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Rechterückholung und Manuskriptversion

Begonnen von Zanoni, 11. Mai 2012, 16:45:18

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Zanoni

Hallo zusammen,

also ich hätte da mal eine ganz doofe Frage:

Wie läuft das im Falle einer Rechterückholung? Welche Version des Manuskripts darf dann weiterverwendet werden - nur das ursprüngliche oder der letzte veröffentlichte Stand?

Im konkreten Fall konnte sich der Verleger, bei dem einige frühere Texte veröffentlicht werden, leider nicht mit der Tatsache anfreunden, dass ich mittlerweile auch eigene Wege gehe und hat angekündigt, die Titel zum 31.12. bei sich aus dem Programm zu nehmen. Ist zwar schräg, aber gut ... im Prinzip kommt mir das noch nicht einmal ungelegen. Von daher werde ich diesen "Vertragsänderungsvorschlag" auch annehmen. Ist zwar insgesamt schade, aber nicht zu ändern. Doch worauf ich überhaupt keine Lust habe, sind irgendwelche Konflikte hinterher. Wenn, dann soll das auch sauber, fair und unaufgeregt ablaufen.

Tja, und daher stellte sich für mich die Frage, mit welcher Manuskriptversion ich danach weiter machen kann. Mein eigener letzter Stand? Oder die lektorierte und korrekturgelesene Textversion, die schließlich auch veröffentlicht wurde?

Bevor ich da unnötig Stress versuche, bin ich gerne bereit, meine letzte Version zu nehmen und die noch mal auf eigene Kosten lektorieren und korrekturlesen zu lassen. Aber wenn es "allgemein üblich" ist, dass die veröffentlichte Version wieder an den Autor zurückfällt, dann wäre das natürlich eine völlig überflüssige Ausgabe. Zumal gerade die Rechtschreib- und Grammatikfehler größtenteils doch wieder so oder wenigstens so verbessert werden würden und am Ende etwas extrem Ähnliches dabei heraus käme.

Aber unabhängig von diesem Einzelfall finde ich diese Frage interessant. Vermutlich bin ich ja weder der Erste noch der Einzige hier, der seine Rechte an älteren Werken wieder selbst besitzt, oder?

Viele Grüße

Linda

#1
ZitatAber unabhängig von diesem Einzelfall finde ich diese Frage interessant. Vermutlich bin ich ja weder der Erste noch der Einzige hier, der seine Rechte an älteren Werken wieder selbst besitzt, oder?

Nein, das bist du nicht  ;)
Ich habe zum Beispiel die Rechte an meinen Bastei-Kurzromanen aus dem "Schattenreich" fristgerecht zurückgefordert und mich damit dann erfolgreich bei einem Label für Audio-Books beworben.
Dafür habe ich meine zuletzt abgegebenen und vom Verlag unberührten Versionen verwendet, einfach, weil ich bei sowas auch gerne 100% sicher bin.

In deinem Fall würde ich das gleiche empfehlen.
Auch wenn der Verlag nur "allgemeine Korrekturen oder Rechtschreibung" gemacht hat, so ist das eine Leistung, die er bezahlt hat - ob durch Auslagerung an einen Lektor, Eigenaufwand, automatische Dudenkorrektor-Prüfung oder wie auch immer.

ZitatZumal gerade die Rechtschreib- und Grammatikfehler größtenteils doch wieder so oder wenigstens so verbessert werden würden und am Ende etwas extrem Ähnliches dabei heraus käme.

um das Ähnlich geht es aber halt nicht, sondern um den Aufwand des Verlags und seine Rechte an dem Ergebnis.

Ich würde dir also raten, deine letzten Textversionen selbst noch mal zu überarbeiten (und zwar richtig - es ist erstaunlich, was man mit etwas Abstand noch so alles entdeckt).  Im letzten Arbeitschritt machst du selbst noch die Rechtschreib- oder Fahnenkorrektur (oder lässt das machen) und dann bist du rechtlich auf der sicheren Seite.

Gruß,
Linda

Zanoni

Hallo Linda,

vielen Dank für den Hinweis. Wenn das so üblich ist, werde ich meinen letzten Stand nehmen und den korrekturlesen lassen ... nicht selbst, sondern weggeben (besser isses *g*).

Wobei ich das persönlich aus Verlagssicht jedoch eher gelassen sehen würde. Denn es handelt sich ja um Investitionskosten, die sich schon lange erledigt haben. Ob ein Autor am Ende mit dem veröffentlichten Text weiterarbeitet oder noch einmal alles selbst überarbeitet bzw. überarbeiten lässt, macht für den Verlag schließlich keinen Unterschied. Aber gut, wenn es übliche Praxis ist, dann ist es halt so.

Dankeschön. :-)

Lynn

Eine Stelle an der du evtl auch noch aufpassen musst, ist das Cover. (Sofern du es verwenden willst) Und falls es irgendwelche Besonderheiten beim Satz gab, solltest du die soweit ich weiß besser auch nicht übernehmen. (Der Satz wäre nämlich zu 100% eine Leistung des Verlages, wie ich mal irgendwo gehört hab)  ;) :lehrer:

Zanoni

Ja, stimmt. Das Cover zu übernehmen wäre "tödlich" ... im Sinne von "mit äußerst unerfreulichen Konsequenzen verbunden".

Einzige Ausnahme: Man den den Urheber des Covers und kauft bei ihm die Rechte für eine erneute Verwendung ein. Wenn es nicht gerade eine exklusive Auftragsarbeit war, mit exklusiver Rechtevergabe an den Verlag, oder von einem beim Verlag fest angestellten Grafiker gestaltet, dann wäre es durchaus möglich. Vorausgesetzt man möchte das überhaupt.

Beim Satz ist es schon etwas schwieriger ... oder zumindest strittiger. Der Satz gehört zwar dem Verlag, aber reiner Buchsatz fällt normalerweise nicht unter das Urheberrecht, weil eine entsprechende "Schöpfungshöhe" nicht erreicht wird. Nur besonders originelle Satzarbeiten können eine diesbezügliche Ausnahme bilden. Allerdings hat es tatsächlich ein gewisses "Geschmäckle", wenn der Manuskript auf einmal 1:1 genau so gesetzt auftaucht, wie es vorher bei dem Verlag gesetzt und veröffentlicht wurde. In der Praxis wäre das aber auch extrem ungewöhnlich. Denn wenn es sich um eine andere Manuskriptversion handelt, dann wird der Text auch anders laufen und alles ändert sich selbst dann, wenn exakt dieselbe Schriftart, Schriftgröße, Zeilendurchschuß, Zeilen je Seite, Seitenzahl usw. usw. verändert wurde.

Trotzdem gebe ich Dir recht, dass man schon darauf achten sollte, beim Satz nicht allzu eng beim Verlagssatz zu sein (sofern das überhaupt möglich ist). Selbst wenn es nur darum geht, eventuellen Stress gänzlich zu vermeiden.


treogen

#5
Zitat von: Zanoni am 13. Mai 2012, 18:45:58
Wobei ich das persönlich aus Verlagssicht jedoch eher gelassen sehen würde. Denn es handelt sich ja um Investitionskosten, die sich schon lange erledigt haben. Ob ein Autor am Ende mit dem veröffentlichten Text weiterarbeitet oder noch einmal alles selbst überarbeitet bzw. überarbeiten lässt, macht für den Verlag schließlich keinen Unterschied.

Ob sich die Investionskosten "schon lange erledigt haben", ist schon mal dahingestellt. Denn du musst ja das Buch als Gesamtprodukt betrachten und nicht nur den Einzelkostenpunkt "Lektorat" (ich weiß jetzt nicht, um welchen Verlag es geht, aber abhängig von deinem Bekanntheitsgrad und der Größe des Verlages wird unterschiedlich viel Geld investiert, um dich in den Markt zu "hieven").

Zum anderen steht natürlich (unabhängig von dem Faktor, ob dein Buch die Unkosten eingespielt hat) die Frage, wieso der Verlag etwas schenken sollte, wenn man sich quasi selbständig machst und zum Konkurrenten wirst.
Inwieweit solcherlei Denken sinnvoll ist, ist eine andere Frage
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Zanoni

Hallo Treogen,

doch, doch - gerade weil ich die Kalkulation kenne, weiß ich, dass sich die Sache erledigt hat.

Okay, das hat natürlich mit dem konkreten Einzelfall zu tun, aber auch im Allgemeinen, haben sich solche Investitionen zum Zeitpunkt einer Rechterückholung "erledigt". Und das sehe ich sogar - ausdrücklich - aus der Sicht des Verlags!

Gehen wir doch mal von einer "normalen" Rechterückholung aus. Also entweder nach einem fest vereinbarten Mindestzeitraum - z.B. 3 Jahre - und/oder im Falle eines nicht mehr erhältlichen Titel, den der Verlag auch nicht mehr vorhat noch einmal herauszubringen. In beiden Fällen haben sich die Investionskosten des Verlages "erledigt". Egal ob diese Investition dem Verlag Gewinn beschert hat, nur die Kosten gedeckt oder sogar zum Verlust geführt. Wenn Gewinn gemacht wurde, dann hat der Verlag auch keinen Grund sich zu beschweren. Wenn er hingegen Verlust gemacht hat, dann ist das zwar ärgerlich, aber dann hat er sowieso kein weiteres Interesse mehr an dem Titel - das investierte Geld ist so oder so weg. Unternehmerisches Risiko halt ... aber dafür ist der Anteil des Verlag an den Einnahmen aus dem Buch auch größer als der des Autors.

Also: Welcher Nachteil entstünde dem Verlag daraus, dass der Autor mit dem letzten veröffentlichten Stand weiterarbeitet? Ich sehe da keinen.
Und welcher Vorteil entstünde dem Verlag darau, dass er der Autor wieder auf den letzten Manuskriptstand zurückgehen muss? Da sehe ich ebenfalls keinen.

Klar - wenn es übliche Praxis ist, dann ist es das halt. Kein Grund, deswegen ein Fass aufzumachen. Und diese Diskussion darüber, was das nun bringt oder nicht, ist eine rein philosophische. Interessant, aber müßig.

Interessanter finde ich die Frage, warum der Verlag dem Autoren etwas "schenken" sollte. Klar, warum sollte überhaupt jemand anderen Leuten etwas schenken wollen - könnte man auch fragen ... auch wenn es einen nicht viel mehr als nur ein "Ja" kosten würde? Aber im Grunde wieder ein eher philosophische Frage.

Aber dann auch noch ausgerechnet jemanden etwas schenken, der "zum Konkurrenten wird"? Moment mal! Zum Konkurrenten? Wieso denn das? Der Verlag will den Titel nicht mehr verlegen, der Autor holt sich die entsprechenden Rechte zurück, um doch noch etwas damit zu versuchen und plötzlich wird er zum Konkurrenten? Hoppla! Das ging ja schnell.

So viel im Allgemeinen. Doch in meinem konkreten Fall hat der Verlag - einseitig - die Rechte an bereits in diesem Verlag erhältlichen Titeln wieder freigegeben, weil ich ich erwähnt hatte, einen möglichen zukünftigen Titel eventuell nicht dort veröffentlichen zu lassen. Selbstverständlich ohne irgendeinen Exklusivvertrag mit dem Verlag zu haben. Insofern war es nicht mein "solcherlei Denken", dass vielleicht nicht ganz "sinnvoll" ist, weil ich überhaupt nicht vor hatte an den bestehenden Verträgen etwas zu ändern. Wenn das so wäre, dann wäre es wirklich eine völlig andere Situation - da gebe ich Dir absolut recht. Aber vermutlich hängt es wirklich mit der neuen Selbstständigkeit zusammen, obwohl beides überhaupt nichts miteinander zu tun hat (Sachbuch/Belletristik).

Was mich allerdings am meisten überrascht hat, ist dieses unter Kleinverlagen offenbar besonders ausgeprägte "Konkurrenzdenken". Gerade so, als müsste jeder gegen jeden kämpfen, weil die anderen einem ansonsten noch die Butter vom Brot nehmen würden. Das finde ich etwas seltsam, weil ich nicht glaube, dass Verlag A von seinem Titel B auch nur ein einziges Buch weniger verkaufen wird, wenn Verlag X einem Titel veröffentlicht - selbst wenn es das gleiche Genre ist. Die Leute kaufen sich doch Bücher, weil sie die jeweilige Geschichte interessiert und nicht aus purer Verzweiflung, weil sie sonst nichts anderes zum Lesen haben. Wenn mich sowohl Titel B aus Verlag A als auch Titel Y aus Verlag X interessieren, dann treffe ich keine Entweder-Oder-Entscheidung, sondern kaufe alle beide.

Unter Autoren gibt es ja manchmal auch so ausgeprägtes (und ebenfalls völlig überflüssiges) Konkurrenzdenken. Dabei können wir doch hier im Tintenzirkel-Forum sehen, dass es auch völlig anders geht: Miteinander! Mit gegenseitiger Unterstützung und Hilfe. Und mein Eindruck ist, dass es auf diese Weise sogar noch deutlich besser geht! Oder?

treogen

#7
Zitat von: Zanoni am 13. Mai 2012, 22:43:51
Okay, das hat natürlich mit dem konkreten Einzelfall zu tun, aber auch im Allgemeinen, haben sich solche Investitionen zum Zeitpunkt einer Rechterückholung "erledigt". Und das sehe ich sogar - ausdrücklich - aus der Sicht des Verlags!

Eben nicht - eine ganze Menge Verlage kalkulieren anders. Müssen anders kalkulieren.
Sie müssen damit rechnen, dass sie mehr als einen Titel eines Autors herausbringen. Weil sie nicht einen Titel, sondern einen Autor vermarkten.
Das 1. Buch eines neuen Autors im Verlag ist meist ein Minusgeschäft, wird jedoch hingenommen, weil man davon ausgeht, dass man auch in Zukunft weiter zusammenarbeitet.
Klar - man kann genauso sagen: "Selbst schuld. Dann muss halt der Verlag schon von vorneherein Folgebände ordern."
Aber nachdem ja auch das von Autorenseite eher als kreative Einschränkung und Knebelei angesehen wird, anstatt als Wunsch zur langfristigen Partnerschaft, bleibt halt nur das Risiko.
Klar - die Höhe der Investition in einen Autor ist von Verlag zu Verlag unterschiedlich. Aber ich weiß beispielsweise, was es mich kostet. Und das ich in Zukunft vermehrt auf Stammautoren setzen werde.

Zitat von: Zanoni am 13. Mai 2012, 22:43:51
Doch in meinem konkreten Fall hat der Verlag - einseitig - die Rechte an bereits in diesem Verlag erhältlichen Titeln wieder freigegeben, weil ich ich erwähnt hatte, einen möglichen zukünftigen Titel eventuell nicht dort veröffentlichen zu lassen.

Damit bestätigst du eigentlich genau das, was du sagst.
Du willst keine weitere Zusammenarbeit - die vielleicht (was gelaufen ist, weiss ich ja nicht) auch nicht ganz so gelaufen ist, wie es sich der Verleger vorgestellt hat. Damit sieht der Verlag auch keinen Grund mehr, dich als Autor zu pushen.
Die verbliebene Restauflage wird dann als Verlust abgeschrieben und gut ist.
Und wegen Konkurrent - ich meine gelesen zu haben, dass du einen Ebook-Verlag aufziehen willst oder schon hast (war doch so, oder irre ich mich da?). Also bist du doch Konkurrenz, oder nicht?
Ist jetzt nicht meine persönliche Denke (im Gegenteil: auch wenns schade wäre, wenn mir einer meiner Stammautoren verlustig geht - aber wenn er einen Sprung nach oben macht und bei einem größeren Verlag unterkäme und die VÖ in meinem Verlag wäre eine Stufe auf dem Weg dahin, würde ich mit dem Autor sogar eher eine Flasche köpfen und auf den Erfolg anstoßen) - aber die Masse der Menschen ist so, dass einem der eigene Status egal ist, Hauptsache die anderen sind schlechter dran. Lieber noch im Nachhinein etwas schwerer machen.

Zitat von: Zanoni am 13. Mai 2012, 22:43:51
Was mich allerdings am meisten überrascht hat, ist dieses unter Kleinverlagen offenbar besonders ausgeprägte "Konkurrenzdenken".

Eben - das meinte ich mit "Inwieweit solcherlei Denken sinnvoll ist, ist eine andere Frage".
Ich gebe zu, ich finds extrem albern.
Ich habe die Kleinverlageliste aufgesetzt - gerade um eine Vernetzung der Kleinverleger zu ermöglichen und Kunden und Produzenten zusammenzuführen. Ein Eintrag auf dieser Liste kostet ... NICHTS.
Nur wenn man tatsächlich mehr Informationen (Logo, Verlagsprogramm, Vorstellungstext) unterbringen will, als einen Link in den betreffenden Genres einzusortieren, muss man ein Kleckerle zahlen. Ich habe 600 verschiedene seriöse Kleinverlage angeschrieben, ob sie draufgesetzt werden wollen. Kostenlose Werbung - ich wollte nur, dass man mir sagt, ob man dabei ist (ich setz niemanden auf eine Liste, der es nicht will) und in welche Genres man einsortiert werden sollte.
Scheiße: nicht mal 60 Verlage sind bisher drauf.  :wart:
So nach dem Motto: "Wer weiß, was der andere davon hat, dass er das macht. Dann mach ich lieber nicht mit, könnte der andere ja einen Vorteil draus haben."

Ich bin auf vielen Veranstaltungen, nehme dabei auch unentgeltlich Bücher von befreundeten Verlegern mit und verkaufe die quasi in ihrem Auftrag an meinem Stand. Weißt du, wie oft ich da schon komisch angeschaut worden bin?
Der Dummerjan, der was umsonst für andere macht  :wums:
Als ob irgendwer, der ein Kinderbuch sucht und an unseren Stand das Kinderbuch einer befreundeten Autorin kauft, sich wegen diesem Kauf gegen ein Buch aus unseren Programm entschieden hätte. Alles Blödsinn.

Und ich habe Verlage wie Wurdack, Hary, Wortkuss, Saphir im Stahl, Hexentor oder Samhain & Beltane nie als Feinde oder Konkurrenten gesehen - manche waren für mich Vorbild und Mentor, für andere war ich es. Und manche von denen sehe ich sogar als Freunde an.
Mir hat es weh getan, die Mail vom Aufgeben des Wortkussverlages zu lesen, weil ich viel mit Simone auf die Beine gestellt habe.
Umso mehr verwundert mich es, wenn ich da - auch auf Veranstaltungen - die Grabenkämpfe sehe ...

Zitat von: Zanoni am 13. Mai 2012, 22:43:51
Das finde ich etwas seltsam, weil ich nicht glaube, dass Verlag A von seinem Titel B auch nur ein einziges Buch weniger verkaufen wird, wenn Verlag X einem Titel veröffentlicht - selbst wenn es das gleiche Genre ist.

Das sehe ich genauso. Jeder Verlag ist doch Spezialist in seinem Gebiet (oder sollte es zumindest sein, sonst gibts ihn nicht lang). Und jeder hat doch seine eigenen Qualitäten.

Zitat von: Zanoni am 13. Mai 2012, 22:43:51
Unter Autoren gibt es ja manchmal auch so ausgeprägtes (und ebenfalls völlig überflüssiges) Konkurrenzdenken. Dabei können wir doch hier im Tintenzirkel-Forum sehen, dass es auch völlig anders geht: Miteinander! Mit gegenseitiger Unterstützung und Hilfe. Und mein Eindruck ist, dass es auf diese Weise sogar noch deutlich besser geht! Oder?

Seh ich genauso - deswegen bin ich ja auch Mitbegründer von "Das andere Buch", einer Autorenvereinigung, die sich zusammengetan hat, um ihre Bücher gemeinsam zu vermarkten.
Davor war ich in der DÖSCH (Verlagsorganisation Deutschland/Österreich/Schweiz), da wurde nur rumdiskutiert und am Ende kamen die Meisten zu der Auffassung, dass das eh alles nicht funktionieren würde. Das war Zeitverschwendung, die wollten alle Werbung für ihre Verlagsprogramme machen (gegenüber anderen Verlegern, als ob die nicht eh schon genug zu lesen haben  :rofl:) - aber miteinander arbeiten wollte keiner.
Da wurde von einem Verlag das Angebot gemacht, gemeinsam einen Messestand zu buchen - da wurde so lange drüber diskutiert, was denn der Verlag davon hat, so ein Angebot zu machen und wie viel der daran verdient, bis der sauer geworden ist und das Angebot zurückgezogen hat.

Aber das ist halt so. Menschen sind doof  ;)
Da hat es mal vor längerer Zeit eine Umfrage gegeben - deren Ergebnis ich sehr schockierend fand.
In der Umfrage wurde man gefragt, was einem lieber wäre: Dasselbe Geld wie bisher - und wissen, dass der Nachbar weniger hat, als man selbst. Oder mehr Geld als bisher - und wissen, dass der Nachbar mehr hat, als man selbst.
Und die Mehzahl wollte lieber dass der Nachbar weniger als man selbst habe, auch wenn das in Summe weniger wäre, als man hätte haben können.

Die Mehrzahl freut sich nicht an den eigenen Erfolgen, sondern an den Misserfolgen der anderen.
Und in die Denke passt auch das mit dem alten Manuskriptstand hinein. Es geht nicht darum, dass der Verlag einen Nachteil davon hat, dass du den gedruckten Stand nimmst. Es geht darum, dass du einen Nachteil hast, wenn du auf deinen alten Stand aufsetzt.
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Zanoni

Hallo Treogen,

ach so, jetzt verstehe ich! Sorry, dass ich das völlig falsch verstanden habe. Danke für Deine ausführliche Antwort - jetzt ist mir erst bewusst geworden, dass es nicht Deine eigene Meinung ist, sondern Du diese merkwürdige Haltung ebenso mit Unverständnis zur Kenntnis nimmst.

Was die Kalkulation angeht, ja klar, am Ende muss unterm Strich etwas über bleiben - auch für den Verlag. Und vermutlich hat auch jeder seine ganz eigene Mischkalkulation, die sich als die für die eigene Situation sinnvollste Berechnungsgrundlage herausgestellt hat. Insofern muss wahrscheinlich jeder erstmal seine eigenen Erfahrungen gemacht haben, um wirklich mitreden zu können. Und auch seine ersten Pleiten und Fehlinvestitionen durchlebt haben.

Und ja, Du hast richtig gelesen, mit dem eBook-Verlag. Aber trotzdem sehe ich einen auf Belletristik ausgerichteten Verlag einfach nicht als Konkurrent für einen Sachbuchverlag an. Für mich sind das zwei völlig verschiedene Paar Schuhe ... aber gut, wer es so sehen möchte.

Deine Kleinverlegerliste habe ich schon gesehen. Und Dein Engagement auf diesem Gebiet finde ich absolut klasse! Mehr dazu über PN.


Lomax

#9
Nun finde ich auch mal die Zeit, mich dazu noch zu äußern ... Die von Treogen beschriebenen Denkweisen finde ich auch sehr traurig und kann sie kaum nachvollziehen. Wenn das wirklich so weit verbreitet ist, dann wäre das schon schade - und auch sehr dumm in dem Gewerbe. Denn die Verlagswelt ist wirklich klein, man sieht sich immer wieder, und auch für Verlage ist es nicht sehr klug, ihren Geschäftspartnern auf die Füße zu treten, wenn man selbst keinen Vorteil davon hat.

Wie weit das jetzt "üblich" ist, dass man nach einer Rechterückgabe mit der unlektorierten Fassung weiterzuarbeiten, das ist eine komplizierte Frage. Tatsache ist, dass es üblicherweise in den Verträgen drinsteht, dass der Verlag an dem von ihn erbrachten Leistungen die Rechte behält. Tatsache ist auch, dass der Lektor "Urheberrechte" an dem von ihn eingebrachten, kreativen Teilen des Werkes erhält - allerdings nicht an reinen Korrekturen. Da ich als Redakteur eine Menge Leute kenne, die diese Frage auch schon mit dem Finanzamt und vor Gericht zu klären hatten, kann ich jedenfalls mit ziemlicher Sicherheit festhalten, dass bloße Fehlerkorrektur nicht als urheberrechtlich relevante Leistung angesehen wird, und dementsprechend können sich Lektor und Verlag diesen Teil ihrer Arbeit wohl auch kaum schützen lassen - ob nun ein Rechtschreibfehler vom Verlagslektor oder später bei einem Korrektorat des Autors ausgebügelt wurde, lässt sich ohnehin kaum feststellen, und Rechtschreib- und Grammatikkorrekturen kann man dementsprechend nach einer Rechterückholung sicher ohne Probleme "behalten"  ;)
  (Eine andere Frage wäre, ob sich das rausrechnen und abwägen wirklich lohnt, oder ob man, wenn das nötig sein sollte, nicht schneller dabei ist, wenn man gleich die unlektorierte Fassung nimmt und komplett neu bearbeitet).

Aber - man muss auch sagen, in der Praxis habe ich es selten erlebt, dass nach Rechterückgabe und Rechteübergang plötzlich eine andere Fassung auf den Markt kam als die lektorierte Erstausgabe. Bei Übersetzungen, ja. Aber Originalausgaben existieren eher selten bei jedem Verlagswechsel in unterschiedlichen Versionen ;). Ich hätte damit also zumindest Bauchschmerzen, wenn jedes lektorierte Werk plötzlich nicht mehr der Roman wäre, sondern nur die vorläufige Arbeitsfassung des tatsächlichen, unlektorierten "Werkes". Da empfände ich es jedenfalls nicht als geschäftsüblich, sondern im Gegenteil als besonders seltsam, wenn ein Verlag darauf beharren würde, dass er eigene Urheberrechte an meinem Roman hat.
  Wenn so was allmählich in Mode kommt, dann liegt das sicher eher daran, dass kleinliche Urheberrechtsklaubereien heute mehr in Mode sind als früher, und es wäre aus meiner Sicht auch ein Punkt, an dem man das Urheberrecht in der Tat nachbessern sollte, dergestalt, dass eventuell denkbare Urheberrechte aus Bearbeitung eines größeren Werkes in normalen Umfang per se untergehen - das sage ich ganz ausdrücklich auch als Lektor. Ich hatte nie das Gefühl, dass mir plötzlich "Urheberrechte" an einem von mir lektorierten Buch zustünden, dass der Autor mich plötzlich fragen muss, wenn er meine Änderungen verwendet etc.; und ich empfinde es als Lektor durchaus als Missbrauch des Urheberrechts, wenn Kollegen (oder Verlage) solche Ansprüche für sich ableiten würden.
  Zumal man eines nicht vergessen darf: In einem Lektorat sind alle Änderungen nur Vorschläge - es wird jede einzelne Korrektur vom Autor angenommen oder abgelehnt, und selbst bei Korrekturen, die genommen werden, ist es oft nicht so, dass die Änderung des Lektors 1:1 übernommen wird, sondern dass der Autor selbst die Anregung des Lektors aufgreift und eine eigene Lösung findet. Und eigenständige Urheberrechte von Lektor und Verlag für Teile eines Werkes, die jederzeit der souveränen Entscheidung des Autors unterstanden, finde ich zumindest zweifelhaft. Dann könnten ja plötzlich auch Testleser Urheberrechte geltend machen, wenn ich einen Rat von ihnen übernehme  ???

Man kann also, wenn man Probleme vermeiden will (und die Lage ist da jedenfalls unsicher), oder wenn einem das Lektorat sowieso nie gefallen hat  ;), sicher gleich auf die letzte unlektorierte Fassung zurückgehen. Und dann gibt es sicher Ausnahmefälle, wo das ohnehin zu empfehlen ist - nämlich bei allen "Projekten", bei denen eher von einer "Redaktion" zu reden ist als von einem "Lektorat", beispielsweise bei Heftromanen o.ä. Da wird ja oft etwas geändert, ohne dass der Autor an diesem Produktionsschritt überhaupt beteiligt ist. Da würde ich dann auch meine letzte Fassung wieder verwenden, ohne erst mal lange auszurechnen, was an dem fertigen Produkt nun meines ist, und was zu Recht der Verlag beanspruchen kann.
  Bei anderen Romanen hätte ich damit zumindest ein Problem und würde sehr genau hinschauen und nachrechnen, an welchen der Abweichungen zur unlektorierten Fassung ich bereit bin, dem Verlag Rechte zuzugestehen, und auf welche ich beharre. Um mal ein praktisches Beispiel zu nennen: Meine Romane sind ja nun recht lang, und ich sehe durchaus schon selbst, dass da einiges zu kürzen ist. Aber bei vielen Szenen, die ich für prinzipiell kürzbar halte, warte ich erst mal das Feedback des Lektors ab - sprich, ich markiere sie in meiner Fassung rot, und wenn der Lektor in der lektorierten Fassung dieselben Szenen zum kürzen vorschlägt, zu viel davon kürzt oder zu viel daran ändert oder sonstwie deutlich wird, dass sie nicht so wirken, dass ein Verbleib vorteilhaft wäre, dann kürze ich sie auch komplett. In der Fassung letzter Hand sind also Szenen gelöscht, bei denen ich persönlich schon vor dem Lektorat der Ansicht war, dass ein Kürzen vielleicht vorteilhaft ist - müssen diese Szenen jetzt etwa für immer drinbleiben, weil der Lektor derselben Meinung war, oder weil er vielleicht irgendwas ganz anderes daran geändert hat, was mich dazu veranlasst hat, die Szene zu löschen? Oder darf ich in Zukunft etwa nur die Szenen löschen, die der Lektor gut fand und stehen lassen wollte ... oder muss ich umgekehrt diese Szenen löschen, weil der Lektor plötzlich ein Urheberrecht an der Entscheidung hat, dass diese Szenen gut sind, obwohl ich sie prinzipiell entbehrlich fand?
  Das ist, ehrlich gesagt, Blödsinn. Wenn in der letzten Fassung eine Szene gelöscht ist, dann deswegen, weil ich nach eigener Überlegung und unter Berücksichtigung aller Gründe, von denen der Vorschlag des Lektors einer ist, zu dem Schluss gekommen bin, dass es besser ist, genau diese Szene zu löschen und nicht irgendeine andere. Und darum würde ich meine Entscheidung, was drinbleibt und wo ich - vielleicht - auf die letzte unlektorierte Fassung zurückgehe, nicht davon abhängig machen, wo lektorierte und unlektorierte Fassung voneinander abweichen, sondern ich würde schon sehr genau in die Korrespondenz mit dem Lektorat schauen und prüfen, welche konkrete Textstelle mit einer rechtlich relevanten "Schöpfungshöhe" wirklich nicht von mir kommt.

Zanoni

Hallo Lomax,

vielen Dank für die sehr interessante Schilderung Deiner Sichtweise und Erfahrungen. Da kommen einige Aspekte zum Vorschein, die ich bisher überhaupt noch nicht berücksichtigt habe und erst einmal etwas gründlicher nachdenken muss, bevor ich darauf antworte. Das werde ich aber auf jeden Fall noch, weil ich das Thema sehr spannend finde und es ja im Grunde jeden von uns irgendwann mal betreffen kann. Insofern ist es genial, so viele verschiedene Sichtweisen und Erfahrungen aus der Praxis zu erfahren.

Viele Grüße


P.S.: Im meinem konkreten Fall gibt es übrigens ein kleines Update. Da es der Verlag seit 2010 nicht geschafft hatte, mir einen unterschriebenen Verlagsvertrag anzubieten (was jedoch auch nicht nötig war, weil wir uns bisher immer sehr gut verstanden), habe ich nun doch noch einen angeboten bekommen, der (wie angekündigt) am 31.12.2012 ausläuft. Er wollte halt noch alles formal und schriftlich regeln, bevor es hinterher zu Meinungsverschiedenheiten kommt - was ja grundsätzlich auch völlig in Ordnung und ganz in meinem Sinne ist. Interessanterweise wurde jetzt jedoch die Klausel hinzugefügt, dass der Werktitel eine geistige Schöpfung des Verlages darstellt und unter Bezugnahme auf die Paragraphen 5 und 15 Markenschutzgesetz Titelschutz geniesst. Hoppla! Da will jemand sich entweder den Titel sichern und/oder verhindern, dass das Buch später unter demselben Titel wieder veröffentlicht wird. Interessant ... aber natürlich nicht akzeptabel. Zwar stimmt es, dass der Titel in gemeinsamer Abstimmung entschieden wurde, aber geschieht das nicht letztlich immer so?! Also, da werde ich mich erst einmal schlau machen müssen ... *seufz*

Snöblumma

Ich wollte euch nur mitteilen, dass ich diese Diskussion unwahrscheinlich spannend finde. Ich habe es in der Mittagspause aus Interesse mal durch die Datenbanken gejagt und einen schnellen Blick in die Kommentare gewagt. Zumindest aufs Erste habe ich keine Ergebnisse gefunden, nichts. Das scheint also ein Problem zu sein, dass es so in der Praxis noch nicht vor die Gerichte geschafft hat und das deshalb auch in der Wissenschaft noch keine Aufmerksamkeit  gefunden hat.  :hmmm: Wirklich spannend. Wenn ich nicht schon ein Thema für meine Diss hätte, das wäre eines...

Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass das, was im gedruckten Buch als Text erscheint, imho die korrigierte und lektorierte Fassung, das ist, an dem das Urheberrecht des Autors besteht. Die Zugaben, die der Verlag leistet, sind ja keine kreativen, schöpferischen Zugaben, so dass jedenfalls kein Urheberrecht des Lektors/Testlesers daran entsteht - aber das ist wirklich nur aus dem Bauch heraus ein erstes Gefühl. Daher könnte dieser Text dann weiterverwertet werden... aber da muss ich nochmal drüber nachdenken.

Und was den Titel angeht: Titelschutz ist nochmal eine ganz andere Frage ;).

Zanoni

Sehr interessant, Snöblumma! Noch nie erörtert ... erstaunlich.

Aus dem Bauch heraus sehe ich das auch so, weil alles andere die eigentlichen Ideen und Ziele des Urheberrechts ziemlich verdrehen würde. Aber rein juristisch scheint es tatsächlich etwas unklar zu sein.

Gut, dass Titelschutz das Urheberrecht aushebeln können soll, betrachte ich eher als Wunschvorstellung. Wenn überhaupt Ansprüche gestellt werden können, dann höchstens über das Urheberrecht selbst. Also, wenn gesagt wird, dass der Titel die geistige Schöpfung des Verlages sei, und der Verlag sich damit als Urheber dieses Titels betrachtet. Wobei es selbst dann schwierig sein dürfte, das auch zu beweisen ... wenn so etwas gemeinsam im Gespräch entschieden wurde.

FeeamPC

#13
Kannst du nicht beweisen- aber das Gegenteil auch nicht, es sei denn, es gibt etwas Schriftliches, wo der Verlag ganz klar sagt: Ich habe den Titel erfunden/ ausgesucht, nicht der Autor. Dann hätte der Autor ohne ausdrückliche Erlaubnis des Verlages tatsächlich keine noch so klitzekleine Chance, den Titel verwenden zu können.

Wobei ich als Autor/Autorin bei jedem Buch, das schon einmal unter anderem Titel erschienen ist, solches dem Leser ganz klar und noch vor der ersten Textseite mitteilen würde. Nicht ist ärgerlicher, als ein Buch zu kaufen, und hinterher zu sehen, dass es doch nicht neu ist, sondern dass ich es unter anderem Titel bereits habe.

Zanoni

Zitat von: FeeamPC am 17. Mai 2012, 16:08:22Nicht ist ärgerlicher, als ein Buch zu kaufen, und hinterher zu sehen, dass es doch nicht neu ist, sondern dass ich es unter anderem Titel bereits habe.
Das stimmt!

Aber wenn irgendwo im Infotext ausdrücklich steht, unter welchem Titel es vorher woanders veröffentlicht wurde, sollte eigentlich kein Problem auftauchen. Weder die Doppeltkäufe, noch Stress mit dem Verlag, weil es schließlich eine rein sachliche Information und weder Titel, noch Untertitel ist.