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High-Fantasy - Elben, Trolle und Drachen nerven

Begonnen von Cailyn, 29. Januar 2014, 15:58:34

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Szazira

Nur weil Elben, Trolle und Drachen in einem Buch vorkommen, heißt das nicht, dass das, was da rauskommt, immer High Fantasy sein muß. Ich habe die Schubladenquetscherei noch nie verstanden. Ich persönlich nehme ein bisschen hiervon, ein wenig davon, rühre kräftig um und füge noch eine Portion von mir dazu.

Um mal mit einem Vergleich aus der Küche zu kommen: Viele Gerichte gibt es schon lange und jede Generation interpretiert sie für sich neu. Manchmal wird ein Buch zum Trend und plötzlich schreien viele andere "ich auch". Ob die Bücher nun schon länger auf dem Markt sind, frisch eingekauft oder sogar Auftragsarbeiten macht kaum einen unterschied. Manche sind gut, andere besser und wieder andere einfallslos. Wer was ist, entscheiden zunächst die Verlage, dann picken die Kunden aus den ihnen vorgeworfenen Krümeln etwas für sich raus. Mit Werbeetat kann man viel machen, aber nicht alles. Wie sagte eine Prostituierte mal bei einem Interview? "Es gab Zeiten, da habe ich nur auf weiß verdient." (Sie hat nur dann Freier gehabt, wenn sie weiße Dessous trug). Irgendwann ist der Hype dann vorbei und man rennt dem nächsten Trend hinterher. Auch die Vampire gehen vorbei (wobei ich mich frage, was an manchen noch "Vampir" ist ausser die Bezeichnung).

Coehoorn

Ich mag High Fantasy. Ich liebe es, wenn sich ein Epos entwickelt, wenn die Reiter Rohans geschlossenen in die Schlacht reiten und eine epische Schlacht um Minas Tirith führen, wenn sich Geralt von Riva und seine Freunde eingekeilt zwischen den Heeren der nördlichen Königreiche und Kaiser Emhyr wiederfinden und Ciri von der Wilden Jagdt durch die Welten verfolgt wird.

Ich lese gerne die Entwicklungen in verschiedenen Ländern und Gebieten, welche die Helden auf ihrem Weg umherwirbeln wie der Wind das Laub.

High Fantasy ist für mich die Krone der Literatur.

absinthefreund

Ich hab ein Herz für High Fantasy!

Aber ich habe schon seit einer Ewigkeit keine mehr angerührt. Die Völkerromane interessieren mich auch nicht. Mich stört etwas ganz Bestimmtes an ihnen ... Ich nenne es mal die Essenz. Ich habe den ersten Teil der Elfen-Reihe von Hennen gelesen, der nicht nach meinem Geschmack war, und mir einige Leseproben anderer aktueller High Fantasy zu Gemüte geführt. Alles der gleiche Stil.

Ich mag High Fantasy im Stil von Tolkien, ich mochte Patricia A. McKillips Riddle-Master, Ursula K. LeGuins Erdsee-Saga und Marion Zimmer Bradleys Avalon-Saga. (zählt im engeren Sinn wohl nicht zu High Fantasy, aber in meiner weiter gefassten Sichtweise schon. ;)) Diese Autoren gehören zu meiner Riege der Fantasy-Knacker, nach denen ich immer wieder suche. Hat jemand Empfehlungen?

Diesen Autoren haftet etwas an, was ich bei den Hennens, Heitzes, Finns unserer Zeit vermisse. Einerseits ist es der Schreibstil, der mich sofort in eine andere Zeit, ein anderes Land versetzt, ohne großen Aufhebens darum zu machen. Meist beginnen diese Geschichten mit einem trivialen Ereignis oder der ruhigen Vorstellung des Landes, also ganz gemächlich, nach dem Motto: "In a hole in the ground there lived a Hobbit. Not a nasty dirt wet hole ..."
Im Gegensatz zum Prolog der modernen High Fantasy, der entweder mit Action oder Geheimnissen daherkommt, um die Spannungssucht des Lesers zu befriedigen, damit er ja am Ball bleibt.
Die Sprache der alten Meister hingegen unterstreicht das mittelalterliche Setting, sie ist reif, etwas altmodisch und bodenständig, und man glaubt ihr alles, was sie erzählt, als wäre es vor langer, langer Zeit tatsächlich geschehen.

Bodenständig sind auch die Charaktere. Sie sind realistisch und sympathisch, keine coolen Typen, die Meister irgendeiner Kampfkunst sind und immer einen ironischen Spruch auf Lager haben. Ja, der Humor in den aktuellen High-Fantasy-Romanen lässt zu wünschen übrig, zu plump, zu aufgesetzt, zu modern. Und dann übetreffen sich all die Badasses, seien es Menschen, Elben, Orks, Zauberer oder Zwerge immer noch gegenseitig in ihren skills und talents. Das ist doch Effekthascherei.
Bei den Klassikern stehen neben der Quest, die den Untergang der Welt verhindern soll, auch alltägliche Probleme auf dem Plan des Helden, die es zu lösen gilt. Die Geschichten sind nicht nur dicht an Sprache, Plot und Charakteren, sondern auch humanistisch und philosophisch in ihrer Ideologie, und gehen deshalb so viel tiefer als die reinen Abenteuergeschichten der Völkerromane. Ah, so möchte ich auch schreiben. :wolke:

Wer schreibt heute High-Fantasy im Stil der oben genannten Autoren? Jemand von euch vielleicht? Da wär ich gespannt.

Naudiz

#63
Zitat von: absinthefreund am 07. Februar 2014, 18:50:23
Wer schreibt heute High-Fantasy im Stil der oben genannten Autoren? Jemand von euch vielleicht? Da wär ich gespannt.

*zaghaft meld* Meine Schreibe ist nicht exakt tolkienesk, aber doch bedeutend näher an den alten High Fantasy-Romanen als an den neuen. Schon allein durch meinen zuweilen zum Erbrechen poetischen Stil. Das würde sich kaum einer der großen Fantasy-Schreiber Deutschlands trauen, glaube ich - zu blumig, zu wenig Action, zu wenig badass. Gerade letzteres passt auch auf meine Figuren. Und die Plots. Denn die haben zwar schon eine große Handlung, nebenher läuft aber viel Zwischenmenschliches und ja, ein Stück weit 'Normales'.

Hm. Klingt wie Selbstbeweihräucherung. Aber du hast gefragt! ;D Majas Romane gehen auch in die Richtung. Sie ist allerdings um die tausendmal besser als ich kleines Lichtlein :) Und Sprotte! Wobei ... sprottige Romane sind viel blutiger als die alten Meister. Und mit mehr Schmachten. Aber gut! :wolke:

Judith

Zitat von: absinthefreund am 07. Februar 2014, 18:50:23
Wer schreibt heute High-Fantasy im Stil der oben genannten Autoren? Jemand von euch vielleicht? Da wär ich gespannt.
Ich würde es hoffen, dass ich so schreibe, denke aber nicht, dass ich auch nur annähernd an die genannten Autoren heranreiche. Trotzdem sind meine "Göttersteine" in vieler Hinsicht klassische High Fantasy. Es gibt zwar keine der typischen Fantasywesen und ich breche bewusst mit einigen Klischees, aber ich denke, dass mein Roman dennoch in vielerlei Hinsicht "klassischer" High Fantasy entspricht.

Ich liebe übrigens Reiseplots - als Leserin und als Schreiberin. Dafür habe ich wirklich eine unglaubliche Schwäche und ich finde es schade, dass ich in letzter Zeit nur noch selten entsprechende (gute) Romane erwischt habe.

Moni

#65
Tolkien ist zwar mein großes Vorbild, ich schreibe auch gerne episch, aber ich denke nicht, daß ich stilistisch daran heranreiche.  8) Definitiv sind aber einige meiner Projekte High Fantasy, auch ohne Elben, Zwerge, Orks usw. High Fantasy kennzeichnet sicher aber auch nicht lediglich durch die Anwesenheit solcher Völker, das möchte ich noch in den Raum werfen, da das von vielen ja als Hauptmerkmal gesehen wird.
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Siara

Eben, das sehe ich genauso. Beispielsweise Brandon Sanderson: Der schreibt ganz eindeutig High Fantasy, aber von Elfen und Orks hab ich bis jetzt noch nichts gesehen :D

Und das ist denke ich auch eine Art von High Fantasy, die noch bessere Chancen hat. Denn das ist allemal innovativ und es kann wohl kaum jemand behaupten, es wäre bereits zu oft geschrieben worden  ;) (Was aber nicht heißen soll, ich hätte was gegen die guten alten Drachen  ;D )
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

absinthefreund

Zitat von: Naudiz am 08. Februar 2014, 01:32:24
Hm. Klingt wie Selbstbeweihräucherung. Aber du hast gefragt! ;D Majas Romane gehen auch in die Richtung. Sie ist allerdings um die tausendmal besser als ich kleines Lichtlein :) Und Sprotte! Wobei ... sprottige Romane sind viel blutiger als die alten Meister. Und mit mehr Schmachten. Aber gut! :wolke:

Ach was, Selbstbeweihräucherung. Danke für die Tipps. Eure Namen kommen auf meine Liste. :)

Zitat von: Judith am 08. Februar 2014, 09:58:04
Ich liebe übrigens Reiseplots - als Leserin und als Schreiberin. Dafür habe ich wirklich eine unglaubliche Schwäche und ich finde es schade, dass ich in letzter Zeit nur noch selten entsprechende (gute) Romane erwischt habe.

Du kommst auch auf die Liste, Judith. Ich liebe auch Reiseplots, weil ich detaillierte Umgebungsbeschreibungen liebe und überhaupt, wenn sich Umgebungen ändern und die Figuren Reisebekanntschaften machen. Reiseplots sind bestimmt nicht ausgestorben in der High Fantasy!

Cailyn

#68
Absinthefreund,
Ich würde auch gerne wieder diese Art von Bücher lesen. Aber ich befürchte, die sind ganz arg aus der Mode. Vielleicht könnte ich dir noch die Drachenbeinthron-Saga von Tad Williams empfehlen. Für mich auch von der klassischen Garde. Ein Epos in epischer Länge und Sprache.

Was mir in meinem Repertoire noch fehlt, sind Bücher, die einen grandiosen Plot haben und dennoch charakterorientiert sind. In älteren Büchern trifft man epische Geschichten an mit eher schwachen Charakteren, oder in Neueren trifft man interessante Charaktere an, aber die Story ist allzu unspektakulär. Bei George RR Martin würde die Kombination von beidem stimmen, aber da geht mir langsam die Geduld aus, weil mir der Plot einfach zu lahm geworden ist. Ich bin also auch für Tipps offen... :)

Fianna

Da kann ich die Rhapsody-Saga von Elizabeth Haydon (zumindest die ersten 3 Bände) oder die Aurian-Saga von Maggie Furey empfehlen.
Beide haben zwar extrem starke, durch ihre Fähigkeiten fast übermächtige Charaktere (und Rhapsody ist ein bisschen Marie Sue), aber ansonsten müssten sie Deinen Vorgaben entsprechen.

Ich persönlich fand bei Aurian den Plot interessanter als in dem anderen Buch, bei Rhapsody dagegen die Charaktere. Der Bruder bzw. Achmed die Schlange (von einer unerfahrenen Benennerin umbenannt) ist für mich einer der faszinierendsten Charaktere der High Fantasy. der LI in Rhapsody nervt mich etwas (Achmed hätte sich in meinen Augen besser geeignet, und am Anfang versucht die Autorin ihn an ein oder zwei Stellen bewusst schlecht darzustellen, um ihn für diese Rolle zu deklassifizieren, was inkongruent zu der restlichen Darstellung des Charakters wirkt) aber abgesehen davon mag ich die Reihe sehr gerne.
Diese Magie der Benenner fand ich sehr schön.

Cailyn

Hallo Fianna!

Danke für den Tipp. Ich werde mir auf dem Kindle mal eine Leseprobe bestellen und reinlesen.

Gruss, Cailyn ;)