Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: Maja am 24. Juli 2015, 11:31:33

Titel: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Maja am 24. Juli 2015, 11:31:33
Vor einigen Tagen kursierte ein Bildchen auf Facebook: "Autoren brauchen Liebe - Schreib eine Rezension!". Und kürzlich kam in einer Diskussion im Geheimzirkel auf, dass eine Zirklerin bei deutschen Büchern mit englischsprachigem Titel einen halben Punkt bei der Bewertung abzieht, da sie, ebenso wie ich, eine starke Aversion gegen diese immer mehr um sich greifende Praxis hat - worauf eine andere entgegnete, damit würde sie doch nur der Autorin schaden und nicht dem Verlag. Für mich kristallisiert sich mehr und mehr heraus, dass es unter Autoren offenbar extrem unterschiedliche Vorstellungen gibt, welchen Zweck eine Rezension überhaupt erfüllt.

Für mich ist eine Rezension keine Liebeserklärung für den Autor, bzw. wenn sie negativ ausfällt, auch keine Schmähschrift. Eine Rezension soll anderen Lesern helfen, im Dickicht der hunderttausende lieferbarer plus ausleihbarer Bücher diejenigen zu finden, die zu lesen lohnen. Der Autor kommt dabei mittelbar ins Spiel, als Verursacher des Werkes, aber der Autor ist nicht der einzige, der einen Anteil an der Qualität des Endprodukts hat, und so bezieht sich auch bei meinen Rezensionen die Wertung auf das Gesamtprpodukt und nicht nur den Autorenanteil daran. Ja, Autoren sind in den Po gepickt, wenn Verlage dem Buch einen unglücklichen Titel geben, zum Beispiel in grammatikalisch falschem Englisch. Oder ein abscheuliches Cover draufklatschen, das nichts mit der Story zu tun hat. Jetzt mag man streiten, inwieweit Cover und Titel Bestandteil einer Rezension zu sein haben, aber das hängt vom Einzelfall ab und auch vom Rezensenten. Aber ebensowenig ist es Schuld des Autors, wenn der Verlag schlampt bei Lektorat und Korrektorat - und selbstverständlich fliest das in die Rezension mit ein, weil es das, wofür am Ende der Leser Geld bezahlt, runterzieht. Eine Rezension bezieht sich auf ein Buch, nicht auf seinen Verfasser, auch wenn Vergleiche mit dem Rest des Oeuvres durchaus berechtigt sind und der Autor als Hauptverantwortlicher eines Werkes dasteht.

Aber die Punkte, die es für Rezensionen gibt, sind keine Schulnoten für die Autoren, und viele hier im Forum würden es sich deutlich leichter machen, würden sie sich von dieser Ansicht lösen und eben nicht mehr jede Rezension auf sich und ihre Person beziehen. Autoren sind nicht die Zielgruppe von Rezensionen, und waren es noch nie. Emails und Briefe an den Autor sind etwas anderes, da teilen Leser nicht ihre Ansicht mit der weltweiten Leserschaft, sondern laden den Autor zu Dialog und Diskussion ein, wenn der denn interessiert ist, und diese Form ist auch die richtige, um einem Autor wirklich eine Liebeserklärung zu machen. Rezensionen sind keine Liebeserklärungen, ihre Zielgruppe sind Leser, ebenso Buchhändler und Bibliothekare, die wissen wollen, was sie ans Lager nehmen sollen, ohne dafür jedes einzelne selbst lesen zu müssen.

Vor allem aber sind Rezensionen inzwischen zum Marketinginstrument verkommen, für Verlage, aber auch für die Autoren selbst. Gab es früher Leseexemplare für Buchhändler, um die man regelrecht betteln musste, werden inzwischen Rezensionsexemplare rausgeholzt, als gäbe es kein Morgen - man braucht noch nicht mal mehr ein eigenes Blog, es reicht, auf Facebooks, Goodreads oder Lovelybooks angemeldet zu sein, um vom Verlag beschenkt zu werden. Und das wird nicht getan, weil die Verlage finden, dass ihre Autoren so viel Liebe brauchen. Würden Verlage das finden, würden sie erst einmal damit anfangen, ihre Autoren besser zu behandeln und zu bezahlen. Rezensionen, Sternewertungen, sind eine Währung für den Verlag. Als ich meine erste Lesung in Frankfurt vor zwei Jahren hatte, kündigte mein Lektor das Buch an mit der Aussage "Fast 50 Rezensionen auf Amazon, alle 4 und 5 Sterne!" - ich hätte deutlich mehr, und andere, Sachen über mein Buch zu sagen gehabt.

Ebenso wie die Autoren, betrachten sich die Verlage als Zielgruppe der Rezensionen, damit sie diese zu Marketingzwecken verwenden können. Ich hatte Kontakt zu Bloggern, die denken, eine Rezension muss positiv ausfallen, wenn das Buch doch ein Geschenk vom Verlag war, und auch wenn ich denen dann gesagt habe, dass der Verlag sich das vielleicht wünscht, sie aber vor allem an sich und die Leser denken müssen - viele Rezensionen sind eben nicht die ehrliche Meinung des Verfassers, sondern so etwas wie die Währung, in denen ein umsonst erhaltenes Buch bezahlt wird. Andere Rezensionen sind für Geld erkauft. Weder das eine, noch das andere, ist eine Liebeserklärung an den Autor, und doch sehe ich Autoren, die jede neue Rezension auf Facebook mit glühenden Wangen und den Ziertränchen einer Oscarpreisträgerin teilen, als hätten sie gerade den FAZ-Rezensenten begeistert oder mindestens den Literaturnobelpreis gewonnen.

Lösen wir uns von der Vorstellung, dass die Rezis für uns sind. Dann können wir auch deutlich besser damit umgehen, wenn sie nur einen oder zwei Sterne mit sich bringen. Und dann dürfen unsere Rezensenten selbstverständlich Punkte abziehen für Entscheidungen, die allein der Verlag zu verantworten hat.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Leann am 24. Juli 2015, 11:53:45
Kann ich alles so unterschreiben, weil es sich so ziemlich mit meiner Meinung zu dem Thema deckt.

ZitatEine Rezension soll anderen Lesern helfen, im Dickicht der hunderttausende lieferbarer plus ausleihbarer Bücher diejenigen zu finden, die zu lesen lohnen.
Hier finde ich, dass das "lohnend" nicht für alle Leser gelten kann. Geschmäcker sind verschieden. Eine Rezension kann dem Leser allerdings Entscheidungshilfe bieten, ob der Roman etwas für seinen persönlichen Lesegeschmack sein könnte. Hier können auch Dinge, die dem Rezensenten nicht gefallen haben, z.B. "kitschiges Happy Ending" etc. dazu führen, dass ein andere Leser sagt: "Das ist genau mein Ding!"

Ansonsten muss ich mich outen als jemand, der auch gerne mal eine Rezension bei FB postet. Ich gebe zu, hauptsächlich mache ich das, weil ich mich darüber freue und den Rezensenten auch zeigen möchte, dass ich ihre Arbeit zu schätzen weiß. Außerdem kann ich so ein wenig Werbung für Blogs machen, die mir gefallen (ich mache das oft auch unabhängig davon, ob der Blog ein Buch von mir rezensiert hat). Ein anderer Grund ist, dass ich den Followern meiner FB-Seite eine Entscheidungshilfe geben kann, ob der Roman etwas für sie ist. Darum poste ich nicht nur lobende Rezensionen, sondern auch gerne mal kritische. Mich stört es auch nicht, wenn andere Rezensionen posten, solange es sich im Rahmen hält und die FB Timeline nicht nur aus Rezensionspostings besteht, das wird auf Dauer öde.

Wenn ich Bücher schreiben würde, weil ich Liebe in Form von positiven Rezensionen dafür erwarte, hätte ich schon längst aufgegeben und würde mich lieber der Schafzucht widmen.  ;D
Natürlich freue ich mich über Rezensionen, mehr über positive, das wäre Heuchelei, wenn ich etwas anderes behaupten würde. Aber ich weiß auch eher negative Rückmeldungen zu schätzen, wenn ich merke, dass sich der Rezensent Gedanken zu dem Roman gemacht hat. Persönliche Beleidigungen in Rezensionen oder Nörgeleien ohne Begründung mag ich nicht, es sei aber jedem Leser unbenommen, sowas zu schreiben. Ist halt so, wenn man veröffentlicht. Dann ist die Geschichte raus und jeder kann seinen Senf dazugeben, ob mir das passt oder nicht. Tut mir meistens leid, dass der Roman den Geschmack des Lesers nicht getroffen hat. Ich schreibe ja, weil ich Freude daran habe und auch die Leser erfreuen möchte. Manchmal gelingt es, meistens eher nicht, shit happens, aber mit Liebesbedürfnis hat das nichts zu tun.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Alana am 24. Juli 2015, 11:57:10
Ich stimme dir zu, Maja, es ist nur leider so, dass - wenn man kein Bestseller-Autor ist - schon ein Schnitt von vier Sternen, der eigentlich gut ist, den Verkaufszahlen enorm schadet. Und das ändert für mich alles. Wenn man Großverlagsautor ist und hauptsächlich über den Buchhandel verkauft, dann ist das egal, aber wenn man auf Online-Verkäufe angewiesen ist, kann das ziemlich bitter sein. Ich überlege allerdings schon länger, ob dieses Sternesystem überhaupt wirklich was bringt und wenn ja, wem. Autoren, die weniger als 4,5 Sterne haben, schadet es eher, Leser können durch den Dschungel an Rezensionen kaum noch durchblicken, wenige Rezensionen ergeben unter Umständen ein völlig falsches Bild vom Buch. Ich habe keinen Lösungsansatz, denn prinzipiell finde ich es hilfreich, die Rezensionen zu haben und - wenn sie funidert sind - auch die schlechten.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Lynn am 24. Juli 2015, 11:57:26
Zitat von: Maja am 24. Juli 2015, 11:31:33
... für Entscheidungen, die allein der Verlag zu verantworten hat.

Auch wenn ich deinem Post an einigen Stellen zustimme, hier muss ich widersprechen - ich gehe mal davon aus, dass sich das Zitat auf die Sache mit dem Titel bezieht: Den Titel verantwortet nicht allein der Verlag, sondern auch der Autor. Ich zumindest kenne es so. Er ist eine Co-Produktion. Manchmal wird auch der Arbeitstitel - der ja vom Autor kommt - übernommen. Weil er einfach optimal zum Buch passt. Also ist zumindest der Titel keine Entscheidung die nur der Verlag zu verantworten hat. Zumindest nicht in allen Fällen.  :hmhm?:
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Nycra am 24. Juli 2015, 12:01:37
Vom Inhaltlichen her stimme ich dir durchaus zu, Maja.

Aber das Problem ist, eine schlechte Rezension aufgrund von Abzügen in der B-Note (Cover, Titel, Korrektorat), die eindeutig den Verlag treffen müssten, fallen beim Leser nicht auf diesen zurück, sondern auf den Autor. Dem dann der Ruf anhaftet, schlampig zu arbeiten. Ich habe derlei PNs vielfach bekommen, also weiß ich, wovon ich rede. Es ist der Name des Autors, der geschmäht wird, nicht der Verlag, dem eigentlich die Schelte gehört.

Und der dankt es im schlimmsten Fall dem Autor dann damit (bei Großverlagen zumindest), dass er den Autor, weil er nur schlechte oder mäßige Rezis einfährt, dass er beim nächsten Mal eben nicht mehr veröffentlicht wird.

In Fällen, in denen sich der Leser über diese meist nicht vom Autor beeinflussbaren Fakten ärgert, wäre ein Leserbrief an den Verlag sinnvoller, als ein gutes Buch, das inhaltlich gefallen hat, schlechter zu bewerten, nur weil es optisch oder vom Titel nicht viel her macht.

Meine Meinung dazu.

@Lynn Da widerspreche ich. In meinen Verträgen steht drin, dass ich zwar ein Mitspracherecht habe, die Endentscheidung aber beim Verlag liegt. Ich darf drei Mal ablehne oder so, danach entscheidet der Verlag. Im schlimmsten Fall hat der Autor dann tatsächlich keine Möglichkeit mitzureden. War das nicht bei @Alana auch mal ein Streitpunkt oder verwechsele ich das gerade mit dem Cover?
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: HauntingWitch am 24. Juli 2015, 12:04:11
Maja, dem ersten Teil deines Posts kann ich vollkommen zustimmen. Ich finde, man kann es auch niemandem übel nehmen, wenn Dinge wie Titel und Cover in die Rezension miteinfliessen, eben weil sie ja eine Empfehlung für andere Leser darstellt und welcher Leser, der nicht selber Autor ist, weiss schon, was genau da der Verlag verantwortet und was genau der Autor? ;)

Ich sehe Rezensionen aber schon auch als Marketing-Instrument. Insofern, dass sie neugierig machen können, dass man "gesehen" wird, dass man empfohlen wird (oder nicht, das ist halt die Kehrseite). In einem Leserforum kann mich als Leser z.B. eine positive Rezension von jemandem, der einen ähnlichen Geschmack hat wie ich, zum Kauf bewegen. So geht es anderen auch und daher halte ich es schon bis zu einem gewissen Punkt für ein Werbemittel von Seiten Autor und Verlag. Ich denke, man muss sich einfach bewusst sein, dass der Leser primär für die anderen Leser schreibt und nicht "um den Autor zu lieben" (das besagte Bildchen finde ich übrigens auch nicht so toll).
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Alana am 24. Juli 2015, 12:05:44
@Nycra: Das trifft auf alle diese Dinge zu. Cover, Titel, Klappentext. Von einem netten Verlag wird man gefragt und darf ein bisschen mitreden, ich kenne aber auch Fälle, da hat der Autor Cover, Klappentext und Titel zum ersten Mal gesehen, als der Verlagskatalog ins Haus flatterte. ;)

Abgesehen davon hab ich noch mal überlegt: Rezensionen sollen in meinen Augen dem Leser zeigen, ob dieses Buch für ihn Lesegenuss bereithält. Deswegen kann man ein schlechtes Cover ruhig erwähnen, aber Punkte dafür abziehen finde ich eigentlich nicht richtig und der Sache dienlich. Nehmen wir mal das Beispiel: Der Leser findet den Titel interessant, das Cover gefällt ihm aber nicht. Nun haben schon mehrere Leser für das Cover Punkte abgezogen und der Schnitt ist dadurch bei 4 Sternen, obwohl alle Leser vom Inhalt begeistert waren. Ist es der Sache wirklich dienlich, wenn dieser neue Leser nun vom Cover und der durch das Cover resultierende schlechtere Bewertung abgeschreckt wird? Das hässlche Cover beeinträchtigt ja am Ende nicht den Lesegenuss.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Maja am 24. Juli 2015, 12:08:44
Oh, ich teile auch ab und an mal eine Rezension, die ich besonders interessant, gelungen und natürlich auch werbeträchtig finde - wenn Verlage das als Marketinginstrument nutzen können, kann ich das auch. :) Aber ich habe ein paar (nicht-Tizi) Autoren auf Facebook entfreundet, weil sie auf ihrern privaten Seiten (nicht den Fanseiten) jeden einzelnen Tag drei Rezensionen geteilt haben. Habe mich vor ein paar Tagen mit einer Autorin angelegt, die eine Rezensentin teilte, bei der schon der Seitenname einen dicken Schreibfehler enthielt - sowas zu teilen, wäre mir echt zu peinlich, auch bei fünf Punkten.

Mich freuen Rezensionen, wenn ich das Gefühl habe, dass sich die Rezensenten mit dem Buch auseinandergesetzt haben, dass sie mein Buch ans Denken gebracht hat. Meine Lieblingsrezension der letzten Zeit war eine zu "Geigenzauber", bei der das Buch zwar ziemlich schlecht wegkam, ich mich aber richtig gefreut habe, dass mir endlich der Schluss, mit dem ich nicht glücklich war, um die Ohren geflogen ist. Da "Geigenzauber" schlecht läuft und es sehr wenige Rezis gibt, ist jede neue ein kleiner Sieg - den ich dann auch für mich verbuche, weil ich weiß, dass es dem Verlag ohnehin hackegal ist.

Was das "lohnt für den Leser" angeht - jede Rezension ist geschmackssache, und jeder Leser mag andere Sachen. Deswegen lache ich immer, wenn Autoren fordern, Rezensionen sollten gefälligst objektiv sein - sie können genau das nicht. Sie sind immer subjektiv, weil sie eine Meinung abbilden. Selbst zwei renommierte Rezensenten können sich in die Wolle kriegen, wenn sie unterschiedlicher Ansicht über ein Werk sind, ich erinnere nur an "Karasek vs. Löffler". Ich mag es, wenn Rezensionen begründet sind, weil ich als Leserin dann sehe, wo die Rezensenten ihre Schwerpunkte haben, und wenn ich mit einem Rezensenten bei früheren Rezis zu Büchern, die ich kenne, übereinstimme, tendiere ich eher dazu, mich von der neuen Rezi zum Kauf verleiten oder davon abhalten zu lassen als bei einem Rezensenten, dessen Meinung ich tendenziell nicht teile.

Letztes Jahr habe ich einen Blogbeitrag zum Thema "Menschen, Tiere, Rezensionen"  (http://www.hollow-willow.de/blog/archiv/122/2014/12/Menschen,-Tiere,-Rezensionen.php)geschrieben, den ich hier nochmal in Gänze wiederholen könnte, aber dafür fehlt mir gerade die Zeit. ;) Vielleicht ist er aber trotzdem für den einen oder anderen hier interessant.

EDIT
Hat sich mit fünf Beiträgen überschnitten.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Lothen am 24. Juli 2015, 12:12:39
Zitat von: Nycra am 24. Juli 2015, 12:01:37In Fällen, in denen sich der Leser über diese meist nicht vom Autor beeinflussbaren Fakten ärgert, wäre ein Leserbrief an den Verlag sinnvoller, als ein gutes Buch, das inhaltlich gefallen hat, schlechter zu bewerten, nur weil es optisch oder vom Titel nicht viel her macht.
Vielleicht könnte man so etwas einfach intensiver kommunizieren? Zumindest Amazon bietet ja die Chance, auf Rezensionen zu antworten. Allerdings besteht da wiederum die Gefahr, dass es für die Leser nach einer Ausrede von Seiten des Autors klingt ...

Ich stimme Maja auch in vielen Punkten zu, sehe aber, ähnlich wie Nycra, das Problem, dass schlechte Rezis eben doch auf den Autor zurückfallen, egal, warum sie schlecht sind. Sei es, weil 1-Punkte-Bewertungen potentielle Leser abschrecken oder weil der Verlag Konsequenzen daraus zieht.

Es ist schade, dass Amazon keine Möglichkeit bietet, differenzierter zu bewerten, z.B. in Kategorien (Inhalt - Cover - Titel - Sprache oder so). Solche Bewertungen könnten dann deutlich zeigen, wo die Stärken und Schwächen liegen. Allerdings weiß ich auch nicht, ob Leser sich wirklich die Zeit nehmen wollen, so umfangreich zu renzensieren.

Alanas Argumentation finde ich da sehr korrekt: Der Inhalt sollte das Entscheidende sein, nicht die Verpackung. Letztere entscheidet ja eher, ob ich mir ein Buch näher ansehe oder nicht. Es ist schade, wenn sie nicht gut ankommt, aber beeinflusst den Unterhaltungswert (oder Lesegenuss, wie Alana sagte) nicht. Außerdem finde ich die Qualität von Covergestaltung noch subjektiver als den Inhalt eines Buches.

Zitat von: MajaMich freuen Rezensionen, wenn ich das Gefühl habe, dass sich die Rezensenten mit dem Buch auseinandergesetzt haben, dass sie mein Buch ans Denken gebracht hat.
Absolut! Ein lapidares "Ganz toll, spannend, gern gelesen" mag zwar der Seele schmeicheln, bringt den Autor aber nicht weiter. Da würde ich mich auch eher über eine inhaltlich anspruchsvolle, aber dezidiertere Rezension freuen.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Thaliope am 24. Juli 2015, 12:15:01
Zitat von: Alana am 24. Juli 2015, 12:05:44
@Nycra: Das trifft auf alle diese Dinge zu. Cover, Titel, Klappentext. Von einem netten Verlag wird man gefragt und darf ein bisschen mitreden, ich kenne aber auch Fälle, da hat der Autor Cover, Klappentext und Titel zum ersten Mal gesehen, als der Verlagskatalog ins Haus flatterte. ;)

Abgesehen davon hab ich noch mal überlegt: Rezensionen sollen in meinen Augen dem Leser zeigen, ob dieses Buch für ihn Lesegenuss bereithält. Deswegen kann man ein schlechtes Cover ruhig erwähnen, aber Punkte dafür abziehen finde ich eigentlich nicht richtig und der Sache dienlich. Nehmen wir mal das Beispiel: Der Leser findet den Titel interessant, das Cover gefällt ihm aber nicht. Nun haben schon mehrere Leser für das Cover Punkte abgezogen und der Schnitt ist dadurch bei 4 Sternen, obwohl alle Leser vom Inhalt begeistert waren. Ist es der Sache wirklich dienlich, wenn dieser neue Leser nun vom Cover und der durch das Cover resultierende schlechtere Bewertung abgeschreckt wird? Das hässlche Cover beeinträchtigt ja am Ende nicht den Lesegenuss.

Vor allem: Wenn eine Rezension dazu dienen soll, dem Leser entscheiden zu helfen, ob er ein Buch kaufen will oder nicht, ist die Bewertung des Covers ziemlich überflüssig, weil der potenzielle Leser das ja gerade noch selbst sieht.
Da stellt sich halt die Frage, die ja auch schon im Thread-Titel steckt: Was ist eigentlich Sinn und Zweck von Rezensionen, ist das je nach Meidum unterschiedlich (Zeitung vs. Blog vs Amazon zb), und hat sich das in den letzten Jahren geändert?
Will ich möglichst neutral bei einer Kaufentscheidung helfen, oder will ich einfach meine Meinung loswerden, weil das Cover und der Titel so dermaßen meine Augen und meinen Verstand beleidigt haben? Beides hat in meinen Augen sicher seine Berechtigung. Problematisch wird es an dem Punkt, wo beide Intentionen unter demselben Etikett leicht missgedeutet werden können.
Muss ich bei der Meinungsäußerung berücksichtigen, welche Auswirkungen sie auf die Verkäufe hat? Inwieweit verändern sich die Regeln der Fairness durch die direkte Verknüpfung zwischen Sternezahl und Verkaufszahlen? Wahrscheinlich müssen wir unseren Begriff von Rezensionen den neuen Bedingungen doch anpassen ...

Huch, jetzt bin ich im Schreiben ins Überlegen gekommen. Ich hoffe, die Gedankengänge sind trotzdem halbwegs nachvollziehbar.
LG
Thali
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Fianna am 24. Juli 2015, 12:22:55
Ich denke, die meisten Blogger machen sich da nicht soviele Gedanken drum, wie sie ihre Rezension schreiben.
Die haben sich mal ein System überlegt mit x Punkten, treffen nach dem Lesen eine Einschätzung, schauen vielleicht bei ihren anderen 4-Punkte-Rezensionen, ob sie das gerade zu bewertende Buch vielleicht doch besser oder schlechter finden - und das wars.

Ich finde es oft schon schwer, aus dem Text allein eine Meinung zu erkennen; oft geht das ohne Sterne dazu überhaupt nicht. Da habe ich immer das Gefühl, die haben einfach mal geschrieben und Sterne dran geklatscht, aber mit dem Text alleine kann man keine Wertung treffen. Manchmal hätte ich das Buch dann als 2 von 5 eingeschätzt und war ziemlich irritiert, wie die Bloggerin bei so einem Text auf diese "Sterne"-Anzahl kommt.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Feuertraum am 24. Juli 2015, 12:23:01
Auch auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen, aber ich sehe dass einen kleinen Tucken anders:

Zitat von: Maja am 24. Juli 2015, 11:31:33


Eine Rezension soll anderen Lesern helfen, im Dickicht der hunderttausende lieferbarer plus ausleihbarer Bücher diejenigen zu finden, die zu lesen lohnen.

