Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: Kalderon am 25. Juni 2006, 00:59:01

Titel: Der gebildete Autor
Beitrag von: Kalderon am 25. Juni 2006, 00:59:01
Hi an alle,

es hört sich vielleicht blöd an, aber alle sprechen ständig vom Abi und vom Studium, und ich armer Tropf habe gerade einmal eine durch die Berufsfachschule nachgeholte "Mittlere Reife". Obwohl ich auch sehr gerne (Psychologie und Philosophie) studieren würde.

Zudem haben die meisten Schriftsteller studiert, sogar mehrfach. Und viele gehören auf der Berufsebene auch zu der Führungsebene oder haben eine passende Arbeit, nicht wie ich (Drucker-Azubi :schuldig:).

Was ich damit sagen will ist: Kann man überhaupt ein gutes Buch schreiben, wenn man nicht alles Mögliche studiert hat, wie beispielsweise Germanistik, Literaturgeschichte etc. (was weiß ich, was es da alles gibt)? Klar kann man, wenn man sich alles privat aneignet, was andere in ihrem Abi oder Studium vermittelt bekommen. Aber ist das ausreichend? Gibt es Hauptschüler, die einen Roman veröffentlicht haben? Wieviel Wissen benötigt man denn, um einen Roman zu schreiben? Wieviel Fachwissen über Literatur, das Schreiben selbst oder über Themen, über die man schreibt? Reichen eigene Erfahrungen aus? Erfahrungen anderer Leute oder wissenschaftliche Studien?

Ich selbst halte mich nicht für dumm, auch wenn ich kein Abi habe. Fast alles Wissen, über das ich heute verfüge (Wissenschaft, Philosophie, Psychologie, Chemie, Physik, Medizin etc.), habe ich nicht aus der Schule erhalten, sondern musste ich mir in meiner Freizeit aneignen. Ich weiß es nicht besser, aber ich glaube, es ist nicht leichter als in der Schule, weil man meist nicht weiß, wo man anfangen soll. Studenten lernen da wohl besser, wie sie alles ordnen und organisieren müssen, wie diszipliniert sie arbeiten müssen, auf was sie achten müssen, wenn sie ein bestimmtes Ziel zu erreichen wünschen.

Wie man sieht spricht aus mir auch ein Tropfen Neid. Aber ich bin ja auch nur ein Mensch.

Wäre schön, wenn ihr dazu eine Meinung habt. Ich bin ein wenig am Zweifeln, ob ich die Qualifikation eines Schriftstellers erfülle (Falls soetwas existiert).
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Zealot am 25. Juni 2006, 01:09:48
Hat Ernset Hemingway studiert??
Bret Easton Ellis??
Un noch viele andere berühmte Autoren sind nie irgendwo imatrikuliert worden.
Von daher denke ich, "keine PANIK"
Jeder schreibt was er kann!!
Oder könntest du dier Bukowski in einem Vorlesungsaal vorstellen ;)
(wobei das bestimmt lustig wäre!!)

was ich sagen wollte ist, das die Qualität eines Buches nichts mit dem Bildungsstand eines Autors zu tun hat.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Feuertraum am 25. Juni 2006, 09:54:13
Guten Morgen!

Eine ähnliche Frage hatte man sich vor kurzem auch im Montsegur Autorenforum gestellt. Dort war die Frage jedoch: "Wie viel Wissen muß man in ein Buch einbringen, um den Leser zu befriedigen." Die Antwort: Im Prinzip wird es IMMER Leute geben, denen etwas zu ungenau ist oder die sich in der Materie besser auskennen, egal, wie intensiv man recherchiert hat.
Natürlich sollte man schon darauf achten, das man keinen zu offensichtlichen Blödsinn verzapft (der Erlkönig wurde geschrieben von Theodor Storm), weil man davon ausgehen muß, das dieses Wissen dann doch in zu vielen Köpfen verankert ist.
Bei Spezialwissen sieht die Sache schon wieder ganz anders aus. Menschen, die sich in der Psychologie auskennen, können vielleicht mit den Begriffen Approbativität*, Absenzen** und Koprolalie *** etwas anfangen, aber der "Normalsterbliche" wird da schon ein Lexikon zu Rate ziehen müssen.

Dennoch muß ich Ihnen in einem Punkt sagen: Ja, es empfiehlt sich zu studieren - und zwar jede Menge Romane über das Genre, das Sie schreiben wollen. Und da nach Möglichkeit auch mehrere Autoren. Und sich beim Lesen immer wieder die Fragen zu stellen: Wie schafft der Autor es, hier die Spannung aufzubauen? Mit welchen Tricks arbeitet er? Wie löst er das und das Problem? Wie lösen andere Autoren das und das Problem?

Ich wage mal zu behaupten, das viele Autoren, die Romane gut schreiben, durch dieses Studium gegangen sind.

LG

Feuertraum

* Die veranlagte Tendenz, seinem Gesprächspartner mit Gesten und/oder Worten immer wieder recht zu geben. Meistens kommt sie bei Neurosen und Komplexen vor. Und fast immer entsteht sie durch Angst, jemanden zu verärgern oder ihm zu mißfallen.

**Bewußtseinsstörung - der Erkrankte "erstarrt" mitten im Satz/der Arbeit und starrt geistesabwesend vor sich hin. Nach ein paar Sekunden löst sich die Starre wieder. Meistens ist sie mit Gedächtnisschwund verbunden. Sie kann auch mit einem leichten Fall von Ellepsie zusammenhängen

*** Grobe Redensart, zumeist von jungen und/oder schüchternen Menschen, die auf diese Art und Weise ihr "Erwachsensein" und ihr Freiheitsbedürfnis anmelden. Kommt allerdings auch bei Psychosen vor (zum Beispiel bei der Manie)

Anm.: Dieses waren nur grobe Erklärungen.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Arielen am 25. Juni 2006, 10:07:47
Wir können lange darüber diskutieren, aber ich habe irgendwo den Eindruck gemacht, daß die Verlage trotz allem auf Qualifikationen schielen. Bei fast jedem deutschen Autor, der von deutschen Verlagen veröffentlicht wird steht in der Biografie sehr oft etwas von Studium, meistens Germanistik in Verbindung von noch etwas anderem oder Journalistik.  Selbst wenn das Studium nicht abgeschlossen wurde.

Es gibt auch Ausnahmen - aber die kann man an zwei Händen abzählen.

Vielleicht liegt es ganz einfach daran, daß die Verantwortlichen glauben, daß ein Studium gleichzeitig eine Qualitfikation ist, formal sauberer zu schreiben als ein Autodidakt und wenn, dann notfalls auch Auftragsromane zu verfassen, bei denen nicht nur die Hintergrundwelt vorgegeben ist, sondern auch das Thema.

Und das macht mich schon manchmal nachdenklich. Ja, es ist so, auch wenn es keiner offen zugeben würde.
Als Autor muß man irgendein qualifizierendes Papier vorweisen können.
Leider.

Für mich ist das aber auch keine Bemessung der Qualität. Man merkt mittlerweile schon sehr deutlich, wer mit Herz und Seele dabei ist, und wer auf Auftrag etwas zusammenquirlt und herunter schreibt, und wer beides zusammen kann (das ist die kleinste Gruppe).
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Zealot am 25. Juni 2006, 10:11:02
ich habe manchmal eher das umgekehrte Gefühl.
In den meisten Biographien von Autoren die ich lese steht immer sowas wiie:
Brach die Schule ab, Schlug sich mit gelegenheitsjobs durch ect...
das ich mich manchmal schon frage ob mein Leben nicht zu langweilig ist...
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Arielen am 25. Juni 2006, 10:13:30
Zitat von: Zealot am 25. Juni 2006, 10:11:02
ich habe manchmal eher das umgekehrte Gefühl.
In den meisten Biographien von Autoren die ich lese steht immer sowas wiie:
Brach die Schule ab, Schlug sich mit gelegenheitsjobs durch ect...
das ich mich manchmal schon frage ob mein Leben nicht zu langweilig ist...

Bei den Deutschen oder Amis? Ich lese diese Art von Bigrafien nämlich immer nur bei den fremdsprachlichen Autoren. Nicht bei den Deutschen. Und vor allem nicht bei den deutschen SF, Horror oder Phantastikautoren, die in den großen Verlagen zu finden sind.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Zealot am 25. Juni 2006, 10:16:30
eher bei den Amis und Engländern...
und dann auch eher bei Psycho-Thrillern oder anderen Romanen.
ich lese nicht sooo viel Fantasy, weil ich sonst immer anfange unbewusst den Stil des Autors zu kopieren...
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Maja am 25. Juni 2006, 10:18:51
Natürlich wirkt sich die Vorbildung auf die Geschichten aus. Was jetzt nicht herablassend oder snobbistisch klingen soll, aber der eingeschlagene Bildungsweg spiegelt ja auch immer die Interessen eines Autors wieder.

Ich habe Bibliothekswesen studiert - demzufolge haben in meinen Geschichten Buchmenschen eine deutlich stärkere Quote als in Vergleichsgeschichten. Wenn keine Bibliothekare, Buchhändler oder Chronisten eine entscheidende Rolle spielen, gibt es doch immer irgendwelche Seitenhiebe auf das Buchwesen. Das tue ich nicht, um irgend jemanden zu beeindrucken, sondern weil es mir Spaß macht, und wahrscheinlich auch, weil mir dieser Beruf fehlt.
Ich interessiere mich für Chemie - das läßt sich aber kaum in Fantasybüchern unterbringen, und so bekommen die Leser diese Leidenschaft von mir nicht so mit. Schriebe ich aber statt Fantasy Krimis, würde ich großen Wert darauf legen, daß alle Gifte korrekt angewandt und nachgewiesen werden. Diese Reihe läßt sich fortsetzen, und so kann ich für mich sagen, daß sich meine Vorbildung durchaus auf meinen Schreibstil ausgewirkt hat.
Aber: Man braucht kein Abitur und kein Studium, um sich in ein Thema einzuarbeiten, das einen interessiert. Man braucht einen gewissen IQ - ich kann mir nicht vorstellen, wie ein unterdurchschnittlich intelligenter Mensch einen tollen Roman schreiben sollte - aber die Bildung kann man auch selbst erledigen. Was man nicht tun darf, ist, die eigene mangelnde Bildung bejammern, statt sich ein paar Bücher zu nehmen und nachzuholen, was einem vermeintlich fehlt.

Aber auch Autoren, die ich in Schule und Berufsschule zu lesen gezwungen war, haben mich geprägt - Borchert, Fontane und andere, die ich von mir aus nie gelesen hätte. Und anderes erzwungenes Wissen, Dinge, die mich nie wirklich interessierten, aber hängengeblieben sind, kann später immer nützlich sein und den Horizont erweitern. Deswegen bin ich sehr froh über meine fundierte Bildung, die mir nicht nur beim Schreiben hilft, sondern auch in allen möglichen Lebenslagen.

Eine Frage habe ich aber noch: Kalderon, was hast du dir dabei gedacht, daß in "Off Topic" zu posten? Glaubst du, wer kein Abitur hat, darf im Allgemeinen Forum kein Thema eröffnen ;) - oder siehst du hier keinen Bezug zum Thema Schreiben? Ich verschieb das dann mal!
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Möchtegernautorin am 25. Juni 2006, 11:04:07

Greetings auch :)

Also, ich muss auch sagen: Ob man studiert hat oder nicht ist wahrscheinlich nicht relevant dafür ein Buch zu schreiben. Wie das die Verlage sehen kann ich nicht sagen. Ich kann dahingehend nicht mit Erfahrungen aufwarten, da ich noch nicht so weit bin es zu versuchen und mich nun auch nicht so intensiv mit der Vergangenheit von Autoren beschäftige.
Ich denke der Punkt dabei ist, ob man Intelligent genug ist sich einzuarbeiten, sich die Themen anzulesen, es vor allem auch zu verstehen und umsetzen zu können. Man lernt vielleicht in der Oberstufe und im Studium selbstständig zu arbeiten, aber das heißt nicht, dass man es ohne diese Veruassetzungen nicht kann. Bestes Beispiel, dass ich kenne ist mein Mann – mal wieder ;).
Mein werter Gatte hat kein Abitur und nur eine schnöde Ausbildung zum Bankkaufmann. Das heißt aber nicht, dass er nicht in der Lage wäre ein Buch zu schreiben. Mit Mühe und Geduld würde er es auch können, einfach weil er nicht dumm ist.

Mein Studium und mein Interesse vornehmlich für Biologie und Medizin wirkt sich zwar durchaus auch auf mein Schreiben aus, das heißt aber nicht, dass es das nicht auch täten, wenn ich nicht studiert hätte.

Soviel dazu von mir <lächel>


@ Feuertraum
Die Koprolalie <schwelg> Götter, die hatte ich ja völlig vergessen, dabei war das mal eines meiner Lieblinsgworte.

Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Isabel am 25. Juni 2006, 11:06:11
Zitat von: Kalderon am 25. Juni 2006, 00:59:01
Kann man überhaupt ein gutes Buch schreiben, wenn man nicht alles Mögliche studiert hat, wie beispielsweise Germanistik, Literaturgeschichte etc. (was weiß ich, was es da alles gibt)?

Also ich habe sage und schreibe ein Semester lang Germanistik studiert. Fand es ganz grauenhaft, und zumindest meiner persönlichen Erfahrung nach lernt man da nichts, was einem beim Verfassen von eigenen Romanen nützlich wäre. Es sei denn natürlich, man möchte z.B. einen historischen Roman über das antike Rom schreiben und studiert gleichzeitig alte Geschichte. Das kann sicher nicht schaden. Aber einen grundsätzlichen Nachteil gegenüber studierenden Autoren hast du als Azubi mit mittlerer Reife nicht - sehe ich zumindest so.

Und soweit ich weiß, hat auch Wolfgang Hohlbein nicht studiert, sondern hat als Nachtwächter gearbeitet, während er an "Märchenmond" schrieb. Über die Qualität seiner Romane kann man sich streiten, aber erfolgreich ist er auch ohne Studium.

ZitatIch selbst halte mich nicht für dumm, auch wenn ich kein Abi habe.

Das bestandene Abitur hat nicht zwangsläufig etwas mit Intelligenz zu tun! Diese beiden Dinge gleichzusetzen halte ich für einen sehr, sehr großen Fehler.

ZitatIch bin ein wenig am Zweifeln, ob ich die Qualifikation eines Schriftstellers erfülle (Falls soetwas existiert).

Die Freude am Geschichten und Charaktere ausdenken und am schreiben selbst ist meiner bescheidenen Meinung nach das einzige, was zählt - natürlich nebst einem guten Schuss Talent und der Bereitschaft, kontinuierlich an sich selbst und seinem Schreibstil zu arbeiten. Den Rest kann man selbst wohl kaum beeinflussen - ob man veröffentlicht wird, müssen die Verlage entscheiden, und ob man gelesen wird, steht dann nochmal auf einem anderen Blatt Papier.

Ansonsten empfehle ich dir, mal auf der Website von Andreas Eschbach zu stöbern. Er rät angehenden Schriftstellern sogar von einem Studium ab und empfiehlt, sich einen Brotberuf zu suchen, der möglichst wenig mit der schriftstellerischen Tätigkeit gemeinsam hat. So können die Meinungen also auseinandergehen...

Just my two cents.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: MarkOh am 25. Juni 2006, 11:09:59
Hallöle...

Ich denke auch, dass man mit dem IQ eines Toastbrotes keinen guten Roman verfassen kann. Andererseits kann man dies auch nicht unbedingt an den absolvierten Studiengängen des Autors festmachen. Studiert muss man auch nicht unbedingt haben um ein gutes Buch zu schreiben.
Ich habe es bei meinem Realschulabschluss auch gerade einmal auf eine Deutschnote 2 gebracht. ( *schäm*) Und? Studiert habe ich zwar auch, aber nur Werbegrafik & Design. Also nichts, was mir beim Schreiben in irgend einer Form behilflich sein würde.

Ich denke einfach, man kann sich viele Sachen im Laufe der Zeit aneignen. Man verbessert sich. Im Denken, im Schreiben und in den unterschiedlichsten Sichtweisen.
Man braucht sich ja nur mal die geistigen Ergüsse anzuschauen, die man selbst vor Jahren mal zu Papier gebracht hat. Wahrscheinlich kein vergleich mit dem, was und wie man heute schreibt...
Zusammengefasst bin ich einfach der Meinung, dass sich ein guter Autor durch das Schreiben selbst entwickelt. Nicht   n u r   durch die Anzahl der absolvierten Studiengänge.

LG MarkOh
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Arielen am 25. Juni 2006, 11:42:07
Zitat von: Isabel am 25. Juni 2006, 11:06:11
Die Freude am Geschichten und Charaktere ausdenken und am schreiben selbst ist meiner bescheidenen Meinung nach das einzige, was zählt - natürlich nebst einem guten Schuss Talent und der Bereitschaft, kontinuierlich an sich selbst und seinem Schreibstil zu arbeiten. Den Rest kann man selbst wohl kaum beeinflussen - ob man veröffentlicht wird, müssen die Verlage entscheiden, und ob man gelesen wird, steht dann nochmal auf einem anderen Blatt Papier.

Das ist natürlich richtig, und das handhaben ja auch viele so, gerade auch in unserem Kreis. Und ich habe es auch lange so gehalten. Ich weiß auch, daß manches weit besser ist als das, was die Verlage letztendlich nehmen.

Aber daß ich hier so negativ reagiere beruht auf bitteren Erfahrungen und Erlebnissen mit genau diesem Thema, und nicht zuletzt auch auf Beobachtungen. Es zählt nur der etwas, der durch sein Studium einen Wisch vorweisen kann, oder der gerade studiert, denn der hat ja Ahnung: Autodidakten seien ja nicht mehr als primitive Hobbyschreiber, denen die richtige Ahnung fehlt, habe ich mehrfach zu hören bekommen.
Bei den Zeichnern/Illustratoren ist es sogar noch schlimmer, da muss man mindestens auf eine Kunstfachschule gehen (die die Eltern für teuer Geld bezahlen) um überhaupt in den erlauchten Kreis aufgenommen werden zu können.

Deshalb nicht wundern, wenn ich hier so herum gifte und so furchtbar Negativ bin. Durch die großen Verlage fühle ich mich dann sogar nich bestätigt. Selbst die schreibenden heutigen Hausfrauen haben ja ein Studium
vorzuweisen.

Was Eschbach angeht, so halte ich ihm diese Meinung sehr hoch - das zeigt, daß er auch alles beobachtet und merkt, welches Potential auch in den Autodidakten steckt. Wenigstens einer, der nicht abhebt.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Astrid am 25. Juni 2006, 12:12:45
Die Zauberworte heißen nicht Abitur und Studium, sondern Neugier, Menschenkenntnis, Allgemeinbildung und Recherche. Ich hab auch nicht studiert bzw. das Studium nach ein paar lustlosen Semestern abgebrochen. Natürlich DARF man auch studieren, wenn man schreiben will - nur nicht Germanistik, weil die meiner Meinung nach den unbefangenen Blick für Sprache und Text kaputtmacht. Wer trotz eines Germanistikstudiums spannende und phantasievolle Bücher schreibt, hat meine ehrfürchtige Hochachtung.  ;D

Natürlich sind Bücher "richtig" gebildeter Autoren mitunter ein Hochgenuß - ich verweise vor allem auf Dorothy L. Sayers, eine graduierte Oxfordabsolventin, deren Bücher vor Sprachwitz, griechischen, lateinischen und literarischen Zitaten nur so wimmeln. Für "Der Glocken Schlag", in dem sie sich ausführlich mit Campanologie (=Glockenkunde) befaßt, ist sie zum Ehrenmitglied einer britischen Campanologievereinigung gemacht worden - ohne je beim Schlagen einer Glocke dabeigewesen zu sein. Auch in anderen Büchern wird deutlich, wie gebildet sie war, und es macht richtig Spaß, das zu lesen.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 25. Juni 2006, 13:00:54
Man muß hier ganz sicher unterscheiden zwischen dem, was die Verlage wollen und dem, was die breite Masse will. Dem Leser ist es sicherlich egal, ob du ein Studium absolviert hast, wenn dein Buch nur fesselnd und ansprechend geschrieben ist. Für den Verlag hingegen macht es sich einfach besser, in der Autorenbio ein Studium auflisten zu können. Aber das ist sicherlich mal wieder ein deutsches Phänomen. Wenn man sich, egal in welchem Genre, die Autorenbios auf den Büchern durchliest, ist bei deutschen Autoren zu 90% ein Studium aufgeführt, eben da es eine scheinbare Qualifikation des Schreibers nachweist. Das viele Autoren etwas studiert haben, das absolut nicht mit dem was sie letztendlich schreiben zu tun hat, steht auf einem anderen Blatt...
Schreiben ist leider in den Augen vieler deutscher Verleger nichts, was man sich selbst aneignen kann und die nötigen Kenntnisse werden angeblich nur im Studium (egal welcher Fachrichtung!) vermittelt. So oder ähnlich ist der Tenor in allen Artikeln gewsen, die ich in den letzten Jahren im Börsenblatt (des deutschen Buchhandels) oder ähnlichen Publikationen gelesen habe.

Das ich Abitur und (abgebrochenes) Studium des Bibliothekswesens in meiner Liste führe, befähigt mich sicher nicht, besser als ein Nichtstudierter und Nichtabiturient zu schreiben. Wie Maja schon sagte, wird man vielmehr dazu animiert, bzw. gezwungen, sich mit Themen zu beschäftigen, die man privat Links liegen lassen würde. Aber ich würde nicht sagen, daß man ohne dieses Wissen nicht schreiben kann.
Für mein aktuelles Projekt mußte ich mich Vulkanismus auseinandersetzen, dazu habe ich weder in Schule, Studium noch Ausbildung etwas gelernt.
Was man im Studium sicherlich ausgiebig lernt, ist Recherche. Aber auch das kann man sich selbst aneignen, es gibt Bücher zum Thema.
z.B. Technik des wissenschaftlichen Arbeitens. Seminararbeit, Diplomarbeit, Dissertation
von  Wolfgang Lück, 9,60 €, ISBN 3-486-27428-7 (9.bearb. Auflage)
Darin wird neben dem Aufbau der Arbeiten auch erklärt, wie man die nötigen Informationen zusammenträgt.

Also, ein fehlendes Studium ist sicher kein Grund, an sich selbst zu zweifeln. Im Gegenteil ist es vielleicht sogar ein Ansporn, sich sein Wissen selbst zu erarbeiten und dann den "Studierten" zu zeigen, wo der Hammer hängt...  ;D Schließlich kann man seinen privaten Studienplan nach eigenem Gusto zusammenstellen und wird nicht durch irgendwelche Vorgaben gehemmt. So kann man das eigene Wissensspektrum breit fächern und wird nicht zum Fachidioten. Wirkt sich dann auch wieder auf das aus, was man schreibt und wie man schreibt.

