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Betalesen ist nichts für Anfänger

Begonnen von Christian Svensson, 03. April 2014, 11:11:46

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Christian Svensson

Moin.
Wir haben hier so viel Hinweise und Tipps für Autoren, die uns alle helfen, besser zu werden, schönere und mitreißende Bücher zu schreiben. Ein sehr wichtiger Punkt für ein Buch, so denke ich, sind die Betaleser. Nachdem ich jetzt auch meinen zweiten Versuch als Betaleser abbrechen musste - was mich ziemlich getroffen hat - denke ich, dass es vielleicht gut wäre, auch zum Thema ,,Betalesen" einen Thread zu eröffnen.
Als Betaleser kann man einem Autor ,,die Füße weghauen", man kann ihn motivieren und es scheint mir im Moment fast schwerer, ein fremdes Buch zu lesen und zu kommentieren, als selbst eines zu schreiben.
Ich hatte mich gemeldet, weil ich nicht nur nehmen, sondern in diesem Forum auch geben wollte. Aber irgendwie ist es mir nicht gelungen, mich auf einen fremden Schreibstil ,,einzulassen" und statt zu helfen, habe ich, ohne es zu wollen, wahrscheinlich mehr geschadet als genutzt.
Vielleicht wäre es nicht nur für mich hilfreich, wenn hier ein paar Erfahrungen und, wenn möglich, Tipps für Betaleser zusammenkommen. Es würde bestimmt uns allen helfen, noch besser zu schreiben. Was haltet Ihr davon?

Cairiel

Ich habe meine "Betales-Karriere" als Kommentator in einem Textkritikforum begonnen (in meinem Fall schreibwerkstatt.de). Da kann man zu kurzen Textausschnitten direkt seine Kommentare geben, verbessern, anmerken, vorschlagen, und, was sehr wichtig ist, der Autor antwortet direkt darauf. Das hat mir sehr geholfen, um zu sehen, womit ich dem Autor helfe und womit nicht.

Meine ersten Kommentare dort waren nicht sonderlich gut und es wundert mich bis heute, dass sie nicht gelöscht worden sind. Aber sie wurden immer länger und ausführlicher und kritischer, bis ich an einem Punkt gelangt bin, an dem ich zu kritisch geworden bin. Ich habe dann eine Stufe zurückgeschraubt und war perfekt eingependelt.

Beim Testlesen von ganzen Romanen bin ich deutlich weniger ausführlich als in den Kommentaren zu Textausschnitten von höchstens 1000 Wörtern, sonst würde ich ein ganzes Leben für einen Roman brauchen. Dennoch hat das Kommentieren dort mein Auge geschult und mir viel geholfen. Ich merke es auch, dass meine Betalesfähigkeit schlechter wird, weil ich schon lange nicht mehr intensiv einen Text zerpflückt habe. In meinen Augen ist das Kommentieren in Textkritikforen also eine ideale Übung fürs Betalesen. Vielleicht hilft dir das ja was?

Und: Keine Scheu! Auch Betalesen/Kommentieren muss man sich erst erüben. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.  :)

Ein genereller Tipp jedoch: Markiere/kommentiere unbedingt immer auch die Stellen, die dir generell besonders gut (oder auch nicht so gut) gefallen haben. Das hat Gwee mal bei mir gemacht, als sie Probegelesen hat, und ich fand es super, weil ich viel besser einschätzen konnte, welcher Absatz klasse auf meinen Leser wirkte und welcher nicht so, ganz ohne dass genaue Gründe angegeben werden müssen. Denn dabei geht es beim Betalesen in meinen Augen ja auch: Die Wirkung des Textes auf den Leser.

Sprotte

Betalesen kann man lernen. Aber es ist - wie Schreiben, Überarbeiten - eine Übungssache.

Zu meinen Betaanfängen habe ich wirklich nur als Korrektorin gearbeitet. Kommatafehler, Tippfehler, vielleicht noch Bezugsfehler, das war es. Mittlerweile habe ich mir angewöhnt, auch lautes Denken als Kommentar einzuarbeiten. Ich denke und hoffe, daß es dem Autor zeigt, wie der Text gerade an der Stelle auf einen Leser wirkt, eine Einschätzung liefert.
Je vertrauter ich mit dem Autor bin, desto frecher fallen diese Anmerkungen auch aus.

Wichtig ist, daß das Genre des Werks mir auch selbst zusagt. Eine Geschichte, die mich nicht reizt, kann ich auch nicht gut betalesen. Da sind die Angaben bei der Betalesersuche zur Zielgruppe extrem wichtig.

Und: Loben nicht vergessen! Wenn eine Formulierung besonders gut gefällt, darf der Autor das gerne erfahren!

Christopher

Grundsätzlich: Viel ;D

Mal ein paar Erfahrungen meiner Beta-leserei (die nicht alle aus diesem Forum stammen):

1. Vorher abklären, ob dem Betaleser das Thema überhaupt liegt

Ich habe mich bereits durch Texte druchgequält, die zwar nicht schlecht waren, aber einfach nicht dem entsprachen, was ich für gewöhnlich lese. Daraus folgte ein Gefühl des Zwangs. "Ich kann ihm jetzt nicht sagen, dass der Text so gar nicht meines ist! Das könnte er falsch auffassen und es würde ihn deprimieren!" Das hat aber weder ihm noch mir wirklich weitergeholfen.

Heißt:
Als Autor: Wenn man das Betalesen anbietet, gleich darauf hinweisen, dass das Lesen auch nach 4-5 Kapiteln abgebrochen werden darf, wenn der Leser merkt, dass das Thema ihm einfach nicht liegt. Und dann auch verstehen, dass es nicht an mangelnder Qualität liegt, sondern daran, dass der Leser sich einfach nicht für das Thema erwärmen kann.

Als Leser: Ansprechen, wenn es schlicht am Thema liegt, dass man mit dem Buch nicht arbeiten kann. Nicht jeder mag alles, das ist kein Schlag ins Gesicht für den Autor.

2. Kritik lesen und verstehen - aber nicht immer umsetzen

Ich wurde bereits krisitiert und habe auch schon viel kritisiert. Jede Kritik ist wichtig und hat ihren wahren Kern, aber nicht jede muss man auch umsetzen. Im Dialog mit einem Betaleser sollte man sich immer vor Augen halten, dass jeder Mensch einen anderen Geschmack und eine andere Meinung hat. Selbst wenn es um genau dieselben Worte geht. Was einer schlecht findet, finden andere vielleicht hervorragend. Man kann es unmöglich allen recht machen.

Heißt:
Also Autor: Kritik lesen und verstehen, sehen, was berechtigt ist und was nicht, vergleichen und dann vielleicht(!) ändern. Ihr habt das letzte Wort. Vermittelt das aber auch so, warum ihr anderer Meinung seid. Beim Betalesen gibt es kein Recht und Unrecht - nur verschiedene Meinungen.

Als Leser: Kritisiert was immer ihr für Kritikwürdig erachtet, aber behaltet im Hinterkopf, dass das nur eure Meinung ist und niemand unfehlbar ist (auch der Betaleser nicht). Nicht ihr schreibt die Geschichte, jeder ist anders und ihr würdet es vielleicht anders machen - das ist auch gut so, muss aber nicht auf den Autor anwendbar sein.


Das sind zumindest meine beiden bisher wichtigsten Erkenntnisse zur Betaleserei. Da gibt es aber sicher noch einiges mehr zu wissen ;)
Be brave, dont tryhard.

Malinche

#4
Hach, jetzt waren die anderen schon schneller und vieles ist schon gesagt. Trotzdem:

Als Betaleserin habe ich auch schon erlebt, dass es mitunter schwer sein kann, sich auf einen fremden Stil einzulassen. Es hat eben auch jeder ein bestimmtes Lese- und Schreibverhalten, sodass es ganz natürlich ist, wenn man nicht mit allem warm wird. Das dann festzustellen und offen zu sagen halte ich für ganz wichtig. :) (Das kann eben auch passieren, wenn man z.B. das Thema eigentlich spannend findet. Man hat das ja auch mit Büchern, die man sich aufgrund von Klappentext, Genre und Thema holt, die dann aber einfach so geschrieben sind, dass man nicht damit warm wird.)

Ansonsten, wie gehe ich beim Betalesen vor?

Persönlich ziehe ich mir meine Beta-Dateien auf den Kindle, weil ich ungern am Bildschirm und im Schreibtischstuhl lese. Dann markiere ich beim Lesen alles, was mir auffällt – Notizen sind am Kindle umständlich, aber in den allermeisten Fällen erinnere ich mich später beim Übertragen, was mich an dieser Stelle gestört hat. Erst wenn ich den Text einmal gelesen habe, gehe ich ihn im Word-Dokument auf dem Computer durch, immer mit der aktivierten »Änderungen verfolgen«-Funktion, weil das am einfachsten zu handhaben ist, markiere und schreibe Kommentare.

Wichtig bzw. schön finde ich – nicht nur, wenn ich betalese, sondern auch, wenn ich Kommentare von anderen bekomme –, nicht einfach nur Kritteleien an den Rand zu schreiben, sondern auch mal anzumerken, was einem besonders gut gefallen hat, wo man schallend gelacht hat oder ein Tränchen zerdrückt, etc. Das sind oft hilfreiche Hinweise für den Autoren, ob die Story funktioniert und wo man als Leser richtig drin ist. Ich freue mich im Gesamtkontext dann auch über eingestreute Kommentare wie »iiiieh!«, »*grusel*« oder »Was für ein Arschloch, bring ihn um!« – sie sind für sich genommen natürlich nicht die Krone der Konstruktivität, zeigen mir aber, wie es dem Betaleser während des Lesens ergangen ist.

Wenn ich etwas kritisiere, versuche ich es für den Autoren möglichst nachvollziehbar zu schildern, warum ich an dieser Stelle ein Problem habe. Das kann reichen von »Ich empfinde das Wort als zu modern für ein mittelalterliches Setting und werde darum an dieser Stelle aus dem Lesefluss gerissen« bis »Das nehme ich deiner Figur nicht ab, dass sie jetzt den Drachen töten geht, denn im letzten Absatz hatte sie noch Angst vor einem Kaninchen«. Nachvollziehbarkeit empfinde ich als besonders wichtig, auch im Hinblick darauf, wie der Autor mit dem Änderungsvorschlag umgeht und ihn einordnet: Ist das jetzt eine persönliche Befindlichkeit des Betalesers (»Ich mag einfach keine ballettanzenden Vampire, das merke ich immer wieder«), oder ist es eine generelle Schwachstelle im Text/Plot? Für manche Kritikpunkte gilt, dass man es nie allen recht machen kann und drei Betaleser fünf Meinungen ergeben werden. Und bei anderen sollte man wiederum unbedingt aufhorchen. Das einzuordnen ist aber letztlich Aufgabe des Autors (und meiner Meinung und Erfahrung nach auch durchaus etwas, was erlernt werden muss).

