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Der gebildete Autor

Begonnen von Kalderon, 25. Juni 2006, 00:59:01

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Kalderon

Hi an alle,

es hört sich vielleicht blöd an, aber alle sprechen ständig vom Abi und vom Studium, und ich armer Tropf habe gerade einmal eine durch die Berufsfachschule nachgeholte "Mittlere Reife". Obwohl ich auch sehr gerne (Psychologie und Philosophie) studieren würde.

Zudem haben die meisten Schriftsteller studiert, sogar mehrfach. Und viele gehören auf der Berufsebene auch zu der Führungsebene oder haben eine passende Arbeit, nicht wie ich (Drucker-Azubi :schuldig:).

Was ich damit sagen will ist: Kann man überhaupt ein gutes Buch schreiben, wenn man nicht alles Mögliche studiert hat, wie beispielsweise Germanistik, Literaturgeschichte etc. (was weiß ich, was es da alles gibt)? Klar kann man, wenn man sich alles privat aneignet, was andere in ihrem Abi oder Studium vermittelt bekommen. Aber ist das ausreichend? Gibt es Hauptschüler, die einen Roman veröffentlicht haben? Wieviel Wissen benötigt man denn, um einen Roman zu schreiben? Wieviel Fachwissen über Literatur, das Schreiben selbst oder über Themen, über die man schreibt? Reichen eigene Erfahrungen aus? Erfahrungen anderer Leute oder wissenschaftliche Studien?

Ich selbst halte mich nicht für dumm, auch wenn ich kein Abi habe. Fast alles Wissen, über das ich heute verfüge (Wissenschaft, Philosophie, Psychologie, Chemie, Physik, Medizin etc.), habe ich nicht aus der Schule erhalten, sondern musste ich mir in meiner Freizeit aneignen. Ich weiß es nicht besser, aber ich glaube, es ist nicht leichter als in der Schule, weil man meist nicht weiß, wo man anfangen soll. Studenten lernen da wohl besser, wie sie alles ordnen und organisieren müssen, wie diszipliniert sie arbeiten müssen, auf was sie achten müssen, wenn sie ein bestimmtes Ziel zu erreichen wünschen.

Wie man sieht spricht aus mir auch ein Tropfen Neid. Aber ich bin ja auch nur ein Mensch.

Wäre schön, wenn ihr dazu eine Meinung habt. Ich bin ein wenig am Zweifeln, ob ich die Qualifikation eines Schriftstellers erfülle (Falls soetwas existiert).

Zealot

Hat Ernset Hemingway studiert??
Bret Easton Ellis??
Un noch viele andere berühmte Autoren sind nie irgendwo imatrikuliert worden.
Von daher denke ich, "keine PANIK"
Jeder schreibt was er kann!!
Oder könntest du dier Bukowski in einem Vorlesungsaal vorstellen ;)
(wobei das bestimmt lustig wäre!!)

was ich sagen wollte ist, das die Qualität eines Buches nichts mit dem Bildungsstand eines Autors zu tun hat.

Feuertraum

Guten Morgen!

Eine ähnliche Frage hatte man sich vor kurzem auch im Montsegur Autorenforum gestellt. Dort war die Frage jedoch: "Wie viel Wissen muß man in ein Buch einbringen, um den Leser zu befriedigen." Die Antwort: Im Prinzip wird es IMMER Leute geben, denen etwas zu ungenau ist oder die sich in der Materie besser auskennen, egal, wie intensiv man recherchiert hat.
Natürlich sollte man schon darauf achten, das man keinen zu offensichtlichen Blödsinn verzapft (der Erlkönig wurde geschrieben von Theodor Storm), weil man davon ausgehen muß, das dieses Wissen dann doch in zu vielen Köpfen verankert ist.
Bei Spezialwissen sieht die Sache schon wieder ganz anders aus. Menschen, die sich in der Psychologie auskennen, können vielleicht mit den Begriffen Approbativität*, Absenzen** und Koprolalie *** etwas anfangen, aber der "Normalsterbliche" wird da schon ein Lexikon zu Rate ziehen müssen.

Dennoch muß ich Ihnen in einem Punkt sagen: Ja, es empfiehlt sich zu studieren - und zwar jede Menge Romane über das Genre, das Sie schreiben wollen. Und da nach Möglichkeit auch mehrere Autoren. Und sich beim Lesen immer wieder die Fragen zu stellen: Wie schafft der Autor es, hier die Spannung aufzubauen? Mit welchen Tricks arbeitet er? Wie löst er das und das Problem? Wie lösen andere Autoren das und das Problem?

Ich wage mal zu behaupten, das viele Autoren, die Romane gut schreiben, durch dieses Studium gegangen sind.

LG

Feuertraum

* Die veranlagte Tendenz, seinem Gesprächspartner mit Gesten und/oder Worten immer wieder recht zu geben. Meistens kommt sie bei Neurosen und Komplexen vor. Und fast immer entsteht sie durch Angst, jemanden zu verärgern oder ihm zu mißfallen.

**Bewußtseinsstörung - der Erkrankte "erstarrt" mitten im Satz/der Arbeit und starrt geistesabwesend vor sich hin. Nach ein paar Sekunden löst sich die Starre wieder. Meistens ist sie mit Gedächtnisschwund verbunden. Sie kann auch mit einem leichten Fall von Ellepsie zusammenhängen

*** Grobe Redensart, zumeist von jungen und/oder schüchternen Menschen, die auf diese Art und Weise ihr "Erwachsensein" und ihr Freiheitsbedürfnis anmelden. Kommt allerdings auch bei Psychosen vor (zum Beispiel bei der Manie)

Anm.: Dieses waren nur grobe Erklärungen.
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Arielen

Wir können lange darüber diskutieren, aber ich habe irgendwo den Eindruck gemacht, daß die Verlage trotz allem auf Qualifikationen schielen. Bei fast jedem deutschen Autor, der von deutschen Verlagen veröffentlicht wird steht in der Biografie sehr oft etwas von Studium, meistens Germanistik in Verbindung von noch etwas anderem oder Journalistik.  Selbst wenn das Studium nicht abgeschlossen wurde.

Es gibt auch Ausnahmen - aber die kann man an zwei Händen abzählen.

Vielleicht liegt es ganz einfach daran, daß die Verantwortlichen glauben, daß ein Studium gleichzeitig eine Qualitfikation ist, formal sauberer zu schreiben als ein Autodidakt und wenn, dann notfalls auch Auftragsromane zu verfassen, bei denen nicht nur die Hintergrundwelt vorgegeben ist, sondern auch das Thema.

Und das macht mich schon manchmal nachdenklich. Ja, es ist so, auch wenn es keiner offen zugeben würde.
Als Autor muß man irgendein qualifizierendes Papier vorweisen können.
Leider.

Für mich ist das aber auch keine Bemessung der Qualität. Man merkt mittlerweile schon sehr deutlich, wer mit Herz und Seele dabei ist, und wer auf Auftrag etwas zusammenquirlt und herunter schreibt, und wer beides zusammen kann (das ist die kleinste Gruppe).
Alles liegt im Auge des Betrachters

Zealot

ich habe manchmal eher das umgekehrte Gefühl.
In den meisten Biographien von Autoren die ich lese steht immer sowas wiie:
Brach die Schule ab, Schlug sich mit gelegenheitsjobs durch ect...
das ich mich manchmal schon frage ob mein Leben nicht zu langweilig ist...

Arielen

Zitat von: Zealot am 25. Juni 2006, 10:11:02
ich habe manchmal eher das umgekehrte Gefühl.
In den meisten Biographien von Autoren die ich lese steht immer sowas wiie:
Brach die Schule ab, Schlug sich mit gelegenheitsjobs durch ect...
das ich mich manchmal schon frage ob mein Leben nicht zu langweilig ist...

Bei den Deutschen oder Amis? Ich lese diese Art von Bigrafien nämlich immer nur bei den fremdsprachlichen Autoren. Nicht bei den Deutschen. Und vor allem nicht bei den deutschen SF, Horror oder Phantastikautoren, die in den großen Verlagen zu finden sind.
Alles liegt im Auge des Betrachters

Zealot

eher bei den Amis und Engländern...
und dann auch eher bei Psycho-Thrillern oder anderen Romanen.
ich lese nicht sooo viel Fantasy, weil ich sonst immer anfange unbewusst den Stil des Autors zu kopieren...

Maja

Natürlich wirkt sich die Vorbildung auf die Geschichten aus. Was jetzt nicht herablassend oder snobbistisch klingen soll, aber der eingeschlagene Bildungsweg spiegelt ja auch immer die Interessen eines Autors wieder.

Ich habe Bibliothekswesen studiert - demzufolge haben in meinen Geschichten Buchmenschen eine deutlich stärkere Quote als in Vergleichsgeschichten. Wenn keine Bibliothekare, Buchhändler oder Chronisten eine entscheidende Rolle spielen, gibt es doch immer irgendwelche Seitenhiebe auf das Buchwesen. Das tue ich nicht, um irgend jemanden zu beeindrucken, sondern weil es mir Spaß macht, und wahrscheinlich auch, weil mir dieser Beruf fehlt.
Ich interessiere mich für Chemie - das läßt sich aber kaum in Fantasybüchern unterbringen, und so bekommen die Leser diese Leidenschaft von mir nicht so mit. Schriebe ich aber statt Fantasy Krimis, würde ich großen Wert darauf legen, daß alle Gifte korrekt angewandt und nachgewiesen werden. Diese Reihe läßt sich fortsetzen, und so kann ich für mich sagen, daß sich meine Vorbildung durchaus auf meinen Schreibstil ausgewirkt hat.
Aber: Man braucht kein Abitur und kein Studium, um sich in ein Thema einzuarbeiten, das einen interessiert. Man braucht einen gewissen IQ - ich kann mir nicht vorstellen, wie ein unterdurchschnittlich intelligenter Mensch einen tollen Roman schreiben sollte - aber die Bildung kann man auch selbst erledigen. Was man nicht tun darf, ist, die eigene mangelnde Bildung bejammern, statt sich ein paar Bücher zu nehmen und nachzuholen, was einem vermeintlich fehlt.

Aber auch Autoren, die ich in Schule und Berufsschule zu lesen gezwungen war, haben mich geprägt - Borchert, Fontane und andere, die ich von mir aus nie gelesen hätte. Und anderes erzwungenes Wissen, Dinge, die mich nie wirklich interessierten, aber hängengeblieben sind, kann später immer nützlich sein und den Horizont erweitern. Deswegen bin ich sehr froh über meine fundierte Bildung, die mir nicht nur beim Schreiben hilft, sondern auch in allen möglichen Lebenslagen.

Eine Frage habe ich aber noch: Kalderon, was hast du dir dabei gedacht, daß in "Off Topic" zu posten? Glaubst du, wer kein Abitur hat, darf im Allgemeinen Forum kein Thema eröffnen ;) - oder siehst du hier keinen Bezug zum Thema Schreiben? Ich verschieb das dann mal!
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Möchtegernautorin


Greetings auch :)

Also, ich muss auch sagen: Ob man studiert hat oder nicht ist wahrscheinlich nicht relevant dafür ein Buch zu schreiben. Wie das die Verlage sehen kann ich nicht sagen. Ich kann dahingehend nicht mit Erfahrungen aufwarten, da ich noch nicht so weit bin es zu versuchen und mich nun auch nicht so intensiv mit der Vergangenheit von Autoren beschäftige.
Ich denke der Punkt dabei ist, ob man Intelligent genug ist sich einzuarbeiten, sich die Themen anzulesen, es vor allem auch zu verstehen und umsetzen zu können. Man lernt vielleicht in der Oberstufe und im Studium selbstständig zu arbeiten, aber das heißt nicht, dass man es ohne diese Veruassetzungen nicht kann. Bestes Beispiel, dass ich kenne ist mein Mann – mal wieder ;).
Mein werter Gatte hat kein Abitur und nur eine schnöde Ausbildung zum Bankkaufmann. Das heißt aber nicht, dass er nicht in der Lage wäre ein Buch zu schreiben. Mit Mühe und Geduld würde er es auch können, einfach weil er nicht dumm ist.

Mein Studium und mein Interesse vornehmlich für Biologie und Medizin wirkt sich zwar durchaus auch auf mein Schreiben aus, das heißt aber nicht, dass es das nicht auch täten, wenn ich nicht studiert hätte.

Soviel dazu von mir <lächel>


@ Feuertraum
Die Koprolalie <schwelg> Götter, die hatte ich ja völlig vergessen, dabei war das mal eines meiner Lieblinsgworte.

Her plants and flowers, they're never the same - Blue and silver, it's all her gain
flying dragons, an enchanted would - She decides, she creates
It's her reality
Within Temptation - "World of Make Believe"

Isabel

Zitat von: Kalderon am 25. Juni 2006, 00:59:01
Kann man überhaupt ein gutes Buch schreiben, wenn man nicht alles Mögliche studiert hat, wie beispielsweise Germanistik, Literaturgeschichte etc. (was weiß ich, was es da alles gibt)?

Also ich habe sage und schreibe ein Semester lang Germanistik studiert. Fand es ganz grauenhaft, und zumindest meiner persönlichen Erfahrung nach lernt man da nichts, was einem beim Verfassen von eigenen Romanen nützlich wäre. Es sei denn natürlich, man möchte z.B. einen historischen Roman über das antike Rom schreiben und studiert gleichzeitig alte Geschichte. Das kann sicher nicht schaden. Aber einen grundsätzlichen Nachteil gegenüber studierenden Autoren hast du als Azubi mit mittlerer Reife nicht - sehe ich zumindest so.

Und soweit ich weiß, hat auch Wolfgang Hohlbein nicht studiert, sondern hat als Nachtwächter gearbeitet, während er an "Märchenmond" schrieb. Über die Qualität seiner Romane kann man sich streiten, aber erfolgreich ist er auch ohne Studium.

ZitatIch selbst halte mich nicht für dumm, auch wenn ich kein Abi habe.

Das bestandene Abitur hat nicht zwangsläufig etwas mit Intelligenz zu tun! Diese beiden Dinge gleichzusetzen halte ich für einen sehr, sehr großen Fehler.

ZitatIch bin ein wenig am Zweifeln, ob ich die Qualifikation eines Schriftstellers erfülle (Falls soetwas existiert).

Die Freude am Geschichten und Charaktere ausdenken und am schreiben selbst ist meiner bescheidenen Meinung nach das einzige, was zählt - natürlich nebst einem guten Schuss Talent und der Bereitschaft, kontinuierlich an sich selbst und seinem Schreibstil zu arbeiten. Den Rest kann man selbst wohl kaum beeinflussen - ob man veröffentlicht wird, müssen die Verlage entscheiden, und ob man gelesen wird, steht dann nochmal auf einem anderen Blatt Papier.

Ansonsten empfehle ich dir, mal auf der Website von Andreas Eschbach zu stöbern. Er rät angehenden Schriftstellern sogar von einem Studium ab und empfiehlt, sich einen Brotberuf zu suchen, der möglichst wenig mit der schriftstellerischen Tätigkeit gemeinsam hat. So können die Meinungen also auseinandergehen...

Just my two cents.

MarkOh

Hallöle...

Ich denke auch, dass man mit dem IQ eines Toastbrotes keinen guten Roman verfassen kann. Andererseits kann man dies auch nicht unbedingt an den absolvierten Studiengängen des Autors festmachen. Studiert muss man auch nicht unbedingt haben um ein gutes Buch zu schreiben.
Ich habe es bei meinem Realschulabschluss auch gerade einmal auf eine Deutschnote 2 gebracht. ( *schäm*) Und? Studiert habe ich zwar auch, aber nur Werbegrafik & Design. Also nichts, was mir beim Schreiben in irgend einer Form behilflich sein würde.

Ich denke einfach, man kann sich viele Sachen im Laufe der Zeit aneignen. Man verbessert sich. Im Denken, im Schreiben und in den unterschiedlichsten Sichtweisen.
Man braucht sich ja nur mal die geistigen Ergüsse anzuschauen, die man selbst vor Jahren mal zu Papier gebracht hat. Wahrscheinlich kein vergleich mit dem, was und wie man heute schreibt...
Zusammengefasst bin ich einfach der Meinung, dass sich ein guter Autor durch das Schreiben selbst entwickelt. Nicht   n u r   durch die Anzahl der absolvierten Studiengänge.

LG MarkOh

Arielen

Zitat von: Isabel am 25. Juni 2006, 11:06:11
Die Freude am Geschichten und Charaktere ausdenken und am schreiben selbst ist meiner bescheidenen Meinung nach das einzige, was zählt - natürlich nebst einem guten Schuss Talent und der Bereitschaft, kontinuierlich an sich selbst und seinem Schreibstil zu arbeiten. Den Rest kann man selbst wohl kaum beeinflussen - ob man veröffentlicht wird, müssen die Verlage entscheiden, und ob man gelesen wird, steht dann nochmal auf einem anderen Blatt Papier.

Das ist natürlich richtig, und das handhaben ja auch viele so, gerade auch in unserem Kreis. Und ich habe es auch lange so gehalten. Ich weiß auch, daß manches weit besser ist als das, was die Verlage letztendlich nehmen.

Aber daß ich hier so negativ reagiere beruht auf bitteren Erfahrungen und Erlebnissen mit genau diesem Thema, und nicht zuletzt auch auf Beobachtungen. Es zählt nur der etwas, der durch sein Studium einen Wisch vorweisen kann, oder der gerade studiert, denn der hat ja Ahnung: Autodidakten seien ja nicht mehr als primitive Hobbyschreiber, denen die richtige Ahnung fehlt, habe ich mehrfach zu hören bekommen.
Bei den Zeichnern/Illustratoren ist es sogar noch schlimmer, da muss man mindestens auf eine Kunstfachschule gehen (die die Eltern für teuer Geld bezahlen) um überhaupt in den erlauchten Kreis aufgenommen werden zu können.

Deshalb nicht wundern, wenn ich hier so herum gifte und so furchtbar Negativ bin. Durch die großen Verlage fühle ich mich dann sogar nich bestätigt. Selbst die schreibenden heutigen Hausfrauen haben ja ein Studium
vorzuweisen.

Was Eschbach angeht, so halte ich ihm diese Meinung sehr hoch - das zeigt, daß er auch alles beobachtet und merkt, welches Potential auch in den Autodidakten steckt. Wenigstens einer, der nicht abhebt.
Alles liegt im Auge des Betrachters

Astrid

Die Zauberworte heißen nicht Abitur und Studium, sondern Neugier, Menschenkenntnis, Allgemeinbildung und Recherche. Ich hab auch nicht studiert bzw. das Studium nach ein paar lustlosen Semestern abgebrochen. Natürlich DARF man auch studieren, wenn man schreiben will - nur nicht Germanistik, weil die meiner Meinung nach den unbefangenen Blick für Sprache und Text kaputtmacht. Wer trotz eines Germanistikstudiums spannende und phantasievolle Bücher schreibt, hat meine ehrfürchtige Hochachtung.  ;D

Natürlich sind Bücher "richtig" gebildeter Autoren mitunter ein Hochgenuß - ich verweise vor allem auf Dorothy L. Sayers, eine graduierte Oxfordabsolventin, deren Bücher vor Sprachwitz, griechischen, lateinischen und literarischen Zitaten nur so wimmeln. Für "Der Glocken Schlag", in dem sie sich ausführlich mit Campanologie (=Glockenkunde) befaßt, ist sie zum Ehrenmitglied einer britischen Campanologievereinigung gemacht worden - ohne je beim Schlagen einer Glocke dabeigewesen zu sein. Auch in anderen Büchern wird deutlich, wie gebildet sie war, und es macht richtig Spaß, das zu lesen.

Moni

Man muß hier ganz sicher unterscheiden zwischen dem, was die Verlage wollen und dem, was die breite Masse will. Dem Leser ist es sicherlich egal, ob du ein Studium absolviert hast, wenn dein Buch nur fesselnd und ansprechend geschrieben ist. Für den Verlag hingegen macht es sich einfach besser, in der Autorenbio ein Studium auflisten zu können. Aber das ist sicherlich mal wieder ein deutsches Phänomen. Wenn man sich, egal in welchem Genre, die Autorenbios auf den Büchern durchliest, ist bei deutschen Autoren zu 90% ein Studium aufgeführt, eben da es eine scheinbare Qualifikation des Schreibers nachweist. Das viele Autoren etwas studiert haben, das absolut nicht mit dem was sie letztendlich schreiben zu tun hat, steht auf einem anderen Blatt...
Schreiben ist leider in den Augen vieler deutscher Verleger nichts, was man sich selbst aneignen kann und die nötigen Kenntnisse werden angeblich nur im Studium (egal welcher Fachrichtung!) vermittelt. So oder ähnlich ist der Tenor in allen Artikeln gewsen, die ich in den letzten Jahren im Börsenblatt (des deutschen Buchhandels) oder ähnlichen Publikationen gelesen habe.

Das ich Abitur und (abgebrochenes) Studium des Bibliothekswesens in meiner Liste führe, befähigt mich sicher nicht, besser als ein Nichtstudierter und Nichtabiturient zu schreiben. Wie Maja schon sagte, wird man vielmehr dazu animiert, bzw. gezwungen, sich mit Themen zu beschäftigen, die man privat Links liegen lassen würde. Aber ich würde nicht sagen, daß man ohne dieses Wissen nicht schreiben kann.
Für mein aktuelles Projekt mußte ich mich Vulkanismus auseinandersetzen, dazu habe ich weder in Schule, Studium noch Ausbildung etwas gelernt.
Was man im Studium sicherlich ausgiebig lernt, ist Recherche. Aber auch das kann man sich selbst aneignen, es gibt Bücher zum Thema.
z.B. Technik des wissenschaftlichen Arbeitens. Seminararbeit, Diplomarbeit, Dissertation
von  Wolfgang Lück, 9,60 €, ISBN 3-486-27428-7 (9.bearb. Auflage)
Darin wird neben dem Aufbau der Arbeiten auch erklärt, wie man die nötigen Informationen zusammenträgt.

Also, ein fehlendes Studium ist sicher kein Grund, an sich selbst zu zweifeln. Im Gegenteil ist es vielleicht sogar ein Ansporn, sich sein Wissen selbst zu erarbeiten und dann den "Studierten" zu zeigen, wo der Hammer hängt...  ;D Schließlich kann man seinen privaten Studienplan nach eigenem Gusto zusammenstellen und wird nicht durch irgendwelche Vorgaben gehemmt. So kann man das eigene Wissensspektrum breit fächern und wird nicht zum Fachidioten. Wirkt sich dann auch wieder auf das aus, was man schreibt und wie man schreibt.

Lg
Moni



Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Isabel

#14
Zitat von: Astrid am 25. Juni 2006, 12:12:45
Die Zauberworte heißen nicht Abitur und Studium, sondern Neugier, Menschenkenntnis, Allgemeinbildung und Recherche. Ich hab auch nicht studiert bzw. das Studium nach ein paar lustlosen Semestern abgebrochen. Natürlich DARF man auch studieren, wenn man schreiben will - nur nicht Germanistik, weil die meiner Meinung nach den unbefangenen Blick für Sprache und Text kaputtmacht. Wer trotz eines Germanistikstudiums spannende und phantasievolle Bücher schreibt, hat meine ehrfürchtige Hochachtung.  ;D

Dem kann ich mich nur voll und ganz anschließen. Eine Bekannte von mir z.B. hat literarische Ambitionen und redet seit Jahren davon, den großen europäischen Roman schreiben zu wollen. Leider ist sie durch ihr Studium (z.Zt. Literaturwissenschaft) so beeinflusst worden, dass sie nur noch total verkrampft und verkopft an die Sache herangehen kann bzw. sich erst gar nicht traut, mit dem Schreiben anzufangen. Schließlich wird sie ständig mit den großen Literaten und ihren Werken konfrontiert, mit all den "Genies", gegen die ihre eigenen literarischen Ergüsse verblassen müssen. Wahrscheinlich wird sie noch in dreißig Jahren von ihrem großen europäischen Roman reden, ohne vor lauter Ehrfurcht auch nur einen einzigen Satz zustande gebracht zu haben.