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Verlag gründen auf einer Skala von "yay" bis "bist du völlig wahnsinng?" ;D

Begonnen von federschwarzes, 24. Oktober 2019, 20:45:58

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federschwarzes

Hallo ihr Lieben,

danke noch einmal für die Aufnahme im TiZi, ich freue mich, dabei zu sein.

Und schon löchere ich euch mit meinen Fragen :D Hier tummeln sich neben Autor*innen doch sicherlich auch Verleger*innen, gerne auch aus Klein(st)verlagen, oder nicht? Ich denke zur Zeit über die Gründung eines Verlages nach, wobei ich (anfangs) zunächst hauptsächlich Kinderbücher verlegen möchte. Es gibt da draußen einfach viel zu wenig gute Kinderbücher, inklusive Bücher, die Vielfalt zeigen. Bücher, in denen es kein Problem ist, dass Karl ein Kleid trägt und Lisa Baggerfahrerin werden möchte, Geschichten, in denen queere Kinder vorkommen, in denen Kinder vorkommen, die transgender sind, in denen ein Kind im Rollstuhl abgebildet ist, weil es nun mal auch Kinder im Rollstuhl gibt. Ich träume von Büchern für die allerkleinsten, in denen solche Themen einfach dargestellt werden. Nicht, weil sie Thema des Buches sind, sondern, weil das Leben nun mal so ist, bunt, vielfältig, divers. Kinder leben halt nicht mehr ausschließlich in der "Mama, Papa, zwei Kinder und ein Hund" Reihenhaus Bilderbuch Familie, sie leben bei den Großeltern, in Pflege, in Patchworkfamilien, bei Tanten, bei Mama und Mama, bei Papa und Papa, in polyamoren Familien. Mir fehlt diese Vielfalt in den Büchern, die meine Kinder (2 und 6 Jahre alt) so vorgelesen bekommen, sehr und ich kenne kaum Familien, bei denen die Erwachsenen nicht "on the fly" Sachen beim Vorlesen verändern, weil die rosa-hellblau-Falle in Kinderbüchern nun mal immer noch sehr hoch ist. Vom Sichtbarmachen anderer Geschlechter wie Mann und Frau rede ich da noch gar nicht...

Ihr merkt schon, ich bringe viel Leidenschaft mit für dieses Thema. Aber Leidenschaft allein verändert die Welt leider nicht. Zumindest nicht in meinem Fall. Daher meine Frage: wie gründe ich einen Verlag? Und noch viel spannender - wie bringe ich das Ding dazu, auch schwarze Zahlen zu schreiben? Ich will ja nicht nur einen Gewerbeschein beantragen und den Verlag in 6 Monaten an die Wand gefahren haben...  :hmmm:

Mögt ihr mal erzählen, wie es bei euch so war? Wo recherchiere ich am besten, wen spreche ich an, gibt es Menschen unter euch mit ähnlichen Gedanken, wen müsste ich unbedingt kennen lernen, gibt es so einen Verlag vielleicht schon und braucht er Unterstützung?

Gegenwind habe ich genug, her mit euren Erfahrungen.  ;D


Liebe Grüße
Melanie

FeeamPC

Verlag gründen ist einfach. Verlag erhalten schwer. Einen Kinderbuchverlag zu erhalten - viel Glück!

a) Kinderbücher brauchen Farbe. Farbe ist nur in Offsett-Druck einigermaßen preiswert, der aber braucht große Auflagen (mindestens 300), und da muss man viele Bücher vorfinanzieren. Unter 1000 Euro pro Buch Vorfinanzierung läuft da nichts.
b) Kinderbücher verkaufen sich für einen beginnenden Verlag miserabel. Ich hatte anfangs auch welche im Verlag. Rückmeldung der Buchhandlungen: Buch ist gut, aber der Verlag ist unbekannt und der Autor / Illustrator auch. Solche Bücher nehmen wir prinzipiell nicht an Lager, eines von beidem MUSS bekannt sein.
c) Kinderbücher ohne Buchhandlungen verkaufen geht ebenfalls miserabel. Eltern wollen die Bücher sehen, bevor sie sie kaufen. Und zwar in Buchhandlungen. Die wiederum ... siehe oben.

Kannst du nicht mit etwas Einfacherem anfangen als ausgerechnet Kinderbüchern?

Romy

Hi Melanie,

gelegentlich träume ich auch davon einen Verlag zu gründen (aber eher für Fantasy, sehr gerne aber auch mit queeren Protas), aber ich glaube, wenn ich das ernsthaft tun würde, neben meiner normalen Arbeit, hätte ich innerhalb einer Woche Burnout ... das lasse ich wohl lieber ... :versteck:

Ein paar Bilderbücher mit Themen wie Du sie suchst, gibt es aber übrigens, Titel die mir spontan einfallen:
- "Zwei Papas für Tango"
- "Mama und Mamusch"
- "Zwei Mamas für Oskar"
- "König und König"
- "Teddy Tilly" (Transgender)
- "Lotti und Otto" (Geschlechterklischee)
- "Herr Seepferdchen" (Geschlechterklischee)
- "Wann gehen die wieder?" und "Feiern die auch mit?" (Patchworkfamilie)
- "Alles Familie!" (Sachbilderbuch über verschiedenste Familienentwürfe)

Aber das sind halt auch fast alles Bücher, wo es explizit um diese Themen geht (außer "Alles Familie!", das sehr breit gefächert ist) und die queeren Figuren nicht einfach ganz normal wie im wahren Leben nebenher mit dabei sind. Da weiß ich gar nicht, ob es das im Kleinkindbereich überhaupt gibt ... wenn es nach mir ginge, müsste es solche Bücher unbedingt geben.

Aber ohne Buchhandelspräsenz (und schöne, moderne Illustrationen) ist es bei Bilderbüchern wirklich sehr schwierig, glaube ich. :seufz:

Ratzefatz

Zitat von: FeeamPC am 24. Oktober 2019, 23:27:58
Verlag gründen ist einfach. Verlag erhalten schwer. Einen Kinderbuchverlag zu erhalten - viel Glück!

a) Kinderbücher brauchen Farbe. Farbe ist nur in Offsett-Druck einigermaßen preiswert, der aber braucht große Auflagen (mindestens 300), und da muss man viele Bücher vorfinanzieren. Unter 1000 Euro pro Buch Vorfinanzierung läuft da nichts.
b) Kinderbücher verkaufen sich für einen beginnenden Verlag miserabel. Ich hatte anfangs auch welche im Verlag. Rückmeldung der Buchhandlungen: Buch ist gut, aber der Verlag ist unbekannt und der Autor / Illustrator auch. Solche Bücher nehmen wir prinzipiell nicht an Lager, eines von beidem MUSS bekannt sein.
c) Kinderbücher ohne Buchhandlungen verkaufen geht ebenfalls miserabel. Eltern wollen die Bücher sehen, bevor sie sie kaufen. Und zwar in Buchhandlungen. Die wiederum ... siehe oben.

Kannst du nicht mit etwas Einfacherem anfangen als ausgerechnet Kinderbüchern?

@Melanie: Als ich deine Anfrage gelesen habe, war mein erster Gedanke "Du solltest mit @FeeamPC reden, die kennt sich mit dem Verlegen aus". ;-) Aber wie ich sehe, war sie schon schneller als ich.

Hast du denn Kontakte zu Buchhändlern? Oder planst du die Kinderbücher zB auf Messen zu verkaufen?
,,Dein Name ist Venko", raunte Zoya in sein Ohr. ,,Venko, Venko, Venko." Sie gab ihm für jedes ,,Venko" einen Kuss und ermahnte ihren Mann: ,,Vergiss deinen Namen nicht!"
,,Wie könnte ich ihn vergessen, meine Zoya", raunte er zurück, ,,wenn ihn vergessen auch dich vergessen hieße?"

Maubel

Ich kann dir leider zum Verlag gründen nicht viel sagen, nur dass ich bei deiner Aufzählung an die Lesebücher in Neuseeland denken muss. In der Schule kriegen meine Kinder jeden Tag ein kleines Büchlein mit, je nach Lesestufe dann mit einem Satz, in dem sich jeweils nur ein Wort ändert oder dann wirklich eine lange Geschichte. Und wer auch immer diese Hunderten an Büchern herstellt, achtet extrem gut auf Diversität. Es gibt wirklich alles und es ist so gut wie nie Gegenstand der Geschichte. Da geht es eher um die Farben von Lunchboxen oder Rutschen auf der nassen Rutsche. Es sind verschiedene Ethnien, Familienstrukturen und Fähigkeiten. Da frage ich mich wirklich, warum das nicht auch anderswo geht.

Fianna

 Wenn Kinderbücher alleine als Standbein schwierig sind, wie wäre es dann mit diverser Phantastik ohne explizite Liebesszenen?

Da hast Du schon mal ein wenig dasselbe Grundthema, und bei Manuskripten ohne explizite Liebesszenen ist es bisher für die Autoren wohl manchmal schwierig, das richtige Publikum zu finden, weil die anderen Verlage oft auch erotisch-queere Phantastik anbieten. Leser, die keine Romane mit expliziten Szenen suchen, kommen vielleicht nicht auf die Idee, dass der Verlag inzwischen auch anderes hat. Stammleser bekommen nicht das, was sie vom Verlag gewohnt sind... Hatte @Lothen dazu nicht etwas im Zirkel geschrieben?

...wenn Du Dich da klar positionierst, passt es einigermaßen zu den Kinderbüchern, und Du hast ein recht klares Profil für die Leser.

Ob die den Verlag auch finden und kaufkräftig genug sind, um es in die schwarzen Zahlen zu bringen, wäre dann die Frage...  ???

treogen

Zitat von: federschwarzes am 24. Oktober 2019, 20:45:58
Ich will ja nicht nur einen Gewerbeschein beantragen und den Verlag in 6 Monaten an die Wand gefahren haben...  :hmmm:

Tröste dich - die meisten brauchen dafür 3 Jahre 3:)

Du hast dich in einer sehr schweren Zeit für ein sehr schweres Pflaster entschieden.
@FeeamPC sagte es schon richtig - mehr noch als bei allen anderen Buchsparten gibt es gerade im Kinderbuch ganz klare Vorgaben, was Eltern, Pädagogen und Buchhändler erwarten.
Und du brauchst zwingend den Zugang zu den Buchhandlungen (und damit meine ich nicht einfach nur eine Listung im Barsortiment - deine Bücher müssen wirklich in einer nennenswerten Anzahl von Buchhandlungen ausliegen). Anders als in jedem anderem Buchbereich ist das EBook hier komplett unrelevant. Anders als in jedem anderen Buchbereich ist amazon hier fast komplett unrelevant. Du brauchst Messen und ja - nicht unbedingt Publikumsmessen wie die Leipziger, sondern vielmehr Branchenmessen wie die Frankfurter, damit du die Entscheidungsträger bei Lieslotte & Co. begeistern kannst.

Nun - falls du die Branchennews im letzten Jahr verfolgt hast, weißt du, dass KNV richtig in die Sch... reingeschlittert ist (und dabei dutzende Verlage in die Insolvenz gebracht hat) und das Libri mit seiner Auslistungsstrategie für immer mehr Unsichtbarkeit (also das Gegenteil von dem, was du bräuchtest) im Buchhandel sorgt (und damit auch dutzende Verlage zum Aufgeben gebracht hat).
Ich kenne keinen Kinderbuchverlag, der mit Auflagen von weniger als 1000 Stück agiert - alles andere ist wirtschaftlicher Selbstmord. Damit gehst du automatisch alleine bei dem Druck mit 2000 Euro in Vorleistung. Bei einem vollfarbig illustrierten Buch kommst du bei den Illustrationen zusätzlich auf gut 1000-2000 Euro, Lektorat, Korrektorat kannst du für den ersten Schuss wohl mit weiteren 1000 Euro veranschlagen. 5000 Euro je Projekt Vorfinanzierung.
Da du mit einem einzelnen Buchprojekt keine Chance hast zu punkten, solltest du zum Start mindestens 2, besser noch 3 Bücher haben - sonst kannst du dir den Versuch, die Buchhandlungen, Kitas und Schulen zu begeistern, gleich abschminken. Sprich: Stell dich in dem Bereich auf ein Startkapital von 10000-15000 Euro ein. Beispielsweise bei der Phantastik kommst du mit gut 2000-3000 je Projekt hin, da bist du einfacher im Markt "angekommen".

Es gibt nicht für umsonst in der Branche das geflügelte Wort: "Wie macht man ein kleines Vermögen? Man nimmt ein großes Vermögen und gründet einen Verlag."

www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

federschwarzes

Ihr lieben alle, danke für eure zahlreichen Meinungen! Bei uns ist es gerade etwas stressig, deshalb komme ich erst jetzt zum Antworten. Danke für eure Zeit und euren Input!


Zitat von: FeeamPC am 24. Oktober 2019, 23:27:58
Verlag gründen ist einfach. Verlag erhalten schwer. Einen Kinderbuchverlag zu erhalten - viel Glück!

a) Kinderbücher brauchen Farbe. Farbe ist nur in Offsett-Druck einigermaßen preiswert, der aber braucht große Auflagen (mindestens 300), und da muss man viele Bücher vorfinanzieren. Unter 1000 Euro pro Buch Vorfinanzierung läuft da nichts.
b) Kinderbücher verkaufen sich für einen beginnenden Verlag miserabel. Ich hatte anfangs auch welche im Verlag. Rückmeldung der Buchhandlungen: Buch ist gut, aber der Verlag ist unbekannt und der Autor / Illustrator auch. Solche Bücher nehmen wir prinzipiell nicht an Lager, eines von beidem MUSS bekannt sein.
c) Kinderbücher ohne Buchhandlungen verkaufen geht ebenfalls miserabel. Eltern wollen die Bücher sehen, bevor sie sie kaufen. Und zwar in Buchhandlungen. Die wiederum ... siehe oben.

Kannst du nicht mit etwas Einfacherem anfangen als ausgerechnet Kinderbüchern?

Hallo Feeam, danke für deine Antwort! Etwas Einfacheres als ausgerechnet Kinderbücher, da sagst du etwas. Ich weiß nicht, warum mein Herz mich ausgerechnet dorthin zieht. Deine Bedenken unter c habe ich auch im Kopf - Eltern wollen die Bücher erstmal bei Thalia und Co im Laden sehen. Ich muss da echt noch mal ne Weile drauf rumdenken.  ???

Zitat von: Romy am 25. Oktober 2019, 01:56:42
Hi Melanie,

gelegentlich träume ich auch davon einen Verlag zu gründen (aber eher für Fantasy, sehr gerne aber auch mit queeren Protas), aber ich glaube, wenn ich das ernsthaft tun würde, neben meiner normalen Arbeit, hätte ich innerhalb einer Woche Burnout ... das lasse ich wohl lieber ... :versteck:

Ein paar Bilderbücher mit Themen wie Du sie suchst, gibt es aber übrigens, Titel die mir spontan einfallen:
- "Zwei Papas für Tango"
- "Mama und Mamusch"
- "Zwei Mamas für Oskar"
- "König und König"
- "Teddy Tilly" (Transgender)
- "Lotti und Otto" (Geschlechterklischee)
- "Herr Seepferdchen" (Geschlechterklischee)
- "Wann gehen die wieder?" und "Feiern die auch mit?" (Patchworkfamilie)
- "Alles Familie!" (Sachbilderbuch über verschiedenste Familienentwürfe)

Aber das sind halt auch fast alles Bücher, wo es explizit um diese Themen geht (außer "Alles Familie!", das sehr breit gefächert ist) und die queeren Figuren nicht einfach ganz normal wie im wahren Leben nebenher mit dabei sind. Da weiß ich gar nicht, ob es das im Kleinkindbereich überhaupt gibt ... wenn es nach mir ginge, müsste es solche Bücher unbedingt geben.

Aber ohne Buchhandelspräsenz (und schöne, moderne Illustrationen) ist es bei Bilderbüchern wirklich sehr schwierig, glaube ich. :seufz:

Oh Romy, danke für die ganzen Titel! Einiges kannte ich schon, den Rest muss ich mir unbedingt mal ansehen!!!

Zitat von: Ratzefatz am 25. Oktober 2019, 04:25:08

Hast du denn Kontakte zu Buchhändlern? Oder planst du die Kinderbücher zB auf Messen zu verkaufen?

Hey :) Ich hab bisher nur den Wunsch, das durchzuziehen. Ich stehe noch ganz am Anfang meiner Recherche. Buchhändler*innen* kenne ich leider nur ehemalige. Momentan erzähle ich so vielen Menschen wie möglich von meiner Idee und hoffe auf Schwarmintelligenz  ;D :vibes:

Zitat von: Maubel am 25. Oktober 2019, 06:25:14
Ich kann dir leider zum Verlag gründen nicht viel sagen, nur dass ich bei deiner Aufzählung an die Lesebücher in Neuseeland denken muss. In der Schule kriegen meine Kinder jeden Tag ein kleines Büchlein mit, je nach Lesestufe dann mit einem Satz, in dem sich jeweils nur ein Wort ändert oder dann wirklich eine lange Geschichte. Und wer auch immer diese Hunderten an Büchern herstellt, achtet extrem gut auf Diversität. Es gibt wirklich alles und es ist so gut wie nie Gegenstand der Geschichte. Da geht es eher um die Farben von Lunchboxen oder Rutschen auf der nassen Rutsche. Es sind verschiedene Ethnien, Familienstrukturen und Fähigkeiten. Da frage ich mich wirklich, warum das nicht auch anderswo geht.

Das klingt genau nach dem, was ich will! Könntest du mal gucken, ob da ein Verlag drin steht oder ein Impressum oder eine Webseite oder sowas?

Zitat von: Fianna am 25. Oktober 2019, 06:35:07
Wenn Kinderbücher alleine als Standbein schwierig sind, wie wäre es dann mit diverser Phantastik ohne explizite Liebesszenen?

Da hast Du schon mal ein wenig dasselbe Grundthema, und bei Manuskripten ohne explizite Liebesszenen ist es bisher für die Autoren wohl manchmal schwierig, das richtige Publikum zu finden, weil die anderen Verlage oft auch erotisch-queere Phantastik anbieten. Leser, die keine Romane mit expliziten Szenen suchen, kommen vielleicht nicht auf die Idee, dass der Verlag inzwischen auch anderes hat. Stammleser bekommen nicht das, was sie vom Verlag gewohnt sind... Hatte @Lothen dazu nicht etwas im Zirkel geschrieben?

...wenn Du Dich da klar positionierst, passt es einigermaßen zu den Kinderbüchern, und Du hast ein recht klares Profil für die Leser.

Ob die den Verlag auch finden und kaufkräftig genug sind, um es in die schwarzen Zahlen zu bringen, wäre dann die Frage...  ???

Fia <3 Ich denke auch, ohne ein zweites Standbein wird es nicht gehen, hatte aber eher an (Spiele)Apps gedacht ...  :hmmm: Die Kinderbücher allein wären ohne entsprechendes Kapital ja tatsächlich wirtschaftlicher Selbstmord... Ach man. Schwierig :hmmm:

Zitat von: treogen am 25. Oktober 2019, 07:25:25
Zitat von: federschwarzes am 24. Oktober 2019, 20:45:58
Ich will ja nicht nur einen Gewerbeschein beantragen und den Verlag in 6 Monaten an die Wand gefahren haben...  :hmmm:

Tröste dich - die meisten brauchen dafür 3 Jahre 3:)

Du hast dich in einer sehr schweren Zeit für ein sehr schweres Pflaster entschieden.
@FeeamPC sagte es schon richtig - mehr noch als bei allen anderen Buchsparten gibt es gerade im Kinderbuch ganz klare Vorgaben, was Eltern, Pädagogen und Buchhändler erwarten.
Und du brauchst zwingend den Zugang zu den Buchhandlungen (und damit meine ich nicht einfach nur eine Listung im Barsortiment - deine Bücher müssen wirklich in einer nennenswerten Anzahl von Buchhandlungen ausliegen). Anders als in jedem anderem Buchbereich ist das EBook hier komplett unrelevant. Anders als in jedem anderen Buchbereich ist amazon hier fast komplett unrelevant. Du brauchst Messen und ja - nicht unbedingt Publikumsmessen wie die Leipziger, sondern vielmehr Branchenmessen wie die Frankfurter, damit du die Entscheidungsträger bei Lieslotte & Co. begeistern kannst.

Nun - falls du die Branchennews im letzten Jahr verfolgt hast, weißt du, dass KNV richtig in die Sch... reingeschlittert ist (und dabei dutzende Verlage in die Insolvenz gebracht hat) und das Libri mit seiner Auslistungsstrategie für immer mehr Unsichtbarkeit (also das Gegenteil von dem, was du bräuchtest) im Buchhandel sorgt (und damit auch dutzende Verlage zum Aufgeben gebracht hat).
Ich kenne keinen Kinderbuchverlag, der mit Auflagen von weniger als 1000 Stück agiert - alles andere ist wirtschaftlicher Selbstmord. Damit gehst du automatisch alleine bei dem Druck mit 2000 Euro in Vorleistung. Bei einem vollfarbig illustrierten Buch kommst du bei den Illustrationen zusätzlich auf gut 1000-2000 Euro, Lektorat, Korrektorat kannst du für den ersten Schuss wohl mit weiteren 1000 Euro veranschlagen. 5000 Euro je Projekt Vorfinanzierung.
Da du mit einem einzelnen Buchprojekt keine Chance hast zu punkten, solltest du zum Start mindestens 2, besser noch 3 Bücher haben - sonst kannst du dir den Versuch, die Buchhandlungen, Kitas und Schulen zu begeistern, gleich abschminken. Sprich: Stell dich in dem Bereich auf ein Startkapital von 10000-15000 Euro ein. Beispielsweise bei der Phantastik kommst du mit gut 2000-3000 je Projekt hin, da bist du einfacher im Markt "angekommen".

Es gibt nicht für umsonst in der Branche das geflügelte Wort: "Wie macht man ein kleines Vermögen? Man nimmt ein großes Vermögen und gründet einen Verlag."



Danke für die Zahlen! Das klang in erster Linie doch mal sehr abschreckend und ernüchternd, wenn ich ehrlich bin. ABER genau das brauche ich andererseits auch, denn ohne Fakten kann ich einfach wirklich schlecht planen. Ein Traum allein bringt es halt nicht, wie ich anfangs schon schrieb. Du kennst dich ja super aus, woher hast du dein Wissen? Kann ich mir das irgendwo aneignen? Welche Börsenblätter, Blogs, Webseiten muss ich verfolgen, gibt es gute Bücher zur Verlagsgründung? Wie gesagt, ich stehe noch am Anfang meiner Recherche und möchte es natürlich auf möglichst realistische Beine stellen, sollte ich es tatsächlich wagen.



Schneerabe

Mir fällt zu "Dinge im Laden sehen" spontan eine recht verrückte Sache ein, die ich mal im Zusammenhang mit Selfpublishern in amerikanischem Raum aufgeschnappt habe. (Das ist keine Empfehlung und ich habe überhaupt keine Ahnung ob es was bringt, ich fand es nur so denkbar witzig:

Reverse Shoplifting.
Wenn ein Selfpublisher oder Verlag seine eigenen Bücher in Buchhandlungen "versehentlich" liegen lässt. In den Regalen, wo potentielle Kunden sie gut sehen können. (zwinker, zwinker)
Sollte jemand sie kaufen wollen, geht das allerdings nicht so einfachen, weil das Buch nicht gelistet ist. Wie effektiv es ist weiß ich also nicht (geschweige denn ob es legal ist, aber mir ist kein Gesetz DAGEGEN bekannt xD). Ich finde es als Marketing Gag allerdings irgendwie witzig. Nur fürchte ich, selbst als Marketing Gag wäre es, wenn überhaupt für ein anderes Zielpublikum spannender das solche Formen der Rebellion - so wie ich lustig findet. Eltern gehören da in der breiten Masse glaube ich nicht so dazu - würde ich unterstellen.
"To hell or to Connacht."

Ratzefatz

Zitat von: federschwarzes am 25. Oktober 2019, 23:57:18
Du kennst dich ja super aus, woher hast du dein Wissen?

@Melanie: Psst, treogen hat selbst einen Verlag (Verlag Torsten Low). ;-)

Eine andere hier im TiZi gut bekannte Verlegerin ist übrigens Ingrid Pointecker (Verlag ohneohren). Sie ist glaube ich leider nicht mehr im Forum, aber du kannst ja mal die Verlagsseite googeln und sie vielleicht auf diese Weise kontaktieren? Ich kenne Ingrid als sehr kompetente und hilfsbereite Person, ich denke, das werden auch andere hier bestätigen.
Wobei ihr Verlag in Österreich sitzt und zumindest die rechtlichen Voraussetzungen da wohl andere sind.
,,Dein Name ist Venko", raunte Zoya in sein Ohr. ,,Venko, Venko, Venko." Sie gab ihm für jedes ,,Venko" einen Kuss und ermahnte ihren Mann: ,,Vergiss deinen Namen nicht!"
,,Wie könnte ich ihn vergessen, meine Zoya", raunte er zurück, ,,wenn ihn vergessen auch dich vergessen hieße?"

Lino

Liebe Melanie,

ich beobachte hier bei mir immer die Klein- und Kleinstverlage zum Teil in meiner WG und um mich herum.

Einfach:
- Ideen zu kriegen, worauf man Lust hat

Eher einfach
- Gelder auftreiben um Bücher zu drucken und zu bewerben und dabei die ersten Jahre Verlust zu machen.

Mittel
- Zeit/Leute/Geld finden für Lektorat, etc.

Eher schwierig
- Gute AutorInnen und IllustratorInnen finden, die für regelmäßigen Output sorgen. (Sonst haust du zu Beginn drei Bücher raus und danach kommt aber nichts mehr und du verhungerst.)

Sehr schwierig
- Bücher tatsächlich zu verkaufen

Wie willst du den letzten Punkt angehen? Wie schaffen es die Personen aus der Zielgruppe von deinem Buch zu erfahren? Dass gerade Kinderbücher in Buchläden angefasst werden wollen, wurde schon gesagt. Am wichtigsten sind wohl die passenden Connections. Zum Buchladen? Wer wird die Bücher rezensieren? Wer supported den Verlag?

Gibt es die Möglichkeit den Verlag eng an Interessensvertretungen oder so etwas zum Thema anzubinden? Wenn die Szene es als ihren Verlag ansieht, kann so etwas klappen. Zumindest kenne ich das bei anderen Szenen so.

Beste Grüße Lino

treogen

Zitat von: federschwarzes am 25. Oktober 2019, 23:57:18
Danke für die Zahlen! Das klang in erster Linie doch mal sehr abschreckend und ernüchternd, wenn ich ehrlich bin. ABER genau das brauche ich andererseits auch, denn ohne Fakten kann ich einfach wirklich schlecht planen. Ein Traum allein bringt es halt nicht, wie ich anfangs schon schrieb. Du kennst dich ja super aus, woher hast du dein Wissen? Kann ich mir das irgendwo aneignen? Welche Börsenblätter, Blogs, Webseiten muss ich verfolgen, gibt es gute Bücher zur Verlagsgründung? Wie gesagt, ich stehe noch am Anfang meiner Recherche und möchte es natürlich auf möglichst realistische Beine stellen, sollte ich es tatsächlich wagen.

@Ratzefatz hat es ja schon erwähnt: Ich bin Torsten Low vom Verlag Torsten Low.
Mein Wissen ziehe ich zum einem aus dem Erleben der letzten 14 Jahre - so lange habe ich meinen Verlag bereits - und zum anderen natürlich aus den offiziellen Quellen. Beispielsweise gibt es jedes Jahr ein Buch voll bis obenhin mit ZDF (Zahlen, Daten, Fakten) - Das "Buch und Buchhandel in Zahlen 20xx". Das letzte (xx=19) ist im Juli 2019 erschienen und enthält 150 Seiten mit Statistiken zum Thema Buch.
Das Buch ist nicht gerade günstig (150 Seiten für 44,50€) - aber mMn sein Geld absolut wert. Ich kaufe es seit Jahren regelmäßig - und sehe darüber recht gut die Entwicklungen bei Print und EBook in Deutschland.

Und ja - ich habe mir gerade in den ersten Jahren viel zum Thema Verlagsgründung, Verlagsausrichtung, Zielgruppenfindung, Marketing und Co. angelesen.

Meine "Bibel" war gerade am Anfang Manfred Plinkes "Mini-Verlag". Dieses Buch hat mir gerade in den ersten 3, 4 Jahren viel geholfen.
Nicht empfehlen kann ich dagegen Draksas "Verlagsgründung in Deutschland". Alles was da drin steht, bekommt man locker raus, wenn man sich mal länger als 30 Minuten hinsetzt und nachdenkt.
Definitiv in deine Bibliothek gehört Röhrings "Wie ein Buch entsteht" - auch hier wieder nicht gerade billig, aber eine lohnenswerte Investion.
Das Standardwerk für alles, was mit dem Buch zu tun hat, ist immer noch der "Bramann" - bzw. die "Edition Buchhandel". Für Verlage sicher der Interessanteste Band ist die 13, "Bücher machen" und vielleicht noch Band 5 "Wirtschaftsunternehmen Verlag". Insgesamt sind es glaube ich 30 Bände, ich selbst nenne 4 mein eigen. Da sich auch sehr viel um Buchhandel und den Beruf des Lektors dreht, muss man hier nicht unbedingt zum Komplettisten werden.
Ebenfalls ein Standardwerk ist der Verlagskaufmann - den gibts übrigens gerade für 7,77 bei amazon.
Und ganz wichtig - damit du dich darauf einstellen kannst, was dich alles an Manuskripten erwartest, empfehle ich noch "Das habe ich im Koma gedichtet - Autoren, die die Welt zum Glück nie lesen musste"

Grundsätzlich kann ich dir empfehlen: Geh doch in 3 oder 4 Wochen auf die Buch Berlin.
Dort sind richtig gute Kinderbuch-Verlage wie beispielsweise die Steffi Biber-Geske mit dem Biber & Butzemann Verlag, die Monika vom Verlag Monika Fuchs sowie Bernd Held und Mele Brink von der Edition Pastorplatz. Diese haben allesamt richtig gute Kinderbuch-Verlage, sind allesamt sehr kommunikative Menschen, die ihre Erfahrungen nicht eifersüchtig hüten und sind wirklich nette Verlagsmenschen.
Sprich mit ihnen - und lass dich vor allem von ihnen über die Schwierigkeiten, einen "Nur-Kinderbuch-Verlag" zu betreiben, aufklären.

Und ja - ich weiß, all das mag abschreckend wirken.
In einem Jahr wie 2019 noch mehr als in allen Jahren davor (KNV-Insolvenz, Libri-Auslistungsorgie). In den letzten 10 Monaten haben so viele Verlage aufgehört oder zumindest ans Aufhören gedacht, wie in den letzten 3 Jahren nicht mehr. Auf Messen und Veranstaltungen höre ich immer wieder, dass es grad eh alles Sch... ist und man wohl besser in einen einfachen 8-16-Uhr-Job gehen sollte, bei dem man besser dran ist, als jede Nacht bis 2 am Rechner zu sitzen. Und ja - ich gebe zu, ich hatte dieses Jahr das erste Jahr einen Monat, in dem ich negative Umsätze hatte (ja, Umsätze - wir reden nicht von Gewinnen, wir reden wirklich von Umsätzen). In einem Monat jedes Wochenende auf Veranstaltung zu sein, jedes Wochenende auf Veranstaltung zwischen 50 und 100 Bücher verkauft zu haben, dann eine Riesen-Remitte von Libri zu bekommen, die quasi 1x die gesamten Jahresumsätze bei Libri waren und somit 4 Wochen komplett für umsonst gearbeitet zu haben - das nervt und zehrt an den Kräften.
Aber diese Aussage - das ist JETZT, eine Momentaufnahme. Und morgen ist ein neuer Tag, in ein paar Tagen ein neuer Monat, in ein paar Wochen ein neues Jahr. Und wir leben noch, unseren Verlag gibt es noch und wir werden weiter Bücher machen und Bücher verkaufen - und wir gehen hier nicht mehr so schnell weg.

Deswegen höre dir die Fakten an - rein um zu wissen, wie die aktuelle Lage ist. Und mache dir das klar, dass all das, was du von uns Verlegern hörst, alles nur Momentaufnahmen sind. Es ist nicht immer so - und meist sind das Schlimmste eh die Autoren  :ätsch:  ;)
Aber die meiste Zeit ist der Verlag - finde ich - wahnsinnig befriedigend. Es ist einfach ein schönes Abenteuer, Geburtshelfer bei den Buchbabys unserer Autoren zu sein. Und es ist großartig, wenn sich die Familie erweitert - um die Autoren, die auch mal mitten in der Nacht anrufen und ihr Herz über ihr Privatleben ausschütten. Die aber auch Verständnis haben, wenn es im Verlag mal knirscht und nicht so reibungslos läuft. Die auch mal sagen: Ich hab gehört, dir gehts gerade nicht gut - wie können wir helfen?
Das alles alleine macht die Arbeit wieder wett.
Und das Risiko - das finanzielle und das rechtliche - lässt sich mit guter Vorbereitung, ein wenig Fachwissen und einer nadelspitzen Kalkulation minimieren.
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

federschwarzes

Zitat von: Schneerabe am 26. Oktober 2019, 00:33:49
Mir fällt zu "Dinge im Laden sehen" spontan eine recht verrückte Sache ein, die ich mal im Zusammenhang mit Selfpublishern in amerikanischem Raum aufgeschnappt habe. (Das ist keine Empfehlung und ich habe überhaupt keine Ahnung ob es was bringt, ich fand es nur so denkbar witzig:

Reverse Shoplifting.
Wenn ein Selfpublisher oder Verlag seine eigenen Bücher in Buchhandlungen "versehentlich" liegen lässt. In den Regalen, wo potentielle Kunden sie gut sehen können. (zwinker, zwinker)
Sollte jemand sie kaufen wollen, geht das allerdings nicht so einfachen, weil das Buch nicht gelistet ist. Wie effektiv es ist weiß ich also nicht (geschweige denn ob es legal ist, aber mir ist kein Gesetz DAGEGEN bekannt xD). Ich finde es als Marketing Gag allerdings irgendwie witzig. Nur fürchte ich, selbst als Marketing Gag wäre es, wenn überhaupt für ein anderes Zielpublikum spannender das solche Formen der Rebellion - so wie ich lustig findet. Eltern gehören da in der breiten Masse glaube ich nicht so dazu - würde ich unterstellen.

Hahaha, was für eine coole Idee :D Uh, aber ob das legal ist? Und ob Eltern das in der breiten Masse dann so witzig finden, wage ich auch zu bezweifeln. Schade eigentlich, als Gag finde ich die Idee echt super!

Zitat von: Ratzefatz am 26. Oktober 2019, 07:57:18
Zitat von: federschwarzes am 25. Oktober 2019, 23:57:18
Du kennst dich ja super aus, woher hast du dein Wissen?

@Melanie: Psst, treogen hat selbst einen Verlag (Verlag Torsten Low). ;-)

Eine andere hier im TiZi gut bekannte Verlegerin ist übrigens Ingrid Pointecker (Verlag ohneohren). Sie ist glaube ich leider nicht mehr im Forum, aber du kannst ja mal die Verlagsseite googeln und sie vielleicht auf diese Weise kontaktieren? Ich kenne Ingrid als sehr kompetente und hilfsbereite Person, ich denke, das werden auch andere hier bestätigen.
Wobei ihr Verlag in Österreich sitzt und zumindest die rechtlichen Voraussetzungen da wohl andere sind.

Jaaaa, Ingrid und auch Grit von Art Skript Phantastik habe ich auf Twitter angesprochen. Sie waren super lieb und ich werde vermutlich noch eine ausführliche E-Mail schreiben. :)
Zitat von: Lino am 27. Oktober 2019, 09:29:00
Liebe Melanie,

ich beobachte hier bei mir immer die Klein- und Kleinstverlage zum Teil in meiner WG und um mich herum.

Einfach:
- Ideen zu kriegen, worauf man Lust hat

Eher einfach
- Gelder auftreiben um Bücher zu drucken und zu bewerben und dabei die ersten Jahre Verlust zu machen.

Mittel
- Zeit/Leute/Geld finden für Lektorat, etc.

Eher schwierig
- Gute AutorInnen und IllustratorInnen finden, die für regelmäßigen Output sorgen. (Sonst haust du zu Beginn drei Bücher raus und danach kommt aber nichts mehr und du verhungerst.)

Sehr schwierig
- Bücher tatsächlich zu verkaufen

Wie willst du den letzten Punkt angehen? Wie schaffen es die Personen aus der Zielgruppe von deinem Buch zu erfahren? Dass gerade Kinderbücher in Buchläden angefasst werden wollen, wurde schon gesagt. Am wichtigsten sind wohl die passenden Connections. Zum Buchladen? Wer wird die Bücher rezensieren? Wer supported den Verlag?

Gibt es die Möglichkeit den Verlag eng an Interessensvertretungen oder so etwas zum Thema anzubinden? Wenn die Szene es als ihren Verlag ansieht, kann so etwas klappen. Zumindest kenne ich das bei anderen Szenen so.

Beste Grüße Lino

Danke für den guten Input Lino, da ist viel dabei, worüber ich ausführlich nachdenken muss. Bisher bin ich noch bei "einfach" - Idee - und "mittel" - Finanzierung. Ich stehe wirklich noch am Anfang meiner Recherche und möchte möglichst viel wissen, ehe ich den Schritt wage und wirklich gründe. Vielleicht findet sich ja auch ein anderer Weg, vielleicht gibt es schon einen Verlag, der so etwas macht, aber noch Unterstützung braucht oder es finden sich Menschen, die da auch Bock drauf haben oder ich gewinne im Lotto oder... :) Danke auf jeden Fall für den Input!!


federschwarzes

Zitat von: treogen am 27. Oktober 2019, 13:26:22
Zitat von: federschwarzes am 25. Oktober 2019, 23:57:18
Danke für die Zahlen! Das klang in erster Linie doch mal sehr abschreckend und ernüchternd, wenn ich ehrlich bin. ABER genau das brauche ich andererseits auch, denn ohne Fakten kann ich einfach wirklich schlecht planen. Ein Traum allein bringt es halt nicht, wie ich anfangs schon schrieb. Du kennst dich ja super aus, woher hast du dein Wissen? Kann ich mir das irgendwo aneignen? Welche Börsenblätter, Blogs, Webseiten muss ich verfolgen, gibt es gute Bücher zur Verlagsgründung? Wie gesagt, ich stehe noch am Anfang meiner Recherche und möchte es natürlich auf möglichst realistische Beine stellen, sollte ich es tatsächlich wagen.

@Ratzefatz hat es ja schon erwähnt: Ich bin Torsten Low vom Verlag Torsten Low.
Mein Wissen ziehe ich zum einem aus dem Erleben der letzten 14 Jahre - so lange habe ich meinen Verlag bereits - und zum anderen natürlich aus den offiziellen Quellen. Beispielsweise gibt es jedes Jahr ein Buch voll bis obenhin mit ZDF (Zahlen, Daten, Fakten) - Das "Buch und Buchhandel in Zahlen 20xx". Das letzte (xx=19) ist im Juli 2019 erschienen und enthält 150 Seiten mit Statistiken zum Thema Buch.
Das Buch ist nicht gerade günstig (150 Seiten für 44,50€) - aber mMn sein Geld absolut wert. Ich kaufe es seit Jahren regelmäßig - und sehe darüber recht gut die Entwicklungen bei Print und EBook in Deutschland.

Und ja - ich habe mir gerade in den ersten Jahren viel zum Thema Verlagsgründung, Verlagsausrichtung, Zielgruppenfindung, Marketing und Co. angelesen.

Meine "Bibel" war gerade am Anfang Manfred Plinkes "Mini-Verlag". Dieses Buch hat mir gerade in den ersten 3, 4 Jahren viel geholfen.
Nicht empfehlen kann ich dagegen Draksas "Verlagsgründung in Deutschland". Alles was da drin steht, bekommt man locker raus, wenn man sich mal länger als 30 Minuten hinsetzt und nachdenkt.
Definitiv in deine Bibliothek gehört Röhrings "Wie ein Buch entsteht" - auch hier wieder nicht gerade billig, aber eine lohnenswerte Investion.
Das Standardwerk für alles, was mit dem Buch zu tun hat, ist immer noch der "Bramann" - bzw. die "Edition Buchhandel". Für Verlage sicher der Interessanteste Band ist die 13, "Bücher machen" und vielleicht noch Band 5 "Wirtschaftsunternehmen Verlag". Insgesamt sind es glaube ich 30 Bände, ich selbst nenne 4 mein eigen. Da sich auch sehr viel um Buchhandel und den Beruf des Lektors dreht, muss man hier nicht unbedingt zum Komplettisten werden.
Ebenfalls ein Standardwerk ist der Verlagskaufmann - den gibts übrigens gerade für 7,77 bei amazon.
Und ganz wichtig - damit du dich darauf einstellen kannst, was dich alles an Manuskripten erwartest, empfehle ich noch "Das habe ich im Koma gedichtet - Autoren, die die Welt zum Glück nie lesen musste"

Grundsätzlich kann ich dir empfehlen: Geh doch in 3 oder 4 Wochen auf die Buch Berlin.
Dort sind richtig gute Kinderbuch-Verlage wie beispielsweise die Steffi Biber-Geske mit dem Biber & Butzemann Verlag, die Monika vom Verlag Monika Fuchs sowie Bernd Held und Mele Brink von der Edition Pastorplatz. Diese haben allesamt richtig gute Kinderbuch-Verlage, sind allesamt sehr kommunikative Menschen, die ihre Erfahrungen nicht eifersüchtig hüten und sind wirklich nette Verlagsmenschen.
Sprich mit ihnen - und lass dich vor allem von ihnen über die Schwierigkeiten, einen "Nur-Kinderbuch-Verlag" zu betreiben, aufklären.

Und ja - ich weiß, all das mag abschreckend wirken.
In einem Jahr wie 2019 noch mehr als in allen Jahren davor (KNV-Insolvenz, Libri-Auslistungsorgie). In den letzten 10 Monaten haben so viele Verlage aufgehört oder zumindest ans Aufhören gedacht, wie in den letzten 3 Jahren nicht mehr. Auf Messen und Veranstaltungen höre ich immer wieder, dass es grad eh alles Sch... ist und man wohl besser in einen einfachen 8-16-Uhr-Job gehen sollte, bei dem man besser dran ist, als jede Nacht bis 2 am Rechner zu sitzen. Und ja - ich gebe zu, ich hatte dieses Jahr das erste Jahr einen Monat, in dem ich negative Umsätze hatte (ja, Umsätze - wir reden nicht von Gewinnen, wir reden wirklich von Umsätzen). In einem Monat jedes Wochenende auf Veranstaltung zu sein, jedes Wochenende auf Veranstaltung zwischen 50 und 100 Bücher verkauft zu haben, dann eine Riesen-Remitte von Libri zu bekommen, die quasi 1x die gesamten Jahresumsätze bei Libri waren und somit 4 Wochen komplett für umsonst gearbeitet zu haben - das nervt und zehrt an den Kräften.
Aber diese Aussage - das ist JETZT, eine Momentaufnahme. Und morgen ist ein neuer Tag, in ein paar Tagen ein neuer Monat, in ein paar Wochen ein neues Jahr. Und wir leben noch, unseren Verlag gibt es noch und wir werden weiter Bücher machen und Bücher verkaufen - und wir gehen hier nicht mehr so schnell weg.

Deswegen höre dir die Fakten an - rein um zu wissen, wie die aktuelle Lage ist. Und mache dir das klar, dass all das, was du von uns Verlegern hörst, alles nur Momentaufnahmen sind. Es ist nicht immer so - und meist sind das Schlimmste eh die Autoren  :ätsch:  ;)
Aber die meiste Zeit ist der Verlag - finde ich - wahnsinnig befriedigend. Es ist einfach ein schönes Abenteuer, Geburtshelfer bei den Buchbabys unserer Autoren zu sein. Und es ist großartig, wenn sich die Familie erweitert - um die Autoren, die auch mal mitten in der Nacht anrufen und ihr Herz über ihr Privatleben ausschütten. Die aber auch Verständnis haben, wenn es im Verlag mal knirscht und nicht so reibungslos läuft. Die auch mal sagen: Ich hab gehört, dir gehts gerade nicht gut - wie können wir helfen?
Das alles alleine macht die Arbeit wieder wett.
Und das Risiko - das finanzielle und das rechtliche - lässt sich mit guter Vorbereitung, ein wenig Fachwissen und einer nadelspitzen Kalkulation minimieren.

Oh Torsten, deinen Verlag kenne ich tatsächlich auch, ups!  :versteck: Danke für deine klaren Worte, die mich wirklich sehr berührt haben. Man hört die Leidenschaft, die du für deinen Verlag und deine Autor*innen hegst. Es macht meinen Wunsch nicht eben kleiner  ;D Aber natürlich sehe ich auch die Schwierigkeiten, die auftreten können. Deshalb frage ich ja nach Erfahrungen. Die Buch Berlin ist eine gute Idee! In zwei Wochen ist außerdem die KIBUM in Oldenburg, eine Kinderbuch-Messe, auf die ich auch unbedingt gehen möchte. Vielleicht finde ich dort auch Zeit und kommunikative Menschen, die mir berichten mögen. Oder vielleicht gibt es ja auch schon einen tollen Kinderbuch-Verlag, der genau das macht, wovon ich träume, und der noch etwas Unterstützung brauchen kann? Wer weiß. Danke auf jeden Fall für all die Buch-Empfehlungen, damit kann ich - neben deinem Erfahrungsschatz - wirklich etwas anfangen.


Liebe Grüße
Melanie

FeeamPC

Falls du das nicht inzwischen schon für dich geklärt hast, ob du einen Verlag willst oder nicht. möchte ich noch eine wichtige Kleinigkeit hinterherschieben: Du brauchst ein Anfangskapital. Bücher drucken sich nun mal nicht für lau. Und du brauchst Geld für Korrektorat oder Lektorat oder beides, denn in den seltensten Fällen kann das ein Verleger alles alleine machen. Selbst wenn Freund und Bekannte für dich arbeiten, ist es gefühlt Ausbeutung, wenn die immer nur für lau helfen sollen. Du brauchst außerdem Geld für vernünftige Cover.
Und du musst so viel Geld haben, dass du all diese Dinge für mehrere Monate (im Extremfall für mehrere Jahre) vorstrecken kannst, bevor es durch den Buchverkauf wiedr reinkommt.
Und selbst wenn du nur Ebooks verlegst, brauchst du diese meisten Posten immer noch, nur der Druck entfällt dann.
Das heißt, es darf kein Geld sein, das dir dann im täglichen Leben fehlt. Es muss wirklich übrig und für den Verlag verplanbar sein.
Verlagsgründungen ohne genug Eigenkapital habe ich in den letzten Jahre setwas zu häufig schnell wieder schließen sehen.