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Handwerkliches => Autoren helfen Autoren => Auskunft und Recherchen => Thema gestartet von: Shin am 27. Juni 2012, 23:59:14

Titel: [Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Shin am 27. Juni 2012, 23:59:14
In diesem Thread werden Informationen zu verschiedenen Berufen gesammelt.
Wenn ihr euch gut mit einem Berufsbild auskennt, könnt ihr eure Informationen posten, sie werden dann von mir in einer alphabetische Liste verlinkt.
Wenn ihr Fragen zu Berufen habt, die noch nicht in der Liste stehen, könnt ihr diese hier stellen.

Was können das für Informationen sein?
- Gibt es Vorraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen? (Besondere Abschlüsse, erforderte körperliche Fähigkeiten, Fremdsprachenkenntnisse, usw.)
- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
- Kann man sich selbstständig machen?
- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?
- Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
- Wird das Familienleben eingeschränkt?

Alles, was euch wichtig erscheint oder besonders ist.

Hier (http://www.gehaltsvergleich.com/berufe-a.html) findet ihr eine umfangreiche Liste, wie viel man in welchen Berufen verdient.

Woher habt ihr eure Informationen?

Die Quelle ist für Andere bestimmt auch sehr interessant. Wodurch kennt ihr euch so gut aus? Übt ihr selbst diesen Beruf aus, oder ein Freund oder Verwandter?
Habt ihr den Beruf in euren Geschichten verwendet und darüber recherchiert, so dass ihr noch informative Links oder Lektüren angeben könnt?

Wenn ich etwas Wichtiges vergessen habe, dann schreit und ich werde es noch ergänzen!  :)

Aktualisiert: 31.01.2014

A

B
1. BibliothekarIn in der Öffentlichen Bibliothek (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10524.msg386117.html#msg386117) (von Nadine)

C
1. CallCenter AgentIn (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10524.msg386022.html#msg386022) (von Sprotte)
     Erweiterung (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10524.msg386023.html#msg386023) (von Maganius)
     Erweiterung (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10524.msg386029.html#msg386029) (von Malinche)

D

E

F
1. FachangestellteR für Medien- und Informationsdienste (FaMi), Fachrichtung Bibliothek (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10524.msg386117.html#msg386117) (von Nadine)
2. FremdsprachenkorrespondentIn (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10524.msg407330.html#msg407330) (von moonjunkie)

G

H
1. HeilpraktikerIn (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10524.msg386036.html#msg386036) - unterer Teil des Posts (von Aquamarin)

I

J

K

L
1. LandschaftsarchitektIn (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10524.msg386235.html#msg386235) (von KaPunkt)

M
1. MusikwissenschaftlerIn (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10524.msg386036.html#msg386036) - oberer Teil des Posts (von Aquamarin)

N

O

P
1. PsychologischeR PsychotherapeutIn (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10524.msg488093.html#msg488093) (von Sanjani)

Q

R

S
1. SoldatIn (Deutschland) (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10524.msg494861.html#msg494861)
(von Christopher)

T

U

V

W

X

Y

Z
Titel: Agent/in CallCenter
Beitrag von: Sprotte am 28. Juni 2012, 00:32:31
CallCenter (zentralisierte Abfragen, entweder unternehmenseigen oder fremdeingekauft) sprießen wie Pilze auch in strukturschwachen Regionen aus dem Boden.

Wir unterscheiden zwischen
a) inbound - eingehende Telefongespräche über Hotlines, kostenfrei (in D 0800) oder kostenpflichtig (in D 0180 oder sehr selten 0900)
b) outbound - auch Kaltaquise genannt, Agent ruft Kunden an. Dabei kommen immer häufiger sogenannte Dialer zum Einsatz. Dies ist eine Software, die mehrere Kunden gleichzeitig anwählt. Wer zu erst ans Telefon geht, hat den Agenten, die anderen hören ein Besetzzeichen.
c) Backoffice - Nachbearbeitung der im Frontoffice angenommenen Aufträge
d) Second Level - idealerweise die Fachleute, die sich um weitergeleitete Anfragen des Frontoffice kümmern.
e) interne CallCenter z.B. Personalhotline, firmeneigene Softwarehotline für Mitarbeiter, Personalverkauf etc.

Mögliche Bereiche: Verkauf/Beratung (mit Schwerpunkt auf Verkauf natürlich), Rechnungsfragen, Reklamationen, Technik etc.

Fachlatein bitte ich zu entschuldigen. 19 Jahre CallCenter prägen, ich versuche, allgemeinverständliche Begriffe zu verwenden.

Fremdeingekaufte CallCenter werden nach einer Anlernzeit (Fachinformationen zu dem Gebiet, das sie bearbeiten sollen, ggf. Gesprächsleitfäden, Software) in wechselnden Bereichen eingesetzt. Heute Kühlschränke, morgen Versicherungspolicen, übermorgen Telefonanschlüsse ...

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
Je nach Arbeitgeber ist das sehr unterschiedlich. Einige Arbeitgeber beschäftigen z.B. Studenten und Hausfrauen, andere haben ihr eigenes Stammpersonal (wobei es bei Standortveränderungen auch vorkommen kann, daß Personal aus anderen Bereichen z.B. Technik sich mit einem mal in einer Verkaufshotline wiederfinden). Vollzeit war bei meinem Arbeitgeber die Regel. Teilzeit wurde beantragt und eigentlich immer genehmigt. Die "Teilzeitschnecken" waren bei den Vollzeitkräften nicht immer gutangesehen, weil ihnen einfach Arbeitszeit zum Lesen der betrieblichen Mails fehlt. Dadurch braucht eine Teilzeitkraft immer länger, sich in ein neues Produkt einzuarbeiten. Auch an Teamrunden können sie nicht immer teilnehmen.

- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
Bei mir waren es in Vollzeit 38 Stunden die Woche.

- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
Ein guter Arbeitgeber schult sein Personal ständig. Es gibt Seminare, Training-on-the-Job (ein sogenannter Coach setzt sich neben den Agenten und hört Gespräche mit, darauf muß der Anrufer/der Angerufene persönlich oder per Bandansage informiert werden! Neu sind Mitschneiden von Gesprächen, Tastatureingaben zu Schulungszwecken, auch darüber wird der Endkunde informiert und kann zustimmen oder ablehnen), Produktschulungen und Teambesprechungen.

- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Der Agent muß die Sprache des Kunden sprechen. CallCenter werden mittlerweile auch in sogenannten Billiglohnländern für Deutschland betrieben. Z.B. Ungarn.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
Möglichst nicht ...

- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
CallCenter-Öffnungenzeiten gibt es von bis. Ich war im Businessbereich eingesetzt. Mo-Fr 8-20 Uhr, Sa 8-18 Uhr. Andere Bereiche haben erweiterte Öffnungszeiten, auch sonn- und feiertags, auch nachts. Dienstpläne bei uns waren rollierend im 12-Wochen-Rhythmus. Man konnte sich auf Samstagdienste und entsprechende freie Tage in der Folge- oder Vorwoche (Donnerstag und Freitag) einrichten sowie auf die grundsätzliche Einordnung Früh, Spät, Mittel. Diensttausch über ein spezielles Team, das das sich sehr kleinlich anstellte. Früher gehen - Einverständnis des Teamleiters und des Personaleinsatzteams.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?
Definitiv

Alles, was euch wichtig erscheint oder besonders ist.
Bildschirmarbeit in klimatisierten Großraumbüros. Oder Legehennenbatterie in ungeeigneten Räumen. Alles ist möglich. Starke Kontrolle der Pausenzeiten, des Nacharbeitsverhaltens, des Telefonverhaltens. Standardisierte Begrüßungsformeln und Antworten auf typische Beschwerden/Anfragen.
Anspruch der Arbeit ebenfalls von bis, je nach Einsatzbereich. Häufig wechselndes Anforderungsprofil, spezielle Software zur Eingabe der Kundenkontakte, -Aufträge.
Gehalt: Von bis. Ich habe von anderen Centern gehört, in denen Stundenlöhne von 5 € gezahlt wurden. Auch das Gehalt ist erfolgsabhängig, da Prämien für erreichte Verkaufsziele gezahlt werden (60-80% Festgehalt, Rest Prämien).

Arbeitspsychologen empfehlen ein Rollieren im Umfeld des CallCenters. 2 Jahre Frontoffice, 1 Jahr Backoffice, damit die Mitarbeiter die Arbeit überleben. Nach fünf Jahren (andere Studien sprechen von sechs oder acht Jahren) gilt ein CallCenter-Agent als "auf". Nachteile des Rollierens: Der Mitarbeiter muß wieder neu angelernt werden, das kostet Geld. Ich habe in 19 Jahren nicht einmal rolliert.
Titel: Re: Sammlung: Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Maganius am 28. Juni 2012, 00:53:54
Ich habe selber auch 5 Jahre als Call Agent gearbeitet (Inbount). Basis Audionet hieß der Laden und unser Kunde war die Telekom. Wir wickelten den gesamten Technischen Bereich der T-Netbox (heute Sprachbox) ab. Ich war sowohl Frontagent als auch im Backoffice tätig.

Ich selber habe in Vollzeit gearbeitet (42 Stunden Woche) bei 9 DM die Stunde. Vielleicht bleibt noch zu erwähnen das man jede Stunde 5 Minuten "Bildschirmpause" hat. Der Rest ist so wie oben beschrieben.

Vielleicht noch eine Info nebenher. Der Call Agent Job ist auf dauer nervlich sehr belastend. Ich kann jetzt natürlich nur für meine Zeit sprechen. War es anfangs noch ganz witzig, und es ging im Gespräch mit dem Kunden um Technische Hilfe, verwilderte unsere Hotline (wohlgemerkt Technischer Support) zu einer auskotz Hotline, was natürlich fehler der T-com war/ist. Kunden haben sich nur noch beschwert und uns die Pest an den Hals gewünscht. Von meinen 100 - 120 Anrufern am Tag haben mich 100 nur angeschrien. Ich hatte zwei Kollegen ebenfalls in Vollzeit, die sich haben freiwillig einweisen lassen (!). Das da keiner aus dem Fenster gesprungen ist, war echt alles.

Nach einer Studie einer Krankenkasse ist man nach 3 Jahren in Vollzeit in diesem Jon durch. Ich selber hab nach 5 Jahren das Handtuch geworfen, weil ich es nervlich nicht mehr ausgehalten hatte.   
Titel: Informationen zu verschiedenen Berufen / Erweiterung Callcenter-Agent
Beitrag von: Malinche am 28. Juni 2012, 01:14:36
Ebenfalls kleine Erweiterung:

Outbound: Neben mehr oder weniger seriösen Callcentern, die Meinungsumfragen oder im Auftrag einer etablierten Firma Kaltakquise vornehmen, gibt es auch schwarze Schafe, die teilweise unter Suggestion falscher Tatsachen Kunden anwerben: beispielsweise das »Aufschwatzen« einer Billigvorwahl, wobei man durch Einstiegsfragen naheliegt, man rufe beispielsweise im Auftrag der Telekom an.

Hier greift dann häufig auch das von Sprotte erwähnte erfolgsabhängige Gehalt, es gibt Provisionen, wer mehr Kunden anwirbt, verdient mehr – und nur, wer gut anwirbt oder verkauft, bleibt dauerhaft im Team. Ich habe einen Probearbeitstag bei einer Firma absolviert, die zwischendrin einfach mal ihren Namen (und damit die zu bewerbende Billigvorwahl) gewechselt hat, ohne alle Mitarbeiter zu informieren.

Sehr charakteristisch: »rhetorische« Schulung, Einüben eines ganz bestimmten Gesprächsleitfadens und typischer Einwände des potentiellen Kunden, die dann nach bestimmten Mustern ausgehebelt werden (»Ich möchte das lieber erst mit meinem Mann besprechen« - »Aber Frau X, Sie sind doch eine erwachsene, emanzipierte Frau. Fragen Sie Ihren Mann denn etwa jedes Mal, bevor Sie im Supermarkt etwas in den Wagen legen?«).

Sonderfall Inbound: Telesekretär. Diese Callcenter bieten Firmen gezieltes Outsourcing ihres Sekretariats an (z.B. für Urlaubsvertretung, bei Überlastung der regulären Sekretärin, als komplette Auslagerung oder Ergänzung für nachts und an Feiertagen). Beispiel: Anwalt Knorke nutzt diesen Service. Seine Klienten werden beim Anruf unbemerkt ins Callcenter umgeleitet, der Callcenter-Agent hat auf seinem Display ein Interface mit Firmeninfos zu Anwalt Knorkes Kanzlei und meldet sich entsprechend. Meistens werden einfach die Anruferdaten und Anliegen notiert und ein Rückruf vereinbart. Es kann auch weitergeleitet werden, oder man muss Bestellungen entgegen nehmen. Die Anrufer sollen im Idealfall nicht merken, wo sie gelandet sind. In meinem Job war es so, dass man Anrufe für ganz verschiedene Berufsgruppen angenommen hat. Das Callcenter war rund um die Uhr besetzt, 365 Tage im Jahr. Regelmäßige Schulungen waren hier essentiell, allerdings anders als im Outbound-Beispiel nicht einfach stures Einpauken eines Leitfadens, sondern wirklich Erlernern rhetorischer Skills, um diverse Situationen handhaben zu können.
Titel: Re: Sammlung: Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Alaun am 28. Juni 2012, 01:53:00
Oh, da kann ich ja was aus dem Hut zaubern. Ich habe Musikwissenschaft studiert und in diesem Bereich gearbeitet, bevor ich meine Heilpraktikerausbildung gemacht und die Praxis eröffnet habe:

1) Musikwissenschaftler: Studium der Musikwissenschaft, also fundierte Kenntnisse in Musiktheorie, -analytik und Musikgeschichte. Erforderlich sind umfassende musikalische Kenntnisse, ohne die das Studium nicht erfolgreich absolviert werden kann, wie z.B. Notensatz, Partiturspiel (Klavier), Kompositionslehre (modern bis mittelalterlich je nach Universität). Latinum für Übersetzungen hilfreich bzw. Pflicht im Rahmen des Grundstudiums. Danach Spezialisierung je nach Interesse auf bestimmte Bereiche wie z.B. musikgeschichtliche Epochen oder analytische Themen (z.B. musikphysikalische Vorgänge, Instrumentenkunde, Musikpädagogik, Musikphilosophie).

Beschäftigung an Universitäten im Bereich Musikwissenschaft/Musikforschung, in Plattenfirmen (je nach Schwerpunkt Marketing, PR, Lektorat, Produktion, etc ...), im Musikbetrieb wie z.B. an Opern-und Konzerthäusern, in der Erarbeitung von Editionen wie z.B. der Richard Wagner Forschung oder freiberuflich (Journalist, Dozent, Wissenschaft)

Der Arbeitsalltag wird bestimmt durch die Firmen oder Institute, in denen man tätig ist. In musikwissenschaftlicher Forschung liegt der Fokus auf der Erarbeitung bisher nicht bekannter musikgeschichtlicher- oder analytischer Fälle, in der Arbeit als Dozent im Vermitteln von Wissen an Studenten und Interessierte. In Editionen wird mit handschriftlichen Autographen von Komponisten/Kompositionen gearbeitet, die für neue oder Erstauflagen übertragen werden. Hierbei ist ein gutes Gespür für die Epoche der Entstehung sowie für die Intention des Komponisten nötig, um das Musikstück so wahrheitsgetreu und authentisch wie möglich für die Gegenwart zugänglich zu machen.

Arbeit ist sowohl im Team als auch alleine möglich.

2) Heilpraktiker: Ablegen einer schulmedizinischen amtsärztlichen Überprüfung (schriftlich und mündlich) in Anatomie, Physiologie und Pathologie der Organsysteme. Um die Prüfung abzulegen muss man mindestens 25 Jahre alt sein und ein lupenreines Führungszeugnis sowie ein ärztliches Attest über die physische und psychische Befähigung für diesen Beruf vorweisen. Arbeit in eigener Naturheilpraxis mit Schwerpunkt je nach Interessengebiet z.B. Akupunktur, Chinesische Medizin, Homöopathie, Eigenbluttherapie, Phytotherapie, Massagetechniken, Ayurveda, Osteopathie, Spagyrik, Hypnotherapie, Chakrenarbeit, Nosodentherapie, Injektions- und Infusionstherapie, Neuraltherapie... Naturheilkundliche Behandlung und Beratung von Patienten.

Arbeitsalltag richtet sich nach der Tätigkeit in der eigenen Praxis. Dazu gehören neben Therapie und Beratung auch Marketing, das Durchführen von Vorträgen für Interessierte und die Etablierung als Experte für bestimmte Fachgebiete. Die meisten Heilpraktiker arbeiten alleine und als Freiberufler. Es gibt aber auch Praxisgemeinschaften, in denen sich die Fachrichtungen sinnvoll ergänzen. Heilpraktiker gibt es in dieser Form nur in Deutschland. In Österreich ist die Heilkunde allein approbierten Ärzten vorbehalten, in der Schweiz gibt es ein dem Heilpraktiker ähnliches Berufsbild, das sich hier "Naturarzt" nennt.

Wichtig: dem Heilpraktiker sind viele medizinische Behandlungsfelder untersagt. Die genauen Behandlungsverbote sind im §24 Heilpraktikergesetz aufgeführt. Außerdem sind (u.a.) von zentraler Wichtigkeit §6, §7, §34 und §42 im Infektionsschutzgesetz.
Titel: Re: Sammlung: Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: gbwolf am 28. Juni 2012, 12:47:42
Ich biete: Bibliothekarin in der Öffentlichen Bibliothek und Fachangestellter für Medien und Informationsdienste (FaMi), Fachrichtung Bibliothek

Da ich faul bin, habe ich meinen Artikel aus der Phantastatur (http://forum.phantastatur.de/index.php/topic,140.0.html) kopiert ;)
Dort kann man auch Majas Facette des Berufsbildes nachlesen, nämich die Wissenschaftliche Bibliothek.


Ich wollte nie Bibliothekar werden. Natürlich habe ich meine Bücherei vor Ort geliebt! (Bibliothek und Bücherei meinen übrigens das selbe, wobei Wissenschaftliche Bibliotheken WB eigentlich immer Bibliothek heißen, Öffentliche Bibliotheken ÖB unterschiedlich. Eine Bücherei ist heute aber nichts minderwertigeres als eine Bibliothek). Unsere Gemeindebücherei hatte ihren Sitz in der Schulaula (war ja Dorf, gab nichts Größeres) und da in den Pausen die Comicecke immer vollgestopft war, bin ich nie Comicleser geworden, sondern gleich ans Buchregal gegangen. Dafür habe ich die Bücher geradegerückt, die von anderen Schülern zerpflückt worden waren. Weil mir der Kinder- / Jugendgang zu voll war, bin ich mit 11/12 zu den Erwachsenen ausgewichen und schwärme heute noch von Dorothy Dunnett und Frederick Forsyth. Dass die Bücherei außer Atlanten auch andere Sachbücher hatte, ist mir übrigens erst im Erwachsenenalter aufgegangen. Büchereien waren für mich ein Hort der Geschichten und ich wäre nie auf die Idee gekommen, für ein Referat dort nach Literatur zu suchen. Später sind wir zum Glück immer mal in die Nachbarstadt gefahren, um mehr Lesestoff zu besorgen und ich hatte mehr Auswahl. Auch hier war man nicht streng, wenn es darum ging, mir Erwachsenenbücher mitzugeben und ich bin dafür heute noch dankbar.

Unsere Gemeindebücherei wurde ehrenamtlich geführt. Vielleicht habe ich auch deshalb nie wahrgenommen, dass Bibliothekar ein Studienberuf ist und auch die Ausbildung sehr anspruchsvoll ist? Wirklich verstanden habe ich das erst im Studium, weil ich ziemlich zufällig ins Bibliothekswesen reingerutscht bin. Eigentlich wollte ich schon immer Wissenschaftlerin oder Ingenieurin werden, später Autorin. Am liebsten wollte ich Paläontologie studieren, Glaziologie oder wenigstens Bionik oder Medieninformatik. Für Bionik musste man erst das Vordiplom in Biologie haben und konnte dann nach Saarbrücken wechseln, aber noch während ich Bio studierte, wurde der Studiengang geschlossen und ich merkte, dass ich nicht zum Biologen taugte und auch nicht nach Potsdam wechseln konnte, weil die Bioniker dort mit einem ingenieurwissenschaftlichen Hintergrund starteten. Also wollte ich wenigstens Naturwissenschaft und Informatik vereinen, am liebsten an der Fachhochschule, weil ich einfach kein Mensch für einen Unibetrieb bin. Zufällig stieß ich an der in Darmstadt auf den Studiengang "Informations- und Wissensmanagement", der eine Vertiefung in Chemie zuließ. Als dann jemand aus der Praxis vorgeführt hat, was man mit diesem Schwerpunkt anfangen kann, ist mir die Kinnlade runtergefallen: Als Nicht-Cehmiker blieb einem eigentlich nur übrig, sich den ganzen Tag mit der Recherche von Patenten zu beschäftigen. Als Höhepunkt seiner Tätigkeit beschrieb er, in den Keller gehen zu müssen, um die alten Lochkarten anzusehen. Mir lief ein Schauer über den Rücken und es war klar: Das auf keinen Fall! Beim Medienschwerpunkt sah es ähnlich aus: In der Praxis war es schwer, einen geeigneten Beruf zu finden, Wirtschaft wollte ich auf keinen Fall nehmen, da ich schon mit dem Wirtschaftsgymi nicht glücklich war, blieb also nur Bibliothekswesen (Da hatte ich dann die Vorstellung verpasst). Der Vorteil war 2003, dass man noch ein Doppeldiplom machen konnte. Ich bin also "Diplom-Informationswirtin (FH)" und Diplom-Bibliothekarin (FH)". Wie es mittlerweile aussieht, weiß ich nicht genau. Auf alle Fälle macht man dort einen "Bachelor/Master of Engeneering" und ich ärgere mich ein wenig, dass ich den Master in Darmstadt nicht machen konnte, weil ich dann wenigstens auf dem Papier meinen Ingenieur gehabt hätte.

Bei uns gab es die Entscheidung zwischen Öffentlicher und Wissenschaftlicher Bücherei schon nicht mehr und insgesamt wurde im Studium an den bibliothekarischen Inhalten sehr gespart. Statt Bibliografien auswendig zu lernen, haben wir viel programmiert und in Datenbanken recherchiert. Auch im Praktikum war ich freier, weil der Schwerpunkt auf der Informationswissenschaft liegen musste und nicht ausschließlich auf der Bibliothek. So konnte ich 3 Monate lang in einen Verlag und 3 Monate in eine Stadtbücherei.
Mittlerweile arbeite ich schon in der vierten Bibliothek, weil man momentan eigentlich eher einen Job für ein paar Monate bekommt, als einen fürs Leben, aber ich muss sagen, es war sehr gut, verschiedene Einrichtungen und deren Arbeitsweisen kennenzulernen. Meine erste Stelle war in der Zweigstelle eines Kölner Problemviertels und ich habe vor allem viel über Menschen gelernt (Und verteidige die Kids dort bis aufs Blut! Wir hatten in der Bib weniger Probleme mit Lärm, Müll und Unordnung als viele Kollegen in sogenannten besseren Stadtvierteln! Wir haben unsere Regeln durchgesetzt, die Kids haben sie akzeptiert und dafür einen Rückzugsort bekommen, um in Ruhe zu lernen oder einfach mal für sich zu sein). Mein zweiter Arbeitsplatz war eine Bibliothek in einer mittelgroßen Stadt mit zwei Standorten. Ich habe die Arbeit dort sehr geliebt und konnte mit dem Fahrrad hinfahren. Die Bibliotheksgröße bedeutete für mich einerseits, dass ich an vielen Stellen mitmachen konnte, andererseits hat mich der Stress auch sehr ausgelaugt, weil wir das Problem eigentlich aller Öffentlicher Bibliotheken hatten: Zu wenig Personal und zu wenig Aufgaben. Ich wollte nicht, dass unser Service schlechter wird, weil Dinge unerledigt blieben und haben mich fast in den Burn-Out geschuftet, weil ich mit meinen 30 Wochenstunden das alles gar nicht schaffen konnte. Zwei Stunden Auskunft, wie Maja es erzählt, waren bei uns unüblich. Zwischen drei und sieben Stunden konnte alles passieren, meistens waren es um die fünf, also die komplette Nachmittagsöffnungszeit. Insgesamt habe ich meine halbe Arbeitszeit in der Auskunft gehabt, musste also auch Bürokram dort erledigen, wo einen jederzeit jemand mit einer Frage ansprechen kann oder wo man die Bestellung abbrechen muss (Ich hatte 7 oder 8 Lektorate), um Auskunft geben zu können. Man muss gleichzeitg sorgfältig arbeiten und stressresistenz sein, weil die Kids am PC natürlich nicht still sind, die Kinderbücherei oft ein schreiendes Knäuel ist, in dem man kaum den Unterschied zwischen Bücherei und Spielplatz erklären kann ohne dass einem eine Mutter ihre Meinung geigt, wie man denn dazu käme, die freie Entfaltung des Kindes zu stören (Die Kinder kapieren den Unterschied übrigens gut) und wenn es am vollsten ist, fallen Internet-PCs aus oder gleich die Verbuchungssoftware und man darf sich darum auch noch kümmern.


Wer in einer Bibliohek arbeiten möchte, hat drei Möglichkeiten:

Fachangestellter für Medien und Informationsdienste (FaMi), Fachrichtung Bibliothek (Hat die frühere Ausbildung zur Bibliotheksassistentin abgelöst).
Bachelor-/Master-Bibliothekar (Den Diplom-Bibliothekar gibt es nicht mehr).
Grundständiges Studium, am besten mit Promotion und anschließender Master/Referendar


Fachangestellter für Medien und Informationsdienste (FaMi), Fachrichtung Bibliothek
Für die Ausbildung ist ein Realschulabschluss erforderlich, gerne gesehen wird das Abitur. Ein vorhergehendes Praktikum ist nicht notwendig, aber sinnvoll, um den Beruf einmal kennen zu lernen. Viele setzen "Bibliothek" leider mit "Ich lese den ganzen Tag" gleich. Außerdem sollte man einen Büchereiausweis haben, denn danach wird man im Vorstellungsgespräch sicherlich gefragt.

Als Fachangestellte kümmert man sich in der Öffentlichen Bibliothek normalerweise um die Verbuchung an Ausleihe und Rückgabe (Wird immer mehr von der Technik übernommen), um die Sortierung und Rückstellung der Medien, um das Mahnwesen, um die technische Buchbearbeitung (Einschlagen in Folie, Reparaturen) und um die Katalogisierung (Die meisten FaMis können wesentlich besser katalogisieren als ich, das gebe ich zu). In der WB katalogisieren sie meistens nicht, weil die Katalogaufnahmen dort komplexer sind und mehr Sonderfälle auftreten. In der ÖB werden meist Daten aus anderen Bibliotheken verwendet und angepasst.
Das Berufsbild wird allerdings zunehmend komplexer. In kleinen Büchereien oder Zweigstellen übernehmen die FaMis oft schon Führungsaufgaben, wenn nicht gar die komplette Leitung. Sie werden immer mehr in die Veranstaltungsarbeit eingebunden, beraten Leser und bekommen auch Lektorate zugeteilt. Das Gehaltsniveau ist dem leider oft nicht angepasst und deutlich unter dem eines Bibliothekars.
Da die Technik immer mehr einfache Aufgaben wie das Verbuchen von Medien übernimmt, bekommt der FaMi immer mehr Bibliothekarische Aufgaben, während der Bibliothekar immer weiter in die Führungsebene abdriftet.


Bachelor-/Master-Bibliothekar
Der Studiengang wird an den Hochschulen unterschiedlich gehandhabt. Er erfolgt an einer Fachhochschule, die heute meistens das "Fach" weglässt, weil sie mit Bachelor und Master der Uni gleichwertige Abschlüsse verteilen darf. Alles kompliziert, aber wenn drübersteht "University of Applied Sciences", könnt ihr euch sicher sein, an einer Fachhochschule gelandet zu sein.
Köln hat nach wie vor den Ruf, einen der härtesten Studiengänge zu haben, dafür ist die Ausbildung natürlich sehr gründlich. Für mich ist es eher nichts, ich empfinde die Professoren als sehr geisteswissenschaftlich veranlagt und sehe das Bibliothekswesen gerade in der ÖB als etwas sehr praxisnahes an, bei dem es mit egal ist, ob ich ein Komma im Zitat vergessen habe. Mittlerweile wird auch hier programmiert, Datenbankwissen ist fester Bestandteil des Studiengangs. Die Trennung in ÖB und WB existiert nicht mehr, allerdings kann man sich spezialisieren. Die genauen Wege könnt ihr euch auf der Seite der FH ansehen, ich weiß nur, dass man eher in Richtung Bibliotheksmanagement, Literatur, etc. gehen kann. Die meisten FHs, an denen man Bibliothekswesen studieren kann, folgen diesem Schema.
Anders ist die Ausbildung in Darmstadt, die noch immer mit dem Informationswirt zusammenliegt und sich erst später auf das Bibliotheksmanagement spezialisiert. Wer also sagt, er ist eher der Typ für Datenbanken, Programmieren und Retrieval, der ist hier sicherlich besser aufgehoben. Zudem ist der bibliothekarische Zweig sehr klein: Als ich 2007 meinen Abschluss gemacht habe, hatten wir 2 Professoren und 15 Studenten.

An den Bachelor kann man einen Master anschließen, es ist allerdings nicht nötig. "Bibliothekar" war schon zu Diplomzeiten ein sehr kurzer Studiengang, den man gut in 7 Semestern (inklusive 1 Praxissemester) schaffen konnte, was den Bachelor nur um ein Semester übertrifft. Es wird allerdings diskutiert, ob der Master sinnvoll ist, da - wie oben erwähnt - der FaMi eine Aufwertung erfährt und Bibliothekare in Zukunft eher Spezialaufgaben übernehmen. Das werden wir in den nächsten 5-10 Jahren dann sehen.

Insgesamt sind die Berufsaussichten wieder rosiger, auch wenn man noch mit einer Elternzeitvertretung einsteigt. In spätestens drei Jahren geht die Rentenwelle los und allein in NRW wird damit gerechnet, dass bis 2025 fast ein Viertel der Bibliothekare in den Ruhestand geht, während die Neueinstellungen oft in den Mutterschutz gehen. Zwar nutzen die Komunen die Gelegenheit, um Stellen zu streichen (ÖBs sind keine gesetzlich vorgeschriebene Leistung, die eine Gemeinde zu erbringen hat und können theoretisch von heute auf morgen geschlossen werden), aber sie müssen neu einstellen und mit ein oder zwei Jahren Berufserfahrung hat man quasi die freie Auswahl. Der Verdienst ist nicht hoch, aber in Ordnung. Wenn man keine zu großen Ansprüche hat, kann man in Teilzeit arbeiten.

Grundständiges Studium, am besten mit Promotion und anschließender Master/Referendar
Die höchste bibliothekarische Stufe sind die Leute, die in den Wissenschaftlichen Bibliotheken die Fachreferate besetzen. Sie wählen sehr spezielle Literatur aus und beraten Studenten und Wissenschaftler. Dazu müssen sie in der Regel in dem Fach studiert haben, das sie in der Bibliothek betreuen und anschließend ein zweijähriges Referendariat hinter sich bringen (man wird währenddessen gut bezahlt). Mittlerweile geht der Trend dazu, zu studieren, den Doktor zu machen, nebenher in einer Bibliothek zu arbeiten und dann im Fernstudium den Master zu machen (In meinem Fernstudiengang mischen sich diese Fachfremden mit uns weiterbildungswilligen Bibliothekaren, was eine unheimliche Bereicherung des Studiengangs ist, weil wir alle voneinander lernen).
Gesucht wurden in den letzten Jahren vor allem Informatiker, Betriebswirte, Juristen, Ingenieure und Naturwissenschaftler: Also alle Richtungen, die in der freien Wirtschaft mehr verdienen als in der Bibliothek. Man verdient als Fachreferent beim Berufseinstieg allerdings fast doppelt so viel wie als normaler Bibliothekar, muss man dazusagen. Wenig gesucht werden Geisteswissenschaftler, die es traditionell zu den Bibliotheken zieht und für die der Verdienst dort natürlich sehr hoch ist. Wer also Germantistik studiert und promoviert, hat es schwerer, als Referendar angenommen zu werden, als ein Maschinenbauer.


Quereinsteiger aus anderen Berufen gibt es extrem selten. Vor allem als FaMi wird man heute eigentlich nur noch mit Ausbildung eingestellt. Ausnahme sind Schulbibliotheken und die ehrenamtlichen Büchereien, viele davon konfessionell. Sie stellen sogar einen großen Teil der Büchereien in Deutschland. Allerdings kann man hier kein Einkommen erwarten und gerade bei Schulbüchereien denke ich, sollte wenn möglich Fachpersonal eingestellt werden, das den Schülern einfach besser Informations- und Medienkompetenz vermitteln kann als jemand, der aus einem ganz anderen Fachbereich kommt. Am ehsten gelingt der Quereinstieg in den höheren Ebenen. Allerdings muss man hier oft nachträglich die Fachhochschulbank drücken, weil der öffentliche Dienst einen Papierqisch braucht, auf dem steht, das man qualifiziert ist.
Titel: Re: Sammlung: Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Churke am 28. Juni 2012, 15:02:49
Bevor ich mir hier aus dem Fenster hänge, frage ich erst mal, ob das überhaupt in diesen Thread passt. Ich könnte was zu den Berufsbildern "Drogendealer", "Prostituierte" und "Zuhälter" beisteuern.
Titel: Re: Sammlung: Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Shin am 28. Juni 2012, 16:10:15
Mit Drogensüchtigen und Prostituierten kenne ich mich auch, mit den Dealern und Zuhältern nicht so.
Meinetwegen kannst du gerne etwas zu den Dreien schreiben, mich würde es jedenfalls interessieren.
Titel: Re: Sammlung: Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Felsenkatze am 28. Juni 2012, 16:41:59
Natürlich interessiert das, Churke. Ist schließlich fürs Schreiben gedacht, und nicht alle Leute haben nur liebe, heile Plots und Protas. ;)
Titel: Re: Sammlung: Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Mogylein am 28. Juni 2012, 17:06:40
Zum Thema "Drogendealer"/"Drogensüchtiger" kann ich unter Umständen auch was hinzufügen, wenn du das nicht alles schon mit einbaust.

Ich bin auf jeden Fall sehr interessiert.
Titel: Re: Sammlung: Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: KaPunkt am 28. Juni 2012, 20:34:54
Landschaftsarchitekt

Diplom Ingenieur der Landschaftsarchitektur
Landschaftsarchitekt (Mitglied der Kammer 'Hier Bundesland einfügen')


Was macht ein Landschaftsarchitekt?
Er entwickelt Freiräume. Eigentlich unsere gesamte Umgebung, die nicht innerhalb von Gebäuden liegt, ist Aufgabenbereich des LA. Also zum Beispiel: Gärten, Parkanlagen, Parkplätze, Stadtplätze, Fußgängerzonen, Vorplätze (Theater, Oper, Bundestag).
Er entwickelt Entwürfe, stellt diese graphisch und Präsentationen dar, kümmert sich um nötige Genehmigungen, erstellt die Pläne, nach denen die Anlage gebraut wird, berechnet die Kosten, kümmert sich um die Vergabe an ausführende Firmen, überwacht den Bau und auch später für eine gewisse Zeit die Entwicklung der Anlage. Kaum ein LA arbeitet allerdings in allen diesen Bereichen auf einmal.
Es gibt auch LA, die im Denkmalschutz oder der Forschung tätig sind. Dann zum Beispiel in historischen Parkanlagen oder im Bereich der Pflanzenverwendung.
Ja, LA sollten zumindest grundlegende Kenntnisse in Sachen Pflanzen haben, auch wenn es heute immer mehr abnimmt. einige einfache Bäume kann aber jeder LA bestimmten, und er kennt den Unterschied zwischen Stauden, Annuellen, Bianuellen, und Gräsern.

Bei fast jedem Projekt plant der LA auch Treppen oder Rampenanlagen zum Barrierefreien Zugang und sorgt dafür, dass das Regenwasser an die richtigen Ecken fließt. Dafür muss er die Grundrechen Arten beherrschen, und eine gutes räumliches Vorstellungsvermögen haben.
LA sprechen am liebsten mit einem Stift in der Hand, um mit einer schnellen Skizze zu verdeutlichen, was sie meinen.

Gibt es Voraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen? (Besondere Abschlüsse, erforderte körperliche Fähigkeiten, Fremdsprachenkenntnisse, usw.)
Abgeschlossenes Studium in Landschaftsarchitektur / Landschaftsplanung / Landespflege. Namen gibt es da viele. Studieren kann man an Universitäten oder FHs. Früher war es ein Diplom-Studiengang, inzwischen Bachelor / Master.
An manchen Hochschulen ist ein Ausbildung zum Gärtner oder Garten und Landschaftsbauer Vorschrift, bei anderen reicht ein Vorpraktikum von drei bis sechs Monaten. Bei machen wird das benötigt, dann wird einem aber dringend ans Herz gelegt, in der Vorlesungsfreien Zeit Praktika zu absolvieren.

Um den schlichten Titel 'Landschaftsarchitekt' führen zu dürfen ist die Mitgliedschaft in der Architekten Kammer nötig. Dort wird man aufgenommen, wenn man eine bestimmte Anzahl Jahre Berufserfahrung unter Leitung eines Kammermitgliedes (min zwei Jahre, es gibt auch Kammern mit drei Jahren) in sämtlichen oben erwähnten Leistungsbereichen nachweisen kann.
Die Mitgliedschaft ist aber nicht Pflicht. Man genauso gut Dipl. Ing. oder MA LA bleiben.


- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
Nein.

- Kann man sich selbstständig machen?
Ja. Freiberufliche LA sind in manchen Bereichen weit verbreitet. Sie arbeiten entweder Schwerpunkt mäßig für ein Büro oder für mehrere Auftraggeber.
Als Selbstständiger LA führt man im Allgemeinen ein 'Büro' oder 'Atelier' - eine Firma, in der min. der Inhaber selbst arbeitet.
Normale Büro Größen sind in Deutschland ca. 5-10 Mitarbeiter. Sehr Größe Büros haben um die 50 Mitarbeiter.


- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?
Man kann als LA alleine arbeiten.
Wenn man in einem Büro arbeitet, gibt es im Allgemeinen eine Form von Arbeitsteilung / Team Work. Zum einen arbeiten bestimmte LA in bestimmten Leistungsbereichen, zum Beispiel schwerpunktmäßig im Entwurf oder der Ausführungsplanung oder der Bauleitung. Es gibt kaum einen Bauleiter, der auch entwirft. Aber der Entwerfer geht zum Bauleiter oder einem anderen Kollegen, wenn er eine Frage klären muss. Genauso hält der Bauleiter Rücksprache mit dem Entwerfer.
Bei großen Projekten kann es sein, dass mehrere LA eines Schwerpunktes am gleichen Projekt sitzen und die Arbeit unter sich aufteilen.
Üblicher ist in solchen Fällen aber, dass ein Projektleiter, der LA, Bauzeichner, Praktikanten oder Lehrlinge beaufsichtigt und ihnen auszuführende Arbeit zuteilt.


- Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
Ja.
Der LA muss Lösungen erarbeiten, die seinen Auftraggeber zufrieden stellen.
Vor allem der Entwurf muss deshalb immer dem dem Auftraggeber (dem Bauherren) abgestimmt werden. Man erstellt also Pläne oder Präsentationen und lässt sie dem Bauherren im Zuge von Terminen oder per Mail oder Post zu kommen. diskutiert diese und erarbeitet so gemeinsame Lösungen.
Darüber hinaus arbeiten LA eng mit Architekten zusammen und häufig auch mit Stadtplanern.

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
Alles ist möglich.
Die Praxis sieht in einem großen Teil der Branche aber so aus: Im Vertrag steht 40 Stunden Woche, aber man bleibt so lange, bis die Arbeit erledigt ist.
Überstunden sind eher die Regel als die Ausnahme, wenn Termine gehalten werden müssen. Auch Wochenendarbeit ist in vielen Büros zu Stoßzeiten nichts ungewöhnliches.
Wer LA studiert, merkt ziemlich schnell, worauf er sich einlässt. Schon an der Uni ist vielerorts das Arbeiten im Projektraum, in quasi Büro-Atmosphäre, Pflicht, und das Arbeitspensum bedeutet tägliche mindestens acht Stunden Anwesenheit in der Uni, vor Präsentationen und gegen Ende des Semesters auch gerne mal rund um die Uhr.


- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
s. oben.
Ich muss aber auch sagen, dass ich zur Zeit in einem Büro arbeite, in dem die meisten abends relativ pünktlich gehen können, und mein Überstunden Konto gerade bei ca 10+ steht. Es geht also auch anders.

- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
Nach der Uni kann man noch einen Master aufsatteln, auch als Dipl. Ing. Bachelors wird er empfohlen. Man kann sich dann z.B. auf Lichtdesign spezialisieren, oder allgemein Vertiefen. Auch der Doktor ist in LA möglich.
Aufstiegsmöglichkeiten bestehen eher informell.
Im allgemeinen fängt der Student nebenbei an, in einem Büro als Praktikant zu arbeiten und wird danach vielleicht zur studentischen Hilfskraft.
Nach dem Studium gilt man in Stellenanzeigen als Absolvent.
Später wird dann nach Berufserfahrung gewichtet. Wer sich auskennt, steht in der Hackordnung höher.
Bauleiter sind im Allgemeine erfahrene Leute, die auch eine Lehre hinter sich haben.
Projektbearbeiter steht unter dem Projektleiter.
Allerdings steht jemand, der nur Projekte mit einer Bausumme von sagen wir 50.000 hatte, unter jemanden, der regelmäßig Anlagen mit 2Mio organisiert.
Der Chef ist der Büroeigentümer. Immer.
Außerdem kann man sich beispielsweise zum Sachverständigen oder Mediatoren ausbilden lassen.

- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Nein. Uns gibt es überall.
Alledings geballt in Großstädten. Auf dem Land und in Kleinstädten allerdings eher als Exoten. In Deutschland ist die gefühlte Dichte in Berlin am höchsten, dass hängt mit dem Bauboom nach der Wiedervereinigung zusammen.
International gilt
die Schweiz als Land mit: tollen Ideen, wahnsinns Umssetzungsqualität, sehr guter Bezahlung
Die Niederlande: Nimmt sich im Coolness Faktor kaum etwas mit der Schweiz, aber die Bezahlung ist schlechter.

Chinas Bauboom schwappt auch zu uns rüber, und viele deutsche Büros haben Projekte in China umgesetzt oder sogar Dependancen dort gegründet.
Ähnliches gilt für die arabische Halbinsel.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
die wichtigsten Fachzeitschriften heißen Topos und Garten + Landschaft, und ja, lese hilft. Und die allermeisten haben Zugang zu mindestens einer der beiden.
Ansonsten bleibt die Beschäftigung nicht aus. Ein LA betrachtet gerne mal kritisch eine Pflasterrinne, weil die Fugen nicht den richtigen Abstand haben oder bleibt verzückt vor einem Ahorn stehen, weil dessen Laubfarbe perfekt zur Klinkerwand dahinter passt.
Ich selbst neige dazu, Rampen und Treppensituationen zu fotografieren, wenn mir eine clevere Lösung auffällt.

- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
Nein. Wenn die Arbeit gemacht ist, sieht das Leben nicht viel anders aus als bei anderen Menschen. Nur nimmt man seine Umwelt vielleicht detaillierter wahr als der Durchschnittsmensch.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?
s. dazu Arbeitzeiten.

Besondere Fähigkeiten:
La arbeiten mit dem Computer. Gezeichnet wird grundsätzlich mit CAD Programmen. Konstruktionsprogrammen. Am weitesten verbreitet sind Vector Works und AutoCAD. Zur Berechnung von Kosten und der Erstellung von Leistungsverzeichnissen gibt es AVA Programme (Ausschreibung, Vergabe, Ausführung), die kann man sich ähnlich vorstellen wie ein komplexeres, spezialisiertes Excel, in dem man Datenbanken hinterlegen kann. ORCA wird von vielen Büros verwendet.
Viele Beherrschen darüber Photoshop und InDesign, einige auch 3D Simulationsprogramme wie Cinema 4D.
Schön zeichnen ist kein Muss, und nur noch wenige können Perspektiven aus der Hand zeichnen, aber jeder La muss in der Lage sein,  seine räumlichen Ideen schnell und verständlich zu kommunizieren.
Ältere LA sind in dieser Hinsicht besser, weil das CAD Zeitalter noch nicht besonders alt ist.
Sie erkennt man häufig auch an einer sehr gut lesbaren Handschrift, denn früher wurde Pläne von Hand beschriftet.
Außerdem beherrschen viele LA den Modellbau. Das heißt, sie können aus Pappe, Holz, Glas, und anderen Baustoffen Mastabsgerechte Modelle ihrer Entwürfe anfertigen.

Außerdem:
LA sitzen in gewisser Weise zwischen allen Stühlen.
Es gibt hier Designfreaks und Ökofreaks, Leute, die Bäume kuscheln und Beton lieben.
Sie müssen technisch denken, kreative Lösungen entwickeln und dabei die Psychologie und das soziale Verhalten des Menschen niemals außer Acht lassen.
Sie sitzen den Großteil ihres Tages im Büro vor dem Bildschirm oder am Telefon, aber alle Welt denkt, sie müssten durch den Garten springen und Blumen pflanzen - und eigentlich wären sie selbst gerne viel häufiger draußen.
Gleichzeitig sind für den typischen Büromenschen erstaunlich viel an der frischen Luft. Vermessen Orte, nehmen Höhen oder machen Fotos, besprechen sich mit Bauherren oder Handwerkern vor Ort.
Ach ja, und alle LA klagen darüber, dass sie zu einer der am schlechtesten bezahlten Zweige des Ingenieurswesen gehören.
Reich wird hier keiner.

Liebe Grüße,
KaPunkt (LA)
Titel: Re: [Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: moonjunkie am 26. September 2012, 10:39:54
Ich könnte bieten: Fremdsprachenkorrespondentin (z.B. bei internationaler Anwaltskanzlei) - denn das ist mein Beruf, in dem ich seit 12 Jahren arbeite.

Gibt es Vorraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen?
Man kann sich z.B. an einer Euroakademie einschreiben (die gibt es in einigen Großstädten Deutschlands: Köln, Oldenburg, Berlin, Bielefeld, Dortmund, Hannover, Stuttgart). Meine Ausbildung habe ich in Köln gemacht. (Link: http://www.euroakademie.de/?gclid=CNTBmNzj0rICFYqV3godDW4AbQ (http://www.euroakademie.de/?gclid=CNTBmNzj0rICFYqV3godDW4AbQ)). Hier kann man unter anderem diesen Abschluß erwerben. Geprüft wird teilweise von der IHK und der Schule selbst.
Studienzeit waren bei mir zwei Jahre, also vier Semester (am Ende hatte ich. Fremdsprachenkorrespondent Englisch, Fremdsprachenkorrespondent Französisch, Grundkenntnisse Spanisch, SEFIC (Spoken English for Industry and Commerce), ein Zeugnis der Euroakadmie "Europasekretärin", IHK-Zeugnis Fremdsprachensekretärin, Übersetzerin für Handelsenglisch).
Wenn man nur den Fremdsprachenkorrespondent macht dauert es 12 bis 18 Monate. Wenn man Französisch, Englisch und Spanisch wählt und überall den Fremdsprachenkorrespondent erwerben möchte, dauert die Ausbildung mindestens 18 Monate.
Um die Ausbildung zu beginnen, benötigt man Mittlere Reife, Abitur oder Fachabitur, sowie gute Englischkenntnisse.
Nützlich ist auch die Erweiterung zur Fremdsprachensekretärin, wenn man in einem Büro arbeiten möchte. Dafür wird das 10-Finger-System unterrichtet, etwas Betriebswirtschaftslehre, Handelsrecht, EDV-Kenntnisse in Access, Excel, Word.
Die Ausbildung kostet Gebühren, es gibt aber auch die Möglichkeit Bafög zu beantragen.


- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
Nein. Die jüngsten in meiner Gruppe damals waren 18, die ältesten Mitte 30. Viele fingen direkt nach dem Abitur dort an. Man kann hier schließlich auch umschulen von einem anderen Beruf.


- Kann man sich selbstständig machen?

Ich glaube nicht. Mit der Erweiterung als Übersetzer aber dann sehr wohl.

- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?
Wenn man in einer Kanzlei arbeitet, die wie mein Arbeitgeber aufgebaut ist, dann arbeitet man meistens zu zweit für mehrere Anwälte, es gibt aber auch genügend Kolleginnen, die alleine sitzen und alleine für einen oder mehrere Anwälte zuständig sind. Typisch sind zwei Sekretärinnen für fünf Anwälte, je nach Abteilung.


- Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?

Mandanten hat man am Telefon, ansonsten sieht man sie höchstens, wenn man Unterlagen in eine Besprechung reinbringen muss.

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
Hier kommt es sehr auf das Unternehmen an. Ich habe früher Vollzeit gearbeitet von 8:30 bis 17:00 Uhr mit einer halbstündigen Pause, um 17:00 Uhr kam ein Abendsekretariat und blieb bis 22:00 Uhr. Mittlerweile arbeite ich 16 Stunden in der Woche (zwei volle Tage), es gibt aber auch viele Kolleginnen, die entweder halbe Tage arbeiten oder ganz unterschiedlich (Mo-Do bis 15:00 Uhr oder so). Bei uns ist es sehr flexibel und kommt darauf an, wie viel Arbeit in einzelnen Abteilungen anfällt und ob Chef und Personalabteilung einverstanden sind.

- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
Üblich sind 40 Wochenstunden, je nach Abteilung aber auch Überstunden, die man dann entweder als freie Tage nehmen kann oder aber sich auszahlen lässt.


- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?

Wenn man als Fremdsprachenkorrespondentin in einer Kanzlei arbeitet ist eine Beförderung schwierig. Es gibt aber die Möglichkeit z.B. ins Marketing zu wechseln und dort nicht mehr als Sekretärin zu arbeiten. Mit dem Abschluss der Fremdsprachenkorrespondentin hat man diverse Weiterbildungsmöglichkeiten (Wirtschaftsübersetzer, Dolmetscher, Europasekretärin, man konnte noch ein Jahr in Cardiff in Wales anhängen und einen M.A. Abschluss machen oder einen B.A.).

- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Nein.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
Nein.


- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)

Bei mir kommt das nicht vor. Um 17:00 Uhr kann ich gehen. Es gibt aber Abteilungen, die sehr viel zu tun haben, da kann es vorkommen, dass man schonmal bis um 19:00 Uhr im Büro sitzt und ganz selten auch mal am Wochenende kommen muss.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?
Bei wenig Überstunden nicht. Durch mögliche Teilzeit ist es sehr gut möglich, seine Kinder entsprechend lange unterzurbringen.

Wie sieht die tägliche Arbeit aus?
Ich kann hier nur für meine Arbeit bei der Kanzlei sprechen, da habe ich verschiedene Aufgaben: Schreiben nach Diktat (mittlerweile über ein PC-Programm über Kopfhörer) von Verträgen, Geschäftskorrespondenz, Fachartikel. Korrekturen nach handschriftlichen Vorlagen (in Word), Erstellen von Power Point Präsentationen (nach handschriftlicher Vorlage), Rechnungserstellung, Ablage. Programme, die wir verwenden: Power Point, Excel (bei Rechnungsaufstellungen), Word, Outlook. Konfliktüberprüfung über neue Mandanten und somit auch Internetrecherchen, gelegentliche Übersetzungen (dt.-englisch).


Liebe Grüße
moonjunkie
Titel: Psychologische Psychotherapeutin
Beitrag von: Sanjani am 10. April 2013, 15:49:26
Auch das ein toller Thread!

Ich erzähle euch heute etwas über den Beruf der psychologischen Psychotherapeutin und hier erst mal über die Arbeit in der Klinik. Ambulant ergänze ich, wenn ich Erfahrungen dazu habe (oder auch gern jemand anders) :)

- Gibt es Voraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen?
Abgeschlossenes Studium der Psychologie, Diplom oder Master - Bachelor sind nicht zugelassen. Danach kann man da schon arbeiten, aber um den Titel psychologische/r Psychotherapeut/in zu tragen, muss man eine Ausbildung mit Approbation abschließen. Man muss sich, um später Kassenpatienten behandeln zu können, in einem der 3 anerkannten Verfahren ausbilden lassen: Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder aber Psychoanalyse. In einer Klinik kann man auch ohne diese Ausbildung angestellt werden, da kann man dann auch gern Gesprächspsychotherapeut, Familientherapeut o. ä. sein. Die meisten Arbeitgeber wünschen sich aber mindestens Interesse für eine Ausbildung oder begonnene Ausbildung.
Ach und ich denke, man kann schlecht als taubstummer Mensch Psychotherapie machen, aber ich lasse mich da auch gern eines Besseren Belehren. Sprechen und Hören sollte man halt können.

- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
Nicht, dass ich wüsste.

- Kann man sich selbstständig machen?
Ja. Selbständig in eigener Praxis oder aber freiberuflich, z. B. als Gutachter.

- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?
Die Gespräche führt man i. d. R. alleine oder mit max. Kotherapeut, z. B. in einer Gruppentherapie sind Kotherapeuten sinnvoll, sofern vorhanden. Darüber hinaus arbeitet man in der Klinik oft im Team. Und auch in Praxen, wo mehrere arbeiten, hörte ich, dass man sich zu Intervision und Supervision trifft.

- Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
Ja. Zu Patienten, aber auch zu deren Angehörigen oder wichtigen Bezugspersonen.

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
Alles möglich. In Praxen oder Beratungsstellen sollte man dran denken, dass viele Patienten arbeiten / zur Schule gehen und man daher auch nachmittags und abends ran muss. In der Klinik hat man i. d. r. feste Arbeitszeiten zwischen 8 und 17 Uhr.

- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
Da ist von 15-40 Std. alles möglich. Überstunden sollte man auch mit einrechnen, je nachdem, wie viel Verantwortung man z. B. für eine Station hat und wie gut das eigene Zeitmanagement ist. Wenn um 16:30 Schluss sein sollte und um 16:15 kommt ein Patient, der sich umbringen möchte, dann muss man da bleiben und prüfen, ob ein Krisengespräch ausreicht, man andere Maßnahmen ergreifen bzw. den Patienten auf eine geschlossene Station verlegen muss.

- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
Neben der Therapieausbildung kann man sich in verschiedenen Gebieten vertiefter fortbilden, z. B. Traumatherapie, Mindfulness-based Stress Reduction o. ä. Außerdem ist es einem frei gestellt, neben einem Therapieverfahren auch noch ein weiteres zu erlernen. Das kostet aber alles Geld, sollte man nicht vergessen :)
Beförderungen gibt es auch. Auf manchen Stationen gibt es z. B. leitende Psycholog(inn)en. Die haben dann mehr Verantwortung für die Patienten und sind für die Einarbeitung neuer Kolleg(inn)en und für die Betreuung der Psychotherapeuten in Ausbildung zuständig. Was die sonst noch machen, keine Ahnung.

- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Nein. Allerdings muss man immer prüfen, ob die irgendwo erworbene Ausbildung und Approbation in einem anderen Land gilt.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
Man muss nicht, aber es ist hilfreich, wenn man z. B. über neuere Entwicklungen Bescheid weiß. Und ich für meinen Teil kann gar nicht davon weg mir Gedanken über meine Mitmenschen zu machen und sie zu analysieren. Ist vllt ne Berufskrankheit ^^

- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
Das kommt drauf an, wo man arbeitet. In der Klinik eher nicht, es sei denn, man ist allein auf der Station mit 20 Patienten und muss sich um alles kümmern. Da sind Überstunden vorprogrammiert, wenn man seinen Beruf ernsthaft ausüben will.
Ansonsten siehe weiter oben. Ich kenne Praxen, wo manche Gruppentherapien erst um 19:15 überhaupt beginnen.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?
Ich denke schon, zumindest unter den o. g. Umständen.

So und jetzt erzähle ich euch noch was aus meinem Alltag in der Klinik, damit ihr eine Idee habt, was ich so mache: Ich habe Vollzeit dort gearbeitet von 08-16:30. Station war akutpsychiatrisch, d. h. jederzeit können Aufnahmen kommen. Es gab 18 Betten, aber oft waren auch 20 oder 21 Leute da. Als Auszubildende hatte ich 4-9 Patienten, meist eher weniger, aber ich kenne andere Klinikstellen, wo Auszubildende eher mehr haben. Der Alltag war relativ strukturiert. Montags und freitags war Visite. Bei uns war sie recht lang, weil mit den Patienten ausführlicher und ohne Anwesenheit anderer Patienten gesprochen wurde. In anderen Stationen gibt es Gruppenvisiten. Da sitzen alle Patienten beisammen und es wird nur kurz abgefragt, wie es ihnen geht und ob jemand ein Thema hat, das ihn besonders beschäftigt / belastet. Mittwochs war Oberarztvisite. Diese dauerte mindestens 2,5-3 Stunden und fand bei uns vormittags statt. Die Tage sind natürlich ganz willkürlich und nicht auf allen Stationen gleich. Bei der Oberarztvisite stellt der Behandler den Patienten vor, sofern er neu ist, und informiert über die Behandlungserfolge bzw. Hürden in der letzten Woche. Der Oberarzt kümmert sich dann i. d. R. um die Medikation und / oder gibt therapeutische Anstöße. Zusätzlich wird jeder neue Patient vom Oberarzt visitiert, idealerweise am Tag der Aufnahme oder einen Tag später. Bei uns hatte sich da auch eine ungefähre Zeit eingebürgert, die von ca. 15:30-16:30 reichte. Unser Oberarzt war da recht flexibel :)

Dienstagvormittags gab es eine sog. Kurvenvisite. Hier sitzen alle des Teams zusammen (alle, die auf Station nicht gebraucht werden) und jeder Patient wird kurz oder auch länger besprochen. Man kann sich mit Pflegekräften und ggf. vorhandenen anderen Behandlern über die Fortschritte und Probleme austauschen, ärztliche Untersuchungen werden ggf. angeordnet und Therapieziele überlegt. Bei uns dauerte das ca. 1,5-2 Std., aber das kann auch stark variieren. Auf manchen Stationen gibt es auch die Option, dass der Oberarzt der Kurvenvisite beiwohnt.
Darüber hinaus gibt es in Kliniken oft mindestens einen Fortbildungstermin von ca. 1,5 Std. Hier gibt es z. B. Fallbesprechungen oder Vorträge von internen und externen Referenten. Bei uns fand das mittwochs ab 13:00 statt.
Beachtlich ist auch die Übergabezeit, wo die Pflegekräfte Schichtwechsel haben. Bei uns war das von 13-14 Uhr - ich weiß nicht, ob das überall gleich ist. Wenn man Zeit hat, kann es nützlich sein, diese Übergaben auch zu besuchen. Ich hab das einmal die Woche gemacht oder auch öfter, wenn ich schwierige Patienten hatte. Morgens bekommt man auch immer eine Übergabe, aber die war bei uns sehr kurz und man hat nicht immer alles wichtige erfahren.
Und dann waren da natürlich die Morgenkonferenzen, in denen über neu aufgenommene Patienten berichtet wurde.

Den Rest der Zeit hat man dann zur freien Verfügung. Neue Patienten sollten idealerweise direkt am Aufnahmetag gesehen werden und man macht mit ihnen eine Anamnese. Dann legt man ggf. einen Termin für weitere Diagnostik fest, z. B. Testungen am Computer oder man gibt ihnen Fragebögen mit (häufig konnte man das auch an die Pflegekräfte deligieren, wenn man ihnen sagte, was sie rausgeben sollen). Außerdem wird ein Behandlungsplan festgelegt (z. B. Ergotherapie, Genusstraining, Entspannungstraining) und die entsprechenden Anmeldungen an die zuständigen Behandler werden ausgefüllt (das ist viel Papierkram und nervt :) ).

Am selben Tag sollte man auch einen Antrag auf Kostenübernahme ausfüllen und an die Krankenkasse senden. Dann kann man, sofern man noch Zeit hat, Gespräche mit anderen Patienten führen, Entlassbriefe oder Kostenverlängerungsanträge diktieren bzw. schreiben oder Gespräche dokumentieren. Auf manchen speziellen Stationen oder in psychosomatischen Kliniken gibt es auch themenbezogene oder offene Gesprächsgruppen, die man ggf. leiten muss (z. B. Depressionsbewältigung, Problemlösetraining, Rückfallprävention bei Suchtkranken usw.).
Und darüber hinaus kann jederzeit ein Patient mit irgendeiner Krise kommen, z. B. Suizidabsichten, Selbstverletzungsdruck o. ä., da muss man dann entscheiden, welche Priorität das hat. In Kliniken, wo wenig Ärzte beschäftigt sind, muss man sich zusätzlich mit Medikamenten und Untersuchungen ein bisschen auskennen und den Blick hierauf haben.

Beispiel für einen Tag:
08:00-08:10 Übergabe (was ist am Abend und in der Nacht passiert?)
08:15-08:30: Morgenkonferenz (manchmal bis 08:45, wenn viele neue Patienten kamen)
08:30-09:30: Zeit für Entlassbriefe oder Papierkram
09:30-11:30: Visite
11:30-12:00: Zeit zur freien Verfügung, z. B. Visite dokumentieren, sofern man das nicht schon während der Visite gemacht hat (konnte ich z. B. nicht, weil ich ja nix in die Kurve schreiben kann)
12:00-12:30: Mittagessen
12:30-15:30: Zeit für Patientengespräche, z. B. Anamnese, Testdiagnostik o. ä.
15:30-16:30: Wenn ein neuer Patient da war, hab ich da i. d. R. kein Gespräch geführt, weil ich dem Oberarztgespräch beiwohnen wollte. Oberarzt kam dann z. B. um 16:00, schaut 15 Minuten den Patienten an und dann gab es noch 15 Minuten ein Nachgespräch, wenn der Patient besonders beeindruckend war.
Gespräche sollten 25 oder 50 Minuten dauern. Unerfahrene Therapeuten wie ich haben schon mal 90 Minuten gesprochen. :)

So viel mal von mir. Falls es noch Fragen gibt, immer her damit.

LG Sanjani

Edit vom 4. Januar 2015: Ambulante Psychotherapie

Heute habe ich mal wieder im Zirkel geschmökert, und dabei fiel mir ein, dass ich euch noch nichts über die ambulante Arbeit als Psychotherapeutin erzählt habe. Das möchte ich nun noch ergänzen. Zu Voraussetzungen u. a. habe ich ja bereits einiges geschrieben, deshalb hier nur noch was zur ambulanten Arbeit:

Man arbeitet ambulant i. d. R. in einer psychotherapeutischen Praxis, Institutsambulanz einer Klinik oder Beratungsstelle. Die Patienten kommen ambulant, d. h. sie kommen für die Therapiesitzung in die Praxis und gehen anschließend wieder nach Hause. Ich arbeite aktuell während meiner Ausbildung in der Institutsambulanz meines Ausbildungsinstituts, wo es ungefähr zugeht wie in einer Praxis. Um eine Praxis zu eröffnen, benötigt man einen sogenannten Kassensitz, aber das würde jetzt zu weit führen. Man kann auch als Angestellter in einer Praxis arbeiten.

In der Regel ist es so, dass die Patienten in der Praxis zunächst anrufen und auf den Anrufbeantworter sprechen. Als Psychotherapeut hat man relativ wenige freie Stunden, die man dann mit Papierkram zubringt oder damit, die Patienten zurückzurufen. Es gibt kein Personal, das die Anrufe entgegen nehmen könnte, oder zumindest sind solche Leute nur zeitweise angestellt, z. B. Sekretäre auf 400 Euro Basis. Dies hat damit zu tun, das man als Therapeut eigenständig arbeitet und keine Helfer o. ä. braucht.

Wenn man Patienten zurückruft, erkundigt man sich nach einigen wichtigen Dingen, so z. B. dem Grund ihrer Anmeldung, ihrer Adresse, Art der Krankenversicherung, schon durchgeführte Therapien oder Klinikbesuche, Medikamente etc. Das ist bei uns sehr ausführlich, aber auch in der Praxis, in der ich mal Praktikum gemacht habe, wurden sehr viele Sachen abgefragt. Dadurch kann man sich schon mal ein erstes Bild von den Patienten machen. Viele Therapeuten führen Wartelisten, wo sie alle Patienten mit den o. g. Informationen eintragen und dann nacheinander abarbeiten. Die Wartezeit auf einen Therapieplatz beträgt aktuell ca. 6-12 Monate. Manche Therapeuten führen aber auch keine Wartelisten, sodass man, wenn man Glück hat und zur richtigen Zeit anruft, einen gerade frei gewordenen Platz bekommen kann.

Man lädt die Patienten dann zu einem ersten Gespräch ein. Eine Sitzung dauert 50 Minuten. In diesem Gespräch erfährt man den Grund für das Therapieansinnen. Ist der Patient danach bereit wiederzukommen und man selbst bereit, ihn wieder aufzunehmen, werden weitere 4 Gespräche vereinbart (gesetzliche Krankenversicherung, bei privaten ist dies teilw. sehr unterschiedlich mit den Modalitäten). Die Patienten kommen normalerweise regelmäßig immer zur selben Zeit - Ausnahme Schichtdienste o. ä., aber es ist sinnvoll, die Termine möglichst regelmäßig zu halten, denn sonst hat man immer zeitliche Löcher, wenn einer nicht kommt, oder kann ihn andersherum auch nicht mehr unterbringen, weil alle anderen Termine besetzt sind.

Es ist wichtig, dass man am Anfang auch Diagnostik macht, meist mit Hilfe von Fragebögen. Manche haben auch Testcomputer, aber das ist in Praxen eher selten, weil man vergleichsweise wenig Geld für Tests bekommt und die Testlizenzen umgekehrt recht teuer sind. Spätestens nach den ersten 5 Gesprächen muss man einen Antrag auf Psychotherapie stellen. Hierfür müssen verschiedene Formulare ausgefüllt und außerdem ein Bericht über den Patienten geschrieben werden, der erklärt, wie es zu welcher Störung kam und wie die Behandlung aussehen soll. Niedergelassene Therapeuten werden nach einer gewissen Zahl von Anträgen von der Erstantragspflicht befreit, d. h. man kann dann direkt mit der Therapie beginnen und muss erst die Verlängerung beantragen. Das erspart einem viel Papierkram.

Neben den Patientengesprächen fallen folgende Arbeiten an: Vor- und Nachbereitung der Gespräche, v. a. wichtig, wenn man z. B. Sachen für Übungen vorbereiten muss, die man machen möchte, oder die Dokumentation der Sitzungen, sofern man das nicht schon während der Stunde erledigt. Außerdem das Schreiben von Anträgen - hier v. a. die Berichte für Erstantrag oder Verlängerung -, die Abrechnung der Leistungen mit den Krankenkassen, das Schreiben von Arztberichten (ist aber nur eine Formalie) - standardmäßig einer zu Beginn und einer zum Ende der Therapie verpflichtend, sofern der Patient nicht dagegen ist. Bei Patienten, die körperliche Erkrankungen haben, ist es auch wichtig, mit den anderen behandelnden Ärzten in Kontakt zu sein (magersüchtige Patienten mit einem BMI <19 müssen z. B. regelmäßig gewogen werden). Diese Arbeiten sollte man nicht unterschätzen. Hinzu kommt in der Ausbildung verpflichtend und approbiert nach Bedarf Supervision, d. h. sozusagen eine Beratung mit einem erfahrenen außenstehenden Kollegen. Diese Sitzungen dauern auch jeweils 50 Minuten. Meine Supervisorin macht es deshalb so, dass sie täglich insgesamt 6 Patienten empfängt und 2 Std. Mittagspause macht, in denen sie aber u. a. auch die Vor- und Nachbereitung oder ggf. Antragstellung macht.

Mein Tag in der Ambulanz sieht aktuell aus wie folgt: 09:00-12:00 drei Patienten. Die Sitzung dauert 50 Minuten, und man sollte versuchen, das auch einzuhalten und die 10 Minuten Pause auch zu nutzen, entweder zur Vor-/Nachbereitung oder aber zur Pflege der eigenen Psychohygiene, z. B. durch eine Entspannungs- oder Achtsamkeitsübung. 12:00-13:00 Pause. Mittagessen und ggf. noch einen der Arztberichte rausschicken, Klinikbefunde anfordern oder ähnlichen Kleinscheiß. 13:00-14:00 eine Patientin. 14:00-15:00 Pause, hier dann Arbeit an einem Antragsbericht oder ähnliches, was eben anfällt, neue Patienten anrufen, sofern gerade ein Platz frei wird o. ä. 15:00-18:00 noch mal drei Patienten. Einmal im Monat schreibe ich meine Leistungen in das Abrechnungsprogramm für die Krankenkasse und einmal im Quartal wird dann die Abrechnung an die Kasse verschickt. Schön ist, wenn man gerade einmal viele Anträge rausgeschrieben hat und die genehmigt wurden, dass man erst mal relativ wenig Papierkram zu erledigen hat, bis dann die Verlängerungen anstehen.

Ist man niedergelassen in einer Praxis (hmmm, oder ich glaube, das gilt sogar für alle Approbierten, bin mir gerade aber nicht sicher muss man außerdem eine bestimmte Anzahl an Fortbildungspunkten im Jahr nachweisen, d. h. man muss Fortbildungen besuchen um zu zeigen, dass man mit den aktuellen Therapieentwicklungen vertraut ist. Wie viele das sind, weiß ich gerade nicht, damit beschäftige ich mich, wenn es so weit ist :)

Ok, ich hoffe, ihr konntet dem Durcheinander halbwegs folgen, und bei Fragen stehe ich auch gerne per PM zur Verfügung.

Edit vom 09.02.2018: Inzwischen habe ich auch eine gehörlose Psychotherapeutin kennen gelernt. Die kann allerdings sehr gut sprechen dank Stimmtraining etc. Sie ist wirklich sehr beeindruckend. Wenn man nicht weiß, dass sie gehörlos ist, würde man nicht darauf kommen.

Besonderheiten: Von Psychologen denken viele Leute, dass sie auch im privaten Umfeld ständig dabei sind, ihre Mitmenschen zu analysieren. Ich selber muss dem ein Stückweit zustimmen, allerdings ist es schon auch so, dass die Leute einen auch um Rat fragen und dabei schon sagen, sie wünschen sich "fachlichen" Rat. Davon abgesehen passiert viel auch einfach ganz unbewusst, dass man sich z. B. blitzlichtartig darüber Gedanken macht, was Person X für eine Persönlichkeit hat und wo die Ursachen dafür liegen könnten. Das hilft dabei, sich auf den anderen einzustellen und ist keine böswillige "Marotte" oder so etwas. Und man kann da auch total daneben liegen :) Aber man kann damit auch anderen Menschen helfen, wenn die z. B. nicht nachvollziehen können, warum der Arbeitskollege sich auf eine bestimmte Art verhält. Dann kann man das ein bisschen erklären und nachvollziehbar machen und vielleicht zu einem besseren Arbeitsklima beitragen :)

Was mir in den letzten Jahren aber sehr deutlich aufgefallen ist, ist, dass  ich mir durch die kognitive Therapie eine ganz bestimmte Art zu fragen angewöhnt habe, die ich im Privaten nicht gut abschalten kann. Es ist etwas schwer zu erklären, aber wir wollen ja immer wissen, was dahinter steht. Strategien sind z. B., den anderen zu fragen, welche Befürchtungen er bei bestimmten Sorgen hat oder was als allerschlimmstes passieren könnte oder einfach nur wie es dann weiter geht und dann und dann usw. Und manchmal kommen die Leute dann dahinter, dass sie sich selber z. B. für Versager halten und dann sage ich nicht, so ein Quatsch, das stimmt doch gar nicht, sondern dann sage ich vielleicht so, dann erklär mir mal, wie du zu diesem Schluss kommst. Und dann fällt den Leuten auf, dass sie eigentlich gar nicht so viele Argumente dafür haben, dass sie Versager sind :) Das ist jetzt nur ein anschauliches Beispiel. So kommt man manchmal ungewollt in eine Art therapeutisches Gespräch. Ich selber finde das überhaupt nicht schlimm, weil mich eine große Neugier beherrscht, ich will wissen, was dahinter steckt, wenn es Menschen schlecht geht, und ich will, dass es Ihnen nach dem Gespräch mit mir besser geht :) Aber manchmal ist es auch komisch, wenn ich das mit Freunden mache, die ich nicht so häufig treffe bzw. nicht ganz so gut kenne.

Natürlich gibt es auch viele Laien, die das intuitiv richtig machen, und ich war davor sicher auch schon nicht ganz schlecht, aber bei mir ist es oft ein bewusstes Abwägen - gehe ich da jetzt wirklich weiter rein, will der andere das oder nicht usw. Ich wende sozusagen therapeutische Strategien im privaten Umfeld an, weil ich weiß, dass sie meistens helfen.
Ich weiß übrigens nicht, ob es anderen Psychologen auch so geht. Das würde mich tatsächlich mal interessieren. Bisher hatte ich aber noch nicht die Gelegenheit, so was anzusprechen.

So, und jetzt bin ich wirklich mit allem am Ende, was ich zu meinem Beruf sagen kann. Ihr seht, ich rede gerne über meinen Beruf :)
Titel: Re: [Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: der Rabe am 11. April 2013, 00:29:20
Zitat von: SanjaniAch und ich denke, man kann schlecht als taubstummer Mensch Psychotherapie machen, aber ich lasse mich da auch gern eines Besseren Belehren. Sprechen und Hören sollte man halt können.

Och, ich denke, es gäbe bestimmt einige Gehörlose, die gerne ohne einen Dolmetscher zum Psychologen gehen würden. Allerdings könnte ich nicht sagen, ob die Klientel ausreichend wäre, um einen gehörlosen Psychologen mit einer eigenen Praxis über Wasser zu halten.
Titel: Re: [Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Sanjani am 11. April 2013, 08:12:59
Rabe, ich stimme dir zu. Ich habe jetzt noch mal kurz recherchiert. Es gibt ein paar wenige gehörlose Psychologen, aber ich konnte keine gehörlosen psychologischen Psychotherapeuten finden. Es gibt eine Reihe therapeutischer angebote für Gehörlose, viele sind therapeutische Angebote in anderen als den o. g. anerkannten Verfahren, einige bieten Gebärdensprache an und ein paar ganz wenige von diesen Leuten sind gehörlose oder hochgradig schwerhörigeDiplom-Psychologen oder Pädagogen. Außerdem bieten einige Therapeuten Therapie mit Gebärdensprachdolmetscher an. Insgesamt ist das Angebot aber m. E. recht ungenügend.

LG Sanjani
Titel: Re: [Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Christopher am 03. Mai 2013, 18:53:49
Mich einfach mal bei "Soldat" eintragen. Zu nahezu allem was das Soldatenhandwerk betrifft kann ich Auskunft geben. Entweder, weil ich mich da selbst auskenne, oder über Beziehungen/Bekannte/Kameraden die Infos einholen kann.

Beantwortung der Fragen folgt, sobald ich etwas Zeit und Muße dafür habe. In der Zwischenzeit kann natürlich jeder per PM Fragen stellen. :)

So, viel zu lange her (ich hab es wohl irgendwie aus den Augen verloren...) aber dennoch, hier mal ein kleiner Ausschnitt:

Vorweg: Ich kratze nur an der Oberfläche. Viele Themen sind so vielschichtig, dass ich sie hier nicht wiedergeben kann. Ebenso wie es das "typische" Tätigkeitsbild nicht gibt. Es gibt endlos viele Verwendungen bei den Streitkräften, selbst eine grobe Zusammenfassung würde bereits den Rahmen sprengen. Daher nur eine grobe Zusammenfassung der für die Allgemeinheit gültigen Punkte, evtl. gespickt mit eigenen Erfahrungswerten.
Viele Dinge sind auch meinem eigenen Standpunkt geschuldet, der nicht überall und von allen so gelebt wird. An vielen Punkten läuft es nicht so wie es soll, aber das ist ein Thema für sich.

Soldat (Deutschland)
Gibt es Vorraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen? (Besondere Abschlüsse, erforderte körperliche Fähigkeiten, Fremdsprachenkenntnisse, usw.)

Es gibt nahezu keine Voraussetzungen für den Dienst in den Streitkräften, zumindest was Berufsabschlüsse, Schulabschlüsse oder sonstiges angeht. Jedoch beschränken die Vorkenntnisse die Laufbahn die man einschlagen kann (hierzu später mehr). Hervorzuheben sind jedoch die körperlichen Voraussetzungen die da im groben wären: Gesunde Grundfitness, keine chronischen körperlichen Gebrechen die den Dienst maßgeblich erschweren oder einschränken würden (nahezu jede Form von Behinderung fällt darunter, schlechte Augen z.B. jedoch nicht) und kein Drogenkonsum o.ä. Sämtliche körperlichen Aspekte werden von einem Arzt im Vorfeld untersucht. Dieser entscheidet dann über die körperliche Eignung.
Weitere Voraussetzung ist, Deutscher im Sinne des Grundgesetzes zu sein.

- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
Mindestalter gibt es meines Wissens nicht, jedoch ist eine Erlaubnis des gesetzlichen Vormunds/der Eltern erforderlich, sollte man noch <18 sein.
Ein Höchstalter gibt es in den meisten Verwendungen nicht mehr, die Altersgrenze wurde aufgehoben. Dem steht jedoch die Eignungsuntersuchung beim Arzt, der die Eignung für den Dienst feststellt, entgegen. 


- Kann man sich selbstständig machen?
Nein. ;D

- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?

Kommt tatsächlich auf den Dienstposten (Soldatendeutsch "Arbeitsplatz") an. Die Arbeit im Team/mit einer Gruppe überwiegt jedoch im Gesamtbild deutlich.

- Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
Da wir für das Grundbedürfnis nach Sicherheit zuständig sind und demnach alle unsere Kunden sind: Ja. Quasi ;D

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?

Für gewöhnlich Vollzeit. Teilzeit ist auf Antrag möglich (ebenso wie im zivilen auch, die Rechtsprechung ist da fast dieselbe), flexible Arbeitszeiten gibt es nur in wenigen Verwendungen.

- Wie viele Wochenstunden sind üblich?

Festgesetzt sind 46 Wochenstunden. Diese sind jedoch durch den jeweiligen Chef einer Einheit herabregelbar. In den meisten Dienststellen in denen ich bisher war geht die Tendenz eher zu 40-42 Std/Woche.

Jedoch gibt es oftmals Gelegenheiten, zu denen der Dienst verlängert wird. Übungsplatzaufenthalte oder längere Übungen sind keine Seltenheit, dabei kann der Dienst auch über mehere Wochen 24Std/Tag laufen. Dies ist jedoch der Extremfall bei Übungen. Die üblichen Übungsplatzaufenthalte schwanken in ihrer Arbeitszeit von Einheit zu Einheit und je nach Übungsvorhaben stark. Man kann hier nicht pauschalisieren.

Im Gegensatz zu vielen zivilen Betrieben ist die Bundeswehr allerdings eine staatliche Institution. Ein Ausgleich der erworbenen Ansprüche findet tadellos statt. Wer mehr arbeitet bekommt auch mehr Geld und Freizeit.


- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
Uff. Ein breites Feld. Ich teil das mal auf.

Beförderungen:
Beförderungen hängen von vielen Faktoren ab. Erste Voraussetzung ist die Laufbahn der man angehört. Also: Mannschaften, Unteroffizere ohne Portepee (Unteroffizier, Stabsunteroffizier), Unteroffiziere mit Portepee (die Feldwebel), Offiziere. Die Laufbahnen begrenzen den maximal erreichbaren Dienstgrad. Für den Einstieg in die jeweilige Laufbahn gibt es Grundvoraussetzungen die erfüllt sein müssen, wie z.B. Hochschulreife für die Laufbahn der Offiziere.
Befördert wird nach Eintritt in die Streitkräfte anhand vielfältiger Kriterien. Eines der Grundkriterien ist die Dienstzeit, also wie lange jemand bereits in den Streitkräften ist. Für jeden Dienstgrad gibt es eine Mindestdienstzeit die erreicht sein muss. Bei manchen gibt es auch Voraussetzungen, wie lange man bereits einen anderen Dienstgrad haben muss, um befördert werden zu können (hauptsächlich wichtig für diejenigen, die mit langer Dienstzeit von einer niedrigeren, in eine höhere Laufbahn wechseln).
Ab den Unteroffiziersdienstgraden müssen zusätzlich bestimmte Lehrgänge bestanden werden bzw. Qualifikationen vorhanden sein.
Bei den Unteroffizieren ohne Portepee ist die Berufsausbildung ausschlaggebend bzw. der Unteroffiziersanwärterlehrgang.
Bei den Unteroffizieren mit Portepee ist das die Berufsausbildung, der allgemeinmilitärische Feldwebellehrgang sowie der fachspezifische (Verwendungsabhängige) Feldwebellehrgang.
Bei den Offizieren die diversen Offiziersanwärter- und Offizierslehrgänge und das Studium. Wann welcher Offizier wie befördert werden kann/darf ist jedoch sehr komplex.

Ab einem gewissen Dienstgrad werden anhand vielfältiger Kriterien (Beurteilungen, Lehrgangsnoten usw.) Beförderungsreihenfolgen festgelegt. Leistung wird durchaus belohnt. Manche werden z.B. direkt mit erreichen der nötigen Dienstzeit zum Hauptfeldwebel befördert, andere warten jahrelang darauf.

Weiterbildung:
Hier gibt es eine Trennung zwischen Fach- und Truppendienst.
Im Truppendienst (also diejenigen, welche in rein kämpfenden Truppen wie Grenadieren z.b. unterwegs sind) gibt es grundsätzlich keine Weiterbildung. Jedoch steht jedem Soldaten ein gewisses Budget und ein Zeitraum am Ende seiner Dienstzeit zu, welches von seiner Dienstzeit abhängt, von dem er vielfältige Weiterbildungen in Anspruch nehmen und bezahlen lassen kann. Die Angebote sind nicht auf Dinge beschränkt, welche der Dienstherr (der Staat) anbietet, sondern es können auch Bildungsangebote aus der freien Wirtschaft in Anspruch genommen und aus diesem Budget bezahlt werden.

Im Fachdienst bekommt jeder Unteroffizier ohne Portepee eine Berufsausbildung die für seine vorgesehene Verwendung geeignet ist (Instandhaltung z.b. Kfz-Mechatroniker, Stabsdienstsoldaten Bürokaufmann usw. usf.). Diese Ausbildung bekommt er voll bezahlt, macht sie während seiner regulären Dienstzeit und bekommt auch weiterhin seine Bezüge (der Unterschied zwischen den Bezügen eines Azubis in der freien Wirtschaft ist gravierend).

Jeder Unteroffizier mit Portepee im Fachdienst, bekommt eine Berufsausbildung die für seine Verwendung geeignet ist und nach ein paar weiteren Jahren (mindestens zwei Jahre als Feldwebel) eine Ausbildung auf Meisterebene. Diese Ausbildungen laufen ebenfalls während der Dienstzeit unter vollen Bezügen.

Jeder Offizier im Fachdienst bekommt ein Studium welches sich an seiner vorgesehenen Verwendung orientiert (oder relativ allgemein gefasst ist. Dipl. Psychologe/Politologe/BWL etc. alles schon gesehen). Auch dieses läuft während der Dienstzeit in Trimestern an den Bw-Unis in Hamburg/München bei vollen Bezügen ab.

Das oben angesprochene Budget für die Weiterbildung steht auch den Leuten im Fachdienst zur Verfügung, jedoch verringert um einen Teil der Beträge und Zeiträume, welche die Berufsausbildungen/das Studium gekostet haben.

- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?

Man ist da, wo der Dienstherr einem sagt, dass man zu sein hat. Flexibilität sollte man mitbringen, sonst wird es (meistens, aber nicht immer) ein hartes Brot. Die Anstrengungen dieses abzumildern sind auch der Öffentlichkeit bekannt, daher muss ich das hier denke ich nicht groß ausbreiten.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?

Muss nicht. Es wäre aber wünschenswert.

- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)

Ja. Die Arbeitszeiten und -orte schränken den Alltag oftmals ein. Der Grad der Einschränkung hängt aber wieder von zahlreichen Faktoren ab. Vorranging von dem Dienstposten und der Verwendung der man angehört.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?

Ja. Siehe vorheriger Punkt.

Alles, was euch wichtig erscheint oder besonders ist.

Puh, was ist besonders?
Das Führen von Menschen. Das Lernen, wie man Menschen führt, die so viel Respekt und Vertrauen entwickeln sollen, dass sie einem sogar im Gefecht folgen würden. Das ist eine große Herausforderung. Die Verantwortung für eben jene Menschen zu tragen und das Beste zu geben, sie aus so etwas auch wieder rauszuholen.

Kameradschaft. Nicht zu vergleichen mit Kollegialität oder ähnlichem. Wer Tage-/Wochenlang mit jemanden zusammen in der Sch***e gelegen hat und durch dick und dünn gegangen ist, seine Kameraden mitgeschleppt hat wenn die nicht mehr konnten und sich durchgebissen hat, erlebt mehr als eine reine Arbeitsbeziehung für gewöhnlich erreichen kann. Natürlich hat man das nicht mit allen, aber über die Jahre, gibt es Kameraden die mir sehr nahe stehen und mit denen ich alles mitmachen würde. Naürlich gibt es auch solche, auf die das Gegenteil zutrifft, aber das gibt es überall.

Der Umgang mit Waffen. Richtigen Waffen, keine Jagdwaffen oder ähnliches. Der Respekt den man davor bekommt. Die Sicherheit im Umgang und die Selbstsicherheit, damit umgehen zu können. Die Verantwortung tragen zu können.

Die Erfahrungen, die man an keiner anderen Stelle machen kann.

Das vielfältige Berufsbild, die vielfältigen Chancen und Möglichkeiten, der Mangel an Monotonie (sofern man es zulässt und annimmt). 

Woher habt ihr eure Informationen?

Ich bin selbst Soldat und ziehe meine Kenntnisse daher aus meinen eigenen Erfahrungen oder Berichten von Kameraden, sofern es Truppengattungen/Verwendungen betrifft, die ich selber nicht kenne und/oder durchlaufen habe.

Habt ihr den Beruf in euren Geschichten verwendet und darüber recherchiert, so dass ihr noch informative Links oder Lektüren angeben könnt?

Insbesondere meine Kenntnisse beim führen einer Gruppe/eines Zuges (ca. 20-50 Mann) im Gefecht kann ich an vielen Stellen in meine Geschichten einfließen lassen. Die Kenntnis von bestimmten taktischen Grundsätzen, Befehlsgebung, Logistik, Umgang mit Untergebenen, Führung, Gruppeninternen Prozessen, Gedankengänge im/beim Gefecht, körperliche Entbehrungen und ihre Folgen, Kenntnis über die (wirkliche) Belastbarkeit von Menschen, Verhalten beim Erreichen derselben, Leben im Felde, Tarnen und Täuschen, Waffenkunde (Handhabung, Wirkung, Schießtechnik etc.), Verschleierung, Waffenwirkung, und, und, und, geben mir auch einen recht breiten Erfahrungsschatz mit, aus dem ich zehren kann um meinem Werk eine gewisse fachliche Tiefe und Glaubwürdigkeit sowie Realismus zu geben.
Es ist auf jeden Fall eine massive Hilfe, mal selbst als Führer einer größeren Gruppe von Menschen im Gefecht (oder einer Übung desselben) tätig gewesen zu sein und zu sehen: Wie ist das? Wie fühlt sich das an? Was sollte man tun und was nicht? Was kann schiefgehen? Was WIRD schiefgehen? Was muss man tun, um eben jenes zu verhindern? usw.


Ihr merkt vielleicht, dass das ganze recht große Dimensionen annimmt. Bevor ich mich hier jedoch totschreibe lasse ich es gut sein und biete einfach an, dass Fragen zu Details direkt an mich gerichtet werden können :)

Titel: Re: [Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: LinaFranken am 11. Dezember 2015, 08:49:39
Dann möchte ich mal gerne den Bereich SECURITY vorstellen.
Oder wie es bei uns eigentlich genannt wird: Objektschutz  :wache!:

- Gibt es Voraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen? (Besondere Abschlüsse, erforderte körperliche Fähigkeiten, Fremdsprachenkenntnisse, usw.)
>Es ist tatsächlich ein Job für "Jedermann". Für den einfachen Schutz braucht man nur eine einwöchige Schulung in der man paar rechtliche Grundbegriffe beigebracht bekommt. (z.B. Darf ein Wachmann einen durchaus so lange festhalten, bis die Polizei eintritt, das ist keine Freiheitsberaubung.) Man kann zusätzliche Abschlüsse machen (für die man in Kursen oder eigenständig lernt) um Waffen tragen zu dürfen, Wachhunde mitzuführen oder spezielle Einrichtungen bewachen zu dürfen. Man muss auch dazu sagen, das man meist nur zur Abschreckung da ist oder um die "echten" Polizisten im Notfall zu rufen.

- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
>Mindestalter wäre 18. Wird sowohl von Studenten aber auch von Rentnern gerne als Nebenverdienst getätigt.

- Kann man sich selbstständig machen?
>Man kann eine eigene Sicherheitsfirma eröffnen. Wie bei anderen Branchen muss man sich aber gründlich überlegen, ob es sich lohnt im Vergleich zu den hohen Kosten von Versicherungen, die man braucht um sich für Notfälle abzusichern. Die Firma muss hierbei sowohl für Unfälle, Rechts-Streitigkeiten wie auch die Dummheit der eigenen Mitarbeiter haften.

- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?/ Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
>Man wird von seinem Arbeitgeber an verschiedene "Objekte" ausgeliehen. Wie viel Kontakt man mit Kunden hat, hängt davon ab, ob man an einem Empfang landet, an der Einfahrts-Pforte, als Wachmann bei der Bahn oder in einem einsamen Raum vor Überwachungskameras. Manche Objekte möchten nur eine Person, manche wüschen sich mehrere. Hierbei können die Kollegen oft wechseln. Zudem hängt es davon ab, ob man Tag- oder Nachtschichten zugeteilt bekommt. Man kann Wünsche äußern (dies aber besser mit Nachdruck, damit sie beachtet werden).

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
>Theoretisch werden flexible Arbeitszeiten angeboten. In der Realität sieht es jedoch anders aus. Flexibel bedeutet vor allem für den Arbeitgeber. Wenn man es nicht mit Nachdruck verbietet, kann man zu endlosen Überstunden genötigt werden. Es kann vorkommen, dasd man nach ner 8-Stunden Schicht angerufen wird und gesagt bekommt: "Fahren Sie doch gleich zum Kunden XY, da ist einer krank geworden, machen Sie mal noch seine 12-Stunden-Schicht."  :gähn:

- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
>240 Stunden im Monat sind keine Seltenheit. 12-Stunden täglich sind ebenfalls eher Regel als Ausnahme. Viele lassen sich darauf ein um über einen bestimmten Zeitraum mehr zu verdienen und dann den Job zu wechseln.

- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
>Kaum. Tatsache ist, das dies ein Mindestlohnjob ist. Der Verdienst hängt davon ab, wie viel das Objekt, das einen bestellt, bereit ist zu zahlen und beim Wachdienst sparen alle gerne. Die wenigsten bieten Fortbildungen oder Aufstiegsmöglichkeiten. Dementsprechend ist die Arbeitsmoral meistens gering und die Kündigungsrate seitens der Mitarbeiter sehr hoch.  :nöö:

- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
>Nein und die Nachfrage expandiert aufgrund der unsicheren Zeit extrem.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
>Nein, sofern man persönlich in der Lage ist, den Stress abzuschalten und zu vergessen.

- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
>In vielen Objekten muss man auch an Wochenenden und Feiertagen arbeiten.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?
>Für Menschen, die nebenbei Kinder versorgen müssen, ist der Beruf durch die chaotischen Arbeitszeiten sehr ungünstig, für Alleinerziehende ohne Unterstützung sogar völlig unmöglich. Praktisch für Singles, die viel arbeiten möchten, weil sie ihre Stunden aufstocken können, statt einen Nebenjob zu suchen.

-Ist der Job gefährlich?
>Jein. Hängt auch wieder vom Objekt und dem Publikum ab. Ein Wachmann in einer Bank braucht ne Zusatz-Schulung und trägt ein höheres Risiko. Einer im Kaufhaus muss sich meist nur mit klauenden Teenager rumplagen oder wie eine Wachsfigur rumstehen. Oft werden auch nette Damen gesucht, die im einem Foyer oder auf Messen bloß als Begrüßungskomitee fungieren, was völlig ungefährlich ist. Bewachung von Industrieanlagen und Baustellen ist solange langweilig, bis ausnahmsweise etwas passiert. Ich habe die Nachtschicht in einer Behörde, was an sich ungefährlich ist, da es ein abgeschlossenes Gebäude ist mit Sicherheitsanlagen. Jedoch wäre das keine Tätigkeit für leicht schreckhafte Menschen ohne Selbstbewusstsein.

-Und als Frau?
>Der Dienst bei Messen oder Empfang ist kaum von üblicher Büro-Arbeit oder dem Kellnern zu unterscheiden. Will man als Frau aber nächtliche Bewachung oder ähnliches machen, braucht man viel Selbstbewusstsein und ein respekteinflößendes Auftreten um sich bei männlichen "Herumtreibern" und den männlichen Kollegen (die oft Macho-Allüren an den Tag legen) Respekt zu verschaffen. Ich musste gerade schon Kollegen öfter sagen: "Herzchen, du kannst die Ich-bin-hier-der-Mann-also-gehorche-mir-Tour gerne bei deiner Frau daheim ausleben, aber wenn du mir nochmal damit kommst (ohne mein Vorgesetzter zu sein) dann fahre ich mit dir Schlitten!"  :pfanne:
Titel: Re: [Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Imperius am 17. Dezember 2015, 12:38:17

Ich steuere mal etwas zum Beruf des Rechtsanwalts bei. Aus Zeitgründen erstmal eine Kurzfassung.

- Gibt es Vorraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen? (Besondere Abschlüsse, erforderte körperliche Fähigkeiten, Fremdsprachenkenntnisse, usw.)

Man benötigt Abitur, um einen Studienplatz an der Uni zu bekommen. Das Studium lässt sich theoretisch in etwa acht Semestern absolvieren, ein großer Geist, der sich nicht hetzen lässt, sollte eher 10 - 12 Semester einkalkulieren. Im Studium beginnt die Jagd auf Scheine, kleine und große in verschiedenen Rechtsgebieten ( Grobeinteilung: Strafrecht, Zivilrecht, Öffentliches Recht ). Wenn alle Scheine vorhanden sind, geht's meist noch zum Repetitor zur Prüfungsvorbereitung. Dann folgt das erste juristische Staatsexamen.
Während des Studiums sind besondere körperliche Fähigkeiten, wie Ausdauer am Kopierer und gute Koffeinverträglichkeit von Vorteil.

Dann folgt das Referendariat. Man durchläuft als Referendar verschiedene Stationen ( Gericht, Staatsanwaltschaft, Verwaltung, Anwaltskanzlei .. ) und darf also mal Richter, Staatsanwalt usw spielen. Nach zwei Jahren folgt das zweite juristische Staatsexamen.
Wer das auch besteht, darf sich Volljurist nennen und hat damit die Qualifikation zum Richteramt, Anwaltsberuf etc.   

- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?

Als Rechtsanwalt nicht. Wer zum Beispiel auch Notar ist ( ist in einigen Bundesländern möglich ), muss dieses Amt ab einer gewissen Altersgrenze abgeben.

- Kann man sich selbstständig machen?

Ja.
 
- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?

Die meisten Anwälte bearbeiten ihre jeweiligen Mandate allein, auch wenn sich viele in Sozietäten oder Bürogemeinschaften organisieren.
   
- Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?

Lässt sich nicht vermeiden.  :)

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?

Alles denkbar. Meist Vollzeit. Als selbständiger RA lässt sich Flexibilität gut einrichten.

- Wie viele Wochenstunden sind üblich?

Nächste Frage!

- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?

Viele Anwälte sind spezialisiert auf bestimmte Rechtsgebiete. Das lässt sich oft daran erkennen, dass sie auch einen Fachanwaltstitel tragen ( z.B. Fachanwalt im Verkehrsrecht etc. ). Den Fachanwalt bekommt man nicht an der Uni, sondern erhält ihn nach einer gesonderten Fachanwaltsprüfung ( i.d.R., wenn man als RA schon einige Jahre gearbeitet hat ) und nach Erbringen eines Nachweises, dass man als Rechtsanwalt eine bestimmte Zahl von Fällen in diesem Rechtsgebiet praktisch bearbeitet hat.


- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?

Die Anwaltsplage gibt es überall.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?

Nein. In seiner Freizeit soll man doch Romane schreiben.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?

Familienleben? Was war das nochmal?  :)   Ist wohl sehr individuell und wie bei jedem Vollzeitjob.
Titel: Re: [Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Fianna am 17. Dezember 2015, 20:22:20
So, ich trau mich auch mal zu schreiben. Es ist viel länger, aber ich hab da ja auch ca ein halbes Dutzend verschiedene Jobs drin. Und es wurde von 2 Leuten gewünscht, die ein Hotel als Schauplatz haben.
Ich versuche Fachbegriffe zu meiden, bei Bedarf googlen oder nachfragen.
Grundsätzlich kann man fast jede Figur (Protagonist, Antagonist, Zeuge, Statist) an jeden Ort in einem Hotel bringen, man muss nur das Hotel entsprechend ,,designen", dann ist es realistisch.
Ich finde schon seit längerem, ein Hotel schreit geradezu danach, Schauplatz eines Krimis zu werden. (Mir fällt nur eine Monk-Folge ein, in der das Reinigungspersonal auch Täter ist und den Tatort so perfekt sauber macht, dass niemand an Mord denkt.)


Hotellerie

Gibt es Vorraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen? (Besondere Abschlüsse, erforderte körperliche Fähigkeiten, Fremdsprachenkenntnisse, usw.)
Ideal: Ausbildung, mehrere Sprachen, fit und gelenkig. In einigen Bereich kann man auch ohne Ausbildung arbeiten.
Housekeeping: meist keine Ausbildung und Migranten / Ausländer, teilweise komplett ohne Deutschkenntnisse
Küche: Als Spüler oder Küchenhelfer in der Regel ungelernte Kräfte.
Service: Kommt drauf an, je weniger Fachkenntnis erforderlich ist, desto eher gibt es ungelernte Kräfte. In einem fancy Restaurant, das nur mit silbernen Glochen serviert und eine dicke Weinkarte hat, wird man die maximal im Hintergrund antreffen (Brot schneiden, Getränke zubereiten), weil sie keine Fragen zu der Weinauswahl oder den fancy Speisen beantworten können.* Eventuell im Frühstücksdienst, Biergarten oder Terrassenservice anzutreffen.
In anderen Restaurants / Gaststätten natürlich mit größerer Wahrscheinlichkeit.

Wenn man es für seinen Plot braucht, kann man im Bankettbereich eigentlich immer ungelernte Kräfte an einen bestimmten Ort bringen (z.b. das fancy Restaurant). Bankett heisst Großverstaltungen, also private Feiern, Betriebsfeiern, Vereinsfeiern, Abiball... Alles Sachen, wo es entweder ein Buffet oder eingeschränkte Speisenauswahl (in der Regel 2 Alternativen, die vorher auszuwählen sind) gibt. Oft auch nur eingeschränkte Getränkeauswahl, ggfs. Festgesetzt was zu welchem Gang. Also nur begrenztes Fachwissen, kann man vorher alles erklären, was evt von den Gästen gefragt wird. 
Nochmal zu der Ausbildung: in vielen Berufen ist es so, dass man nach einer gewissen Zeit nicht mehr reinkommt. Beim Hotel sind Leute mit murkeligem Lebenslauf nicht schlecht aufgehoben. Man beweist sich viel durch seine praktische Arbeit, zum anderen ist Fachkräftemangel.
Also ob ungelernt oder gelernt, man kann für jede Figur eine glaubhafte Erklärung finden, warum sie sich dort (beruflich) aufhält. Im schlimmsten Fall hospitiert die Figur oder ist ein Mystery Guest (eine Art Hoteltester, der tut, als wäre er ein ganz normaler Gast).

* Das ist jetzt kein Hinweis auf Sterneküche, das gibt sehr oft auch bei ,,normalen" Restaurants. Es gibt ohnehin nur eine geringe Anzahl an Sterne-Restaurants in Deutschland, und die Anzahl wird bewusst klein gehalten. (Ob das jetzt ein offizieller Fakt ist, weiß ich nicht, es ist jedenfalls so.) Nicht jeder, der einen Stern verdient, kriegt ihn auch. Und wenn man im Urlaub schön ins Hotel-Restaurant geht, wo man richtig teuer (und hoffentlich auch gut) essen kann und an der Türe an 3 Sternen vorbeigeht... die gelten für den Beherbergungsbetrieb. Mit dem Restaurant haben die nichts zu tun. Außer, dass Hotels mit mehr Sternen in der Regel mehr Wert auf die Qualität der Küche legen (weil die Gäste das erwarten, dass das Restaurant so speziell ist, wenn sie in einem 4-Sterne-Haus sind).


Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
Mindestalter: das normale Alter eben für eine Berufsausbildung, wobei Kinder, die im Hotel aufwachsen, da oft auch schon in jüngeren Jahren mal kurz mit anpacken.
Höchstalter: wenn man an seine körperliche Belastungsgrenze kommt.

Kann man sich selbstständig machen?
Ja, und zwar ohne Vorkenntnisse. Sowie ohne Ausbildung. Jeder Hansel, der Lust drauf und eine gesicherte Finanzierung hat, kann morgen ein Hotel eröffnen. Erst wenn es um die Beschäftigung von Auszubildenden geht, werden bestimmte Sachen erforderlich.
Meines Wissens müssen auch die Köche keine Kochausbildung haben, man muss nur gewisse Nachweise (sagen wir mal salopp Hygienenachweise) erbringen. Z.B. als Mitarbeiter: Bescheinigung gemäß des Infektionsschutzgesetzes, da guckt man nur einen Film (und hat danach für mehrere Wochen keine Lust mehr, etwas zu essen, wenn man nicht gesehen hat, wie es zubereitet wird).
Natürlich macht niemand komplett ohne Fachpersonal ein Haus auf.
Aber man könnte es!


Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine? Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
Ja und Nein,  je nach Arbeitsplatz.


Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
Bei den Abteilungen mit komplexeren Computersystemen oder Multitasking-Aufgaben in der Regel Vollzeit. Je nachdem wo man seine ungelernten Kräfte rekrutiert, z.B. Studenten / Mütter, oft auch Teilzeit. Ist mir bisher nur im Service begegnet.

Wie viele Wochenstunden sind üblich?
Abhängig von Arbeitsplatz & Position. ,,Bürojobs" und Housekeeping i.d.R. 40-Stunden-Wochen.
Alles mit Kundenkontakt richtet sich nach dem Kundenfluss. Bsp: im Restaurant bleibt man so lange, bis alle Gäste weg sind, alles sauber ist, ggfs für den nächsten Tag vorbereitet / eingedeckt... Mitternacht, 1 Uhr, bei Bankett gerne später. Da hat man schnell seine 12-15 Stunden zwischen Arbeitsbeginn / Ende. In der Regel Teildienst: man hat 1-3 Stunden Pause. Das kann sich zwischen 50-70 Stunden Woche bewegen (reine Arbeitszeit). Zu Hochterminen gerne mehr, teilweise 2.30 / 4.00 Uhr Feierabend, aber wieder zur gewohnten Zeit (10 Uhr / 11 Uhr / 12 Uhr) anfangen.
An der Rezeption ist es ähnlich. Entweder Dreischicht-System mit Überstunden-Option, oder wenn keine 24 Stunden auf ist: da bleibt teilweise die Rezi, bis alle Gäste angereist sind. Einige Hotels haben ein Schließfach vor der Türe, wo sie den Schlüssel hinein legen – der Gast bekommt mit der Bestätigung einen Code.
Allerdings klappt das nicht immer (je nach Gästegruppe) und dann muss man telefonisch helfen bzw. im schlimmsten Fall nochmal hinfahren. In der Regel die arme Socke, die den Spätdienst hatte. Besonders schön ist es, wenn die Gäste zwar pfiffig sind und wissen, was sie tun müssen, sich aber noch mal telefonisch rückversichern – in Hotels ohne 24-Std-Rezeption führt diese Rufumleitung oder Notfallnummer in der Regel zu einem Mitarbeiter des Hotels, der schon (noch) schläft, weil er Spätdienst (Frühdienst) hatte (haben wird).

EDIT:
Da sich die Arbeitszeit nach dem Arbeitsaufkommen (also den Kunden) richtet, freuen sich Restaurants immer waaaaaahnsinnig, wenn man einen Tisch für 10 oder 14 Personen bestellt und dann kommen doch nur 4 oder 5 oder so... Diese große Ansage hat nämlich für diesen Tag den Dienstplan bestimmt
. Einer der Kellner steht sich die Beine in den Bauch, weil man ihn nicht braucht.
Vorher am Tag waren eventuell seine Kollegen richtig in der Scheiße, aber er hatte ja Pause oder noch nicht Arbeitsbeginn, weil für abends so ein großer Tisch angesagt war... dann sind bei zusammen geschobenen Tischen auch noch mehrere Tische in diese Tafel verbaut, die man anderswo besser brauchen könnte (und sei es nur, damit die anderen Gäste mehr Auswahl haben und nicht so spack Tisch an Tisch sitzen müssen)... Wenn die Gäste erstmal sitzen und sagen "Ach nein, wir sind nur 4 (5) Leute" da fangen die nicht mehr an, die Tische auseinander zu ziehen und zurück zu stellen... also egal wie kurzfristig die Änderung erfolgt, es ist immer ziemlich wichtig, dass man solche Reduzierungen auch vorab erfährt. Und sei es nur, dass man ein paar Tische wieder anders stellt (wenn die Absage schon für den Tages-Dienstplan zu kurzfristig kommt)...
... theoretisch könnte ein Restaurant für Absagen eine Entschädigung geltend machen. Macht nie einer. Glück gehabt.
Mit rechtzeitiger Absage (und bei großen Tischen ist auch noch rechtzeitig, bevor man durch die Türe tritt, falls man selbst es einmal überraschend erfährt mit der Reduzierung der Personen) tut man den Leuten einen extrem großen Gefallen.

Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
Nur mit Ausbildung.
Die ,,Bürojobs" besonderer Art bekommt man eher, wenn man Weiterbildung / Studium hat. Außer man ist in einer Hotelkette, die bauen gerne ihr Personal selbst auf und fördern einen und bringen einen an genau solche Positionen. Wer jetzt an Sachen wie Reservierung oder Marketing denkt, macht es sich zu einfach, es gibt in großem Hotels mehrere Bereiche der Verkaufsförderung (Restaurant,  Beherbergung, Bankett, Tagung), außerdem teilweise auch einen Menschen, der sich nur damit beschäftigt, dass er jeden Tag überlegt, wie viel so ein Zimmer denn kosten soll. (Das heisst Yield Management.)


Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Ist überall auszuüben, je nach Spezialisierung / gesuchtem Arbeitsplatz oder Anspruch ist es dann aber eventuell eingeschränkt, da es z.b. nicht überall so detailgenaues Yield Management gibt.
Umgekehrt hat man es als Angestellter einer größeren Kette einfach, zu wechseln, da gerne in andere Städte oder Länder Angestellte ausgeliehen oder dorthin empfohlen werden. Innerhalb Deutschlands kommt es auch manchmal zu einem ,,Ausleihen" von Mitarbeitern, wenn es irgendwo eng ist. Falls man also eine Figur mal spontan ans andere Ende des Landes bringen will oder sich eine Lüge für dessen plötzliches Auftauchen einfallen lassen will...
Im Hotel zählen die beruflichen Zwischenstationen sehr stark. Die erste Frage ist immer ,,Wo haben Sie denn gelernt?", danach geht der Small Talk schnell über, wo man denn als was und wie lange beschäftigt war. Häufiges Wechseln ist auch nicht schlimm, gerade wenn man sich dabei verbessert.
Besondere Beachtung hat hierbei ein Schiff, wer Kreuzfahrten im Lebenslauf hat, hat quasi den Doktortitel der Hotellerie. Man kann allerdings nicht einfach morgen auf einem Schiff anfangen, muss gewisse Nachweise erbringen (auf eigene Kosten) und manche Arbeitgeber mit Sitz im Ausland haben auch miese Lohnbedingungen (weil man sich dann selbst versichern muss usw und das auch teurer ist als die Beträge in Deutschland), mehr auf Nachfrage.
Achja, Ausland, gerade Schweiz und Dubai, bietet ein ähnliches Prestige, da es dort sehr viele Sternehotels / anspruchsvolle Gäste gibt.


Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
Je nach Position & Arbeitsplatz.
Ansonsten nehmen viele Leute den Beruf mit, weil sie ständig die Leute bei der Arbeit beobachten und unbewusst Sachen registrieren. Wer in einem großen überfüllten Pub geistesabwesend auf einen Fleck starrt und auf einmal japst ,,Oh mein Gott, die haben nur eine Station, wie krass ist das denn!!", stößt normalerweise auf Unverständnis im Freundeskreis. (Erklärung? Das Lokal ist nicht aufgeteilt in ,,Links Anja, rechts Tine" usw, sondern jeder Kellner geht überall hin. Vor allem wird auf eine Kasse und mit einem Portemonnaie gearbeitet, was besonders toll ist, wenn bei der Kollegin jemand die Zeche prellt oder sie zu doof zum Zählen / Rechnen ist. Dann sind Fehlbeträge beim Geld automatisch bei allen, statt nur bei dem, der gepennt hat oder langsam oder faul war.)
Man rückt bei Familienfeiern das Besteck gerade oder darf erklären, warum trockener Sekt nicht wenig Zucker enthält, sondern genau umgekehrt.
Und so weiter. Man lernt viele interessante Dinge, aber viele Menschen können das nicht ausschalten. Wenn man als desinteressierte 16jährige die Ausbildung macht oder 25 Jahre fernab des Restaurantbetriebs arbeitet, sieht das vielleicht anders aus. Trifft bei mir aber beides nicht zu, daher nehme ich meinen Beruf überall mit hin, besonders wenn ich auf der anderen Seite stehe und die Leute bei mir etwas falsch machen.
Oder mich hungern lassen, weil sie schlecht organisiert sind. Oder sowas.


Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
Es ist schon flexibel von der anderen Seite, wie bei einigen Berufen hier. Bei Teildienst kann man sich nicht für die Pause verabreden (bzw. nur mit sehr flexiblen Leuten), man hört eventuell auf einmal ,,Geh mal und komm in 2 Stunden wieder."
Der Dienstplan wird so 1-3 Wochen vorher erstellt, teilweise ist er erst kurz vorher verbindlich oder wird oft noch umgeswitcht.
Arbeit an Wochenende, Feiertagen und so weiter ist normal.
Kann aber auch Vorteile haben, da man morgens / unter der Woche frei hat, wenn andere Leute arbeiten. Da ist es beim Kleiderkauf leerer usw. Mit entsprechendem Rang (Abteilungsleiter/Chef), Arbeitsplatz oder Glück kann man das auch etwas selbstbestimmter herbeiführen.
Die Regel ist es nicht.


Wird das Familienleben eingeschränkt?
Kommt auf den Arbeitsplatz an (z.B. Frühstückdamen/Housekeeping haben immer abends frei).
Und was für ein Familienleben man führt. Wenn man sich klassisch immer an Feiertagen und Geburtstagswochenenden trifft, dann schon.


Weitere Besonderheiten:


Und wer jetzt tatsächlich immer noch eine Frage zu seinem Hotel-Plot hat, kann mir gerne eine PN schreiben.
Mir fällt ein, dass ich auch erstaunlich viele Videos bei Youtube kenne mit Dokumentationen, vielleicht kann ich was Passendes linken wenn ihr was sucht.
Titel: Re: [Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Slenderella am 17. Dezember 2015, 20:54:04
Ich habe zwei Themenbereiche für euch: Einmal Rennpferdetraining (Jockey) und einmal den Game Master. Ich starte für heute Abend aber mal mit dem Rennreiter :)

- Gibt es Vorraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen? (Besondere Abschlüsse, erforderte körperliche Fähigkeiten, Fremdsprachenkenntnisse, usw.)


maximal 60 Kilo, wenn man Berufsrennreiter und später Jockey werden will ist selbst das zu viel, 55 bis 58 ist so das höchste der Gefühle. Die Ausbildung muss absolviert werden für den Berufsrennreiter, da es sonst nur den Amateurschein gibt. Um Arbeitsreiter zu sein, braucht man nichts, außer den entsprechenden Reitfähigkeiten und maximal 65 Kilo. Die Ausbildung ist eine ganz Normale, mit Berufsschule und allem drum und dran, inklusive Abschlussprüfung und wird von der Kammer abgenommen. Ein Schulabschluss ist übrigens uninteressant. Es zählt einzig und allein die Kilozahl und das reiterliche Können - und das wird in der Regel massiv von den Bewerbern überschätzt.

- Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
Mindestalter 18, drunter stellen Trainer nicht gerne an, weil sie dann auf Zeiten achten müssen, die nicht immer gegeben sind. Höchstalter - so lange es der Körper zulässt, darf geritten werden. Auch im Rennen.

- Kann man sich selbstständig machen?

Ja, wenn man seinen Trainerschein macht.

- Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?
Absolut im Team. Wer kein Teamplayer ist, bekommt Probleme - wirkliche Probleme. Wir reden hier nicht von etwas Gezicke, das wäre noch harmlos.

- Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
Ja, die Besitzer stehen oft auf der Matte und die freuen sich natürlich mehr darüber, wenn man nett zu denen ist, als dass man denen mit grantigem Gesicht erzählt, was sie für ein blödes Pferd haben.

- Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?

Der Arbeitsreiter hat Vollzeit - und mit Vollzeit ist Allzeit bereit und ständig im Stall gemeint.

- Wie viele Wochenstunden sind üblich?
Open End. Absolut wörtlich zu verstehen.

- Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
Der Berufsrennreiter hat die Möglichkeit Jockey zu werden (nach dem 50. Sieg), später seinen Pferdewirtschaftsmeister zu machen. Beförderungen gibt es keine. Höchstens, dass man 1. Jockey am Stall wird. Das heißt, man hat die freie Pferdewahl, sofern das nicht mit den Wünschen der Besitzer kollidiert - was es genau dann häufig tut, wenn es ums Derby geht - nur weil da ein erster Mann ist, holt man trotzdem lieber einen Star aus England.

- Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Nein und ja. Es gibt keine Rennbahnen in manchen Regionen von Deutschland. Und ohne Rennbahn keine Rennpferde.

- Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
Absolut! Es wird gewünscht und gefordert. Man sollte schon wissen, selbst wenn man frei hatte, wie die Pferde seines Stalles abgeschnitten haben. Sich auf der Rennbahn blicken lassen, selbst wenn man frei hat, genauso.

- Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
Vollkommen. Morgens um 4 raus, um 11 Feierabend (wenns schnell geht) - um 5 wieder los am Nachmittag, dann um halb 7 wieder zurück. Feiertage? Sind Arbeitstage und was für welche, immerhin sind die meistens Renntage und dann gehts auf die Bahn. Nachts um 3 losfahren nach Baden-Baden nicht ungewöhnlich. Koliker? Open End am Abend. Da ist nichts mit planen.

- Wird das Familienleben eingeschränkt?

Ja. Kann nicht jeder gut ab.

Alles, was euch wichtig erscheint oder besonders ist.
Krisenfester Job, definitiv. Man findet immer Arbeit. Und man sitzt den ganzen Tag auf dem Pferd - allerdings auch auf jedem Pferd und Sympathien sind nicht immer gegeben. Trotzdem ein unglaublich mitreißender Job, der einen an emotionale und körperliche Grenzen und darüber hinaus treibt. Adrenaline Junkies kommen auf ihre Kosten. Ist aber auch nicht ungefährlich. Eher im Gegenteil.

Woher habt ihr eure Informationen?
Hab's selbst lange gemacht.

Titel: Re: [Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Koboldkind am 17. Dezember 2015, 23:34:28
Gärtner/In (Zierpflanzenbau)

Ein dualer Ausbildungsberuf, der in die sechs Fachrictungen Zierpflanzenbau, Friedhofsgärtner, Obstgärtner, Gemüsegärtner, Baumschule und Staudengärtner unterteilt wird. Es gibt auch noch die Garten- und Landschaftsbauer, aber die haben mehr mit Bau als mit Garten zu tun. Ist ein anerkannter Gesellenberuf mit Möglichkeit des Meistertitels

Was macht ein Gärtner/eine Gärtnerin?
Als Zierpflanzer gibt es verschiedene Gärtnereien, in denen man arbeiten kann. Die kleine traditionsreiche Gärtnerei am Dorffriedhof, die noch selbst ein paar Stiefmütterchen zieht bis hin zur Gewächshauslandschaft eines deutschlandweit agierenden Gartencenters, von Topfpflanzen bis Schnittblumen hin zu botanischen Gärten und dem Gartenbauamt der Stadt. Je nachdem sieht dann die Arbeit aus.
Bei Schnittblumen wird morgens geerntet, mittags die Blumen aufbereitet, nachmittags Feldpflege betrieben. In der kleinen Gärtnerei müssen regelmäßig die Töpfe gefüllt, bepflanzt und umgesetzt werden, wenn die Pflanzen zu groß sind, und wenn alle abverkauft wind, kommt die nächste Saisonware dran. Als Stadtgärtner hat man mit Glück noch ein Gewächshaus, aber hauptsächlich geht es dort dann um die Bepflanzung der öffentlichen Beete und Tröge und die Pflege der Grünanlagen, also von Rasenmähen und Unkraut jäten bis zu Baumbeschnitt und Laub kehren.
Davon abgesehen müssen Pflanzen gegossen werden. Das ist kein Hexenwerk: Wenns heiß ist, kommt frühs etwas mehr wasser drauf. Wichtiger ist das Gießen, wenn noch Düngemittel ins Wasser kommt, das muss man auch kennen. Was eine NPK-Düngung ist, in welcher Dosierung das Eisenpräparat auf wieviel Liter Wasser kommt. Ähnlich verhält es sich mit dem Pflanzenschutz: Lässt die Pflanze die Blätter hängen, weil sie durst hat, weil ein Virus, Bakterium, Insekt, Pilz da dran ist oder  gar eine Wühlmaus an den Wurzeln frisst? Welche chemischen Mittel gibt es, oder welche biologischen Pflanzenschutzmittel, präventiv oder bei akutem Befall, und wann ist die Pflanze endgültig tot?
Zu guter letzt kommt eben die Technik um das ganze drum herum: Wie ist ein Gewächshaus aufgebaut und wie reguliere ich das Klima darin, hat mein Betrieb ein Kühlhaus oder unterschiedlich temperierte Räume. Welche Werkzeuge benutze ich zum Äst schneiden oder Unkraut jäten und wie pflege und führe ich einen Schlepper/Traktor mit der großen Spritzeinrichtung? Wo gehen die Wasserleitungen lang und die Heizung, und wie pflege ich das alles?

Gibt es Voraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen? (Besondere Abschlüsse, erforderte körperliche Fähigkeiten, Fremdsprachenkenntnisse, usw.)
Hauptschulabschluss reicht, wer mitdenken kann und Dreisatz schon mal gehört hat kann auch ohne Abschluss in einem Betrieb landen. Sprachlich gibt es keine anderen Voraussetzungen als die Anweisungen zu verstehen, nur zum Dosieren brauchts ein paar einfache Mathekenntnisse. Körperlich muss man kein Mannweib oder 100kg-Kerl sein, aber mit jedem Wetter klar kommen und laufen, heben, schieben, anpacken können. Immerhin, Abends weiß man, was man gemacht hat. Kilometer zählt man da längst nicht mehr :)

Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
Nein. Man darf U18 nur noch nicht mit den chemischen Pflanzenschutzmitteln umgehen oder Schlepper fahren. Nach Oben hin kann man noch lange in dem Beruf arbeiten.

Kann man sich selbstständig machen?
Ja, Gärtner dürfen auch als Geselle eine eigene Gärtnerei übernehmen oder eröffnen, bei anderen Berufen der Handwerkskammer waren dafür ja Meistertitel nötig.

Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?
Eigentlich gibt es immer Teams, wenn der Betrieb nicht gerade sehr klein ist. Immerhin müssen einige Hektar bearbeitet werden, und wenn man mit Gerätschaften unterwegs ist, ist es nicht verkehrt, wenn ein Kollege bei einem Unfall schnell da ist. (Trifft jetzt zwar eher auf die Forstwirtschaft zu, aber niemand kommt doch auf die Idee, einen Baum alleine zu beschneiden). Alleine kann man auch arbeiten, wenn etwa ausgesät wird, die Setzlinge in eigene Töpfchen kommen (pikieren) oder diese dann nochmal umgetopft werden - halt Arbeiten, für die vom Platz oder Aufwand her eine Person reicht. Auch Spritzen tut man i.d.R. alleine, weil das reicht und weil niemand in das behandelte Gewächshaus sonst darf, der nicht ebenfalls Pflanzenschutzmittel ausbringt.

Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
Kommt auf den Betrieb an. Als Friedhofs-oder Dorfgärtnerei muss man auch mal den Leuten beratend zur Seite stehen ("Ich such eine Pflanze, die meine Freundin hat. Die hat grüne Blätter!" "... aha."). In einem Größeren Betrieb kann sich das vielleicht in pflegende und beratende Gärtner aufteilen. In rein Produzierenden Betrieben wird selten ein Kunde aufm Hof stehen, und wenn, dann ist der Chef da.

Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
Saisonarbeit.
Heißt: Im Sommer ist man schon um 6 Uhr zwischen den Blumen und ackert bis 18 Uhr durch (vor allen, wenn Ernte von Schnittblumen ist oder jemand Abends nochmal zum gießen vorbei muss). Und im Winter hat man möglicherweise für zwei Monate Urlaub. Im Sommer gibts gefühlt kein reguläres Wochenende, Urlaub am Stück sowieso nicht. Im November kann man sich von seinen Kollegen bis nächstes Jahr verabschieden. Natürlich sind immer noch Kulturen zu hegen, in Botanischen Gärten bleibt ein ruhiger Betrieb durchgehend erhalten, oder die Stiefmütterchen, die im Herbst getopft werden, müssen noch gerückt werden. Aber ich kenne es vom Feld, und da ist im Winter dicht.

Wie viele Wochenstunden sind üblich?
Standart 40h mit saisonalem Einschlag.

Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
Gärtnermeister, staatlich geprüfter Techniker, natürlich anschließend ein Studium im Gartenbau oder Agrarbereich ... Aber meist bleibt der Gärtner bei seinem Spaten. Es ist ein Gesellen-Meister-Handwerksberuf, auch wenn es nicht von der Handwerkskammer, sondern von den Landesbetrieben Landwirtschaft Hessen (oder andere Äquivalente) organisiert wird. Abgesehen von staatlichen Möglichkeiten gibt es immer irgendwo ein Seminar etwa vom Bundesverband der Junggärtner oder ein Baumschneide-Schein zu machen.

Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Prinzipiell nicht. Praktisch gibt es Hochburgen, z.B. der Niederrhein ist eine Hochburg für riesige Gärtnereien, Holland natürlich auch. Schnittblumen-Gärtnereien finden sich in Deutschland nur wenige, und Dorfgärtnereien sind am Aussterben, ebenso spart die Stadt gerne an der Stadtgärtnerei.

Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
Wenn man einen Job als Gärtner gefunden hat, und der relativ sicher ist, eigentlich nicht. Da aber als Geselle wenig weiterkommen ist, bringt es viel, sich umzuhören, weitere Pflanzen oder neue Mittel kennen zu lernen, sich biologischen Pflanzenschutz anzueignen (Des Images wegen) und so weiter. Die Taspo ist die Gartenbau-Fachzeitschrift, und Messen wie die Grüne Woche oder die Internationalen Pflanzenmesse gibts viele, ebenso Blumengroßhandelszentren, wo man die Kollegen trifft.

Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt? (z.B. durch ungewöhnliche Arbeitszeiten?)
Wenn man starken Saisoneinschlag hat, dann siehe oben. Aber meist handelt es sich um einen 40h-Job, von dem man nur etwas verdreckt und geschwitzt nachhause kommt.

Wird das Familienleben eingeschränkt?
s.o.

Besondere Fähigkeiten:
Ein Auge für die Bedürfnisse der Pflanzen. Wird es Heiß, hat es geregnet, muss ich mal gegen Blattläuse vorgehen oder woher kommen sonst diese komischen Flecken auf den Blättern?

Außerdem:
Wie die anfangs erwähnte Aufteilung in die sechs Fachrichtungen deutlich macht, kann man sich auch als Geselle mit vielem interessantem umgeben. Wie viele botanische Kuriositäten und Lebensformen man etwa in einem botanischen Garten kennen lernt! Es ist schon ein erfüllender Beruf, wenn man etwas ansät und umtopft und hegt und pflegt und verkaufen kann, sei es ein Stiefmütterchen, Gurken oder Schnittblumen. Man umgibt sich immer irgendwie mit Leben und Schönheit. Und ja, auch wenn ich den Beruf nicht mehr praktiziere, liebe ich den Gartenbau sehr :)

Quelle: Eigene Ausbildung und Erfahrung
Titel: Re: [Sammlung] Informationen zu verschiedenen Berufen
Beitrag von: Villyana am 06. Dezember 2022, 00:02:32
Hi,
dann möchte ich euch auch mal meinen sehr besonderen Beruf vorstellen, den der Physiklaborantin.
Wenn mich jemand frägt, was ich beruflich mache muss auch immer eine Erklärung dazu folgen, sonst höre ich die dollsten Sachen über meinen Beruf (angeblich repariere ich Autos und baue Bomben). Sehr spannend, aber was macht ein Physiklaborant wirklich? Erstmal: es gibt nicht viele. Vor ein paar Jahren war es noch so, dass im gesamten deutschsprachigem Raum pro Jahr nur etwa 100 Physiklaboranten Ausgebildet wurden (Wissensstand 2014)

Was macht also ein Physiklaborant?
Nachdem lange Zeit nicht einmal das Arbeitsamt wusste, dass es diesen Beruf gibt, haben sie mittlerweile hier auch ihren Wissenstand erarbeitet und die Informationen auf der Seite des Arbeitsamtes stimmen. Ein Physiklaborant beschäftigt sich mit sehr vielseiteigen Bereichen, hauptsächlich allerdings aber mit dem Messen und dem Auswerten oder Erfassen von Messdaten. Auch wie diese z.B. technisch erfasst werden können mit Sensoren oder bildlich dargestellt werden. Früher einmal war das der Schreiber, denn man aus dem Fernsehen noch hin und wieder kennt von Lügendetekor Test. Ich bezweifle, dass man dafür noch so einen Schreiber nimmt, sie waren allerdings sehr empfindlich. Ich habe hier schon mit vielen Geräten gearbeitet, auch Ultraschall, digitale Bildanalyse, Messen von Lichtgeschwindigkeit, von geringen Mengen und Dicken (im Nanobereich) etc. Manchmal kann es aber auch ganz banal sein. Man lässt etwas fallen, filmt es, bestimmt Geschwindigkeit, Beschleunigung etc.
Dabei ist der Beruf tatsächlich sehr vielseitig. Einige von uns führen Messungen in Chemie- oder Physiklaboren durch (auch z. B. die Analyse von Papier in Laboren, die auch dem Kriminalamt zuspielen oder die Qualitätskontrolle von Glasspritzen), andere arbeiten im Service und reparieren Geräte, arbeiten an Platinen, tauschen elektrische Bauteile aus und wieder andere machen optische Vermessungen, arbeiten mit Holographie oder ähnlichem. Also wirklich sehr vielseitig.
Ich persönlich arbeite in der Lehre. Ich helfe bei dem praktischen Teil der Lehrerausbildung und versuche hier die Ideen anderer in die Praxis um zu setzen. Dass ich in meiner Ausbildung so viele Themengebeite durchlaufen habe, kommt mir hier nur zu Gute. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass man hier auch in der digitalen Sprachanalyse und Co. sich gut nützlich machen könnte.
Außerdem bin ich Strahlenschutzbeauftragte :) also eine Fachfrau für Radioaktivität besonders im Umgang mit Schülern.

Gibt es Vorraussetzungen, um den Beruf zu erlernen oder ausführen zu dürfen? (Besondere Abschlüsse, erforderte körperliche Fähigkeiten, Fremdsprachenkenntnisse, usw.)
 Naja, man darf zumindest mal nicht Farbenblind sein, so wie in vielen anderen elektrotechnischen Berufen. Da man hier auch mit Strom, mit der Stromversorgung von Geräten, Platinen und co arbeitet darf man auf keinen Fall ein grünes Kabel mit einem roten verwechseln oder die Erdung nicht finden. Generell reicht die Ausbildung zum Physiklaboranten völlig, die aber umfangreicher als andere Laboranten Ausbildungen ist, da hier Optik, E-Lehre, Akustik, Wärmelehre, Mechanik, moderne Physik und noch vieles mehr mit ein fließt.

Gibt es ein Mindestalter oder Höchstalter?
Nein, den Beruf kann man bis ins hohe Alter ausüben und darüber hinaus. Wir arbeiten auch mit Schülern, die natürlich nicht alles im vollen Umfang erfassen, aber auch löten lernen oder die Grundlagen der Sensorik und co. Und Physik sollten wir auch - hoffentlich - alle in der Schule mal gehabt haben :)

Kann man sich selbstständig machen?
Das kann man, auch wenn es selten ist. Da der Physiklaborant so vielseitig ist, kann man sich z. B.  eine Firma gründen, die Geräteprüfungen nach DGU AV durchführen kann oder man kann Prüfscheine erwerben und in die Richtung Werkstoffprüfer gehen. Man braucht meist noch eine zusätzliche Qualifikation dazu, aber oft erfüllt man schon viele Voraussetzungen für diese.

Arbeitet man hauptsächlich im Team oder alleine?
Beides. Man führt Messungen oft alleine durch, versucht aber im Team neue Daten oder Methoden zu erarbeiten, Abläufe zu verbessern oder holt sich Tips wie man diese oder jene Messung effektiver gestalten könnte oder was schief gelaufen sein kann. Oft werden in Teams neue Messmethoden oder gar neue Messgeräte erarbeitet. Zum Beispiel Methoden um LED´s zu drucken oder zu bedampfen habe ich persönlich schon miterlebt. Auch wie man dann misst, ob diese effektiv sind, ob Farbe oder Langlebigkeit stimmen etc.

Gibt es direkten Kontakt zu Kunden?
Ja, in der Materialprüfung gibt es bedingt Kundenkontakt. Es gibt auch eine "Kundenbasierte Forschung" bei der man Versucht ein Produkt zu entwickeln, um das Produkt des Kunden zu verbessern. Hierzu zählen z.B. Additive für Kraftstoffe. Mehrere Tankstellen teilen sich eine Raffinerie, den Unterschied an der Tankstelle macht dann das Additiv. Das sorgt z.B. dafür, dass Dieselfahrzeuge im Winter trotzdem fahren können. Auch hier konnte ich schon praktische Erfahrungen sammeln. Der Kundenkontakt ist aber nicht wie im Verkauf. Er ist sehr... speziell. Man kennt seine wenigen Kunden oft persönlich, wird auch mal zu einer Reise ins Ausland mit Besichtigung des Werkes geladen und trifft sich abends zu Geschäftsessen. Mein Chef ist sogar mit seinen Kunden regelmäßig ins Kasino gegangen. Also wirklich nicht, wie an der Kasse im Laden ;)

Vollzeit, Teilzeit, flexible Arbeitszeiten?
Alle Arbetismodelle sind möglich, meist ist man Vollzeit angestellt mit Gleitzeitmodellen. Da einem die Arbeit nicht davon läuft, man selten an konkrete Termine gebunden ist, ist man hier auch Recht flexibel. Es hängen ja keine pflanzlichen, tierischen oder gar Menschenleben von einem ab. Trotzdem machen viele in der Physik oft Überstunden. Ich kenne generell keinen Physiker, der seinem Beruf nicht mit Leidenschaft nach geht! Auch wenn man dadurch die ein oder andere Überstunde dann verfallen lässt...


Gibt es Möglichkeiten zur Weiterbildung oder ist eine Beförderung möglich?
Eine Beförderung als solche ist nicht möglich. Man kann sich aber weiterbilden und damit Zusatzqualifikationen erreichen, so wie ich das mit der Strahlenschutzbeauftragten gemacht habe oder Prüfscheine und sich als Werkstoffprüfer weiterbilden oder weitere solche Bereiche. Da gibt es ziemlich viel, ich bin mir sicher, dass ich selbst noch nicht alle Bereiche des Physiklaborants als solche kenne.

Ist der Beruf auf eine bestimmte Region oder ein Land beschränkt?
Laboranten, wie wir sie verstehen gibt es generell nur im Deutschsprachigen Raum, soweit ich das weiß. Mein Job entspricht im Englischen dem "Laboratory Assistant", aber das stimmt in den Aufgaben nicht überein. Bei uns wäre das eine Art "Laborhelfer". Im Asiatischen Raum gibt es den Beruf auch nicht in dieser Form. Meine Kollegin hat in Shanghai Mitarbeiter ausgebildet. Sie machen 1:1 nach, was man ihnen hier vor macht. In Deutschland beinhaltet der Beruf aber nicht nur das Messen, sondern auch Messungen planen, das Handling mit Sensoren und die Arbeitsweise mit Glas- oder generell Laborgeräten. In anderen Ländern lernt man oft nur das Handling, dass man für seine tägliche Arbeit braucht. Gibt es Geräte, die man nicht benutzt, muss man auch nicht wissen, wie man mit ihnen umgeht. Daher unterscheidet sich der Beruf in Deutschland von den ausländischen Entsprechungen.

Muss man sich auch in seiner Freizeit mit dem Beruf beschäftigen?
Nein, muss man nicht. Aber gerade in der Physik ist es schwer sich dem zu entziehen. Sieht man einen Regenbogen, eine Lichtbrechung oder sonst ein physikalisches Phänomen ist man schon voll in seinem Beruf drin. Bei uns in der Arbeit beschäftigen wir uns auch mit der Physik von Spielzeug und da ist es natürlich schwer beides von einander zu trennen. Ich kenne aber auch viele Physiker, die sich gerade für alte Technik interessieren. Ein Radio, ein altes Auto aufmotzen, besonders Soundanlagen in Autos, generell alles mit Tönen und Technik scheint ein Hobby von vielen zu sein. Alte Fernseher, 8-Spur-Bänder, funken, etc. All das ist in meinem beruflichen Umfeld sehr beliebt.

Wird der Alltag sehr durch den Beruf bestimmt?
Die Arbeit nimmt erheblich Einfluss auf den Alltag. Auch durch ganz gewöhnliche physikalische Phänomene, bei denen vielen gar nicht klar ist, dass es sich um Physik handelt. Man wird ein bisschen zum Erklärbär. Das kann für das Umfeld sehr anstrengend werden, andererseits suchen sie dann auch gezielt Rat bei einem.
"Ich muss da was abdichten" - "Kann ich das machen, wenn da Strom drauf ist" - "Wie teste ich meine Sicherung in der Wohnung?" - "Wie kann ich das da dämmen" - "Was kann ich da gegen die Vibration tun" etc.
Aber man antwortet auch ganz ungefragt, wie in diesem Fall: Eine Freundin erzählt mir, sie hat sich ein mobiles Klimagerät geholt, dass "kaputt" sein muss, denn an der Rückseite ist es immer feucht wenn es läuft. Da habe ich sie erstmal ganz lange ungefragt und ungewollt belehrt, wie hier die physikalischen Zusammenhänge sind. Ich glaube, generell sieht man die Welt ein wenig anders, als andere, wenn man sie "durch die Augen der Physik" betrachtet.

Wird das Familienleben eingeschränkt?
Nein, das wird es gar nicht. Im Gegenteil, man ist oft sehr flexibel, hat oft flexible Arbeitszeiten, aber es kann auch sehr Zeitintensive Phasen mit vielen Überstunden geben. Je nachdem in welchem Teilgebiet man arbeitet. Bei einer Stelle, die ich hatte, hatten wir immer vor/um Weihnachten rum unsere heiße Phase. Da muss die Familie dann mal verstehen, wenn man sich hier um die Vorbereitungen kümmern muss. Dafür konnte ich sonst ganz flexibel Urlaub machen. Jetzt arbeite ich an einer Hochschule und bin hier an die Semesterzeiten gebunden, wie viele Dozenten und Studierende auch.