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Ortsbeschreibung

Begonnen von Nitewolf, 18. Oktober 2007, 10:48:07

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Nitewolf

Was meint ihr, muss ein Ort unbedingt in der ersten Szene, in der er auftaucht ausführlich beschrieben werden?

Ich hab in einer Szene einen Kerle, der zur Arbeit kommt und sich in sein Büro setzt. Die Szene beginnt zwar schon in der Bahn, wird aber erst in seinem Büro wirklich ausführlich.

Ein oder zwei Szenen später dringt mein Antagonist in das Gebäude ein und da werden Vorplatz, Eingangshalle und so weiter eingehend beschrieben. Die Informationen sind an der Stelle einfach viel relevanter.

Kann man das machen, oder wirkt das doof? ???

Dorte

Beschrieben wird doch immer da, wo es auch wichtig ist, finde ich. Ob nun Figuren, Orte oder Ereignisse. Ausnahme: Wenn die Informationen die Geschichte an einem späteren Punkt bremsen, dann würde ich sie zuvor schon einstreuen. Und außerdem bei einer Überarbeitung kritisch gucken, ob man diese Informationen wirklich unbedingt braucht.

saraneth

Also als erstes würde auch ich darauf achten, dass deine Beschreibungen die Geschichte nicht bremsen und wenn sie das nicht tun, kannst du diese ja an den Stellen einfügen, an denen du es für richtig un angebracht hälst.

Ansonsten mache ich es am Anfang einer Geschichte immer so, dass ich die Umgebung und die eventuell vorhandenen Personen kurz beschreibe und mich dann der eigentlichen Handlung widme.
Teils ist es aber auch so, dass das Aussehen der Umwelt, in welcher der Charakter agiert, wichtig für den weiteren Handlungsverlauf ist. Dann beschreibe ich das ganze natürlich ausführlicher, bin aber darum bemüht es nicht wie eine Vorstellung meiner eigenen Welt aussehen zu lassen.

Na gut, ich hoffe, ich konnte dir ansatzweise helfen.

Lg

caity

Hallo,

allgemein musst du immer entscheiden, was Leser wissen "müssen", um sich ein entsprechendes Bild zu machen. Manchmal ist in solchen Fällen weniger mehr. Ich persönlich mache zu wenig und muss mich immer etwas zwingen, Ortsbeschreibungen gescheit durchzuführen, aber zu ausführlich würde ich sie nie machen. Es sei denn es ist total wichtig. Beispielsweise gibt es bei mir einen Platz vor dem Palast mit einem Brunnen und um den Brunnen herum im Kreis steht dann auch noch das Gefängnis, usw. der Platz ist jedenfalls so wichtig, kommt so oft vor, dass ich relativ zügig eine detailierte Beschreibung liefern muss, damit der Leser sich zurechtfindet und weiß, wo er sich befindet.

Speziell bei dir besteht eben die Gefahr, dass der Leser sich ein falsches Bild macht und durch die neue Beschreibung verwirrt wird. Auf jeden Fall würde ich am Anfang wichtige Punkte schon nennen, damit der Leser nicht aus der luftgegriffen sich etwas zusammenreimt, aber zu viel wie gesagt nicht.
Auch nicht dort, wo du die eigentliche Beschreibung dann angesiedelt hast ...

Ansonsten: einfach mal ausprobieren. Ich bin sicher, du findest das richtige Gespür dafür ;)

Bye
caity
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

THDuana

Hallo,

ich finde immer, dass man aus der Person heraus beschrieben einiges weglassen kann. Nicht muss, aber kann.
Zum Beispiel wird ein Geschäftsmann, der jeden Morgen um acht Uhr in sein Büro kommt und die Gehilfin ihm schon die Zeitung hingelegt hat, nicht das beschrieben.
Aber wenn die Zeitung mal fehlt ... da ist es dann wichtig.

Auf was ich hinaus will ist, dass Figuren oft ihre gewöhnlichen Orte, an denen sie oft sind, nicht mehr so sehr mustern und deshalb auch keine große Bescheibung machen. Wenn etwas anders ist oder sie einen neuen Ort betreten, sollte es umso ausführlicher sein.

In deinem Fall mit dem Mann würde ich sagen, dass du das Büro kurz umreißt. Sprich, wo steht der Tisch, gibt es ein Regal, was ist da drin, was sieht man aus seinem Fenster etc. Damit der Leser eine kleine Orientierung hat und sich später gedanklich besser "bewegen" kann.

DarkDreamer

Zitat von: Nitewolf am 18. Oktober 2007, 10:48:07Kann man das machen, oder wirkt das doof? ???
Finde ich gar nicht, dass das doof wirkt. Ich hätte es genauso gemacht. Warum auch so früh schon den Ort beschreiben, wenn er noch gar nicht wirklich eine Rolle spielt? Ich würde da nur die wichtigsten Details und Merkmale angeben, damit der Leser sich schon eine räumliche Vorstellung machen kann, wenn es dann richtig an diesen Ort geht. Erst dann werden die genauen Beschreibungen ja auch wichtig!
Vorher würde es mich, als Leser, sogar nur nerven, weil es einfach uninteressant ist.
Wie schon gesagt:
ZitatManchmal ist in solchen Fällen weniger mehr.

Es kommt eben auf die Gewichtung an, wie du sie legen willst. Manchmal kann der unwichtigste Gegenstand eine wichtige Rolle spielen, sodass man ihn doch früher einführt, da es später nur die Handlung stocken lassen würde.

So viel zu meiner Meinung ...
LG

Lavendel

Ich persönlich finde ja nichts langweiliger/nerviger, wenn die Handlung unterbrochen wird, um einen Raum zu beschreiben. Show, don't tell. Ihr kennt das ja. Ich finde, die Figuren müssen ihre Umgebung erleben - sie mit allen Sinnen wahrnehmen. Ich will nicht lesen:

Stefan rannte durch den Flur und stieß die Tür zum Wohnzimmer auf.
Rechts von ihm stand eine staubige Eichenholzkommode aus dem 18. Jahrhundert, auf der zwei Porzellankatzen auf einem Rüschendeckchen thronten. Die Sofas waren offenbar noch aus den Siebzigern. Der Bezug war mürbe und schlammgrün. Davor lag ein falscher Perser. Er hatte über die Jahre ein paar Brandlöcher abbekommen und wirkte recht erbärmlich, wie auch der Rest des Zimmers ... blabla... Im Regal standen Groschenromane, und ein Zeitungständer beherbergte Unmengen von Frauenillustrierten. "Oma?", rief Stefan, und erhielt keine Antwort. Verdammt, wo war sie bloß? ... blabla ... Er hastete weiter ins nächste Zimmer. Es war die Küche, die bestimmt auch aus den Siebzigern stammte. Nur der Herd war neu. Er hatte ein Cerankochfeld und eine grün leuchtende Digitalanzeige ... blabla ... Im Schlafzimmer stand ein romantischen Bett, dem an manchen Stellen der Lack abplatzte. Dazu passend hingen an den Fenstern beblümte Vorhänge. Die Tapete allerdings störte das Bild mit ihrem aufdringlichen Streifenmuster ... blablablaaaaa ... Auf dem Bett lag Stefans Oma. Und die Matratze war getränkt mit ihrem Blut.


Nene. So gehts ja nicht.

(Ich bin übrigens sicher, die Oma war nicht so harmlos, wie die Wohnung vermuten lässt. Bestimmt war sie Chefin eines Drogen- und Kinderschmuggelrings).

Nitewolf

 :rofl:

Total Klasse Lavendel!

Danke euch allen für die Antworten, habt mir sehr damit geholfen, ich lasse die Szenen so, wie sie sind.

Ich muss gestehen, ich bau relativ viel Weltbeschreibung in meine Geschichte ein, was aber daran liegt, dass ich ne extrem abgefahrene Welt hab, die zu beschreiben einfach irre viel Spass macht und in der sicherlich auch viel von dem Reiz meiner Geschichte liegt.
Aber meine Testleser waren bisher alle der Meinung, der Text ließt sich flüssig und die Weltenbeschreibung fügt sich gut ein, also hoffe ich mal, dass ich damit nicht ganz daneben liege.
Vielleicht sollte ich ja mal ein paar Nichtrollenspieler fragen. ;)

Bei mir würde sich der Text dann eher so lesen:
Stephane rannte durch den Flur und stieß die Tür zum Wohnzimmer auf.
Die Möbel in dem heruntergekommenen Zimmer sahen aus, als stammten sie noch aus vormanatronischen Zeiten. Ein kurzer Blick durch die engen Fenster offenbarte, dass die Vermutung gar nicht so unwahrscheinlich war. Obwohl die Elementarebene des Feuers hoch am Himmel stand, war es draußen Stockdunkel – die Wohnung lag so tief im Schatten der Häuserriesen Babels, das keiner von Samaschs Strahlen bis hier hinab drang.
,,Oma?" rief Stephane und erhielt keine Antwort. Verdammt, wo war sie bloß? Er hastete weiter in die Küche, die ebenso heruntergekommen aussah. Inmitten des Verfalls stand ein manatronischer Ofen, um den sich bunt leuchtende Transkriptionszirkel drehten, deren geometrische Formen und mystische Symbole den Raum in fahles Licht tauchten. Wie konnte sich die alte Frau so einen Luxus leisten? Und wo in Sebettus Namen bekam sie das Mana her? Sicher nicht aus der Steckdose. Die Versorgung dieses Bezirks war bestimmt schon vor achtzig Jahren eingestellt worden. Er lief weiter ins Schlafzimmer. Dort, auf einem rostigen Bett, lag seine Oma – oder was von ihr übrig war. Ihr Blut tränkte die Wände des Zimmers...

Lavendel

Zitat von: Nitewolf am 18. Oktober 2007, 23:13:40
Inmitten des Verfalls stand ein manatronischer Ofen, um den sich bunt leuchtende Transkriptionszirkel drehten, deren geometrische Formen und mystische Symbole den Raum in fahles Licht tauchten. Wie konnte sich die alte Frau so einen Luxus leisten? Und wo in Sebettus Namen bekam sie das Mana her? Sicher nicht aus der Steckdose. Die Versorgung dieses Bezirks war bestimmt schon vor achtzig Jahren eingestellt worden. Er lief weiter ins Schlafzimmer.

*räusper* Hey, der Kerl sucht nach seiner Oma! Was interessiert ihn da der Ofen? Auch wenn es später bestimmt wichtig ist, dass sie sich diesen Luxus leisten kann, in diesem Moment würde doch niemand so genau darüber reflektieren, woher die Dame nun den Strom kriegt. Da ist man dann schon wieder aus der Handlung raus. Eine Passage, die man einfach überspringt, weil man wissen will, was jetzt mit Oma los ist. Und dann hat man den Hinweis verpasst. In diesem Fall würde ich diese Passage ein Stück nach hinten verschieben. Wenn erwieder geht, vielleicht. Klärchen?^^

Nitewolf

Hm, war ja auch nur ein Schnellschuss.
Aber du hast inhaltlich natürlich vollkommen recht. An sowas hätt ich jetzt gar nicht gedacht. Da fehlt mir wohl noch sehr viel Übung.

Coppelia

Also, Lavendel, obwohl du deine Beschreibung als schlechtes Beispiel gebracht hast, ist die Beschreibung an sich sehr gut, finde ich. Das wollte ich schon die Tage sagen. ^^
Sie lässt wirklich eine Vorstellung von der Wohnung aufkommen und hat mich mal wieder daran erinnert, an meiner Beschreibungsfähigkeit zu arbeiten bzw. mir überhaupt mal Gedanken zu machen, wie die Räume aussehen und nicht nur die Leute ...

Hr. Kürbis

Sicherlich ist Lavendels Beschreibung gut, aber ist sie auch notwendig? Wen interessiert die grüne Digitalanzeige des Herdes? Ein so detaillierte Beschreibung nimmt unnötig Tempo aus einer Szene, wenn man es sich aber leisten kann, die Handlung dadurch nicht ausgebremst wird oder die Beschreibung wichtig für den Fortlauf der Geschichte ist, dann muss sie natürlich rein.

Für mich allerdings reichen schon Schlüsselreize wie eben "Bahn", "Büro", "Küche aus den 70ern", um ein Bild vor meinem inneren Auge entstehen zu lassen. Wenn der Autor es dann für nötig hält, mich noch auf flitzeklitzekleine Details hinzuweisen, läuft er auch Gefahr, dass ich diesem Detail eine Wichtigkeit beimesse, die dieses gar nicht hat. Dann frage ich mich ständig: "Was hatte es jetzt mit dieser Digitalanzeige auf sich?"

Wer je Meister bei einem Rollenspiel war, der wird wissen, wie schnell sich jemand in zu ausführlich beschriebenen Details verrennen kann! ::)

*spricht aus Erfahrung, denkt an den Haken in der Wand*

Lavendel

 ;D Danke für die Blumen, Coppelia^^.
Hr Kürbis hat schon Recht, keinen interessiert in dieser Situation der Herd. Und schon gar nicht die Porzellankatzen (man sind die hääääässlich!). Wenn ich dich richtig verstanden haben, wolltest du aber nur mein Genie an sich loben und nicht die Beschreibung in diesem speziellen Zusammenhang. Da klopf ich mir doch mal gleich selbst auf die Schulter :rofl:

Coppelia

 :pfanne:

Na ja, stimmt schon irgendwie. Mir fallen Wohnungsbeschreibungen halt sehr schwer. Aber es kann ja wirklich vorkommen, dass Details wichtig sind, und ich hatte in meinem Roman glatt eine Stelle übersehen, wo das der Fall war. Daran wurde ich dann erinnert und konnte sie noch schreiben, und das war auch sehr erfreulich.
In der Szene ist die Beschreibung natürlich fehl am Platz. ;) Trotzdem kann ich Omas Mief fast riechen.

Das mit dem Haken an der Wand kenn ich auch ... ;D Obwohl es bei mir häufiger bei unwichtigen Personen vorkommt, denen dann irgend eine Bedeutung zugemessen wird ...

DarkCicero

Das relevante ist hier zwar schon gesagt worden, daher hier noch eine persönlich Anmerkung...

Du schreibst, das es sich um den Beginn einer Szene handelt..evtl auch den Beginn deines Werkes?

Sollte dem so sein (ich gehe nicht zwingend davon aus, aberwer weiss?), muss ich gestehen,dass ich nicht meht weiss, wieviele Bücher ich schon weggelegt habe, nachdem die ersten zwei Seiten aus einer zu detaillierten, für die Story selbst unwichtigen Ortsbeschreibung bestanden.

In seltenen Fällen fangen mich Stil und Atmosphäre zwar trotzdem ein, aber gerade am Anfang wünsche ich persönlich mir doch meist nen kleinen Aufreisser.

Wenn dann etwas später im Text die Örtlichkeit näher beschrieben wird, geht das bei mir im Fluss unter, insbesondere wenn es nebenbei, die Handlung begleitend geschieht.