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Ausländische Namen und ihre Aussprache

Begonnen von Mondfräulein, 26. Dezember 2020, 17:19:57

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Mondfräulein

Mein Buch spielt in Deutschland, aber eine der Nebenfiguren ist japanischer Abstammung. Ich habe den Namen Sousuke ausgesucht. Meine deutschen Augen lesen das zuerst als "Susuke", gesprochen wird es aber "Soske", die Us sind dabei jeweils stumm. Als ich so über den Namen nachgedacht habe, hat sich mir generell die Frage gestellt, wie ich damit umgehen soll, wenn Namen anders ausgesprochen werden, als es das deutsche Kernpublikum erwarten würde.

Bei Fantasynamen kann ich die Schreibweise einfach anpassen, sodass ich als deutscher Leser irgendwie erahnen kann, wie der Name ausgesprochen werden soll. Bei real existierenden Namen aus anderen Kulturen würde ich mich das aber nicht so einfach trauen. Sousuke ist aber ein realer japanischer Name. Im Japanischen wird er so-u-su-ke geschrieben und ich will die japanische Schreibweise nicht einfach so verändern. Ich habe häufiger gesehen, dass bei japanischen Namen das ou als ō übersetzt wird und Sōsuke ist schon näher an der ursprünglichen Schreibweise, aber das zweite U ist ebenfalls stumm. (Da hilft es auch nicht, dass Naruto hier eine Weile lang sehr populär war und die deutsche Synchronisation Sasuke konsequent als "Sasuke" ausgesprochen hat und nicht als "Saske".) Aber wäre es in diesem Fall überhaupt schlimm, wenn die Leser nicht genau wissen, wie der Name ausgesprochen wird?

Sousuke ist dabei aber noch nicht das einzige Problem, denn selbst wenn die Leser den Namen falsch aussprechen, sie sprechen ihn irgendwie aus. In meinem Buch spielt die irische Mythologie aber auch eine große Rolle und da wird das schon schwieriger. Saoirse beispielswiese wird "Sirscha" ausgesprochen, Róisín wird "Rosheen" ausgesprochen. Die Namen klingen richtig ausgesprochen wirklich schön, wenn ich aber nicht weiß, wie ich sie aussprechen soll, und ich würde behaupten die allermeisten Leute kommen da nicht einfach so drauf, dann klingen sie auf einmal wirklich nicht mehr so schön. Es gibt zu vielen irischen Namen anglisierte Versionen, für Róisín zum Beispiel Rosheen oder das englische Äquivalent Rosaleen, aber in meinem Fall würde es keinen Sinn ergeben, warum die Figuren ihre Namen so schreiben würden. Gerade zwischen England und Irland gab es ja viele Konflikte, die bis heute andauern, die irische Sprache ist vom Aussterben bedroht, da fühlt es sich falsch an, die Namen zu anglisieren.

Wie kann man also mit solchen Namen umgehen? Das Problem existiert ja auch nicht nur bei Vornamen, sondern auch bei allen anderen Namen und Begriffen aus anderen Sprachen, die man nicht mal eben eigenhändig eindeutschen will. Einfach so lassen und es dem Leser überlassen, sich über die Aussprache zu informieren? Die Möglichkeiten, die Aussprache natürlich in den Dialog einzubauen, sind finde ich auch eher begrenzt. Sollte man so etwas in Fußnoten erklären? Oder solche Namen grundsätzlich vermeiden? Wie geht ihr damit um?

Barra

#1
Ich hatte schon oft Probleme mit gälischen Namen (von japanischen ganz zu schweigen).
Vor allem als Leserin hat es mich eine Weile echt genervt, wenn mir die richtige Aussprache vorenthalten wurde.
"Rhys" ist auch so eine Sache. Es heisst einfach verdammt noch mal nicht Rüs.

Oder japanisch: "Suzuki" weiss doch jeder Deutsche, dass das ein Susuki ist. Und der japanische Mitarbeiter bei meinem Mann nur so: Wovon reden die? Ach, das? Das ist eine: "Tzutzki" und die andere japanische Mitarbeiterin: "Ja, aber Tzuski geht auch." Na schönen Dank auch.

Seitdem bin ich wieder bequemer geworden.
Lösung A) es "Intime" lösen, in dem die Figur sich vorstellt und es entsprechend lautmalerisch oder mit einem "Reim" klarmacht.
"Hi Annie, das ist mein guter Freund." - "Hi, ich bin Keyser Söze - so wie Soße. Und ja, alle Witze wurden schon darüber gemacht." - "Oh hi woher kommt der Name?" Und während die beiden noch erörterten... bla bla Prota schaut sich um, usw.
Lösung B) es im Nach oder Vorwort klarstellen, woher die Namen kommen und die Leser selber suchen lassen (darf man ruhig zumuten).
Lösung C ) Fußnote: Find ich unschön, wenn es nur dafür benutzt wird. Wenn man eh noch mehr ab und an da unten winzig hinsetzt, geht das aber auch.

Ich mah A) am meisten, weil es "natürlich" ist und tatsächlich hängen bleibt. Geht aber vielleicht nicht mit allem.
"Ich bin Sousuke - wie Socke...." hinkt, aber könnte auch gleich Eis brechen, sympathsich sein oder eben auch in einem ernsten Moment funktionieren, wenn der Anta das gleich nutzt:
"Wie war das? Stuß-ke?" Oder was weiss ich... sind nur spontane Beispiele. :ätsch:

Angela

Das ist echt ein wichtiges Thema. Ich habe Schwiegertöchter in zwei Ländern, eins englischsprachig, eins deutsch, die beide ihre asiatischen Namen so gut wie nie benutzen, weil sie sagen, dass die anderen ihn ohnehin nicht richtig aussprechen können.
Mein Ältester nutzt seinen ersten Vornamen Arne wiederum nicht in China, weil sie den kaum richtig herausbringen können.

In einem Land, in dem diese Namen eher fremd sind, kann man die Aussprache erklären, wie Barra das vorschlägt. Aber sonst wird es schwer, und ob das dann am Ende auch nur halbwegs richtig klingt, ist auch nicht sicher.

Antigone

Zitat von: Mondfräulein am 26. Dezember 2020, 17:19:57
Wie kann man also mit solchen Namen umgehen? Das Problem existiert ja auch nicht nur bei Vornamen, sondern auch bei allen anderen Namen und Begriffen aus anderen Sprachen, die man nicht mal eben eigenhändig eindeutschen will. Einfach so lassen und es dem Leser überlassen, sich über die Aussprache zu informieren? Die Möglichkeiten, die Aussprache natürlich in den Dialog einzubauen, sind finde ich auch eher begrenzt. Sollte man so etwas in Fußnoten erklären? Oder solche Namen grundsätzlich vermeiden? Wie geht ihr damit um?

Ich glaube, du solltest dich für diese Variante entscheiden:
ZitatEinfach so lassen und es dem Leser überlassen, sich über die Aussprache zu informieren?
Denn egal, wieviel Mühe du dir damit geben wirst, die Aussprache korrekt zu erklären, letztendlich macht der Leser doch eh das draus, was ihm am geläufigsten ist.

lg, A.

Fianna

Ich würde es einfach in die Handlung integrieren. Iren oder Japaner, die in Deutschland leben, müssen doch auch ständig die Aussprache ihres Namens korrigieren oder überhaupt einmal vorsprechen, weil sich das Gegenüber gar nicht rantraut.
Auch wenn Alltagsrassismus keine Rolle in dem Buch spielen wird, finde ich es in Ordnung und wichtig, das einzubinden, dass die Figuren mal wieder jemand korrigieren müssen (und vielleicht auch von der Reaktion genervt sind).

Falls Du es jedoch in irgendeiner Weise dem Leser als Glossar präsentieren möchtest, fände ich es ganz vorne (nur auf einer 1 Seite und am besten nur die Aussprache) am besten. "Sie finden dies ganz hinten" ist gerade bei Ebooks unpraktisch. Wenn es keine Content Notes sind, würde ich niemals "nach hinten" im Buch verweisen, es ist zu nervig zu blättern, vor allem mit einem EbookReader.

Mondfräulein

Ich habe auch darüber nachgedacht, es im Text zu integrieren, ganz praktisch sehe ich da aber das Problem, dass Figuren sich in den meisten Fällen nicht schriftlich vorstellen. Sousuke trifft jemanden, den er noch nicht kannte und sagt dann "Mein Name ist Sousuke." oder etwas in der Art. Aber er spricht seinen eigenen Namen ja richtig aus. Wenn man den Namen einmal richtig hört ist er auch nicht so schwer auszusprechen. Ich schreibe den Namen zwar aus, aber in der Geschichte wird er laut ausgesprochen. Das sehe ich hier als das größte Problem, denn dann stellt sich die Frage eigentlich nicht und ich bin nicht sicher, wie ich das sinnvoll integrieren würde. Die Möglichkeiten, um die Aussprache zu erklären sind relativ begrenzt, besonders, wenn der Name an sich nicht schwer auszusprechen ist, sondern wenn sich die Aussprache nur nicht gut vom Schriftbild ableiten lässt. Mir fällt hier nur ein, dass es aufkommen könnte, wenn die Schreibweise eine Rolle spielt. Oder habt ihr noch Ideen?

Herbstblatt

Ich kann mich erinnern, dass Thomas Brezina in der Knickerbocker-Bande immer wieder in Fußnoten erklärt hat, wie man ausländische Namen ausspricht, das fand ich ganz hilfreich. Damals war ich ein Kind und das war ja auch ein Kinderbuch, ich weiß nicht, ob ich das in einem Buch machen würde, das eine ältere Zielgruppe anspricht, hmm.
In einem Sachbuch über Japan wurden die japanischen Namen alle so ausgeschrieben, wie man sie ausspricht, das gab ein sehr merkwürdiges Schriftbild ab, das hat mich sehr gestört, vor allem weil ich weiß, wie man japanische Namen ausspricht, eeeh... und dieses Buch ist nicht einmal auf Popkultur ausgelegt.

Mir persönlich gefällt Barras Idee, die Aussprache in Dialogen einfließen zu lassen, funktioniert aber auch nicht immer und käme seltsam gestellt rüber, wenn es bei jedem einzelnen fremdländischen Namen passiert.

Ich versuche die Schreibweise der Namen zu ändern, damit die Aussprache intuitiver wird, zum Beispiel hab ich den Namen "Fynn" auf "Finn" geändert, nachdem ich gelesen habe, dass viele Leute das y wie ein ü aussprechen.  :P Bei japanischen Namen lässt sich allerdings nicht viel verändern, huh?


Zu dem ō: Das kommt vom Hepburn-System. Das ist eine Umschrift des Japanischen in unsere lateinischen Zeichen. Alle langezogenen o und u, die noch zusätzlich mit einem u versehen sind, bekommen so einen Strich. Wenn du dich für diese Umschrift entscheidest und noch mehr japanische Wörter und Namen vorkommen, solltest du dir das Hepburn-System genauer ansehen, da sind noch ein paar Regeln darin, die ich dir jetzt nicht erläutern möchte, das würde den Rahmen sprengen. (Keine schwierigen, das sollte nicht aufwändig klingen, haha)
Es gibt noch ein zweites System, aber das Hepburn ist weltweit am meisten verbreitet.

Ich würde noch sagen, dass das auch von der Zielgruppe abhängt. Ältere Leser, die sich auch noch mit Japan oder anderen Kulturen befassen, werden vielleicht hinter die korrekte Aussprache kommen? Im Gegensatz zu jüngeren, Teenager zum Beispiel, die viel mit deutsch synchronisierten Anime in Berührung kommen? Wenn die irische Mythologie eine so große Rolle spielt, wird sie auch Leser anziehen, die Interesse und etwas Wissen dazu mitbringen?

Ich würde es wohl dem Leser überlassen, sich über die Aussprache zu informieren. Da ist eben der Haken, dass sie das nicht tun werden, wenn sie überzeugt sind, sie richtig zu lesen. Bei Saoirse wäre ich nie auf die Idee gekommen, es Sirscha zu lesen, ich hätte es irgendwie französisch ausgesprochen  :P
Wäre es denn so schlimm für dich, wenn die Leser Sousuke falsch aussprechen würden?

Mondfräulein

Das Hepburn-System schaue ich mir auf jeden Fall an, das ist sehr hilfreich, weil ich tatsächlich nicht weiß, wie man Japanisch korrekt ins lateinische Alphabet überträgt. Ich kann Hiragana lesen und tendiere dazu, das sehr direkt zu übertragen. Japanische Namen und Begriffe finde ich als Deutsche noch relativ verständlich und gut auszusprechen, auch wenn man manchmal falsch liegt und stumme Us oder Is mitspricht. Ob der Leser das jetzt Soske oder Sosuke ausspricht ist wahrscheinlich am Ende nicht so dramatisch.

Die irischen Namen sind da denke ich eine viel größere Herausforderung. Aber da fühlt es sich noch schlechter an, die Schreibweise zu verändern. Schwierig, schwierig.

Fianna

Zitat von: Mondfräulein am 26. Dezember 2020, 20:31:07
Ich habe auch darüber nachgedacht, es im Text zu integrieren, ganz praktisch sehe ich da aber das Problem, dass Figuren sich in den meisten Fällen nicht schriftlich vorstellen.
Ich dachte an ganz banale Alltagssituationen, da nach meinen Erfahrungen jeder irgendwo seinen Namen schriftlich anzeigt an einem Tag: (Straßen-)Bahnkontrolleur, Rezept abholen, Bibliotheksbücher abholen oder zurückgeben, Massagetermin / Kosmetikerin / Friseurtermin wahrnehmen... grade bei den zuletzt genannten Beispielen zahlt man oft nach Erhalt der Leistung und muss dazu nochmal Leistung, Termin oder Namen sagen.

Das sind jetzt nur die ersten gewesen, die mir einfallen, da gibts noch viele andere - ich hatte das Gefühl, man könnte bei einem zeitgenössischen Roman sehr einfach eine Situation kreieren, die nicht lange dauert und eben dieses Ausspracheproblem transportieren kann. 

Ansonsten fände ich ein Glossar vorne oder Fußnoten nicht schlecht.
Fußnoten wären besser, da wäre die Frage, wie das außerhalb des Brezina- oder Pratchett-Leserkreises ankommt  ;D

Maubel

Ich würde es einfach lassen. Egal wie sehr du dich bemühst, irgendein Leser wird es trotzdem falsch aussprechen und das ist okay. Wer sich dafür interessiert, wird es sich selbst aneignen. Aber genau wie Leute sich ihre Charaktere vorstellen, wie sie wollen, liest man auch einfach die Namen. Du willst ja nicht, dass sie jedes Mal stoppen und nach hinten blättern oder so ähnlich. Problematisch wäre es erst, wenn es vertont wird und der Sprecher sich nicht informiert.

Man kann sicher sowas auch im Text anbringen, aber wie du schon sagst, ist das wirklich natürlich? Manchmal kann das funktionieren, aber vielleicht habe ich einfach zu wenige "Hallo, ich bin Maubel"-Szenen (apropos, die lautmalerische deutsche Schreibweise hat z.B. @Grummel nicht davon abgehalten Maubel ins Französische zu lesen ;)).

Herbstblatt

Hmm... ich weiß nicht, wie lange deine Geschichte wird, aber vielleicht zahlt es sich aus, am Ende des Buches eine Liste der Charaktere nachzureichen, so wie in Büchern wie Das Lied von Eis und Feuer? Dann könnte man die Aussprache in Klammer setzen? Nicht sehr elegante Lösung und immer noch Knickbocker-Bande-ähnlich, huh.

Oder du lässt deine Namen so stehen und die Leser übernehmen die Aussprache, spätestens dann, wenn du Lesungen gibts, werden sie berichtigt.  :D

Araluen

#11
Ich würde ein Glossar nit Aussprachehilfe machen und die Namen in der Originalschreibweise belassen. Marillier hat das in ihrer "Sevenwaters"- Reihe auch so gehandhabt. Die Reihe spielt im mittelalterlichen Irland und es wimmelt nur so von fürs deutsche Auge unlesbare Namen. Da war das Glossar sehr hilfreich.

Zit

Wenn man es richtig sicher machen will, muss man wohl das Phonetische Alphabet bemühen – aber selbst das kann nicht alle realen Aussprachen abbilden (es gibt Standartdeutsch und Standartfranzösisch – gibts das auch für Japanisch oder Irisch?) und die wenigsten Leute können das Alphabet nicht einmal in ihrer eigenen Sprache lesen. :omn: Insofern bin ich da bei Antigone, einfach eine Schreibweise wählen und die LeserInnen machen lassen.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Herbstblatt

Zitat von: Zitkalasa am 26. Dezember 2020, 23:39:33
Wenn man es richtig sicher machen will, muss man wohl das Phonetische Alphabet bemühen – aber selbst das kann nicht alle realen Aussprachen abbilden (es gibt Standartdeutsch und Standartfranzösisch – gibts das auch für Japanisch oder Irisch?)

Das Japanisch, das man in der Provinz Tokyo spricht, gilt als das Standardjapanisch. Ich bin sicher, jede Sprache hat ihren Standard, geht ja sonst nicht anders, nach irgendwas muss man sich ja richten. Also demnach auch beim Irischen.  :P

Angela

@Maubel
Zitat
"Hallo, ich bin Maubel"-Szenen (apropos, die lautmalerische deutsche Schreibweise hat z.B. @Grummel nicht davon abgehalten Maubel ins Französische zu lesen ;)).
Wie denn sonst, wenn nicht mit französischem Einklang? Etwa MAU- BELL? Für mich ist das Moh-Bäl mit so 'nem Akzentzeichen drauf . Du erschütterst mein Weltbild.