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Gute Konflikte erarbeiten

Begonnen von Franziska, 05. April 2016, 21:09:31

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Franziska

Es wundert mich, dass wir keinen Thread zum Thema haben, falls doch, habe ich ihn nicht gefunden. Ich merke immer wieder, dass es mir schwer fällt den zentralen Konflikt in einer Geschichte zu finden und somit auch, einen Spannungsbogen zu kreiren. In Schreibratgebern liest man immer wieder, dass Konflikte ganz wichtig sind. Ich finde es zwar etwas übertrieben, jede Szene mit einem Konflikt zu beenden, aber man braucht natürlich schon einen in der Story, sonst ist es ja langweilig.
Man hat einen Protagonisten, der eine Motivation hat und etwas will, etwas anderes steht ihm im Weg.=Konflikt, vereinfacht ausgedrückt.
Wobei ich sagen würde, der Antagonist kann genausogut etwas im Protagnonisten selbst sein, was überwinden muss.
So ist es ja häufig in Liebesgeschichten. A libt B, B liebt A auch, muss das aber erst realisieren, nachdem er sein Trauma aufgearbeitet hat oder so.
Natürlich kann man nichts wirklich Neues erfinden, aber ich merke doch, dass ich viele Geschichten gleich aufbaue, mit dem gleichen Konflikt. Das will ich eigentlich nicht. Ich habe Figuren, ich weiß, wie es endet, aber ich finde keinen Plot, weil ich keinen Konflikt finde, der sich so als Plot aufbauen lässt, dass man die klassische Romanstruktur rausbekommt. Ich habe auch schon viele Plottipps gelesen, aber die gehen eigentlich immer davon aus, dass man den Plot eigentlich schon hat und ihn nur ausarbeitet. Wenn ich in High Fantasy das Thema habe, Nation A kämpft gegen Nation B, oder bösen Magier etc. ist es recht klar. Beim Krimi ist es denke ich auch nicht so schwer. Aber gerade bei Romance, Romantasy oder realistischen Jugendbüchern finde ich es recht schwer.
Daher würde mich mal interessieren, wie ihr vorgeht. Denkt ihr überhaupt darüber nach? Habt ihr irgendeine Strategie, um einen Konlikt, Spannungsbogen und Plot zu finden, der die Leser an die Seiten fesselt?

Tanrien

#1
Ganz spannend und etwas, was man vielleicht verwenden kann/im Bewusstsein haben kann, wenn es darum geht, aufbauende Konflikte auch in verschiedenen Phasen zu entwickeln, um sie beispielsweise auch zu unterbrechen, sind schlicht die theoretischen Konfliktstufen, etwa nach Glasl: https://de.wikipedia.org/wiki/Konflikteskalation_nach_Friedrich_Glasl

Überhaupt gibt es sehr viel Theorie zu Konfliktforschung. Eher auf Englisch, aber auf Deutsch gibt es auch ein paar prominente Vertreter. Natürlich nicht nur zwischenmenschlich und im Bereich Mediation, sondern auch zwischen Staaten und Gruppen und so weiter, die ich jedem nur ans Herz legen kann, der da ein paar Ideen braucht und von der akademischen Seite nicht abgeschreckt ist. Da kann man ganz viel rausholen, auch wenn es natürlich nicht fürs Schreiben ausgelegt ist. (Wer da Literaturvorschläge will, falls das jemanden interessiert, kann mich anschreiben. Dann hab ich das ganze nicht umsonst studiert, hah. ;) )

Generell entwickel ich meine Konflikte am Plotschema entlang, also für jeden Konflikt (sprich, jede Entwicklung) einen Plotstrang mit dem typischen Ablauf etwa vom 7-Punkte-Plot. Ich will aber irgendwann auch mal oben erwähnte Schemata mehr ausprobieren, damit die Konflikte - gerade alles, was "größere" Ereignisse anspricht, also etwa Jahrhunderte dauernde Familienfehden und so weiter, die gar keinen Plotstrang haben und nur kurz vorkommen - realistischer wirken.