Lg
Moni



Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Isabel am 25. Juni 2006, 13:18:31
Zitat von: Astrid am 25. Juni 2006, 12:12:45
Die Zauberworte heißen nicht Abitur und Studium, sondern Neugier, Menschenkenntnis, Allgemeinbildung und Recherche. Ich hab auch nicht studiert bzw. das Studium nach ein paar lustlosen Semestern abgebrochen. Natürlich DARF man auch studieren, wenn man schreiben will - nur nicht Germanistik, weil die meiner Meinung nach den unbefangenen Blick für Sprache und Text kaputtmacht. Wer trotz eines Germanistikstudiums spannende und phantasievolle Bücher schreibt, hat meine ehrfürchtige Hochachtung.  ;D

Dem kann ich mich nur voll und ganz anschließen. Eine Bekannte von mir z.B. hat literarische Ambitionen und redet seit Jahren davon, den großen europäischen Roman schreiben zu wollen. Leider ist sie durch ihr Studium (z.Zt. Literaturwissenschaft) so beeinflusst worden, dass sie nur noch total verkrampft und verkopft an die Sache herangehen kann bzw. sich erst gar nicht traut, mit dem Schreiben anzufangen. Schließlich wird sie ständig mit den großen Literaten und ihren Werken konfrontiert, mit all den "Genies", gegen die ihre eigenen literarischen Ergüsse verblassen müssen. Wahrscheinlich wird sie noch in dreißig Jahren von ihrem großen europäischen Roman reden, ohne vor lauter Ehrfurcht auch nur einen einzigen Satz zustande gebracht zu haben.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Maja am 25. Juni 2006, 13:25:21
Ich führe hierbei gerne meine Oma an. Sie ist jetzt 86 und schreibt auch - keine Fiktionaltexte, sondern Lebenserinnerungen, aber keine Vorurteile hierzu: Sie kann wirklich gut schreiben. Lustig ist, daß ihr Stil oft meinem ähnelt, obwohl wir unabhängig voneinander mit dem Schreiben angefangen habe - vielleicht liegt es daran, daß wir in unserer Familie alle ähnlich reden...

Meine Oma hat nach ihrem Realschulabschluß eine Handelsschule besucht und eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin gemacht. Zu ihren größten Enttäuschungen gehört, daß sie kein Abitur machen konnte - aber wenn man sich mit ihr unterhält oder ihre Texte liest, merkt man nichts von diesem Mangel an Bildung. Sie hat ihr ganzes Leben mit Lesen verbracht - ihre besonderen Interessengebiete sind Erdkunde und Geschichte, da macht ihr so schnell keiner was vor. Und selbst mit 86 Jahren liest und liest sie immer weiter... Daß sie überhaupt keinen Draht zur Fantasy ("Ausgedachte Geschichten", wie sie es nennt), hat, ist das einizge, was ich ihr da vorwerfen kann. Aber sie ist ein gutes Beispiel dafür, wie man sich Bildung aneignen kann, wenn man nur will.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Lomax am 25. Juni 2006, 14:15:29
Als Lektor sollte man studiert haben - als Autor muss man das sicher nicht unbedingt. Hohlbein hat jedenfalls nicht studiert, auch wenn ich nicht weiß, was er für einen Schulabschluss hatte. Und auch der neue "Shooting Star" der deutschen Fantasy, Monika Felten, gibt als Schulabschluss die "Mittlere Reife" an.

Ein Studium schadet allerdings auch nicht. Es ist kein Zufall, dass gerade ein großer Teil der US-Autoren auch Englische Sprache studiert hat (so viel zum Vorurteil, das wäre typisch Deutsch ;) ). Andere erfolgreiche Autoren aus den USA haben andere Fächer studiert, wie beispielsweise Medizin, und bringen ihre Kenntnisse aus diesem Bereich dann auch gerne in ihre Bücher ein.
  Viele Leute gehen gehen aus Abitur und Studium als (Fach-)Idioten hervor, die kaum von der Bildung berührt wurden, die ihnen geboten wurde. Aber es wurde ihnen angeboten - und niemals sonst bekommen interessierte Leute so viele Angebote, sich strukturiert mit Dingen vertraut zu machen, wie in der Schule und an der Uni. Man bekommt förmlich nachgetragen, was man sich ohne Abitur und Studium selbst aneignen muss - was weitaus mühsamer ist.
  Ich denke, hier liegt auch der Hauptgrund, warum letztlich doch so viele Autoren mit Abitur und Studium aufwarten können: Sie haben schon mal einen Vorsprung, und zwar mit Landkarte und auf asphaltierter Straße, wo andere Interessierte sich erst auf eigene Faust durchs Dickicht kämpfen müssen.
  Und das Entscheidende dabei ist das Interesse: Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand Autor wird, der nicht ein besonderes Interesse an den Dingen mitbringt - an bestimmten Gebieten und an der Welt als solches. Wer kein Abitur und kein Studium hat, der kann auch auf eigene Faust seine Interessen entwickeln - aber den Texten sollte man dann auch keinen beschränkten Horizont anmerken. Das ist eigentlich die einzige Anforderung an den Autor. Und auch wer studiert hat, muss die Angebote genutzt haben, sonst hat er gar keinen Vorteil davon. Und vor allem sollte man auch mal andere Autoren gelesen haben, um die Welt des Erzählens überhaupt zu kennen, ehe man sich dort ansiedelt.

Wem es also an formaler Bildung fehlt, der hat es schwerer, sich das anzueignen. Und er muss in den Verlagen vielleicht erst den Lektor davon überzeugen, dass er sich mit einer Sache auskennt, über die er schreibt - während man es dem Autor mit Universitätsabschluss womöglich einfach glaubt.
  Aber überzeugen können muss ein Autor letztendlich sowieso, und das bleibt spätestens auf erzählerischer Ebene dann auch den studierten Autoren nicht erspart.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Manja_Bindig am 25. Juni 2006, 14:33:40
Ich glaube, zum Schreiben gehört eine gewisse Grundintelligenz - die sich alerdings darin ausdrückt, dass man logisch schreibt, ein Gefühl für Sprache entwickelt und dergleichen; von daher wäre auch ein Hauptschüler schlau genug. Abitur und Studium... recht nütlich, wenn es einem ewiges Recherchieren erspart(weil man das da schon gelernt hat, was man ins Buch einbauen will) - aber nicht unbedingt notwendig. Wichtig ist immer die Liebe zur SPrache und zu Schreiben. Und die kann man nciht mit einem Bildungsstatus verbinden.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Kalderon am 25. Juni 2006, 17:18:16
Na, das hört sich ja alles nicht schlecht an.

Ich versuche auch, mich außerhalb der Arbeit weiterzubilden. Ich habe aber ein ganz doofes Problem: vieles, was ich gelesen habe, vergesse ich nach kurzer Zeit wieder, obwohl es mich brennend interessiert. Habt ihr einen Tipp, was man dagegen machen kann? Mehrmals dasselbe lesen?

Ich habe auch einen eigenen Leitpfaden des Bücherschreibens für mich entwickelt. Er besteht eigentlich nur aus ein paar Zitaten, aber viele hier wissen ja langsam, wie sehr mir gute Zitate gefallen  ;)

Ich denke, es gibt Themenbereiche (wenn auch nicht viele), in denen ich mich ausgezeichet auszukennen meine, allerdings nur Aufgrund von eigenen Erfahrungen. Nachdem ich eure Einträge gelesen hatte, habe ich mir vorgestellt, wie ich beim Lektor sitze und er mich fragt: "Woher haben Sie denn diese fundierten Kenntnisse?" und ich sage: "Eigene Erfahrungen."  :hmhm?: *Die hochgezogene Augenbraue Lektors*

Vielleicht zweifel ich auch ein wenig selbst, weil ich bisher kaum Feedback zu meinen Texten erhalten habe, und wenn, dann nur mittelmäßiges. Wenn man selbst an der Qualität der eigenen Texte zweifelt, ohne dass jemand anderes sagt, wie sie aus seiner Sicht sind, dann weiß man eigentlich gar nichts darüber. Man kann es nur für sich selbst erahnen.

Was Andreas Eschbach über die Bildung gesagt hat, finde ich gut. Und wenn Wolfgang Hohlbein auch nicht studiert hat... klasse!

Vielen Dank für die ganzen Beiträge.

- Kalderon
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Feuertraum am 25. Juni 2006, 19:15:28
Zitat von: Kalderon am 25. Juni 2006, 17:18:16

Ich versuche auch, mich außerhalb der Arbeit weiterzubilden. Ich habe aber ein ganz doofes Problem: vieles, was ich gelesen habe, vergesse ich nach kurzer Zeit wieder, obwohl es mich brennend interessiert. Habt ihr einen Tipp, was man dagegen machen kann? Mehrmals dasselbe lesen?

Einfache Frage, schwierige Antwort: Das ganze ist irgendwo davon abhängig, was für ein Lerntyp Sie sind (audiotiv/visuell).
Ich selber fahre mit der Lernkartei ganz gut. Eine recht vernünftige und kostenlose finden Sie hier:

Homepage zu einer Lernkartei (http://www.batzelt.de/)

Manch anderer kommt mit der Mnemo-Technik ganz gut voran (Verknüpfen von Bildern mit Informationen)
Wiederum andere schwören darauf, kurz vorm Einschlafen zu lernen, da sich auf diesem Wege mehr ins Gedächtnis einbrennt.
Dann gibt es da noch die Möglichkeit, grundsätzlich an verschiedenen Orten zu lernen, weil man grundsätzlich das Faktum Umfeld mitlernt und man dieses wieder entlernen muß, weil man sonst die Informationen nur wiederbekommt, wenn das damit Verknüpfte auch dabei ist (Lichtverhältnisse, Geräusche etc.)

Fakt aber ist, das man auf jeden Fall das Gelernte wiederholen sollte. Zwar wissen Lernpsychologen heute, das man nichts vergißt, was man einmal gelernt hat, aber es ist so blaß und farblos, das man es beim Abrufen nicht wiederfindet

Deswegen ist Ihre Idee, mehrmals lesen, gar nicht so verkehrt - es kommt nur auf die richtige Dosis und Zeit an...;-)

LG

Feuertraum
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Manja_Bindig am 26. Juni 2006, 08:30:24
ZitatIch denke, es gibt Themenbereiche (wenn auch nicht viele), in denen ich mich ausgezeichet auszukennen meine, allerdings nur Aufgrund von eigenen Erfahrungen. Nachdem ich eure Einträge gelesen hatte, habe ich mir vorgestellt, wie ich beim Lektor sitze und er mich fragt: "Woher haben Sie denn diese fundierten Kenntnisse?" und ich sage: "Eigene Erfahrungen."    :hmhm?: *Die hochgezogene Augenbraue Lektors*

Ich denke, damit hättest du Eindruck gemacht. Eigene Erfahrungen sind immer besser, als nur angelesen zu haben.

So wie du klingst, Kaldi, erinenrt mich das an mich - zumindeast bei LErnzeug. Freie Literatur halte ich ewig im Gedächntis, aber Lernstoff... uärks...
Ich bin beim Lernen immer rumgelaufen oder hab nebenbei irgendwas gemacht - und Musik gehört(Mozart vor allem) - wenn ich mal gelernt habe.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: lapaloma am 26. Juni 2006, 09:23:04
Zwar habe ich in einem früheren Leben Ingenieur (schreibt man das so?) und Betriebswirtschaft studiert, doch das meiste davon habe ich wieder vergessen. Und was mir von meinem MBA beglieben ist, reduziert sich auf: Buy low and sell high.
Überhaupt muss ich feststellen, dass ich mit zunehmendem Alter immer weniger weiss. Mag sein, dass Alkohol und Hanf endlich Wirkung zeigen, aber fürs Schreiben spielt das keine Rolle.
Natürlich bekomme ich zuweilen Komplexe, wenn ich sehe, dass hierzulande die meisten Schriftsteller entweder aus der Buchbranche kommen, Lehrer sind, oder Germanistik studiert haben - und damit wahrscheinlich die deutsche Sprache besser beherrschen.
Doch was meines Erachtens viel mehr zählt als 'Bildung', ist Lebenserfahrung, Vorstellungskraft und soziale Intelligenz.
Herzliche Grüsse, Sid

PS. Bin am Anfang meiner 'Karriere' im achten Jahr von der Schule geflogen.



Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Arielen am 26. Juni 2006, 22:38:20
Zitat von: Sid am 26. Juni 2006, 09:23:04
Natürlich bekomme ich zuweilen Komplexe, wenn ich sehe, dass hierzulande die meisten Schriftsteller entweder aus der Buchbranche kommen, Lehrer sind, oder Germanistik studiert haben - und damit wahrscheinlich die deutsche Sprache besser beherrschen.
Doch was meines Erachtens viel mehr zählt als 'Bildung', ist Lebenserfahrung, Vorstellungskraft und soziale Intelligenz.

Letzterem stimme ich zu. Aber ich bin froh, daß auch du diese seltsame Verlagspolitik beobachtet hast.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: silsi am 30. Juni 2006, 09:46:06
Hallo Allerseits,

ich habe eine Frage an diejenigen, die schon einmal einen Roman veröffentlicht haben:

hier wurde öfters erwähnt, dass (deutsche) Verlage gern mit Autoren arbeiten, die einen tollen (akademischen) Lebenslauf vorzuweisen haben. Aber - wie erfahren die Verlage denn überhaupt von diesem Lebenslauf?

Ich habe mir immer vorgestellt, dass man sein Manuskript (oder 1. Kapitel + Treatment) an den Verlag schickt, der Lektor dann in Jubel ausbricht und man dann - auf Grundlage des Romans - in die Vertragsverhandlungen geht. Ganz gleich wie hübsch/hässlich, gebildet/ungebildet, arm/reich, nett/blöd der Verfasser des Romans ist.

Ist das zu naiv (o.k., dass mit dem jubelnden Lektor bestimmt, aber das andere???)?
Sagt der Lektor: "Hm, netter Roman, jetzt will ich mir aber erst noch den Autor anschauen. Wie - nur Hauptschulabschluss? O Gott o Gott! Na ja, so gut war der Roman nun auch wieder nicht. Ab in den Papierkorb damit."

Liebe Grüße
Stefanie





Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Manja_Bindig am 30. Juni 2006, 10:04:44
Keine Ahnung... also, bei mir weiß der gute Herr Solar nur, dass ich am Abi arbeite(dass ich es habe, weiß er noch nciht).
Warum akademischer Lebenslauf? Es klingt toller, wenn ein Professor der Meeresbiologie plötzlich Bestseller schreibt, als wenn Susi von der Hauptschule zugegebenermaßen gute und teilweise interessante Liebesromane fabriziert. Der Trend zum Akademischen macht auch bei Dingen, wo es nciht aufs Akademische ankommt nciht halt... leider.

Wie sie deinen Lebenslauf in die Hände bekommen... äh... sendet man nciht eigentlich immer einen Kurzlebenslauf bei der Bewerbung mit? Mir war immer so...
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: silsi am 30. Juni 2006, 10:12:13
"sendet man nicht eigentlich immer einen Kurzlebenslauf bei der Bewerbung mit?"

Hm, guter Einwand.

Ich habe mich bis jetzt immer nur auf "normale" Jobs beworben, wo man natürlich einen Lebenslauf mitschickt. Aber beim Roman hätte ich vielleicht erst einmal darauf verzichtet. Da hätte ich mich auf meine Arbeitsprobe verlassen. Denn solange der Roman überzeugt, interessiert es doch im Verlag niemanden, was ich studiert habe oder wo ich gearbeitet habe oder welche Lorbeeren ich im Studium oder Job kassiert habe?

Oder doch??

Ist es wirklich üblich, einen Kurzlebenslauf mitzuschicken?

Liebe Grüße
Stefanie

Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 30. Juni 2006, 10:32:13
Zitat von: Stefanie am 30. Juni 2006, 10:12:13
"sendet man nicht eigentlich immer einen Kurzlebenslauf bei der Bewerbung mit?"

Hm, guter Einwand.

Ich habe mich bis jetzt immer nur auf "normale" Jobs beworben, wo man natürlich einen Lebenslauf mitschickt. Aber beim Roman hätte ich vielleicht erst einmal darauf verzichtet. Da hätte ich mich auf meine Arbeitsprobe verlassen. Denn solange der Roman überzeugt, interessiert es doch im Verlag niemanden, was ich studiert habe oder wo ich gearbeitet habe oder welche Lorbeeren ich im Studium oder Job kassiert habe?

Oder doch??

Ist es wirklich üblich, einen Kurzlebenslauf mitzuschicken?

Liebe Grüße
Stefanie



Schau mal hier: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/board,6.0.html nach. Evtl. mußt du dich etwas durchwühlen, aber ich bin mir sicher, wir hatten dazu mal einen Thread...

Lg
Moni
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Linda am 30. Juni 2006, 12:56:43
Zitat von: Manja_Bindig am 30. Juni 2006, 10:04:44
Wie sie deinen Lebenslauf in die Hände bekommen... äh... sendet man nciht eigentlich immer einen Kurzlebenslauf bei der Bewerbung mit? Mir war immer so...


das macht man eigentlich schon so.  Heute kaufen die Verlage keine Romane mehr ein, sie kaufen Autoren als Gesamtpaket. Und über die wollen sie gleich zu Beginn einen Eindruck bekommen.

Lebenslauf (nicht tabellarisch, du bewirbst dich ja als Autor, nicht als Excel-Programmierer) gehört also rein - mit Schwerpunkt auf die interessanten Dinge.
Warum nicht von deinem Hobby Bogenschießen schreiben, wenn du einen Robin-Hood Roman verfasst hast?
Alles was dich für das Werk qualifizieren kann, ganz ungezwungen erwähnen :-)

Gruß,

Linda
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: silsi am 30. Juni 2006, 15:19:36
Danke für die schnelle Antwort.  :)
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Hyndara am 01. Juli 2006, 00:56:12
Hallo!

Dann will ich meinen Senf auch mal dazugeben:

1. Bildung/Studium usw.:
Als Beispiele:
Markus Heitz - studierte Journalismus und Geschichte, wenn ich richtig informiert bin. Arbeitete bei seiner ansäßigen Zeitung, ehe er den Geistesblitz mit seinem ersten "Shadowrun" kriegte.
Michael Peinkofer (Rückkehr der Orks) - studierte Journalistik, arbeitete auch darin, schrieb seinen ersten Roman (Verschwörungsthriller), wurde dann von Piper aufgefordert, oben erwähnten Roman zu schreiben
H.D. Klein - studierte Luft- und Raumfahrt, arbeitet als Fotograf mit eigenem Studio und schrieb mehrere Jahre an seinem ersten SF-Roman, reichte ihn bei Heyne ein und wurde vom Fleck weg genommen. Inzwischen ist sein dritter Roman draußen

Das kam jetzt einfach ohne Recherche von mir, sind alles drei männliche "Shootingstars" der deutschen phantastischen Literatur, da sehe ich mir die Bio meist ein bißchen genauer an, und meist bleibt das dann auch hängen.
Während mir jetzt, ehrlich gesagt, kaum ein deutscher Autor (okay Hohlbein, vielleicht Felten, wobei ich meine, die hätte zumindest Abi) ein, der von den großen Verlagen gehypt wird und nicht studiert hat.
Ich muß gestehen, ich verstehe die Verlagspolitik hier nicht so ganz, da auf der einen Seite offensichtlich Autoren gefördert werden, die ein Studium hinter sich haben, auf der anderen Seite aber Bücher von Heranwachsenden in den Himmel gelobt werden. Otto-Normal-Schreiber hat es da schwer, wenn er veröffentlichen möchte, vor allem bei den großen Verlagen.

Die Frage, ob man studiert haben muß, um schreiben zu können, verneine ich jetzt mal ganz entschieden. Die Frage sollte eher lauten: Wohin du willst? Willst du bei einem großen Verlagshaus unterkommen oder deine Geschichten schreiben? Ich denke, erst einmal sollte man seine Geschichten und Romane schreiben, dann kann man immer noch überlegen, ob man sie den Haien zum Fraß vorwerfen will (ich denke, spätestens jetzt kennt ihr meine Einstellung zum Thema Veröffentlichung).
Vielleicht lernen Abiturienten oder Studenten selbstständig zu arbeiten, ich weiß es nicht. Was ich weiß ist, daß ich einen Großteil meines Allgemeinwissens und auch das eine oder andere "Spezialwissen" mir selbst angeeignet habe, ohne daß irgendjemand hinter mir stehen mußte. Wenn ich für einen Roman recherchieren muß, dann recherchiere ich, habe ich das Wissen in meinem Kopf, dann kann ich es lassen und mich auf anderes konzentrieren. Ebenso sehe ich es mit dem Schreiben an sich. Ich vergleiche es gern mit Sport: Man mag eine gewisse Begabung dafür haben, aber ohne Training geht gar nichts. Je mehr man liest und schreibt, desto besser wird man.
Und wenn man andere Stile kopiert, lernt man meist sogar noch das eine oder andere. Warum kopiert man denn überhaupt? Doch sicher nicht, weil es nicht gefällt, sondern weil der Roman oder die Kurzgeschichte einem so gut gefallen hat. Die Kunst besteht darin, sich weiter zu entwickeln, den Stil, den man kopiert, zu verbessern und seine eigene Stimme zu finden.

Also, wenn du meine Meinung hören willst: Schreib bis die Finger bluten, schreib solange du kannst und Lust dazu hast. Wenn du magst, dann such dir ein Publikum für deine Texte, wenn nicht, dann laß deine Babys bei dir und erfreue dich an ihnen. Mit der Zeit wirst du sehen, daß dein Stil sauberer und flüssiger wird, du klarer mit Worten skizzieren kannst, Spannung aufbaust, deinen Figuren immer mehr Leben einhauchst. Schreib wie dir der Schnabel gewachsen ist!

2. Lernen
Tja, das ist schon was anderes. Gott sei Dank bin ich mit einem Gedächtnis gesegnet, das wichtige Infos speichert, was mir schon immer gut weiter geholfen hat. Versuch doch, ob du nicht dein Gedächtnis trainieren kannst, damit nicht alles durchrutscht. Karteikarten können auch ganz hilfreich sein. In letzter Zeit habe ich mir angewöhnt, mir Stichpunkte aufzuschreiben, wenn ich glaube, mir irgendetwas nicht wirklich merken zu können. Als Eselsbrücken funktionieren die klasse.

3. Vita
Wenn man ein Manuskript bei einem Verlag einreicht, besteht dieses üblicherweise aus einer Textprobe, einer Zusammenfassung, einem Verzeichnis der wichtigsten Personen, und einer Vita. In dieser Vita stehen die "technischen" Daten des Autors, als Name, Geburtstag, Ausbildung, Tätigkeit und eventuelle Veröffentlichungen. Wenn man studiert hat, gerade solche Dinge wie Germanistik oder Journalismus, wird das eben auch angegeben.

So, das wars von mir. Und, übrigens, ursprünglich war ich Hauptschülerin und habe mich bis zum Fachabi hochgekämpft. Mit dem Studium wurde es dann aber aus verschiedenen Gründen nichts.

Bis denne
Ramona
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Silvia am 01. Juli 2006, 01:42:08
Hm ... bisher dachte ich immer, bei der Auswahl eines Manuskriptes geht der Verlag danach, ob es gut geschrieben und gut verkaufbar ist ... daß nach dem Ausbildungsweg des Autors ausgewählt werden sollte, wäre mir neu  ;) Schließlich kann ein Studierter auch einen knochentrockenen Roman zusammenschustern.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Karin am 01. Juli 2006, 11:07:49
Vor Jahren hatte mir einmal eine bei einem großen Verlag veröffentlichte Autorin den Tipp gegeben, dem Verlag nicht nur 1 sondern 2 Manuskripte anzubieten, weil ein Verlag nicht gerne in Werbung für Eintagsfliegen investiert. Auf diese Art hatte sie es geschafft (allerdings arbeitete sie zu der Zeit als Journalistin, was sich vielleicht auch positiv ausgewirkt hat).
Später dann, nach der Abgabe ihres 3. oder 4. Romans (ich weiß es nicht genau), hat sie sich mit der Lektorin (die ziemlich patzig war) gestritten und bekam von der die Antwort:
"Ich dachte, Sie würden professionell schreiben, aber Sie benehmen sich wie eine schreibende Hausfrau."

Nachdem ich keinen wirklich wichtigen Job hätte, den ich in einer Vita angeben könnte, muss ich mich als schreibende Hausfrau sehen und weiß daher sehr genau, dass ich damit zu keinem Verlag gehen könnte. So bliebe mir wohl nur die Möglichkeit, in der Vita anzugeben, ich wäre freiberufliche Illustratorin, wegen der 3 Bücher, die ich illustriert habe oder freischaffende Künstlerin (wegen der paar Bilder, die ich verkaufte). Es klänge besser, aber wirklich zutreffend ist es nicht und deshalb will ich sowas nicht tun.
Allerdings, wer weiß schon, wie lange ein Tad Williams Lastwagenfahrer oder sonstwas von den unzähligen Berufen war, die er ausprobiert hat und die in seiner Vita stehen?  ;D

Nehmen wir eine andere Autorin, die ich kenne. Sie war technische Zeichnerin, ging in Babypause und schrieb da ihren 1. Roman, der gleich veröffentlicht wurde (wie sie das geschafft hat? Keine Ahnung. Ich denke, sie hat einfach Selbstbewusstsein, war von sich und ihrem Werk überzeugt und konnte demgemäß auftreten und obendrein redet sie mehr als ich, die ich nichts rausbringe und immer erst Tage später weiß, was ich hätte sagen sollen.) Fakt ist, dass einer Frau eine Babypause genehmigt wird. Dann zählt sie noch nicht als schreibende Hausfrau, sondern als Berufstätige, die die Zeit zu Hause nutzte, um ihrer wahren Berufung nachzugehen. Mittlerweile ist sie ja freiberufliche Autorin und muss sich keinen Job mehr überlegen.
Jedenfalls gab auch sie dem Verlag nicht nur 1 Manuskript, sondern eine fertige Trilogie. Dass der Verlag dann bei ihr anfragte, ob diese Trilogie nicht als 1 Buch veröffentlicht werden könne (was dann auch gemacht wurde), ob sie damit einverstanden wäre, ist dann eine andere Sache.

Ich denke, bei einem Autor ist es nicht anders als bei jedem anderen, der einen Job sucht: nicht lügen und auch nicht tiefstapeln. Und zu verstehen geben, dass man mehr als 1 Buch verfasst, dass bei Erfolg eine langjährige Zusammenarbeit möglich ist.
Erst dann wollen Verlage Geld in einen Autor stecken.
Werbung ist alles. Ein Studium ist eine gute Werbung, vielleicht aber findet man auch eine andere Möglichkeit, von sich zu überzeugen.

In unserer Zeit und Land, in der ein vorzuweisendes Papier bei jedem Job positiv wirkt und Aufmerksamkeit erregt, wäre es mir lieber, wenn ich ein Studium oder wenigstens Abi vorweisen könnte. Ich glaube, dann wäre es leichter.
Am wichtigsten aber, glaube ich, ist tatsächlich, von sich und dem Werk überzeugt zu sein, etwas Gutes anzubieten und ...

... Glück zu haben, im richtigen Moment den richtigen Lektor zu erwischen.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Lomax am 01. Juli 2006, 13:15:42
Zitat von: Hyndara am 01. Juli 2006, 00:56:12
Ich muß gestehen, ich verstehe die Verlagspolitik hier nicht so ganz, da auf der einen Seite offensichtlich Autoren gefördert werden, die ein Studium hinter sich haben, auf der anderen Seite aber Bücher von Heranwachsenden in den Himmel gelobt werden. Otto-Normal-Schreiber hat es da schwer, wenn er veröffentlichen möchte, vor allem bei den großen Verlagen.
Nun, die Frage ist doch, wo man da Ursache und Wirkung ansiedelt. Man kann davon augehen, dass gerade unter den leidenschaftlichen Schreibern und unter denjenigen, die ihr Leben der Sprache widmen, einfach auch besonders viele Leute dabei sind, die versuchen, entsprechende Berufe zu ergreifen. Und die meisten "schreiberischen" Berufe sind nun mal auch mit einem Studium verbunden. Wer aber schon berufsmäßig schreibt, beispielsweise als Journalist, der hat dabei auch schon was übers Schreiben gelernt, also einen Vorsprung - ganz besonders wenn es darum geht, nicht nur zu Schreiben, sondern seine Schreibe auch an Kundenwünsche anzupassen und zu verkaufen.
  Daher halte ich es für normal, dass unter den Autoren estens überproportional viele Studierte, und zweitens überproportional viele Journalisten und Leute sind, die Germanistik studiert haben. Wie gesagt - dass ist in den USA nicht anders: Auch da besteht die größte Autorengruppe aus Anglisten, dazu kommen noch viele andere Studienabschlüsse und das letzten Programmplätze teilen sich dann alle anderen Berufe und Abschlüsse.
  Das muss also nicht heißen, dass die Verlage gezielt auf so etwas schauen - es ist einfach eine Frage der Statistik, die sich aus den Neigungen ergibt, die Autoren normalerweise mitbringen; und der Erfahrung, auf die sie dann schon bei der Verlagsbewerbung zurückgreifen können.

Letztendlich entscheidet das Manuskript, am besten auch noch der persönliche Kontakt. Alles andere zählt eher zur Kosmetik - die eine Verlagsbewerbung durchaus aufwerten kann, aber auch nicht mehr zählt als andere, nichtakademische Pluspunkte.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Lomax am 01. Juli 2006, 13:28:30
Zitat von: Karin am 01. Juli 2006, 11:07:49Nachdem ich keinen wirklich wichtigen Job hätte, den ich in einer Vita angeben könnte, muss ich mich als schreibende Hausfrau sehen und weiß daher sehr genau, dass ich damit zu keinem Verlag gehen könnte.
Um den Satz mit der "schreibenden Hausfrau" richtig zu verstehen, muss man auch wissen, was gemeint ist. Die rein nüchterne Tatsache, dass man als Hausfrau zu Hause ist, hat damit nämlich wenig zu tun - mit dem Klischee von der "Schreibenden Hausfrau" verbindet sich in den Verlagen eher ein bestimmter Schreibertyp: Nämlich derjenige, der schreibt, weil er sich damit besser fühlt - und der in erster Linie beim Schreiben auch an sich denkt und nicht an der Leser, und der deshalb auch alle Anforderungen, die in Bezug auf das Schreiben an ihn gestellt werden, als Zumutung empfindet.
  Das Klischee besagt nun, dass dieser Schreibertyp unter den "Hausfrauen" besonders verbreitet ist, die nicht etwa anfangen zu schreiben, weil sie gerne schreiben und Geschichten erzählen wollen - sondern weil sie gelangweilt zu Hause sitzen, frustriert sind und ihnen nichts besseres einfällt. Sie schreiben dann, um Bestätigung zu erhalten oder ihre eigenen Probleme aufzuarbeiten - und solche Schreiber gelten bei Lektoren als schwierig, weil unprofessionell.
  Es ist also keinesfalls so, dass man als Hausfrau gar nicht erst bei Verlagen ankommen kann, weil man dann einen schlechten Ruf hat. Wenn man den Lektor davon überzeugen kann, dass man trotzdem eine professionelle Einstellung zum Schreiben hat und sich nicht "zickig anstellt", dann ist dem Verlag auch das Hausfrauen-Dasein egal. Und ich kann, ehrlich gesagt, diesen Vorbehalt auch nachvollziehen: Ich habe selbst schon erlebt, dass es anstrengend ist, mit Laien zusammenzuarbeiten, und das einfach alles viel lockerer und selbstverständlicher läuft, und auch weniger Kommunikation nötig ist, wenn man mit erfahrenen, geschäftsmäßigen Schreibern zusammenarbeitet.
  Es ist bedauerlich, dass das Klischee nun diesen "anstrengenden" Schreibertyp gerade mit der "Hausfrau" verknüpft - wenn man dann zufällig tatsächlich Hausfrau ist, hat man es womöglich schwerer, gegen das Vorurteil anzukämpfen. Andererseits gibt es solche Klischees auch für andere Berufsgruppen, und "der mimosenhafte Schreiber" taucht natürlich auch unabhängig von allen Berufsgruppen auf. Letztendlich muss also jeder den Lektor davon überzeugen, dass man ein möglichst angenehmer Geschäftspartner sein wird - wie man das tut, muss natürlich jeder individuell selbst sehen. Aber auch für die "Hausfrau" sollte es möglich sein - und am einfachsten geht es natürlich dann, wenn man schon mal irgendwo professionell geschrieben (oder auch anderweitig kunsthandwerklich gearbeitet!) hat und das vorweisen kann.
  Und man sollte nicht vergessen, dass viele der erfolgreichsten Autorinnen als "schreibende Hausfrauen" angefangen haben und damit schon beweisen, dass das "Hausfrau" an sich keine Hürde darstellt.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Feuertraum am 01. Juli 2006, 16:03:00
Andererseits muß ich schon gestehen, wenn man sich z.B. Lomax`Homepage anschaut, was er für Referenzen in sachen Studium hat, kann einem das schon den Mut nehmen...

Allerdings: wenn man genug Selbstbewußtsein hat, dann kann auch ein Nichtstudierter gute Romane gut schreiben... ;)

@Hyndara: Ja, man lernt im Abitur schon, selbständiger zu arbeiten; manchmal bürdet man den Schülern Aufgaben auf, da bekommt man das Schlottern (eine Bekannte von mir mußte ein Referat über die Renaturisierung eines kleinen Flußverlaufs hier in der Nähe schreiben; inklusive den gesamten Werten damals --> heute, was alles gemacht wurde, was es bewirkt hat und und und. Mindestseitenzahl Computer 12pkt Courier 15 Seiten. Und dafür hatte sie einen Monat Zeit...) Ich denke schon, das man aufgrund solcher Aufgaben schon zwangsweise selbständiger arbeiten lerbnt und nicht jeden Bissen vorgekautr bekommt.

LG

Feuertraum
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Linda am 02. Juli 2006, 00:57:38
Zitat von: Feuertraum am 01. Juli 2006, 16:03:00
Andererseits muß ich schon gestehen, wenn man sich z.B. Lomax`Homepage anschaut, was er für Referenzen in sachen Studium hat, kann einem das schon den Mut nehmen...

Nun ja, auch das muss man relativ sehen. Ein Studium in (alter) Geschichte bringt  sicherlich viele gute Ideen für historische Romane ein, außerdem lernt man noch Unmengen anderen Kram, z.B. wie man an wirklich schwierige Quellen kommt etc.

Das Studium der dt. Sprachwissenschaft allerdings ist (vor allem bei den genannten Schwerpunkten) in erster Linie die Voraussetzung für die Tätigkeit als Lektor, nicht für die als Autor.   
  Was nicht heißen soll, dass es nicht enorm nützlich ist, vieles zu wissen. Ein Autor Mensch sollte immer nach Wissen sterben, und als Kreativer stellt man früher oder später fest, dass man wirklich auch alles noch irgendwie brauchen kann, was man sich irgendwann einmal angeeignet hat :-)

Gruß,

Linda
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Hyndara am 02. Juli 2006, 03:43:21
@ Feuertraum:
Was Referate angeht, kann ich da auch ein Lied von singen. Mein Biolehrer in der Hauptschule bestand darauf, daß wir unsere Referate frei halten mußten - keine Unterlagen, keine Notizzettel. Wenn wir zitieren mußten, mußten wir die Zitate auswendig lernen, mitsamt Quelle, etc. *hüstel* Es war meine einzige 1, die ich je in Biologie bekommen habe.

@ Lomax:
Es ist noch gar nicht so lange her, da "outete" sich ein Verlag (Bertelsmann, um genau zu sein, bzw. damals schon Randomhouse), daß sie in Zukunft keine Bücher mehr ohne Autoren verlegen wollten. Der Grundgedanke war, wenn ich mich recht erinnere, den oder die deutsche Rowlings zu finden, deren Hintergrund HP ja deutlich gehypt hat. "Wir verlegen keine Bücher, sondern Autoren" sollte soviel heißen wie: Wir wollen die Lebensgeschichte unserer Autoren wissen und sie an unser Publikum weitergeben. Und wenn ich mir jetzt die Bücher ansehe, die herausgebracht werden, sind es zwar keine 100 Prozent, aber nahe dran, von Autoren, die studiert haben.
Was Auftragsarbeiten angeht, empfehle ich dir wirklich mal meine Rezi zu Peinkofers "Rückkehr der Orks", oder nimm die von Arielen. Wir beide sind uns so ziemlich einer Meinung. Wenn der Autor das Genre nicht ernst nimmt, in dem er arbeitet, kann da, selbst was Auftragsarbeit angeht, nicht wirklich was draus werden. Sorry, ich gebs zu, im Moment bin ich wieder auf die Kleinverlage eingeschossen, da hält es sich weitestgehend in Grenzen.

@ Karin:
Tad Williams mag sich als Truckfahrer durchgeschlagen haben, aber meines Wissens ist er auch Absolvent einer amerikanischen Schreibschule und keineswegs Autodidakt. Und damit wären wir wieder am Eingang der Diskussion.

Bis denne
Ramona
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Lomax am 02. Juli 2006, 09:45:16
Zitat von: Feuertraum am 01. Juli 2006, 16:03:00Andererseits muß ich schon gestehen, wenn man sich z.B. Lomax`Homepage anschaut, was er für Referenzen in sachen Studium hat, kann einem das schon den Mut nehmen
Nun, wie ich sagte - als Lektor sollte man schon studiert haben ;) ... aus verschiedenen Gründen, die mit der Tätigkeit als Autor zunächst nur am Rande zu tun haben.

Würde ich mich allerdings mit einem Manuskript bewerben, würde ich eher auf meine Erfahrungen als Journalist, Lektor und Übersetzer verweisen als auf meine Studienreferenzen (außer natürlich bei Büchern, die direkt mit dem Studium zu tun haben). Denn diese Berufserfahrungen haben mehr mit dem Schreiben zu tun als das Studium, und solche schreibrelevanten Erfahrungen interessieren letztlich auch mehr als formale Abschlüsse.
  Aber selbst wenn ich als Lektor ein Manuskript einreiche, würde es keinefalls automatisch genommen - denn wenn Lektoren automatisch gute Autoren wären, dann würden ja auch die meisten Bestseller von ehemaligen Lektoren geschrieben, und dass dem nicht so ist, weiß man natürlich auch in den Verlagen.
  Also, Feuertraum, sollten Sie sich eher Mut machen lassen: Denn wenn meine praktischen Erfahrungen für Verlagsbewerbungen schon mehr wert sind als die Abschlüsse; und wenn andererseits klar ist, dass selbst diese Erfahrungen nur einen marginalen Einfluss hätten - dann sollte auch die Bedeutung eines Studienabschlusses für Autoren sichtlich relativiert sein.

Genau genommen gibt es im Fantasy-Bereich sogar mehr erfolgreiche "schreibende Hausfrauen" als "schreibende Lektoren". Und das weiß man ungeachtet aller Vorurteile eben auch in den Verlagen ;D
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Lomax am 02. Juli 2006, 10:03:33
Zitat von: Hyndara am 02. Juli 2006, 03:43:21
Es ist noch gar nicht so lange her, da "outete" sich ein Verlag (Bertelsmann, um genau zu sein, bzw. damals schon Randomhouse), daß sie in Zukunft keine Bücher mehr ohne Autoren verlegen wollten.
Ja, das Interview habe ich auch gelesen; aber auch das sagt nur bedingt etwas über den Wert eines Studiums für Autoren aus. Zum einen war es nur ein Lektor, der sich geäußert hat - und damit sicherlich eine derzeit im ganzen Medienbereich dominante Strömung in Worte fasste, aber eben doch nur eine Tendenz und nicht eine allgemeingültige Regel, nicht einmal für Randomhouse. In so großen Verlagen sitzen viele Leute mit sehr unterschiedlichen Meinungen, und für eine Entscheidung müssen sich immer mehrere davon zusammenraufen. Was dabei herauskommt, ist nicht immer so voraussehbar und "Richtliniengetreu".

Vor allem aber ging es bei dieser Aussage eben nicht um Studienabschlüsse: Es ging um "vermarktbare Autorenpersönlichkeiten". Es mag sein, dass man einen studierten Historiker bei historischen Romanen auch besser vermarkten kann - aber in anderen Bereichen ist es schon weniger eindeutig, welchen Einfluss welcher Werdegang auf die Vermarktbarkeit hat. Menschen verkaufen sich besser als Bücher - aber es gibt eine Menge Zielgruppen, bei denen Akademiker nicht unbedingt als Werbefigur taugen.
  Wenn ein Verlag nach "Autorenpersönlichkeiten" sucht, dann sollte man davon ausgehen, dass er anstelle eines Akademikers lieber einen Fantasyautor nehmen würde, der als Kind im Urwald ausgesetzt wurde, von Affen großgezogen und dann von von Eingeborenen adoptiert wurde, der sich selbst mit einem bei einem Flugzeugabsturz gefundenen Buch Lesen und Schreiben beibrachte - und jetzt von diesen Erlebnissen inspirierte Fantasy schreibt.
  Also, bei der Suche nach "Autoren" statt "Büchern" geht es natürlich darum, verlässliche Geschäftspartner  zu finden, bei denen man mit einer langfristigen Zusammenarbeit rechnen kann. Es geht aber vor allem auch darum, Persönlichkeiten zu finden, die Aufmerksamkeit erregen, die für den Kunden interessant sind oder sich vielleicht einfach nur als "Marke" eignen. Ich fürchte, Studienabschlüsse sind für Leser nur bedingt interessant. Und damit hat auch jeder die Möglichkeit, sich bei solchen Verlagen als "interessante Persönlichkeit" vorzustellen und so seine Chancen zu verbessern.

Zitat von: Hyndara am 02. Juli 2006, 03:43:21
Sorry, ich gebs zu, im Moment bin ich wieder auf die Kleinverlage eingeschossen, da hält es sich weitestgehend in Grenzen.
Na ja, dafür kann man bei Kleinstverlagen unglaubliche Dinge mit, ähm, ich sage mal: Interessanten Verlegerpersönlichkeiten erleben. Aber ich denke, das hast du wohl selbst schon erlebt - wie jeder, der sich eine Weile in der Kleinstverlagsszene bewegt. Letztlich muss sicher jeder selbst sehen, womit er besser klarkommt. Aber mich nervt die teilweise haarsträubende Unberechenbarkeit der Kleinstverlage schon sehr, und im Zweifel würde ich immer die kühle Geschäftsmäßigkeit bei den großen Verlagen vorziehen.
  Da ist es zwar schwer, unterzukommen; aber wenn man etwas an einen größeren Verlag verkauft, dann hat man den Stress wenigstens halbwegs hinter sich und weiß, was auf einen zukommt, wie man mit den Leuten umgehen muss und kann und was erwartet wird. Bei einem Kleinstverlag fangen die Probleme dann oft erst an :-X
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Maja am 02. Juli 2006, 10:27:30
Es bricht aus mir heraus, und ich möchte mal ganz ehrlich sein:
Ich habe keine Lust, mich für mein Abitur und mein Studium zu entschuldigen bei Leuten, die, aus welchem Grund auch immer, keines haben. Ich bin stolz auf mein Studium, ich bin stolz, es in Mindestzeit abgeschlossen zu haben und auch noch unter den Jahrgangsbesten zu sein. In diesem Studium habe ich viel gelernt, von dem ich auch heute noch profitieren kann - sowohl beruflich [wenn ich denn Arbeit hätte] als auch als Autor.

Muß es mir peinlich sein, daß mir Bildung viel bedeutet, sowohl bei mir, als auch bei anderen? Daß ich mein Leben lang danach gestrebt habe, Wissen anzusammeln, in der Schule und darüber hinaus? Es bietet mir eine Möglichkeit, mich zu definieren - ich bin Akademiker. Das ist eine Schublade, aus der ich nie wieder rauskomme. Ich werde vom Schlecker abgelehnt, wo ich mich um eine Hilfstätigkeit beworben hatte - Akademiker, überqualifiziert. Aber ich bin lieber über- als unterqualifiziert. Mein größtes Ärgernis ist, daß ich nur ein Fachhochschuldiplom habe. Daß ich nie einen Doktorgrad erwerben kann.
Ich lache, wenn ich lese, daß Akademiker Gehälter von 4.000 € aufwärts erwarten können - nicht nur, daß ich von 600 € Harzt IV lebe - in keinem meiner bisherigen Berufe habe ich auch nur die Hälfte dieser Traumsumme verdient. Akademikersein macht mich nicht reich. Da darf es mich wenigstens stolz machen.

Wenn ich jemanden treffe, der - obwohl in meinem Alter - kein Abitur hat, begegne ich dem erstmal mit Vorurteilen. Hat wohl nicht gereicht bis zum Abi?. Wenn ich den Betreffenden besser kennenlerne, kann ich meine Meinung immer noch revidieren. Wie erwähnt, kenne ich Leute, die ohne Abitur sehr gebildet sind - aber das sind allesamt Menschen, die ihr Abitur gemacht hätten, wären nicht Dinge dazwischengekommen wie in den zwanziger Jahren ein Mädchen sein oder in der DDR zur Schule gehen, wo nur zwei aus der Klasse eine Oberstufenberechtigung zugeteilt bekamen...
Mir fehlt das Verständnis für Leute, die aus freiem Willen nach der zehnten Klasse die Schule verlassen und eine Ausbildung machen, statt noch drei Jahre Bildung dranzuhängen - ich halte sie für gierig, daß sie schon Geld verdienen müssen, bevor sie achtzehn sind. Ich bin für meine Bildung ausgelacht worden und verhöhnt, aber jetzt ist sie alles, was ich noch habe - und ich bin immer noch stolz darauf.

In diesem Sinne:
Maja


*Früher war ich arrogant. Heute weiß ich, daß ich was besseres bin.*
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Astrid am 02. Juli 2006, 11:08:15
Zitat von: Maja am 02. Juli 2006, 10:27:30
Mir fehlt das Verständnis für Leute, die aus freiem Willen nach der zehnten Klasse die Schule verlassen und eine Ausbildung machen, statt noch drei Jahre Bildung dranzuhängen - ich halte sie für gierig, daß sie schon Geld verdienen müssen, bevor sie achtzehn sind.
Das würde ich dann aber schon gerne relativieren. Geld verdienen müssen hat nicht unbedingt etwas mit Gier zu tun, sondern zum Beispiel auch mit Überleben, wenn die Eltern selber kein Geld haben und die Kinder früh auf sich allein gestellt sind. Bildung ist etwas für Leute, die sich leisten können, drei Jahre mit dem Geldverdienen zu warten.

Und wenn jemand "aus freien Stücken" nach der Zehnten abgeht, statt weiter zu lernen - ja, wo ist das Problem? Dann ist er eben nicht der Typ fürs Studium, sondern vielleicht eher handwerklich orientiert. Das ist doch nun wirklich nicht schlechter und hat nichts mit Gier zu tun. Jeder Mensch soll das tun, wozu er geeignet ist - und Abitur und Studium sind NICHT für jeden das Richtige, auch wenn sie es für dich gewesen sind.

Und auch das Studium ist nicht kostenfrei. Ich habe mein Studium damals nach dem dritten Semester abgebrochen, weil ich kein Geld hatte und welches verdienen mußte, aber auch, weil ich in diesem Studium keine Zukunft für mich gesehen habe. Gierig war ich deshalb noch lange nicht.

Ich bin der Einstellung, daß Autoren Abitur haben müssen, studiert haben müssen, Germanisten sein sollen, bisher nirgends begegnet. Und ehrlich gesagt, halte ich so eine Einstellung - wie jede "DAS MUSS SO SEIN!"-Einstellung - für riesengroßen Schwachsinn. Autoren sollten Persönlichkeiten sein und ihre eigenen Geschichten erzählen, das ist alles. Spezieller geht es nicht - wegen der Vielfalt der Leser UND der Schreiber. Also bitte die Bälle flach halten hier.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Lomax am 02. Juli 2006, 11:20:35
Hallo Maja,
Zitat von: Maja am 02. Juli 2006, 10:27:30
Ich habe keine Lust, mich für mein Abitur und mein Studium zu entschuldigen bei Leuten, die, aus welchem Grund auch immer, keines haben.
Ich hoffe, das verlangt auch keiner - und ich hoffe, dass kein Streit in dieser Richtung zustandekommt. Ich würde gerne nüchtern und möglichst ohne persönliche Betroffenheit bei der ursprünglichen Frage zu bleiben: Muss ein Autor ein Studium oder auch nur Abitur haben, um veröffentlichen zu können oder von den Verlagen überhaupt ernst genommen zu werden?
  Wenn man anfängt, persönliche Befindlichkeiten dran festzumachen, kann nur Unfrieden rauskommen und eine Diskussion, wo es nur Verlierer geben kann. Denn leider ist die Wirklichkeit da vielfältig genug, um allzu viele persönliche Wahrheiten zu generieren, die man ohnehin nie zusammenbringen kann ...
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Kalderon am 02. Juli 2006, 11:48:38
Zitat von: Maja am 02. Juli 2006, 10:27:30
Wenn ich jemanden treffe, der - obwohl in meinem Alter - kein Abitur hat, begegne ich dem erstmal mit Vorurteilen. Hat wohl nicht gereicht bis zum Abi?. Wenn ich den Betreffenden besser kennenlerne, kann ich meine Meinung immer noch revidieren. Wie erwähnt, kenne ich Leute, die ohne Abitur sehr gebildet sind - aber das sind allesamt Menschen, die ihr Abitur gemacht hätten, wären nicht Dinge dazwischengekommen wie in den zwanziger Jahren ein Mädchen sein oder in der DDR zur Schule gehen, wo nur zwei aus der Klasse eine Oberstufenberechtigung zugeteilt bekamen...
Mir fehlt das Verständnis für Leute, die aus freiem Willen nach der zehnten Klasse die Schule verlassen und eine Ausbildung machen, statt noch drei Jahre Bildung dranzuhängen - ich halte sie für gierig, daß sie schon Geld verdienen müssen, bevor sie achtzehn sind. Ich bin für meine Bildung ausgelacht worden und verhöhnt, aber jetzt ist sie alles, was ich noch habe - und ich bin immer noch stolz darauf.

Ich habe Hauptschule gemacht, dann die freiwillige 10. Klasse und dann Berufsfachschule Fachrichtung Wirtschaft 3 Jahre. Normal wären es 2 gewesen, allerdings habe ich das erste Jahr freiwillig wiederholt, weil ich dachte, ich könnte so den Stoff besser reinkriegen.
Deine Meinung ist ziemlich knackig. Wenn ich es richtig interpretiert habe, müsste ich mich schämen, kein Abi zu haben, weil ich zu dumm bin eines zu machen, denn sonst hätte ich es ja gemacht. Und statt es mir zu erarbeiten, strebe ich ein leben als Neider und lernfauler, geldgeiler Mensch an. Man kann meine Lernschwäche und mein schlechtes Gedächtnis natürlich auch als Dummheit auffassen oder den starken Wunsch, dumm zu bleiben, eine Ausrede, um mich vom Lernen befreit zu halten. Aber so einfach ist es nicht. Ich lerne gerne für Dinge, die mich interessieren, allerdings mit der einzigen Möglichkeit, die mir noch bleibt: privat.

Einen Menschen anhand seines Schulabschlusses zu beurteilen ist ekelerregend, bisweilen mache ich dies aber auch. Ich sage oft, dass viele Abiturienten dumm sind. Gebildet, aber oft dumm. Mag sein, dass es damals anders war, aber heutzutage studieren die meisten oder gehen weiter zur Schule, weil sie nicht wissen, was sie sonst machen sollen, und wegen der Partys (das höre ich wirklich oft als Begründung :wums:).

Und bei diesen Leuten ärgere ich mich, weil ich zugeben muss, dass ich neidisch bin. Ich gebe es zu, dass ich die Leute beneide, die nur hingehen, weil sie Langeweile haben, nicht arbeiten wollen oder um sich einen schönen Tag zu machen. Leute, die keinerlei Interesse an dem haben, was sie da erzählt bekommen. Oder Leute, die wegen gutem Wetter die Vorlesungen schwänzen. Ich beneide sie, weil ich auch bei 30 Grad im Schatten noch die Vorlesungen besuchen würde, aber leider einen Job machen muss, der mich nicht interessiert, mich anwidert, weil ich nur einen Abschluss habe, der nur für die Arbeiterklasse reicht.
Und ich muss mich mit Recht fragen, wo jemand wie ich, der sogar von dir von oben herab angeschaut und belächelt wird, überhaupt einen Platz in der Gesellschaft finden kann.

Selbstverständlich ist Neid nicht erstrebenswert. Und ich lasse mich in meiner Meinung, was Abiturienten betrifft (ich kenne sehr wohl auch welche, die sehr bestrebt sind, zu lernen und zu lernen) gerne verbessern. Ich fürchte, unsere Gesellschaft bringt es mit sich, Abneigung gegen Menschen zu haben, die nicht dem Muster entsprechen. Dass da mittlerweile fast jeder rausfällt, sieht keiner. Aber trotzdem  :pfanne: *immer feste druff!!!*
Keine Ahnung, was ich dazu noch sagen soll.

P.S.: Ich weiß, dass es gerade sehr gefühlsgeladen wird, aber der Mensch ist Mensch. Und ich habe keine Scheu, meine Meinung offen zu sagen, egal wie qualitativ wertvoll sie auch sein mag.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: lapaloma am 02. Juli 2006, 12:36:06
Vielen Dank, liebe Tintenzirkler,
diese Diskussion ist sehr aufschlussreich. Auch wenn mir das Bild, das sie mir zeigt, nicht gefällt, so werde ich es doch in Zukunft berücksichtigen. Besonders der Beitrag von Linda, in dem sie erwähnt, dass die grossen Verlage heute Autoren und nicht bloss Manuskripte kaufen, ging mir unter die Haut. Wieso hatte ich das bisher übersehen?
So fasse ich denn kurz zusammen, was ich gelernt habe. Bitte korrigiert mich, wenn etwas daran falsch sein sollte:

1. Bildung und Lebenslauf eines Autors spielen sehr wohl eine Rolle. Verlage möchten eine möglichst 'interessante' Vorzeigefigur.

2. Verlage möchten eine Option auf Fortsetzungen: Autoren, von denen sie erwarten können, dass sie ggf. nachdoppeln, sind attraktiver.

3. Studierten glaubt man eher, dass sie (gut) schreiben können.

und wenn ich die Literaturszene kritisch betrachte, muss ich noch anfügen:

4. Autorinnen und Autoren sollten gut aussehen, damit man sie auch in hübschen Bildern präsentieren kann.

und

5. Autoren und Autorinnen sollten bereit und in der Lage sein, öffentlich aufzutreten, und damit das Marketing aktiv zu unterstützen. Menschen, die vor Publikum stottern und rot werden, sind dazu ungeeignet.

und jetzt werde ich noch eine Stufe sarkastischer:

6. Eine mittelmässige Schreibe reicht wahrscheinlich, wenn die oben stehenden Punkte erfüllt sind.

Bisher dachte ich mir, dass es wahrscheinlich lustig und interessant wäre, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zu erwähnen, dass ich in der achten Klasse von der Schule geflogen bin. Doch jetzt werde ich wohl die andere Seite meines CV hervorheben müssen.

Mit einem Augenzwinkern,
ein ziemlich nachdenklich gewordener Sid

PS. Einfache Menschen sind mir lieber, als solche mit einer eingebildeten Ausbildung und einer ausgebildeten Einbildung.


Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Steffi am 02. Juli 2006, 13:00:23
Na ja Maja, ich befürchte du bewegst dich da auf sehr dünnem Eis. Du scheinst nämlich in der Annahme zu leben, dass man nur im Studium und nur da was lernt, aber nichts in der Berufsausbildung oder im Beruf.

Ich zum Beispiel bin eine derjenigen, die Germanistik und Anglistik studiert (und demnach bin ich bald beim Verlag, hey! *augenverdreh*).  Mein Bruder hat zwei Studiums (Studien?) angefangen und abgebrochen - es lag ihm einfach nicht. Er ist nicht der Typ, der sich mit theoretischem Wissen vollstopft, es hat ihn unglücklich gemacht. Aber nicht nur theoretisches Wissen ist Wissen, oder?

Jetzt lernt er Krankenpfleger, ja er lernt. Denn Krankenpfleger ist auch nichts, was man mal "eben so" macht. Der Junge verbringt Nachmittage damit, Sachen über Krankheiten, Medikamente und Behandlungen auswendig zu lernen, die ich mir im Traum nicht merken könnte. Er kann Spritzen setzen, Infusionen ziehen, Patienten waschen (was auch nicht mal eben so geht) und er hat gerade mal im April angefangen.

Ist das schlechteres Wissen als das Wissen, das man an der Uni lernt? Ich habe oft das Gefühl, er lernt im Endeffekt mehr als ich - mehr über das Leben, über Menschen, über Tod.

Damit will ich nicht sagen, dass mein Studium schlechter ist, ich liebe es. Aber zu behaupten "Wer arbeitet statt zu studieren will nicht Lernen" ist einfach - falsch.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Karin am 02. Juli 2006, 13:47:43
Zitat von: Lomax am 02. Juli 2006, 09:45:16
Genau genommen gibt es im Fantasy-Bereich sogar mehr erfolgreiche "schreibende Hausfrauen" als "schreibende Lektoren". Und das weiß man ungeachtet aller Vorurteile eben auch in den Verlagen ;D

@ Lomax: Danke für die langen Ausführungen. Das lässt mich vieles klarer sehen. Den Satz der damaligen Lektorin kann ich jetzt besser bewerten. Auch wenn ich ihn immer noch nicht in Ordnung finde, kann ich besser damit umgehen. Danke.  :)

@ Maja: ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass du wirklich meinst, was du da geschrieben hast. Das Leben ist um so vieles vielfältiger, als dass man es in einer Ansicht unterbringen könnte und die Lebenswege sind es ebenso. Gerade als Autoren mit viel Fantasie und Einfühlungsvermögen können wir alle uns doch sehr gut in andere hineinversetzen und wissen, dass es eben mehr gibt, als nur den eigenen Willen.

Wo kämen sonst all die unfreiwilligen Helden in der Fantasy her, die in etwas hineinschlittern, das sie niemals wollten?
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 02. Juli 2006, 14:52:10
Zitat von: Maja am 02. Juli 2006, 10:27:30
Ich habe keine Lust, mich für mein Abitur und mein Studium zu entschuldigen bei Leuten, die, aus welchem Grund auch immer, keines haben.

Diesen Standpunkt kann ich 100% nachvollziehen, ich erweitere ihn noch um folgendes: Ich bin es leid, mich für meine Bildung bzw. mein Wissen entschuldigen zu müssen.

Das ist keineswegs an den Haaren herbeigezogen, sondern fußt auf Tatsachen. Wer es schon einmal erlebt hat, daß beim Trivial Pursuit spielen die Bemerkung fiel: "Mit dir spiel ich nie wieder, du gewinnst ja dauernd." Oder "Mußt du so ein wandelndes Lexikon sein, daß macht ja gar keinen Spaß mit dir zu spielen." oder ein völlig entnervtes "Wieso weißt du das denn jetzt schon wieder", der kann vielleicht nachvollziehen, wie man sich in so einer Situation fühlt.

Ich würde niemandem, der aus guten Gründen nach der 10.Klasse eine Berufsausbildung beginnt, den Vorwurf machen, er sei faul gewesen und habe sich vorm Abi drücken wollen. Was ich aber absolut nicht nachvollziehen kann, ist wenn jemand mir dann Vorwürfe macht, daß ich Abi gemacht habe und daß ich studiert habe... wo ist da die Logik?

Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Maja am 02. Juli 2006, 15:04:18
Ich versuche das jetzt mal klarzustellen, weil ich fürchte, einige haben mich mißverstanden:
Ich habe durchaus einige Vorurteile gegen junge Leute, die ohne Not nach zehn Jahren die Schule verlassen mit Argumenten wie »Dann kann ich mir mit achtzehn schon ein Auto leisten« oder »Ich will doch sowieso heiraten« oder »Bauer brauchen kein Abitur«. Solche Leute sind mit mir zur Schule gegangen.

In den Achtzigern war es im bäuerlichen Münsterland durchaus üblich, Bauerntöchter intelligenzunabhängig zur Hauptschule zu schicken - und als meine Schwester nach der vierten Klasse zur Realschule wechselte statt aufs Gymnasium, meinte die Mutter eines ihrer früheren Mitschüler allen Ernstes zu mir "Sie ist ja auch nur ein Mädchen" - daß es ganz andere Gründe gab, nämlich meine Schwester ein sehr stilles Kind war und meine Eltern Angst hatten, sie könne auf dem Gymnasium untergebuttert werden, stand auf einem anderen Blatt. Und auch, daß meine Schwester nach dem Realschulabschluß die gymnasiale Oberstufe besuchte und ihr Abitur machte.

Aber auf der anderen Seite wurde ich bei der JRK-Gruppenleiterausbildung (ich war 15) wie ein Freak behandelt, weil ich als einzige von 20 Teilnehmerinnen auf dem Gymnasium war und der Rest Hauptschüler. Wenn das als Mobbinggrund ausreicht - herzlichen Glückwunsch.
Und ich mag es nicht, wenn solche Leute jetzt kommen und jammern, daß sie ja nichts gelernt haben. Oder aber mir vorwerfen, daß ich studiert habe und den Staat nur Geld koste, während sie ja seit ihrem 17. Lebensjahr in Arbeits- und Rentenversicherung eingezahlt haben.

Niemand soll gezwungen sein zu studieren. Eine anständige Ausbildung ist auch viel wert, obwohl ich durchaus den Unterschied gemerkt habe zwischen akademischen Bibliothekswesen und dualsystemischem Buchhandel - ein Grund, warum ich heute auch als Buchhändlerin von meinem Studium profitiere ist, daß vieles wichtige in der Berufsschule überhaupt nicht oder kaum drankam: Beide Berufe müssen für ihre Kunden viel bibliographieren. Aber Bibliothekare hören dazu vier Semester lang Vorlesungen und haben zwei Fachprüfungen, eine mündlich, eine schriftlich. Auf der Berufsschule wurde das zwei Wochen lang über je zwei Stunden unter Ferner Liefen abgehandelt. Und ich treffe andauernd auf Buchhändler, die wirklich nicht recherchieren können. (Obwohl das für einen Buchhändler ein sinnvolleres Wissen ist als Buchführung, was immerhin zwei Jahre gelehrt wird und offizielles IHK-Prüfungsfach ist).

Danach geht das Lernen weiter, für jeden. Wie ich schon ganz am Anfang schrieb: Es kommt darauf an, sich bewußt für Lernen und Wissen zu entscheiden und nie damit aufzuhören. Aber wer sich gegen das Abitur entscheidet, entscheidet sich meistens auch gegen das Wissen - sondern macht seine Ausbildung, kauft sein Auto und liest drei Bücher im Jahr, wenn es hochkommt. Und diese Leute - genau diese Leute - sind es, die ich so gefressen habe.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Kalderon am 02. Juli 2006, 15:20:17
Zitat von: Maja am 02. Juli 2006, 15:04:18
Aber auf der anderen Seite wurde ich bei der JRK-Gruppenleiterausbildung (ich war 15) wie ein Freak behandelt, weil ich als einzige von 20 Teilnehmerinnen auf dem Gymnasium war und der Rest Hauptschüler. Wenn das als Mobbinggrund ausreicht - herzlichen Glückwunsch.
Und ich mag es nicht, wenn solche Leute jetzt kommen und jammern, daß sie ja nichts gelernt haben. Oder aber mir vorwerfen, daß ich studiert habe und den Staat nur Geld koste, während sie ja seit ihrem 17. Lebensjahr in Arbeits- und Rentenversicherung eingezahlt haben.

Wie ein Freak behandelt wird man überall wo man aus der Masse heraussticht mit Eigenschaften, mit dem der Rest nichts anfangen kann. Oder glaubst du, Realschüler, die versuchen ihr Abi nachzuholen oder derartiges werden gut behandelt. Das ich nicht lache! Herablassend sag ich nur.
In einer Art "Arbeitsbeschäftigung" wurde ich auch ausgelacht, weil ich mich gewählt ausgedrückt habe. Na und? Wen interessiert das?
Und ich kann hier keinen derartigen Vorwurf finden, wo jemand sagt, dass Studierende dem Staat nur Geld kosten. Ich bin für Bildung aus Staatskasse. Der Staat muss für die Bildung aufkommen, damit sich nicht nur die Reichen Bildung leisten können. Meine Meinung.

Zitat von: Maja am 02. Juli 2006, 15:04:18
Danach geht das Lernen weiter, für jeden. Wie ich schon ganz am Anfang schrieb: Es kommt darauf an, sich bewußt für Lernen und Wissen zu entscheiden und nie damit aufzuhören. Aber wer sich gegen das Abitur entscheidet, entscheidet sich meistens auch gegen das Wissen - sondern macht seine Ausbildung, kauft sein Auto und liest drei Bücher im Jahr, wenn es hochkommt. Und diese Leute - genau diese Leute - sind es, die ich so gefressen habe.

Diese Sparte mag ich auch nicht, allerdings gibt es die überall. Zumal man in Betracht ziehen muss, dass es nicht immer heißt: "Ich will kein Abi machen, weil ich arbeiten will." Sondern oft auch: "Ich kann leider kein Abi machen, weil ich die Schule nicht schaffe, und dass, obwohl ich mich anstrenge und extra Nachhilfe genommen habe, während meine Geschwister von dem Geld zum Tanzkurs gehen."

Nein! Das lasse ich wiederum nicht zu. Nicht jedem stehen alle Türen offen. Der Wille ist entscheidend, aber leider reicht er manchmal nicht aus.

Mag sein, dass du in deiner Hinsicht einiges erdulden und über dich ergehen lassen musstest, aber das müssen und mussten andere auch.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: lapaloma am 02. Juli 2006, 15:51:59
Zitat von: Moni am 02. Juli 2006, 14:52:10
Zitat von: Maja am 02. Juli 2006, 10:27:30
Ich habe keine Lust, mich für mein Abitur und mein Studium zu entschuldigen bei Leuten, die, aus welchem Grund auch immer, keines haben.

Das ist keineswegs an den Haaren herbeigezogen, sondern fußt auf Tatsachen. Wer es schon einmal erlebt hat, daß beim Trivial Pursuit spielen die Bemerkung fiel: "Mit dir spiel ich nie wieder, du gewinnst ja dauernd." Oder "Mußt du so ein wandelndes Lexikon sein, daß macht ja gar keinen Spaß mit dir zu spielen." oder ein völlig entnervtes "Wieso weißt du das denn jetzt schon wieder", der kann vielleicht nachvollziehen, wie man sich in so einer Situation fühlt.

Dann stell Dich halt dumm!
Man muss sich ans Publikum anpassen. Menschen, die mit ihrem Wissen glänzen machen sich ebenso unbeliebt wie die, welche mit ihrem Geld oder ihren Muskeln protzen. Intelligente können sich dumm stellen, umgekehrt funktioniert es nicht ;-)
Grüsse Sid

PS. Gegen dich würde ich wahrscheinlich auch verlieren. Aber ich verliere gerne.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: silsi am 02. Juli 2006, 15:52:45
Hallo Maja, Hallo Kalderon,

jetzt kochen die Emotionen aber richtig hoch.

Wenn ich unsere Diskussion bis jetzt richtig verstanden habe, so ging es hier doch nur darum: wie wichtig ist den Verlagen der akademische Lebenslauf eines Autors.  (an dieser Stelle: vielen Dank an alle ,,Verlagserfahrenen" für ihren Input) Es ging NICHT darum, ob wir es gut finden, wie sich die Verlage verhalten.

Ich glaube, keiner von uns will den Akademikern ihr Studium vorhalten oder den Belesenen ihre Bildung. Niemand hier will sich über einen Hauptschulabschluss, ein vergeigtes Schuljahr oder Legasthenie mokieren. Die Freude an fantastischen Geschichten und am Erzählen verbindet uns – und vielleicht auch die Hoffnung irgendwann einmal die Verlagswelt ,,da draußen" zu erobern. Da ist es doch gut zu verstehen, wie ,,die da draußen" ticken. Also: lasst uns wieder nett zu einander sein (oder lasst uns ins Off Topic gehen). :winke:

Eine schönes Beispiel möchte ich noch geben, wie ein ,,Benachteiligter" etwas scheinbar Unmögliches schafft. Ein Bekannter von mir hat Legasthenie (wie schwer weiß ich nicht). Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, sich durchs Abitur, das Studium und die Promotion zu kämpfen (die er übrigens auf Englisch geschrieben hat). Inzwischen ist er weltweit der führende (!) Experte für den deutschen Aktienmarkt und macht den ganzen Tag nichts anderes als hochwichtige Berichte zu schreiben, zu schreiben, zu schreiben... Obwohl er doch ein ,,armer" Legastheniker ist.

Liebe Grüße
Stefanie
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Zealot am 02. Juli 2006, 16:03:50
ich bin auch Legastheniker UND ADSler.
Aber darum geht es hier wie gesagt nicht.
Wie Eingangs schon erwähnt gibt es auch sehr viele Autoren, die schon mit 15 die Schule geschmissen haben z.Bsp. Mo Hayder
ZitatMo Hayder wurde in Essex geboren, verließ mit fünfzehn ihr Zuhause, um in London das Abenteuer zu suchen, und hat später viele Jahre im Ausland verbracht. Dabei lebte sie unter anderem in Japan, wo sie als Hostess in einem Tokioter Nachtclub arbeitete. Mit ihrem Romandebüt, dem Psychothriller "Der Vogelmann", wurde sie über Nacht zur international gefeierten Bestsellerautorin. Sie hat Creative Writing studiert und unterrichtet gelegentlich auch an ihrer alten Universität, der Bath Spa University. Mo Hayder lebt heute als freie Schriftstellerin mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter in London. Sie arbeitet gegenwärtig an ihrem vierten Roman.
da sthet zwar auch was von Studium, aber ich denke für den Verlag war der vorher gegangene Lebenslauf da schon interessanter.
Und es gibt genug andere Autoren, die sich bis zu ihrem Bestsellern, nur mit Gelegenheitsjobs durchgeschlagen haben.
Von daher....
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Kalderon am 02. Juli 2006, 16:07:34
@ Stefanie: Hast ja Recht.

Also zum eigentlichen Thema: Die einen meinen, die Verlage wollen Autoren mit Studium, weil die gut vorzustellen sind etc., die anderen sagen, es ist völlig Schnuppe welche Bildung der Autor hat, solange er nur schreiben kann und das gut und richtig. Also eine verfahrene Situation. Eine Abstimmung wäre sicherlich auch sinnlos. Da hilft wohl nur jemand, der es wirklich weiß: ein Verlag. Aber plaudern die so aus dem Nähkästchen? Wahrscheinlich nicht.

Also kann man nur mit knallharten Fakten herangehen.

1. Ich glaube Lomax erwähnte die Statistik. Viele Leute, die studieren (Germanistik oder was auch immer) beschäftigen sich wahrscheinlicher mit dem Schreiben als Menschen mit Realschulabschluss und Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Demnach wäre die Quote der Abiturienten und Studenten insgesamt bereits höher. Dass heißt: Es gibt schon einmal (vorsichtig gemutmaßt) statistisch mehr Abiturienten und Studenten unter den Autoren.

2. Die Schreiberfahrung und gesamten Leistungen dieser Autorengruppe sind im Durchschnitt, denke ich, auch höher anzusiedeln. Folglich werden Abiturienten und Studenten auch häufiger veröffentlicht (was nicht mit ihrem Abschluss, sondern mit der von ihnen erbrachten Leistung zu tun hat). Auch das vorsichtig gemutmaßt.

3. Weiß jemand mehr?
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 02. Juli 2006, 16:24:23
Zitat von: Sid am 02. Juli 2006, 15:51:59
Zitat von: Moni am 02. Juli 2006, 14:52:10
Zitat von: Maja am 02. Juli 2006, 10:27:30
Ich habe keine Lust, mich für mein Abitur und mein Studium zu entschuldigen bei Leuten, die, aus welchem Grund auch immer, keines haben.

Das ist keineswegs an den Haaren herbeigezogen, sondern fußt auf Tatsachen. Wer es schon einmal erlebt hat, daß beim Trivial Pursuit spielen die Bemerkung fiel: "Mit dir spiel ich nie wieder, du gewinnst ja dauernd." Oder "Mußt du so ein wandelndes Lexikon sein, daß macht ja gar keinen Spaß mit dir zu spielen." oder ein völlig entnervtes "Wieso weißt du das denn jetzt schon wieder", der kann vielleicht nachvollziehen, wie man sich in so einer Situation fühlt.

Dann stell Dich halt dumm!
Man muss sich ans Publikum anpassen. Menschen, die mit ihrem Wissen glänzen machen sich ebenso unbeliebt wie die, welche mit ihrem Geld oder ihren Muskeln protzen. Intelligente können sich dumm stellen, umgekehrt funktioniert es nicht ;-)
Grüsse Sid

PS. Gegen dich würde ich wahrscheinlich auch verlieren. Aber ich verliere gerne.

Das ist jetzt nochmal OffTopic, aber es geht leider nicht anders:

Sorry, ich muß jetzt etwas persönlich werden:  meinst du das wirklich ernst? Du weißt, schon in der Bibel steht: Man soll sein Licht nicht unter den Scheffel stellen...
Und ich weigere mich ganz entschieden, mich nur deswegen dumm zu stellen, damit jemand der weniger allgemein gebildet ist, sich besser fühlt!



Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Lomax am 02. Juli 2006, 16:40:29
Hallo Moni, hallo Maja,
ZitatIch bin es leid, mich für meine Bildung bzw. mein Wissen entschuldigen zu müssen ...Was ich aber absolut nicht nachvollziehen kann, ist wenn jemand mir dann Vorwürfe macht, daß ich Abi gemacht habe und daß ich studiert habe...
Ich kann mich nicht erinnern, dass solche Worte hier gefallen sind, ...
ZitatAber wer sich gegen das Abitur entscheidet, entscheidet sich meistens auch gegen das Wissen - sondern macht seine Ausbildung, kauft sein Auto und liest drei Bücher im Jahr, wenn es hochkommt. Und diese Leute - genau diese Leute - sind es, die ich so gefressen habe.
... und ich hab jetzt auch nicht den Eindruck gewonnen, dass diese Leute hier an dem Thread teilnehmen. Es bringt also schon eine ungute Note in die Diskussion, wenn man dieses Thema jetzt mit der Verlagsfrage vermischt, weil man doch irgendwie unterstellt, dass solche Vorwürfe hier gefallen sind. Wovon ich allerdings bisher nichts bemerkt habe - was, zugegeben, vielleicht auch an mir liegen könnte ???

Ansonsten sehe ich mit Erstaunen, was für Erfahrungen ihr gemacht habt. Die Frage ist, ob es fair ist, solche Einzelerfahrungen zu verallgemeinern und anderen hier vorzuhalten. Wenn ich das aus meinen Einzelerfahrungen heraus machen würde, sähe das Bild anders aus ...
  Ich kann mich nämlich nicht erinnern, je wegen Bildung angefeindet worden zu sein, oder mich rechtfertigen zu müssen. Weder wurde ich in der Schule trotz entsprechender Noten je mit dem Streber-Klischee in Verbindung gebracht (ich habe mich eher von anderen Dingen getroffen gefühlt, aber das ist eine andere Geschichte), noch musste ich beispielsweise je als Abiturient bei der Bundeswehr leiden - obwohl die Bundeswehr ja nun nicht als Hort bildungsfreundlicher Leute verschrien ist, und obwohl ich dort genauso entschlossen jede Bildungsmöglichkeit genutzt habe, die sich bot, und die halbe Zeit irgendwelche Schulungen und Sonderausbildungen an Land ziehen konnte (die im übrigen sicher auch als nützliche Bildung für einen Autor zählen ;) ). Ganz im Gegenteil: Das wurde von manchen sogar als besonders coole Form der Drückebergerei angesehen, wenn ich mal wieder für einen Kurs zeitweilig versetzt worden war ;D

Auf der anderen Seite habe ich sowohl bei der Bundeswehr wie auch anderswo im Leben oft genug erlebt, dass andere Leute unter vergleichbaren Bedingungen andere Erfahrungen machen. Ich kenne Leute, die erzählen, wie sie an der Kasse von Supermärkten dumm angemacht werden, weil sie Kleingeld zusammenzählen - mache ich auch regelmäßig, und habe noch nie so was gehört. Würde ich mir als Kunde von einem Kassierer ehrlich gesagt auch verbitten.
  Mein Nachfolger an einer alten Arbeitsstelle hatte mir mal bei einem späteren Treffen erzählt, wie er Ärger mit einem Grafiker bekommen hatte - und ich habe mich daran erinnert, dass ich genau über dasselbe Thema mit demselben Grafker auch mal eine Diskussion hatte und eher beiläufig darübergebügelt bin.

Meine Lehre aus all diesen Erfahrungen wäre: Vielleicht liegt es nicht an der "Bildung", oder an anderen äußeren Merkmalen, wenn man irgendwelche Erfahrungen macht. Vielleicht liegt es an irgendwelchen anderen Persönlichkeitsmerkmalen. Vielleicht wird man wegen seiner Bildung angegriffen, wenn man den Eindruck eines dankbaren Opfers macht - und die "Angreifer" würden ansonsten halt einen anderen Vorwand finden.
  Vielleicht sind Erlebnisse wie beim Trivial Pursuit nur darauf zurückzuführen, dass man einen dummen Spruch in den falschen Hals bekommt und nicht mit Humor nimmt?

Wie gesagt, ich habe in vergleichbaren Situationen Erfahrungen nicht gemacht, von denen andere zu berichten wussten. Dafür habe ich wohl viele Erfahrungen gemacht, die andere so vermeiden konnten. Ich würde aufgrund meiner Erfahrungen also eher annehmen: Es liegt nicht an den Umständen, nicht an der "Bildung", nicht an den "anderen", sondern halt einfach daher, ob man diese bestimmten Erfahrungen anzieht oder nicht.
  Aber ich weiß auch, dass es viele merkwürdige Leute gibt. Dass es Umstände gibt, denen man sich nicht entziehen kann; zeitliche und regionale Unterschiede. Ich muss also sagen, dass ich trotz meiner eigenen Erfahrungen nicht weiß, warum ihr das erlebt habt, was ihr erlebt habt. Aber ihr solltet zumindest nicht glauben, dass es der normale und überall anzunehmende Verlauf in jeder Bildungsdiskussion ist.
  Denn wenn ihr das auf diese Weise hier ansprecht, rechtfertigt ihr euch ja schon für eure Bildung und tut damit genau das, was ihr nicht wollt - und es wirkt schon ein wenig forsch und aggressiv, sich für etwas zu rechtfertigen, noch bevor es in Frage gestellt wurde.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: lapaloma am 02. Juli 2006, 16:55:07
Zitat
Sorry, ich muß jetzt etwas persönlich werden:  meinst du das wirklich ernst? Du weißt, schon in der Bibel steht: Man soll sein Licht nicht unter den Scheffel stellen...
Und ich weigere mich ganz entschieden, mich nur deswegen dumm zu stellen, damit jemand der weniger allgemein gebildet ist, sich besser fühlt!
Zitat

Ja,ich meine es ernst, verehrte Moni. Im Leben ist es manchmal durchaus klüger, sein Licht etwas unter den Scheffel zu stellen.
Understatement kann in gewissen Fällen eine Strategie sein, um sein Ziel zu erreichen.
Aber bleiben wir bei deinem Beispiel: Was hast du schlussendlich mit deinem überlegenen Wissen beim Spielen gewonnen? Deine Mitspieler sind verärgert und du bist auch verärgert über das Verhalten deiner Mitspieler. Ist es das was du wolltest?

Nun, vielleicht liegt es an der Hitze, aber gewisse Postings haben mich in dieser Diskussion etwas irritiert: Da kommt soviel unverarbeiteter Frust daher!

Ich selber habe studiert und in meinem Leben gar manchen Akademiker angestellt - und einige arrogante und sozial verkrüppelte Doktoren auch wieder gefeuert.
Mir ist es unverständlich, wie man auf Menschen herabschauen kann, die einen handwerklichen Beruf anstelle des Studiums ergriffen haben - gleich aus welchen Gründen.
Was schlussendlich zählt ist die Leistung und nicht das Wissen. Für Akademiker: Was habe ich aus meinem Wissen gemacht! Denn Wissen an sich ist wertlos, wenn man es nicht anwendet oder nicht anzuwenden weiss.

Entschuldige Moni, aber Vorurteile gegen Menschen bringen mich in Rage: Was für mich zuallererst zählt ist das Wesen des Menschen, der vor mir steht. Ob Doktor oder Student, ob Arbeitsloser oder Erfolgsautor ist mir wurscht!

Aber wie gesagt, vielleicht ist es heute etwas heiss ;-)
Grüsse, Sid






Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 02. Juli 2006, 17:39:13
Zitat von: Sid am 02. Juli 2006, 16:55:07
Zitat
Sorry, ich muß jetzt etwas persönlich werden:  meinst du das wirklich ernst? Du weißt, schon in der Bibel steht: Man soll sein Licht nicht unter den Scheffel stellen...
Und ich weigere mich ganz entschieden, mich nur deswegen dumm zu stellen, damit jemand der weniger allgemein gebildet ist, sich besser fühlt!
Zitat

Understatement kann in gewissen Fällen eine Strategie sein, um sein Ziel zu erreichen.
Aber bleiben wir bei deinem Beispiel: Was hast du schlussendlich mit deinem überlegenen Wissen beim Spielen gewonnen? Deine Mitspieler sind verärgert und du bist auch verärgert über das Verhalten deiner Mitspieler. Ist es das was du wolltest?

Meine Mitspieler wurden ja nicht dazu gezwungen, mit mir zu spielen. Außerdem wußten sie vorher, das ich ein wandelndes Lexikon bin. Mich ärgerte einfach, daß man mir vorgworfen hat, Dinge zu wissen. Trivial Pursuit ist ein Spiel, in dem Allgemeinbildung gefragt ist, nicht, was durch irgendeine Spezialisierung im Beruf zu lösen wäre. Wenn jemand in diesem Gebiet nicht so bewandert ist, liegt das nicht an der schulischen Bildung dieser Person, sondern an mangelndem Interesse an gesellschaftlichen Entwicklung und in so einem Fall werde ich sicherlich nicht vorgeben, Dinge nicht zu wissen.

Ich bin jemand, der kein Blatt vor den Mund nimmt und sich selten mal verstellt. Und mich absichtlich dumm stellen ist, nein,  absolut keine Lösung.

ZitatMir ist es unverständlich, wie man auf Menschen herabschauen kann, die einen handwerklichen Beruf anstelle des Studiums ergriffen haben - gleich aus welchen Gründen.

Mein Vater ist gelernter Schlosser und hatte keine Möglichkeit ein Abitur zu machen, meine Mutter floh mit ihren Eltern 1961 aus Polen und mußte erstmal Deutsch lernen, dann machte sie eine Einzelhandelsausbildung. Beide haben sich privat ein großes Wissen angelesen und können auch in Gesprächen mit Studierten ohne Probleme mithalten.
Ich habe, trotz Studium, eine Ausbildung zur Buchhändlerin gemacht und war die erste in meiner Familie mit Abitur. Ich schaue definitiv nicht auf Menschen herab, die kein Abitur haben. Das habe ich auch mit keinem Wort gesagt!
Womit ich nicht zurecht komme, ist Ignoranz und fehlende Bereitschaft, Wissenslücken in Eigenregie zuschließen.
Mein bester Freund hat ebenfalls kein Abitur, aber deswegen käme ich nie auf die Idee, ihn zu verachten! Ich finde es z.B. klasse, daß Feuertraum sein Abitur nachholt, um seine Perspektiven dadurch zu verbessern.
Wenn jemand einfach nicht in der Lage ist, Abitur und Studium zu packen und statt dessen eine Berufsausbildung macht, sehe ich nicht auf ihn herab, solange er trotzdem versucht, in seiner Allgemeinbildung weiter zu kommen.


Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Linda am 02. Juli 2006, 18:00:46
Zitat von: Sid am 02. Juli 2006, 12:36:06
Vielen Dank, liebe Tintenzirkler,
diese Diskussion ist sehr aufschlussreich. Auch wenn mir das Bild, das sie mir zeigt, nicht gefällt, so werde ich es doch in Zukunft berücksichtigen. Besonders der Beitrag von Linda, in dem sie erwähnt, dass die grossen Verlage heute Autoren und nicht bloss Manuskripte kaufen, ging mir unter die Haut. Wieso hatte ich das bisher übersehen?
So fasse ich denn kurz zusammen, was ich gelernt habe. Bitte korrigiert mich, wenn etwas daran falsch sein sollte:

1. Bildung und Lebenslauf eines Autors spielen sehr wohl eine Rolle. Verlage möchten eine möglichst 'interessante' Vorzeigefigur.

Nicht jeder Verlag sucht in jedem Autor eine Vorzeigefigur. Es kommt auch immer aufs Programm an. Aber Autoren mit entsprechendem Background (und Erfolg) werden durchaus vorgezeigt ;-)

Zitat
2. Verlage möchten eine Option auf Fortsetzungen: Autoren, von denen sie erwarten können, dass sie ggf. nachdoppeln, sind attraktiver.

Ja. Ohne Einschränkung.
Ein aufgebauter Autor soll sich schließlich für den Verlag auch "bezahlt" machen.
Verlage sind Wirtschaftsunternehmen.
Sonst müssten wir einen Deutschen Staatsverlag haben, der die Fahne der Kultur um der Kultur willen hoch hält.


Zitat
3. Studierten glaubt man eher, dass sie (gut) schreiben können.

mag sein. Muss aber nicht.

Zitat
und wenn ich die Literaturszene kritisch betrachte, muss ich noch anfügen:

4. Autorinnen und Autoren sollten gut aussehen, damit man sie auch in hübschen Bildern präsentieren kann.

und

5. Autoren und Autorinnen sollten bereit und in der Lage sein, öffentlich aufzutreten, und damit das Marketing aktiv zu unterstützen. Menschen, die vor Publikum stottern und rot werden, sind dazu ungeeignet.

Ja, wenn irgend möglich. Wir leben in einer Mediengesellschaft. Der Hausautor im TV, davon träumen Verleger des Nachts :-)

Zitat
und jetzt werde ich noch eine Stufe sarkastischer:

6. Eine mittelmässige Schreibe reicht wahrscheinlich, wenn die oben stehenden Punkte erfüllt sind.

Tatsächlich gewinne ich in den letzten Jahren vermehrt den Eindruck, dass die literarische Qualität nur ein Faktor unter vielen ist. Allerdings muss auch der stimmen.

Zitat
Bisher dachte ich mir, dass es wahrscheinlich lustig und interessant wäre, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zu erwähnen, dass ich in der achten Klasse von der Schule geflogen bin. Doch jetzt werde ich wohl die andere Seite meines CV hervorheben müssen.

Überleg es dir.
Wenn ein erfolgreicher Autor zugibt, von der Schule geflogen zu sein, ist das amüsant. Denn er hat ja trotzdem Erfolg gehabt.
Hundertausende von der Schule Geflogene werden sich mit ihm solidarisieren. Die anderen werden sagen: so ein Teufelskerl, und neugierig seine Bücher antesten. Die neidischen Nicht- Abbrecher werden seine Bücher kaufen in der Hoffnung, Schwächen zu entdecken und sich deswegen dennoch überlegen fühlen zu können :-)
Werbung halt.

Um zum erfolgreichen Autor zu werden, ist es aber vielleicht ein wichtiger Schritt, zu zeigen, dass man die gesellschaftlichen Standards in puncto Bildung erfüllt hat. Und eigentlich ist Bildung immer noch ein Pfund, mit dem man wuchern kann.
   
Oder ein anderes Beispiel zum Thema, was schreibe ich in meine Vita:
Wenn Rowling zugibt, aus der Arbeitslosigkeit heraus ihren Zauberlehrling ins Leben gerufen zu haben, ist das angssichts ihres Statusses als reichste Frau Englands heute anrührend.
Die arbeitslose Anja K aus T muss erst beweisen, dass sie trotzdem was auf dem Kasten hat und gut verkäufliche Werke schreibt.

Um Missverständnissen vorzubeugen. Ich finde das alles nicht unbedingt gut oder richtig.  Ich zähle nur auf, was ich zu beobachten glaube.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 02. Juli 2006, 18:05:12
Zitat von: Arielen am 25. Juni 2006, 10:07:47
Wir können lange darüber diskutieren, aber ich habe irgendwo den Eindruck gemacht, daß die Verlage trotz allem auf Qualifikationen schielen. Bei fast jedem deutschen Autor, der von deutschen Verlagen veröffentlicht wird steht in der Biografie sehr oft etwas von Studium, meistens Germanistik in Verbindung von noch etwas anderem oder Journalistik.  Selbst wenn das Studium nicht abgeschlossen wurde.


Um einmal zurück zum Topic zu gehen: ich denke, Arielen hat damit einfach recht. Auch wenn es schade ist und sicherlich nicht sehr fair gegenüber Autoren ohne die oeben genannten "Qualifikationen".
Tatsachen dieser Art sind nicht sehr schön, aber sicherlich so schnell nicht zu ändern.
Aber es ist bestimmt kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken und zu verzweifeln. Denn neben den ganzen studierten gibt es immer wieder Autoren, die keinen akademischen Werdegang aufweisen können und es trotzdem schaffen.
Wird denn auch im Bereich Fantasy ein Autor mit akademischem Hintergrund vorgezogen? Oder ist das nicht eher ein Merkmal der "gehobenen Literatur"?
Obwohl selbst Markus Heitz (Die Zwerge) hat Abitur und Studium auf Lehramt hinter sich gebracht. Wäre er also ohne diesen Hintergrund nicht angenommen worden? 
Monika Felten hat mittlere Reife und ist gelernte technische Zeichnerin, das klingt dann doch wieder aufmunternd...
Man könnte jetzt alle deutschen, englischen und amerikanischen Autorenbios abklappern und danach suchen, wer studiert hat und wer nicht... Aber es ändert an einer Tatsache gar nichts: die Qualität eines Textes wird nicht durch einen Hochschulhintergrund bestimmt, sondern davon, was man mit dieser Bildung anfängt  (Da bin ich einer Meinung mit dir, Sid!) und ob man überhaupt in der Lage ist, einen fesselnden Text zu schreiben. An diesem Punkt spielt m.E. nach die Lebenserfahrung eine weit größere Rolle. (Eine 16jährige Schülerin mag einen netten Fantasyroman zu Papier bringen können, doch wieviel von dem, was sie dort an Emotionen und Gedanken verarbeitet entstammen der eigenen Erfahrung und wievieles ist einfach nur "nachgeplappert"? )

Ich denke nicht daran, mir von der Aussicht bange machen zu lassen, daß ich mein Studium nicht abgeschlossen habe bzw. keine Germanistin oder Anglistin bin. Ich werde trotzdem versuchen, mein Opus Magnum bei einem Verlag unter zu bringen (wenn es denn dann fertig ist...  ;D ) und ich halte es für richtig, wenn jeder sich einen gesunden Optimismus bewahrt.

In diesem Sinne, einen schönen (heißen) Sonntag abend,

Lg
Moni
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 02. Juli 2006, 18:06:46
Zitat von: Lomax am 02. Juli 2006, 16:40:29
Hallo Moni, hallo Maja,
ZitatIch bin es leid, mich für meine Bildung bzw. mein Wissen entschuldigen zu müssen ...Was ich aber absolut nicht nachvollziehen kann, ist wenn jemand mir dann Vorwürfe macht, daß ich Abi gemacht habe und daß ich studiert habe...
Ich kann mich nicht erinnern, dass solche Worte hier gefallen sind, ...

Hi Lomax,

das bezog sich ja auch nicht auf das Forum, ich hatte ja ein Beispiel außerhalb des Zirkels genannt...  Hier hat mir das glücklicherweise noch nie jemand vorgeworfen.   :vibes:

Lg
Moni
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Feuertraum am 02. Juli 2006, 18:29:52
Ich möchte mich Moni in einem Punkt anschließen: Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu bilden. Es geht mir hierbei nicht darum, das man nun Abitur macht/nachholt oder sonstirgendwas. Es geht mir schlichtweg darum, das man die Möglichkeit hat, sich Wissen anzueignen.
Und diese Möglichkeit ist zigfach gegeben; Sachbücher, Dokumentarfilme, auch auf einigen Internetseiten findet man interessante Informationen.
Und ich finde es auch sehr unkumpelig, wenn Menschen, die die Möglichkeit NICHT NUTZEN, auf jene rtumhacken, die sie nutzen.
Von daher kann ich Majas und Monis Meinung gut nachvollziehen.

Aber ich muß in einem Punkt Sid auch recht geben: ich hatte eine Chefin, die mir einmal beigebracht hatte: Auch wenn du etwas genau weißt, frage lieber andere; dadurch bekommen diese das Gefühl, das sie gleichwertig behandelt/auf ihr Fachwissen zurückgegriffen wird.

Um aber nochmal auf das Thema Bildung zu kommen: ich denke, man muß nur eines wissen - man muß wissen, wo man nachschauen/nachfragen kann. Und ein Autor darf sich m.E. dann als gebildet bezeichnen, wenn er gut recherchiert...

In diesem Sinne

LG

Feuertraum
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Lomax am 02. Juli 2006, 19:07:15
Zitat von: Moni am 02. Juli 2006, 18:06:46
Hier hat mir das glücklicherweise noch nie jemand vorgeworfen.
Dann ist es ja gut - und man muss das hier nicht missverständlicherweise in einen Topf werfen ;) Denn ich hatte schon das Gefühl, dass man sich hier in diesem Thread über den Wert von Bildung an sich ziemlich einig ist, und eigentlich nur nur über die Bedeutung eines formalen "Brief und Siegels" für diese Bildung diskutiert. Unabhängig von diesem Thread würde ich dir und Maja durchaus Recht geben - und ich muss ehrlich zugeben: Ich möchte eigentlich kein Buch von einem Autor lesen, bei dem ich das Gefühl habe, dass er dümmer ist als ich; und ich möchte als Lektor auch kein solches Buch zur Veröffentlichung empfehlen.
  Genau genommen habe ich auch Manuskripte schon aus genau diesem Grunde negativ begutachtet - aber nicht, weil ich auf den Abschluss des Autors geschaut hätte, sondern weil ich beim Lesen das Gefühl hatte: Wie kann man nur etwas so Dämliches schreiben ...

Wobei ich auch Menschen mit geringerer Bildung nicht prinzipiell auffordern möchte, etwas daran zu tun. Jeder hat seine eigenen Ziele, und man muss nicht unbedingt meine Prioritäten teilen. Nur denke ich, unterhalb eines Niveaus muss man nicht unbedingt versuchen, Autor zu werden.

Und, doch, bei den "16-jährigen Schülerinnen" habe ich schon oft genug dass Gefühl, dass sie ihre eigenen Gedanken schreiben und nicht nur Nachplappern. Allerdings ist das auch nicht unbedingt positiv, denn man stellt schon fest, dass sich gewisse Themen und Konstellationen bei frühen Manuskripten aus gewissen Altersgruppen immer wiederholen. Das führt dazu, dass man irgendwann bestimmte Arten von Geschichten nicht mehr so ernst nimmt - nicht mehr als "künstlerisches Werk" betrachtet, sondern eher als Ausdruck einer gewissen Altersstufe und deren besonderer Dispositionen.
  Was nicht heißen mag, dass diese Geschichten innerhalb der Altersgruppe nicht trotzdem gut ankommen - aber man hat dann doch ganz unterschwellig das Gefühl, dass ein gewisses "Alter" den Text geschrieben hat, und nicht ein gewisser "Autor".
  Aber ich denke, das führt dann auch vom Thema ab; obwohl es zumindest den Faktor "Lebenserfahrung" mal in den Vordergrund rückt, der neben der "Bildung" sicher auch eine Bedeutung hat.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Schelmin am 02. Juli 2006, 19:32:52
Hi!
Wow, hier war ja ordentlich was los  :o!

Ich denke, man kann kann ein Studium und eine Ausbildung nicht über einen Kamm scheren. Es ist einfach sehr verschieden und jeder muß wissen, womit er an sein Berufsziel kommt. Ich habe von Leuten gehört, die mit einer guten Ausbildung weit besser fuhren, als mit einem Studium, weil einfach die Bedingungen der Ausbildung qualitativ deutlich besser waren, als an der Uni. Das wissen auch die zukünftigen Stellen zu schätzen, auf die man sich bewirbt. Eine Schule mit guten Ruf kann besser sein, als eine Uni mit schlechtem Ruf.

Am eigenen Leib mußte ich aber andere Erfahrungen machen. Die Erzieher-Ausbildung verglichen mit dem Sozialpädagogik-Studium war mangelhaft. Da hätte weit mehr laufen können, als ich es erlebt habe, mit Bildung war da nicht viel. Mir läuft ein Schauer über den Rücken, wenn ich bedenke, wem aus meiner damaligen Klasse heute möglicherweise Kinder anvertraut werden. Da saßen Leute, die hatten in ihrem Leben noch nie einen Aufsatz geschrieben! Verantwortung war ihnen teilweise total fremd. Und auch die lieben Kollegen bauten zum Teil ihre psychoanalytischen Diagnosen auf drei schlaue Sätze, die sie mal irgendwo (vielleicht in der Bäckerblume?) gelesen hatten. Wir malen mal die Familie als Tiere und dann gucken wir mal, wer da wen vergewaltigt. Da wird mir schlecht!
Da hätte man mehr Leute aussieben und auch mehr an Bildung leisten müssen, denn es hätte niemandem geschadet, sich mal wirklich, ausführlich mit entsprechenden Themen auseinander zu setzen. Stattdessen haben wir Kameltänze aufgeführt und Ballspiele geprobt. da war mir schon klar, daß das nicht meine Welt ist.
Es gibt durchaus viele Kollegen, die wirklich gut und interessiert waren, obwohl sie "nur" eine Ausbildung haben. Aber das liegt an der Bildung, die sich sich "privat" angeeignet haben, weil sie sich eben nicht davor scheuen, mal ein Fachbuch in die Hand zu nehmen, oder einmal eine Forbildung besuchen, die kein Töpferkurs ist. Aber die müssen auch irgendwie mit den anderen klar kommen, und das ist nicht unbedingt einfach. Denn die ahnen irgendwo, daß sie weniger auf dem Kasten haben, und fangen wirklich an zu mobben.

Zudem fällt mir mein begnadeter holländischer Masseur ein, der Physiotherapie studiert hat, weil das da so üblich ist. Er weiß wirklich was er tut, seine Kolleginnen mit einfacher Ausbildung nicht.

Das Studium ist natürlich etwas, auf das ich stolz bin. Irgendwo hat es mir sicher auch was gebracht, aber ich habe eben viel Pflichtseminare ableisten müssen, und wenn man nebenher arbeitet, bleibt der Spaß am Studium auf der Strecke. Das heißt: für Vorlesungen, die mich einfach nur interessiert hätten, blieb einfach keine Zeit. Diese Themen muß ich dann doch "privat" anpacken.

Was ich mangels einschlägigem Studium eher aufgegeben habe, ist das Einreichen von Illustrationen. Vor allem bei Verlagen, die ihre Illustratoren ausführlich vorstellen. Ich bin eben kein Grafik-Designer. Wer sich das gerne auf die Kappe schreibt, nimmt keinen Laien.

Was das Schreiben angeht, denke ich, daß jeder, ob er studiert hat oder nicht, an sich arbeiten muß. Wenn er das hartnäckig tut, braucht er kein Studium, um gut Schreiben zu können. Irgendwie hatte ich die Hoffnung, daß das einer der wenigen Berufe ist, in denen man noch die Chance hat, sich zu beweisen.

Schelmin
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Kalderon am 02. Juli 2006, 20:12:28
Zitat von: Schelmin am 02. Juli 2006, 19:32:52
Was das Schreiben angeht, denke ich, daß jeder, ob er studiert hat oder nicht, an sich arbeiten muß. Wenn er das hartnäckig tut, braucht er kein Studium, um gut Schreiben zu können. Irgendwie hatte ich die Hoffnung, daß das einer der wenigen Berufe ist, in denen man noch die Chance hat, sich zu beweisen. Schelmin

Danke Schelmin. Ich erlaube mir mal, das als Schlusssatz zu nehmen, wenn du nichts dagegen hast, und den Thread zu schließen. Ich denke, die Diskussion war facettenreich genug, um jede Meinung abzudecken. Zudem wären einige Kabeleien sicher nicht nötig gewesen, aber ich will damit nicht weitermachen. :zensur: *schon halte ich den Mund*

P.S.: Wenn jemand möchte, dass der Thread wieder eröffnet wird, kann er mir gerne eine PN schicken. Oder wenn derjenige Moderator ist, kann er ja immer noch reinschreiben. War doch so, nicht wahr???
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Maja am 02. Juli 2006, 22:18:06
Da ich arg dagegen bin, eine laufende Diskussion durch Threadschließen abzuwürgen, mache ich hier wieder auf - sicher hat Kalderon genug zu lesen bekommen, um sich einen sinnvollen Querschnitt zu bilden, aber da die Diskussionen im weitesten sachlich waren, wenn auch von Mißverständnissen geprägt, denke ich, daß dieser Thread genug eigene Existenzberechtigung entwickelt hat. In diesem Sinne sei er also wieder eröffnet, nicht als Flamewar, ob nun Leute mit Abitur besser oder schlechter sind als andere, aber um zu sehen, welchen Stellenwert Bildung in unserer Literatengesellschaft hat.

Sollte ich hier allzu arrogant gewirkt haben, liegt es vielleicht daran, daß ich Autoren, und Tintenzirkler insbesondere, von Haus aus für ausgesprochen intelligent halte. Hier ist niemand, dem ich das Abitur nicht zutraue, und umso mehr irritiert es mich dann, wenn einer von diesen Leuten in Wirklichkeit kein Abi hat. Da vermutmaße ich dann natürlich schneller bösen (oder faulen) Willen als bei der Frau an der Fleischtheke.
Aber warum sollte jemand beim Trivial Pursuit-Spielen sein Wissen hinter dem Berg halten? Nicht mal, weil man unbedingt spielen muß um zu gewinnen, aber - sollte man dann nicht besser Monopoly oder ein anderes weniger auf Bildung ausgelegtes Spiel spielen? Leute, die sich anbiedernd dämlich stellen, finde ich unangenehmer als solche, die einfach per se dämlich sind - wer mich nur mag, wenn ich mich verstelle, dessen Freundschaft brauche ich nicht. Da werde ich liebe mit Haß bewundert, als mit Mitleid gemocht.

In diesem Sinne - ich mache hier mal wieder auf.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 02. Juli 2006, 22:27:55
Zitat von: Kalderon am 02. Juli 2006, 20:12:28


P.S.: Wenn jemand möchte, dass der Thread wieder eröffnet wird, kann er mir gerne eine PN schicken. Oder wenn derjenige Moderator ist, kann er ja immer noch reinschreiben. War doch so, nicht wahr???

BTW: können wir uns generell darauf einigen, daß nur Mods einen Thread schließen, oder einen geschlossenen wieder öffnen? Dafür sind wir ja eigentlich da... ne?  :hmhm?:

Lg
Moni
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 02. Juli 2006, 22:29:09
Zitat von: Maja am 02. Juli 2006, 22:18:06
Aber warum sollte jemand beim Trivial Pursuit-Spielen sein Wissen hinter dem Berg halten? Nicht mal, weil man unbedingt spielen muß um zu gewinnen, aber - sollte man dann nicht besser Monopoly oder ein anderes weniger auf Bildung ausgelegtes Spiel spielen? Leute, die sich anbiedernd dämlich stellen, finde ich unangenehmer als solche, die einfach per se dämlich sind - wer mich nur mag, wenn ich mich verstelle, dessen Freundschaft brauche ich nicht. Da werde ich liebe mit Haß bewundert, als mit Mitleid gemocht.

Genau so sehe ich das auch...  ;D Bewundern ist immer gut, selbst wenn Haß oder Neid damit vermischt sind...  :darth:   ;)
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Zealot am 02. Juli 2006, 22:39:02
ich komme ja auch aus nem "Sozialenbrennpunkt"-Viertel.
Und ich muss sagen, das ich obwohl fast alle meine Freunde von damals Hauptschüler waren (von denen einige am Ende nicht mal nen richtigen Schulabschluss hatten)
wurde ich nie mit Neid oder anderen negativen Reaktionen konfrontiert.
Im Gegenteil, alle waren immer sehr Stolz "das einer von ihnen aus dem Viertel tatsächlich studieren wird. Und auch deren Mütter waren immer der Meinung, ich hätte wohl einen positiven Einfluss auf ihre Söhne.
Ich wurde sogar von diesen Leuten (glaubt mir, um die würdet ihr Nachts einen grossen Bogen machen) regelrecht angespornt mehr zu lernen.
Wärend die im Sommer oft Schwänzten um in Freibad zu gehen, bekam ich zu hören "wehe du tauchst auf bevor die Schule rum ist..."
Und auch bei diesen Wissenspielen, hatte niemand ein Problem damit gegen mich anzutreten.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Isabel am 02. Juli 2006, 23:15:34
Vorsicht mit vorschnellen Urteilen über Intelligenz und Bildung anderer Leute, nur weil sie einen bestimmten Beruf ausüben. Neulich hatte ich eine sehr anregende Unterhaltung mit einem unserer Hausdetektive, der Bücher geradezu verschlingt und sich sehr für Geschichte interessiert. Dieser Mann hat eine umfassende Allgemeinbildung und breit gefächerte Interessen und konnte mir den ein oder anderen wertvollen Lesetipp geben. Jemandem, der den ganzen Tag nur potentiellen Ladendieben hinterherläuft, traut man das auf den ersten Blick nicht zu, aber wie gesagt, man darf die Leute nicht alle in einen Topf werfen.

Zudem werde ich selbst oft genug von Kunden als "dumme Verkäuferin" abgestempelt, nur weil ich hinter einem Tresen stehe. Ebenso ergeht es anderen Kollegen, obwohl zum Teil einige von ihnen tatsächlich ein abgeschlossenes Studium vorzuweisen haben. Von daher bin ich grundsätzlich allergisch dagegen, wenn jemand daherkommt und sich aufgrund seines akademischen Titels für etwas Besseres hält. Das ist zweifellos eine Leistung, auf die man stolz sein kann, aber deshalb Nicht-Akademiker herablassend zu behandeln finde ich absolut unangebracht (diese Aussage bezieht sich generell auf Leute, bei denen ich ein solches Verhalten schon beobachtet habe, unter anderem welche aus meinem Abijahrgang).

Und in Bezug auf das Autorendasein: Meiner Meinung nach muss da jeder seinen eigenen Weg finden. Ob Studium oder nicht, wie Andreas Eschbach sinngemäß so schön treffend schreibt: "Wenn Sie keine guten Bücher schreiben, nutzen Ihnen alle Doktorwürden der Welt nichts."
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Hyndara am 03. Juli 2006, 02:22:08
Da ich meine Klappe mal wieder nicht halten kann, gibts von mir auch noch einen Nachschlag:

Maja, ich habe jetzt wirklich keine Ahnung, was ich davon halten soll. Ich kenne eher das Gegenteil der Münze. Daß eben Leute, die Abi und Studium haben, doch auf jemanden wie mich herunterblicken. Okay, es sind wenige (und meist kriege ich die schnell mundtot oder mache einen Bogen um die), aber immerhin.

80er Jahre, Nähe Sauerland würde von meinen Lehrern entschieden, daß ich zu doof für Realschule oder Gymnasium sei und auf die Hauptschule gepackt. Zugegeben, zu dem Zeitpunkt war mir alles andere wichtig, nur nicht Schule. Ich hatte relativ mittelmäßige Noten, mußte nicht lernen.
Aber die sechs Jahre Hauptschule waren für mich die reinste Hölle, und ich wäre froh gewesen, hätte ich nach der Zehnten einen Ausbildungsplatz gekriegt. Hatte ich nicht, also wurde ich von meinen Eltern zur Handelsschule geschickt. Der Kommentar des REKTORS (!!!) der Hauptschule war: "Du bist eh zu doof. Binnen drei Monaten fliegst du da raus." Selbst im Nachhinein tut mir das noch weh - und zu dem Zeitpunkt war es nicht gerademotivierend, kannst du mir glauben.
Dann aber geschah das Wunder: Ich ging zur Handelsschule und hatte binnen drei Monaten meine Mittlere Reife nachgemacht (Rekord, der noch heute an der Schule steht: In acht Wochen, um genau zu sein, lag der Hauptschulabschluß weit hinter mir). Meine Lehrer fragten sich alle, was zum Kuckuck ich auf einer HAUPTSCHULE gesucht hätte.
Nach der Handelsschule machte ich meine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau. Ja, ich hätte besseres werden können, aber ich wollte mit Menschen Kontakt haben. Und nach der Lehre machte ich mein Fachabi nach, eigentlich mit dem Ziel, auf Lehramt zu studieren und Berufsschullehrerin zu werden.
Nur waren meine Eltern mittlerweile beide Rentner und konnten mich finanziell nicht unterstützen. Die zwei Jahre Höhere Handelsschule habe ich mit Nebenjobs finanziert, was sich natürlich auch auf meine Noten auswirkte. Ein Studium hätte mich mindestens nochmal drei Jahre Doppeltätigkeit gekostet, und das konnte ich schlichtweg nicht mehr leisten, ich war nach zwei Jahren schon mit den Nerven am Ende. Studieren ist klasse, ich bewundere jeden, der es macht und es auch ernst nimmt, aber der Körper und der Geist haben auch Grenzen, und zwei Jahre 7-Tage-Woche haben mir gereicht, um zu begreifen, wo meine Grenzen liegen.  Also bin ich wieder zurück in meinen Beruf gegangen.

Heute frage ich mich, ob ich damals richtig entschieden habe, aber ich denke, für mich ist der Zug "Studium" abgefahren, ändern kann ich also eh nichts mehr. Dafür bin ich stolz auf mein Fachabi, und darauf, daß ich meinen Eltern nicht auf der Tasche gelegen habe, wie sie befürchtet haben. Im Gegenteil, ich verdiente damals genug, daß ich auch noch Kostgeld an sie geben konnte (was keines von meinen Geschwistern getan hat).

Wenn man die Möglichkeit hat, zum Gymnasium zu gehen oder sonstwie sein Abi zu machen oder nachzumachen, wenn man studieren möchte, bin ich die letzte, die sich dagegen ausspricht.  Und ich hacke auch sicher nicht auf Abiturienten oder Studenten herum. Allerdings bin ich nach wie vor der Meinung, daß man dadurch nicht gleich den goldenen Löffel gewonnen hat, aber das ist ein anderes Thema.

Was die Sache mit dem Trivial Pursiut angeht - dazu muß man nicht Abi haben oder studieren. Ich mag vielleicht nicht ein ganz so großes Allgemeinwissen haben wie andere, aber die meisten Fragen kann ich bei diesen Wissensspielen beantworten. Und den Titel "wandelndes Lexikon" besitze ich schon seit der Hauptschule. Von sofern - laßt uns über das eigentliche Thema sprechen.

Bis denne
Ramona
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: lapaloma am 03. Juli 2006, 07:27:41
ZitatBewundern ist immer gut, selbst wenn Haß oder Neid damit vermischt sind...
Bewunderung um jeden Preis? Ein ,interessantes' Konzept.

ZitatHier ist niemand, dem ich das Abitur nicht zutraue, und umso mehr irritiert es mich dann, wenn einer von diesen Leuten in Wirklichkeit kein Abi hat.

Mit diesem Statement habe ich meine liebe Mühe. Ich vermute, dass dies an kulturellen (vielleicht sogar sprachlichen?) Unterschieden liegt, bedingt durch unterschiedliche Ausbildungssysteme in unseren Ländern.
Aber es würde zu weit führen, das nun zu erläutern.

Zurück zum Thema: Auch ich bin der Meinung, dass Autoren besonders lernbegierig sein sollten, immer bestrebt, sich Wissen anzueignen*. Autoren, die nicht neugierig sind, kann ich mir nicht vorstellen. Und nachdem ich nun im Wiki gelesen habe, was man unter Bildung versteht (http://de.wikipedia.org/wiki/Bildung), muss ich sagen: Ja, ein Autor sollte möglichst gebildet sein.

In diesem Sinne sind unsere Positionen wahrscheinlich gar nicht so verschieden und unsere Differenzen basieren wohl auf unterschiedlichen Erfahrungssets.

Grüsse Sid

*Na ja, es gibt Ausnahmen. Ich kann z.B. mit Fussball überhaupt nichts anfangen ;-)
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 03. Juli 2006, 08:12:57
Zitat von: Moni am 02. Juli 2006, 22:29:09

Bewundern ist immer gut, selbst wenn Haß oder Neid damit vermischt sind...  :darth:   ;)

Lieber Sid, wenn du mich schon zitierst, dann bitte korrekt... denn so wie du es darstellst, ist mein Statement für bare Münze zu nehmen, während mein Augenzwinkern das Ganze eher in eine ironische Richtung lenken soll...
Danke.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Karin am 03. Juli 2006, 08:58:12
ZitatHier ist niemand, dem ich das Abitur nicht zutraue, und umso mehr irritiert es mich dann, wenn einer von diesen Leuten in Wirklichkeit kein Abi hat.

Schade, dass du das geschrieben hast.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: lapaloma am 03. Juli 2006, 09:23:58
Zitat von: Moni am 03. Juli 2006, 08:12:57
Zitat von: Moni am 02. Juli 2006, 22:29:09

Bewundern ist immer gut, selbst wenn Haß oder Neid damit vermischt sind...  :darth:   ;)

Lieber Sid, wenn du mich schon zitierst, dann bitte korrekt... denn so wie du es darstellst, ist mein Statement für bare Münze zu nehmen, während mein Augenzwinkern das Ganze eher in eine ironische Richtung lenken soll...
Danke.


Liebe Moni,
mea culpa, das hatte ich doch glatt übersehen!
Jetzt stimmt das Bild wieder, vielen Dank!
herzliche Grüsse
Sid
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Maja am 03. Juli 2006, 09:43:25
Zitat von: Karin am 03. Juli 2006, 08:58:12
ZitatHier ist niemand, dem ich das Abitur nicht zutraue, und umso mehr irritiert es mich dann, wenn einer von diesen Leuten in Wirklichkeit kein Abi hat.

Schade, dass du das geschrieben hast.

Warum schade, daß ich es geschrieben habe? Nicht schade, daß ich so denke?
Ist es schlimm, daß ich das Gros der Benutzer dieses Forums für intelligent halte? Es war ein Eindruck, der sich mir aus dem Lesen der Postings - nicht nur derer dieses Threads - ergab, aus Wortwahl und Inhalt - ich kenne Foren, wo man das Gefühl hat, nur von sabbernden Idioten umgeben zu sein, die außerstande sind, etwas anderes als LOL zu Web zu bringen. Ich mag die intelligente Athmosphäre dieses Forums. Darum habe ich das geschrieben...

Ich bin ein Mensch, der ausschließlich aus Bildung besteht. Nehmt diesen Teil von mir, und es bleibt kaum etwas übrig. Ich habe eine Welt aus Papier um mich herum aufgebaut, in der ich mich sicher fühle. Wissen ist meine Waffe, und Wissen ist mein Schild. Ohne bin ich nackt.
Nennt mich arrogant. Nennt mich abgehoben. Damit kann ich leben, damit *muß* ich leben, seit ich acht Jahre alt war und mich nach einem Umzug in der dritten Klasse einer westmünsterländischen Dorfschule wiederfand, wo die Kinder zwei Garnituren Kleider am Tag trugen - die guten für die  Schule, die groben fürs Spielen - und mich in den gebrauchten, aber praktischen Kleidern meine Cousine anstarrten wie eine Bettlerin. Wo sich herausstellte, daß ich eine Niete im Völkerball war und somit nichts zu bieten hatte, wofür mich die Klasse hätte mögen können. Wo meine Lehrerin sich vor die Klasse stellte und sagte »Spielt doch auch mal mit der Maja, sie ist doch so eine gute Schülerin, und dann schreibt sie auch noch diese hübschen kleinen Geschichten«...
Ich wuchs in einer Gesellschaft auf, in der ein guter Schüler automatisch eine Streberleiche war, es sei denn, er war gut in Sport, und was ich auch tat, ich konnte mich nur noch tiefer in diese Sackgasse manövrieren. Hochbegabung war damals noch keine anerkannte Behinderung, und das Wort ADHS gab es nicht, das Kind war im Zweifelsfall hyperaktiv. Niemand sollte mich für eine Streberleiche halten - also boykottierte ich meine Hausaufgaben bis zu einem Grad, da meine Mutter zum Direktor bestellt wurde (das war dann schon auf dem Gymnasium) und er ihr sagte »Bitte beehren Sie diese Schule nicht mit weiteren Kindern« - meine Mitschüler sollten sehen, daß ich nicht fleißiger war als sie [Menschenkenntnis war wohl schon damals nicht meine starke Seite - ich glaube, sie hätten mir die guten Noten eher verziehen, wenn sie sie für das Ergebnis harter Arbeit gehalten hätten als für die Ausgeburt meines Genies. Ich schrieb Einsen in Deutsch, und wenn mich dann Mitschüler fragten, was ich für eine Note hatte, saß ich in der Falle - zeigte ich Stolz oder Freude über die gute Note, war ich eine Angeberin. Sagte ich aber beiläufig-abwertend »Och, eine Eins«, war ich das arrogante Arschloch, das die guten Noten für gegeben hielt. Aber ich wäre im Traum nicht auf die Idee gekommen, absichtlich eine schlechte Arbeit abzuliefern, nur damit man mich gemocht hätte.
Ich habe diesen Weg eingeschlagen, als ich acht Jahre alt war, und den Preis dafür bezahlt - meine Schulzeit war im Endeffekt die Hölle. Jetzt bin ich über dreißig und kann nicht mehr zurück. Wenn ich jetzt einknicke, dann hätte ich das schon vor zwanzig Jahren tun können, ich hätte mich angepaßt und Freundinnen gehabt und wäre nicht mehr verprügelt und angespuckt worden. Aber ich bekomme keine bessere Kindheit mehr. Ich kann meine Entscheidungen nicht unentschieden machen. Darum mein Standpunkt: Bildung ist kein Zwang, aber nichts, dessen man sich schämen sollte.

Es tut mir leid, wenn sich jemand durch mich gekränkt fühlt, es ist nie meine Absicht zu kränken - aber ich kann und werde nichts mehr daran ändern, was und wie ich bin. Nicht in dieser Gruppe: Weil ihr mir zuviel bedeutet, als daß ich mich für euch verstellen müßte.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Feuertraum am 03. Juli 2006, 09:51:29
Zitat von: Hyndara am 03. Juli 2006, 02:22:08

Heute frage ich mich, ob ich damals richtig entschieden habe, aber ich denke, für mich ist der Zug "Studium" abgefahren, ändern kann ich also eh nichts mehr.


Ich weiß, das wird jetzt OT, aber das, liebe Ramone, ist Blödsinn. Zum einem kann ein jeder studieren, der Abi hat, egal,m ob er 20, 30, 60 Jahre alt (jung) ist, zum anderen ist man niemals zu alt, um etwas Neues anzufangen.

LG

Feuertraum
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Feuertraum am 03. Juli 2006, 10:17:45
Um jetzt aber nochmal in den Topic-Bereich zu gehen: Was ist überhaupt "Dummheit"?

Ich kann jetzt nur meine Interpretation zum Besten geben: Dumme Menschen sind jene Menschen, die sich einfach unvernünftig verhalten. Sprich:

- Meinungen anderer nicht akzeptieren
- ihre eigene Meinung mittels Gewalt durchsetzen wollen
- unsachlich und beleidigend werden
- auf andere Menschen herabsehen und so tun, als seien sie was Besseres

In dieser ganzen Diskussion wird meines Erachtens eines vergessen: Ganz gleich, ob jemand nun Abitur und (abgeschlossenes) Studium vorweisen kann, oder ob man seine Schulzeit auf der Hauptschule verbringen mußte: wir sind alles Menschen. Wir haben alle unsere Stärken und unsere Schwächen. Und ein Miteinander hilft, viele Probleme zu lösen.

LG

Feuertraum
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Karin am 03. Juli 2006, 10:25:22
Zitat von: Maja am 03. Juli 2006, 09:43:25
Warum schade, daß ich es geschrieben habe? Nicht schade, daß ich so denke?

Es ist deshalb schade, weil ich bis dahin dachte, dass ich dich falsch verstanden habe. Mit dieser Aussage hast du nochmal bestätigt, wie wichtig dir ein Schulabschluss ist, dass Leute, wenn ihnen der entsprechende fehlt, trotzdem intelligent sein können. Diese Einstellung finde ich sehr, sehr schade. Es gibt mit Sicherheit in jeder Schule mehr oder weniger intelligente Leute und der Abschluss an sich sagt darüber nichts aus. Ich habe Kotzbrocken mit Abitur kennengelernt und wahnsinnig nette Leute mit Doktortitel. Also definitiv unabhängig vom Stand ihrer Bildung.

Anhand dieses Threads und der Verunsicherung einiger Leute, die hier gepostet haben, war dir sicherlich bewusst, dass einige Leute hier eben kein Abitur haben. Ja, sie sind intelligent. Warum sollten sie es denn nicht sein?
Ein Bildungsabschluss hat nicht zwangsläufig etwas mit den Fähigkeiten der Leute zu tun, sondern auch mit den äußeren Umständen. Nicht jeder hat Eltern, die ihm/ihr ein Abitur und vielleicht auch noch ein Studium finanzieren. Manche schaffen es trotzdem, aber viel, viel umständlicher, manche haben es eben nicht geschafft - was nicht bedeutet, dass sie es nicht könnten, wenn die Umstände und die Förderung andere gewesen wären.

Du transportierst in diesem Thread Vorurteile, ob nun bewusst oder unbewusst kann ich nicht beurteilen. Bisher ging ich eher von unbewusst aus, weil ich positiv denken will, nach dem zitierten Satz fällt mir das schwerer, daher mein "schade".
Es klingt ungefähr genauso, als würde ich schreiben (und bitte, folgendes ist NICHT meine Einstellung, ich finde die folgende Aussage vollkommen verkehrt, weil ich genug Leute kenne, die fleißig sind und keinen Job finden und auch genügend, die einen Job in Betrieben haben, die bald verlagert werden): Oh, da lebt jemand von Hartz IV und ist trotzdem nicht faul.

Es gibt so viel mehr als Wille, Intelligenz und IQ, das den Lebensweg bestimmt.

Es tut mir wirklich von Herzen Leid, wie deine Schulzeit abgelaufen ist. Ähnliches habe ich auch erlebt. Ich war immer schüchtern, verträumt und belesen - und ein Außenseiter. Nur haben mich meine Eltern auf kein Gymnasium gesteckt, sonst wäre ich heute ein Außenseiter mit Abitur und nicht ohne.  ;)
Ich verstehe, wie du dich gefühlt hast. Es ist grässlich, beim Völkerball die Letzte zu sein, die ausgesucht wird. Ging mir ebenso.

Auch ich habe meine Schulzeit bis heute nicht verwunden.

Trotzdem ist das alles unabhängig von der Schule, auf die man ging und dem Abschluss, den man daraufhin machen konnte.

Zitat von: Maja am 03. Juli 2006, 09:43:25
Ist es schlimm, daß ich das Groß der Benutzer dieses Forums für intelligent halte?

Nein, natürlich nicht und das weißt du auch. Nur, dass es dich irritiert, dass sie das ohne Abi sein können, empfinde ich als kränkend. - Und ich will nach wie vor glauben, dass dies nicht deine Absicht war.

Und nein, du sollst deine Bildung nicht verleugnen und in keiner Weise einknicken. Nur solltest du überdenken, ob das Abitur oder ein Studium bei deinem 1. Eindruck anderen Leuten gegenüber tatsächlich so viel Gewicht haben soll.

Wir alle werden tagtäglich überschwemmt und verführt von Urteilen, die uns vorgefertigt aufgedrückt werden und ich bin der Meinung, dass eines der schwierigsten Unterfangen im Leben ist, sich eine eigene Meinung zu bilden und neutral an eine Sache heranzugehen. In jeder Hinsicht. Auch in Sachen Schulabschluss, der ja nicht der einzige Ausdruck von Bildung ist.

Zitat von: Maja am 03. Juli 2006, 09:43:25
Es tut mir leid, wenn sich jemand durch mich gekränkt fühlt, es ist nie meine Absicht zu kränken - aber ich kann und werde nichts mehr daran ändern, was und wie ich bin. Nicht in dieser Gruppe: Weil ihr mir zuviel bedeutet, als daß ich mich für euch verstellen müßte.

Du sollst dich ja nicht ändern. Und vor allem sollst du dich nicht verstellen (auch nicht beim Trivial Pursuit  ;) ).

Ich hoffe, dass ich vermitteln konnte, was ich schade finde und an dieser Einstellung von mir, die gegen jede Art von Vorurteil ist (auch wenn ich natürlich auch nicht immer davor sicher bin), kann ich nichts ändern.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Maja am 03. Juli 2006, 11:09:52
Zitat von: Feuertraum am 03. Juli 2006, 10:17:45
Ich kann jetzt nur meine Interpretation zum Besten geben: Dumme Menschen sind jene Menschen, die sich einfach unvernünftig verhalten. Sprich:
- Meinungen anderer nicht akzeptieren

Na, wenn's danach geht, bin ich dumm. Ich akzeptiere nur solche Meinungen, die ich zu teilen bereit bin. Wenn also jemand sagt "Homosexualität ist Sünde", oder "Die Ausländer sind unser Unheil", oder "Frauen gehören an den Herd" - dann kann ich nicht einfach sagen "Okay, das ist deine Meinung, ich denke da vielleicht anders, aber was soll's? Leben und Leben lassen" - nein, das akzeptiere ich einfach nicht. Bin ich wohl zu dumm.

Dumm ist für mich jemand, der sich dumm anstellt, der nicht begreift, was man ihm vermitteln will. Dumm ist für mich kein Schimpfwort, dumm ist ein Zustand, oder eine Eigenschaft. Dumme Leute können genauso freundlich oder garstig sein wie Kluge.
Die Wörter dumm, doof und blöd, die jemanden mit geringer Intelligenz charakterisieren sollen, gehen bezeichnenderweise nicht auf geistige, sondern auf körperliche Behinderungen zurück:
Dumm = Stumm, Doof = Taub, blöd = Blind. Das ist traurig, und es spricht eigentlich dafür, sich neue Wörter zu suchen. Ich kenne aber keines, das paßt und einfach ist "intellektuell herausgefordert" weigere ich mich zu benutzen, das ist so ein Unwort. Was bin ich dann? Seelisch Herausgefordert?

Ich kenne intelligente Arschlöcher, penetrante Dummköpfe, strunzfaule Arbeitslose (tatsächlich kenne ich genug Hartz IV-Empfänger, die den schlechten Ruf verdient haben - was sich nicht auf Tintgenzirkler bezieht, sondern auf externe Bekannte) - jeder, der ein Vorurteil hat, kann es mit der Realität abgleichen und wird genauso recht behalten wie der, der versucht, ein Vorurteil mit Gegenbeispielen zu widerlegen. Ich bin mit einer Abneigung gegen jedwede Art von Vorurteilen erzogen worden und habe mir doch eigene gebildet. Vielleicht liegt es in der Natur des Menschen?
Aber gegen die habe ich leider auch zu viele Vorurteile...
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: silsi am 03. Juli 2006, 11:18:37
LEUTE!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Kriegt Euch bitte, bitte wieder ein!

Ihr bohrt hier in Euren alten Wunden, und das bringt doch nur böses Blut und keine höheren Erkenntnisse.

:hand: ich find diese Diskussion läuft aus dem Ruder  :hand:

Maja, das Unrecht, das Dir widerfahren ist, rechtfertigt nicht das Unrecht, das Du jetzt anderen Menschen antust, die kein Abi o.ä. haben.

Du schreibst selbst: "Wissen ist meine Waffe..."
Ich möchte Dich darauf hinweisen, dass dies eine verdammt scharfe Waffe ist. Eine Waffe, mit der Du sehr leicht andere Leute verletzen kannst. In unserer Gesellschaft wird doch Bildung und Wissen (ob auf dem Papier nachgewiesen oder im Gespräch gekonnt eingeflochten) hoch gehalten. Wie einfach ist es, jemanden mit einem netten Fremdwort dumm darstehen zu lassen. Ein Akademiker hat in so einer Situatuion vielleicht den Mumm nachzufragen und zuzugeben, dass er etwas nicht weiß. Aber viele, viele Nichtakademiker haben Angst für dumm gehalten zu werden. Als hätte Bildung etwas mit Intelligenz zu tun!

Du schreibst (sinngemäß), dass es Dir nichts ausmacht, für arrogant gehalten zu werden. Nun, ich halte Dich nicht für arrogant. Ich halte Dich für verletzt/verletzlich. Bitte tu aus Deiner eigenen Verletztheit heraus nicht jenen Menschen weh, die Dich und Deine Arbeit hier respektieren und bewundern, und die Dir nichts getan haben.

Bitte denk darüber nach, wie es auf einen Hauptschüler wirken kann, wenn er liest, dass die Initiatorin dieses Forums Hauptschüler Sch... findet. Fühlt er sich dann noch hier willkommen?




Ich bin übrigens eines von den Glückskindern, die Abi und Studium mit Leichtigkeit gepackt haben, und darunter auch nie zu leiden hatten.



Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Manja_Bindig am 03. Juli 2006, 11:25:45
So.
Hier melde ich mich zu Wort.

1: an unserer Schule haben 8 das Abi nciht geschafft dieses Jahr. Pure Faulheit streckenweise. Bei vieren war es aber schlicht und ergreifend der Grund, dass sie auch nicht fürs Abi geeignet waren - einer von ihnen ist ganz in Ordnung, den REst kenn ich ciht. Aber die vier hatten die 12te schon einmal wiederholt. Das abi war einfach nix für sie. Bei ihnen allen lags im Bereich des Praktischen. Deswegen sind sie nicht dumm - diese vier wollten schlicht und ergreifend noch mal die Chance wahrnehmen, das Abi im zweiten Anlauf zu packen.

Wie gesagt, die vier anderen - das war pure Faulheit. Und Das ist das, was ich unter "Dummheit" verstehe: ich habe Chancen, ich könnte sie theoretisch und auch praktisch nutzen, wenn ich mich ein bisschen zusammenreiße - aber ich mach es nicht. Chancen zu versäumen ist das Dümmste, was ein Mensch, gerade ein junger, machen kann.

Soviel dazu.

In GRH gibts übrigens noch eine Realschule mit Hauptschulteil.
Jedes Jahr, wenn die Realschüler ihren Abschlussumzug machen, muss unsere Schule verrammelt werden weil die Realen mal bei uns randaliert haben. Sonst vertragen wir uns recht gut.

Das PRoblem sind die Hauptschüler. Einige von denen - und ich will jetzt nciht falsch verstanden werden, aber lustigerweise sind die meisten von denen Jungen deutscher Staatsangehörigkeit - freuen sich jedesmal, wenn sie einen Gymnasiasten(zu erkennen: über 16 und mit Schulzeug unterwegs) sehen. Warum? Wunderbar zum Anpöbeln.
Und dann darf sich das arme "Opfer"(meistens bleibts nur beim Pöbeln udn wenn nicht - nun, das wird für die Pöbler ungesund) anhören, dass es schuld sei, dass der Hauptschüler kein Abi macht. Hm... lustige Logik. Aber ja - es gibt nichtakademische Leute, die Akademikern die Schuld geben, dass sie selbst keine akademiker sind. (noch ein Zeichen für Dummheit - alle sind schuld nur ich nciht)

Soviel dazu...

Ach ja, Maja:
Wenn du stolz auf deine Akademische bildung bist und dich "etwas" herablassend über Realschüler und Azubis geäußert hast - die Münze kann man auch von der anderen Seite betrachten. Es gibt nähmlich nicht wenige, die stolz sind, schon auf eigenen Beinen zu stehen und auf die noch elternabhängigen Abiturienten mit hochegezogener Augenbraue gucken. Und Studenten gelten teilweise als Sozialschmarozer, die nur feiern können.
Man sieht eben immer nur das gepflegte Blumenbeet, aber nie Hacke und Spaten...
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: lapaloma am 03. Juli 2006, 11:41:48
Zitat
Ich bin ein Mensch, der ausschließlich aus Bildung besteht. Nehmt diesen Teil von mir, und es bleibt kaum etwas übrig. Ich habe eine Welt aus Papier um mich herum aufgebaut, in der ich mich sicher fühle. Wissen ist meine Waffe, und Wissen ist mein Schild. Ohne bin ich nackt.

Liebe Maja,
Ich denke, dass ich dich endlich verstanden habe: dein Wesen, deine Art und Weise die Welt zu sehen und deine Aussagen. Es ist mir wichtig, dass du weisst, dass ich dich keineswegs für arrogant halte.
Und noch etwas: Wie ich mir von allen Menschen hier im Forum ein Bild gemacht habe, ist auch ein Bild von dir in meinem Kopf entstanden. Das Erstaunliche daran ist, dass deine Bildung, dein Wissen darin kaum eine Rolle spielen. Ich sehe dich als hochintelligente, höchst sensible Frau, die aussergewöhnlich gut schreiben kann, mit einem manchmal etwas ruppigen, aber im Grunde sehr liebenswürdigen Wesen.

Ich hoffe, dass du einen Weg finden wirst, wenn deine Welt aus Papier einmal zerreissen sollte. Denn wir alle haben noch schwierige Zeiten vor uns.
Mit herzlichen Grüssen, Sid
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Maja am 03. Juli 2006, 12:49:47
Ich versuche das nochmal zu einem sinnvollen Abschluß zu bringen:

- ich habe keine Pauschalvorurteile gegen Auszubildende. Ich habe selbst eine Ausbildung abgeschlossen, und daß ich mir in der Ausbildung etwas mehr Theorie und im Studium etwas mehr Praxisbezug gewünscht hätte, ist hoffentlich nicht weiter verwerflich.
Meine Schwester hat als einziges von uns vier Kindern nie studiert sondern, da sie - anders als z.B. meine dauerstudierenden Brüder - klare Vorstellungen hatte, was sie beruflich tun wollte, eine Ausbildung gemacht und ist heute beruflich mit großem Abstand die Erfolgreichste von uns (anders als ich, Akademiker mit Hartz IV, oder mein Bruder, der jetzt mit 25 das dritte Studium anfängt - diesmal allerdings mit Fleißklausel seitens meiner Eltern).
Jeder soll einen Beruf ergreifen, indem er sich vorstellen kann, glücklich zu werden, unabhängig davon, was man später da verdient oder ob der Beruf ein Studium erfordert. Studenten, die nur studieren, um zu studieren, kann man irgendwann (spätestens ab vierzig) nicht mehr ernst nehmen.

- Ich sage auch nicht, daß jeder auf Deubel komm raus das Abitur machen muß. Aus meiner Grundschulklasse wechselten 10 von 20 Kindern aufs Gymnasium - als ich Abi machte, waren davon noch drei übrig, zwei folgten ein Jahr später, und der Rest war dem durchlässigen Schulsystem zum Opfer gefallen und im Laufe der Unter- und Mittelstufe zur Real- oder Sonderschule gewechselt.
Kinder, die von ihren Eltern zum Abitur genötigt werden, sei es, weil die Eltern ihre eigene Mittlere Reife bedauern und das Kind was Besseres weeden soll, sei es, daß das Kind aus einer Akademikerfamilie stammt und dem Doktor-Vater keine Schande machen soll, stehen unter ständigem Druck und Stress.
Zwei Onkel von mir sind solche Doktoren - mein Cousin wurde dreimal von Schule zu Schule gereicht und verbrachte sogar ein Jahr im Internat, um um jeden Preis das Gymnasium zu schaffen. Er war intelligent, aber faul, und er mochte es vor allem nicht, wenn andere ihm sein Leben vorplanten. Er wäre gern Koch geworden. Am Ende hat er mit zwanzig das Gymnasium verlassen und hatte noch nicht mal die Fachhochschulreife - mit einem anständigen Realschulabschluß und drei Jahr jünger hätte er auf dem Arbeitsmarkt sicher bessere Chancen gehabt.

- Aber bedingt dadurch, daß ich meine beste Freundin aus dem Studium kenne, daß mein Freund studiert und ich viel mit seinen Kommilitonen zu tun habe, ergibt es sich, daß ich kaum Bekannte ohne Abitur (oder zumindest Fachhochschulreife) habe. Ansich nicht ungewöhnlich, aber irgendwann ist man so eingefahren, daß man erwartet, alle Leute, mit denen man sich umgibt, haben Abitur. So kam es zu dieser Äußerung - daß ich mich eben gewundert habe.

BTW, ich möchte euch nochmals danken, daß ich mich unter euch bewegen kann, ohne mich wie ein Freak zu fühlen. Meine verkorkste Schulzeit geht auch auf mein eigenes Konto, durch mangelnden Anspassungswillen (oder auch schiere Kompromißbereitschaft); den Willen, immer genau das Gegenteil meiner Mitschüler sein zu müssen, als könne ich mich nur durch Opposition als Individuum fühlen; nicht vorhandenes Modebewußtsein (so unbewußt, daß ich noch nicht mal dagegen rebellieren konnte - ich habe einfach immer irgendwas getragen und tue es bis heute, sehr zum Schrecken meiner Mutter, die um meine berufliche Zukunft bangt und mich vor jedem Vorstellungsgespräch einkleiden und instruieren muß) - mein Körper endet irgendwo unterhalb meines Kopfes. Das ist nicht immer leicht, weder für mich noch für andere - im Internet fällt es grundsätzlich weniger auf, das ist ein köperloser Raum. Darum fühle ich mich hier auch wohl.
Zumindest wohler als draußen...

Ich habe ein T-Shirt, auf dem steht »Eigentlich war mir dieser Körper immer ein Klotz am Hirn«. Aber ich nehme mir immer vor, es nicht mehr zu tragen.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Termoniaelfe am 03. Juli 2006, 12:52:37
Du meine Güte, was ist mit Euch denn los? :o

Ich habe jetzt eine Weile aufmerksam mitgelesen.

ZitatMaja schreib: Sollte ich hier allzu arrogant gewirkt haben, liegt es vielleicht daran, daß ich Autoren, und Tintenzirkler insbesondere, von Haus aus für ausgesprochen intelligent halte. Hier ist niemand, dem ich das Abitur nicht zutraue, und umso mehr irritiert es mich dann, wenn einer von diesen Leuten in Wirklichkeit kein Abi hat.

Ich sehe diese Aussage keines Falls als "schade" an. Im Gegenteil, sie ehrt mich sehr, da ich eine von denen bin, die auch kein Abitur und kein Studium absolviert haben -und dennoch habe ich mich für die Schreiberei entschieden.  Und ich glaube nach wie vor, dass ich es eines Tages auch ohne den "berühmten Bildungsstand" schaffen kann, wenn ich nur weiterhin fleißig darauf hin arbeite und mein Ziel niemals aus den Augen lasse.  Liebe Maja, auf mich hast Du, solange ich hier Mitglied bin, noch nie arrogant gewirkt. Und andere, die ABI und Studium haben übrigens auch nicht. Ich denke auch nicht, dass man als Autor nur dann für einen Verlag interessant wird, wenn man in seinem Lebenslauf Dinge wie, Germanistik, Journalistik oder Sprachwissenschaftstudium vorweisen kann. Vielmehr denke ich, dass die Geschichte, die man erzählt, interessant sein muss. Und das man in gewissem Maße ein Grundwissen an Bildung haben sollte. Ich muss mir als Autor immer wieder vor Augen führen, dass ein Verlag nichts weiter ist, als ein potenzieller Geschäftskunde. Ich biete meine Ware an und das sollte ich natürlich so überzeugend wie möglich machen. Und um überzeugend rüber zu kommen, benötige ich natürlich ein gutes Allgemeinwissen. Welches ich aber nicht nur durch ABI und Studium erreiche, sondern wie hier schon mehrfach gesagt wurde, durch den Willen, nie mit dem Lernen aufzuhören. Und wenn ich etwas nicht weiß, oder einen Fachbegriff nicht kenne, dann weiß ich aber immerhin, wo ich nachschlagen kann ;), um diese Bildungslücke zu schließen. Und ich bin auch keines Falls zu schüchtern oder zu sensibel, um auch mal zuzugeben, dass ich etwas nicht weiß. Leute, mit denen ich es in meinem Leben zu tun habe, die mir intellektuell überlegen sind, beäuge nicht etwa schief von der Seite, sondern nehme sie mir zum Vorbild. Und niemals, wirklich niemals, würde ich mich dümmer machen, als ich bin, nur um mich anzupassen.

Und falls ich einmal Trivial Pursuit spielen sollte und jemand macht einen dummen Spruch, weil ich vielleicht gerade eine richtige Antwort gegeben habe, die die anderen nicht wussten, dann habe ich dafür immer einen Gegenspruch parat:

"So dumm, wie ich es brauche, kann mir gar keiner kommen." ;)

In diesem Sinne
LG
Termi
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Lomax am 03. Juli 2006, 17:30:39
Zitat von: Feuertraum am 03. Juli 2006, 09:51:29Zum einem kann ein jeder studieren, der Abi hat, egal,m ob er 20, 30, 60 Jahre alt (jung) ist, zum anderen ist man niemals zu alt, um etwas Neues anzufangen.
Theoretisch, Feuertraum, theoretisch. In der Praxis gibt es schon so manches, was ein Studium erschweren kann, und mit zunehmendem Alter werden die Hürden gewiss auch höher.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Manja_Bindig am 03. Juli 2006, 20:02:57
Maja, wenn es dich tröstet, ich glaube, was die Kompromisslosigkeit betrifft, hast du in mir eine würdige Nachfolgerin gefunden.
Es ist nicht unbedingt so, dass ich mich ausgegrenzt habe - mit meiner Oberstufenklasse hab ich mich super verstanden, gerade WEIL die meine Macken akzeptiert haben. Ich bin normal rumgelaufen, hab mich mit ihnen abgegeben, aber ich hatte immer meinen eigenen Schädel - mal ging er mit denen der anderen konform, meistens aber nicht. Und dann hats gekracht. Aber genau diese Kompromisslosigkeit kann einem das Leben retten. Ich hab nie wieder nach dem Wechsel aufs Gymnasium den "Kompromiss" Selbstmord im Hinterkopf gehabt. (bzw, wenn er kam, wurd er weggeschrieben)

Und ehe wir auf das Vorurteil von gewaltfreien Gymnasien kommen - träumt da mal schön weiter...
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Arielen am 03. Juli 2006, 21:29:32
Ich hatte in den letzten Tagen Besuch, da habe ich hier ja eine hitzige Diskussion verpaßt über Abi und Nicht-Abi und Bildung und Nicht-Bildung. Man merkte ja, wie Maja doch in ein Wespennest gestochen hat.

Ich bin auch der Meinung, daß es nicht auf den schulabschluss und Diplome ankommt, aber ich habe auch die leidvolle Erfahrung gemacht, daß in Deutschland nur Diplome etwas zählen. Zwar habe ich auch Abitur, aber nach 20 Jahren bilde ich mir darauf nichts mehr ein. Wozu auch? Ich bin inzwischen doppelt so alt und habe gemerkt, daß es auch danach darauf ankommt sich Wissen und Bildung anzueignen. Meine Abi-Note in Englisch z. B.  gibt lange nicht mehr an, wie gut ich Englisch heute wirklich kann, nämlich recht gut, damals hatte ich aufgrund eines doofen Lehrers die Klausur in den Sand gesetzt. Und ich kenne Leute mit Real- oder Hauptschulabschluss, die sich danach alles mögliche angeeignet haben, und ich kenne Menschen, die tgrotz einer geringen Bildung einen wachen Geist besaßen, oft nachdachten und sich ihre eigene unbeeinflußte und sehr weise Meinung bildeten.

Ich kenne eine Künstlerin, die als Illustratorin erstklassig ist und über 10 Jahre freiberuflich arbeitete (Caryad), sich aber über die Fachschule für Gestaltung hochgearbeitet hat und später von Keiner Uni angenommen wurde. Sie hat kein Diplom, ist aber ausgezeichnete Graphikerin. Dennoch wird sie weniger verdienen als jemand mit Diplom.

Es ist eine deutsche Krankheit alles nach Preisen und Prüfungen bemessen zu müssen. Manchmal zählt auch die ausschlachtbare Autorenpersönlichkeit, wie Linda schon ganz richtig erwähnte - man sieht es ja an den Teenies die z. B. einen Adelstitel vorweisen konnten und so bei Piper erschienen, oder eben  Monika Felten, und und und... Im Laufe der Jahre sind Leute, die die Leser dann doch nicht so interessierten sehr schnell wieder in der Versenkung verschwunden.

Was ich damit sagen will (und schon die ganze Zeit eigentlich sage) ist einfach: Es ist egal welche Schuldbildung jemand hat, um kreativ und auch wirklich gut und ansprechend schreiben zu können. Abitur und Studium sind nicht unbedingt von Nöten, aber in den 40 Jahren meines Lebens habe ich eine Erfahrung gemacht: Es zählt letzutendlich immer der mehr, der ein Diplom, einen Preis oder irgendein anderes deutsches  Gütesiegel vorweisen kann. Und wenn es die Gesellschaftschicht ist aus der er oder sie kommt. Oder das entsprechende Vitamin B und die bestehende Netzwerke, die man nutzen kann. Und das gilt für alle Bereiche des Lebens. Alle anderen, denen etwas davon fehlt haben es sehr, sehr schwer...


Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Maja am 03. Juli 2006, 22:07:22
Dafür gibt es aber auch Diplome, die nach hinten ausschlagen können - oder werde ich bei einem Verlag ernst genommen, wenn ich in meinen Lebenslauf schreibe, daß ich einen Fernkurs über "Die Große Schule des Schreibens" absolviert habe?

Auch meine IHK-Ehrenurkunde von 2000 ist heute mehr so eine Art Jodel-Diplom - die darf auf keinen Fall in meine Mappe zwischen die Zeugnisse. Sonst muß ich immer damit rechnen, gefragt zu werden, wo denn der Pferdefuß bei mir ist - Jahrgangsbeste, gute Noten, aber nach der Ausbildung nicht übernommen und dann auch noch die erste Stelle gleich verloren - das wirkt viel verdächtiger, als wenn ich einen ganz normalen Dreierabschluß hätte. Aber nein, klein-Maja mußte ja mal wieder angeben und erklären, hundert Punkte in der mündlichen IHK-Prüfung zu holen... Jetzt weiß ich, warum das vor mir in Köln noch niemand gemacht hat: Keiner will so eine Streberleiche einstellen.
Vielleicht rahme ich mir die Urkunde und hänge sie über den Schreibtisch. Ich dachte ja, es gibt ein tolles Präsent dazu, aber ich habe nur so ein blödes Taschenbuch-Almanach bekommen, ohne Widmung und alles. Also: Nicht nachmachen, Kinder. Lohnt nicht.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Hyndara am 04. Juli 2006, 01:09:36
So, Leute, dann von mir auch wieder was.

Letzten Freitag hatte einer meiner Neffen Geburtstag. Der Junge ist 14 geworden, aber leider zurückgeblieben und ungefähr auf dem Stand eines 10 Jährigen. Früher hate er auch noch einen extremen Sprachfehler, was zum Teil an irgendeiner Innenohrkrankheit lag. Vor drei Jahren trat die Klassenlehrerin von ihm an meinen Bruder heran und meinte, mein Neffe solle mehr lesen. Seitdem schicke ich ihm zum Geburtstag und zu Weihnachten Bücher.

Also, letzten Freitag rief ich bei meinem Bruder an, um meinem Neffen zu gratulieren. Er war gleich am Telefon und wir haben uns ein bißchen unterhalten, unter anderem auch über das Buch, das ich ihm dieses Mal geschickt habe. Da sagte er etwas, was er in seiner Schule (er geht auf eine Sonderschule für leicht Behinderte) von einer Lehrerin gehört hatte. Ich denke, dieser Spruch paßt irgendwie auch hierhin, darum setze ich ihn jetzt einfach mal in diesen Thread:

"Lesen tut der Dummheit weh."

Ich denke, er hat da etwas sehr wichtiges und auch sehr richtiges gesagt, und er hat diesen Satz auch verstanden, denn er erklärte ihn mir dann auch am Telefon. Als ich diesen Thread nochmal überflog, kam mir der Satz wieder in den Sinn, und ich glaube, er paßt wirklich.

Denn, ganz gleich welche schulische oder praktische Ausbildung man hat, jemand, der schreibt, liest logischerweise, teils um zu recherchieren, teils aber auch zum Vergnügen (oder um die Batterien wieder aufzuladen), etc. usw. Es gibt tausend Gründe, zu einem Buch zu greifen. Aber sie alle enden doch damit, daß der Leser zu einem gewissen Grad seinen Horizont erweitert, seiner eigenen "Dummheit wehtut", weil er sie, vielleicht unbewußt, vielleicht bewußt mit der Lektüre einschränkt und sich Wissen zuführt. Das gilt auch bei Belletristik, selbst wenn man das Buch noch so schlecht findet oder hier oder da was auszusetzen hat. Gerade wir, die wir schreiben, nutzen auch die für uns schlechten Beispiele, um sie nicht zu wiederholen.

So, das wars von mir.

Bis denne
Ramona
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 04. Juli 2006, 06:11:33
Zitat von: Hyndara am 04. Juli 2006, 01:09:36

"Lesen tut der Dummheit weh."



Der Fischer Verlag hat vor ein paar Jahren eine Aktion gemacht, bei der es solche Aufkleber, wie sie jetzt auf Zigarettenpackungen aufgebracht sind, mit Sprüchen zum Lesen gebracht. Mein Favorit, der auch an meinem Monitorrand peppt:

»Lesen gefährdet die Dummheit«

Die Lehrerin deines Neffen hat ganz recht und glaube, man kann dem ganzen auch noch das Schreiben (also das, was z.B. wir machen) hinzufügen.

BTW: so langsam glaube ich, haben wir mit diesem Thread dann doch den Punkt erreicht, an dem er geschlossen werden könnte, oder?


Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Arielen am 04. Juli 2006, 06:52:54
Du meinst wir drehen uns im Kreis?

Ich glaube in gewissem Sinne stimmt das auch. Wir sind uns ja überwiegend einig, was einen Autor für UNS ausmacht, und haben auch festsgestellt, wie es sonst aussieht, und im Moment geht das ganze durch die Abi-Diskussion in eine ganz andere Richtung und auch an die Substanz einiger Leute hier. Es war aber interessant die Meinungen zu lesen, auch wenn sie manchmal sehr kontrovers waren.

@Maja: Das mit der "großen Schule des Schreibens weiß ich nicht. Das mit den anderen Diplom kann ich nicht beurteilen, da auch andere Umstände da mitspielen. Gute Noten werden schon sehr oft honoriert, aber ich glaube, Chefs können selten verknusen, daß ein Berufsanfänger klüger zu sein scheint als sie. Bei zu guten Noten tritt wohl der Effekt ein, daß die Leute zunächst denken "Der/die sieht uns nur als Sprunbrett und ist schneller weg als wir was von ihm/ihr haben, dann nehmen wir doch lieber einen Zweier-Kandidaten, der ist vielleicht treuer. Und ist der Bruch im Lebenslauf erst mal da werden die Leute misstrauisch.

@Moni/Hyndara: Und "Dumm bleiben" soll die Masse, deshalb wird nicht das Lesen sondern der Fernsehkonsum gefördert. Je weniger die Leute zum Denken kommen, desto weniger stellen sie Dinge in Frage. Die Fußball WM und der Terz, der darum gemacht wird, erinnert mich sehr an die römischen Gladiatorenkämpfe.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: lapaloma am 04. Juli 2006, 07:26:48
Wieso die Diskussion schon beenden? Haben wir denn wirklich alle Aspekte beleuchtet? Oder ist es gar die Angst vor der Auseinandersetzung?
Das kann doch nicht sein, bei Menschen, die in ihren Geschichten, im ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, Helden mit Schwertern gegen fürchterliche Kreaturen antreten lassen ;-)

Kalderon fragt zu Beginn dieser Diskussion: ,,Kann man überhaupt ein gutes Buch schreiben, wenn man nicht alles Mögliche studiert hat, wie beispielsweise Germanistik, Literaturgeschichte etc.?"
Ich möchte diese Frage mit folgender 'Provokation' erweitern: ,,Kann jemand ein gutes Buch schreiben, wenn er vom Leben nichts versteht?"
Was ich damit sagen will ist folgendes:
Bildung besteht nicht bloß aus angelesenem Wissen und hübschen Diplomen, sie lässt sich nicht auf das reduzieren, was Dietrich Schwanitz in seinem Buch ,Bildung' so treffend zusammengefasst hat. Nein, Bildung hat meines Erachtens auch eine ganz praktische Seite. Wer auch dort gebildet ist, hat es wahrscheinlich leichter im Leben und er kann vielleicht auch näher am Leben schreiben.
Wenn ich also nicht nur weiß, was die alten Griechen so getrieben haben, sondern auch weiß, wie meine Umwelt funktioniert und wenn ich damit umgehen kann, so ist das eben auch Bildung.

Aber um nicht nur bei der Theorie zu bleiben: Von welchem Handwerk versteht ihr etwas? Was seid ihr in der Lage zu entwerfen, zu bauen, zu reparieren, zu unterhalten, zu züchten, anzubauen, zu ernten und zu heilen? Wisst ihr, wie eure Heizung funktioniert und könnt ihr sie reparieren?
Oder um das an einem weiteren Beispiel zu illustrieren: Vielleicht habt ihr euch theoretisches Wissen über Pilze angeeignet, doch seid ihr in der Lage, Pilze im Wald zu sammeln und daraus eine schmackhafte Malzeit zuzubereiten, ohne nachher im Krankenhaus zu landen?

Praktisches Wissen, wie es z.B. Handwerker und Bauern haben, ist ungemein wertvoll. Einen Teil davon kann ich mir anlesen, doch vieles davon muss ich erfahren. Auch dieser Art der Bildung sollte sich ein Autor meines Erachtens nicht verschließen.

Mit herzlichen Grüssen, Sid

PS. Überlege mir gerade, ob ich einen Kurs für Fantasy-Autoren aufziehen soll: Unter anderem mit dem Schmieden eines Schwertes und anschließenden Kampfübungen. Wetten, dass die Beschreibung eines Schwertkampfes dann viel realistischer tönt?
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Arielen am 04. Juli 2006, 08:03:58
Zitat von: Sid am 04. Juli 2006, 07:26:48
Wieso die Diskussion schon beenden? Haben wir denn wirklich alle Aspekte beleuchtet? Oder ist es gar die Angst vor der Auseinandersetzung?
Das kann doch nicht sein, bei Menschen, die in ihren Geschichten, im ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, Helden mit Schwertern gegen fürchterliche Kreaturen antreten lassen ;-)

Ich möchte diese Frage mit folgender 'Provokation' erweitern: ,,Kann jemand ein gutes Buch schreiben, wenn er vom Leben nichts versteht?"
Was ich damit sagen will ist folgendes:
Bildung besteht nicht bloß aus angelesenem Wissen und hübschen Diplomen, sie lässt sich nicht auf das reduzieren, was Dietrich Schwanitz in seinem Buch ,Bildung' so treffend zusammengefasst hat. Nein, Bildung hat meines Erachtens auch eine ganz praktische Seite. Wer auch dort gebildet ist, hat es wahrscheinlich leichter im Leben und er kann vielleicht auch näher am Leben schreiben.
Wenn ich also nicht nur weiß, was die alten Griechen so getrieben haben, sondern auch weiß, wie meine Umwelt funktioniert und wenn ich damit umgehen kann, so ist das eben auch Bildung.

Praktisches Wissen, wie es z.B. Handwerker und Bauern haben, ist ungemein wertvoll. Einen Teil davon kann ich mir anlesen, doch vieles davon muss ich erfahren. Auch dieser Art der Bildung sollte sich ein Autor meines Erachtens nicht verschließen.

PS. Überlege mir gerade, ob ich einen Kurs für Fantasy-Autoren aufziehen soll: Unter anderem mit dem Schmieden eines Schwertes und anschließenden Kampfübungen. Wetten, dass die Beschreibung eines Schwerterkampfs dann viel realistischer tönt?


Hey, das ist doch ein neuer IMpuls, dem ich voll und ganz zustimme. Es kann zwar sein, daß unsere Mods, diese Diskussion dann hier herauslösen wollen, aber warum nicht. Dem Thema "Erfahrung gegen Bildung" stimme ich dir aber auch zu.
Um ein lebendiges Buch zu schreiben braucht ein Autor auch Lebenserfahrung. Das ist mir auch schon aufgefallen.
Ohne hier jemanden brüskieren zu wollen, aber sehr viele Zwanzigjährige, die grade aus der Schule kommen und mit dem Studium beginnen kommen aus einem geschützten Raum und schreiben aus dieser Erfahrung heraus über Menschen. Wenn sie nicht selber schon dunkle Seiten in ihrem Leben (z. B. lebensbedrohliche Krankheiten, Verlust naher Verwandter oder der Lebensumstände, Trennung der Eltern) mitgemacht haben, finden sich noch viele idealistische Vorstellungen in ihren Geschichten, die dunklen Seiten der Charaktere kommen noch nicht so deutlich heraus. Die Bebachtungsgabe ist noch nicht so stark durch Erfahrunge geschärft. Ich will nicht sagen, daß viele jüngere Autoren schlechter schreiben, sie schreiben nur anders. So war das bei mir auch. Wenn ich meine Geschichten betrachte, die ich in der Schule geschrieben habe, so unterscheiden sie sich wie Tag und Nacht von meinen heutigen.

Ist man doppelt so alt, hat man schon mehr Erfahrungen mit dem Leben gemacht, Höhen und Tiefen, Erfüllung von Träumen und Desillusionierung, die Zahl der Menschen, die man auf gute oder schlechte Weise kennen gelernt hat ist größer geworden. Man ist vielleicht durch Erlebnisse bitter und zynisch geworden. Oder irgendwas anderes ist passiert. Das muss aber nicht so sein, ich kenne auch Leute, die haben sich in den 20 Jahren nicht verändert und schreiben auch nicht viel anders als sie mit 20 geschrieben habe.

Was das mit Bildung zu tun hat? Wie Sid schon sagte, Erfahrung ist genauso wichtig. Und dazu gehört meiner Meinung nach nicht nur die Erfahrung in handwerklichen Dingen. Sondern auch die Erfahrung, die man im Leben sammelt, vor allem im Zusammenspiel mit anderen Menschen. Wer Zurücksetzung aufgrund seines Geschlechtes oder seines sozialen Standes schon einmal erlebt hat wird so etwas sicher besser einbringen können, als jemand, der das nur aus zweiter Hand weiß.

Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 04. Juli 2006, 09:01:11
Zitat von: Arielen am 04. Juli 2006, 06:52:54
Du meinst wir drehen uns im Kreis?

Ich glaube in gewissem Sinne stimmt das auch. Wir sind uns ja überwiegend einig, was einen Autor für UNS ausmacht, und haben auch festsgestellt, wie es sonst aussieht, und im Moment geht das ganze durch die Abi-Diskussion in eine ganz andere Richtung und auch an die Substanz einiger Leute hier. Es war aber interessant die Meinungen zu lesen, auch wenn sie manchmal sehr kontrovers waren.


Genau das denke ich. Man kann ja durchaus ein anderes Topic zum Bildungsthema aufmachen, aber wirklich neue Aspekte zum gebildeten Autor kann ich in keinem der Postings mehr entdecken.
Macht doch einen Thread über die Erfahrung auf, aber hier kommt echt nix neues mehr, zumal ein Thread, der über 7 Seiten und mehr geht, erfahrungsgemäß nicht mehr wirklich überschaut werden kann und sich irgendwann einfach alles nur noch wiederholt.
Wenn ich mich recht erinner, hat Kalderon auf Seite 5 seine Frage bereits als beantwortet betrachtet, was ich als weiteres Zeichen werte, daß eine endlose Weiterführung nicht fruchtbar sein kann.

Lg
Moni
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Maja am 04. Juli 2006, 09:08:25
Ich finde nicht, daß dieser Thread geschlossen werden sollte. Der einzige Grund, warum das manchmal nötig ist, ist, daß er zu sehr ins Off-Topic abdümpelt. Wenn keiner mehr hierzu was zu sagen/schreiben hat, wird er wie alle anderen ehedem hochgekochten Themen erst noch ein wenig vor sich hindümpeln und dann einschlafen.
Aber der übergang vom gebildeten Autor zum Gebildeten Menschen ist fließend genug, daß ich ihn nicht OT nennen möchte.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 04. Juli 2006, 09:13:30
ZitatDem Thema "Erfahrung gegen Bildung" stimme ich dir aber auch zu.

Dann nenn ihn doch um, ich finde einfac nicht, daß diese Diskussion dann noch mit dem, was Kalderon ursprünglich fragte, bseonders viel zu tun hat.  :hmhm?:

Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Maja am 04. Juli 2006, 09:28:17
Das stimmt wahrscheinlich.
Aber die von Kalderon angestoßene Diskussion hat gezeigt, daß es hier ein Thema gibt, bei dem offenbar Diskussionsbedarf besteht.
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Moni am 04. Juli 2006, 09:30:03
Zitat von: Maja am 04. Juli 2006, 09:28:17
Das stimmt wahrscheinlich.
Aber die von Kalderon angestoßene Diskussion hat gezeigt, daß es hier ein Thema gibt, bei dem offenbar Diskussionsbedarf besteht.

Ich sag einfach gar nichts mehr dazu...  :-X Kriegt ja scheinbar jeder alles in den falschen Hals...  :'(
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Arielen am 04. Juli 2006, 09:40:26
Zitat von: Maja am 04. Juli 2006, 09:28:17
Aber die von Kalderon angestoßene Diskussion hat gezeigt, daß es hier ein Thema gibt, bei dem offenbar Diskussionsbedarf besteht.

Na ja, es ist auch eines, bei dem die Emotionen richtig hochschlagen, weil es stellenweise ja auch richtig persönlich wurde und wird. Und weil es us auch als Autoren und Menschen beschäftigt. Da können auch schon einmal unbedachte Worte und unglückliche Formulierungen fallen.

Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Termoniaelfe am 04. Juli 2006, 09:44:39
*MODMODUS EIN* :darth:

So, ich nun auch noch.

Also, ich bin der Meinung, dass das Thema wirklich gut ist und, wie Maja schon sagt,
Zitatdaß es hier ein Thema gibt, bei dem offenbar Diskussionsbedarf besteht.

ABER, auch ich bin, wie Moni der Meinung, dass dieser Fred, mit 7 Seiten schon lang genug ist.
ZitatMacht doch einen Thread über die Erfahrung auf, aber hier kommt echt nix neues mehr, zumal ein Thread, der über 7 Seiten und mehr geht, erfahrungsgemäß nicht mehr wirklich überschaut werden kann und sich irgendwann einfach alles nur noch wiederholt.

Ich tendiere auch zu einem neuen Fred. Und ich möchte nicht, dass Ihr zwei Euch deshalb in die Köppe bekommt.

LG
Termi

*MODMODUS AUS* :darth:
Titel: Re: Der gebildete Autor
Beitrag von: Manja_Bindig am 04. Juli 2006, 10:52:41
Aha, Termi. u tendierst zu Fred... und was ist mit George? ;)

Aber gut, ich mach nen neuen Thread auf.