Was ich im Grunde genommen unmöglich finde. Nur weil 50 Leser hellauf begeistert sind von einem Werk, muss ich fair sein und mir eine eigene Meinung bilden. Verlasse ich mich auf die Meinung von 1000 anderen Lesern, müsste ich die Bücher um Harry Potter lieben.
Sie treffen aber nicht meinen Geschmack.

ZitatDer Autor kommt dabei mittelbar ins Spiel, als Verursacher des Werkes, aber der Autor ist nicht der einzige, der einen Anteil an der Qualität des Endprodukts hat, und so bezieht sich auch bei meinen Rezensionen die Wertung auf das Gesamtprpodukt und nicht nur den Autorenanteil daran.

Ich wage einmal zu behaupten, dass nur ein geringer Anteil der Rezenszenten den Blick hat, den Sie haben. Sie, die Rezenstenten, lesen das Buch und damit den Autoren. Lektoren, Korrektoren, Verlage, dass sehen diese Menschen nicht. Sie sehen "nur" den Autoren, und so bezieht sich ihre Kritik auf das Buch, schaffen es aber manchmal auch, den Autoren als solches ins Kreuzfeuer zu ziehen.

ZitatAber die Punkte, die es für Rezensionen gibt, sind keine Schulnoten für die Autoren

In meinen Augen indirekt schon. Bekommen meine Geschichten positive Rezensionen, so weiß ich, dass mein Schreibstil, meine Ideen ankommen und ich weiter diese Schiene fahren kann. Bekomme ich nur "Daumen runter", muss ich überlegen, woran es hapert, was ich ändern muss. Das bedeutet dann aber auch, dass ich dann mit dem Verlag zusammenarbeiten muss, um das Produkt neu zu "designen".

ZitatIch hatte Kontakt zu Bloggern, die denken, eine Rezension muss positiv ausfallen, wenn das Buch doch ein Geschenk vom Verlag war, und auch wenn ich denen dann gesagt habe, dass der Verlag sich das vielleicht wünscht, sie aber vor allem an sich und die Leser denken müssen - viele Rezensionen sind eben nicht die ehrliche Meinung des Verfassers, sondern so etwas wie die Währung, in denen ein umsonst erhaltenes Buch bezahlt wird
.

Das ist übrigens eine Technik, die auch von einem namhaften Spielzeughersteller verwendet wird. Du bekommst von uns ein tolles Spielzeug geschenkt. Schreibst du was Tolles drüber, bekommst du wieder ein tolles Spielzeug geschenkt. Schreibst du was Schlechtes, kennen wir dich nicht mehr.

Zitatund doch sehe ich Autoren, die jede neue Rezension auf Facebook mit glühenden Wangen und den Ziertränchen einer Oscarpreisträgerin teilen, als hätten sie gerade den FAZ-Rezensenten begeistert oder mindestens den Literaturnobelpreis gewonnen.

Ich will einräumen, dass ich eine solche Reaktion zwar für maßlos übertrieben halte, dennoch finde ich es gerechtfertigt, wenn sich der Autor über eine positive Rezi über sein Werk freut (und vielleicht auch seine Freude mit anderen teilt).


Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Alana am 24. Juli 2015, 12:28:05
Ich teile übrigens keine Rezensionen mehr auf Facebook, die interessieren die anderen Leser meiner Seite nämlich nicht. ;)

Und man kann davon halten, was man will und jeder darf seine Meinung kundtun, wie er will. Ich persönlich schätze fundierte Kritik ja auch. Aber dennoch muss man sich, wenn man eine Rezension auf Amazon einstellt über eines im Klaren sein:

Jede Rezension, die schlechter als vier Sterne ist, kann den Autor unter Umständen eine Menge Verkäufe kosten. Sie kann zum Beispiel die Verkäufe zum Einbruch bringen, so dass das Buch aus einer Bestenliste fliegt, nicht mehr sichtbar ist, und sich nie mehr davon erholt.

Das ist so und das lässt sich auch nicht wegdiskutieren. Die meisten Leser wissen das nicht, aber seit ich das weiß, sehe ich das ganze etwas anders und überlege mir genau, ob ich wirklich Sterne abziehen muss. Es ist im Prinzip unfair, dass damit eine Verantwortung auf den Rezensenten lastet, die sie nicht haben sollten, aber so ist das System. Ob und wie er nun in Zukunft rezensiert, muss jeder mit sich selbst ausmachen.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Nycra am 24. Juli 2015, 12:29:06
Zitat von: Feuertraum am 24. Juli 2015, 12:23:01
Was ich im Grunde genommen unmöglich finde. Nur weil 50 Leser hellauf begeistert sind von einem Werk, muss ich fair sein und mir eine eigene Meinung bilden. Verlasse ich mich auf die Meinung von 1000 anderen Lesern, müsste ich die Bücher um Harry Potter lieben.
Sie treffen aber nicht meinen Geschmack.
Aber ohne die Bewertungen, wären Sie vielleicht gar nicht darauf aufmerksam geworden und hätten sich diese eigene Meinung gar nicht bilden können. Es spricht in dem Fall doch aber auch nichts dagegen, zu bewerten, dass das Buch nach eigenem Geschmack nicht gefallen hat. Dagegen hat ja auch niemand etwas.

Zitat von: Lothen am 24. Juli 2015, 12:12:39
Vielleicht könnte man so etwas einfach intensiver kommunizieren? Zumindest Amazon bietet ja die Chance, auf Rezensionen zu antworten. Allerdings besteht da wiederum die Gefahr, dass es für die Leser nach einer Ausrede von Seiten des Autors klingt ...
Genau darauf läuft es hinaus.


Zitat von: Lothen am 24. Juli 2015, 12:12:39Es ist schade, dass Amazon keine Möglichkeit bietet, differenzierter zu bewerten, z.B. in Kategorien (Inhalt - Cover - Titel - Sprache oder so). Solche Bewertungen könnten dann deutlich zeigen, wo die Stärken und Schwächen liegen. Allerdings weiß ich auch nicht, ob Leser sich wirklich die Zeit nehmen wollen, so umfangreich zu renzensieren.
Richtig. Wenn ich an einer Umfrage teilnehme bekomme ich ja auch mehrere Bereiche unabhängig von einander zum Bewerten. Amazon (und andere Seiten) machen es sich da sehr einfach.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Ary am 24. Juli 2015, 12:34:12
Ich gebe ja zu, ich freue mich über gute Rezensionen und wollte mich, als ich mit dem Veröffentlichen anfing, am liebsten irgendwo in einem Loch verkriechen, wenn eine Rezension schlecht war oder Kritikpunkte anbrachte, die mir richtig wehtaten. Irgendwie sind für mich Rezensionen immer noch sowas wie Zuckerbrot und Peitsche.
Es ist bestimmt ein Unterschied, ob man in einem Kleinverlag ist oder einem großen Publikumsverlag. Für die Kleinen ist eine Rezension immer Werbung. Das Buch kommt ins Gespräch, es wird bekannt gemacht. Darum blogge ich auch gern mal über Bücher aus Kleinverlagen und freue mich, wenn auch meine Kleinverlagsveröffentlichungen in Blogs oder auf Facebook/Twitter erwähnt werden. Allerdings mag ich dieses Sternchensystem so gar nicht, weil es eben so "individuell" genutzt werden kann. Und dann die Interpretation. Drei von fünf Sternen definiert Amazon als "kritisch" im negativen Sinn, alles ab vier Sterne ist "positiv". Drei von fünf ist für mein Empfinden aber noch nicht "schlecht" (und ich empfinde meine zwei Dreisterne-Rezensionen für "Nachtjägerherz" auf Amazon auch nicht als negativ - angemerkt wurden Kürze und eine gewisse Oberflächlichkeit und mangelnde Tiefe, wobei ich eben auch mit einem Seitenlimit von 70-80 Normseiten "kämpfte", als ich den Rohnentwurf schrieb, da war gar kein Platz für allzu viel Tiefe). Aber drei von fünf ist mehr als die Hälfte, in Schulnoten vielleicht eine "drei plus". Immerhin noch "befriedigend".
Vielleicht wäre ein anderes Bewertungssystem besser, ein gestaffeltes, bei dem man zum Beispiel Inhalt und Cover unabhängig bewerten kann und vielleicht beim Inhalt noch Punkte für Sprache, Spannung etc. vergeben kann. Oder es sollte gar kein Bewertungssystem geben und der Rezensent muss tatsächlich formulieren, was ihm gefallen hat oder eben auch nicht. Vielleicht machen die Sternchen Rezensenten faul?

Edit: Überschnitten mit Feuertraum, Alana und Nycra
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Fianna am 24. Juli 2015, 12:35:29
Zitat von: Alana am 24. Juli 2015, 12:28:05
Jede Rezension, die schlechter als vier Sterne ist, kann den Autor unter Umständen eine Menge Verkäufe kosten. Sie kann zum Beispiel die Verkäufe zum Einbruch bringen, so dass das Buch aus einer Bestenliste fliegt, nicht mehr sichtbar ist, und sich nie mehr davon erholt.

Das ist so und das lässt sich auch nicht wegdiskutieren.
Vielleicht ist das auch ein bisschen Genre-abhängig - in manchen Genres kaufen die Leser vor allem nach Sternen, in anderen vor allem der im Text geschriebenen Meinung?
Eine negative Rezension kann doch auch eine Kaufempfehlung sein. Wenn jemand nicht schreibt "Das Buch ist scheiße" sondern "Es hat mir nicht gefallen, weil..." - dann sind diese Gründe vielleicht für mich genau ausschlaggebend, ein Buch zu kaufen.
Ich stolpere öfters über negative Rezensionen, die so "objektiv" geschrieben sind, dass ich eine Kaufempfehlung für mich daraus ziehe. Und bei differenzierten schlechten Rezensionen auf Blogs oder Amazon sehe ich öfters im Kommentar, dass jemand vorhat, das Buch zu kaufen, weil es klingt, als sei es das Richtige.


EDIT:
Ich mache es so, dass ich schlechte Rezensionen von Kleinverlagen gar nicht poste. Ich habe mal mit einem Low Fantasy Buch sehr gehadert, dass wirklich nicht gut war. es war anständig geplottet, aber der Plot schimmerte überall im Text hervor. Figur X taucht nicht mehr auf, weil - keine Funktion für den Plot. Auf einmal nicht mehr erwähnenswert. (Hätte man auch anders lösen können, die Figur erfüllte noch 2 weitere Funktionen). Dazu noch viele andere Dinge, aber ursprünglich dachte ich, das wäre das tatsächliche Debut - und vor allem weil es ein Kleinverlag war, wollte ich da nicht so einen Verriß schreiben.
Ich war ziemlich irritiert, als ich sah, dass der Autor im Bereich SF einiges veröffentlicht hat. Nachdem ich meine Rezension stiichpunktartig notiert hatte (und mich entschloß, das gar nicht zu formulieren und zu posten), hatte ich gedacht, es wäre ein Schreibanfänger.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Lothen am 24. Juli 2015, 12:36:31
Zitat von: Alana am 24. Juli 2015, 12:28:05Jede Rezension, die schlechter als vier Sterne ist, kann den Autor unter Umständen eine Menge Verkäufe kosten. Sie kann zum Beispiel die Verkäufe zum Einbruch bringen, so dass das Buch aus einer Bestenliste fliegt, nicht mehr sichtbar ist, und sich nie mehr davon erholt. Das ist so und das lässt sich auch nicht wegdiskutieren. Die meisten Leser wissen das nicht, aber seit ich das weiß, sehe ich das ganze etwas anders und überlege mir genau, ob ich wirklich Sterne abziehen muss.
Dann ist aber das ganze Rezensions-System kompletter Unfug. Sobald ich meine ehrliche Meinung zu einem Buch nicht mehr äußern "darf", weil ich Sorge haben muss, dem Autor damit zu schaden, kann ich es auch bleiben lassen. Sicher, wenn die Frage ist, ob ich nun 3 oder 4 Sterne vergebe, dann kann ich mir schon mal überlegen, großzügiger zu sein. Aber was bringt eine Bewertung, wenn sie eine absolute Positiv-Selektion darstellt? Dann ist es weder eine gute Inspirationsquelle für den Autor noch eine Entscheidungshilfe für den Leser.

Versteh mich nicht falsch, ich verstehe deine Bedenken gut, Alana, aber ich finde nicht, dass man bei der Bewertung soweit gehen sollte. Wie du schon sagst, diese Last darf nicht auf dem Rezensenten liegen. Es ist vielleicht etwas anderes, wenn man den Autor persönlich kennt (so wie hier über den TiZi), aber bei unabhängigen Rezensionen sollte man ehrlich bleiben, finde ich.

Dasselbe Problem sehe ich übrigens an der Uni: In vielen Studiengängen werden nur 1er und 2er vergeben, jeder 3er ist eine mittlere Katastrophe. Damit werden die 1er und 2er komplett abgewertet. Und genauso würde es den 4- und 5-Punkte-Rezensionen gehen, wenn sie sowieso zum Standard werden.

/EDIT: Hat sich mit Aryana und Fianna überschnitten
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Maja am 24. Juli 2015, 12:41:20
Das Crux mit den Rezensionen sind die Sterne. Erst sie sind es, die Rezis in eine Währung verwandelt haben. Ich rezensiere ohne ein Punktsystem, weil für mich das, was ich über ein Buch zu sagen habe, aus Inhalten bestehtn und nicht aus Zahlen, und weil die Punkte etwas absolut zu beurteilendes vorgaukeln, wo eigentlich nur Subjektivität herrscht. Wenn ich doch mal Punkte vergebe, auf Goodreads oder Lovelybooks, bedeuten vier Sterne, dass mir ein Buch richtig gut gefallen hat, fünf Sterne vergebe ich nur dann, wenn mich ein Buch derart geflasht hat, dass ich tagelang von nichts anderem mehr rede und jedem im Bekanntenkreis, ob der will oder nicht, die Lektüre empfehlen möchte.

Fünf von Fünf Sternen heißt, es ist das bestmögliche Buch, das ein Buch überhaupt sein kann, und Rezensenten, die mit fünf Sternen nur so um sich schmeißen, vertraue ich nicht - es kann eben nicht jedes Buch das aller-allerbeste sein, es muss auch Abstufungen geben. Das heißt auch, dass ich auf Amazon keine Fünfstern-Rezis mehr lese. Das sind meistens solche Jubelchristen, das man über den Inhalt und eventuelle Kritikpunkte nichts mehr erfährt. Ich lese Vier-Stern-Rezis, weil ich darin eher eine informative Auseinandersetzung finde - an jedem Buch gibt es irgendwas, das man aussetzen kann, nur wo die Rezensenten da ihre Schwerpunkte setzen, hilft mir, die ich meine eignene Schwerpunkte kenne, mich der Kritik anzuschließen oder nicht. Ebenso lese ich Zweistern-Rezis lieber als Einstern-Rezis. Die schlimmsten Rezis sind die mit drei Sternen. Das heißt, das Buch war meh. Nicht gut, nicht schlecht, okay. Und wer will schon okay sein? Dann doch lieber polarisierend.

Ich denke aber nicht, dass ein Vier-Sterne-Schnitt irgendwie schlecht fürs Geschäft ist. Der Schnitt fürs "Puppenzimmer" liegt bei Amazon auf knapp vier, und das Buch geht weg wie geschnitten Brot. Leser sind nicht so doof, wie wir manchmal gauben. Die rennen nicht nur der Masse nach, die wollen sich auch durchaus einen eigenen Eindruck bilden, und Büchern mit einem Schnitt von fünf traut niemand - das legt nahe, dass am Ende alle gekauft sind. Kein Buch begeistert jeden. Mir ist es lieber, eine runde Mischung zu haben, deren Schwerpunkt auf vier und fünf Sternen liegt, und damit glaubwürdig zu wirken, als dass ich nur fünf-Stern-Rezis habe, die nichts mehr wert sind. Wie heißt das so schön bei den "Incredibles"? Wenn alle super sind, ist es keiner mehr.

EDIT
Hat sich mit drei Vorrednern überschntiten.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Alana am 24. Juli 2015, 12:50:11
@Lothen: Ja, das System ist Unfug. Und: natürlich sollte man ehrlich bleiben, aber deswegen sage ich: Reinschreiben kann man alles, aber Punkte abziehen würde ich nur für Dinge, die wirklich das Leseerlebnis stören.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Maja am 24. Juli 2015, 12:58:09
Zitat von: Alana am 24. Juli 2015, 12:50:11
@Lothen: Ja, das System ist Unfug. Und: natürlich sollte man ehrlich bleiben, aber deswegen sage ich: Reinschreiben kann man alles, aber Punkte abziehen würde ich nur für Dinge, die wirklich das Leseerlebnis stören.

Das können aber viele Dinge sein - darunter auch Titel, die in ihrer Strunzdämlichkeit so peinlich sind, dass ich mich beim Lesen genieren muss, es überhaupt in die Hand genommen zu haben, geschweige denn mich damit lesenderweise in der Öffentlichkeit sehen lasse. Ich habe mal eine Rezension geschrieben, in der ich nur wegen der äußeren Form, der Gestaltung und der Vermarktung durch den Verlag deftig Punkte abgezogen habe: Das war um die Jahrtausendwende herum die "Erwachsenenausgabe" der ersten drei Harry Potter- Bücher - inhaltlich identisch mit den Jugendbüchern, aber mit einem Cover, das darauf abzielte, dass Erwachsene das Buch lesen sollten, ohne das Gefühl haben zu müssen, ein Jugendbuch zur Hand genommen zu haben - und weil damit unterstellt wurde, Jugendbücher wären weniger wert, oder weniger wertvoll, oder weniger würdig, oder peinlicher zu lesen als Erwachsenenbücher, habe ich drei Sterne vergeben, mit dem Vermerk, dass es sich um ein großartiges Buch handelt, ich aber ob diese Vorgehensweise des Verlags zutiefst verärgert war.

EDIT
Ich sehe, meine Rezi von damals ist noch online. Damit ihr euch ein Bild machen könnt, wie diese Kritik aussah: http://www.amazon.de/gp/customer-reviews/R37K8J32FWHVT7/ref=cm_cr_pr_rvw_ttl?ie=UTF8&ASIN=3551552002 (leider ist Amazon inzwischen dazu übergegangen, alle Rezensionen zu einem Buch bei sämtliche Ausgaben aufzuführen, so dass jede Rezi, die auf eine spezielle Ausgabe eingeht, blöd darsteht. Damals war es noch anders, damals rezensierte man nicht nur den Inhalt, sondern das Gesamtpaket). Lustigerweise hat ein ehemaliger Tintenzirkler zehn Jahre später diese Rezi kommentiert, ohne zu wissen, dass die von mir war (weil sie nur noch als "ein Leser" aufgeführt wird).
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: HauntingWitch am 24. Juli 2015, 13:02:29
Zitat von: Alana am 24. Juli 2015, 12:28:05
Jede Rezension, die schlechter als vier Sterne ist, kann den Autor unter Umständen eine Menge Verkäufe kosten. Sie kann zum Beispiel die Verkäufe zum Einbruch bringen, so dass das Buch aus einer Bestenliste fliegt, nicht mehr sichtbar ist, und sich nie mehr davon erholt.

Dann diskutiere ich jetzt doch. Ich behaupte, das ist keine unumstössliche Tatsache, sondern hängt davon ab, wo die Rezension erscheint. Auf Amazon stimmt das vermutlich. In einem Forum hingegen, kann es durchaus sein, dass auch ein Drei- oder sogar Zwei-Sterne-Rezi neugierig macht. Ich habe es schon mitbekommen, dass Bücher, die von einem ersten Rezensenten schlecht bewertet worden sind, auch von anderen gelesen wurden, weil sie wissen wollten, was es damit auf sich hat. Das sind dann meistens die, die entweder fünf Sterne oder einen (okay, viele vergeben nicht gerne einen, also zwei) kriegen und das macht erst recht neugierig. Also was auch immer für eine Statistik oder Studie besagt, vier Sterne Rezis seien bereits schlecht, ich glaube es nicht.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Maja am 24. Juli 2015, 13:12:18
Ich mag und kann diese Aussage, dass eine Rezi unter fünf Sternen dem Autor schadet, nicht so stehenlassen - wenn wir als Autoren solche
Dinge von uns geben, welche Botschaft senden wir damit an unsere Leser? Rezensiert das Buch nur, wenn ihr fünf Sterne gebt, sonst lasst es gefälligst bleiben? Es kommt für die Wirkung der Rezensionen auch auf die Menge an. Ein Buch, das nur Fünfstern-Rezis hat, aber insgesamt nur zehn Stück, wird anders gewichtet als ein Buch, das fünfzig Rezensionen hat, davon 15x5, 20x4 und den Rest zwischen eins und drei. Wenn es nur noch auf den Schnitt ankommt, wenn Leser noch nicht mal mehr die einzelnen Rezis lesen, sondern nur noch auf den Durchschnittswert schielen, dann ist das ein System, das durchbrochen gehört und nicht noch weiter gefördert. Damit schneiden wir uns sonst ins eigene Fleisch. Wenn wir Rezensenten abschrecken, weil sie sich erdreisten könnten, unserem Buch nur vier Sterne zu geben - dann hat die Rezension alle Macht als Leserhilfe verloren, dann geht es nur noch um das Pushen von Bestsellern, zehn Milliarden Fliegen können sich nicht irren. Wollen wir wirklich dorthin? Ich jedenfalls nicht, weder als Leserin, noch als Autorin.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Valkyrie Tina am 24. Juli 2015, 13:13:11
Hach Maja, du sprichst mir so aus der Seele!
Ich finde auch, dass das Sternesystem als Schulnotensystem komplett daneben ist.
Als ich damals auf Goodreads gestoßen bin, war ich völlig begeistert von der Seite. Endlich konnte ich meine gelesenen Bücher sortieren. Auch deren Bewertungssystem fand ich toll:
5 Sterne für die besten Bücher aller Zeiten, die Bücher die mein Leben verändert haben, die ich mitnehmen würde, wenn ich diesen Planeten verlassen müsste und nur einen Koffer Bücher mitnehmen.
4 Sterne für die richtig verdammt guten Bücher.
3 Sterne für die soliden Bücher, die ich gern gelesen hab und die ich mir durchaus vormerken würde, wenn der nächste Band erscheint.
2 Sterne für die Wackelkandidaten, wo ich Mängel gefunden hab, aber auch Gutes, und wo ich mir nicht sicher bin, ob ich es mag.
1 Stern für die, die mir nichts gebracht haben. Das kann durchaus sein, dass ich einfach nur mit dem Genre mich vertan hab, und hatte keine Aussage zur Qualität.

(Das deckt sich übrigens mit der Goodreads Einschätzung, 2 Sterne sind "it was ok" und 1 "didnt like it")

So hab ich ganz lang meine Bücher sortiert. Bis ich dann mehr eingestiegen bin, und gesehen hab, dass meine Bewertungen Leute runterziehen, und 4 Sterne teilweise schon als Katastrophe angesehen wird. Seitdem trage ich meine Bücher da ein, die die mir gefallen, kriegen 5 Punkte, die anderen 4... was aber gleichzeitig heißt, dass Goodreads fast wertlos geworden ist, was ich jammerschade finde. Aber... man will ja niemand schaden und man schießt auch keinem Kollegen ins Bein....


Was mir in der Diskussion hier noch aufgefallen ist: viele gehen hier von sich als Autoren aus "warum zieht der mir Punkte ab, nur wegen dem Cover?" Leser bewerten keine Autoren, sie bewerten das Produkt, nach subjektiven Punkten: blöde Schriftgröße, mieses Cover, schlechte Übersetzung... bei mir bekam meine absolute Lieblingsautorin mal 3 Sterne, und ich hab mal 1 Stern vergeben wegen "Zombies". ich mag keine Zombies, also bekommen Bücher mit Zombies 1 Stern.
Verbesserung: bekamen. Jetzt bekommen Zombies 4 Sterne. oder ich lass das Buch ganz raus.  Weil... wozu?  :seufz:
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Janika am 24. Juli 2015, 13:22:24
Ich denke nicht, dass Rezensionen nur zur Kaufentscheidung beitragen. Oder nur die Autorenseele streicheln. Rezensionen haben viele Zwecke, teils sicher auch solche, die ursprünglich nicht dazugehörten/angedacht waren - einfach dadurch, dass sich so etwas mit der Zeit halt verändert.

