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Wie lang ist zu lang? (Epic Fantasy)

Begonnen von Elya, 17. November 2020, 15:25:12

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Elya

Hallo zusammen,

eigentlich sagt der Titel fast alles. Ich habe schon ein bisschen gesucht, aber keine passende Antwort gefunden, also dachte ich, ich traue mich und eröffne ein Thema dazu. :winke: Ich editiere gerade mein absolutes Herzensprojekt. Es ist ein Dark- (Epic-)Fantasy Standalone mit Fortsetzungspotential. Als ich das erste Draft geschrieben habe, war ich ziemlich überrascht dass es am Ende 208.000 Wörter geworden sind. Jetzt, knapp ein Jahr später bin deutlich weiter als damals. Ich habe eine sehr genaue Vorstellung von dem, was diese Geschichte sein soll und habe mein Draft in den letzten Monaten intensiv in diese Richtung überarbeitet. Mein Problem ist Folgendes: Ich ende immer noch irgendwo zwischen 180.000 und 190.000 Wörtern und lese oft von einer "magischen Grenze" (manchmal 120.000 Wörter oder 150.000 Wörtern), über der die Verlage Manuskripte ungelesen aussortieren. Ich möchte nicht, dass diese Geschichte "nur" aufgrund einer Zahl aussortiert wird. Daher würde mich sehr interessieren, welche Erfahrungen ihr diesbezüglich gemacht habt.

Unabhängig davon steht in meinem nächsten Draft das Thema "Kürzen" nochmal ganz oben auf der Agenda, aber dafür wäre es toll ein "Ziel" oder "Limit" zu haben, an dem ich mich orientieren kann. Gleichzeitig weiß ich aber nicht, ob ich es realistisch schaffen kann, so viele Worte loszuwerden und die Geschichte nicht zu verlieren, die ich erzählen möchte. Ich habe tatsächlich wenig Ballast oder "nice to have"-Reserven, den ich noch loswerden kann. Meine Alternative wäre wohl, zwei Bücher daraus zu machen, aber das würde ich äußerst schwierig finden und nicht wirklich wollen.

Über euren Input würde ich mich sehr freuen.
Ganz lieben Dank & viele Grüße
Elya

Elya

#1
irgendwie habe ich es geschafft doppelt zu posten. Verzeihung. Darf gern gelöscht werden. :(

Churke

Zitat von: Elya am 17. November 2020, 15:25:12
Ich habe tatsächlich wenig Ballast oder "nice to have"-Reserven, den ich noch loswerden kann.

Ehrlich gesagt glaube ich das nicht. Historische Romane können schnell sehr dick werden, weil sich historische Ereignisse nicht um Dramaturgie scheren.
Wenn aber komplett frei erfundene Handlungsstränge/Welten die Dramaturgie sprengen, dann ist das in günstigen Fällen Absicht und in weniger günstigen ein handwerklicher Kunstfehler. Von Absichten kann man abrücken und Fehler lassen sich beheben.

Die Frage lautet nämlich nicht, was du loswerden kannst, sonder was der Leser wirklich braucht.

Elya

#3
Zitat von: Churke am 17. November 2020, 16:01:02
Die Frage lautet nämlich nicht, was du loswerden kannst, sonder was der Leser wirklich braucht.

Ja, das ist eine spannende Frage, und eine absout Wichtige noch dazu. Ich glaube, dass es eine Gratwanderung ist die nötige Distanz zur eigenen Geschichte aufzubauen. Falls ich mit dem Kürzen nicht so weit komme, wie ich gern kommen würde, wäre es vielleicht auch noch eine Lösung Betaleser gezielt darauf achten zu lassen, was sie als überflüssig / langweilig empfinden. Danke dir. Aber eine Frage bleibt. Wo "muss" / "sollte" ich hin?

Arcor

Ich habe selbst so ein Monster in der Schublade rumfliegen (3x 200k High Fantasy), von daher kenne ich das Problem. Ich schreibe auch gern dick und umfangreich, habe oft Probleme, unter 150k zu bleiben, und war noch nie unter 100k.

Aus Lesersicht würde ich sagen, dass es kein zu lang gibt. Wenn die Geschichte gut und interessant ist und sich natürlich weiterentwickelt, lese ich gern dicke Schinken (auch mehrere davon). Game of Thrones empfand ich geschrieben nicht als zu lang, wobei natürlich ein paar Nebenstränge weniger geholfen hätten, dass das Ding jetzt schon fertig ist.  ;)

Das Problem liegt glaube ich eher auf der Verlagsseite. Dickes Buch = dicke Produktionskosten = größeres finanzielles Risiko. Gerade mit jemand bis dato Unveröffentlichtem wird sich ein Verlag hüten, ein über die Maßen dickes Buch ins Programm aufzunehmen, da sich einfach nicht absehen lässt, ob die Kosten wieder eingefahren werden. Klar gibt es auch Ausnahmen von dieser Regel, aber sie sind eben das: Ausnahmen.

Tendenziell ist die Chance bei Verlagen also in der Tat größer, wenn die einzelnen Bücher kürzer sind. Ob es da jetzt eine Wortzahlgrenze gibt und wo die liegt, weiß ich nicht.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Graumond

Genau so einen Thread habe ich gesucht, und prompt wird er eröffnet! Danke dafür, Elya ;D Ich stehe vor einem ähnlichen Problem. Mein 250.000-Wörter-Wälzer wird durchs Überarbeiten eher länger als kürzer ...  :hmmm:

Zum Thema Betaleser: Ich hatte für die bevorstehende Runde vor, zu fragen, welche Passagen sie langweilig fanden, nicht, welche ihnen überflüssig vorkommen.
Mir selber fällt esziemlich schwer, mir eine Geschichte nach dem Lesen - oder Schreiben - ohne einen Teil ihres Inhalts vorzustellen. Da fehlt dann für mich einfach irgendetwas, und ich könnte mir vorstellen, dass es den Testlesern ähnlich geht. Subjektiv langweillige Passagen lassen sich aber leichter identifizieren.
Unser Job als Autoren ist es dann zu erkennen, woran die Langeweile liegt - und wenn möglich streichen.

Was mein größtes Problem ist: ganze Handlungsstränge rausschmeißen. Ich weiß zwar, dass sie für die Geschichte unnötig sind und den Umfang nur unnötig strapazieren - aber ich habe sie eben liebgewonnen. Sie gehören einfach zur Geschichte dazu.  :-\
Wie geht ihr mit solchen Schwierigkeiten um?
Sprache ist Werkzeug und Waffe zugleich.
Sprache kann erschaffen und zerstören.
Wir machen von ihr Gebrauch, und müssen uns doch ihren Regeln unterwerfen.
Sprache definiert, wie wir denken und wer wir sind.
Der Mensch ist die Sprache.

Christian

Was unnötig ist, ist überflüssig und kann weg. Kill your darlings.

Siara

Wenn es darum geht, ein Buch bei einer Agentur bzw. einem Verlag unterzubringen, gibt es bei dicken Wälzern in meinen Augen drei Möglichkeiten:

1. Wahnsinnig viel Glück haben. Lässt sich leider nicht üben.
2. Kürzeres schreiben, damit Glück haben, sich einen Namen machen und so das Risiko für die Verlage senken, wenn sie ein Monster annehmen.
3. Kürzen, aussortieren, kill your darlings - und zwar ohne Gnade.

Ich stimme Churke zu. Wenn man sein Handwerkszeug beherrscht, lässt sich in den meisten Fällen dieselbe Geschichte auch mit weniger Umfang gut und teils besser erzählen. Das ist allerdings eine ganz andere Fähigkeit, die man beim "normalen" Schreibenlernen oft nicht genug trainiert, besonders wenn man lange nur für sich selbst geschrieben hat. Das ist zumindest meine eigene Erfahrung. Deswegen denke ich, dass man, genau wie man den Rest des Handwerkszeugs auch erlernt hat, sich auch das Kürzen und Kurzfassen üben lässt. Das ist sicher einer der schmerzhafteren Teile des Schreibens. Aber in dem Moment, wenn man nicht mehr nur für sich und Freude/Familie, sondern auf eine Verlagsveröffentlichung hin schreibt, geht es nicht mehr ausschließlich um eine interessante Geschichte, sondern auch um marktwirtschaftliche Fragen.

Interessant finde ich die Frage, ob man bereits beim Plotten und Schreiben auf die Länge achtet oder erstmal der Kreativität freien Lauf lässt und beim Überarbeiten großzügig mit der Schere ans Projekt geht. Bei mir hat beides schon funktioniert, ich bin aber bei anderen Projekten auch schon an beidem verzweifelt. ::)
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Dämmerungshexe

Was mir beim Beta-Lesen oft auffällt sind Szenen die sich sehr stark ähneln, die offenbar jeweils geschrieben wurden um eine ganz spezielle Aussage zu treffen oder ein plotrelevantes Detail zu zeigen usw. Da mache ich immer Vorschläge, wie man solche Szenen mit anderen zusammenfassen kann. Das nimmt teilweise schonmal ein gutes Stück an überflüssigen Text raus und strafft die Handlung.

Andere Redundanzen, derer ich mich selber oft schuldig mache, sind Szenen, die praktisch Alternativen zur eigentlichen Handlung (oder zu den "echten" Dialogen) sind, wo ich beim Schreiben merke, dass es verschiedene Möglichkeiten gäbe die Handlung vorwärts zu bringen oder meine Charaktere zu motivieren und ich versuche alle zumindest mal zu erwähnen, damit der Leser sich nicht denkt: "Aber man hätte ja auch ..." Sowas fliegt dann am Schluss wieder raus. Man muss sich bewusst sein, dass man nicht jede Version reinbringen und erklären kann, man muss klar entscheiden, was man wie vermitteln möchte und sich darauf konzentrieren.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Alana

#9
Also meine Verlage im Fantasy-Jugendbuch zucken schon zusammen, wenn es über 500 Seiten geht und in den Verträgen steht meist was von 400 Seiten, die man nur um 10% überschreiten darf. In der Erwachsenen-Fantasy darf es sicherlich mehr sein, aber ich denke, alles über 600 ist wahnsinnig schwer zu verkaufen. Optimal für Fantasy ist etwas zwischen 400 und 500 Seiten, würde ich denken. Man muss auch bedenken, dass das Lektorat und die Druckkosten für die Verlage wahnsinnig in die Höhe schießen, wenn Bücher länger werden.

Generell steht auf ieden Fall der gute Stoff und das gute Handwerk im Vordergrund, aber Verlage kriegen wahnsinnig viel angeboten und auch wahnsinnig viel Gutes. Da fällt die Entscheidung dann eher für ein Projekt, das ins Budget passt. Ich würde versuchen, auf jeden Fall unter 125K zu bleiben, aber ganz unbedingt unter 150 K.

Ich glaube, am allerbesten für Verlage ist eine Länge von ca. 350 Seiten, aber das schaffe ich nicht mal bei meiner Belletristik. Selbst meine Liebesromane für Knaur haben meist deutlich über 400 Seiten.  :versteck:

Aber man macht sich, besonders als Debütautor, das Leben damit unnötig schwer - und ja - kürzer schreiben ist auch manchmal eine Frage des Handwerks, längere Bücher, könnte ich mir vorstellen, müssen auch mit dem Vorurteil kämpfen, schlechtere Dramaturgie zu haben oder voller Geschwafel zu stecken, was das Verkaufen zusätzlich erschwert. Ich empfehle da übrigens den Text-ÜV von Andreas Eschbach. Wobei er ja nun auch nicht gerade ein Kurzfasser ist.  ;D
Alhambrana

Churke

Zitat von: Elya am 17. November 2020, 16:26:53
Falls ich mit dem Kürzen nicht so weit komme, wie ich gern kommen würde, wäre es vielleicht auch noch eine Lösung Betaleser gezielt darauf achten zu lassen, was sie als überflüssig / langweilig empfinden.

Drastische Kürzungen nehme ich auf der Ebene des Exposees vor. Ich schaue mir die Strukur an, die Inhalte der Kapitel. Man kann Kapitel streichen, Kapitel zusammenlegen, Erzählstränge streichen, Erzählstränge ersetzen, Perspektivträger zusammenlegen, die Handlung anders auflösen. Das ist Lektoratsarbeit, dem normalen (Beta-)Leser würde ich sowas nicht zutrauen.


Zitat von: Siara am 17. November 2020, 17:18:34
Interessant finde ich die Frage, ob man bereits beim Plotten und Schreiben auf die Länge achtet oder erstmal der Kreativität freien Lauf lässt und beim Überarbeiten großzügig mit der Schere ans Projekt geht.

Man kann so oder so anfangen, aber große dramaturgische Probleme löst man immer auf der Ebene des Exposees. Ob man dort anfängt odert dorthin zurückkehrt, ist eine Frage der Arbeitstechnik. Aber ich sage mal so: Wenn man eine Geschichte ein 3 Akten erzählen will, sollte man es nicht erst mal mit 12 Akten versuchen.

Siara

#11
@Dämmerungshexe: Jetzt, wo du es sagst, fällt mir auf, dass tatsächlich genau diese beiden auch meine größten Probleme sind, insbesondere Szenen, die sich zwar ähneln, aber nicht exakt dasselbe ausdrücken. Sie zusammenzufassen ist leider gar nicht so leicht, besonders wenn die Stimmung in den verschiedenen Szenen eine grundsätzlich andere ist oder in einer von beiden neue Informationen hinzugekommen sind, etc. Aber auch da hilft wohl nur üben und daran arbeiten.

@Alana: Danke für deine Infos, du hast da ja doch etwas mehr Erfahrung. Gerade bei epischer Fantasy finde ich es absolut fies, sich an 500-600 Seiten halten zu müssen. Zumal ich auch als Leser sagen muss, dass jede epische Fantasy, die mich je richtig begeistert hat, bei über 800 Seiten lag - gedruckte Seiten wohlgemerkt, nicht Normseiten. (Ich muss da meine Meinung von gestern etwas revidieren. Eine gute Geschichte kann man auch in weniger Seiten erzählen, aber für manches, das tiefe Eintauchen in die Welt zum Beispiel, braucht es manchmal eben Zeit und auch "unnötige" Szenen). Aus Verlagssicht ist die Begrenzung vollkommen nachvollziehbar, aber um die vielen kleinen Details der Geschichte, die man eigentlich erzählen möchte, tut es eben schon weh.

@Churke: Du sprichst, was das Erzählen in x Akten angeht, aber aus Sicht eines Autors, der seine Geschichten vor dem Schreiben plant. Wenn man sich nicht bloß Anfang und Ende, sondern auch die Struktur im Voraus überlegt, kann das sicher klappen. Aber es hat ja nicht jeder im Voraus festgelegt, wie viele Akte die Geschichte am Ende haben soll, manches passiert einfach auf dem Weg. Und dann wird aus einer Geschichte, für die drei Akte reichen, unter Umständen in Version 1 eine mit zwölf. Sich aber unabhängig davon beim Kürzen immer wieder aufs Exposé zu berufen, ist sicherlich hilfreich - oder auch nur, vor Beginn des Kürzens ein Exposé zu schreiben, um sich der elementaren Struktur bewusst zu werden.

Edit: Ich bin nicht gut mit Genres. Mit "epischer Fantasy" meine ich in diesem Sinne High Fantasy und andere Arten von Fantasy, die unter Umständen viel Worldbuilding, fremde Gesellschaftstrukturen, Magiesysteme, etc. beinhalten.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Alana

#12
Es ist ja auch nur meine Meinung und meine Erfahrungswerte und ich schreibe natürlich keine epische High Fantasy, also kann ich selbstverständlich falsch liegen. Ich denke, wenn man einen 1000-Seiten-Klopper hat, der so grandios erzählt ist, dass die Länge nicht auffällt, dann kann man damit auch einen Verlag finden und Erfolg haben. Aber ich persönlich halte es für sehr wahrscheinlich, dass man damit einfach sehr schwer durch die Vorauswahl und an den Punkt kommt, wo man überhaupt die Chance kriegt, mit dem Text zu überzeugen. Ich glaube halt auch, dass man für solch überlange Stoffe vielleicht bessere, kreativere Erzähltechniken finden könnte, die dann erst recht dazu führen, dass das eigene Werk sich von der Masse abhebt, und dass man das deshalb nicht unbedingt als Einschränkung begreifen sollte, sondern vielleicht eher als Herausforderung. Das ist jedenfalls immer mein Ansatz. :)
Alhambrana

Aphelion

#13
Zitat von: Elya am 17. November 2020, 15:25:12
[...] und lese oft von einer "magischen Grenze" (manchmal 120.000 Wörter oder 150.000 Wörtern), über der die Verlage Manuskripte ungelesen aussortieren.
Ich bin bei solchen Gerüchten inzwischen sehr skeptisch. Kein Autor hört gerne, dass er zu viel schwafelt oder einfach noch nicht gut genug schreiben kann. Da ist es natürlich erträglicher zu behaupten, der Verlag hätte das Manuskript nur wegen der Länge aussortiert. Wenn in Wahrheit die Länge nur ein Symptom von Qualitätsmängeln ist, ist das aber nicht ehrlich.

Sorry für den Pessimismus. ;D Aber ich glaube wirklich, dass solche Gerüchte eher daher kommen.

Ich denke schon, dass die meisten Verlage einen Blick in die Leseprobe werfen. Wenn ich mir heute meine alten Texte ansehe, dann sind die Mängel verdammt offensichtlich. Es ist fast schon aufwendiger, in einer Bewerbung die Normseitenzahl zu suchen (von der der Lektor nicht weiß, ob der Autor überhaupt daran gedacht hat!) als mal eben ein paar Sätze aus der Leseprobe zu scannen.

Vertragsklauseln bzgl. der Länge stehen auf einem völlig anderen Blatt. Nach der Bewerbung kann man ja immer noch über die Länge reden. Du hast es mMn zwar leichter, wenn dein Manuskript keine Überlänge hat; aber ich glaube nicht, dass es eine knallharte Grenze gibt.

120.000–150.000 Wörter halte ich aber trotzdem für einen guten Anhaltspunkt als Obergrenze. Da ich deinen Stil nicht kenne, folgen ein paar Allgemeinplätzchen:

Ich würde beim Kürzen nicht nur Szenen, Figuren und Nebenhandlungen hinterfragen, sondern z.B. auch Füllwörter. Wenn du bei 180.000 Wörtern 5 % Füllwörter streichen kannst, dann sind das mal eben 9.000 Wörter weniger. Nur als Rechenbeispiel.

Ein Übermaß an Füllwörter geht oft mit zu langen Sätzen einher. Es geht also nicht nur um die Füllwörter an sich, sondern auch um das, was sie bzgl. des Stils noch so anzeigen: Lesbarkeit, Sprachrhythmus, Satzbau, Präzision der Formulierungen.

Beschreibungen haben oft ebenfalls Potenzial zum Kürzen. Ich versuche z.B., Beschreibungen nicht mehr isoliert zu schreiben, wenn es keinen Grund dafür gibt. Wenn Hildegard auf dem Weg zum Ballsaal zum vierten Mal über den Goldsaum ihres grünen Samtkleides stolpert, dann haben wir eine visuelle Beschreibung, eine Charakterisierung (tollpatschig, nervös, nicht an diese Klamotten gewöhnt), einen Hinweis auf das Milieu/Setting (wohlhabend, altertümlich) und sogar noch einen Teil der Handlung der Szene.

Das ist ein blödes Beispiel, aber solche Verdichtungen von Infos sind in vielen Kontexten möglich. Das Beste: Du verlierst dabei ggf. Wörter, aber eben keine Informationen.

Noch ein paar allgemeine Kürzungs-Tricks, die mir einfallen: Inquit-Formel lassen sich manchmal komplett streichen oder stauchen; Adjektive reduzieren; kleine Handlungsschritte zusammenfassen; an den Szenenübergängen arbeiten bzw. Beginn und Ende der Szene bewusst auswählen.

...ist letztlich aber alles auch eine Frage des Stils.

Wie gesagt, ich kenne deinen Stil nicht. Vielleicht schreibst du auch bereits super präzise und knackig, sodass dir die o.g. Punkte keinen Mehrwert mehr bieten.

Ich finde es wichtig, dass du weißt, was deine Geschichte inhaltlich ausmacht und was deinen Stil kennzeichnet. Und wenn die Geschichte dann immer noch 180.000 Wörter hat, dann ist das halt so. Siehe Siaras zweite Strategie. :D

Zit

Ich denke, eine Geschichte ist dann zu lang, wenn kaum einer sie mehr kauft. ;D Was ich damit sagen will: 200k-Wörter-Türstopper kann man auch schön auf mehrere Bände aufteilen. Jedenfalls habe ich sehr oft die Vermutung, dass Autoren bei solchen Hausnummern nicht nur "single profit" Szenen schreiben oder Alternativszenen oder 24h-Beobachtungen der Figuren sondern auch die Handlung so sehr ausufert, dass der Spannungsbogen eigentlich mehr als einen Band umfasst/ es mehrere Spannungsbögen gibt (und damit einhergehend evtl. auch viele Perspektivträger). Die kann man dann schön auseinandernehmen und mehrere Bücher draus machen. (Ist für mich als Leser auch angnehmer. Je älter ich werde, umso kürzere Geschichten mag ich lesen.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt