Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Romy am 06. Mai 2009, 21:08:16

Titel: Dark Fantasy
Beitrag von: Romy am 06. Mai 2009, 21:08:16
Ich habe mittlerweile einige Definitionen zu Dark Fantasy gelesen, die alle variieren und ich bin mir immer noch nicht ganz sicher.
Was genau ist nun Dark Fantasy?
Horror, der Fantasyelemente aufweist?
Fantasy, die Horrorelemente aufweist?

Die englische Wikipedia meint, dass die Dark Fantasy beide Schwerpunkte haben kann:
http://en.wikipedia.org/wiki/Dark_fantasy
Allerdings frage ich mich, wie ein Leser reagiert, der ein Buch mit dem Aufdruck ,,Dark Fantasy" gekauft hat und dann Zuhause beim Lesen feststellt, dass es in genau die andere Richtung geht, als die, die er sich vorgestellt hat.
Deshalb muss es doch eigentlich eine genauere Definition geben, oder?  :hmmm:

Meine beiden schlauen Fantasylexika sagen, dass die Dark Fantasy sich aus dem angloamerikanischen von den Schauergeschichten und Gothic Novels herleitet. Außerdem müssten Magier, Hexen, Dämonen und Geister vorkommen.
Aber nur weil diese Gestalten vorkommen, handelt es sich ja nicht zwangsweise um Horror und muss es super-gruselig zugehen ...

In einer weiteren Definition, die ich gelesen habe, hieß es außerdem, dass Dark Fantasy eher in der Realwelt angesiedelt ist und nicht in einer frei erfundenen Fantasywelt ...
Mich würde interessieren, ob das stimmt?!  :hmmm:

Mich interessiert die ganze Sache, weil meine Lieblingstrilogie (meines Erachtens) eine Mischung aus High und Dark Fantasy ist, aber sobald ich den ersten Roman nach der nächsten Überarbeitung an Agenturen oder Verlage schicken will, würde ich mich gerne auf etwas festlegen. Ich finde, es klingt zu lasch, wenn ich ins Anschreiben schreibe ,,eine Mischung aus".
Als ich den Roman zum Heyne Wettbewerb geschickt habe, hab ich einfach gar kein Subgenre dabei geschrieben, aber beim nächsten Mal soll es professioneller aussehen.
Nun ja, es hat noch etwas Zeit, bis ich das entscheiden muss, aber ich grüble an dieser Sache schon länger herum.  ::)
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Churke am 06. Mai 2009, 21:35:57
Da darf ich doch mal das Heftchen "Fantasy & Science Fiction" von Blanvalet zitieren:

"Dark Fantasy ist eine Vermischung aus Horror und Fantasy. Die allgemeine Grundstimmung ist düsterer, und es werden häufig - aber nicht immer - im großen Maß klassische Horrorelemente integriert wie Zombies, Vampire und Dämonen. Inzwischen sind die Grenzen verwischt zwischen Dark Fantasy und Horror, der normalerweise in unserer Welt [sic!] angesiedelt ist. Ein Beispiel für diese Gattung sind die Malazan-Chroniken von Steve Erikson."

Dass die Malazan-Chroniken Dark Fantasy sein sollen, da wäre ich jetzt nie darauf gekommen, aber der Verlag macht das Programm.  ::)

Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Mogwied am 06. Mai 2009, 21:41:21
Ich bin kein Fachmann was Dark-Fantasy angeht. Aber da er zwischen Fantasy und Horror angesiedelt ist, verlaufen da die Grenzen wahrscheinlich sehr fließend, weshalb ich glaube, dass man es kaum besser hinbekommt, es zu definieren, als Wikipedia es tut.
Halt gruselige Fantasy oder auch fantastischer Horror. Interessiert mich jetzt aber auch, ob hier irgendwer eine gute Definition parat hat?!?!
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: eclipse am 07. Mai 2009, 01:23:57
Ich hab zwar keine astreine Definition, aber den ein oder anderen Dark Fantasy-Roman im Regal und einige Horror-Necroscopes als Vergleichsmaterial. ;)