Zum Thema Kaufentscheidung: Ja, natürlich helfen Rezensionen dabei. Es soll ja Leute geben, die sich durch alle/viele vorhandene Rezensionen wühlen und dadurch ihre Entscheidung treffen. Ich persönlich habe so etwas früher nie gemacht bzw. war eben auch genau der Meinung, dass die Interessen anderer Leser sich ja nicht mit meinen decken müssen. Auf der anderen Seite bin ich da mittlerweile etwas "offener" geworden, wenn ich das so sagen darf. Fakt ist, wenn viele Menschen dasselbe Buch mögen, müssen sie irgendetwas gemeinsam haben, und wenn es nur die Vorliebe für ein Merkmal dieses Buches ist. Daher beachte ich Rezensionen mittlerweile ebenfalls, sofern mich ein Buch nicht sofort mit "Lies mich unbedingt!" anspringt, sondern ich mich erst noch entscheiden muss. An der Anzahl der Sterne orientiere ich mich aber eher weniger, da gucke ich nur einmal kurz drauf. Ich lese quer (auch durch die Bewertungsränge) ein paar Rezensionen durch, längere überfliege ich. Dabei suche ich solche, die auch auf Stil und Elemente eingehen. Wenn ich in einer Rezension lese, dass jemandem der schnelle, schlichte Stil eines Buches (bzw in dem Fall ja auch des Autors) gefallen oder halt nicht gefallen hat, weiß ich, was mich erwartet. Ob ich persönlich so einen Stil mag, weiß ich ungefähr, und die Leseprobe kann mich daran dann noch unterstützen.
Insgesamt orientiere ich mich bei diesem Querlesen besonders an fundiert/begründet geschriebenen Rezensionen. Offensichtliche Verrisse oder Schimpftiraden sowie auf der anderen Seite Fangirl-Lobhudeleien klicke ich schnell wieder weg. "Mega Buch!" oder "Grottenstory!" bringt mich in meiner Entscheidung nicht weiter, solange ich die RezensentInnen nicht gerade persönlich kenne und weiß, ob wir uns im Lesegeschmack ähneln.

Zum Thema Marketinginstrument: Ja, das sind Rezensionen zweifelsohne. Gerade in Zeiten, in denen Onlinemarketing und Social Media so wichtig und verbreitet geworden sind. Auf vielen Büchern sind ja Kurzstatements berühmter Kollegen oder sonstiger Bekanntheiten abgedruckt. Die haben mir persönlich immer überhaupt kein Bild vermittelt. Beispiel: "Das ist der Stoff, aus dem meine Kinoträume sind!", das steht bei den Bänden von "Die Feuerreiter seiner Majestät" auf den Rückseiten mehrere Bände und kommt von Peter Jackson. Eine tolle Formulierung, die mir auch im Kopf hängen geblieben ist, wie man sieht. Aber es konnte mir nicht dabei helfen, zu entscheiden, ob ich mit der Reihe anfangen will, denn über Inhalt und Umsetzung sagt es absolut gar nichts aus.
Nun aber haben Verlage wie auch Autoren die Möglichkeit, jeden noch so kleinen Satz, der irgendwie positiv rüberkommt, zu teilen und mit einer breiten Masse potenzieller Leser zu teilen. Und da sich aktuell kein gesundes Maß an Werbung eingependelt hat (meiner Meinung nach), sondern alle versuchen, einander zu übertrumpfen und bloß nonstop sichtbar zu bleiben, hauen sie halt jede Rezension raus, die sich ihnen bietet.
Einige potenzielle Leser mag das vielleicht überzeugen, nach dem Motto "Immer wieder gute Rezensionen, so viele Leute sind begeistert, das muss ja gut sein!", aber um ehrlich zu sein: Ich glaube nicht, dass das wirkliche "Leser" sind, die eine Geschichte auch mit dem Herzen erleben und vor sich sehen. Bei solchen Leuten habe ich immer das Gefühl, dass sie nur zum Zeitvertreib lesen, aber kein richtiges Kopfkino haben. Da ist es dann relativ egal, ob die Geschichte flach geschrieben ist oder viele Schnörkel malt. Anspruchsvollere Leser wiederum wirst du nicht nur mit vielen Durchschnittssternen zu packen kriegen. Da sind dann gelegentlich hervorgehobene, besonders schön ausgeführte (und argumentative!) Rezensionen deutlich wirkungsvoller.

Zum Thema Autorenseelen streicheln: Ja. Natürlich lassen AutorInnen sich gerne bauchpinseln! Und das tun auch relativ inhaltslose Rezensionen. Natürlich freue ich mich, wenn zu meinen kümmerlich vorhandenen Rezensionen eine neue dazukommt und vier oder fünf Sterne zeigt. Natürlich ist man stolz, denn das Buch stammt ja aus der eigenen Feder. Und natürlich reißt eine schlechte Bewertung einen runter, einen Großteil der mir bekannten Autorenschaft zumindest. Ausnahmen bestätigen da die Regel, und natürlich kenne ich auch nur einen Bruchteil aller AutorInnen, die es gibt. Fakt ist einfach: Der Mensch strebt nach Aufmerksamkeit und Anerkennung, und damit steht und fällt seine Zufriedenheit. Entsprechend kann ich es gut nachvollziehen, wenn AutorInnen sich über jede neue Rückmeldung freuen. Ich freue mich auch, wenn ich in der Vorschau sehe, dass die Zahl der Rezensionen gestiegen ist - noch bevor ich die neu hinzugekommene dann überhaupt gelesen habe.
Ich will nicht bestreiten, dass ich verdammt gerne deutlich mehr Rezensionen als sieben oder acht plus ein paar Blogeinträge hätte. Auch zum Seelestreicheln und auch für den Marketingeffekt (der ja, siehe oben, zwangsweise da ist bzw für solche Zwecke geteilt wird). Aber in den zwei Jahren seit meiner Debütveröffentlichung hab ich mich auch bei Rezensionen zu eigenen Geschichten deutlich mehr auf den Inhalt zu konzentrieren begonnen. Ich kann jetzt nämlich sehen, was bei LeserInnen gut oder eben schlecht ankommt. Wenn viele Fehler kritisiert werden, weiß ich, dass ich nächstes Mal genauer arbeiten und auch der Verlag aufmerksamer sein muss. Wenn jemand meinen Schreibstil zu langatmig findet und schreibt, dass die Sätze sehr verschachtelt sind, muss ich für mich abwägen, ob ich das "zufällig" mache und ändern mag oder es meiner Meinung nach zu meinem Stil fest dazugehört. Wenn ich lese, dass ich die Worte "Jugendliche/r" und "entgeistert" inflationär oft benutze, muss ich mir mal an die eigene Nase fassen und da zukünftig stärker drauf achten, weil ich von mir weiß, dass ich Wiederholungen eigentlich vermeiden will.
Damit wären wir wieder bei sachlichen Rezensionen. Und damit meine ich jetzt nicht objektiv, denn da stimme ich Maja vollkommen zu. Eine Rezension beschreibt eigene Eindrücke und die eigene Meinung, damit ist sie zwangsläufig subjektiv. Ich meine hiermit jetzt, nicht zu hyperemotional zu schreiben, sondern seine Ansichten auch zu begründen und/oder Beispiele zu geben. Denn nur von genau diesen Rezensionen kann ich als Autorin etwas lernen, und der Verlag, so er dazu gewillt ist, ebenso.

Für mich ist die Abstufung bzw Reihenfolge folgendermaßen: Der Streicheleffekt kommt zu allererst. Damit ist er aber keineswegs am wichtigsten, es ist einfach nur die erste Reaktion/Emotion, die aufblitzt. Dann kommt der Lerneffekt, der mir wichtiger als Marketing ist und den ich direkt persönlich einleiten kann. Der Werbeeffekt kommt wiederum dahinter, ist (in Maßen!) ebenfalls gut und nützlich, aber man muss eben Maß halten und die Leute damit dann auch erstmal erreichen und auf Interesse stoßen, sich die Rezension auch durchzulesen.

Zum Thema, was in eine Rezension gehört: Das sieht jeder anders, genau, und das finde ich auch okay so, solange es eindeutig zu erkennen ist. Jeder hat eigene Maßstäbe, die aber zu einem Gesamteindruck führen, und dieser wird dann ausgedrückt durch die Sterne, die als Orientierung dienen sollen. Klar sind diese nicht perfekt, daher bin ich auch skeptisch, dass einige Portale die Möglichkeit bieten, Sterne zu vergeben, ohne eine Rezension dazu zu schreiben. Ich meine, ist ja schön, wenn ein Buch 102 Bewertungen mit einem Durchschnitt von 4,2 Sternen hat, aber wenn darunter dann nur 12 eigentliche Rezensionen stehen, habe ich keine Ahnung, warum denn nun mal mehr, mal weniger Punkte vergeben wurden.
Ich finde einfach, es sollte aus einer Rezension ersichtlich sein, welche Aspekte bewertet wurden (und wie, logischerweise). Ich finde es absolut okay, die reine Geschichte zu bewerten. Ich finde es auch okay, den Autor mit zu bewerten, da es seine Geschichte ist. Achtung - hier meine ich nicht den Autor als Person, sondern seine Ideen und seinen Schreibstil. Zwei Bücher desselben Urhebers miteinander zu vergleichen und zu sagen, dass da meines Erachtens eine Steigerung zu sehen ist oder sich doch nur alles wiederholt, finde ich absolut legitim.
Ich für meinen Teil rezensiere in den meisten Fällen Bücher, und das heißt für mich: Das Buch als Gesamtpaket, nicht nur die Geschichte. Daher baue ich meine Rezensionen so auf, dass ich nochmals einen kurzen Handlungsanriss gebe, meine Grundhaltung nach dem Lesen festhalte und dann einzeln aufzähle, was mir besonders aufgefallen ist, positiv wie negativ. Da gehe ich dann halt nicht nur auf den Schreibstil und Inhalt ein, sondern auch darauf, ob das Cover mich persönlich anspricht bzw. meiner Meinung nach zur Geschichte passt (denn auch das kann einem Interessenten ja helfen sowie Autor und Verlag Feedback geben). Zum Schluss ziehe ich dann mein Fazit und vergebe die Gesamtwertung. Dabei fließt das Äußere deutlich wenier ein als die eigentliche Geschichte, aber wenn mich etwas massiv stört, kann es halt schon zu Abzug führen. Auch über einzelne Fehler kann ich z.B. hinwegsehen, während eine Häufung von Buchstabendrehern und Grammatikfehlern mir das Leseerlebnis schmälert und daher durchaus zu genug "Minus" für einen halben bis ganzen Stern weniger führen kann, weil es eben meinen Gesamteindruck vom Buch mindert.

Ich merke allerdings selbst auch, dass ich ungern schlechte Bewertungen vergebe. Ich glaube, im Mittel vergebe ich tatsächlich meist vier Sterne. Das heißt aber nicht, dass ich nicht auch deutlich schlechtere Bücher gelesen habe oder leichtfertig immer diesen Wert ansetze. Ich bewerte einfach nicht jedes Buch, dass ich gelesen habe, und häufig steht bei meiner Rezension auch dabei, dass ich z.B. eher zu 3,5 tendiere, aber nunmal keine halben Sterne auswählen kann. Da entscheide ich dann individuell nach Bauchgefühl, ob ich einen runtersetze oder eben einen hoch, kommuniziere es wie gesagt aber auch.
Ich weiß auch, wie reizbar Autoren reagieren können. Ich habe mal eine eBook-Reihe mit damals fünf von sechs Bänden zur Rezension erhalten. Habe das erste aufgrund vieler Fehler und flacher Handlung mit drei Sternen bewertet, das zweite zu lesen begonnen. Darauf beschwerte die Autorin sich privat wie auch öffentlich, ich hätte ja anscheinend eine alte Version statt der von ihr erhaltenen Version gelesen, sei absolut unmöglich und undankbar und solle bitte die Reihe weder weiter bewerten, noch überhaupt weiter lesen. Das finde ich dann schon heftig.

Im Großen und Ganzen bewerte ich aber trotzdem auch bei Nichtgefallen, nur mittlerweile halt nur noch im Zusammenspiel aus "Bringt es Nutzen?" und meinem Zeitkontingent. Ich rezensiere hauptsächlich Klein- und Eigenverlagsbücher, einfach weil ich dort den Bedarf sehe. Sowohl für Autor (und ggf. Verlag) als Rückmeldung als auch als Entscheidungshilfe für Interessenten. Eben dort, wo bislang nur wenige Rezensionen vorhanden sind. Ein Buch mit über hundert Rezensionen, unter denen auch mindestens eine Handvoll fundierter sind, braucht meine "Hilfe" in alle besagten Richtungen nicht. Bei nur fünfzehn oder sogar fünf Rezensionen kann meine Rückmeldung etwas ausmachen.

Wow, jetzt habe ich mich irgendwie ein wenig festgeschrieben. :o Ich habe trotzdem versucht, nicht zu sehr auszuschweifen, ich schwör's! :versteck: Und zehn Beiträge sind in der Zeit auch schon wieder geschrieben worden, puhh.

Also, Nachtrag: Ob geteilte Rezensionen wirklich eher die Interessenten als diejenigen erreichen, die das Buch schon kennen und die Rezension daher nicht mehr benötigen, sei mal dahingestellt. Ich vermute auch eher letzteres.
Dass man fünf oder wenigstens vier Sterne als Durchschnitt haben MUSS, sehe ich nicht so. Klar, drei Sterne sind nicht gerade pralle, aber eben nur, weil es mit "mittelmäßig" übersetzt wird, das ist wieder so ein Gesellschaftsding (denke ich). Ich persönlich gucke auch bei 3-Sterne-Durchschnitt das Buch noch an. Ein oder zwei Sterne sind natürlich übel, gerade wenn es ein Durchschnitt bei vielen Bewertungen ist. Aber auch da gucke ich persönlich wieder, woran das liegen kann - viele Leser, aber trotzdem schlechtes Image. Und zack, ich beschäftige mich weiter damit. "Schlechte Werbung ist besser als gar keine Werbung", wird ja so oft gesagt ... Ich denke schon, dass eine deutlich niedrige Bewertung negative Auswirkungen haben kann/hat. Aber "niedrig" beginnt nicht direkt unterhalb der vier Sterne.
Dass die Meinung frei geäußert werden soll(te) und niedrige Bewertungen nicht "unterdrückt" werden sollten, sehe ich genauso.
Und wo Maja ihre Art der Bewertung offenlegte: Ich zum Beispiel vergebe häufiger auch mal fünf Sterne. Das bedeutet bei mir nicht "perfekt", denn ein solches Buch (als Gesamtpaket) ist mir noch nicht über den Weg gelaufen. Es bedeutet einfach, dass mich das Buch absolut begeistert und mir die ganze Zeit über tolles Kopfkino beschert hat und ich nach dem Lesen sehr zufrieden bin. Deshalb habe ich weiter oben ja auch geschrieben, dass der Maßstab des einzelnen Rezensenten aus der jeweiligen Rezension hervorgehen sollte, da die Orientierung an den Sternen einfach wahnsinnig schwammig ist.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Sascha am 24. Juli 2015, 14:04:55
Also ... nur mal so kurz eingeworfen:
Ich kann gar nicht verstehen, warum man diese Äußerlichkeiten als Leser mitbewertet. Also, ansprechen ja, aber in die Note einfließen lassen (das sind diese Sterne ja)? Nö. Als Autor möchte ich natürlich ein passendes Cover und einen coolen Titel, weil das natürlich mehr Leser neugierig macht. Aber wenn ich als Leser ein Buch erst mal angefangen hab, interessiert mich das doch nimmer.

Auch, als ich nur Leser war und noch nicht als Autor gedacht habe, hätte ich bei einem Buch keine Punkte abgezogen, weil das Cover häßlich oder der Titel dämlich ist. Ich hätte, wenn ich jemals eine Rezi verfasst hätte, dann halt so angefangen (gutes Buch, Verpackung Mist):
ZitatOkay, ganz ehrlich: Das Cover sieht grottenhäßlich aus, und wer sich den Titel hat einfallen lassen, möchte ich gar nicht wissen. Aber trotzdem sollte man sich davon nicht abschrecken lassen, denn der Inhalt ist genial. Ich hab mich kringelig gelacht ... blablablubb
Und ich hätte erst recht 5 Sterne vergeben, um die miese Verpackunug auszugleichen.

Oder bei umgekehrter Konstellation:
ZitatTja, der Titel klang vielversprechend, das Cover sieht ja auch klasse aus, aber nach 50 Seiten hab ich aufgegeben. Was eine Quälerei! schimpf-mecker-nöl
Und dann gibt's eben evtl. auch nur einen Stern.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Christopher am 24. Juli 2015, 14:23:57
Das einzig wirklich Problematische am Punktwert der Rezensionen sehe ich bei der Sichtbarkeit und deren Abzügen auf Amazon und co.

Noch bin ich einzig als Leser da unterwegs und ganz ehrlich: Der Durchschnittswert eines Buches interessiert mich erst ab 50+ Rezensionen. Alles davor ist Quatsch. Und auch da halte ich es ähnlich wie Maja: Die "besten" und "schlechtesten" Rezensionen schaue ich mir gar nicht an. Ich schaue nach einer langen Rezension, die den Eindruck erweckt, dass sich jemand Mühe gegeben hat (Struktur im Text, saubere Rechtschreibung etc.) und dass der Verfasser zumindest versucht hat objektiv zu sein.
davon such ich mir sowohl am oberen als auch am unteren Spektrum der Skala 1-2 und dann kann ich mir erst ein grobes Urteil über das Buch bilden.

Ich würde jetzt nicht so weit gehen, den ganzen Prozess zu dramatisieren. Wenn Maja das so macht und einige andere hier auch, solltet ihr davon ausgehen, dass auch einige (viele?) Leser nicht ganz dämlich sind. Jeder Mensch lernt mit der Zeit und wer aufgrund von 4-5 5-Sterne-Rezensionen schon öfter Bücher gekauft hat und enttäuscht wurde, wird vorsichtiger werden.

Dass Computer und ihre Algorythmen sowas nicht abbilden können und dass Ranking und Sichtbarkeit daher darunter leiden, ist daher wie bereits im ersten Satz gesagt das eigentliche Problem.
Ich vertraue da aber durchaus auf Amazon und co. Nicht weil die so nett sind, ihre Algorythmen anzupassen, damit die Objektivität und der Geist der Rezensionen wieder aufblühen, sondern weil ein schlechtes System die Profite drückt. Und auf den Profitwillen kann man sich verlassen.  :omn:
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Tigermöhre am 24. Juli 2015, 14:28:21
Ich bin ja bisher bei Rezensionen nur auf der Leserseite.
Wenn ich mir ein Buch ansehe, lese ich zuerst die schlechtesten Rezensionen und arbeite mich dann zu den besseren vor. 5 Sterne-Rezensionen lese ich nur, wenn es nicht genug andere gibt. Nach meiner Erfahrung sind die nämlich zu 95% nur Lobhudelei-Blablabla.
Da mittlerweile ja leider die verschieden Ausgaben zusammengelegt wurden, gibt es viele 1 Stern-Rezensionen mit Texten wie "Das E-Buch ließ sich nicht öffnen" oder "Das Buch ist toll, aber das Hörbuch eine Zumutung." Solche Rezensionen bringen mir überhaupt nichts und verfälschen den Eindruck. Ich finde auch nicht, das man für Cover und Titel Punkte abziehen sollte und finde da den Ansatz von Sascha deutlich besser.
Ich habe auch mal eine 4 Sterne-Rezension gelesen, in der der Rezensent als erstes schrieb, dass er das Produkt (ich glaube es war ein Brettspiel) eigentlich mit 5 Sternen bewerten würde, aber dann würde seine Rezension nicht gelesen werde. Er hat dann auch sehr genau erklärt, wie er zu seiner Bewertung kam.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Maja am 24. Juli 2015, 15:20:44
Die schlimmsten Rezis auf Amazon sind die, bei denen die Rezensenten durcheinanderbringen, was sie da rezensieren - das Produkt oder den Händler. Wenn ich da eine Fünf-Stern-Rezi lese mit dem Inhalt "Superschnelle Lieferung, ist gut angekommen", dann weiß ich, der Rezensent ist hier falsch. Umgekehrt, wenn Lieferverzögerungen eines Händlers den Schnitt drücken, ist das besonders ärgerlich. Aber gerade deswegen gebe ich nicht viel auf Durchschnittswertungen. Ich habe mich durch Lesekritiken gekämpft, als ich meinen neuen Kindle bestellt habe, um herauszufinden, ob sich der Mehrpreis für den Paperwhite bei mir lohnen würde - da gibt aber dann z.B. jemand nur einen Stern, weil er sich getäuscht fühlt, dass er dann immer noch Geld für die Bücher bezahlen muss und die nicht alle im Kaufpreis enthalten sind.

Als Autorin mag ich Rezensionen in Blogs deutlich lieber als die auf Amazon oder den Bewertungsplattformen - einfach weil sie für mich deutlich sichtbarer sind als einzelne Amazon-Rezis, nicht nur ein Beitrag zur Durchschnittswertung, und damit auch individueller wahrgenommen werden können. Allerdings holen viele Blogger dann auch aus zum großen Rundumschlag. Und wenn ich ein und dieselbe Rezi auf Amazon, Thalia, Weltbild, buch.de, bol.de, Lovelybooks, Goodreads etc. lese, dann frage ich mich, wieso es überhaupt diese verschiedenen Plattformen gibt, wenn doch ohnehin überall das gleiche steht.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Sascha am 24. Juli 2015, 15:45:08
Zitat von: Maja am 24. Juli 2015, 15:20:44
Als Autorin mag ich Rezensionen in Blogs deutlich lieber als die auf Amazon oder den Bewertungsplattformen - einfach weil sie für mich deutlich sichtbarer sind als einzelne Amazon-Rezis, nicht nur ein Beitrag zur Durchschnittswertung, und damit auch individueller wahrgenommen werden können.
Ich komm schon wieder mit meiner unbedarften Sicht:
Zwar weiß ich, daß es Rezensionen in Blogs usw. gibt, aber ich könnte jetzt keine einzige Seite nennen, auf der sowas zu finden ist. Bei Amazon finde ich die Bücher und diverse Rezis, dann schau ich schon mal auf den Durchschnitt, aber alles, was wenigstens 3 Sterne hat, ist interessant genug (sofern mich die Inhaltsangabe anspricht), um mir einige der Rezis durchzulesen. Und da merkt man ja schnell, ob jemand einfach rummault oder umgekehrt hemmungslos hochjubelt, oder ob sich jemand wirklich Gedanken gemacht hat bei dem, was er schreibt.
Insofern sind gut geschriebene Rezis schon hilfreich. Ich kaufe ja nicht bei Amazon, aber zur Information nutze ich gerade diese Seiten schon gerne.
Aber wenn natürlich die dämlichen Sternchen dazu führen, daß ein nicht nur TOP bewertetes Buch aus der Sichbarkeit fällt, wie Alana sagt, dann ist das System definitiv Murks.

Gibt's denn irgendwo eine Art Inhaltsverzeichnis von Buch-Rezensenten? Oder hilft nur, immer nach dem Buchtitel zu suchen und sich dann die Rezis rauszupicken?
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Snöblumma am 24. Juli 2015, 16:10:28
Ich habe oft das Gefühl, gerade in den Massengenres (Romance in allen ihren Facetten) sind Rezensionen irgendwie inflationär geworden. Kaum ist ein Buch auf dem Markt, hat es 50+ 5-Sterne-Rezis bei Amazon, die häufig knapp und kurz gehalten sind. Keine Ahnung, woher das kommt, aber es hat für mich zwei Auswirkungen:
Als Leserin schaue ich mir die Rezis nicht mehr an, weil ich sowieso das Gefühl habe, dass das nur Fans/Bekannte sind, die dem Autor einen Gefallen tun wollen und ziemlich unreflektiert alles gut finden. Ich kaufe mittlerweile einfach nach Autoren bzw. Verlagen, weiß, was mir gefällt, und wenn ich mal über etwas Neues stolpere, lese ich halt in das Buch rein. Insofern entwertet für mich diese Art der Rezension vollkommen. So etwas bietet mir keine Orientierung mehr.
Als Autorin ist es für mich vermutlich ein Problem, weil ich so gut wie keine Rezis bekomme. Damit ist das Buch nicht sichtbar, verkauft sich nicht und bekommt noch weniger Aufmerksamkeit. Wobei - das ist eigentlich das Problem des Verlags.  ;D Ich selber habe mir meine Rezis noch nie angeguckt (Ehrlich. Ich habe jetzt, als das Thema hier aufkam, mal nachgesehen, was und wie viele Rezensionen ich habe, und dabei festgestellt, dass das eh nicht der Rede wert ist), weil sie mir nichts geben. Ich mag meine Bücher, von meinen Betas habe ich ehrliche Rückmeldung und was der Rest der Welt darüber denkt ist mir eigentlich ziemlich egal.

Tja, ich glaube, dass Rezis heutzutage tatsächlich vor allem ein Marketinginstrument geworden sind, mit dem sich Bücher pushen lassen. Je mehr Leute etwas gut finden, umso eher kaufen zögernde Dritte es auch. Das ist wie früher die Bestsellerstapel am Bahnhof - was alle toll finden, kann ja nicht so verkehrt sein. Das, was ich mir als Leser wünschen würde (ehrliche Einschätzungen, realistische Bewertungen) finde ich zumindest in meinen Standardgenres schon lange nicht mehr.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Franziska am 24. Juli 2015, 16:33:10
Ich verstehe auch einfach nicht, warum so viele Leser nur auf amazon-Rezensionen gucken. Die lese ich mir fast nie durch. Man kann manchmal daran sehen, wie belibt Bücher sind, aber auch nicht immer. 5-Sterne Rezis lese ich auch kaum, eher 4 oder drei, daher finde ich es so komisch, dass so viele Leute nur darauf gucken, ob das Buch einen 5-Sterne Schnitt hat. Das ist mir immer eher verdächtig. Aber es stimmt schon, dass das einfach so ist, dass es Verkäufe beeinflusst. Deshalb rezensier ich auch nur Bücher von Autoren die ich kenne, wenn ich die Bücher richtig gut fand oder eben gar nicht. Wenn ich jetzt zum Beispiel Filme oder so rezensiere ist mir das egal.
Ich lese allerdings sehr gerne Rezensionen, vor allem auf goodreads. Ich finde es toll, dass ich da Leute finden kann mit ähnlichem Buchgeschmack und dann sehe, wie sie Bücher bewerten, die ich  vielleicht noch lesen will. Dann frage ich auch manchmal nach, wie sie das Buch denn fanden und warum jetzt nur 2 Sterne oder so. Ich folge da aber fast nur Leuten, die einen ähnlichen Geschmack haben. Manchmal helfen da auch 2-Sterne Rezis von Leuten bei denen sich sehe, dass sie einen ganz anderen Geschmack haben.
Ich lese aber auch vor allem gerne Rezis, wenn ich das Buch selbst gerade gelesen habe. Weil ich es einfach interessant finde, was andere darüber denken. Auch, wenn ich da zum Beispiel nicht genau weiß, was ich von dem Buch halte oder warum es mir so und so gefallen hat. Da finde ich es einfach spannend zu lesen, wie andere das in Worte fassen.

Mit Rezensionen zu eigenen Texten hatte ich noch nicht so viel Erfahrung. Ich sehe es da eigentlich ähnlich wie Maja, dass es keine Huldigugn des Autors ist, sondern sich an andere Leser widmet. Ein Autor sollte nie nie nie auf Rezensionen auf Amazon antworten.
Anders empfinde ich es bei fanfiktion. Da werden Rezis häufiger direkt an den Autor gerichtet, oder per Mail geschickt. Da antworte ich dann auch meistens drauf. Manchmal auch sowas wie: danke für den Hinweis, das war brechtigte Kritik. Aber das ist da eben auch anders, weil da nichts verkauft wird und weil die Leser eben den Autor direkt ansprechen. Da sehe ich es schon so, dass Rezensionen eine Kommunikationsform sind, mit anderen Lesern und mit dem Autor.
Auf goodreads sehe ich es so, dass es auch eine Kommunikationsform mit anderen Lesern ist, während es auf amazon nur um den Verkauf geht. Blogs sind da ähnlich wie GR, da würde ich auch nie auf eine Rezi antworten, schöne Rezensionen würde ich aber durchaus teilen.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: HauntingWitch am 24. Juli 2015, 16:45:35
Zur Rezension auf mehreren Plattformen: Nun, aus Autorensicht ist das doch gut, steigert den Bekanntheitsgrad (hoffentlich).  ;D

Zitat von: Franziska am 24. Juli 2015, 16:33:10
Ich lese aber auch vor allem gerne Rezis, wenn ich das Buch selbst gerade gelesen habe. Weil ich es einfach interessant finde, was andere darüber denken. Auch, wenn ich da zum Beispiel nicht genau weiß, was ich von dem Buch halte oder warum es mir so und so gefallen hat. Da finde ich es einfach spannend zu lesen, wie andere das in Worte fassen.

So geht es mir auch, aber auch bei Musik. Ich finde es einfach total spannend, wie andere dieselben Sachen empfinden, gerade auch, wenn sie eben nicht gleich denken wie ich.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Drachenfeder am 24. Juli 2015, 17:11:05
Auch ich durfte in den letzten 1 – 2 Jahren meine Erfahrungen mit Rezensionen machen. Für mich sind diese in erster Linie wichtig für den Bekanntheitsgrad. Gerade als Kleinverlagsautor ist es wichtig irgendwie auf sich Aufmerksam zu machen, da die Werbung vom Verlag her ja eher dürftig ist. Aber natürlich ist es mir auch wichtig, dass ich nicht zu viele schlechte Bewertungen bekomme, denn dann sollte ich mir Gedanken machen ... Beides habe ich bisher erlebt.
Die meisten, so meine Erfahrung, schauen tatsächlich auf die Amazonsterne. Das ist eben so und ich glaube nicht, dass sich das groß ändern wird. Ich selbst freue mich über Rezis die auf Bücherblogs, Lovelybooks oder Goodreads erscheinen. Ob mir das weiterhilft? Keine Ahnung. Mein Engelroman, dass gebe ich zu, läuft nicht besonders gut. Liegt gewiss an der wenigen Werbung, denn die Rezensionen waren bisher gut. Aber auch sehr wenig im Vergleich zu meinen Novellen. Da ist aber auch der Verlag dahinter. Wie komme ich als Miniautorin an Rezensenten, die es ernst meinen?

Aus eigener Lesersicht: Ich schaue auch auf die Amazonsterne und auf die Rezensionen auf Blogs. Wobei es mich auch schon gereizt hat, die Bücher zu lesen, die nicht so gut abgeschnitten haben und ich war oft überrascht. Es ist wie bei Filmen: Schlecht abgeschnittene Filme gefallen mir und bei hochgelobten, frage ich mich, was die Leute daran finden. Bei Büchern ist das auch so und ich hoffe, dass die meisten Leser sich auch von "nur" drei Sternen nicht abschrecken lassen, wenn ansonsten der Kurzinhalt oder die Leseprobe zusagt.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Leann am 24. Juli 2015, 17:14:28
ZitatIch lese aber auch vor allem gerne Rezis, wenn ich das Buch selbst gerade gelesen habe.
Das mache ich auch manchmal, und gerade in letzter Zeit habe ich mich dann oft gefragt, ob die Leute das gleiche Buch gelesen haben. Ich konnte besonders die 5-Sterne-Lobhudeleien so gar nicht mit dem mäßigen Kram in Verbindung bringen, durch den ich mich soeben durchgequält hatte. Ich frage mich dann auch, ob die Leute das ernst meinen oder ob das Gefälligkeitsrezensionen sind. Anders kann ich mir das oft nicht erklären. Manchmal reicht auch schon ein Blick in die Leseprobe, um zu merken, dass mir der Roman überhaupt nicht zusagt, selbst wenn da hunderte von 5-Sterne-Rezensionen sind. Interessanterweise fällt mir das besonders im Romance-Bereich auf. Mein Geschmack ist da wohl so verquer, dass er sich überhaupt nicht mit dem aller anderen Leserinnen deckt. Ja, das ist schon spannend. 
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Christopher am 24. Juli 2015, 17:25:28
Ja, die Leseproben sind auch inzwischen mein wichtigstes Kriterium geworden. Wenn die schon vor handwerklichen Schwächen strotzen, weiß ich, dass ich mir den Rest meistens sparen kann.

Wie gesagt: Ich würde die inflationäre Verwendung der 5 Sterne nicht dramatisieren. Gute Bücher setzen sich trotzdem durch und jeder halbwegs erfahrene Kunde merkt, wo es bloß Lobgesänge sind und wo ernst gemeinte Rezensionen dahinter stecken.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: FeeamPC am 24. Juli 2015, 18:52:05
Ich möchte noch eine Sache anmerken, wo Rezensionen eindeutig und sehr wichtig Werbung sind:
Wenn ein Verlag nämlich Geld in die Hand nimmt und für Ebooks bezahlte Werbung macht. Bestimmte Webportale, die solche Werbung verkaufen (und damit ein Buch extrem bekannt machen können), setzten eine Mindestanzahl von Amazon-Rezensionen und eine Mindest-Anzahl Sterne voraus, damit das Buch überhaupt beworben werden darf.

Heißt also, ein neuer Autor mit unbekanntem Produkt muss irgendwie an gute Rezensionen kommen, sonst kann er nicht mal richtig Werbung für sein Buch machen.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Maja am 24. Juli 2015, 19:09:40
Ich sehe auch den Unterschied in der Sichtbarkeit meiner Bücher: dotbooks hat mir für meine Lovelybooks-Leserunde 20 Exemplare gegeben und nochmal so viele über "Blog dein Buch" rausgehauen, und plötzlich war das ganze Netz voller Puzi-Rezensionen - Blogs, Amazon, etc. Ich muss aber dabei sagen, dass ich meine Leserundenexemplare auch nicht einfach verlost habe, sondern die ersten fünfzehn vergeben nach einem eigenen Punktesystem, bei dem ich die Bewerber nach Origalität bei der Beantwortung der Eingangsfrage, Ausdruckstalent und Inhalt der Beiträge verteilt habe und nur die letzten fünf verlost (das hatte ich auch vorher an die Bewerber kommuniziert), und dadurch sind von Anfang an sehr schöne Rezensionen entstanden.

Als dann "Geigenzauber" rauskam, hatte ich keine Kraft für noch eine Leserunde, von sich aus hat der Verlag auch keine Reziexemplare verteilt, und dadurch ist das Buch effektiv unsichtbar geblieben. Ich denke, noch so eine Leserunde wie beim "Puppenzimmer" hätte da eine Menge ausgemacht wegen der Fernwirkung der Rezensionen, aber ich habe einfach nur so-und-soviel Kraft. Jetzt kann ich nur hoffen, dass, wenn nächstes Jahr mein erster Printroman rauskommt, ich wieder eine Leserunde machen kann - jedenfalls lege ich jetzt schon jeden Monat ein bisschen Kraft dafür zurück. Ich habe keine Angst, das Buch könnte schlechte Kritik einfahren - ich habe mehr Angst, dass es unsichtbar bleibt. Dann wirklich lieber einen Schnitt von 3,9 bei tausend Rezis - namentlich, wenn die vorher alle das Buch gekauft haben.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: canis lupus niger am 25. Juli 2015, 09:00:45
Zitat von: Maja am 24. Juli 2015, 11:31:33
Lösen wir uns von der Vorstellung, dass die Rezis für uns sind. Dann können wir auch deutlich besser damit umgehen, wenn sie nur einen oder zwei Sterne mit sich bringen. Und dann dürfen unsere Rezensenten selbstverständlich Punkte abziehen für Entscheidungen, die allein der Verlag zu verantworten hat.

Ich persönlich empfinde jede Rezension von etwas, das ich selber geschrieben hab, als Geschenk, egal wie sie ausfällt. Da hat sich nämlich jemand die Zeit genommen, (und Zeit ist heutzutage ein kostbares Gut), mein Geschreibsel zu lesen und etwas dazu aufzuschreiben. Marketingnutzen hin oder her, dafür bin ich dankbar, denn es interessiert mich einfach, wie das, was ich mit Herzblut zu Papier gebracht habe, von anderen wahrgenommen wird. Wenn es dann noch anspruchsvolle Leser sind, umso besser. Vermutlich geht das vielen Autoren, die bei Kleinverlagen veröffentliche, so.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Miezekatzemaus am 25. Juli 2015, 09:40:09
Die Sterne-Bewertung ist im Prinzip eine gute Idee, finde ich. Wenn ich zum Beispiel Interesse an einem Buch habe, aber nicht sicher bin, ob ich es kaufen soll, schaue ich erstmal auf die Sterne und dann auf die Rezensionen. Wenn das Buch einen Schnitt von einem oder zwei Sternen hat und mir die Leseprobe auch nicht gefällt, kann ich mir ja vielleicht schon anhand derer denken, wieso das Buch so wenig Sterne hat und ob ich es trotzdem lesen will. Wenn sie mir gefällt, gucke ich natürlich die Rezensionen an und schaue nach, warum die Wertungen so niedrig sind.
Wenn das Buch gute Bewertungen hat, spiele ich dasselbe Spiel: Ich schaue mir die Leseprobe an (natürlich immer, sodenn vorhanden, aber meist gibt es ja eine) - wenn sie mir nicht gefällt, die Rezensionen, um zu sehen, ob sie mich vom Gegenteil überzeugen können.
Eine bis drei Rezis lese ich meist ohnehin, damit ich sichergehen kann, und dann kaufe ich das Buch oder ich kaufe es nicht. Mache ich übrigens auch bei anderen Gegenständen so. Wenn ich bewerten müsste (momentan, habe ich früher anders gemacht), dann nach folgenden Stufen: 5 Sterne, wenn ich noch drei Tage später über das Buch nachdenke, es auf den Stapel meiner Lieblingsbücher lege und es anderen einfach so empfehle. Dazu darf es aber keine inhaltlichen/logischen Fehler haben! 4 Sterne kann leichte Logikfehler, die man vielleicht übersieht, wenn man nicht genau darauf achtet, enthalten. 3 Sterne gebe ich (gebe ich ist gut, im Moment rezensiere ich nichts, aber so sind meine Kriterien), wenn mich das Buch zwar beschäftigt, ich aber Logikfehler gefunden habe, 2 Sterne, wenn es meinen Geschmack verfehlt hat, weil [*Begründung*] (sowas würde ich nie ohne Begründung posten) und 1 Stern, wenn ich es nicht ausgelesen habe, natürlich mache ich das auch nur begründet.
Wenn meine Rezension aber nur aus persönlichen Gründen schlecht ausfallen würde, würde ich sie nicht schreiben - man kann das ja machen, aber ich mag das nicht so, weil ich es nicht besonders objektiv finde.
Ich denke, das Problem an den Sternen ist, dass man sie vollkommen unterschiedlich interpretieren kann - wenn Person A sagt: "drei Sterne, das macht das Buch für mich durchaus noch gut", hat Person B schon lange den Tab geschlossen.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Angela am 25. Juli 2015, 10:30:26
Rezensionen sind für mich sehr wichtig, wobei ich mich in erster Linie für die kurzen interessiere. Bei den Langen denke ich, das hat ein Profi geschrieben und das ist zwar für den Inhalt interessant, kann aber auch eine unter Kollegen/Feinden sein. Ich lese gerade die mit den wenigen Sternen zuerst, manche sind einfach nur lustig, weil dämlich, aber informativ allemal und nicht unbedingt zum Nachteil der Kaufentscheidung.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: traumfängerin am 25. Juli 2015, 10:41:39
Das mit dem Schnitt von 4,5 Sternen finde ich krass. Ich persönlich wähle so auch nicht meine Bücher aus. 5-Sterne-Rezensionen ignoriere ich eigentlich immer, weil ich bei denen oft das Gefühl habe, sie seien gekauft. Das ist nämlich auch ein Problem der Bewertungen. Es gibt Bücher, bei denen ploppen direkt nach Erscheinen undifferenzierte Lobhudeleien auf, meist kurze allgemein gehaltene Sätze, die auf x-beliebige Bücher zutreffen könnten. Vielleicht bin ich ja besonders misstrauisch, aber da habe ich das Gefühl, als wäre daran irgendetwas faul.  ::) Deshalb ignoriere ich die meisten 5-Sterne-Rezensionen - und auch deshalb, weil sie mir oft zu undifferenziert sind. Klar gibt es Ausnahmen (unter anderem die 5-Sterne-Rezensionen, die ich selbst geschrieben habe.  :P), aber die meisten 5-Sterne-Rezensionen taugen absolut nicht als Hilfe für eine Kaufentscheidung.

Gerade deshalb finde ich es besonders schade, dass ein so hoher Schnitt für den Verkauf eines Buches notwendig ist. Ehrliche Rezensionen könnten mir als Käufer eine so große Hilfe sein. Aber wie will ich diese bekommen, wenn Verlage und Autoren nach möglichst vielen Sternen geiern müssen, um ihr Buch gut verkaufen zu können?
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: DoroMara am 25. Juli 2015, 22:36:17
Als Leserin habe ich mich schon oft von Rezensionen beeinflussen lassen und Bücher auch nicht gekauft, nachdem ich die Rezension gelesen habe. Gut oder schlecht? Ich kann es nicht sagen. Jedenfalls kaufe ich ein Buch schneller, wenn es mir jemand mündlich empfiehlt.

Als Autorin kann ich mich eher schlecht distanzieren, wenn jemand mein Buch zerreisst. Obwohl ich mir einrede, dass ich da doch drüber stehen sollte. Vielleicht in zehn Jahren.
Jedoch habe ich schon Kritiken über mein Buch gelesen, die mir als Autorin etwas gebracht haben. Und da muss ich auch sagen: Toll, dass sich jemand die Zeit nimmt und etwas über mein Buch schreibt.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Lamarie am 27. Juli 2015, 16:13:47
Was mir beim Buchbloggen immer wieder auffällt ist einfach, dass es sehr schwierig ist, nicht "gekauft" zu sein. Ich persönlich beobachte immer wieder, dass es teilweise eben auch von meiner Stimmung abhängt, ob ich einen Roman mag oder nicht. Lese ich heute vielleicht gerne einen Liebesroman, muss es morgen unbedingt Fantasy sein, weil ich nur so nach etwas Magie lechze. Gerade beim Buchbloggen merke ich auch, dass sich die Verlage einfach unterschiedlich viel Mühe machen - und das merkt man. Der Kleinverlag mit einem lieben Newsletter für Blogger und der Großverlag mit seiner Bloggerplattform ist einfach lieber gesehen als der Kleinverlag, der erst anfragt, ob er ein Rezensionsexemplar schicken lässt, und dann zwei Monate warten lässt o.ä. - dasselbe gilt leider auch bei "befreundeten" Autoren oder solchen, die nach einem "Yey, ich freue mich so auf dieses Buch!"-Tweet direkt ein "Viel Spaß!"-Tweet hinterherschicken. Ich möchte damit nicht sagen, dass ich mich als Buchblogger schnell verpflichtet fühle, eine positive Rezension zu schreiben - ich möchte nur sagen, dass ich nicht glaube, dass es jemandem wirklich gelingen mag, immer objektive Rezensionen zu schreiben.

Übrigens muss ich Angela und traumfängerin ganz doll zustimmen: Wenn ich mir ein Buch bei Amazon o.ä. anschaue, würde ich mir nie die langen Rezensionen durchlesen und ebenso nie auf die 5 Sterne-Rezis vertrauen...
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Zit am 27. Juli 2015, 18:06:28
Okey, das wundert mich jetzt, warum man lange Rezensionen nicht liest. :hmmm: Persönlich finde ich die viel interessanter, weil zumeist differenzierter als nur "Tolle Charaktere, aber Akt 2 ist langweilig und das Happy End reißt's auch nicht raus". Ich mein, warum ist Akt 2 langweilig, wieso sind die Charaktere toll und warum versagt das Ende?

Als Leser lese ich durch alle Rezensionen quer, wenn ich bei Wackelkandidaten nicht weiß, ob ich sie kaufen soll. Normalerweise kaufe ich mir Bücher anhand der Infos, mit denen sie schon mitkommen (Klappentext, Leseprobe, Verlag/ Genre, etc.).

Als Blogger habe ich nicht immer zu allen Büchern eine ausformulierte Meinung, und gebe daher bei GoodReads ganz gern einfach nur Sterne, die meinem Lesegefühl entsprechen. Dabei stimme ich mit Valkyrie Tinas Bewertungssystem überein. 3 Sterne sind solide, ein gutes Buch, das mich halt einfach nicht so vom Hocker haut, ein guter Schmöker eben. Mehr Sterne gebe ich auch, wenn mich das Buch mal positiv überrascht hat. (Ja, ich lese auch Bücher, bei denen ich von Anfang an weiß, dass sie nur Schmöker sind -- aber manchmal brauch ich das einfach. ;D) Kritiken schreibe ich dann, wenn ich das Gefühl habe, dazu etwas sagen zu müssen. Da ich mich aber kenne und zum Überkritischen neige, unterlasse ich das bisher bei TiZi-Büchern, außer man fragt mich explizit, weil ich im Forum in erster Linie als Autor auftreten will und nicht als Kritiker. Wobei ich natürlich nicht leugnen kann, dass beim Kritisieren auch meine Autorenerfahrung mit einfließt.
Worauf ich allerdings nie kommen würde, wäre ein schlechtes Buch gut zu bewerten/ zu beurteilen, weil ich dem Autor nicht schaden will. Ich mein, wenn das Buch in meinen Augen schlecht ist, dann ist das so und das nicht zu sagen, würde dann eben meinem Ruf schaden. (Da würde ich dann tatsächlich eher überlegen, keine Kritik zu veröffentlichen und dem Autor nur meine ausführliche Meinung mitzuteilen, wenn er es wünscht. Sofern es sich um ein Lese-Exemplar handelt und der Autor/ Verlag auf mich zugekommen sind.)

Cross-Posten sehe ich in erster Linie ebenso als Marketing-Instrument für mich als Kritiker: Ein Inhalt, der eben auf unterschiedliche Weise ausgeschlachtet wird. (Lest mal Content-Marketing-Blogs, da wird so etwas sehr oft empfohlen, dieselben Inhalte immer wieder anders zu verpacken.) Kritisch wird es aber eben dann, wenn die eigene Website keinen "Mehr-Nutzen" bietet als die Profile auf anderen Plattformen.
(Wobei ich GoodReads in erster Linie als Verwaltung meines Buchbestands nutze und die Rezensionen dort nur poste, weil ich sie eh schon geschrieben habe. Nur eben ohne Inhaltszusammenfassung, weil die ja eh überall schon dabei steht. Lovelybooks ist tatsächlich nur so eine Abfall-Plattform für mich, weil ich mit der Seite einfach nicht warm werde. Ich überlege auch, mein Profil dort zu löschen, weil ich eigtl. keine Zeit mehr darin investieren will.)

Als Autor würde ich vll. nur positive Rezensionen lesen, um Kraft zu tanken, wenn ich mal wieder am Boden liege und meine Sachen für belanglos halte. ;D Ansonsten mache ich eben mein Ding und frage explizit nach, wenn ich Kritik auch wünsche.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Maja am 28. Juli 2015, 23:07:10
@Lamarie
Was du beschreibst, ist voreingenommen, nicht gekauft. Gekauft bist du dann, wenn du dafür, dass du eine positive Rezension verfasst, Geld bekommst - oder auch, wenn man dir klarmacht, dass weitere Freiexemplare nur nach positiven Rezensionen zu erwarten sind.
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Fianna am 17. August 2015, 21:28:44
Zu dem Punkt "Rezensionen sind nicht aussagekräftig, weil die Rezensenten oft nach komischen Gesichtspunkten beurteilen" ist mir gerade eine Grafik über den weg gelaufen:  Klick hier (https://erzaehlmirnix.wordpress.com/2015/08/17/rezensionslogik/)
Titel: Re: Rezensionen - Autorenleckerli, Marketinginstrument oder Leserstütze?
Beitrag von: Silvia am 17. August 2015, 22:43:49
Da kommt mir so einiges bekannt vor  :rofl: