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[Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen

Begonnen von Shin, 27. Juni 2012, 23:59:14

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Shin

In diesem Thread werden Informationen zu verschiedenen Berufen gesammelt.
Wenn ihr euch gut mit einem Berufsbild auskennt, könnt ihr eure Informationen posten, sie werden dann von mir in einer alphabetische Liste verlinkt.
Wenn ihr Fragen zu Berufen habt, die noch nicht in der Liste stehen, könnt ihr diese hier stellen.

Was können das für Informationen sein?
- Gibt es Vorraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen? (Besondere Abschlüsse, erforderte körperliche Fähigkeiten, Fremdsprachenkenntnisse, usw.)
- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
- Kann man sich selbstständig machen?
- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?
- Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
- Wird das Familienleben eingeschränkt?

Alles, was euch wichtig erscheint oder besonders ist.

Hier findet ihr eine umfangreiche Liste, wie viel man in welchen Berufen verdient.

Woher habt ihr eure Informationen?

Die Quelle ist für Andere bestimmt auch sehr interessant. Wodurch kennt ihr euch so gut aus? Übt ihr selbst diesen Beruf aus, oder ein Freund oder Verwandter?
Habt ihr den Beruf in euren Geschichten verwendet und darüber recherchiert, so dass ihr noch informative Links oder Lektüren angeben könnt?

Wenn ich etwas Wichtiges vergessen habe, dann schreit und ich werde es noch ergänzen!  :)

Aktualisiert: 31.01.2014

A

B
1. BibliothekarIn in der Öffentlichen Bibliothek (von Nadine)

C
1. CallCenter AgentIn (von Sprotte)
     Erweiterung (von Maganius)
     Erweiterung (von Malinche)

D

E

F
1. FachangestellteR für Medien- und Informationsdienste (FaMi), Fachrichtung Bibliothek (von Nadine)
2. FremdsprachenkorrespondentIn (von moonjunkie)

G

H
1. HeilpraktikerIn - unterer Teil des Posts (von Aquamarin)

I

J

K

L
1. LandschaftsarchitektIn (von KaPunkt)

M
1. MusikwissenschaftlerIn - oberer Teil des Posts (von Aquamarin)

N

O

P
1. PsychologischeR PsychotherapeutIn (von Sanjani)

Q

R

S
1. SoldatIn (Deutschland)
(von Christopher)

T

U

V

W

X

Y

Z
"Sometimes all I'm ever doing is trying to convince myself I'm alive."
- Daisy The Great
"It's OK, I wouldn't remember me either."         
- Crywank           

Sprotte

#1
CallCenter (zentralisierte Abfragen, entweder unternehmenseigen oder fremdeingekauft) sprießen wie Pilze auch in strukturschwachen Regionen aus dem Boden.

Wir unterscheiden zwischen
a) inbound - eingehende Telefongespräche über Hotlines, kostenfrei (in D 0800) oder kostenpflichtig (in D 0180 oder sehr selten 0900)
b) outbound - auch Kaltaquise genannt, Agent ruft Kunden an. Dabei kommen immer häufiger sogenannte Dialer zum Einsatz. Dies ist eine Software, die mehrere Kunden gleichzeitig anwählt. Wer zu erst ans Telefon geht, hat den Agenten, die anderen hören ein Besetzzeichen.
c) Backoffice - Nachbearbeitung der im Frontoffice angenommenen Aufträge
d) Second Level - idealerweise die Fachleute, die sich um weitergeleitete Anfragen des Frontoffice kümmern.
e) interne CallCenter z.B. Personalhotline, firmeneigene Softwarehotline für Mitarbeiter, Personalverkauf etc.

Mögliche Bereiche: Verkauf/Beratung (mit Schwerpunkt auf Verkauf natürlich), Rechnungsfragen, Reklamationen, Technik etc.

Fachlatein bitte ich zu entschuldigen. 19 Jahre CallCenter prägen, ich versuche, allgemeinverständliche Begriffe zu verwenden.

Fremdeingekaufte CallCenter werden nach einer Anlernzeit (Fachinformationen zu dem Gebiet, das sie bearbeiten sollen, ggf. Gesprächsleitfäden, Software) in wechselnden Bereichen eingesetzt. Heute Kühlschränke, morgen Versicherungspolicen, übermorgen Telefonanschlüsse ...

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
Je nach Arbeitgeber ist das sehr unterschiedlich. Einige Arbeitgeber beschäftigen z.B. Studenten und Hausfrauen, andere haben ihr eigenes Stammpersonal (wobei es bei Standortveränderungen auch vorkommen kann, daß Personal aus anderen Bereichen z.B. Technik sich mit einem mal in einer Verkaufshotline wiederfinden). Vollzeit war bei meinem Arbeitgeber die Regel. Teilzeit wurde beantragt und eigentlich immer genehmigt. Die "Teilzeitschnecken" waren bei den Vollzeitkräften nicht immer gutangesehen, weil ihnen einfach Arbeitszeit zum Lesen der betrieblichen Mails fehlt. Dadurch braucht eine Teilzeitkraft immer länger, sich in ein neues Produkt einzuarbeiten. Auch an Teamrunden können sie nicht immer teilnehmen.

- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
Bei mir waren es in Vollzeit 38 Stunden die Woche.

- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
Ein guter Arbeitgeber schult sein Personal ständig. Es gibt Seminare, Training-on-the-Job (ein sogenannter Coach setzt sich neben den Agenten und hört Gespräche mit, darauf muß der Anrufer/der Angerufene persönlich oder per Bandansage informiert werden! Neu sind Mitschneiden von Gesprächen, Tastatureingaben zu Schulungszwecken, auch darüber wird der Endkunde informiert und kann zustimmen oder ablehnen), Produktschulungen und Teambesprechungen.

- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Der Agent muß die Sprache des Kunden sprechen. CallCenter werden mittlerweile auch in sogenannten Billiglohnländern für Deutschland betrieben. Z.B. Ungarn.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
Möglichst nicht ...

- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
CallCenter-Öffnungenzeiten gibt es von bis. Ich war im Businessbereich eingesetzt. Mo-Fr 8-20 Uhr, Sa 8-18 Uhr. Andere Bereiche haben erweiterte Öffnungszeiten, auch sonn- und feiertags, auch nachts. Dienstpläne bei uns waren rollierend im 12-Wochen-Rhythmus. Man konnte sich auf Samstagdienste und entsprechende freie Tage in der Folge- oder Vorwoche (Donnerstag und Freitag) einrichten sowie auf die grundsätzliche Einordnung Früh, Spät, Mittel. Diensttausch über ein spezielles Team, das das sich sehr kleinlich anstellte. Früher gehen - Einverständnis des Teamleiters und des Personaleinsatzteams.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?
Definitiv

Alles, was euch wichtig erscheint oder besonders ist.
Bildschirmarbeit in klimatisierten Großraumbüros. Oder Legehennenbatterie in ungeeigneten Räumen. Alles ist möglich. Starke Kontrolle der Pausenzeiten, des Nacharbeitsverhaltens, des Telefonverhaltens. Standardisierte Begrüßungsformeln und Antworten auf typische Beschwerden/Anfragen.
Anspruch der Arbeit ebenfalls von bis, je nach Einsatzbereich. Häufig wechselndes Anforderungsprofil, spezielle Software zur Eingabe der Kundenkontakte, -Aufträge.
Gehalt: Von bis. Ich habe von anderen Centern gehört, in denen Stundenlöhne von 5 € gezahlt wurden. Auch das Gehalt ist erfolgsabhängig, da Prämien für erreichte Verkaufsziele gezahlt werden (60-80% Festgehalt, Rest Prämien).

Arbeitspsychologen empfehlen ein Rollieren im Umfeld des CallCenters. 2 Jahre Frontoffice, 1 Jahr Backoffice, damit die Mitarbeiter die Arbeit überleben. Nach fünf Jahren (andere Studien sprechen von sechs oder acht Jahren) gilt ein CallCenter-Agent als "auf". Nachteile des Rollierens: Der Mitarbeiter muß wieder neu angelernt werden, das kostet Geld. Ich habe in 19 Jahren nicht einmal rolliert.

Maganius

Ich habe selber auch 5 Jahre als Call Agent gearbeitet (Inbount). Basis Audionet hieß der Laden und unser Kunde war die Telekom. Wir wickelten den gesamten Technischen Bereich der T-Netbox (heute Sprachbox) ab. Ich war sowohl Frontagent als auch im Backoffice tätig.

Ich selber habe in Vollzeit gearbeitet (42 Stunden Woche) bei 9 DM die Stunde. Vielleicht bleibt noch zu erwähnen das man jede Stunde 5 Minuten "Bildschirmpause" hat. Der Rest ist so wie oben beschrieben.

Vielleicht noch eine Info nebenher. Der Call Agent Job ist auf dauer nervlich sehr belastend. Ich kann jetzt natürlich nur für meine Zeit sprechen. War es anfangs noch ganz witzig, und es ging im Gespräch mit dem Kunden um Technische Hilfe, verwilderte unsere Hotline (wohlgemerkt Technischer Support) zu einer auskotz Hotline, was natürlich fehler der T-com war/ist. Kunden haben sich nur noch beschwert und uns die Pest an den Hals gewünscht. Von meinen 100 - 120 Anrufern am Tag haben mich 100 nur angeschrien. Ich hatte zwei Kollegen ebenfalls in Vollzeit, die sich haben freiwillig einweisen lassen (!). Das da keiner aus dem Fenster gesprungen ist, war echt alles.

Nach einer Studie einer Krankenkasse ist man nach 3 Jahren in Vollzeit in diesem Jon durch. Ich selber hab nach 5 Jahren das Handtuch geworfen, weil ich es nervlich nicht mehr ausgehalten hatte.   

Malinche

Ebenfalls kleine Erweiterung:

Outbound: Neben mehr oder weniger seriösen Callcentern, die Meinungsumfragen oder im Auftrag einer etablierten Firma Kaltakquise vornehmen, gibt es auch schwarze Schafe, die teilweise unter Suggestion falscher Tatsachen Kunden anwerben: beispielsweise das »Aufschwatzen« einer Billigvorwahl, wobei man durch Einstiegsfragen naheliegt, man rufe beispielsweise im Auftrag der Telekom an.

Hier greift dann häufig auch das von Sprotte erwähnte erfolgsabhängige Gehalt, es gibt Provisionen, wer mehr Kunden anwirbt, verdient mehr – und nur, wer gut anwirbt oder verkauft, bleibt dauerhaft im Team. Ich habe einen Probearbeitstag bei einer Firma absolviert, die zwischendrin einfach mal ihren Namen (und damit die zu bewerbende Billigvorwahl) gewechselt hat, ohne alle Mitarbeiter zu informieren.

Sehr charakteristisch: »rhetorische« Schulung, Einüben eines ganz bestimmten Gesprächsleitfadens und typischer Einwände des potentiellen Kunden, die dann nach bestimmten Mustern ausgehebelt werden (»Ich möchte das lieber erst mit meinem Mann besprechen« - »Aber Frau X, Sie sind doch eine erwachsene, emanzipierte Frau. Fragen Sie Ihren Mann denn etwa jedes Mal, bevor Sie im Supermarkt etwas in den Wagen legen?«).

Sonderfall Inbound: Telesekretär. Diese Callcenter bieten Firmen gezieltes Outsourcing ihres Sekretariats an (z.B. für Urlaubsvertretung, bei Überlastung der regulären Sekretärin, als komplette Auslagerung oder Ergänzung für nachts und an Feiertagen). Beispiel: Anwalt Knorke nutzt diesen Service. Seine Klienten werden beim Anruf unbemerkt ins Callcenter umgeleitet, der Callcenter-Agent hat auf seinem Display ein Interface mit Firmeninfos zu Anwalt Knorkes Kanzlei und meldet sich entsprechend. Meistens werden einfach die Anruferdaten und Anliegen notiert und ein Rückruf vereinbart. Es kann auch weitergeleitet werden, oder man muss Bestellungen entgegen nehmen. Die Anrufer sollen im Idealfall nicht merken, wo sie gelandet sind. In meinem Job war es so, dass man Anrufe für ganz verschiedene Berufsgruppen angenommen hat. Das Callcenter war rund um die Uhr besetzt, 365 Tage im Jahr. Regelmäßige Schulungen waren hier essentiell, allerdings anders als im Outbound-Beispiel nicht einfach stures Einpauken eines Leitfadens, sondern wirklich Erlernern rhetorischer Skills, um diverse Situationen handhaben zu können.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Alaun

#4
Oh, da kann ich ja was aus dem Hut zaubern. Ich habe Musikwissenschaft studiert und in diesem Bereich gearbeitet, bevor ich meine Heilpraktikerausbildung gemacht und die Praxis eröffnet habe:

1) Musikwissenschaftler: Studium der Musikwissenschaft, also fundierte Kenntnisse in Musiktheorie, -analytik und Musikgeschichte. Erforderlich sind umfassende musikalische Kenntnisse, ohne die das Studium nicht erfolgreich absolviert werden kann, wie z.B. Notensatz, Partiturspiel (Klavier), Kompositionslehre (modern bis mittelalterlich je nach Universität). Latinum für Übersetzungen hilfreich bzw. Pflicht im Rahmen des Grundstudiums. Danach Spezialisierung je nach Interesse auf bestimmte Bereiche wie z.B. musikgeschichtliche Epochen oder analytische Themen (z.B. musikphysikalische Vorgänge, Instrumentenkunde, Musikpädagogik, Musikphilosophie).

Beschäftigung an Universitäten im Bereich Musikwissenschaft/Musikforschung, in Plattenfirmen (je nach Schwerpunkt Marketing, PR, Lektorat, Produktion, etc ...), im Musikbetrieb wie z.B. an Opern-und Konzerthäusern, in der Erarbeitung von Editionen wie z.B. der Richard Wagner Forschung oder freiberuflich (Journalist, Dozent, Wissenschaft)

Der Arbeitsalltag wird bestimmt durch die Firmen oder Institute, in denen man tätig ist. In musikwissenschaftlicher Forschung liegt der Fokus auf der Erarbeitung bisher nicht bekannter musikgeschichtlicher- oder analytischer Fälle, in der Arbeit als Dozent im Vermitteln von Wissen an Studenten und Interessierte. In Editionen wird mit handschriftlichen Autographen von Komponisten/Kompositionen gearbeitet, die für neue oder Erstauflagen übertragen werden. Hierbei ist ein gutes Gespür für die Epoche der Entstehung sowie für die Intention des Komponisten nötig, um das Musikstück so wahrheitsgetreu und authentisch wie möglich für die Gegenwart zugänglich zu machen.

Arbeit ist sowohl im Team als auch alleine möglich.

2) Heilpraktiker: Ablegen einer schulmedizinischen amtsärztlichen Überprüfung (schriftlich und mündlich) in Anatomie, Physiologie und Pathologie der Organsysteme. Um die Prüfung abzulegen muss man mindestens 25 Jahre alt sein und ein lupenreines Führungszeugnis sowie ein ärztliches Attest über die physische und psychische Befähigung für diesen Beruf vorweisen. Arbeit in eigener Naturheilpraxis mit Schwerpunkt je nach Interessengebiet z.B. Akupunktur, Chinesische Medizin, Homöopathie, Eigenbluttherapie, Phytotherapie, Massagetechniken, Ayurveda, Osteopathie, Spagyrik, Hypnotherapie, Chakrenarbeit, Nosodentherapie, Injektions- und Infusionstherapie, Neuraltherapie... Naturheilkundliche Behandlung und Beratung von Patienten.

Arbeitsalltag richtet sich nach der Tätigkeit in der eigenen Praxis. Dazu gehören neben Therapie und Beratung auch Marketing, das Durchführen von Vorträgen für Interessierte und die Etablierung als Experte für bestimmte Fachgebiete. Die meisten Heilpraktiker arbeiten alleine und als Freiberufler. Es gibt aber auch Praxisgemeinschaften, in denen sich die Fachrichtungen sinnvoll ergänzen. Heilpraktiker gibt es in dieser Form nur in Deutschland. In Österreich ist die Heilkunde allein approbierten Ärzten vorbehalten, in der Schweiz gibt es ein dem Heilpraktiker ähnliches Berufsbild, das sich hier "Naturarzt" nennt.

Wichtig: dem Heilpraktiker sind viele medizinische Behandlungsfelder untersagt. Die genauen Behandlungsverbote sind im §24 Heilpraktikergesetz aufgeführt. Außerdem sind (u.a.) von zentraler Wichtigkeit §6, §7, §34 und §42 im Infektionsschutzgesetz.

gbwolf

Ich biete: Bibliothekarin in der Öffentlichen Bibliothek und Fachangestellter für Medien und Informationsdienste (FaMi), Fachrichtung Bibliothek

Da ich faul bin, habe ich meinen Artikel aus der Phantastatur kopiert ;)
Dort kann man auch Majas Facette des Berufsbildes nachlesen, nämich die Wissenschaftliche Bibliothek.


Ich wollte nie Bibliothekar werden. Natürlich habe ich meine Bücherei vor Ort geliebt! (Bibliothek und Bücherei meinen übrigens das selbe, wobei Wissenschaftliche Bibliotheken WB eigentlich immer Bibliothek heißen, Öffentliche Bibliotheken ÖB unterschiedlich. Eine Bücherei ist heute aber nichts minderwertigeres als eine Bibliothek). Unsere Gemeindebücherei hatte ihren Sitz in der Schulaula (war ja Dorf, gab nichts Größeres) und da in den Pausen die Comicecke immer vollgestopft war, bin ich nie Comicleser geworden, sondern gleich ans Buchregal gegangen. Dafür habe ich die Bücher geradegerückt, die von anderen Schülern zerpflückt worden waren. Weil mir der Kinder- / Jugendgang zu voll war, bin ich mit 11/12 zu den Erwachsenen ausgewichen und schwärme heute noch von Dorothy Dunnett und Frederick Forsyth. Dass die Bücherei außer Atlanten auch andere Sachbücher hatte, ist mir übrigens erst im Erwachsenenalter aufgegangen. Büchereien waren für mich ein Hort der Geschichten und ich wäre nie auf die Idee gekommen, für ein Referat dort nach Literatur zu suchen. Später sind wir zum Glück immer mal in die Nachbarstadt gefahren, um mehr Lesestoff zu besorgen und ich hatte mehr Auswahl. Auch hier war man nicht streng, wenn es darum ging, mir Erwachsenenbücher mitzugeben und ich bin dafür heute noch dankbar.

Unsere Gemeindebücherei wurde ehrenamtlich geführt. Vielleicht habe ich auch deshalb nie wahrgenommen, dass Bibliothekar ein Studienberuf ist und auch die Ausbildung sehr anspruchsvoll ist? Wirklich verstanden habe ich das erst im Studium, weil ich ziemlich zufällig ins Bibliothekswesen reingerutscht bin. Eigentlich wollte ich schon immer Wissenschaftlerin oder Ingenieurin werden, später Autorin. Am liebsten wollte ich Paläontologie studieren, Glaziologie oder wenigstens Bionik oder Medieninformatik. Für Bionik musste man erst das Vordiplom in Biologie haben und konnte dann nach Saarbrücken wechseln, aber noch während ich Bio studierte, wurde der Studiengang geschlossen und ich merkte, dass ich nicht zum Biologen taugte und auch nicht nach Potsdam wechseln konnte, weil die Bioniker dort mit einem ingenieurwissenschaftlichen Hintergrund starteten. Also wollte ich wenigstens Naturwissenschaft und Informatik vereinen, am liebsten an der Fachhochschule, weil ich einfach kein Mensch für einen Unibetrieb bin. Zufällig stieß ich an der in Darmstadt auf den Studiengang "Informations- und Wissensmanagement", der eine Vertiefung in Chemie zuließ. Als dann jemand aus der Praxis vorgeführt hat, was man mit diesem Schwerpunkt anfangen kann, ist mir die Kinnlade runtergefallen: Als Nicht-Cehmiker blieb einem eigentlich nur übrig, sich den ganzen Tag mit der Recherche von Patenten zu beschäftigen. Als Höhepunkt seiner Tätigkeit beschrieb er, in den Keller gehen zu müssen, um die alten Lochkarten anzusehen. Mir lief ein Schauer über den Rücken und es war klar: Das auf keinen Fall! Beim Medienschwerpunkt sah es ähnlich aus: In der Praxis war es schwer, einen geeigneten Beruf zu finden, Wirtschaft wollte ich auf keinen Fall nehmen, da ich schon mit dem Wirtschaftsgymi nicht glücklich war, blieb also nur Bibliothekswesen (Da hatte ich dann die Vorstellung verpasst). Der Vorteil war 2003, dass man noch ein Doppeldiplom machen konnte. Ich bin also "Diplom-Informationswirtin (FH)" und Diplom-Bibliothekarin (FH)". Wie es mittlerweile aussieht, weiß ich nicht genau. Auf alle Fälle macht man dort einen "Bachelor/Master of Engeneering" und ich ärgere mich ein wenig, dass ich den Master in Darmstadt nicht machen konnte, weil ich dann wenigstens auf dem Papier meinen Ingenieur gehabt hätte.

Bei uns gab es die Entscheidung zwischen Öffentlicher und Wissenschaftlicher Bücherei schon nicht mehr und insgesamt wurde im Studium an den bibliothekarischen Inhalten sehr gespart. Statt Bibliografien auswendig zu lernen, haben wir viel programmiert und in Datenbanken recherchiert. Auch im Praktikum war ich freier, weil der Schwerpunkt auf der Informationswissenschaft liegen musste und nicht ausschließlich auf der Bibliothek. So konnte ich 3 Monate lang in einen Verlag und 3 Monate in eine Stadtbücherei.
Mittlerweile arbeite ich schon in der vierten Bibliothek, weil man momentan eigentlich eher einen Job für ein paar Monate bekommt, als einen fürs Leben, aber ich muss sagen, es war sehr gut, verschiedene Einrichtungen und deren Arbeitsweisen kennenzulernen. Meine erste Stelle war in der Zweigstelle eines Kölner Problemviertels und ich habe vor allem viel über Menschen gelernt (Und verteidige die Kids dort bis aufs Blut! Wir hatten in der Bib weniger Probleme mit Lärm, Müll und Unordnung als viele Kollegen in sogenannten besseren Stadtvierteln! Wir haben unsere Regeln durchgesetzt, die Kids haben sie akzeptiert und dafür einen Rückzugsort bekommen, um in Ruhe zu lernen oder einfach mal für sich zu sein). Mein zweiter Arbeitsplatz war eine Bibliothek in einer mittelgroßen Stadt mit zwei Standorten. Ich habe die Arbeit dort sehr geliebt und konnte mit dem Fahrrad hinfahren. Die Bibliotheksgröße bedeutete für mich einerseits, dass ich an vielen Stellen mitmachen konnte, andererseits hat mich der Stress auch sehr ausgelaugt, weil wir das Problem eigentlich aller Öffentlicher Bibliotheken hatten: Zu wenig Personal und zu wenig Aufgaben. Ich wollte nicht, dass unser Service schlechter wird, weil Dinge unerledigt blieben und haben mich fast in den Burn-Out geschuftet, weil ich mit meinen 30 Wochenstunden das alles gar nicht schaffen konnte. Zwei Stunden Auskunft, wie Maja es erzählt, waren bei uns unüblich. Zwischen drei und sieben Stunden konnte alles passieren, meistens waren es um die fünf, also die komplette Nachmittagsöffnungszeit. Insgesamt habe ich meine halbe Arbeitszeit in der Auskunft gehabt, musste also auch Bürokram dort erledigen, wo einen jederzeit jemand mit einer Frage ansprechen kann oder wo man die Bestellung abbrechen muss (Ich hatte 7 oder 8 Lektorate), um Auskunft geben zu können. Man muss gleichzeitg sorgfältig arbeiten und stressresistenz sein, weil die Kids am PC natürlich nicht still sind, die Kinderbücherei oft ein schreiendes Knäuel ist, in dem man kaum den Unterschied zwischen Bücherei und Spielplatz erklären kann ohne dass einem eine Mutter ihre Meinung geigt, wie man denn dazu käme, die freie Entfaltung des Kindes zu stören (Die Kinder kapieren den Unterschied übrigens gut) und wenn es am vollsten ist, fallen Internet-PCs aus oder gleich die Verbuchungssoftware und man darf sich darum auch noch kümmern.


Wer in einer Bibliohek arbeiten möchte, hat drei Möglichkeiten:

Fachangestellter für Medien und Informationsdienste (FaMi), Fachrichtung Bibliothek (Hat die frühere Ausbildung zur Bibliotheksassistentin abgelöst).
Bachelor-/Master-Bibliothekar (Den Diplom-Bibliothekar gibt es nicht mehr).
Grundständiges Studium, am besten mit Promotion und anschließender Master/Referendar


Fachangestellter für Medien und Informationsdienste (FaMi), Fachrichtung Bibliothek
Für die Ausbildung ist ein Realschulabschluss erforderlich, gerne gesehen wird das Abitur. Ein vorhergehendes Praktikum ist nicht notwendig, aber sinnvoll, um den Beruf einmal kennen zu lernen. Viele setzen "Bibliothek" leider mit "Ich lese den ganzen Tag" gleich. Außerdem sollte man einen Büchereiausweis haben, denn danach wird man im Vorstellungsgespräch sicherlich gefragt.

Als Fachangestellte kümmert man sich in der Öffentlichen Bibliothek normalerweise um die Verbuchung an Ausleihe und Rückgabe (Wird immer mehr von der Technik übernommen), um die Sortierung und Rückstellung der Medien, um das Mahnwesen, um die technische Buchbearbeitung (Einschlagen in Folie, Reparaturen) und um die Katalogisierung (Die meisten FaMis können wesentlich besser katalogisieren als ich, das gebe ich zu). In der WB katalogisieren sie meistens nicht, weil die Katalogaufnahmen dort komplexer sind und mehr Sonderfälle auftreten. In der ÖB werden meist Daten aus anderen Bibliotheken verwendet und angepasst.
Das Berufsbild wird allerdings zunehmend komplexer. In kleinen Büchereien oder Zweigstellen übernehmen die FaMis oft schon Führungsaufgaben, wenn nicht gar die komplette Leitung. Sie werden immer mehr in die Veranstaltungsarbeit eingebunden, beraten Leser und bekommen auch Lektorate zugeteilt. Das Gehaltsniveau ist dem leider oft nicht angepasst und deutlich unter dem eines Bibliothekars.
Da die Technik immer mehr einfache Aufgaben wie das Verbuchen von Medien übernimmt, bekommt der FaMi immer mehr Bibliothekarische Aufgaben, während der Bibliothekar immer weiter in die Führungsebene abdriftet.


Bachelor-/Master-Bibliothekar
Der Studiengang wird an den Hochschulen unterschiedlich gehandhabt. Er erfolgt an einer Fachhochschule, die heute meistens das "Fach" weglässt, weil sie mit Bachelor und Master der Uni gleichwertige Abschlüsse verteilen darf. Alles kompliziert, aber wenn drübersteht "University of Applied Sciences", könnt ihr euch sicher sein, an einer Fachhochschule gelandet zu sein.
Köln hat nach wie vor den Ruf, einen der härtesten Studiengänge zu haben, dafür ist die Ausbildung natürlich sehr gründlich. Für mich ist es eher nichts, ich empfinde die Professoren als sehr geisteswissenschaftlich veranlagt und sehe das Bibliothekswesen gerade in der ÖB als etwas sehr praxisnahes an, bei dem es mit egal ist, ob ich ein Komma im Zitat vergessen habe. Mittlerweile wird auch hier programmiert, Datenbankwissen ist fester Bestandteil des Studiengangs. Die Trennung in ÖB und WB existiert nicht mehr, allerdings kann man sich spezialisieren. Die genauen Wege könnt ihr euch auf der Seite der FH ansehen, ich weiß nur, dass man eher in Richtung Bibliotheksmanagement, Literatur, etc. gehen kann. Die meisten FHs, an denen man Bibliothekswesen studieren kann, folgen diesem Schema.
Anders ist die Ausbildung in Darmstadt, die noch immer mit dem Informationswirt zusammenliegt und sich erst später auf das Bibliotheksmanagement spezialisiert. Wer also sagt, er ist eher der Typ für Datenbanken, Programmieren und Retrieval, der ist hier sicherlich besser aufgehoben. Zudem ist der bibliothekarische Zweig sehr klein: Als ich 2007 meinen Abschluss gemacht habe, hatten wir 2 Professoren und 15 Studenten.

An den Bachelor kann man einen Master anschließen, es ist allerdings nicht nötig. "Bibliothekar" war schon zu Diplomzeiten ein sehr kurzer Studiengang, den man gut in 7 Semestern (inklusive 1 Praxissemester) schaffen konnte, was den Bachelor nur um ein Semester übertrifft. Es wird allerdings diskutiert, ob der Master sinnvoll ist, da - wie oben erwähnt - der FaMi eine Aufwertung erfährt und Bibliothekare in Zukunft eher Spezialaufgaben übernehmen. Das werden wir in den nächsten 5-10 Jahren dann sehen.

Insgesamt sind die Berufsaussichten wieder rosiger, auch wenn man noch mit einer Elternzeitvertretung einsteigt. In spätestens drei Jahren geht die Rentenwelle los und allein in NRW wird damit gerechnet, dass bis 2025 fast ein Viertel der Bibliothekare in den Ruhestand geht, während die Neueinstellungen oft in den Mutterschutz gehen. Zwar nutzen die Komunen die Gelegenheit, um Stellen zu streichen (ÖBs sind keine gesetzlich vorgeschriebene Leistung, die eine Gemeinde zu erbringen hat und können theoretisch von heute auf morgen geschlossen werden), aber sie müssen neu einstellen und mit ein oder zwei Jahren Berufserfahrung hat man quasi die freie Auswahl. Der Verdienst ist nicht hoch, aber in Ordnung. Wenn man keine zu großen Ansprüche hat, kann man in Teilzeit arbeiten.

Grundständiges Studium, am besten mit Promotion und anschließender Master/Referendar
Die höchste bibliothekarische Stufe sind die Leute, die in den Wissenschaftlichen Bibliotheken die Fachreferate besetzen. Sie wählen sehr spezielle Literatur aus und beraten Studenten und Wissenschaftler. Dazu müssen sie in der Regel in dem Fach studiert haben, das sie in der Bibliothek betreuen und anschließend ein zweijähriges Referendariat hinter sich bringen (man wird währenddessen gut bezahlt). Mittlerweile geht der Trend dazu, zu studieren, den Doktor zu machen, nebenher in einer Bibliothek zu arbeiten und dann im Fernstudium den Master zu machen (In meinem Fernstudiengang mischen sich diese Fachfremden mit uns weiterbildungswilligen Bibliothekaren, was eine unheimliche Bereicherung des Studiengangs ist, weil wir alle voneinander lernen).
Gesucht wurden in den letzten Jahren vor allem Informatiker, Betriebswirte, Juristen, Ingenieure und Naturwissenschaftler: Also alle Richtungen, die in der freien Wirtschaft mehr verdienen als in der Bibliothek. Man verdient als Fachreferent beim Berufseinstieg allerdings fast doppelt so viel wie als normaler Bibliothekar, muss man dazusagen. Wenig gesucht werden Geisteswissenschaftler, die es traditionell zu den Bibliotheken zieht und für die der Verdienst dort natürlich sehr hoch ist. Wer also Germantistik studiert und promoviert, hat es schwerer, als Referendar angenommen zu werden, als ein Maschinenbauer.


Quereinsteiger aus anderen Berufen gibt es extrem selten. Vor allem als FaMi wird man heute eigentlich nur noch mit Ausbildung eingestellt. Ausnahme sind Schulbibliotheken und die ehrenamtlichen Büchereien, viele davon konfessionell. Sie stellen sogar einen großen Teil der Büchereien in Deutschland. Allerdings kann man hier kein Einkommen erwarten und gerade bei Schulbüchereien denke ich, sollte wenn möglich Fachpersonal eingestellt werden, das den Schülern einfach besser Informations- und Medienkompetenz vermitteln kann als jemand, der aus einem ganz anderen Fachbereich kommt. Am ehsten gelingt der Quereinstieg in den höheren Ebenen. Allerdings muss man hier oft nachträglich die Fachhochschulbank drücken, weil der öffentliche Dienst einen Papierqisch braucht, auf dem steht, das man qualifiziert ist.

Churke

Bevor ich mir hier aus dem Fenster hänge, frage ich erst mal, ob das überhaupt in diesen Thread passt. Ich könnte was zu den Berufsbildern "Drogendealer", "Prostituierte" und "Zuhälter" beisteuern.

Shin

Mit Drogensüchtigen und Prostituierten kenne ich mich auch, mit den Dealern und Zuhältern nicht so.
Meinetwegen kannst du gerne etwas zu den Dreien schreiben, mich würde es jedenfalls interessieren.
"Sometimes all I'm ever doing is trying to convince myself I'm alive."
- Daisy The Great
"It's OK, I wouldn't remember me either."         
- Crywank           

Felsenkatze

Natürlich interessiert das, Churke. Ist schließlich fürs Schreiben gedacht, und nicht alle Leute haben nur liebe, heile Plots und Protas. ;)

Mogylein

Zum Thema "Drogendealer"/"Drogensüchtiger" kann ich unter Umständen auch was hinzufügen, wenn du das nicht alles schon mit einbaust.

Ich bin auf jeden Fall sehr interessiert.
   "Weeks of Writing can save you hours of plotting."
- abgewandeltes Programmiersprichwort

KaPunkt

Landschaftsarchitekt

Diplom Ingenieur der Landschaftsarchitektur
Landschaftsarchitekt (Mitglied der Kammer 'Hier Bundesland einfügen')


Was macht ein Landschaftsarchitekt?
Er entwickelt Freiräume. Eigentlich unsere gesamte Umgebung, die nicht innerhalb von Gebäuden liegt, ist Aufgabenbereich des LA. Also zum Beispiel: Gärten, Parkanlagen, Parkplätze, Stadtplätze, Fußgängerzonen, Vorplätze (Theater, Oper, Bundestag).
Er entwickelt Entwürfe, stellt diese graphisch und Präsentationen dar, kümmert sich um nötige Genehmigungen, erstellt die Pläne, nach denen die Anlage gebraut wird, berechnet die Kosten, kümmert sich um die Vergabe an ausführende Firmen, überwacht den Bau und auch später für eine gewisse Zeit die Entwicklung der Anlage. Kaum ein LA arbeitet allerdings in allen diesen Bereichen auf einmal.
Es gibt auch LA, die im Denkmalschutz oder der Forschung tätig sind. Dann zum Beispiel in historischen Parkanlagen oder im Bereich der Pflanzenverwendung.
Ja, LA sollten zumindest grundlegende Kenntnisse in Sachen Pflanzen haben, auch wenn es heute immer mehr abnimmt. einige einfache Bäume kann aber jeder LA bestimmten, und er kennt den Unterschied zwischen Stauden, Annuellen, Bianuellen, und Gräsern.

Bei fast jedem Projekt plant der LA auch Treppen oder Rampenanlagen zum Barrierefreien Zugang und sorgt dafür, dass das Regenwasser an die richtigen Ecken fließt. Dafür muss er die Grundrechen Arten beherrschen, und eine gutes räumliches Vorstellungsvermögen haben.
LA sprechen am liebsten mit einem Stift in der Hand, um mit einer schnellen Skizze zu verdeutlichen, was sie meinen.

Gibt es Voraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen? (Besondere Abschlüsse, erforderte körperliche Fähigkeiten, Fremdsprachenkenntnisse, usw.)
Abgeschlossenes Studium in Landschaftsarchitektur / Landschaftsplanung / Landespflege. Namen gibt es da viele. Studieren kann man an Universitäten oder FHs. Früher war es ein Diplom-Studiengang, inzwischen Bachelor / Master.
An manchen Hochschulen ist ein Ausbildung zum Gärtner oder Garten und Landschaftsbauer Vorschrift, bei anderen reicht ein Vorpraktikum von drei bis sechs Monaten. Bei machen wird das benötigt, dann wird einem aber dringend ans Herz gelegt, in der Vorlesungsfreien Zeit Praktika zu absolvieren.

Um den schlichten Titel 'Landschaftsarchitekt' führen zu dürfen ist die Mitgliedschaft in der Architekten Kammer nötig. Dort wird man aufgenommen, wenn man eine bestimmte Anzahl Jahre Berufserfahrung unter Leitung eines Kammermitgliedes (min zwei Jahre, es gibt auch Kammern mit drei Jahren) in sämtlichen oben erwähnten Leistungsbereichen nachweisen kann.
Die Mitgliedschaft ist aber nicht Pflicht. Man genauso gut Dipl. Ing. oder MA LA bleiben.


- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
Nein.

- Kann man sich selbstständig machen?
Ja. Freiberufliche LA sind in manchen Bereichen weit verbreitet. Sie arbeiten entweder Schwerpunkt mäßig für ein Büro oder für mehrere Auftraggeber.
Als Selbstständiger LA führt man im Allgemeinen ein 'Büro' oder 'Atelier' - eine Firma, in der min. der Inhaber selbst arbeitet.
Normale Büro Größen sind in Deutschland ca. 5-10 Mitarbeiter. Sehr Größe Büros haben um die 50 Mitarbeiter.


- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?
Man kann als LA alleine arbeiten.
Wenn man in einem Büro arbeitet, gibt es im Allgemeinen eine Form von Arbeitsteilung / Team Work. Zum einen arbeiten bestimmte LA in bestimmten Leistungsbereichen, zum Beispiel schwerpunktmäßig im Entwurf oder der Ausführungsplanung oder der Bauleitung. Es gibt kaum einen Bauleiter, der auch entwirft. Aber der Entwerfer geht zum Bauleiter oder einem anderen Kollegen, wenn er eine Frage klären muss. Genauso hält der Bauleiter Rücksprache mit dem Entwerfer.
Bei großen Projekten kann es sein, dass mehrere LA eines Schwerpunktes am gleichen Projekt sitzen und die Arbeit unter sich aufteilen.
Üblicher ist in solchen Fällen aber, dass ein Projektleiter, der LA, Bauzeichner, Praktikanten oder Lehrlinge beaufsichtigt und ihnen auszuführende Arbeit zuteilt.


- Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
Ja.
Der LA muss Lösungen erarbeiten, die seinen Auftraggeber zufrieden stellen.
Vor allem der Entwurf muss deshalb immer dem dem Auftraggeber (dem Bauherren) abgestimmt werden. Man erstellt also Pläne oder Präsentationen und lässt sie dem Bauherren im Zuge von Terminen oder per Mail oder Post zu kommen. diskutiert diese und erarbeitet so gemeinsame Lösungen.
Darüber hinaus arbeiten LA eng mit Architekten zusammen und häufig auch mit Stadtplanern.

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
Alles ist möglich.
Die Praxis sieht in einem großen Teil der Branche aber so aus: Im Vertrag steht 40 Stunden Woche, aber man bleibt so lange, bis die Arbeit erledigt ist.
Überstunden sind eher die Regel als die Ausnahme, wenn Termine gehalten werden müssen. Auch Wochenendarbeit ist in vielen Büros zu Stoßzeiten nichts ungewöhnliches.
Wer LA studiert, merkt ziemlich schnell, worauf er sich einlässt. Schon an der Uni ist vielerorts das Arbeiten im Projektraum, in quasi Büro-Atmosphäre, Pflicht, und das Arbeitspensum bedeutet tägliche mindestens acht Stunden Anwesenheit in der Uni, vor Präsentationen und gegen Ende des Semesters auch gerne mal rund um die Uhr.


- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
s. oben.
Ich muss aber auch sagen, dass ich zur Zeit in einem Büro arbeite, in dem die meisten abends relativ pünktlich gehen können, und mein Überstunden Konto gerade bei ca 10+ steht. Es geht also auch anders.

- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
Nach der Uni kann man noch einen Master aufsatteln, auch als Dipl. Ing. Bachelors wird er empfohlen. Man kann sich dann z.B. auf Lichtdesign spezialisieren, oder allgemein Vertiefen. Auch der Doktor ist in LA möglich.
Aufstiegsmöglichkeiten bestehen eher informell.
Im allgemeinen fängt der Student nebenbei an, in einem Büro als Praktikant zu arbeiten und wird danach vielleicht zur studentischen Hilfskraft.
Nach dem Studium gilt man in Stellenanzeigen als Absolvent.
Später wird dann nach Berufserfahrung gewichtet. Wer sich auskennt, steht in der Hackordnung höher.
Bauleiter sind im Allgemeine erfahrene Leute, die auch eine Lehre hinter sich haben.
Projektbearbeiter steht unter dem Projektleiter.
Allerdings steht jemand, der nur Projekte mit einer Bausumme von sagen wir 50.000 hatte, unter jemanden, der regelmäßig Anlagen mit 2Mio organisiert.
Der Chef ist der Büroeigentümer. Immer.
Außerdem kann man sich beispielsweise zum Sachverständigen oder Mediatoren ausbilden lassen.

- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Nein. Uns gibt es überall.
Alledings geballt in Großstädten. Auf dem Land und in Kleinstädten allerdings eher als Exoten. In Deutschland ist die gefühlte Dichte in Berlin am höchsten, dass hängt mit dem Bauboom nach der Wiedervereinigung zusammen.
International gilt
die Schweiz als Land mit: tollen Ideen, wahnsinns Umssetzungsqualität, sehr guter Bezahlung
Die Niederlande: Nimmt sich im Coolness Faktor kaum etwas mit der Schweiz, aber die Bezahlung ist schlechter.

Chinas Bauboom schwappt auch zu uns rüber, und viele deutsche Büros haben Projekte in China umgesetzt oder sogar Dependancen dort gegründet.
Ähnliches gilt für die arabische Halbinsel.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
die wichtigsten Fachzeitschriften heißen Topos und Garten + Landschaft, und ja, lese hilft. Und die allermeisten haben Zugang zu mindestens einer der beiden.
Ansonsten bleibt die Beschäftigung nicht aus. Ein LA betrachtet gerne mal kritisch eine Pflasterrinne, weil die Fugen nicht den richtigen Abstand haben oder bleibt verzückt vor einem Ahorn stehen, weil dessen Laubfarbe perfekt zur Klinkerwand dahinter passt.
Ich selbst neige dazu, Rampen und Treppensituationen zu fotografieren, wenn mir eine clevere Lösung auffällt.

- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
Nein. Wenn die Arbeit gemacht ist, sieht das Leben nicht viel anders aus als bei anderen Menschen. Nur nimmt man seine Umwelt vielleicht detaillierter wahr als der Durchschnittsmensch.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?
s. dazu Arbeitzeiten.

Besondere Fähigkeiten:
La arbeiten mit dem Computer. Gezeichnet wird grundsätzlich mit CAD Programmen. Konstruktionsprogrammen. Am weitesten verbreitet sind Vector Works und AutoCAD. Zur Berechnung von Kosten und der Erstellung von Leistungsverzeichnissen gibt es AVA Programme (Ausschreibung, Vergabe, Ausführung), die kann man sich ähnlich vorstellen wie ein komplexeres, spezialisiertes Excel, in dem man Datenbanken hinterlegen kann. ORCA wird von vielen Büros verwendet.
Viele Beherrschen darüber Photoshop und InDesign, einige auch 3D Simulationsprogramme wie Cinema 4D.
Schön zeichnen ist kein Muss, und nur noch wenige können Perspektiven aus der Hand zeichnen, aber jeder La muss in der Lage sein,  seine räumlichen Ideen schnell und verständlich zu kommunizieren.
Ältere LA sind in dieser Hinsicht besser, weil das CAD Zeitalter noch nicht besonders alt ist.
Sie erkennt man häufig auch an einer sehr gut lesbaren Handschrift, denn früher wurde Pläne von Hand beschriftet.
Außerdem beherrschen viele LA den Modellbau. Das heißt, sie können aus Pappe, Holz, Glas, und anderen Baustoffen Mastabsgerechte Modelle ihrer Entwürfe anfertigen.

Außerdem:
LA sitzen in gewisser Weise zwischen allen Stühlen.
Es gibt hier Designfreaks und Ökofreaks, Leute, die Bäume kuscheln und Beton lieben.
Sie müssen technisch denken, kreative Lösungen entwickeln und dabei die Psychologie und das soziale Verhalten des Menschen niemals außer Acht lassen.
Sie sitzen den Großteil ihres Tages im Büro vor dem Bildschirm oder am Telefon, aber alle Welt denkt, sie müssten durch den Garten springen und Blumen pflanzen - und eigentlich wären sie selbst gerne viel häufiger draußen.
Gleichzeitig sind für den typischen Büromenschen erstaunlich viel an der frischen Luft. Vermessen Orte, nehmen Höhen oder machen Fotos, besprechen sich mit Bauherren oder Handwerkern vor Ort.
Ach ja, und alle LA klagen darüber, dass sie zu einer der am schlechtesten bezahlten Zweige des Ingenieurswesen gehören.
Reich wird hier keiner.

Liebe Grüße,
KaPunkt (LA)
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

moonjunkie

Ich könnte bieten: Fremdsprachenkorrespondentin (z.B. bei internationaler Anwaltskanzlei) - denn das ist mein Beruf, in dem ich seit 12 Jahren arbeite.

Gibt es Vorraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen?
Man kann sich z.B. an einer Euroakademie einschreiben (die gibt es in einigen Großstädten Deutschlands: Köln, Oldenburg, Berlin, Bielefeld, Dortmund, Hannover, Stuttgart). Meine Ausbildung habe ich in Köln gemacht. (Link: http://www.euroakademie.de/?gclid=CNTBmNzj0rICFYqV3godDW4AbQ). Hier kann man unter anderem diesen Abschluß erwerben. Geprüft wird teilweise von der IHK und der Schule selbst.
Studienzeit waren bei mir zwei Jahre, also vier Semester (am Ende hatte ich. Fremdsprachenkorrespondent Englisch, Fremdsprachenkorrespondent Französisch, Grundkenntnisse Spanisch, SEFIC (Spoken English for Industry and Commerce), ein Zeugnis der Euroakadmie "Europasekretärin", IHK-Zeugnis Fremdsprachensekretärin, Übersetzerin für Handelsenglisch).
Wenn man nur den Fremdsprachenkorrespondent macht dauert es 12 bis 18 Monate. Wenn man Französisch, Englisch und Spanisch wählt und überall den Fremdsprachenkorrespondent erwerben möchte, dauert die Ausbildung mindestens 18 Monate.
Um die Ausbildung zu beginnen, benötigt man Mittlere Reife, Abitur oder Fachabitur, sowie gute Englischkenntnisse.
Nützlich ist auch die Erweiterung zur Fremdsprachensekretärin, wenn man in einem Büro arbeiten möchte. Dafür wird das 10-Finger-System unterrichtet, etwas Betriebswirtschaftslehre, Handelsrecht, EDV-Kenntnisse in Access, Excel, Word.
Die Ausbildung kostet Gebühren, es gibt aber auch die Möglichkeit Bafög zu beantragen.


- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
Nein. Die jüngsten in meiner Gruppe damals waren 18, die ältesten Mitte 30. Viele fingen direkt nach dem Abitur dort an. Man kann hier schließlich auch umschulen von einem anderen Beruf.


- Kann man sich selbstständig machen?

Ich glaube nicht. Mit der Erweiterung als Übersetzer aber dann sehr wohl.

- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?
Wenn man in einer Kanzlei arbeitet, die wie mein Arbeitgeber aufgebaut ist, dann arbeitet man meistens zu zweit für mehrere Anwälte, es gibt aber auch genügend Kolleginnen, die alleine sitzen und alleine für einen oder mehrere Anwälte zuständig sind. Typisch sind zwei Sekretärinnen für fünf Anwälte, je nach Abteilung.


- Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?

Mandanten hat man am Telefon, ansonsten sieht man sie höchstens, wenn man Unterlagen in eine Besprechung reinbringen muss.

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
Hier kommt es sehr auf das Unternehmen an. Ich habe früher Vollzeit gearbeitet von 8:30 bis 17:00 Uhr mit einer halbstündigen Pause, um 17:00 Uhr kam ein Abendsekretariat und blieb bis 22:00 Uhr. Mittlerweile arbeite ich 16 Stunden in der Woche (zwei volle Tage), es gibt aber auch viele Kolleginnen, die entweder halbe Tage arbeiten oder ganz unterschiedlich (Mo-Do bis 15:00 Uhr oder so). Bei uns ist es sehr flexibel und kommt darauf an, wie viel Arbeit in einzelnen Abteilungen anfällt und ob Chef und Personalabteilung einverstanden sind.

- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
Üblich sind 40 Wochenstunden, je nach Abteilung aber auch Überstunden, die man dann entweder als freie Tage nehmen kann oder aber sich auszahlen lässt.


- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?

Wenn man als Fremdsprachenkorrespondentin in einer Kanzlei arbeitet ist eine Beförderung schwierig. Es gibt aber die Möglichkeit z.B. ins Marketing zu wechseln und dort nicht mehr als Sekretärin zu arbeiten. Mit dem Abschluss der Fremdsprachenkorrespondentin hat man diverse Weiterbildungsmöglichkeiten (Wirtschaftsübersetzer, Dolmetscher, Europasekretärin, man konnte noch ein Jahr in Cardiff in Wales anhängen und einen M.A. Abschluss machen oder einen B.A.).

- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Nein.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
Nein.


- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)

Bei mir kommt das nicht vor. Um 17:00 Uhr kann ich gehen. Es gibt aber Abteilungen, die sehr viel zu tun haben, da kann es vorkommen, dass man schonmal bis um 19:00 Uhr im Büro sitzt und ganz selten auch mal am Wochenende kommen muss.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?
Bei wenig Überstunden nicht. Durch mögliche Teilzeit ist es sehr gut möglich, seine Kinder entsprechend lange unterzurbringen.

Wie sieht die tägliche Arbeit aus?
Ich kann hier nur für meine Arbeit bei der Kanzlei sprechen, da habe ich verschiedene Aufgaben: Schreiben nach Diktat (mittlerweile über ein PC-Programm über Kopfhörer) von Verträgen, Geschäftskorrespondenz, Fachartikel. Korrekturen nach handschriftlichen Vorlagen (in Word), Erstellen von Power Point Präsentationen (nach handschriftlicher Vorlage), Rechnungserstellung, Ablage. Programme, die wir verwenden: Power Point, Excel (bei Rechnungsaufstellungen), Word, Outlook. Konfliktüberprüfung über neue Mandanten und somit auch Internetrecherchen, gelegentliche Übersetzungen (dt.-englisch).


Liebe Grüße
moonjunkie

Sanjani

#12
Auch das ein toller Thread!

Ich erzähle euch heute etwas über den Beruf der psychologischen Psychotherapeutin und hier erst mal über die Arbeit in der Klinik. Ambulant ergänze ich, wenn ich Erfahrungen dazu habe (oder auch gern jemand anders) :)

- Gibt es Voraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen?
Abgeschlossenes Studium der Psychologie, Diplom oder Master - Bachelor sind nicht zugelassen. Danach kann man da schon arbeiten, aber um den Titel psychologische/r Psychotherapeut/in zu tragen, muss man eine Ausbildung mit Approbation abschließen. Man muss sich, um später Kassenpatienten behandeln zu können, in einem der 3 anerkannten Verfahren ausbilden lassen: Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder aber Psychoanalyse. In einer Klinik kann man auch ohne diese Ausbildung angestellt werden, da kann man dann auch gern Gesprächspsychotherapeut, Familientherapeut o. ä. sein. Die meisten Arbeitgeber wünschen sich aber mindestens Interesse für eine Ausbildung oder begonnene Ausbildung.
Ach und ich denke, man kann schlecht als taubstummer Mensch Psychotherapie machen, aber ich lasse mich da auch gern eines Besseren Belehren. Sprechen und Hören sollte man halt können.

- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
Nicht, dass ich wüsste.

- Kann man sich selbstständig machen?
Ja. Selbständig in eigener Praxis oder aber freiberuflich, z. B. als Gutachter.

- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?
Die Gespräche führt man i. d. R. alleine oder mit max. Kotherapeut, z. B. in einer Gruppentherapie sind Kotherapeuten sinnvoll, sofern vorhanden. Darüber hinaus arbeitet man in der Klinik oft im Team. Und auch in Praxen, wo mehrere arbeiten, hörte ich, dass man sich zu Intervision und Supervision trifft.

- Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
Ja. Zu Patienten, aber auch zu deren Angehörigen oder wichtigen Bezugspersonen.

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
Alles möglich. In Praxen oder Beratungsstellen sollte man dran denken, dass viele Patienten arbeiten / zur Schule gehen und man daher auch nachmittags und abends ran muss. In der Klinik hat man i. d. r. feste Arbeitszeiten zwischen 8 und 17 Uhr.

- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
Da ist von 15-40 Std. alles möglich. Überstunden sollte man auch mit einrechnen, je nachdem, wie viel Verantwortung man z. B. für eine Station hat und wie gut das eigene Zeitmanagement ist. Wenn um 16:30 Schluss sein sollte und um 16:15 kommt ein Patient, der sich umbringen möchte, dann muss man da bleiben und prüfen, ob ein Krisengespräch ausreicht, man andere Maßnahmen ergreifen bzw. den Patienten auf eine geschlossene Station verlegen muss.

- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
Neben der Therapieausbildung kann man sich in verschiedenen Gebieten vertiefter fortbilden, z. B. Traumatherapie, Mindfulness-based Stress Reduction o. ä. Außerdem ist es einem frei gestellt, neben einem Therapieverfahren auch noch ein weiteres zu erlernen. Das kostet aber alles Geld, sollte man nicht vergessen :)
Beförderungen gibt es auch. Auf manchen Stationen gibt es z. B. leitende Psycholog(inn)en. Die haben dann mehr Verantwortung für die Patienten und sind für die Einarbeitung neuer Kolleg(inn)en und für die Betreuung der Psychotherapeuten in Ausbildung zuständig. Was die sonst noch machen, keine Ahnung.

- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Nein. Allerdings muss man immer prüfen, ob die irgendwo erworbene Ausbildung und Approbation in einem anderen Land gilt.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
Man muss nicht, aber es ist hilfreich, wenn man z. B. über neuere Entwicklungen Bescheid weiß. Und ich für meinen Teil kann gar nicht davon weg mir Gedanken über meine Mitmenschen zu machen und sie zu analysieren. Ist vllt ne Berufskrankheit ^^

- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
Das kommt drauf an, wo man arbeitet. In der Klinik eher nicht, es sei denn, man ist allein auf der Station mit 20 Patienten und muss sich um alles kümmern. Da sind Überstunden vorprogrammiert, wenn man seinen Beruf ernsthaft ausüben will.
Ansonsten siehe weiter oben. Ich kenne Praxen, wo manche Gruppentherapien erst um 19:15 überhaupt beginnen.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?
Ich denke schon, zumindest unter den o. g. Umständen.

So und jetzt erzähle ich euch noch was aus meinem Alltag in der Klinik, damit ihr eine Idee habt, was ich so mache: Ich habe Vollzeit dort gearbeitet von 08-16:30. Station war akutpsychiatrisch, d. h. jederzeit können Aufnahmen kommen. Es gab 18 Betten, aber oft waren auch 20 oder 21 Leute da. Als Auszubildende hatte ich 4-9 Patienten, meist eher weniger, aber ich kenne andere Klinikstellen, wo Auszubildende eher mehr haben. Der Alltag war relativ strukturiert. Montags und freitags war Visite. Bei uns war sie recht lang, weil mit den Patienten ausführlicher und ohne Anwesenheit anderer Patienten gesprochen wurde. In anderen Stationen gibt es Gruppenvisiten. Da sitzen alle Patienten beisammen und es wird nur kurz abgefragt, wie es ihnen geht und ob jemand ein Thema hat, das ihn besonders beschäftigt / belastet. Mittwochs war Oberarztvisite. Diese dauerte mindestens 2,5-3 Stunden und fand bei uns vormittags statt. Die Tage sind natürlich ganz willkürlich und nicht auf allen Stationen gleich. Bei der Oberarztvisite stellt der Behandler den Patienten vor, sofern er neu ist, und informiert über die Behandlungserfolge bzw. Hürden in der letzten Woche. Der Oberarzt kümmert sich dann i. d. R. um die Medikation und / oder gibt therapeutische Anstöße. Zusätzlich wird jeder neue Patient vom Oberarzt visitiert, idealerweise am Tag der Aufnahme oder einen Tag später. Bei uns hatte sich da auch eine ungefähre Zeit eingebürgert, die von ca. 15:30-16:30 reichte. Unser Oberarzt war da recht flexibel :)

Dienstagvormittags gab es eine sog. Kurvenvisite. Hier sitzen alle des Teams zusammen (alle, die auf Station nicht gebraucht werden) und jeder Patient wird kurz oder auch länger besprochen. Man kann sich mit Pflegekräften und ggf. vorhandenen anderen Behandlern über die Fortschritte und Probleme austauschen, ärztliche Untersuchungen werden ggf. angeordnet und Therapieziele überlegt. Bei uns dauerte das ca. 1,5-2 Std., aber das kann auch stark variieren. Auf manchen Stationen gibt es auch die Option, dass der Oberarzt der Kurvenvisite beiwohnt.
Darüber hinaus gibt es in Kliniken oft mindestens einen Fortbildungstermin von ca. 1,5 Std. Hier gibt es z. B. Fallbesprechungen oder Vorträge von internen und externen Referenten. Bei uns fand das mittwochs ab 13:00 statt.
Beachtlich ist auch die Übergabezeit, wo die Pflegekräfte Schichtwechsel haben. Bei uns war das von 13-14 Uhr - ich weiß nicht, ob das überall gleich ist. Wenn man Zeit hat, kann es nützlich sein, diese Übergaben auch zu besuchen. Ich hab das einmal die Woche gemacht oder auch öfter, wenn ich schwierige Patienten hatte. Morgens bekommt man auch immer eine Übergabe, aber die war bei uns sehr kurz und man hat nicht immer alles wichtige erfahren.
Und dann waren da natürlich die Morgenkonferenzen, in denen über neu aufgenommene Patienten berichtet wurde.

Den Rest der Zeit hat man dann zur freien Verfügung. Neue Patienten sollten idealerweise direkt am Aufnahmetag gesehen werden und man macht mit ihnen eine Anamnese. Dann legt man ggf. einen Termin für weitere Diagnostik fest, z. B. Testungen am Computer oder man gibt ihnen Fragebögen mit (häufig konnte man das auch an die Pflegekräfte deligieren, wenn man ihnen sagte, was sie rausgeben sollen). Außerdem wird ein Behandlungsplan festgelegt (z. B. Ergotherapie, Genusstraining, Entspannungstraining) und die entsprechenden Anmeldungen an die zuständigen Behandler werden ausgefüllt (das ist viel Papierkram und nervt :) ).

Am selben Tag sollte man auch einen Antrag auf Kostenübernahme ausfüllen und an die Krankenkasse senden. Dann kann man, sofern man noch Zeit hat, Gespräche mit anderen Patienten führen, Entlassbriefe oder Kostenverlängerungsanträge diktieren bzw. schreiben oder Gespräche dokumentieren. Auf manchen speziellen Stationen oder in psychosomatischen Kliniken gibt es auch themenbezogene oder offene Gesprächsgruppen, die man ggf. leiten muss (z. B. Depressionsbewältigung, Problemlösetraining, Rückfallprävention bei Suchtkranken usw.).
Und darüber hinaus kann jederzeit ein Patient mit irgendeiner Krise kommen, z. B. Suizidabsichten, Selbstverletzungsdruck o. ä., da muss man dann entscheiden, welche Priorität das hat. In Kliniken, wo wenig Ärzte beschäftigt sind, muss man sich zusätzlich mit Medikamenten und Untersuchungen ein bisschen auskennen und den Blick hierauf haben.

Beispiel für einen Tag:
08:00-08:10 Übergabe (was ist am Abend und in der Nacht passiert?)
08:15-08:30: Morgenkonferenz (manchmal bis 08:45, wenn viele neue Patienten kamen)
08:30-09:30: Zeit für Entlassbriefe oder Papierkram
09:30-11:30: Visite
11:30-12:00: Zeit zur freien Verfügung, z. B. Visite dokumentieren, sofern man das nicht schon während der Visite gemacht hat (konnte ich z. B. nicht, weil ich ja nix in die Kurve schreiben kann)
12:00-12:30: Mittagessen
12:30-15:30: Zeit für Patientengespräche, z. B. Anamnese, Testdiagnostik o. ä.
15:30-16:30: Wenn ein neuer Patient da war, hab ich da i. d. R. kein Gespräch geführt, weil ich dem Oberarztgespräch beiwohnen wollte. Oberarzt kam dann z. B. um 16:00, schaut 15 Minuten den Patienten an und dann gab es noch 15 Minuten ein Nachgespräch, wenn der Patient besonders beeindruckend war.
Gespräche sollten 25 oder 50 Minuten dauern. Unerfahrene Therapeuten wie ich haben schon mal 90 Minuten gesprochen. :)

So viel mal von mir. Falls es noch Fragen gibt, immer her damit.

LG Sanjani

Edit vom 4. Januar 2015: Ambulante Psychotherapie

Heute habe ich mal wieder im Zirkel geschmökert, und dabei fiel mir ein, dass ich euch noch nichts über die ambulante Arbeit als Psychotherapeutin erzählt habe. Das möchte ich nun noch ergänzen. Zu Voraussetzungen u. a. habe ich ja bereits einiges geschrieben, deshalb hier nur noch was zur ambulanten Arbeit:

Man arbeitet ambulant i. d. R. in einer psychotherapeutischen Praxis, Institutsambulanz einer Klinik oder Beratungsstelle. Die Patienten kommen ambulant, d. h. sie kommen für die Therapiesitzung in die Praxis und gehen anschließend wieder nach Hause. Ich arbeite aktuell während meiner Ausbildung in der Institutsambulanz meines Ausbildungsinstituts, wo es ungefähr zugeht wie in einer Praxis. Um eine Praxis zu eröffnen, benötigt man einen sogenannten Kassensitz, aber das würde jetzt zu weit führen. Man kann auch als Angestellter in einer Praxis arbeiten.

In der Regel ist es so, dass die Patienten in der Praxis zunächst anrufen und auf den Anrufbeantworter sprechen. Als Psychotherapeut hat man relativ wenige freie Stunden, die man dann mit Papierkram zubringt oder damit, die Patienten zurückzurufen. Es gibt kein Personal, das die Anrufe entgegen nehmen könnte, oder zumindest sind solche Leute nur zeitweise angestellt, z. B. Sekretäre auf 400 Euro Basis. Dies hat damit zu tun, das man als Therapeut eigenständig arbeitet und keine Helfer o. ä. braucht.

Wenn man Patienten zurückruft, erkundigt man sich nach einigen wichtigen Dingen, so z. B. dem Grund ihrer Anmeldung, ihrer Adresse, Art der Krankenversicherung, schon durchgeführte Therapien oder Klinikbesuche, Medikamente etc. Das ist bei uns sehr ausführlich, aber auch in der Praxis, in der ich mal Praktikum gemacht habe, wurden sehr viele Sachen abgefragt. Dadurch kann man sich schon mal ein erstes Bild von den Patienten machen. Viele Therapeuten führen Wartelisten, wo sie alle Patienten mit den o. g. Informationen eintragen und dann nacheinander abarbeiten. Die Wartezeit auf einen Therapieplatz beträgt aktuell ca. 6-12 Monate. Manche Therapeuten führen aber auch keine Wartelisten, sodass man, wenn man Glück hat und zur richtigen Zeit anruft, einen gerade frei gewordenen Platz bekommen kann.

Man lädt die Patienten dann zu einem ersten Gespräch ein. Eine Sitzung dauert 50 Minuten. In diesem Gespräch erfährt man den Grund für das Therapieansinnen. Ist der Patient danach bereit wiederzukommen und man selbst bereit, ihn wieder aufzunehmen, werden weitere 4 Gespräche vereinbart (gesetzliche Krankenversicherung, bei privaten ist dies teilw. sehr unterschiedlich mit den Modalitäten). Die Patienten kommen normalerweise regelmäßig immer zur selben Zeit - Ausnahme Schichtdienste o. ä., aber es ist sinnvoll, die Termine möglichst regelmäßig zu halten, denn sonst hat man immer zeitliche Löcher, wenn einer nicht kommt, oder kann ihn andersherum auch nicht mehr unterbringen, weil alle anderen Termine besetzt sind.

Es ist wichtig, dass man am Anfang auch Diagnostik macht, meist mit Hilfe von Fragebögen. Manche haben auch Testcomputer, aber das ist in Praxen eher selten, weil man vergleichsweise wenig Geld für Tests bekommt und die Testlizenzen umgekehrt recht teuer sind. Spätestens nach den ersten 5 Gesprächen muss man einen Antrag auf Psychotherapie stellen. Hierfür müssen verschiedene Formulare ausgefüllt und außerdem ein Bericht über den Patienten geschrieben werden, der erklärt, wie es zu welcher Störung kam und wie die Behandlung aussehen soll. Niedergelassene Therapeuten werden nach einer gewissen Zahl von Anträgen von der Erstantragspflicht befreit, d. h. man kann dann direkt mit der Therapie beginnen und muss erst die Verlängerung beantragen. Das erspart einem viel Papierkram.

Neben den Patientengesprächen fallen folgende Arbeiten an: Vor- und Nachbereitung der Gespräche, v. a. wichtig, wenn man z. B. Sachen für Übungen vorbereiten muss, die man machen möchte, oder die Dokumentation der Sitzungen, sofern man das nicht schon während der Stunde erledigt. Außerdem das Schreiben von Anträgen - hier v. a. die Berichte für Erstantrag oder Verlängerung -, die Abrechnung der Leistungen mit den Krankenkassen, das Schreiben von Arztberichten (ist aber nur eine Formalie) - standardmäßig einer zu Beginn und einer zum Ende der Therapie verpflichtend, sofern der Patient nicht dagegen ist. Bei Patienten, die körperliche Erkrankungen haben, ist es auch wichtig, mit den anderen behandelnden Ärzten in Kontakt zu sein (magersüchtige Patienten mit einem BMI <19 müssen z. B. regelmäßig gewogen werden). Diese Arbeiten sollte man nicht unterschätzen. Hinzu kommt in der Ausbildung verpflichtend und approbiert nach Bedarf Supervision, d. h. sozusagen eine Beratung mit einem erfahrenen außenstehenden Kollegen. Diese Sitzungen dauern auch jeweils 50 Minuten. Meine Supervisorin macht es deshalb so, dass sie täglich insgesamt 6 Patienten empfängt und 2 Std. Mittagspause macht, in denen sie aber u. a. auch die Vor- und Nachbereitung oder ggf. Antragstellung macht.

Mein Tag in der Ambulanz sieht aktuell aus wie folgt: 09:00-12:00 drei Patienten. Die Sitzung dauert 50 Minuten, und man sollte versuchen, das auch einzuhalten und die 10 Minuten Pause auch zu nutzen, entweder zur Vor-/Nachbereitung oder aber zur Pflege der eigenen Psychohygiene, z. B. durch eine Entspannungs- oder Achtsamkeitsübung. 12:00-13:00 Pause. Mittagessen und ggf. noch einen der Arztberichte rausschicken, Klinikbefunde anfordern oder ähnlichen Kleinscheiß. 13:00-14:00 eine Patientin. 14:00-15:00 Pause, hier dann Arbeit an einem Antragsbericht oder ähnliches, was eben anfällt, neue Patienten anrufen, sofern gerade ein Platz frei wird o. ä. 15:00-18:00 noch mal drei Patienten. Einmal im Monat schreibe ich meine Leistungen in das Abrechnungsprogramm für die Krankenkasse und einmal im Quartal wird dann die Abrechnung an die Kasse verschickt. Schön ist, wenn man gerade einmal viele Anträge rausgeschrieben hat und die genehmigt wurden, dass man erst mal relativ wenig Papierkram zu erledigen hat, bis dann die Verlängerungen anstehen.

Ist man niedergelassen in einer Praxis (hmmm, oder ich glaube, das gilt sogar für alle Approbierten, bin mir gerade aber nicht sicher muss man außerdem eine bestimmte Anzahl an Fortbildungspunkten im Jahr nachweisen, d. h. man muss Fortbildungen besuchen um zu zeigen, dass man mit den aktuellen Therapieentwicklungen vertraut ist. Wie viele das sind, weiß ich gerade nicht, damit beschäftige ich mich, wenn es so weit ist :)

Ok, ich hoffe, ihr konntet dem Durcheinander halbwegs folgen, und bei Fragen stehe ich auch gerne per PM zur Verfügung.

Edit vom 09.02.2018: Inzwischen habe ich auch eine gehörlose Psychotherapeutin kennen gelernt. Die kann allerdings sehr gut sprechen dank Stimmtraining etc. Sie ist wirklich sehr beeindruckend. Wenn man nicht weiß, dass sie gehörlos ist, würde man nicht darauf kommen.

Besonderheiten: Von Psychologen denken viele Leute, dass sie auch im privaten Umfeld ständig dabei sind, ihre Mitmenschen zu analysieren. Ich selber muss dem ein Stückweit zustimmen, allerdings ist es schon auch so, dass die Leute einen auch um Rat fragen und dabei schon sagen, sie wünschen sich "fachlichen" Rat. Davon abgesehen passiert viel auch einfach ganz unbewusst, dass man sich z. B. blitzlichtartig darüber Gedanken macht, was Person X für eine Persönlichkeit hat und wo die Ursachen dafür liegen könnten. Das hilft dabei, sich auf den anderen einzustellen und ist keine böswillige "Marotte" oder so etwas. Und man kann da auch total daneben liegen :) Aber man kann damit auch anderen Menschen helfen, wenn die z. B. nicht nachvollziehen können, warum der Arbeitskollege sich auf eine bestimmte Art verhält. Dann kann man das ein bisschen erklären und nachvollziehbar machen und vielleicht zu einem besseren Arbeitsklima beitragen :)

Was mir in den letzten Jahren aber sehr deutlich aufgefallen ist, ist, dass  ich mir durch die kognitive Therapie eine ganz bestimmte Art zu fragen angewöhnt habe, die ich im Privaten nicht gut abschalten kann. Es ist etwas schwer zu erklären, aber wir wollen ja immer wissen, was dahinter steht. Strategien sind z. B., den anderen zu fragen, welche Befürchtungen er bei bestimmten Sorgen hat oder was als allerschlimmstes passieren könnte oder einfach nur wie es dann weiter geht und dann und dann usw. Und manchmal kommen die Leute dann dahinter, dass sie sich selber z. B. für Versager halten und dann sage ich nicht, so ein Quatsch, das stimmt doch gar nicht, sondern dann sage ich vielleicht so, dann erklär mir mal, wie du zu diesem Schluss kommst. Und dann fällt den Leuten auf, dass sie eigentlich gar nicht so viele Argumente dafür haben, dass sie Versager sind :) Das ist jetzt nur ein anschauliches Beispiel. So kommt man manchmal ungewollt in eine Art therapeutisches Gespräch. Ich selber finde das überhaupt nicht schlimm, weil mich eine große Neugier beherrscht, ich will wissen, was dahinter steckt, wenn es Menschen schlecht geht, und ich will, dass es Ihnen nach dem Gespräch mit mir besser geht :) Aber manchmal ist es auch komisch, wenn ich das mit Freunden mache, die ich nicht so häufig treffe bzw. nicht ganz so gut kenne.

Natürlich gibt es auch viele Laien, die das intuitiv richtig machen, und ich war davor sicher auch schon nicht ganz schlecht, aber bei mir ist es oft ein bewusstes Abwägen - gehe ich da jetzt wirklich weiter rein, will der andere das oder nicht usw. Ich wende sozusagen therapeutische Strategien im privaten Umfeld an, weil ich weiß, dass sie meistens helfen.
Ich weiß übrigens nicht, ob es anderen Psychologen auch so geht. Das würde mich tatsächlich mal interessieren. Bisher hatte ich aber noch nicht die Gelegenheit, so was anzusprechen.

So, und jetzt bin ich wirklich mit allem am Ende, was ich zu meinem Beruf sagen kann. Ihr seht, ich rede gerne über meinen Beruf :)
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

der Rabe

Zitat von: SanjaniAch und ich denke, man kann schlecht als taubstummer Mensch Psychotherapie machen, aber ich lasse mich da auch gern eines Besseren Belehren. Sprechen und Hören sollte man halt können.

Och, ich denke, es gäbe bestimmt einige Gehörlose, die gerne ohne einen Dolmetscher zum Psychologen gehen würden. Allerdings könnte ich nicht sagen, ob die Klientel ausreichend wäre, um einen gehörlosen Psychologen mit einer eigenen Praxis über Wasser zu halten.
Bist du erst unten im Tal angekommen, geht es nur noch bergauf. (C) :rabe:

Sanjani

Rabe, ich stimme dir zu. Ich habe jetzt noch mal kurz recherchiert. Es gibt ein paar wenige gehörlose Psychologen, aber ich konnte keine gehörlosen psychologischen Psychotherapeuten finden. Es gibt eine Reihe therapeutischer angebote für Gehörlose, viele sind therapeutische Angebote in anderen als den o. g. anerkannten Verfahren, einige bieten Gebärdensprache an und ein paar ganz wenige von diesen Leuten sind gehörlose oder hochgradig schwerhörigeDiplom-Psychologen oder Pädagogen. Außerdem bieten einige Therapeuten Therapie mit Gebärdensprachdolmetscher an. Insgesamt ist das Angebot aber m. E. recht ungenügend.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)