Nach meinem Empfinden ist einer der wichtigsten Aspekte bei Dark Fantasy, dass der Plot aus den üblichen Fantasy-Schemata herausfällt - er sollte realistischer, düsterer gestaltet sein. Kaputte Liebesbeziehungen, kaputte Helden, kaputte Moral, kaputte Welten. Somit wohl auch keine klassischen Happy Ends. ;) Ich muss dabei immer etwas an Romeo und Julia im Herr-der-Ringe-Style denken - Fehden, Gift, Intrigen, Selbstmord und am Ende stellt sich heraus, dass alles Kämpfen und Leiden vergebens war.
Es ist also "härter" als klassische Fantasy, aber immer noch fantastisch-verträumter als Horror.
Und ich würde es nicht in der realen Welt ansiedeln - sonst wird am Ende noch ein Buffy - Im Bann der Dämonen draus.
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Romy am 07. Mai 2009, 02:53:32
Eclipse, Deine Definition gefällt mir. Ich beabsichtige zwar, meiner Trilogie einen positves Ende zu geben, aber bis dahin werden viele Tränen fließen und viele Ungereimtheiten, Misstrauen und einige Rückschläge werden sich anhäufen, soviel ist gewiss  ;D Und die typischen (Dark-)Fantasy-Wesen wie Geister und Dämonen sind sowieso mit von der Partie. 

Ja das Problem ist wohl, dass die Grundidee meines Plots schon viele Jahre alt ist, damals habe ich noch gar nicht gewusst, was Subgenres überhaupt sind und mich folglich auch an nichts gehalten. Horror lese ich eigentlich gar nicht und Dark Fantasy auch selten, aber vor einigen Monaten fiel mir dann auf: Irgendwie geht das sehr in die Richtung Dark Fantasy, oder?  ::)

@ Churke: Vielleicht (Wahrscheinlich) bin ich ein Banause, aber die Malazan Chroniken sagen mir nun so gar nichts. Aber wenn Du es sowieso für ein schlechtes Beispiel für Dark Fantasy hältst, ist das ja auch nicht so schlimm *ähem* Hättest Du noch andere Beispiele, die besser passen?
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Coppelia am 07. Mai 2009, 06:32:39
Hm, ich dachte eigentlich, ich schreibe Dark Fantasy, aber so kann man sich irren. ;)
Ich dachte es, weil ich ja gern "böse" Hauptfiguren habe und viel schwarze Magie vorkommt, dazu meist thematisiert wird, zu was für schrecklichen Dingen Menschen fähig sind und es auch nicht gut endet.
Na ja, ist vielleicht auch nicht so wichtig, ich schreib einfach Genre: Fantasy ...
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: eclipse am 07. Mai 2009, 07:17:57
Ich denke, die Ravenloft-Romane und die Elric-Bücher von Moorcock sind ganz gute Beispiele für das Genre.
Was die Hauptfiguren angeht: die sind durchaus keine Strahlehelden, aber normalerweise auch nicht durchweg böse. Meistens zwingt sie irgendein ganz, ganz hundsgemeines Schicksal dazu, ständig Dinge zu tun, die sie immer tiefer ins Unglück stürzen... :darth: Der Gothic-Touch ist da durchaus spürbar beim Lesen. ;D
Da fällt mir ein, dass ich noch "The Witcher" lesen wollte. Der gute alte Geralt von Riva passt ja geradezu himmlich in mein Beuteschema. Gleich mal bestellen, bevor ich's wieder vergesse...
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Möchtegernautorin am 07. Mai 2009, 08:23:05
Das ist doch mal ne gute Frage :)

Wenn ich das so überdenke, würde ich spontan sagen: Ravenloft ist Dark Fantasy. Zumindest würde das meiner Definition voll und ganz entsprechen – die sich auch ganz erstaunlich mit der von eclipse deckt. Düster, trostlos, mit Horrorelementen, gebeutelte Helden ... eben das, was ich gerne lese :unschuldig:

