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Geschichten, die sich nicht „rentieren“

Begonnen von kathy, 13. September 2019, 08:21:57

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Trippelschritt

Das könnte man so sehen. Aber hänge meine Gedanken nicht zu hoch. Eine Theorie habe ich nicht. Noch nichrt einmal eine Hypothese. Wohl aber eine wohlbegründetete Meinung, die sich glücklicherweise noch nicht zu einer Überzeugung verhärtet hat.

Um etwas zu einem Kunstwerk zu erheben, sind für mich zwei Voraussetzungen nötig. Erstens einen menschlichen Schöpfer. Zweitens eine menschliche Bewertung. Kunst ist Menschensache. Noch, jedenfalls :)
Ob der Schöpfer/Künstler und der Betrachter/Publikum im Extremfall ein und dieselbe Person sein können, halte ich für grundsätzlich möglich, würde aber die Folgefrage nach Qualität eines Kunstwerks erschweren. Deshalb möchte ich das für mich gern trennen.

Und für mich gibt es auch noch ein drittes Kriterium außer Künstler und Publikum. Das ist die Reichhaltigkeit an Krativität und Ideen. Denn ohne diese Forderung oder eine vergleichbare, könnte jeder Depp sein Geschmier als Kunstwerk bezeichnen. das ergäbe theoretisch vielleicht sogar Sinn, würde aber den Begriff des Kunstwerks oder der Kunst obsolet machen. Dass dieser Gedanke durchaus schon einmal aus berufenem Munde formuliert wurde, darf nicht überraschen. Beuys ging damit jedenfalls an die Öffentlichkeit und er erklärte jeden Menschen als Künstler.

Damit das jetzt nicht zu OT wird ...
Wer eine Geschichte schreibt und für sich glaubt, sie wäre einigermaßen gelungen (oder auch nicht), kann sich schon einmal mit dem Gedanken anfreunden, ein Kunstwerk erschaffen zu haben. Und vielleicht sogar so etwas wie Ehrfurcht davor zu haben, denn ein Teil von dem, was da geschrieben wurde, kam auch aus dem Unterbewusstsein als Teil eines kreativen Prozesses, aus der Intuition oder was weiß ich. Auf jeden Fall aus Bereichen des Gehirns (der Seele, wer den Ausdruck lieber mag), die unserem Verstand nur schwer zugängig sind.

Ich unterstütze mit meiner Meinung also alle die Meinungen, die sagen, dass es keine Geschichten gibt, die nicht etwas in sich tragen, dem nachzuspüren es sich lohnen kann. Und damit bin ich wieder mitten im Thema.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Marta

Das Thema "Darf ich das schreiben, obwohl es vermutlich kein Geld bringt?" ist bei mir gerade ein sehr großes. An sich schreibe ich immer das Buch, für das ich gerade am meisten brenne, das unbedingt geschrieben werden will. Im Moment auch, allerdings weiche ich damit zum ersten Mal von meinem Hauptgenre Gay Romance ab.

Das Problem: Ich habe keine Ahnung, ob die neue Story sich rentieren wird oder nicht. Kann sein, dass sie es tut, kann sein, dass sie untergeht. Aber ich WEISS, was ich verdienen würde, wenn ich die gleiche Zeit in Gay-Romance-Bücher stecken würde. Mehr, nämlich. Also, vermutlich. Keine Ahnung.

Erschwerend kommt hinzu, dass die neue Story eine 12teilige Serie wird. Das bedeutet mindestens ein halbes Jahr Arbeit, bei dem ich nicht weiß, ob es sich finanziell lohnen wird. Über einen Ein-Buch-Ausflug in ein neues Genre würde ich nicht lange grübeln, aber so viel Zeit zu investieren lässt mich doch sorgenvoll die Stirn fälteln.

Außerdem bin ich gerade die Hauptverdienerin der Familie ... Es fällt mir also wirklich nicht leicht, die sichere Bank zu verlassen.

Aber: Ich würde (fast) immer dazu raten, das zu schreiben, was man schreiben will. Bisher bin ich gut damit gefahren, auf diese kleine Stimme zu hören, die "Hey! Das!" schreit, auch wenn "das" absolut keinen logischen Sinn zu machen scheint. Angst habe ich trotzdem, egal, wie oft ich es mache.

Amanita

Nochmal ein paar Worte zu der Kunstfrage. Ich sehe da durchaus einen nicht unerheblichen Unterschied zwischen einem Bild, welches erst durch die praktische, handwerkliche Umsetzung für andere erkennbar wird und einer Geschichte. Ein Bild existiert für mich tatsächlich erst, wenn es gemalt ist, aber bei einer Geschichte würde ich durchaus behaupten, dass sie bereits existiert, wenn sie in meinem Kopf vorhanden ist, denn dann kann ich sie jederzeit erzählen.
Das Mittel der gesprochenen Sprache reicht also theoretisch aus, um die Geschichte weiterzugeben, sprich sie müsste dafür nicht einmal geschrieben sein, sondern nur erzählt und erinnert. (So lief das ja auch zu früheren Zeiten ab.) Bei einem Bild funktioniert das so nicht. Dafür wird das visuelle Element benötigt.
Wobei man dann über die Frage, ob die Geschichte oder das Bild dann tatsächlich auch noch Kunst ist, lang diskutieren kann. Manchen Menschen ist diese Art der Diskussion sehr wichtig, mir eher weniger und mich interessiert es auch nicht wirklich, ob irgendwas, was ich schreibe, als Kunst betrachtet wird, oder nicht.

Aber nochmal zum eigentlichen Ausgangsthema:
Wenn man vom Schreiben leben muss bzw. möchte und vielleicht schon bei einem Verlag unter Vertrag ist, muss man natürlich schauen, dass man auch etwas schreibt, was dort ins Programm passt, damit einem diese Einnahmequelle erhalten bleibt.
Ob man dann daneben noch Zeit, Lust und Energie hat, um etwas anderes zu schreiben, muss jeder selbst wissen.
Wenn man das Ganze aber eher als Hobby betreibt und hofft, vielleicht einmal das Glück zu haben, dass ein bisschen was dafür reinkommt, sehe ich überhaupt keinen Grund, nicht das zu schreiben, was man wirklich schreiben möchte. Da finde ich die Frage, ob sich das denn rentiert, auch eher kurios.
Geld für Arbeit gibt es im Job, in der Freizeit muss das, was ich tue, aber kein Geld einbringen. Schreiben hat im Vergleich zu anderen Hobbys den Vorteil, dass es nur sehr wenig davon kostet. ;) Jedenfalls so lange man keine professionellen Dienstleistungen in Anspruch nimmt.
Das würde ich tatsächlich nicht tun, wenn ich nicht relativ zuversichtlich wäre, dass sich das Buch auch verkauft.
Bei meiner Fantasywelt bin ich mir ziemlich sicher, dass die dortigen Geschichten nicht verkaufstauglich sind, aber das stört mich nur relativ wenig, weil ich an der Weltenbauerei quer durch verschiedene Epochen schon meinen Spaß habe und entsprechend dann auch an den Geschichten dazu.
Wenn es keinen Spaß macht und man kein Geld kriegt, sollte man es aber wirklich besser bleiben lassen und sich eine andere Freizeitbeschäftigung suchen. ;)

Yamuri

Ich denke, was Verlage gern möchten und was man selbst möchte, lässt sich durchaus auch verbinden, zumindest glaub ich das auf meine Projekte bezogen. Ich sehe das gerade bei einem Projekt an dem ich gerade arbeite. Auf der Buchmesse habe ich einen Verlag kennengelernt, der sich auf Noir und in diesem Sinne eher auf schwierige Themen, auf moralisch zweifelhafte Entwicklungen innerhalb von Gesellschaften, menschliche Abgründe usw. spezialisiert. Da ich einige Konzeptentwürfe habe, die solche Themen aufgreifen, arbeite ich an diesen. Gleichzeitig stellen aber genau diese Konzeptentwürfe auch Projekte dar, die auch meine eigenen Ideen und Vorlieben enthalten. Insofern kann ich das was ich schreiben möchte und das was dem Verlag gefallen könnte verbinden. Eine Verlagsmitarbeiterin, mit der ich mich über mein Konzept unterhalten hatte und ihr auch etwas geschickt hatte, hat mich auch dazu ermutigt ruhig ein Exposé direkt an die Verlagsredaktion zu senden. Mal sehen was dabei raus kommt.

Wenn man selbst offen für Kompromisse ist, lässt sich oft mehr machen als man denkt. Ich glaube, dass man es generell einfacher hat, wenn man bereit ist das was man selbst mag mit dem was ein Verlag oder das Publikum eines Genres vielleicht gerne mag, verbindet. Dadurch bleibt einem selbst die Freude am Schreiben erhalten und man kann schrittweise Neues unter die Menschen bringen. Ich bin da eigentlich sehr flexibel und habe gar kein Problem damit mich auch einem Wunsch von Außen anzupassen, solange ich das, was ich mag nicht komplett wegkürzen soll. :) Denn etwas Neues zusätzlich einzubringen, empfinde ich erstmal nie als etwas Schlechtes, sondern eine Bereicherung.

Vielleicht kann ich daher auch so optimistisch sein und sagen, ich hab das Vertrauen, dass es klappen wird, wenn ich soweit bin meine Sachen anzubieten, weil ich nicht mit der Einstellung rangehe, dass es 100% so veröffentlicht werden muss, wie ich es geschrieben habe und ich gern bereit bin etwas passend zu machen, solange die Grundlage erhalten bleibt. Daher vermutlich auch mein Unverständnis dem gegenüber, wie man etwas bereits im Voraus schon als nicht rentabel einstufen kann, weil ich das Gefühl habe, dass so ziemlich alles rentabel gemacht werden kann. Ich experimentiere da gerne und lass mich auch von Außen inspirieren, z.B. auch durch ein Verlagsprogramm oder neuem Input das ich durch Beschäftigung mit dem Handwerk erhalte. Es gibt ja auch dort Vielfalt. Wenn man ein wenig sucht, findet man auch etwas, wo man dazu passt, und wenn es am Ende SP ist, dann ist das auch super.  :jau:
"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

Elona

Hätte man mich das in den vergangenen Jahren gefragt, hätte ich voller Überzeugung geantwortet: "Schreib das, worauf du Lust hast". Und zu einem gewissen Punkt sehe ich das auch immer noch so, aber ...

2019 war und ist mein Findungsjahr. Ich habe fröhlich eben das gemacht, was ich machen wollte. Ich habe unter meinem Pseudonym meine erste Gay Romance rausgebracht (war damals eben dazu inspiriert gewesen und dachte so, das probiere ich mal aus) und noch ein paar weitere. Nebenher habe ich aus Gründen mich weiter um meine Dämonen gekümmert (reine Fantasy und mein Herzensprojekt).
Alles zusammen hat mich unwahrscheinlich viel Energie gekostet und mich unweigerlich zu der Frage geführt, was ist Schreiben denn jetzt für mich?

Jede Geschichte – wirklich jede – hat einen Wert. Dieser Wert unterscheidet sich aber. Sie kann einen hohen persönlichen Wert haben und das hatten meine Geschichten über Jahre hinweg. Sie haben mir etwas gegeben und ich war einfach stolz und glücklich ein Ende darunter zu setzen, nur um mich an die nächste zu begeben.

Dieser Wert bedeutet aber nicht zwangsläufig Markttauglichkeit. Und wenn wir danach gehen, eignen sich manche Geschichten nicht wirklich.

Erste Entscheidung: Schon vor Monaten habe ich also entschieden meine Dämonen erst einmal Ruhen zu lassen, weil ich bisher einfach ein Marketingmuffel war und es sich nicht lohnt. Es frisst Geld, Zeit und meine Energie, die ich in lohnendere Projekte stecken könnte.

Zweite: Ich habe mich also für mein Pseudonym entschieden, einfach aus dem Grund, das es schön ist, etwas zu zurückzubekommen. Nein, kein Geld. Aber Rückmeldung. Meine Geschichten werden gelesen und das machte mich glücklich. [Bisschen Geld natürlich auch, aber die Kosten deckt das nicht]

Dritte: Ich habe gaaanz viele Ideen. Wirklich viele. Auch viele, die ich richtig toll finde und gut, Projekte, die vermutlich von Grund auf neu geschrieben werden müssten, wie meine Hüter (Gay Fantasy). Nach meinen Dämonen sind meine Hüter mein nächstes großes Projekt gewesen. Sie sind also alt und entsprechend viel Arbeit müsste ich reinstecken und es ist eben Fantasy. Gay Fantasy geht besser als normale, aber eben auch nicht sooo toll. Wenn ich also irgendwann mal auf einen grünen Zweig kommen möchte, machen sie aktuell keinen Sinn. Irgendwann wird es sie geben, aber nicht in den nächsten 1-2 Jahren.
Und genau danach habe ich meine ganzen Ideen neu beurteilt.

In meinen Augen ist es also wieder die schlichte ;D) Frage, die es immer ist und die nur jeder für sich selbst beantworten kann (und das jedes Mal wieder aufs Neue): Was bedeutet Schreiben für mich persönlich und was will ich damit eben jetzt erreichen (oder auch nicht)?