Zusätzlich zu den Anmerkungen im Dokument versuche ich, immer noch ein allgemeines Feedback in Textform zu geben. Was hat mir gefallen (Sprache, Stil, Figuren, Setting, etc.), wo hakt es eventuell noch (z.B. beim Spannungsbogen)? Wie erging es mir beim Lesen (bin ich z.B. schwer reingekommen oder habe ich das Buch in einem Rutsch gelesen und darüber das Aussteigen an meiner Bushaltestelle verpasst)? Wenn mir im Plot größere Unstimmigkeiten auffallen, führe ich das normalerweise auch noch mal ausführlicher aus, mache Vorschläge, wie es sich eventuell glätten lässt, arbeite aber eben auf jeden Fall heraus, was konkret mich jetzt gestört hat (mit dem Versuch, es an speziellen Szenen/Kapiteln festzumachen, weil es sich leichter überarbeiten lässt, wenn der Autor es lokalisieren kann). Manchmal kann man natürlich auch einfach nicht den Finger drauflegen.

Wichtig finde ich ansonsten noch, sich und dem Autoren immer vor Augen zu führen, dass es um die gemeinschaftliche Arbeit am Text geht, dass die Vorschläge Vorschläge sind und hinter allen immer der Wunsch steht, den Text zu verbessern. Wie überall gilt auch hier: Der Ton macht die Musik. Ich kommentiere und kritisiere Texte so, wie ich meine auch kommentiert und kritisiert haben möchte: Ehrlich, bei negativen Aspekten sachlich, teilweise aber auch mal mit einem Augenzwinkern, um die Kommentare aufzulockern, und konstruktiv.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Ary

Im Grunde ist schon alles gesagt. :)

Wenn ich mir einen Betaleser suche, schreibe ich folgendes immer dazu, denn es erleichtert die Zusammenarbeit:
- Genre, soweit "einkreisbar", und Zielgruppe
- Anzahl Normseiten
- was genau erwarte ich vom Betaleser: Korrektur, grobe Einschätzung, Detailkritik?
- auf was möchte ich den Blick des Test/Betas ganz besonders lenken?  - innere Logik, Logikbrüche, Typos, Kommasetzung, Bezug, Adjektive, show don't tell, Perspektive?
- gibt es eine Deadline, wenn ja, wie viel Zeit kann ich dem Beta geben?

Je genauer ich meine Bitten formuliere, umso eher bekomme ich am Ende auch etwas, womit ich arbeiten kann.

Wenn ich selbst Betadienste anbiete:
- gebe ich dem Autor eine grobe Abschätzung, wie schnell ich fertig sein kann
- frage ich, ob es etwas gibt, worauf ich besonders achten soll
- versuche ich, ebenso viel zu loben, wie ich eventuell meckern muss
- versuche ich, den persönlichen Stil des Autors zu sehen und so zu kommentieren, dass ich ihn mit Änderungsvorschlägen nicht zu meinem eigenen mache
- kommentiere ich so, dass der Autor auch mal was zu lachen hat

Das wichtigste ist auf jeden Fall Sachlichkeit, gerade, wenn einem eine Stelle vielleicht mal nicht so gut gefällt.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Nirahil

Ich bin, was das angeht, auch noch sehr grün hinter den Ohren. Vor dem Zirkel wäre ich nie auf die Idee gekommen, einen anderen Text wirklich zu kritisieren, aber im Endeffekt dachte ich mir dann ... ich bin Leser. Ich lese gerne Geschichten und ich weiß, was ich in ihnen mag und was nicht. Genau so lese ich auch Beta. Ich kreide das an, was mir gar nicht gefällt, was unlogisch ist, was meiner Meinung nach nicht passt, und ich lobe das, was mir gut gefällt, was mich fesselt und mir auch manches Mal Tränchen in die Augen treibt. Dabei versuche ich auch oft, zu betonen, dass manche Dinge vor allem mein persönlicher Geschmack sind und nicht per se schlecht sein müssen. Ich mag selbst keine Kritiken, die immer nur heißen "das ist doof, das machst du falsch, das gehört so", weil jeder ein bisschen anders tickt und jedem andere Sachen gefallen oder nicht gefallen.

Überkritisch bin ich sicher nicht, eher zu lasch, meine Toleranzgrenze ist da relativ groß, obwohl ich gerade versuche, das ein bisschen einzudämmen. Mir gefallen so viele Sachen, dass ich nach vielen Seiten oft denke "verdammt, das liest sich so gut, ich finde nichts zu meckern!". ;D Ob ich meinen Job halbwegs vernünftig mache, müssen die entscheiden, denen ich die Geschichten gebetat habe - Selbsteinschätzung finde ich da schwer. Aber meistens bin ich nicht der einzige, der die Geschichte liest, also fließen neben meiner Meinung auch noch andere mit ein. Und ich lese auch nur Sachen, die ich auch privat selbst lesen würde, weil sie mich interessieren - es gibt nichts Schlimmeres, als vor einem Text zu sitzen, mit dem man nichts anfangen kann. Das Problem hatte ich zwar glücklicherweise noch nicht, weil ich doch recht kritisch vorher abschätze, ob es was für mich ist, aber bei Büchern, die einem nicht liegen, beißt man sich ja auch nur durch.

Zum Schluss kann ich noch sagen: Jepp, Sprotte hat recht, das kann man lernen. (Und ich tippe mal wieder zu langsam ;D). Anfangs hatte ich wahnsinnigen Respekt vor der Aufgabe, einen Text zu kritisieren und hab mich kaum getraut, Kommentare zu verfassen. Inzwischen achte ich eigentlich nur noch drauf, sie vernünftig und verständlich zu formulieren, weil es schließlich meine Aufgabe ist, meinen Senf dazu zu geben. Im Guten, wie im Schlechten. Und ich tippe wirklich zu langsam.
Ich tanze wie ein Kind im Nebel,
zufrieden, weil ohne Ziel.
Callejon - Kind im Nebel

pyon

#7
Das ist ein wirklich gutes Thema.  :pompom:

Ich habe auch schon öfter überlegt, ob ich nicht für den ein oder anderen Roman oder Kurzgeschichte hier im Forum mich als Beta-Leserin zur Verfügung stellen würde, denn Interesse hätte ich an einigen.

Was mich aber bisher immer abgeschreckt hat war ich selbst. Schaffe ich es wirklich so viele Seiten nebenbei zu lesen und zu kommentieren? Kann ich das überhaupt gut? Ich finde kaum Zeit selbst zu schreiben, weiß aber auch wie wichtig Beta-Leser sind. Ich selbst schicke keine Kurzgeschichte weg, ohne sie nicht zumindest einem Betaleser zum probelesen geschickt zu haben. Ich fühle mich einfach sicherer, wenn ich weiß, dass noch einmal jemand darüber gelesen hat.

Ich war schon einmal Betaleser diverser Fanfictions. Lief teilweise gut, teilweise schlecht.
Mich schreckt aber immer noch oft die große Länge der Romane ab. Ich würde wirklich viele davon gerne lesen, aber ich ich bin ein doch eher langsamer Leser und habe immer bedenken, dass ich in der geforderten Zeit fertig werde.

Worauf ich aber bisher beim Betalesen geachtet habe war auf jeden Fall auch anzumerken, wenn mir etwas gefällt. Ich denke, dass das wichtig ist, den Autor selbst noch einmal motiviert und ihm auch zeigt welche Stellen besonders gelungen sind. Außerdem freut sich jeder Autor über Lob.  ;D Und jede andere Kritik ist natürlich konstruktiv. Wichtig ist, meiner Meinung nach auch, sowohl als Autor als auch als Betaleser sich bewusst zu sein, dass jegliches Kommentar nur ein Vorschlag ist, den man als Autor übernehmen kann, aber nicht muss.

Meine Betaleserin kann zum Beispiel nicht auf dem PC lesen und druckt sich meine Kurzgeschichten immer aus. Meistens gehen wir dann die Geschichte in einer Skype-Konferenz durch, was bei Kurzgeschichten gar nicht so schlecht ist.


Edit: Irgendwie wurde alles schon irgendwie gesagt. ;D

Nuya

#8
Ein schönes Thema! Ich lese schon beta, seit ich 17 bin. Von der kleinen Geschichte bis zur Bachelor-Arbeit einer Freundin. Ist natürlich ein Unterschied. ;D Aber sowohl das eine als auch das andere macht Spaß!

Von mir selbst als Betaleser weiß ich (vorallem durch Vergleiche mit anderen Betas und durch Rückmeldung der Autoren), dass ich mich eher auf die Stimmung einlasse, die Gefühle voranstelle und dafür gern mal ein Komma übersehe. Deshalb gebe ich das zB immer mit an, wenn ich gefragt werde oder mich als Beta bewerbe: Ich kommentiere sowohl im Text wenn ich Sätze verändern würde, ich kommentiere an der Seite (von Lob bis Kritik, iiiehs bis *schmilz*) und ich versuche den Autor über jeden Gedanken, den ich zu dem Text, einer Szene, einem Satz, einer Figur o. ä., usw. habe zu informieren.
Und ich breche Projekte ab, wenn ich absolut nicht mit dem Genre/Text/Stil klar komme.
Was ich unglaublich gern mache sind zeitkritische Betaarbeiten. Ich erinnere mich an Greys sagenhafte Vampire :wolke:.

Was mir selbst schon als Autorin passiert ist, sind Betaleser, die den Stil nicht als solchen tollerieren können. Die ständig an Satzstellung oder Wortwahl rummäkeln (Settingunabhängig, einfach, weil sie etwas als nicht passend empfinden). Das kann man machen, ich erwähne als Beta durchaus, wenn mich der Satzbau einmal stört - aber wenn es sich durch den ganzen Text zieht wird es lästig, weil man ja nicht umschreiben möchte, seiner Art und Weise zu schreiben treu sein will. Das muss ein Beta meiner Meinung nach schon mitbringen - Stil erkennen und belassen. Kleine Anmerkungen ausgenommen.
Ich mag als Autorin die Betas, die mir mitteilen, wie sie gefühlt haben. Was sie denken, oder zu welchen Überlegungen der Text sie gebracht hat. Und genauso mag ich die, die mir jedes Komma um die Ohren hauen oder gnadenlos lange Sätze zerhacken. Plotlöcher finden, Charaktere auseinander nehmen, usw. Und ich habe hier im Zirkel immer eine gute Mischung von genau diesen Betas für meine Texte bekommen können. :)
Und mittlerweile hab ich sogar Stamm-Betas, das finde ich absolut großartig! :gruppenknuddel:

Nycra

Tatsächlich kann ich hier kaum noch mehr anmerken. Alles wurde gesagt, aber einen Punkt möchte ich nochmal besonders hervorheben, der mir mehr als wichtig ist: Der Autor ist Gott.

Ich bin sehr kritisch mit Texten und meine Kommentare sind nicht oft, Balsam für die Autorenseele, auch wenn ich versuche, eine ausgewogene Mischung zwischen Lob und Kritik zu halten. Sie reichen von ironisch über sarkastisch. Trotzdem müssen mich Autoren als Beta nicht fürchten, wenn sie sich eben diesen einen Satz immer wieder vor Augen halten. Ich kann als Beta nur Vorschläge unterbreiten, um den Text zu verbessern. Weder ist mir der Autor Rechenschaft schuldig noch erwarte ich, dass er alles zu 100% umsetzt. Es ist und bleibt sein Roman.

Erst kürzlich habe ich einer Tintenzirklerin, deren Namen ich nicht nennen mag, einen Großteil des Romanes rausgestrichen, weil es nichts anderes als Blabla war. In so einem Fall biete ich tatsächlich auch ein Telefonat oder eine Skype-Konferenz an, um dem Autor begreiflich zu machen, was mich zu diesem krassen Schritt verleitet hat.

Ein Betaleser ist nicht der Freund des Autoren. Er soll helfen, ein Buch zu verbessern. Das ist schwer und oft fürchten sich die Betas davor, ihre Meinung zu sagen und anschlißend den Respekt von dem Autoren zu verlieren. Wenn es jedoch um einen Roman geht, dessen Genre ich sehr gerne lese und das, was man mir präsentiert, taugt nicht, weiß ich auch, wovon ich spreche, wenn ich etwas streiche oder anmerke. Dieses Selbstbewusstsein muss man als Beta erlernen. Ein Ja-und-Amen-Sager als Beta kann ich nicht gebrauchen, also würde ich das auch nicht bei anderen tun. Selbst, wenn es schmerzhaft für beide Seiten ist.

Und vielleicht ist diese Einstellung auch der Grund dafür, dass es mir nie an Nachschub in Sachen Beta-Arbeit mangelt.  ;)

Alana

Betalesen ist unbedingt was für Anfänger. Dabei lernt man meiner Meinung nach nämlich extrem viel. Ich hab dazu schon lange einen Blogartikel geplant. Ich dachte nur immer, das interessiert eh keinen. Vielleicht sollte ich den doch endlich mal fertig machen.
Alhambrana

Nandriel

#11
Oh Bardo, das ist ein wunderbares Thema, und mir geht es im Grunde genau wie dir.

Christopher hat ja schon Erfahrungen mit mir gesammelt, bzw. habe ich bei seinem Prolog erste Gehversuche im Betalesen unternommen. In wiefern das nun hilfreich war, kann nur er sagen; aber da komme ich gleich zu einem wichtigen Punkt: Rückmeldung an (angehende) Betaleser.

Kritik ist etwas, das kein Mensch gerne hört. Niemand. Nicht einmal dann, wenn man selbst um (konstruktive) Kritik gebeten hat, denn im Grunde hofft man ja doch immer darauf, dass die positiven Aspekte die negativen überwiegen und somit unterm Strich das eigene Werk "gut" ist bzw. für "gut" befunden wird.

Hier kommen aber wieder gaaanz viele verschiedene Charaktere zum Tragen, denn der eine steckt Kritik noch relativ gut weg, der andere lässt sich von demselben "Tonfall" völlig aus dem Konzept bringen und demotivieren. Ich kenne das natürlich nicht von Geschichtenschreibern, sondern von Schülerarbeiten, aber ich stelle mal die Behauptung auf, dass die Wirkung der angebrachten Kritik da Ähnliches auslösen dürfte.

In der Schule heißt das vermeintliche Zauberwort "positive Korrektur" - es bedeutet nichts anderes, als dass man nicht nur Fehler (vor allem in Ausdruck und Textaufbau / Logik) anstreicht, sondern gleich auch noch begründet und möglichst Alternativen aufzeigt. Das ist nett gedacht, in der Praxis aber so nicht umsetzbar, da sitze ich dann anstatt 3-4 Stunden gleich mal 5-6 Stunden an einem (Oberstufen-)Aufsatz. Dennoch - und das wurde hier ja bereits mehrfach erwähnt - ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Kritik wesentlich eher akzeptiert wird, wenn sie auf diese Art und Weise angebracht wird. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass das verdammt viel Arbeit ist, und wenn man möglichst viel "positive Korrektur" von einem Betaleser wünscht weil man z.B. von sich selbst weiß, dass man sonst innerlich abblocken würde, sollte das zuvor kommuniziert werden, da es ungleich mehr Arbeit bedeutet.

Ein weiterer Aspekt bezüglich der Annehmbarkeit von Kritik ist die Frage, für wie kompetent ich den jeweiligen Betaleser halte bzw. wie sehr ich dessen Urteilskraft vertraue. Das ist eine ganz persönliche Frage, aber eine wie ich finde wirklich sehr wichtige.
Meine Schüler vertrauen in der Regel darauf, dass ich ich kompetent genug bin, um ihre jeweiligen Arbeiten einschätzen und auch noch bewerten zu können (hoffe ich jedenfalls; ich weiß, dass dieses Vertrauen nicht allen Lehrer entgegengebracht wird, aber das ist jetzt gar nicht der Punkt).

Von wem aber würde ich am ehesten Kritik annehmen? Fragt euch selbst...
- von Familie und Freunden? --> Sicherlich, aber deren Urteil würde ich wohl eher nicht vertrauen, dazu gibt es in Schreibratgebern ja auch genügend Hinweise.
- von jemandem der selbst schreibt? --> Der oder Diejenige kennt zumindest die dahinter Steckende Arbeit. Aber ist die Anerkennung meiner Arbeitsleistung hier ausreichend?
- von jemandem, der bereits veröffentlicht hat? --> Immerhin, er oder sie hat offenbar den Geschmack eines Verlages getroffen. Reicht das schon aus für Vertrauen und zugesprochene Kompetenz?
- von jemandem, dessen Schreibstil mir selbst gefällt? --> Er oder sie "tickt" wie ich; heißt das aber auch, dass ihm oder ihr auch auffallen würde, was meinem Text nun eigentlich noch fehlt?

Die Liste ließe sich sicherlich noch fortsetzen. Aber hier komme ich an einen Punkt, an dem ich gerne die erfahrenen AutorInnen unter euch etwas fragen würde:
Gebt ihr eure Texte jedem Zirkler zu lesen, der sich meldet? Auch dann, wenn ihr ggf. von dessen Kompetenz nicht überzeugt seid?

Ich frage, weil das ja gewissermaßen für einen Beta, dessen Meinung schlussendlich gar nicht ernst genommen wird, unnötige Arbeit ist aber umgekehrt auch dem Autor/der Autorin absolut nicht hilft, weil man die geäußerte Kritik einfach nicht annehmen kann.

Vielleicht geht das jetzt auch nur mir so, aber ich denke, ich habe einen sehr speziellen Stil, was meine Kritik angeht. Vielleicht auch gar nicht mal so speziell, aber  doch wirklich sehr, sehr krittelig (im Gegensatz zu Nirahil z.B., wenn ich sie da richtig verstanden habe), was ja allein schon in meinem Job begründet liegt. Damit müsste also ein Autor erstmal umgehen können und auch mit der Tatsache dass ggf. jemand durchaus konstruktive Kritik äußern kann, ohne die angesprochenen Punkte in eigenen Texten besser bewerkstelligen zu können, denn auch das ist nämlich bei mir der Fall.

Malinche hat auch angemerkt, dass man mit einem fremden Stil ggf. Probleme haben kann - ich denke, auch das dürfte sehr auf mich zutreffen. Vermutlich würde ich es in dem Falle dann halten wie Bardo - nämlich abbrechen. Wobei das ja nun nicht schlimm ist, wie ich finde, sondern einfach nur ehrlich, und beiden Parteien am meisten bringt.

Aber, und auch das ist bereits genannt worden, es sollte wohl wirklich jeder im Auge behalten, dass es dabei um die Verbesserung eines bereits bestehenden Textes geht, dass also Autor und Beta an einem Strang ziehen. Wofür aber wiederum beiderseitiges Vertrauen nötig ist - ich als Beta muss sicher sein können, dass ich meine ehrliche Meinung äußern darf und das auch gewünscht ist, selbst wenn es weh tun sollte (natürlich wohlwollend formuliert), und der Autor muss mir vertrauen können, dass ich genau daran Interesse habe, nämlich den Text voranzubringen, wenigstens weil ich an die Idee glaube.

Oh man. Ich schreibe schon wieder wirr. Sorry, zu wenig Schlaf heute Nacht. Wird klar, was ich meine?

PS:
Evtl. wäre eine Rückmeldung im Sinne von "deine Kommentare haben mir geholfen, weil..." oder "leider hat mir die Kritik an dieser Stelle nicht so viel gebracht, weil..." gerade für "Frischlinge" im Betaen hilfreich... Oder eine "Anleitung für meine Betas" ;D Naja ok, das ist Schmarrn. Aryanas Vorgehen ist da vermutlich am Sinnvollsten.

Nachtrag:
Habe eben gesehen, dass mein Beitrag gar nicht abgeschickt worden ist; --> das was Nycra schreibt. Sie formuliert es nur besser  ::)

Nirahil

Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23
Vielleicht geht das jetzt auch nur mir so, aber ich denke, ich habe einen sehr speziellen Stil, was meine Kritik angeht. Vielleicht auch gar nicht mal so speziell, aber  doch wirklich sehr, sehr krittelig (im Gegensatz zu Nirahil z.B., wenn ich sie da richtig verstanden habe), was ja allein schon in meinem Job begründet liegt.
Da hast du mich richtig verstanden. :) Aber vielleicht sollte ich das auch ein wenig erklären: Ich habe meine Texte immer sehr, sehr rot zurück bekommen, mit vielen zum Teil sehr guten Anmerkungen (das kann natürlich auch daran liegen, dass meine Texte in Rohform einfach grottig waren, kann ich jetzt schlecht beurteilen ;D). Im Vergleich dazu schicke ich Texte, die ich gebetat habe, oft relativ wenig rot zurück, weshalb sich mir immer mehr das Gefühl aufdrängt, dass ich nicht sehr krittelig bin (sorry, ich mag das Wort ;D). Und meist liegt das einfach darin begründet, dass ich einfach nichts zu Meckern finde und gleichzeitig auch nicht jeden zweiten Absatz loben mag, der mir sehr gut gefällt. Mir gefällt das Gesamtprodukt dann halt sehr gut und das sage ich in der Mail zurück auch grundsätzlich dazu. Aber ich glaube auch, es ist manchmal vielleicht nachteilig, dass ich nicht so viel ankreide, weil ein Text ja erst mit konstruktiver Kritik besser werden kann. Keine Ahnung. Bisher hat sich zumindest noch keiner beschwert, ich wäre zu sanft. *Schweiß von Stirn wisch*
Ich tanze wie ein Kind im Nebel,
zufrieden, weil ohne Ziel.
Callejon - Kind im Nebel

Nycra

Ich nenne es gerne Zuckerbrot und Peitsche. Wenn ich einen Autor nur kritisiere, macht er dicht und wird mich als Beta ablehnen. Deshalb informiere ich ihn vor Betaanahme darüber, dass wie ich arbeite und dass ich, bevor der Beta in die Luft geht, immer für ein persönliches Gespräch bereit bin. Missverständnisse (gerade im Schriftlichen) kennt jeder, der sich in einem Forum tummelt, von daher sollte man einem möglichen "Angriff" schon den Wind aus den Segeln nehmen, indem man die Aussprache gleich mitanbietet. Bisher bin ich damit immer sehr, sehr gut gefahren. Außerdem lassen sich am Telefon manche Dinge tatsächlich besser erklären, wie ich oft genug sehe  ;D .

Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23Aber hier komme ich an einen Punkt, an dem ich gerne die erfahrenen AutorInnen unter euch etwas fragen würde:
Gebt ihr eure Texte jedem Zirkler zu lesen, der sich meldet? Auch dann, wenn ihr ggf. von dessen Kompetenz nicht überzeugt seid?
Ich verteile meine Texte gerne an Zirkler, ohne eine Referenz zu verlangen. Einzige Ausnahme ist, es gibt ein paar, die sich als Betaleser bei anderen angemeldet haben, aber es kam nie eine Rückmeldung (hatte ich auch schon bei mir), dann ziehe ich daraus die Konsequenz, wenn ich davon erfahre und diese Leute bekommen kein Skript von mir in die Finger. Weil, wer es nur lesen will, soll es sich kaufen, wenn es (vielleicht rauskommt). Ansonsten setze ich viel Vertrauen in unsere Neulinge.

Um mal kurz aus der Erfahrung zu sprechen, für meinen letzten Dhraden-Band und auch für den zweiten Höllenjob hatte ich jeweils Betas gesucht, die den ersten Band nicht kannten, um sicherzustellen, dass alle relevanten Informationen im Folgeband enthalten sind und nicht nur gedacht wird, sie sind drin. Dafür haben sich tatsächlich "Neulinge" in Sachen Beta gemeldet. Im Nachhinein kann ich sagen, dass deren Arbeit absolut in Ordnung waren und mich darin bekräftigt haben, dieses Experiment wieder zu gehen. Natürlich war der eine oder andere darunter, der ein wenig zaghaft mit seiner Kritik war und man durchaus merkte, dass er mich nicht verletzen wollte. Aber in der Quintessenz kam an, was der Beta mir sagen wollte: Das musst du ändern, damit es rund wird. Und nur so soll es sein.

Abgesehen davon sehe ich es wie Alana: Durchs Betalesern lernen gerade Neulinge sehr viel und besonders schön ist es, wenn es zwischen Autor und Beta im Anschluss einen ordentlichen Dialog gibt, in dem man die einzelnen Meinungen ausdiskutiert.

Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23Evtl. wäre eine Rückmeldung im Sinne von "deine Kommentare haben mir geholfen, weil..." oder "leider hat mir die Kritik an dieser Stelle nicht so viel gebracht, weil..." gerade für "Frischlinge" im Betaen hilfreich... Oder eine "Anleitung für meine Betas" ;D Naja ok, das ist Schmarrn. Aryanas Vorgehen ist da vermutlich am Sinnvollsten.
Gerade wenn es sich um einen Neuling handelt, gebe ich gerne ein Feedback. Darüber freut sich der Beta und zieht auch gleich Motivation, es beim nächsten Mal wieder zu versuchen bzw. er merkt sich (hoffentlich), was er anders machen sollte.

Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23das was Nycra schreibt. Sie formuliert es nur besser  ::)
Sagte die Lehrerin.  ;D

Zitat von: Nirahil am 03. April 2014, 13:46:35Im Vergleich dazu schicke ich Texte, die ich gebetat habe, oft relativ wenig rot zurück, weshalb sich mir immer mehr das Gefühl aufdrängt, dass ich nicht sehr krittelig bin (sorry, ich mag das Wort ;D). Und meist liegt das einfach darin begründet, dass ich einfach nichts zu Meckern finde und gleichzeitig auch nicht jeden zweiten Absatz loben mag, der mir sehr gut gefällt. Mir gefällt das Gesamtprodukt dann halt sehr gut und das sage ich in der Mail zurück auch grundsätzlich dazu. Aber ich glaube auch, es ist manchmal vielleicht nachteilig, dass ich nicht so viel ankreide, weil ein Text ja erst mit konstruktiver Kritik besser werden kann. Keine Ahnung. Bisher hat sich zumindest noch keiner beschwert, ich wäre zu sanft. *Schweiß von Stirn wisch*
Genau deshalb sollte man ja auch nicht nur eine Beta-Meinung einholen, sondern mindestens zwei. Ich persönlich mag die Mischung aus maximal drei mir fremden Betas und fürs Finale ziehe ich mir meine Hauptbetas (die alles von mir lesen dürfen) noch dazu. (Und OT: Du bist ein sanfter Krittler, aber das, was du angesprichst, hatte durchaus Hand und Fuß.)

Siara

#14
Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23
Kritik ist etwas, das kein Mensch gerne hört. Niemand. Nicht einmal dann, wenn man selbst um (konstruktive) Kritik gebeten hat, denn im Grunde hofft man ja doch immer darauf, dass die positiven Aspekte die negativen überwiegen und somit unterm Strich das eigene Werk "gut" ist bzw. für "gut" befunden wird.
Doch. Ich. ;D Natürlich tut es weh, wenn man hören muss, dass das, was man schreibt, anderen nicht gefällt. Solange derjenige aber das Beste für Werk und Autor will (und ich gehe mal davon aus, aus einem anderen Grund wird man nicht Betaleser) sehe ich das absolut nicht negativ. Wer schreibt und sich sicher ist, was er tut, wäre perfekt, wie es ist, der ist... nennen wir es mutig. Oder naiv. Wenn ich jemandem etwas von mir zu lesen gebe, gehe ich davon aus, dass derjenige es nicht von vorne bis hinten bejubeln wird. Natürlich freut man sich über positive Rückmeldung. Vor allem aber freue ich mich, wenn sich überhaupt jemand die Mühe und Zeit nimmt, sich anzusehen, woran ich arbeite. Und ja, ich freue mich dabei auch über Negativkritik, auch gern und viel. Gerade als blutiger Anfänger (der ich nunmal bin) fehlt noch besonders die Fähigkeit, das eigene Geschreibsel durch die Augen eines Lesers zu sehen. Negativkritik bedeutet für mich in dem Fall nicht "Du hast es einfach nicht drauf!", sondern zeigt mir, was ich nach zu viel Beschäftigung mit dem eigenen Buch nicht mehr sehen konnte. Daher finde ich beim Beta-Lesen gerade die Eindrücke wichtig, die an bestimmten Stellen entstanden sind.

Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23
In der Schule heißt das vermeintliche Zauberwort "positive Korrektur" - es bedeutet nichts anderes, als dass man nicht nur Fehler (vor allem in Ausdruck und Textaufbau / Logik) anstreicht, sondern gleich auch noch begründet und möglichst Alternativen aufzeigt. [...] Dennoch - und das wurde hier ja bereits mehrfach erwähnt - ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Kritik wesentlich eher akzeptiert wird, wenn sie auf diese Art und Weise angebracht wird.
Auch das sehe ich etwas anders und weise es doch mal eben von der Hand :ätsch: Wenn mir jemand eine Stelle aufzeigt, die er selbst beim Lesen irgendwie "falsch" fand, bei der irgendetwas nicht stimmt, dann ist das für mich der wichtigste Hinweis, dass ich etwas ändern muss. Was zählt, ist schließlich, wie alles auf den Leser wirkt. Wenn aber jemand sagt "Das geht so nicht, das musst du anders machen, und zwar...", dann fühle ich mich bevormundet. Immerhin ist es mein Stil, mein Werk, etc. Ich möchte wissen, was ich falsch mache, und diskutiere gerne darüber, wie ich es besser machen kann. Aber ich möchte die Lösung gerne selbst finden. Also auch hier wieder: Das Wichtigste sind die Wahrnehmungen während des Lesens.

Zitat von: Nandriel am 03. April 2014, 13:36:23
Ein weiterer Aspekt bezüglich der Annehmbarkeit von Kritik ist die Frage, für wie kompetent ich den jeweiligen Betaleser halte bzw. wie sehr ich dessen Urteilskraft vertraue.
Für mich ist es hier vollkommen egal, wie "kompetent" der Leser ist, solange er keine grundsätzliche Abneigung gegen das Genre hegt. Leser, die selbst schreiben und sich intensiv mit dem Handwerkszeug auseinander setzen, beurteilen den Text vermutlich anders als die reinen Hobby-Leser. Autoren sehen vielleicht eher stilistische Unstimmigkeiten, erkennen Anfängerfehler (die Anfänger wie ich sicherlich machen), etc. Aber der Durchschnittsleser geht viel weniger analytisch an den Text und ist daher eher den Lesern ähnlich, die man am Ende ja erreichen möchte. Damit sind für mich beide gut und wichtig.

Ich habe mich inzwischen hin und wieder mal als Beta versucht, auch wenn ich selbst, was das Schreiben und Veröffentlichen angeht, noch ziemlich farbenfroh bin, also blauäugig und grün hinter den Ohren. In Stile kann ich mich schnell einfinden und mich mit ihnen anfreunden, das Problem damit nicht klarzukommen, hatte ich bisher noch nicht. Deshalb kritisiere ich auch Stil nur sehr wenig, nämlich immer dann, wenn ein Satz oder eine Formulierung auftaucht, die auch innerhalb des Schreibstils des jeweiligen Autors negativ heraussticht. Im Allgemeinen gebe ich Kritik, wie ich sie auch selbst gerne erhalten würde: Immer die Wahrnehmungen während des Lesens anmerken, egal ob positiv oder negativ. Auf alles andere, Plotlöcher, Verständlichkeit, Charakterentwicklung, etc. achte ich aktiv. Außerdem finde ich (das wurde hier auch schon ein oder zweimal angemerkt) ein abschließendes Gesamturteil wichtig. Ich habe auch schon gezweifelt, ob ich nicht zu unkritisch bin. Aber ich bin ehrlich und ich denke, solange ich das behaupten kann, kann es so falsch nicht sein.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.