Warum schreibe ich so was eigentlich nicht? <kopfkratz>

Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: eclipse am 07. Mai 2009, 12:29:19
Vielleicht, weil es echt kniffelig ist, da die richtige Mischung hinzubekommen, ohne dass es in totalen Kitsch und endlose Selbstbemitleidung des Protagonisten ausartet. :-[ Mein Projekt geht auch etwas in Richtung Dark Fantasy und es fällt mir in manchen Punkten wirklich schwer, da ein ansprechendes Maß zu treffen. Bei manchen Passagen könnte ich einfach nur :wums: ...
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Steffi am 07. Mai 2009, 13:23:04
Oh Gott, Gothic...meine Magistarerbeit :)
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Romy am 07. Mai 2009, 17:35:12
Zitat von: Coppelia am 07. Mai 2009, 06:32:39
Hm, ich dachte eigentlich, ich schreibe Dark Fantasy, aber so kann man sich irren. ;)
Ich dachte es, weil ich ja gern "böse" Hauptfiguren habe und viel schwarze Magie vorkommt, dazu meist thematisiert wird, zu was für schrecklichen Dingen Menschen fähig sind und es auch nicht gut endet.

Aber ist das nach der Definition von Eclipse dann nicht Dark Fantasy?  :hmmm:


Und noch eine andere Frage: Welchem Subgenre wäre die Chronik der Unsterblichen von Wolfgang Hohlbein zuzuordnen (um mal ein Beispiel zu nehmen, das ich kenne)? Müsste doch auch Dark sein, oder?  ::)
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Kati am 07. Mai 2009, 20:00:31
Irgendwie gehen da die Meinungen echt auseinander. Die einen sagen, Dark Fantasy ist eher in der normalen Welt angesiedelt, hat mit Vampiren, Geistern und Dämonen zu tun und ist halt einfach düster.
Andere meinen das Dark Fantasy eigentlich High Fantasy ist, bloß dunkler. Ich habe schon einige Definitionen gelesen, und bin jetzt völlig verwirrt.  ???
Ich war nämlich auch der Meinung, ich würde Dark Fantasy schreiben. Die meisten meiner Geschichten spielen schon in unserer Welt, sind aber halt sehr düster und ich habe auch keine sehr heldenhaften...äh...Helden.  :-\
Vielleicht kann man das aber auch sehen wie man will. Sind die Vampyr-Romane von Brigitte Melzer eigentlich Dark Fantasy?

LG,

Kati (gerade ein bisschen ahnungslos)
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Schreiberling am 07. Mai 2009, 20:36:52
@ Kati: Es heißt, dass die Vampyr Romane von Brigitte Melzer Dark-Fantasy sind. Naja, hinten auf dem Buch steht, dass es ein historischer Vampirroman ist, aber auf ihrer Internetseite ist es Dark Fantasy ;D
Aber das waren schöne Bücher, habe ich gerne gelesen.

Liebe Grüße,
Schreiberling
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: eclipse am 08. Mai 2009, 05:17:22
Zitat von: Nightingale am 07. Mai 2009, 20:00:31Die einen sagen, Dark Fantasy ist eher in der normalen Welt angesiedelt, hat mit Vampiren, Geistern und Dämonen zu tun und ist halt einfach düster.
Andere meinen das Dark Fantasy eigentlich High Fantasy ist, bloß dunkler.

Die Sache mit der Welt ist glaube ich ein bisschen Erbsenzählerei, aber nach der letzten "Fantasy"-Definition, die ich gelesen habe, war eines der Merkmale, dass alles in einer Alternativwelt spielt - deshalb würde ich rein dem Namen "Dark Fantasy" nach auch behaupten, dass es üblicherweise nicht in der realen Welt angesiedelt ist. Wobei man sich dann natürlich wieder darüber streiten kann, ob ein New York voller Vampire überhaupt noch als reale Welt bezeichnet werden kann... Ich muss dabei einfach an Bram Stoker und Anne Rice denken und iiirgendwie sträubt sich etwas in mir, das als Dark Fantasy zu betiteln.

Dass es "nur" düsterere High Fantasy ist, würde ich so aber auch nicht sagen. Im Herrn der Ringe z.B. sind die gute und die böse Seite immer ziemlich eindeutig identifizierbar. Man liest die ersten Kapitel und weiß sofort, dass die Welt am Ende gerettet wird.
In Dark Fantasy dagegen herrscht in dem Punkt heilloses Chaos. Die Protagonisten sind meistens nur damit beschäftigt, ihren eigenen Hintern zu retten - ob die Welt dabei heil bleibt oder nicht, kann man nie so genau vorhersagen. Ist auch nicht so wichtig, denn es geht ja vorrangig um die Konflikte der Hauptfigur.

Hohlbein fasse ich nach drei Büchern mit identischer Handlung aus Prinzip nicht mehr an, deshalb kann ich zur Chronik der Unsterblichen nichts sagen.
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Kati am 10. Mai 2009, 13:46:58
Schreiberling: Ich habe bis jetzt nur den ersten Teil gelesen. Der zweite steht schon im Regal. Ich war nach dem ersten ein bisschen unentschlossen, was ich davon halten soll, mal sehen, was ich nach dem zweiten sage.  ;)

Oh, Gott. Ist das alles kompliziert.  :( Am besten man ordnet sich gar nicht erst in ein Genre ein.  :) Genauso verwirrt bin ich, wenn es um den Begriff "Mystery" geht. Hier zu Lande sehen viele darin Geistergeschichten und solche Sachen, in den USA sind damit Krimis gemeint...

LG,

Kati

Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Schreiberling am 10. Mai 2009, 13:58:07
@Kati: Ich habe den zweiten zuerst gelesen und fand ihn besser als den ersten. Beim ersten wusste ich auch nicht recht, was ich davon halten soll. Aber zusammen machen die beiden Bücher mehr Sinn. (In meiner Reihenfolge zumindest. ;D )
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Mogylein am 22. August 2012, 14:11:05
*Thread hochhol*

Ich hatte das Gefühl, dass sich hier im TZ einige Spezialisten für die Dark Fantasy tummeln. Und deren Rat würde ich jetzt gerne anzapfen, wenn ich darf  :engel: Ich plane nämlich, den NaNo mit einer Dark-Fantasy-Geschichte zu meistern, dieses Jahr. Doch da ich dieses Genre noch nie (bewusst) geschrieben und auch eher selten gelesen habe, bräuchte ich einige Tipps.

Was sind Elemente, die auf keinen Fall fehlen dürfen? Müssen es Vampire oder Zombies sein, kann ich nicht einfach meine eigene, gruselige Rasse entwerfen?
Wie viel Grusel? Wie viel Erotik? Wann wird es zu viel?
Gibt es eine bestimmte Struktur für den Spannungsbogen, die sich von anderen Fantasybüchern unterscheidet?
Muss ich etwas anderes bem Plotten etwas anderes beachten?
Wie stark verschwimmt Böse und Gut? Gibt es gut?
Worauf muss ich noch achten?
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Robin am 22. August 2012, 14:27:27
Also, wirklich als Expertin würde ich mich nicht bezeichnen, aber ich habe doch einiges an Dark Fantasy gelesen, und bin ja auch am Schreiben.

Erfahrungsgemäß sieht das dann in etwa folgendermaßen aus:

Vampire und Zombies müssen nicht unbedingt rein. Solche Geschichten gibt es mehr als genug. Und eine eigene, dunkle Kreation ist noch immer das Beste! So denke ich zumindest. Auch kann ein neuer Aspekt einer bestehenden Rasse kann sehr anziehend sein.
Die Grundstimmung sollte auf jeden Fall düster sein, aber es darf nicht ins Melodramatische abschweifen. Es sollten schon einige größere Gefahren auftreten, aber nicht zu viele. Sonst wirkt es, zumindest meiner Meinung nach, ziemlich aufgesetzt.
Ich würde nicht sagen, dass sich die Struktur des Spannungsbogens unterscheidet.  :hmmm:
Und auch beim Plotten dürfte es nicht allzu anders sein.
Gut und Böse verschwimmt auf jeden Fall sehr stark. Ich finde, dass Dark Fantasy sich vor allem durch die vielen Grautöne auszeichnet, und die wenigen komplett schwarzen Schattierungen. :hmmm:

Sonst fällt mir nur ein, dass ich bei Dark Fantasy vor allem mag, wenn man es von Seiten der 'Bösen' beschreibt. Aber, wie gesagt, ich finde schon, dass es äußerst stark verschwimmt.
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Kati am 22. August 2012, 15:30:51
Es ist schon drei Jahre her, seit ich hier das letzte Mal was geschrieben habe? Verrückt. In der Zeit habe ich aber einiges dazugelernt und kann mich jetzt glaube ich auch etwas kompetenter zu Dark Fantasy äußern, als damals. Ich schreibe selbst übrigens immer noch Dark Fantasy.  :) Was wichtig ist, ist glaube ich, zu wissen, dass nicht jede Geschichte, in der Vampire, Dämonen und Zombies vorkommen, gleich Dark Fantasy ist. Vieles, was auf dem Markt ist, ist eher Urban Fantasy und Sachen wie Twilight sind dazu noch Romantasy. Also ein Vampir oder Zombie ist kein Merkmal von Dark Fantasy, obwohl sie dort natürlich auch vorkommen können.

Das wichtigste ist glaube ich tatsächlich, das Verschwimmen von Gut und Böse. Während man in der Urban Fantasy ja oft die gute, reine Heldin hat, die mit ihrem Vampirliebhaber gegen eine böse Macht ankämpft, hat man in der Dark Fantasy eher eine "kaputte" Heldin. Sie kümmert sich nicht unbedingt darum, die Welt oder die anderen zu retten und denkt eher an sich, zum Beispiel. Es gibt Gut und es gibt Böse, aber in der Dark Fantasy ist es wohl sehr schwer, genau zu sagen, wer wer ist, weil es da stark darauf ankommt, aus welcher Perspektive erzählt wird und wie etwas dargestellt wird. Wie Robin schon sagte, alles ist eher Grau als Schwarz und Weiß und Bösewichte müssen nicht immer grundböse sein, haben vielleicht ein nachvollziehbares Motiv, während die "Helden" keine heldenhaften Lichtgestalten sind, sondern einfach Leute, meist mit großen Problemen, die in die Sache reingezogen werden und selbst nichts verlieren wollen. Sie sind oft eher unmoralisch und eben echte Anti-Helden, also keine Vorbilder.

An sich hat man in der Dark Fantasy aber eher einen düsteren Unterton mitschwingen und ein eher hoffnungsloses Bild, wobei man wirklich aufpassen muss, dass man sich nicht einfach einen melancholischen Helden schreibt, der alles viel schlimmer wahrnimmt, als es ist. Horrorelemente sind auch vorhanden, wobei die Abgrenzung zum Horror wohl darin besteht, dass man einen Plot hat, der eher in die Fantasy gehört: Also übernatürliche Wesen, etwas muss gerettet werden (muss ja nicht gleich die Welt sein), der Held muss über sich hinauswachsen (dabei aber nicht unbedingt einsehen, dass er ein unmoralischer Miesepeter ist  ;)) und das Problem lösen (oder auch nicht, wenn man keine Happy Ends mag). Im Horror geht es ja oft eher um das Morden und die Opfer, es geht sehr blutig zu und sehr, sehr gruselig. Dark Fantasy muss nicht unbedingt blutig und gruselig sein, kann aber natürlich auch. Die Grenzen verschwimmen da stark, genauso wie die Grenzen zur subtil unheimlichen Gothic Fiction.

Dark Fantasy kann zudem in unserer Welt spielen oder aber auch in einer High-Fantasy-Welt. Der Unterschied zur normalen High-Fantasy ist glaube ich durch die Heldenfrage bereits geklärt.

Das Wichtigste ist glaube ich, dass der Leser immer ein wenig dieses beklemmende Gefühl hat und genau ahnt, dass da etwas nicht ganz mit rechten Dingen zu geht, dass etwas falsch läuft. In der Urban und High Fantasy hat man als Leser meist den guten, moralischen, richtig handelnden Helden als Ankerpunkt, auf den man sich verlassen kann und der ein Lichtblick ist, wenn etwas Schlimmes passiert, und der genau weiß, dass er alle retten will und, wenn er dabei sein Leben aufs Spiel setzen muss. Bei Urban und High Fantasy fühlt sich der Leser oft "sicher", weil er ja diesem Helden folgen kann. Bei der Dark Fantasy ist das oft nicht gegeben. Das heißt nicht, dass der Held nicht trotz seiner Macken sympathisch sein kann, aber ist eben niemand auf den man vertrauen möchte und dem man zutraut, dass er die Welt rettet. Durch die düstere Grundstimmung und eben diesen Anti-Helden wirkt Dark Fantasy oft unheimlich und beklemmend, auch, wenn es am Ende gut ausgeht.

So, das wären dann meine 2 Pence. Ich hoffe, ich habe da nicht totalen Unsinn erzählt und es hilft weiter.  :)
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Ryadne am 22. August 2012, 16:12:16
Habe da Kati und Robin White gar nicht viel hinzuzufügen, aber zur Erotik: Ich finde nicht, dass die eine Rolle spielen muss, sie darf es aber durchaus, das ist reine Geschmackssache, auch wenn sie zu manchen Völkern wie Vampiren halt ganz gut passt. Persönlich lasse ich sie lieber raus.

Was ich in der Dark Fantasy schätze, ist, wenn Ästhetik eine Rolle spielt. Ich kann schwer beschreiben, wie ich das meine, es geht so in die Richtung der melancholisch-düsteren Atmosphäre. Also Umgebungsbeschreibungen können da zum Beispiel reinspielen. Nicht in dem Sinne, dass jede Häuserfassade beschrieben wird, aber eben der Gesamteindruck muss eine Stimmung erzeugen.
Als Beispiel nenne ich mal die Vampir-Chroniken von Anne Rice, so stark und überzeugend wie z.B. in "Armand der Vampir" ist mir das selten untergekommen.

Ich verbinde mit Dark Fantasy zudem eher eine personale Erzählweise oder sogar die Ich-Form, aber das mag Geschmackssache sein.
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Mogylein am 22. August 2012, 18:45:38
Ich danke euch dreien schon Mal. Ihr habt mir ein bisschen Klarheit verschafft.

So wie ihr das Verschwimmen von Gut und Böse betont, weiß ich jetzt, dass ich darauf besonders viel Wert legen. Mir ist ehrlich gesagt auch bereits ein schöner Twist eingefallen, der ein Gut-Böse-Schema, das sich über die Geschichte aufbauen soll, wieder aufbricht. :D

Mir ist es ehrlich gesagt sehr, sehr wichtig, dass die Geschichte nicht zu melodramatisch, sondern lieber actionreich wird. Ich möchte keinen Held haben, der sich die ganze Zeit nur beschwert, wie furchtbar alles ist, sondern einen, der etwas dagegen unternehmen will.

Ryadne spricht auch einen wichtigen Punkt an, die Ästhetik. Daran hatte ich bisher gar nicht gedacht, aber ich werde es mir merken. Natürlich wirkt Finsternis umso anziehender sie ist, je schöner/ästhetischer sie ist. Ich habe allgemein eher ein Problem, zu wenig (zB) Orte zu beschreiben. Darauf werde ich jetzt achten.

Den Ich-Erzähler hätte ich nie in einem Dark-Fantasy-Roman verwendet! Irgendwie finde ich es schwer, Horrorelemente aus der Ich-Perspektive zu erklären.
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Romy am 23. August 2012, 01:58:14
Wo Ihr die Ästhetik ansprecht, fällt mir ein Buch ein, dass ich für meine Diplomarbeit (die sich um Vampirliteratur drehte) verwendet habe. Ich habe zwar nur das Vampir-Kapitel gelesen (weil ich für den Rest leider keine Zeit mehr hatte) und habe auch nicht mit allem übereingestimmt, aber trotzdem einiges mitgenommen und mir ganz neue Gedanken gemacht. In dem Buch werden einige klassische Werke exemplarisch analysiert, im Vampir-Kapitel z.B. Dracula und Interview mit einem Vampir und ich meine Carmilla ebenfalls.  :hmmm: Das Thema Erotik wird da jedenfalls auch sehr ausführlich behandelt.
Es ist nur noch gebraucht und extrem teuer über Amazon zu haben, aber über die Bibliotheks-Fernleihe kriegt man es definitiv, so bin ich damals auch dran gekommen.

Brittnacher, Hans R.: Ästhetik des Horrors. Gespenster, Vampire, Monster, Teufel und künstliche Menschen in der phantastischen Literatur

Trotz des Horrors im Titel, halte ich es durchaus auch für eine Dark Fantasy-Recherche für sinnvoll. Die Grenzen sind da ja eh fließend.
Jetzt bekomme ich Lust, mir das Buch just-for-fun noch mal zu bestellen, um in Ruhe den Rest zu lesen. ;D

Gerade beim Stöbern auf Amazon habe ich noch ein anderes Buch zum selben Thema vorgeschlagen bekommen, da kann ich aber aus eigener Erfahrung nichts zu sagen.
Biedermann, Claudio; Stiegler, Christian: Horror und Ästhetik. Eine interdisziplinäre Spurensuche
Das ist zwar sehr viel neuer, aber auch ziemlich teuer, deshalb würde ich auch da erst Mal zu einer Fernleihe raten, bevor man sich das bestellt. - Hah, aber ich sehe gerade im Inhaltsverzeichnis, dass ein Kapitel von Brittnacher beigesteuert wurde. Das würde ich jetzt auch gerne lesen. *neugier*
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Kati am 23. August 2012, 11:48:51
Unsere Bibliothek hat gleich drei Ausgaben davon, aber leider nur im Präsenzbestand.  :( Das hätte ich mir ja zu gern mal angesehen, aber ich lese so ungern direkt in der Bibliothek.

Was die Ästhetik angeht, kann man sich vielleicht tatsächlich stark an die Gothic Fiction anlehnen, die das Unheimliche ja ein bisschen romantisiert hat. Ich denke da gerade an knarrende Äste vorm Fenster und Wind, der um die Hausgiebel fegt... irgendwie fällt mir dazu das Ambiente von Sleepy Hollow mit Johnny Depp ein, obwohl das eher ein Horrorfilm ist. Ich musste öfters weggucken (ja, ich bin ein Angsthase), aber die Landschaften und Bilder waren wunderschön in Szene gesetzt. Ich denke, das ist so die Stimmung, die ich auch in Dark Fantasy gern mal lesen würde.  :)
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: HauntingWitch am 23. August 2012, 16:59:09
Das Meiste haben meine Vorrednerinnen schon sehr treffend gesagt.

Ich habe nur noch ein paar Kleinigkeiten, erstmal zur Ästhetik bzw. Bebilderung: Wichtig ist, dass die Bilder stark sind, Stimmung erzeugen und unmittelbar ankommen. Dinge, die man sich richtig vorstellen kann, die man zwar nicht unbedingt real anfassen will, aber doch so eine gewisse Faszination ausüben. Ich denke da zum Beispiel an ein rostiges Gartentor, vernarbte Haut, verfallende Häuser, welke Blumen. (Wie Kati auch schon gesagt hat) Sleepy Hollow und überhaupt die neueren Tim Burtons sind Filme, die das sehr gut zeigen.

Was ich dir als kurzweiliges Buch empfehlen kann ist Ink Exchange (dt. Gegen die Finsternis) aus der Wicked Lovely (dt. Gegen das Sommerlicht)-Reihe von Melissa Marr - da geht es zwar um Feen, deren Welt aber alles andere als fröhlich ist.

Auch solltest du darauf achten, dass du nicht zu sehr in den Horror abdriftest, d.h. brutale/blutige Szenen bedacht setzen und - gerade wenn du mehr auf Action aus bist - die subtilen und psychologischen Aspekte im Mass halten. Einer der Hauptunterschiede zum Horror ist ja gerade, dass Dark Fantasy in der Regel weniger Suspense und/oder Brutalität (je nachdem, ob man auf Psycho-Horror oder Splatter aus ist) besitzt. Ein bisschen braucht es allerdings auch davon, damit das bezeichnende "Dark" nicht ganz aus der Handlung verschwindet, denn gute Bilder allein machen noch kein gutes Buch.  ;)
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Romy am 24. August 2012, 01:16:38
Zitat von: Kati am 23. August 2012, 11:48:51
Unsere Bibliothek hat gleich drei Ausgaben davon, aber leider nur im Präsenzbestand.  :( Das hätte ich mir ja zu gern mal angesehen, aber ich lese so ungern direkt in der Bibliothek.
Viele Bibliotheken leihen Präsenzbücher über Nacht, oder über das Wochenende aus. Frag doch mal, ob das bei Deiner Bib auch geht. :psssst:
Aber bei einem Buch, das im Buchhandel anscheinend vergriffen ist, darf man auch guten Gewissens für den privaten Zweck ein paar Kopien machen.

Sleepy Hollow hätte ich eher zur Dark Fantasy, als zum Horror gesteckt. Aber vielleicht habe ich den Film auch einfach schon zu oft gesehen, um Angst zu bekommen. ;D
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Fianna am 06. November 2013, 20:57:58
Es ist zwar schon eine Weile her, aber ich muss einen ganz wichtigen fehler von der ersten Seite richtig stellen:
Zitat von: eclipse am 07. Mai 2009, 07:17:57
Ich denke, die Ravenloft-Romane und die Elric-Bücher von Moorcock sind ganz gute Beispiele für das Genre.
Elric von Melnibone ist ein ganz klassisches Buch des Sword and Sorcery, eines meiner Lieblings-Genre, das leider in deutschland kaum jemand (zumindest unter diesem Begriff) kennt.
Obwohl mit Game of Thrones eigentlich S&S gerade so modern geworden ist...

S&S ist ebenfalls am Rand der Dark Fantasy eingeordnet und hat starke Verwandschaft dazu.
Kennzeichen sind graustufige Charaktere, die man weder als Gut noch Böse klassifizieren kann, dazu meist noch ein relativ realistischer Touch, d.h. es wirkt mehr auf die Funktionalität und Logik einer Welt eingegangen (es erscheint nicht einfach so ein Heer, man muss es aufstellen, anwerben, oder eidgebundene Gefolgsleute überzeugen - letztgenanntes Beispiel aus GoT).
Außerdem hat häufig zwischen den Zeilen (oder auch mal deutlicher) ethische oder philosophische Fragestellungen, mit denen der Held, Antiheld oder andere Personen sich herumschlagen. (Zu Beginn des Genres war es eher Zivilisationskritik).
So abstrakt klingt es sicher a) unklar und b) plakativ.
Leider kann ich es nicht besser formulieren.
Titel: Re: Dark Fantasy
Beitrag von: Derufin Denthor Heller am 15. Februar 2023, 18:41:02
Ich finde die Einordung des Genres mittlerweile wirklich schwierig, weil es keine klare Definition gibt.
Darum bezeichne ich meine eigenen Werke gerne als "Phantastische Schauerromane", denn genau das sind sie.
Der Schauerroman ist die Urform der "Dark Fantasy". Die Unterscheidung zur "Grimdark Fantasy" kann ich selbst überhaupt nicht erkennen. Es ist ja auch so, dass Horrorelemente sehr unterschiedlich wahrgenommmen werden.
Ein düsteres Setting, eine figurengetriebene Handlung, ehtische und moralische Fragestellungen und die Angst als zentrales Thema. Ein Schauerroman, wie er schon im 18. Jahrhundert geschrieben wurde.

Vielleicht sollten wir, als Liebhaber der Fantasy, zu den Wurzeln zurückkehren. Denn wenn wir das Genre schon nicht klar definieren und zuordnen können, ist dies Lesern wohl auch nur schwer möglich.