Maubel

Meistens kommen mir die Konflikte gleich mit der Plotidee und so richtig planen tue ich die selten, was heißen soll, die internen entstehen bei der Charakterentwicklung und die äußeren waren in der Idee schon da. Letztere sind dann meistens die, die ich aktiv plane, wenn ich nämlich fest stelle, dass meine Geschichte mehr Spannung braucht. Äußere Konflikte können sehr vielfältig sein:

*Streit/Kampf
*schlechtes Wetter
*Unfall
*Bus verpasst u.ä.
*unwegiges Gelände
*Alkohol/Drogen
*Überfall
*Zeitrahmen (Held findet einfach keine Zeit sich um dies und das zu kümmern und alles wird schlimmer oder ablaufende Zeit)
*Rivalität
*Krankheit
*uvm

Intern sieht das nicht minder vielfältig aus, da gibt es:

*Ängste zu überwinden
*Traumata zu verarbeiten
*schlechte Eigenschaften ablegen
*Sucht überwinden
*konkurrierende Ziele
*Missverständnisse
*uvm

Aber wie nun konstruieren? Mein Rezept dazu wäre (willkürliches Beispiel Romanze):
1) Ziele aller beteiligten für den Plot generell oder die Szene festlegen - z.B. A möchte die große Liebe finden, B ist der beste Freund und liebt A
2) Hindernisse/Konflikte finden - z.B. A weiß nicht, dass B A liebt, B traut sich nicht das zu sagen und will A in ihrem Ziel unterstützen (Konflikt)
3) Folge - z.B. A stürzt sich von einer Beziehung in die nächste, B bleibt außen vor
4) Folgen der Folge ;) - z.B. A findet nicht den richtigen, B sieht wie A immer verletzt wird...
5) Verkomplizierung - B hat genug davon daneben zu stehen und trifft unverhofft C, mit der er etwas anfängt. A freut sich, aber irgendwie doch nicht so recht
6) Folgen von 5) - C und A verstehen sich nicht, B ist unglücklich, B stellt fest, dass er doch A liebt aber C nicht verletzten will.
...
Bis sie endlich alles überwinden und ihr Ziel erreichen oder sich dieses ändert, auch das ist schön :)

Voitei

"Größere" Ereignisse- gutes Stichwort. Oftmals finde ich die Handlung eines Romans viel zu sehr auf den Protagonisten bezogen. Jedoch sind es erst die Hintergrundgeschichten der anderen Charaktere, die eine Handlung in's Rollen bringen. Angie Sages Romanreihe "Septimus Heap" dreht sich um das Schicksal des jungen Zauberers Septimus, jedoch wird in fast jedem Buch gut die Hälfte der Geschichte aus der Sicht anderer erzählt, was natürlich auch Konflikte nachvollziehbarer macht. Tatsächlich sieht man sogar den "Bösewicht" und seine getreuen nicht als namenlose Dunkle, wie es in vielen anderen Geschichten der Fall ist, sondern eben auch nur Menschen, die, wie der Prota, etwas erreichen wollen.

Meine ganz persönliche Methode/ Empfehlung: In Klischees denken und dann langsam das Klischee zu etwas neuem, unerwarteten ablenken, jedoch mir Finesse, damit dies niemand auf den ersten Blick durchschaut. Negativbeispiel: Statt dem Prinzen, der seine Prinzessin rettet, gibt's eine Prinzessin, die ihren Prinzen rettet. Positives Beispiel: Statt die Prinzessin zu retten ist es dem Prinzen ganz recht, dass sie weg ist, da er sie eh nicht mochte.

Andere "modifizierte" Klischees (natürlich überspitzt):
Eine Jungfrau, die Drachen tötet
Ein Prinz, der seinen Thron loswerden will
Ein blutrünstiger Barde
Eine große Prophezeiung, die jedoch eigentlich für jemand anderen bestimmt war

Ary

Danke für den Thread, Franziska, mit den berühmten Konflikten habe ich auch immer so meine Probleme. Ich habe schon sooo oft angefangene Bücher an Testleser gegeben, weil ich das Gefühl hatte, sie sind langweilig. Und immer kam dann die Antwort: Klar, da fehlt Konflikt.
Urgs.
Meistens wird mir das gesamte Konfliktpotential erst klar, wenn ich schon ein Stückchen geschrieben habe und sich so langsam herauskristallisiert, wo ich mit der Geschichte hinwill. Gerade analysiert mein Hirn meinen letzten Nano-Roman und findet einiges an Konflikt.

- Zwei befreundete Völker wollen über ein Gebirge, das ihre Länder voneinander trennt, eine Pass-Straße bauen, aber die Bewohner des Gebirges stellen sich dagegen.
- Der König im Norden will deswegen Krieg anfangen, während Thronfolger und dessen Berater das Ganze lieber friedlich lösen wollen.
- Der Thronfolger und sein Berater sind beste Freunde, allerdings kann der Prinz nicht damit umgehen, als er zufällig rausbekommt, dass sein Berater schwul ist
- Die Prinzessin des Volkes im Süden will, um Frieden zu schaffen, eine Vernunftehe mit dem Thronfolger des Bergvolkes eingehen, doch ihre Mutter ist dagegen
- Die Hohepriesterin der Mondgöttin (und Mutter des schwulen Beraters) stellt nach einem Gespräch mit dem Botschafter des Südvolkes fest, dass sie eventuell einen Passus in ihren religiösen Regelwerken, der Homosexualität als "widernatürlich" darstellt, vollkommen falsch interpretiert hat, und hadert deswegen mit ihrem Glauben, hofft aber zugleich, dass damit die Seele ihres Sohnes "gerettet" ist

Das ist für meine Verhältnisse eine ganze Menge.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Franziska

@Tanrien das ist ein interessanter Tipp, darauf wäre ich auch nicht gekommen, mich würde das besonders in Hinsicht auf die psychologisch zwischenmenschliche Ebene interessieren. In Hinsicht auf Konflikte zwischen Staaten finde ich es aber auch interessant, sich reale Konflikte anzugucken oder eben Konflikttheorien. Ich fände es schon nett, mehr darüber zu erfharen.

Das 7 punkte Modell ist an sich gut, passt aber auch nicht überall oder ich weiß nicht, wie ich es anwenden soll. Besonders schwer finde ich es, wenn man mehr als zwei Protagonisten hat.

@Votai:Ja, Klischees durchbrechen finde ich auch immer gut. Aber gerade bei Romance hat man ja doch immer die gleichen Muster.
qMaubel: Dein Beispiel wäre ja auch so ein 7 Punkte Plan.

Fianna

#6
Zitat von: Franziska am 05. April 2016, 21:09:31
Daher würde mich mal interessieren, wie ihr vorgeht. Denkt ihr überhaupt darüber nach? Habt ihr irgendeine Strategie, um einen Konlikt, Spannungsbogen und Plot zu finden, der die Leser an die Seiten fesselt?
Bei mir ist es eigentlich genau umgekehrt, ich plotte mit Konflikten. Als erstes habe ich einen Konflikt im Kopf, teilweise auch schon, wie ich ihn auflösen will und/oder die Person, die Handlungsträger ist. Der Konflikt ist immer zuerst da.

Ich bin von dem Thema auch ein bisschen besessen, ich plotte auch Kurzgeschichten so: innerer Konflikt des Protagonisten, äußerer Konflikt des Protagonisten, handlungsbedingter Konflikt (äußerer Konflikt, der die Handlung anstößt), manchmal bekommt der Antagonist oder Sidekick auch noch einen verpasst, der seine Motivation erklärt oder der ihn in der Hilfe des Helden behindert.

Diese Konflikte fliegen mir einfach zu, wenn ich etwas lese oder schaue. In der Handlung wird ein Konflikt nicht konsequent durchgezogen, anders aufgelöst, untergeordnet behandelt oder einfach ignoriert, ich denke mir erstmal nur als Konsument "Oh, das ist ja schade / das hätte ich anders erwartet" - und meistens setzt sich diese Idee dann fest.
Und ich mache aus diesem Konflikt eine Kurzgeschichte oder Novelle.
Manchmal hängen die sich direkt in meinem Kopf fest, teilweise schreibe ich sie auch auf. Da steht dann ein kryptischer halber Satz wie "Er beschützt ihn nur, weil er ihn selbst töten will", (Gut, ich habe ein unkryptisches Beispiel gewählt  ;D), der sich eigentlich nicht stringent zu einem Roman / Film zurück verfolgen lässt, und ich greife dann irgendwann darauf zurück, wenn mir Ziel / Konflikt / Motivation von einer Figur fehlt oder wenn ich eine Kurzgeschichte schreiben will.

Lothen

Ich denke, die meisten Konflikte auf Personenebene ergeben sich durch ganz banale Dinge:
* Missverständnisse (klassisch z.B. das Vier-Ohren-Modell)
* divergierende Wünsche oder Lebensentwürfe (z.B. Kind vs. Karriere)
* oppositionelle Charaktereigenschaften (sanftmütig vs. launisch, perfektionistisch vs. entspannt)
* unterschiedliche Erwartungen an eine Person
* unterschiedliche Bedürfnisse

Da könnte man, z.B., ganz gut mit einem Cluster arbeiten: Was ist der Ausgangspunkt des Konflikts, welche weiteren Probleme stößt das an und worauf läuft es hinaus? Da ist das Modell von Glasl, das Tanrien angesprochen hat, zum Beispiel ganz brauchbar.

Aber ich würde solche Modelle allgemein nicht überbewerten. Ich hab's an anderer Stelle schon mal gesagt, solche Schemata werden für die Masse entwickelt, nicht für individuelle Personen. Sie funktionieren im Allgemeinen sehr gut, aber jeder Mensch trägt Konflikte sehr unterschiedlich aus (gemessen an seiner Persönlichkeit, seinen Konfliktlösefähigkeiten und seiner eigenen Konfliktgeschichte), deswegen würde ich immer möglichst nah am Charakter arbeiten. Da kann am wenigsten schief gehen.

Tigermöhre

Ich habe in den letzten Jahren festgestellt, dass mir Konflikte immer leichter fallen. Während ich früher noch sehr zurück geschreckt bin, meinen Charakteren zuviel zuzumuten, werde ich langsam immer fieser. :darth: Bei mir ist es also einfach eine Frage der Übung.
Ich plotte eigentlich so ungefähr nach der 3-Akte-Struktur und schreibe dann darauf los. Meine Konflikte entstehen meisten so, dass ich mir denke, ne, das ist zu einfach, wenn sie einfach von A nach B reiten, was könnte jetzt passieren? Und dann tauchen da Räuber auf, sie werden entführt, und plötzlich kommen immer mehr Probleme. ;D


Zitat von: Voitei am 05. April 2016, 21:37:33
Eine große Prophezeiung, die jedoch eigentlich für jemand anderen bestimmt war

Du hast mich damit gerade auf eine Plotidee gebracht. ;D

Maubel

Zitat von: Franziska am 05. April 2016, 21:55:54
das ist ein interessanter Tipp, darauf wäre ich auch nicht gekommen, mich würde das besonders in Hinsicht auf die psychologisch zwischenmenschliche Ebene interessieren. In Hinsicht auf Konflikte zwischen Staaten finde ich es aber auch interessant, sich reale Konflikte anzugucken oder eben Konflikttheorien. Ich fände es schon nett, mehr darüber zu erfharen.

In meinem jetzigen Projekt arbeite ich gerade mit sehr vielen Staaten, bzw. kleineren Regionen und da behandel ich sie am Anfang ähnlich wie Charaktere. Was hat dieser Staat? Was will dieser Staat? Was ist sein Hintergrund (Geschichte)? - Die zweite Ebene ist dann bezogen auf die Leute in dem Staat. Was will er für den Staat? Was will er in/mit dem Staat erreichen? Welche Methoden liegen ihm? Dazu muss man beachten, dass der Charakter eben in dem Staat aufgewachsen ist und eine Bindung hat, oder eben anderen Staaten gegenüber Vorwürfe. Und dann verzweigt man sich immer weiter. Noch tue ich mich schwer mit alltäglicher Politik, da dann der ewige Staat durchkommt - Tendenz in Fantasy-Romanen seit Jahrhunderten einen festen Staat zu haben. Und genau da arbeite ich gerade wie mit Hammer und Meißel und baue gerade die Klischees ab. Grenzen werden verschoben, das Volk entwickelt sich, neue Ansichten verbreiten sich, die Technologie macht Vorsprünge und so ändern sich auch die Ziele.
Jetzt kommen bei Staaten aber eben noch die Bündnisse dazu. A und B haben seit zwei Jahrhunderten ein Handelsabkommen, weil sie da schön starke Handelsnationen waren. C hat sich nun aber aufgeschwungen und will auch was vom Kuchen. Da C gegen D Truppen senden würde, mit denen A gerade im Krieg liegt, will A natürlich C entgegen kommen, aber das würde B verstimmen und und und... das wird dann mit jedem neuen Bündnis immer verzwickter und so entstehen dann natürlich auch viele Konflikte, wobei nicht alle im Krieg ausarten. Da sind dann eben die Prinzipien und häufig auch einfach der wirtschaftliche Nutzen gefragt. Ein Land, dass sich keinen Krieg leisten kann, gibt vielleicht eher nach, als das Land, dass seinen Prinzipien treu bleibt, auch wenn ihm der Handel eigentlich schon wichtig ist.

Zitat von: Franziska am 05. April 2016, 21:55:54
Das 7 punkte Modell ist an sich gut, passt aber auch nicht überall oder ich weiß nicht, wie ich es anwenden soll. Besonders schwer finde ich es, wenn man mehr als zwei Protagonisten hat.

Ich habe mir das 7 Punkte Modell noch nie angeschaut, aber bei mehreren Protagonisten muss man einfach für alle Protagonisten die Ziele festlegen und wie sie die erreichen (man stelle sich Linien vor) und nun sucht man die Stellen, wo sich diese Linien kreuzen/in die Wege kommen. Sobald man einen Punkt zwischen zwei Protagonisten ausgekaspert hat, schaut man wieder ob das nicht die anderen beeinflusst, bzw. wer nun auf wessen Seite steht, kann sich auch während des Konflikts ändern. Mir hilft dabei echt die Gesamtlage aus der Sicht aller Figuren zu betrachten. Meine Regel dabei ist immer, dass jede Figur in ihrem Handeln ihrem Hintergrund und ihrer Motivation nach konsequent und logisch ist (inklusive unlogischer Handlungen, wie sich besaufen, gibt schließlich ein Grund dafür). Wenn es dir gelingt sogar Antagonisten auf diese Weise zum nachvollziehbaren Prota zu machen, ist das prima. Vor allem siehst du dadurch aber, wo die Reibepunkte liegen. Wo kann Char A eben einfach nicht anders auf B reagieren?

moonjunkie

Konflikte ... das ist auch so ein Thema bei mir. Danke für den Thread, Franziska, eine super Idee und ich bin schon mal froh zu lesen, dass es nur nicht mir so geht.

Bei Fantasy habe ich das meistens mit einem Antagonisten gelöst, aber jetzt, wo ich etwas realistisches schreiben will, habe ich das Problem: da passt kein Antagonist hin. Klar, es gibt auch einfach die antagonistische Kraft, was alles Mögliche sein kann, was sich dem Helden in den Weg stellt. Trotzdem hadere ich dabei immer sehr. Bei manchen Dingen, die mir einfallen (oder anderen, mit denen ich brainstorme), denke ich dann oft: Nein, das kann ich weder A noch B antun, bzw. dann sind die Figuren ganz anders, als sie dafür sein müssten und dann finde ich sie wieder unsympathisch. Das ist bei mir jedenfalls immer ganz schwierig. Das blöde ist, wenn ich dann einen Konflikt habe, bin ich mir immer noch nicht sicher, ob der dann reicht.

Da hilft vermutlich auch: mal Filme oder Bücher analysieren, was da der Konflikt ist. Etwas Ähnliches nehmen möchte ich dann aber auch nicht. Und ich finde auch, dass ich oft in ähnliche Muster abdrifte. Und was ich auch wichtig finde: dass jede Figur sein eigenes Ziel hat (ob sie es schon kennt oder unterbewusst), das wurde ja auch schon hier erwähnt. Und trotzdem finde ich das Suchen von geeigneten Konflikten für meine Geschichten wirklich schwierig.

Neulich habe ich auf der Buchmesse zu einem Lektorat-to-go die ersten drei Seiten meines realistischen Romans mitgenommen und da hieß es auch direkt: hmm, was ist denn der Konflikt? Beschreib doch mal das Buch in zwei Sätzen. Schwierig fand ich das, sehr schwierig. Und dabei fiel eben auf: da ist noch nicht so viel an Konflikt vorhanden. Mehrere kleine ja, aber kein zentraler, großer. Mich stört ja das Wort Konflikt manchmal schon, da sagte mir die Lektorin, ich könne auch Knackpunkt dazu sagen. Das gefällt mir ein wenig besser, aber viel einfacher wird es dadurch auch nicht.  :d'oh:

Schneerabe

ZitatDenkt ihr überhaupt darüber nach?
Mhm über das Nachdenken habe ich kurz nachgedacht und festgestellt, dass meine Charaktere die Konflikte oft stellen, ohne das mir das so klar bewusst ist...

Durch ihre Ziele und Motivationen kommt es zu einfachen Konflikten wie:
A will etwas
B will es auch
Desshalb will A nicht das B/ B will nicht das A...
oder C will es verhindern weil er A nicht mag oder in B verliebt ist...

Ihre Erziehung und Kultur bietet auch interessante Konflikte an wie:
Wenn das Weltbild nicht (mehr) mit der Umwelt übereinstimmt
Wenn eine Kultur auf die Wertevorstellungen einer anderen trifft

Um nur ein paar zu nennen, dann muss ich eigendlich nur noch zusehen was sich daraus ergibt und verknüpfe alles 'einfach' logisch und da ist in Plot
Das ganze passiert für mich auch mit verschiedenen Völkern, die beim Ausarbeiten verschiedene Denkweisen ausbilden, die dann zu Konflikten und auch Kriegen führen. - Das sind dann die externen Konflikte... Ich greife mir also keinen Konflikt der mir gerade gefällt, sondern bemerke irgendwann im Planen die Probleme die meine Charaktere/ Völker mit diesem und jenem haben und verbinde sie... das ist vielleicht nicht die beste Idee denn es stellte sich heraus das der 'einfach' logisch verknüpfen Part, doch nicht so einfach war.  ;D
"To hell or to Connacht."

Franziska

@moonjunkie: das Problem habe ich eben auch. Ich habe Figuren, ich habe eine grobe Idee für den Plot, aber oft reicht das dann noch nicht. Ich habe ja an sich kein Problem damit, die Figuren ein bisschen zu quälen. Oft heißt es ja aber in den Schreibratgebern, man soll eigentlich jede Szene mit einem Konflikt enden lassene, damit der Leser weiter liest und es spannend bleibt. Ich weiß nicht so recht, wie das funktionieren soll, wenn man nicht gerade einen Thriller schreibt und selbst dann. Vielleicht darf man den Begriff dann nicht so stark sehen, aber ich schrecke auch etwas zurück, es mit den Problemen zu übertreiben, das wird mir dann schnell zu überdramatisch, besonders bei Romance, wenn dann die Figuren das schlimmste Kindheitstauma haben, dann noch einer fast stirbt und sonstwas. Ich arbeite gerne etwas subtiler mit inneren Konflikten, dann wird es aber schwerer, besonders, bräuchte ich  da trozudem eine äußere Handlung, um die innere Entwicklung zu spiegeln. Gerade habe ich es mir auch sehr schwer gemacht mit einer polyamoren Romance Geschichte mit vier Figuren. ::)

Maubel

Also jede Szene mit einem Konflikt enden zu lassen, fände ich unnötig. Aber vielleicht habe ich auch zu viele Szenen. Ja, es braucht einen guten Endsatz, aber manchmal ist das auch die Lösung eines Konflikts oder so. Man liest in einem Buch die Szenen ja auch nicht wie Fernsehfolgen, wo dann immer ein Cliffhanger kommen muss. Kapitelende... ja vielleicht, aber auch da nicht jedes. Mir wäre so ein Buch auch viel zu anstrengend, wo ich immer auf Achse bin und nie das erlebte auch mal sacken lassen kann.

Churke

Zitat von: Franziska am 05. April 2016, 21:09:31
Man hat einen Protagonisten, der eine Motivation hat und etwas will, etwas anderes steht ihm im Weg.=Konflikt, vereinfacht ausgedrückt.

Ich glaube, dass das viel, viel komplexer ist.
Es gibt innere Konflikte. Der Held tut Dinge, die er nicht tun möchte, oder er möchte Dinge, die er nicht tut.
Es gibt politische Konflikte. Da geht es um Interessen, um Überzeugungen, vielleich auch mal um Werte.
Es gibt persönliche Konflikte. Da geht einem jemand auf den Sack.
Es gibt familiäre Konflikte. Seine Familie kann man sich nicht aussuchen.
Alle diese Konflikte sind miteinander verwoben und eigentlich müsste jede (!) Figur im Plot etwas davon mit sich herumtragen.

Vor allem aber sehe ich Konflikte als Möglichkeit, mit Rede und Gegenrede Schaltstellen im Plot herauszuarbeiten. Die einen sind dafür, die anderen dagegen, und natürlich hört der Held auf die Falschen...  :engel: