• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Alles zur Perspektive

Begonnen von Lastalda, 01. Januar 1970, 01:00:00

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Yamuri

#555
@Coppelia:
Dein letzter Absatz führt ein wenig zu der Frage:
Was kann das Wesen eines Menschen ändern? Und ist das Wesen eines Menschen änderbar?

Wahrscheinlich ist das für jeden Menschen unterschiedlich. Was du ansprichst mit der Offenheit ist denke ich sehr wichtig. Ein Buch kann dann beeinflussen, wenn der Lesende empfänglich für Beeinflussung ist oder generell offen dafür ist Neues zu lernen. Dann kann aber auch ein Buch mit bedenklichen Inhalten zur Reflexion führen. Und wer kann bestimmen was bedenklich ist? Das ist immer abhängig von der jeweiligen Kultur und gesellschaftlichen Entwicklung. Was wir als unbedenklich einstufen, würde eine andere Kultur vielleicht als höchst problematisch wahrnehmen und umgekehrt.

Ich denke auch, dass Stephen King das ggf. durchaus bewusst und absichtlich so dargestellt hat, dass aufmerksame Leser:innen Mitgefühl entwickeln. Es gab bei ES ja eine Szene, an die sich Beverly als Erwachsene erinnert (ich glaube es war Beverly, die sich da erinnert), von einem verängstigten Victor Criss der auf sie, Eddie und noch jemanden zugekommen war und Hilfe wollte, aber sie waren schon von der Schildkröte so beeinflusst, dass sie den Hilferuf nicht mehr wahrnehmen konnten. Man merkt im Buch auch, dass die Erwachsenen durchaus auch reflektiert auf die Vergangenheit sehen und in den drei Bullys nicht das absolut Böse sehen, sondern Jungs, die von ES instrumentalisiert und benutzt wurden, so wie sie selbst gewissermaßen von der Schildkröte beeinflusst wurden. Ich fand das wirklich gut gemacht, muss ich sagen. Ich mag das wenn Antagonisten nicht so eindimensional sondern menschlich sind. :)

Tatsächlich ist es aber auch meine Hoffnung, dass meine Geschichten ein klein wenig den ein oder anderen beeinflussen oder zum nachdenken bringen können. Bin mir da nur unsicher ob das mit personal oder auktorial besser klappt.  :hmmm: Und vielleicht können wir ja über Antagonisten auch in dem Antagonist Thread weiter sprechen ^^
"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

Paka

Huhu und sorry, dass ich mich gar nicht mehr gemeldet hatte. War ein paar Wochen im Krankenhaus und versuche jetzt, alles nachzuholen, was liegengeblieben ist.

@Rotkehlchen Nur so viel: Ob Harry Potter personal (mit auktorialen Einschüben) oder auktorial geschrieben ist, da scheiden sich anscheinend die Geister. Stephan Waldscheidt hat in seinem Buch ,,Erzählperspektiven" ein ganzes Unterkapitel zu dem Thema. 😝
Gerade eine Liste von acht der am häufigsten aus US-Bibliotheken verbannten Bücher gesehen. Fünf davon stehen in meinem Regal. 👍🏻😇

Rotkehlchen

@Paka
Danke für die Rückmeldung!
Ja, das Thema wurde hier sehr intensiv diskutiert. :D

Ich hoffe, es geht dir wieder gut...?
Gute Besserung!
,,Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte, wo kämen wir hin, und keiner ginge mal nachsehen, wo man hinkäme, wenn man hinginge."
Kurt Marti

Paka

Zitat von: Rotkehlchen am 23. Juni 2023, 22:27:01@Paka
Ich hoffe, es geht dir wieder gut...?
Gute Besserung!
Ja, deutlich besser. Danke! 😊
Gerade eine Liste von acht der am häufigsten aus US-Bibliotheken verbannten Bücher gesehen. Fünf davon stehen in meinem Regal. 👍🏻😇

Siara

Ich habe eine Frage in die Runde. Es kann sein, dass das hier im Thread schon mal Thema war (vor dieser Entscheidung stehen bestimmt viele mal), aber da es dahingehend ja auch immer Entwicklungen gibt, frage ich aus aktuellem Anlass neu.

Wenn der Roman
  • ab Kapitel 1 in der 1. Person und nur aus Sicht einer einzigen Figur geschrieben ist
  • als einzige Ausnahme davon im Prolog zuvor allerdings eine andere Figur Perspektivträger ist

Würdet ihr dann für besagten Prolog 3. Person oder 1. wählen? Bei der 1. könnte der Figurenwechsel nach wenigen Seiten verwirrender sein. (Selbst mit Hinweis auf dem Perspektivträger darüber). Bei der 3. macht man allerdings bei Leser*innen, die 1. nicht mögen, einen falschen Eindruck. Zudem scheint im betreffenden Genre (in meinem konkreten Fall geht es um Romantasy) 1. Person in zu sein.

Ein aktuelles Beispiel für einen Perspektivwechsel ist "Fourth Wing", wo es von 1. auf 1. mit anderem Perspektivträger geht. Dort passiert das allerdings erst im Epilog, sodass Leser*innen mehr Zeit hatten, sich an die Hauptperspektive zu gewöhnen.

Falls ihr ganz generelle Meinungen habt, genreunabhängig, würde mich das auch interessieren.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

caity

@Siara: Meinem Eindruck nach gibt es da weder ein richtig oder falsch noch eine ganz klare Richtung. Es gibt Personen, die kommen mit Perspektivwechseln generell nicht klar, es gibt Personen, die lieben sie.
Ich persönlich finde, wenn es nur vereinzelt Perspektivwechsel gibt, den Wechsel in die 3. Person angenehmer, sowohl zum Lesen als auch zum Schreiben. Ich habe das selbst schon so gehandhabt, unter anderem in Einhornblut und Drachenglut. Von den Vorab-Leser*innen hatte damit nur eine Person Schwierigkeiten, die dadurch etwas länger gebraucht hat, um sich in die Story einzufinden. Ich versuche halt, klar zu kommunizieren, wie die Story konzipiert ist, und bei Lesungen sowieso beide Perspektiven aufzuzeigen.  :engel:
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Paka

Meine persönliche Meinung: Mich würde der Wechsel von 1. zu 1. Person verwirren. Es sei denn, es steht jeweils ein Name über dem Kapitel.
Gerade eine Liste von acht der am häufigsten aus US-Bibliotheken verbannten Bücher gesehen. Fünf davon stehen in meinem Regal. 👍🏻😇

Barra

ZitatFalls ihr ganz generelle Meinungen habt, genreunabhängig, würde mich das auch interessieren.
In oder nicht. Wenn es mehr als eine*n Perspektivträger*in gibt, mag ich "Ich"-Perspektive gar nicht. Nur, wenn wirklich alles bei dieser einen Person bleibt, find ich's ok.
Ich mag weder 3.Person Prolog/ Epilog/ Interlog und ansonsten Prota-Ich. Noch Ich und Ich.
Rein meine Vorliebe.
Ich lese allerdings auch super wenig Romantasy.
Habe im Januar mehrere "Science Fiction Romance Series" Bücher gelesen. Eines davon hatte Ich und Ich. - Es war ok. Eine Serie blieb komplett bei der Prota, das war super angenehm. Leser*innen wissen demnach auch nur das, was die Prota weiß und erlebt. Ich mag das.

Was ich nicht mag: Prologe ;) . Wie in deinem Beispiel, wenn es nur ein einziges Mal vorkommt, würde ich mich fragen, braucht es den Prolog dann überhaupt und die andere Perspektive? Ich mein, es gibt ja Momente, in denen Autor*in denkt: Wäre jetzt schon wichtig, dass die Leser*innen wissen, was der*die Anta macht. Am Anfang, in der Mitte und vorm Showdown vielleicht. Dann würde ich 3.Person nehmen, um das halt auch emotional abzugrenzen. Die Anta-Person also bewusst distanzieren durch die Perspektive.
Der Love Interest hingegen: Wenn es der Fall wäre, dass diese Person was wichtiges zu sagen hat - zum Beispiel (hoffentlich) eine eigene Entwicklung innerhalb der Geschichte - dann sollte diese Person auch entsprechend mit eigener Perspektive versehen sein, aber dann nicht nur einmal. Sondern eben so 40% des Textes? Dann denke ich, dass zwei "Ich"s "abwechselnd" super funktionieren. Aber nur für einen Auftritt? Eher nicht.

Weiß nicht ob das hilfreich war. Ich wünsche dir auf jeden Fall gutes Gelingen.
Bunte Grüße Barra

Fluide

Ich habe da keine feste Meinung zu. Am Ende hängts ja doch immer an der Umsetzung.

Als Leserin springt man ja nicht direkt in ein Buch ohne jedes Vorwissen, man hat ja den Klappentext gelesen etc und erwartet eben zB die Perspektive von X - ganz egal ob in 3. oder 1. Person.
Aus strategischen Gründen würde ich auch überlegen, ob der Prolog wirklich sinnvoll/notwendig ist, weil man ja die Perspektive von X erwartet und nicht von Y. Wenn du den Prolog wichtig findest, dann sollte klar sein, dass es sich A. um einen Prolog handelt, der B. aus einer anderen Perspektive als der der Prota geschrieben ist.

Die Person (1. oder 3.) wäre für mich weniger relevant - so die beiden Ich-Perspektiven sich denn deutlich unterscheiden, was bei 3. Person ja genauso wichtig ist. Also ich würde mich eher fragen, mit welcher Erwartungshaltung gehen Leser:innen in das Buch, nachdem sie den Klappentext gelesen haben? Andererseits, wenn man als Leserin weiß - ah, Prolog!, dann liest man das ja eh schon nicht so richtig als Teil der Geschichte ...

Das sind so meine Überlegungen, wahrscheinlich nicht sehr hilfreich, aber am Ende hängt es für mich eben an der Umsetzung, sodass ich es schwierig finde, pauschal dazu etwas zu sagen ...
Do I contradict myself?
Very well then I contradict myself,
(I am large, I contain multitudes.)
Walt Whitman

Siara

Danke für die Antworten! Ob der Prolog nötig ist, ist natürlich ein ganz anderer Punkt. Die Frage war unter der Annahme gestellt, dass er - aus welchen Gründen auch immer - geschrieben wird. In dem Fall scheint die Grundstimmung ja Richtung: "Kommt auf die Umsetzung an" zu gehen.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.