• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Düstere Stimmung- würdet Ihr das lesen?

Begonnen von FeeamPC, 10. Februar 2009, 11:49:41

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

FeeamPC

Ich habe gerade einen Text am Wickel, der eine sehr düstere Grundstimmung verbreitet.
Die Welt, in der die Geschichte spielt, ist halb Mittelalter, halb das Japan der Shogune (nicht wirklich, nur der Stimmung und geistigen Einstellung nach). Ein Menschenleben gilt nicht viel, und Eltern (zumindest einige von ihnen) betrachten ihre Kinder als ersetzbar. Die Bösen sind fies böse, und die Guten sind irgendwie auch böse, jedenfalls nach unseren heutigen Maßstäben.

Würdet ihr ein solches Buch lesen wollen?

Genauso wichtig: würdet Ihr es für vermarktbar halten?

Felsenkatze

Ich würde sagen: kommt drauf an, wie es gemacht ist.
Mir fallen spontan zwei Bücher ein, die ich mit viel Freude gelesen habe, bei dem einen ist der Protagonist ein ziemliches A..., bei dem anderen gibt es keinen einzigen sympathischen, freundlichen und "guten" Charakter, der nicht ziemlich schnell den Löffel abgibt.

Ersteres ist "Zodiac" von Neil Stephenson, zweiteres "König Ratte" von China Miéville (das ist auch ein ziemlich düsteres Buch).

Heißt also, vermarkten lässt es sich schon, wenn den Leser irgendetwas Anderes in der Geschichte hält. Ich denke, in dem Fall musst du einen sehr sauberen Spannungsbogen und eine sehr interessante Geschichte hinlegen, damit der Leser das Buch nicht mit "ist doch alles Mist- und dazu noch uninteressant" weglegt.
Ich kann mir nur vorstellen, dass es vielleicht kein Bestseller wird. Aber da mag ich mich auch irren.

Coppelia

Für mich klingt es interessant. Ich bin wohl auch nicht allzu geeignet zu beurteilen, welche Ideen sich gut vermarkten lassen. Ich habe ein sehr düsteres Buchkonzept vermarktet, leider unter anderen Bedingungen, und sitze jetzt auch wieder an einem. Mit meinen positiven Büchern hab ich noch keine Erfolge verbuchen können. ;) Also mal probieren, denke ich ... auch wenn ich generell immer pessimistisch bin bei originellen Ideen.

Wilpito

Hallo FeeamPC
Nichts gegen ein Buch mit so einer Grundstimmung, ich kenne ein oder zwei die so was lesen würden. Ich persönlich bevorzuge Romane mit strahlenden Helden. Ich glaube noch immer an das Gute im Menschen, auch wenn es sich nicht so leicht als Buch verkaufen lässt.

Wilpito

Maja

Da ich selbst so etwas schreibe, denke ich doch, daß es einen Markt dafür gibt - die Frage ist, welche Leserschaft du ansprechen willst. Ich lese ungern von strahlenden Helden, weil ich selbst so wenig strahle, und anderen Depressiven geht es ähnlich. Je älter dein Zielpublikum ist, desto mehr Leute wirst du mit einer solchen Geschichte ansprechen können.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Ary

Ob es sich vermarkten lässt, kann ich nicht sagen, aber ich würde die Geschichte gern lesen.  Mir hägen all die Strahlemänner und Sonnenscheinheldinnen ziemlich zum Hals heraus. Oft sind mir gerade die Strahlenden viel zu unrealistisch.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Felsenkatze

Na ja, ein Held muss ja nicht strahlen, um sympathisch zu sein. Es gibt durchaus auch selbstzweifelnde Loser, die ich trotzdem nett finden kann. Ich hatte Fee so verstanden, dass ihre "Guten" einfach ... na ja unsympathisch sind.

Falckensteyn

Ich würde mich für solch ein Buch ebenfalls interessieren. Eine Mischung aus unserem Mittelalter und mittelalterlichem Japan, das ganze verpackt in eine eher düstere Geschichte, warum auch nicht? Es gibt viele Leute, die gerne "düstere" Geschichten lesen. Solange die Darsteller glaubhaft sind, sehr gerne!  :buch:

Churke

Vermarktbar? Da ist meine Meinung irrelevant...

ZitatDie Bösen sind fies böse, und die Guten sind irgendwie auch böse, jedenfalls nach unseren heutigen Maßstäben.

Offen gesagt würde ich ein Buch NICHT lesen wollen, in dem das Mittelalter der Shogune in unsere heutigen Maßstäbe gezwängt wird. Das ist Käse und in sich unlogisch, weil, wie Marx sagt, das Sein das Bewusstsein bestimmt. Wenn die Figuren einer Geschichte nicht zur Gesellschaft passen, dann werte ich das als gravierenden handwerklichen Fehler des Autors.

Lavendel

Zitat von: Churke am 10. Februar 2009, 13:06:51
Vermarktbar? Da ist meine Meinung irrelevant...

Offen gesagt würde ich ein Buch NICHT lesen wollen, in dem das Mittelalter der Shogune in unsere heutigen Maßstäbe gezwängt wird. Das ist Käse und in sich unlogisch, weil, wie Marx sagt, das Sein das Bewusstsein bestimmt. Wenn die Figuren einer Geschichte nicht zur Gesellschaft passen, dann werte ich das als gravierenden handwerklichen Fehler des Autors.

Tja, das ist ein interessantes Thema. Grundsätzlich ist es natürlich richtig, dass es unlogisch ist, wenn Charaktere in historischen Settings denken und handeln wie moderne Menschen. Ich denke aber, dass man dabei berücksichtigen muss, dass Bücher nicht nur über jemanden sonder auch für jemanden geschrieben werden. Am wichtigsten ist, dass die Leser/innen sich in die Charaktere hineinversetzen können. Wenn die Handlungen der Figuren für sie nicht nachvollziehbar sind, wollen sie das Buch natürlich nicht weiterlesen. Dass die Figuren in vielen historischen Romanen zum Beispiel eher den Maßstäben unserer Gesellschaft als der des historischen Settings entsprechen ist ganz und gar kein handwerklicher Fehler, sondern volle Absicht.

Zu Fees Frage: Figuren meiner Meinung nach nicht unbedingt immer 'gut' handeln. Wie gesagt, es muss nur nachvollziehbar bleiben und im Kontext deines Romand als die moralisch richtige Entscheidung wirken.

Schelmin

Ich weiß jetzt nicht, ob es mein persönlicher Geschmack wäre, aber grundsätzlich liegt es immer an der Umsetzung.
Ein düsteres Szenario oder exotische Mischformen von historischen Zeitaltern alleine würden mich nicht abschrecken, solange alles nachvollziehbar und in sich logisch ist. Je schwieriger es ist,  Gut und Böse einzuordnen, desto ausgefeilter müssen die Figuren und ihre Motivationen sein.

Steffi

Düstere Grundstimmung? Immer her damit! Je düsterer, desto besser!

Und dass etwas mit so einer Stimmung nicht generell "unvermarktbar" ist, zeigt sich ja immerhin am Beispiel von Alan Campbells "Kettenwelt-Chroniken" ... :)
Sic parvis magna

Romy

Da mein derzeitiger Roman, oder die gesamte Trilogie, eine düstere Grundstimmung hat (hoffe ich zumindest), kann ich nicht sagen, dass mich als Leser so etwas abschrecken würde. Mein zweiter Hauptcharakter im ersten Buch ist auch nicht grad das freundliche Sonnenscheinchen von nebenan und die ein oder andere zwielichtige Figur gibt es auch auf Seiten der "Guten".
Ich finde ungewöhnliche Figuren, die nicht dem üblichen Schwarz-Weiß-Schema entsprechen immer sehr erfrischend, ob nun als Leser oder Schreiber.  ;)

Joscha

Böse gehört einfach dazu solange es nicht klischeehaft wird (z.B. à la Star Wars: jemand wird auf die Dunkle Seite herübergezogen), sondern in jedem Menschen ein bisschen. Ich würde so etwas sicherlich lesen, solange die Charaktere irgendetwas haben, was den Leser mitfiebern lässt. Charaktere (insbesondere Protagonisten) können so böse sein und in einer so düsteren Zeit leben, wie sie wollen, aber sie müssen sympathisch sein. Solange man als Leser nicht denkt "Hoffentlich stirbt er, dann werden die anderen nicht so gequält", sondern den Protagonisten, der "Böses" tut eher bemitleidet, ist eigentlich alles in Ordnung.

Lomax

Düster ist im Prinzip derzeit "in" in der Fantasy. Ob das dann auch für dieses spezielle Werk gilt, lässt sich natürlich anhand so allgemeiner Informationen nicht sagen. Da kommt es halt drauf an, wie es erzählt wird.