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Dinge, die ein*e Autor*in nicht hören will

Begonnen von Nika, 20. Dezember 2012, 12:35:55

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FeeamPC

@Gizmo : Einfach das Wort "Fantasy" vermeiden und literarische Größen als Inspiration nennen:

a) Du schreibst ein Heldenreisen-Epos? Sage: Ich arbeite an einem Entwicklungsroman im Stil von Homers Odyssee (Zauberinnen, Zyklopen, Krieger ...)
b) Du schreibst Romantasy? Sage: Das Vorbild für mein neustes Werk habe ich bei Shakespeare gefunden (Mitsommernachtstraum, Elfen, usw.)
c) Du schreibst blutige Schlachten? Sage: Meine Geschichten sind nicht ganz so Insider-Wissen wie Cäsars Gallische Kriege, aber dafür haben sie mehr Charakter-Entwicklung.

usw. usw. usw.   ;D

Ary

Sehr geil, Fee, das werde ich mir merken. Ich bekam letztens auch ein "schreibst du eigentlich immer noch diese ... Märchen?" zu hören. Grumpf.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Grey

Was mich wirklich sehr oft fuchst, ist diese Vorstellung vieler Leute, Schreiben wäre keine Arbeit. Wenn ich zum Beispiel erkläre, meine Wohnung sieht aus wie Sau, weil ich viel zu viel Arbeit auf dem Tisch hab und zu nichts komme, dann bekomme ich viel zu oft zu hören "Aber wieso? Du bist doch den ganzen Tag zu Hause?"
Ja, na ja, ja. Und meine *Arbeit* auch. Und an der sitze ich oft genug bis spät in die Nacht und werde doch nie fertig. :wums:

Shedzyala

Zitat von: Grey am 07. September 2018, 11:15:23
Was mich wirklich sehr oft fuchst, ist diese Vorstellung vieler Leute, Schreiben wäre keine Arbeit. Wenn ich zum Beispiel erkläre, meine Wohnung sieht aus wie Sau, weil ich viel zu viel Arbeit auf dem Tisch hab und zu nichts komme, dann bekomme ich viel zu oft zu hören "Aber wieso? Du bist doch den ganzen Tag zu Hause?"
Ja, na ja, ja. Und meine *Arbeit* auch. Und an der sitze ich oft genug bis spät in die Nacht und werde doch nie fertig. :wums:

Da hab ich aber den Eindruck, dass hat hat weniger mit Schreiben und mehr mit HomeOffice zu tun. Ich arbeite nämlich komplett von zu Hause aus, angestellt, und viele sind von diesem Gedanken vollkommen überfordert. Für meine Eltern hat mein Job den Stellenwert eines Hobbys, denn etwas Wichtiges für mein Chef doch niemandem auftragen, wenn er ihn oder sie nicht überwachsen kann (Dass bei uns wirklich jeder Homeoffice arbeitet, können sie sich schlicht nicht vorstellen), Freunde sind entweder neidisch ("Aber du hast doch keine Kinder, wozu brauchst du da HomeOffice?" – Ich glaub, wenn ich hier Kinder rumwuseln hätte, hätte ich zum Arbeiten lieber ein Büro ...) oder haben eben auch völlig verklärte Vorstellungen ("Oh wie toll, da macht sich der Haushalt ja wie ganz von selbst nebenbei!" Stimmt, dafür müsste ich nur eine Haushaltshilfe einstellen – und wusch, macht sich mein Haushalt ganz von selbst, während ich arbeite ...). Ich glaube, das liegt schlicht daran, dass auch heute noch die allerwenigsten längere Zeit von zu Hause aus gearbeitet haben (und natürlich ist Homeoffice bei vielen Jobs nicht möglich), da fehlt einfach die Erfahrung für eine realistische Vorstellung.
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

canis lupus niger

Zitat von: Gizmo am 10. Juni 2018, 16:32:04
Nicht nur bei älteren war fantastische Literatur zuweilen 'Spinnerei'. Fremde Welten, komische Geschöpfe und Namen, Magie und so ein Zeugs ... also wirklich.

Hab mal mit einer Deutschlehrerein von meiner alten Schule geredet, die ich noch aus meiner Schulzeit (vor 35 Jahren) kenne. Sie meinte, dass phantastische Literatur leider (und das meinte sie ehrlich!) im Unterricht kaum behandelt wird. Ich gab ihr Recht, indem ich meinte: "Stimmt. Wir haben damals nur den "Faust" und Kafkas "Verwandlung" gelesen." Sie lachte und gab mir recht, dass das natürlich auch Phantastik sei.

Slenderella

Mein Lehrer war ein Arsch was das anging und hat meine Mutter bestellt, weil das Kind Fantasy liest. Hatte mich mit dem Herrn der Ringe auf dem Schulhof gelesen und das fand er ja so dumm, dass er es meiner Mutter sagen musste. Das Kind sollte doch bitte Gegenwartsliteratur lesen und nicht so einen Unfug ... Wenn der wüsste, dass ich jetzt Fantasy schreibe :P
Ich brauch noch eine Katze
Und ein Beil wär nicht verkehrt
Denn ich gehe heute abend
Auf ein Splatter-Pop-Konzert

Dämmerungshexe

Zitat von: Slenderella am 07. September 2018, 13:14:15
Mein Lehrer war ein Arsch was das anging und hat meine Mutter bestellt, weil das Kind Fantasy liest. Hatte mich mit dem Herrn der Ringe auf dem Schulhof gelesen und das fand er ja so dumm, dass er es meiner Mutter sagen musste. Das Kind sollte doch bitte Gegenwartsliteratur lesen und nicht so einen Unfug ... Wenn der wüsste, dass ich jetzt Fantasy schreibe :P

Also manchmal ... Lehrer sollten froh sein, wenn Kinder überhaupt lesen. Daran scheitert es heutzutage oft genug schonmal grundlegend. Kein Wunder, dass das so ist, wenn man sogar von Seiten so einer sog. "Autoritätsperson" sowas zu hören bekommt ...  :happs:
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

cryphos

Zitat von: Slenderella am 07. September 2018, 13:14:15
Mein Lehrer war ein Arsch was das anging und hat meine Mutter bestellt, weil das Kind Fantasy liest. Hatte mich mit dem Herrn der Ringe auf dem Schulhof gelesen und das fand er ja so dumm, dass er es meiner Mutter sagen musste. Das Kind sollte doch bitte Gegenwartsliteratur lesen und nicht so einen Unfug ... Wenn der wüsste, dass ich jetzt Fantasy schreibe :P
Für ein gewisses Clientel gilt: Fantasy = Schund
Dazu gehören Literaturikonen wie Marcel Reich-Ranicki, relativ viele ältere Deutschlehrer und viele, viele andere.
Mit meinem Deutsch-LK-Lehrer gab es deswegen auch mehrere Dispute. Er meinte, wir sollten den Schund doch liegen lassen und statt dessen wertvolles wie Goethes Novelle lesen -  sprechende Löwen sind ja so ganz und gar nicht fantastisch - oder Franz Kafkas Verwandlung - Verwandlungen in einen Käfer sind ja auch was ganz Alltägliches. Nach einem heftigen Disput darüber ob das nun Fantasy sei und ob nicht wurde ich mit: "Die Bücher sind eine Parabel auf das Leben und damit nicht Fantasy - also weltfremde Hirngespinnste - abgespeist.
Grund genug für mich beim nächsten Referat, einer Buchvorstellung, einen Roman von Terry Pratchett zu schnappen (ich weiß nicht mehr welcher) und dort die Parabel auf unsere Gesellschaft und die Gesellschaftskritik in den Vordergrund zu stellen und herauszuarbeiten, wie diese in der Fantasy codiert ist.

Mein Lehrer hatte das Buch dann anno 98 wirklich gelesen. Ein Pratchett-Fan wurde er zwar nicht, aber er tat dann Fantasy in Summe nicht mehr als Schund ab.
Immerhin.

Vaporea

Zitat von: FeeamPC am 07. September 2018, 00:40:43
@Gizmo : Einfach das Wort "Fantasy" vermeiden und literarische Größen als Inspiration nennen:

a) Du schreibst ein Heldenreisen-Epos? Sage: Ich arbeite an einem Entwicklungsroman im Stil von Homers Odyssee (Zauberinnen, Zyklopen, Krieger ...)
b) Du schreibst Romantasy? Sage: Das Vorbild für mein neustes Werk habe ich bei Shakespeare gefunden (Mitsommernachtstraum, Elfen, usw.)
c) Du schreibst blutige Schlachten? Sage: Meine Geschichten sind nicht ganz so Insider-Wissen wie Cäsars Gallische Kriege, aber dafür haben sie mehr Charakter-Entwicklung.

usw. usw. usw.   ;D

Das ist ja wirklich genial. :rofl:

Traurigerweise erlebe ich auch immer mal wieder Situationen, in denen ich nicht offen damit umgehe, dass ich Fantasy lese oder schreibe. Es wird besser, aber bei manchen Aussagen, die Menschen in meinem Umfeld treffen, fehlt mir einfach der Mut, mich offen zur Fantasy zu bekennen. Trotzdem bilde ich mir ein, dass Fantasy heutzutage etwas besser aufgenommen wird als noch vor zehn oder fünfzehn Jahren.

Ich hatte mal einen Vorgesetzten, mit dem ich mich eigentlich ganz gut verstanden habe. Irgendwann saßen wir zu zweit im Büro und er erzählte mir, dass er in den nächsten Tagen nach Frankfurt zur Buchmesse fahren muss, um dort einen Autoren zu treffen, den die Firma als freien Mitarbeiter anheuern wollte. Dabei ließ er sich darüber aus, dass dieser Autor zu den "Fantasy-Spinnern" gehört und er ja nicht verstehen könne, wieso die Firma "so einen weltfremden Hobbyautoren" engagieren will.

Man mag ja von Fantasy halten, was man will. Aber solche Beleidigungen möchte ich als Fantasyautorin nun wirklich nicht hören. Besonders nicht von einer Person, deren Meinung ich in vielen anderen Bereichen eigentlich teile.

Zitat von: Shedzyala am 07. September 2018, 11:26:25
Da hab ich aber den Eindruck, dass hat hat weniger mit Schreiben und mehr mit HomeOffice zu tun. Ich arbeite nämlich komplett von zu Hause aus, angestellt, und viele sind von diesem Gedanken vollkommen überfordert.

Genau mein Gedanke.

Ich selbst versuche mir momentan eine selbstständige Tätigkeit aufzubauen, nachdem ich früher in diesem Jahr meinen Bürojob verloren habe. Vor ein paar Tagen durfte ich für meine allererste Auftragsarbeit mit Vorschuss unterschreiben. Besagter Vorschuss bewegt sich zwar im Minijob-Bereich, aber immerhin bringe ich endlich mal Geld nachhause.

Die Reaktion von meinem Vater: "Oh, du sitzt ja doch nicht nur tatenlos zuhause rum." Dicht gefolgt von: "Dein Mann arbeitet so schwer und jetzt soll er am Wochenende auch noch kochen? Wieso machst du das denn nicht?"

Trippelschritt

Wenn mich jemand fragt, was ich denn so mche und ich in der Stimmung bin zu antworten, sage ich meistens: Ich schreibe. Pause. Romane. Pause. Aber nur Fantasy. Pause.

Das Ergebnis ist zwar häufig Verblüffung, aber nie Herablassung. Dem würde ich aber in einem solchen Fall auch klarmachen, dass er keine Ahnung hat. Pause.  :darth:

Trippelschritt

Janika

Ich kriege aktuell häufig zu hören: "Ja, kein Wunder, dass du schreiben kannst. Du hast XY in deiner Ahnentafel, der war für seine Lyrik und das Schreiben plattdeutscher Regionalwerke berühmt." - "Oh, guck mal, die gehört entfernt zu unserer Familie und hat veröffentlicht. Deshalb bist du also so kreativ!" - "Stell dir vor, ich habe herausgefunden, dass YZ zu unseren Vorfahren gehört. Ohne ihn hättest du vermutlich nie gut genug geschrieben, um zu veröffentlichen!"

Habt ihr die MARA-Trilogie von Tommy Krappweis gelesen? Stichwort leeres Gefäß? Kann ich aktuell gut nachfühlen.
Immer eine Handbreit Plot unter dem Federkiel haben.

Robin

Das ist auch mal eine kreative Art zu sagen, dass man glaubt, dass man fürs Schreiben "nur" talentiert sein müsse. Was ich übrigens auch nimmer hören kann. "Du bist ja so talentiert!" ...nein, das meiste meines Schreibstils rührt daher, dass ich seit 10 Jahren schreibe und mich immer zu verbessern versuche. Talent kann reinspielen, aber dabei bleibt es...
~Work in Progress~

Slenderella

Ich sag immer: Autoren sind gute Lügner. Nicht Kreative. Du musst deine Lüge halt glaubwürdig rüberbringen und sie muss wasserdicht sein. Dann hast du gut gelogen und die Leute glauben dir.
Ergo - dann funktioniert dein Buch.

Ich stoße tatsächlich eher selten auf "Ablehnung". Nur dieses: "Ach, ich könnte ja auch mal ein Buch schreiben, weil ich ja schon dies und das im Leben erlebt habe." DAS kann ich nicht leiden. Dann schreib's auf. Interessiert aber keine Sau, falls du nicht von Eichhörnchen als Transgender Mann aufgezogen wurdest, anschließend nach Namibia ausgewandert bist und dort allen das vegane Essen nägergebracht hast und du anschließend mit deiner lesbischen Freundin zum Mond geflogen und dann schwarz geworden bist. Während du den Nobelpreis gewonnen hast.

Dass Leute immer meinen, man müsste über sich schreiben, bzw. seine Memoiren. Dabei haben die Leute die das sagen eigentlich nichts anderes als andere Leute auch hinter sich: Verluste im Leben, vielleicht eine Scheidung, vielleicht alleinerziehend, der Hund ist tot. Aber das unterscheidet einen nicht insofern, dass man daraus direkt ein Buch machen muss.
Ich brauch noch eine Katze
Und ein Beil wär nicht verkehrt
Denn ich gehe heute abend
Auf ein Splatter-Pop-Konzert

Linda

Zitat von: Slenderella am 08. September 2018, 20:06:59

Dass Leute immer meinen, man müsste über sich schreiben, bzw. seine Memoiren. Dabei haben die Leute die das sagen eigentlich nichts anderes als andere Leute auch hinter sich: Verluste im Leben, vielleicht eine Scheidung, vielleicht alleinerziehend, der Hund ist tot. Aber das unterscheidet einen nicht insofern, dass man daraus direkt ein Buch machen muss.

... und im Gegenzug immer automatisch glauben, man schriebe wirklich über sich (und könnte sich null ausdenken).
"Dein Psycho ermordet eine Achtjährige? Du musst Kinder ja echt hassen, dabei -  bla fasel sülz."
"Deine Heldin ist ne Amazone? - Jaja, immer diese Frauen mit Männerproblemen"
Held hat eine traumatische Kindheit, fehlgeschlagene Blinddarm-OP oder fühlt sich von Schnecken verfolgt - klar, alles Ballast aus dem Autorenleben, den man mit viel Tränen und Herzblut abbarbeitet, indem man ihn aufschreibt. Und dann damit reichlich reichlich Schotter macht.

Gizmo

Zitat von: FeeamPC am 07. September 2018, 00:40:43
Einfach das Wort "Fantasy" vermeiden und literarische Größen als Inspiration nennen:

Das ist wirklich elegant, das merke ich mir!  ;D

Ich hatte erst vorgestern den Klassiker: "Oh, ja, ich würde auch ein Buch schreiben, wenn ich so viel Zeit hätte wie du." Immer wieder schön.  :)
"Appears we just got here in the nick of time. What does that make us?"
"Big damn heroes, sir!"
- Joss Whedon's "Firefly", Episode 5, "Safe"