, die mir auffallen.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Amber am 31. Oktober 2019, 23:01:05
@Franziska: Komplexe Frage, die ich auch nicht komplett beantworten kann. Es hat soweit ich sehe damit zu tun, dass der Handel immer mehr von den großen Ketten bestimmt wird, wo wenige Zentraleinkäufer entscheiden, welche Titel z.B. in allen Thalia-Filialen stehen - oder ob sie überhaupt nicht bei einer großen Kette landen, womit ein großer Teil des Marktes schon verloren ist. Gleichzeitig werden immer mehr Titel auf den Markt geworfen (was im Onlinehandel dann dazu führt, dass das Buch zwar da ist, es aber halt keiner findet, wenn man nicht für Werbung zahlt), während die Zahl der Leser eher abnimmt. Die Neuerscheinungen haben nur noch ein, zwei Monate Zeit, um in Gang zu kommen, wenn sie dann nicht laufen, verschwinden sie mehr oder weniger in der Versenkung, und die Backlist verkauft sich auch nicht mehr richtig. Aber dazu können andere Leute (Buchhändlerinnen und Leute, die bei großen Verlagen veröffentlicht haben) sicher noch mehr schreiben.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 01. November 2019, 00:46:47
Okay, das ist dann dasselbe wie im Romance-Genre. Ich dachte dennoch bisher, dass es sich immer noch mehr lohnt erfolgreiche englische Titel einzukaufen, als neue Autoren aufzubauen. Aber da spielen sicher viele Dinge mit rein. Es wird ja auch beides gemacht. Für uns Autoren ist das natürlich gut, auch wenn es für den Einzelnen nicht einfacher wird, sich zu behaupten.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: zDatze am 01. November 2019, 11:54:15
Danke fürs Erweitern der (davor recht mickrigen) Liste, @Franziska . :)

Ist es eigentlich noch ein Ding, dass die Lizenz für einen Bestseller gebündelt mit anderen Lizenzen verkauft wird? Ich hab das mal wo aufgeschnappt, dass man sich eben mit dem Einkaufen eines englischsprachigen Bestsellers mehr als nur ein Buch ins Programm holt. Oder ist die Info schon völlig veraltet?
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Amber am 02. November 2019, 13:05:44
@zDatze: Ich hab nie mitbekommen, dass so etwas passiert wäre, als ich bei einem großen Verlag gearbeitet habe. Und auch Lektorinnen, die ich gefragt habe, meinten das käme wenn überhaupt nur sehr selten vor.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Franziska am 02. November 2019, 13:24:01
Echt? Das wurde immer als Erklärung dafür gennant, warum im Englischen völlig unbekannte Titel übersetzt wurden, oder solche, die nur schlechte Rezensionen hatten. Da habe ich mich schon öfter gewundert.
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Linda am 02. November 2019, 20:32:02
@zDatze
@Franziska

Mir gegenüber hat ein Lektor (allerdings vor gut 20 Jahren) ausgeplaudert, dass ein Großverlag einen Haufen unbekannter Titel zusammen mit einer großen Lizenz (diverse Bücher zu Filmreihen) im Konvolut erworben hat. Also damals war das wohl zumindest nicht ganz ungewöhnlich.
  Und es hat sich für den Verlag nicht gelohnt und für einen ordentlichen Knick in der Bilanz gesorgt... (ob das allerdings an den Begleittiteln oder an den nicht den Erwartungen entsprechenden Lizenztiteln lag, vermag ich nicht zu sagen.)
Titel: Re: Entwicklung am deutschsprachigen Fantasymarkt
Beitrag von: Angela am 16. Februar 2021, 16:48:15

https://www.boersenblatt.net/news/fischer-tor-wird-organisatorisch-verkleinert-164295?fbclid=IwAR07da0IH383KaJR1KTAVw6j_nMsEQgixRETe444dXBr0dpZdS-Jk4YQ_Y4

Das ist sicher keine gute Entwicklung.

Fischer Tor hat (zumindest teilweise, ich kenne die genauen Summen nicht) die Pan-Treffen mitgesponsert. PAN schlägt ihnen jeweils eine KG des Monats vor, die dann gegen Honorar veröffentllicht wird, führt auch über sie eine Ausschreibung durch. Bin gespannt, ob das nun so beibehalten wird.