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Umgang mit Kritik

Begonnen von Ary, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Lomax

Also, ich denke, jeder hat auf die eine oder andere Weise Probleme mit Kritik: Der eine ist vielleicht tödlich beleidigt und zieht sich in den Schmollwinkel zurück; der andere ist nur ein wenig enttäuscht, weil er doch lieber mit seiner Geschichte jeden überzeugt hätte als Kritik zu ernten - und auf wen nicht einmal Letzteres zutrifft, der hat wohl auch keine Kritik verdient  ;D

Es ist auch Unsinn zu sagen, dass man "Kritik annehmen müsse", um sich "entwickeln zu können" und "gute Texte" zu schreiben und "Erfolg zu haben". Ein Unsinn, der gerne in Cliquen von Hobbyschreibern verbreitet wird, von denen kaum jemand jemals erfolgreich schreiben wird. Es gibt nämlich eine ganze Menge anerkannt erfolgreiche und auch vielgelobte Schriftsteller, die dennoch als Mimosen bekannt sind, was Kritik betrifft. Also, lass dir nicht einreden, dass deine Probleme eine behandlungsbedürftige Psychose sind - es ist allenfalls eine Neurose, mit der man sich auch einfach arrangieren kann.

Richtig ist allerdings, dass ein Autor, der in der Öffentlichkeit steht, letztendlich irgendwie mit Kritik umgehen können muss. Wenn er sich über Kritik ärgert, muss er zumindest mit der Kritik leben und weiterarbeiten können; und wenn er sich dem professionellen Literaturbetrieb stellt und mit Geschäftspartnern zusammenarbeitet, muss er fähig sein, sich zu bewegen. Ob er alles locker sieht oder insgeheim die Zähne zusammenbeißt, dass ist letztendlich sein Problem.

Oft hilft die Erfahrung, besser mit Kritik umzugehen. Man bekommt Kritik, man erlebt, wie andere Kritik bekommen - und irgendwann nimmt man es nicht mehr persönlich, weil man einfach verinnerlicht hat, dass es dazugehört. Oder man findet seine Fehler bei anderen wieder und merkt plötzlich, dass der Kritiker doch Recht hat (das sieht man bei anderen leichter als bei sich selbst); oder man hört auf einen Kritiker und stellt fest, dass es einem tatsächlich geholfen hat. Solche Erfahrungen können dazu führen, dass man weniger Probleme mit Kritik hat.

Zum richtigen Umgang mit Kritik gehört allerdings weit mehr, als jede Kritik anzunehmen und stolz darauf zu sein, wie bereitwillig man sich anpasst. Denn wenn man mal genug verschiedene Kritiken erhalten hat, wird man auch feststellen, dass jede Kritik nur eine Meinung ist und selten representativ. Der eine sieht in anderen Texten immer das, was er selbst falsch macht und kritisiert Dinge, die gar nicht da sind. Der nächste kritisiert das, was der übernächste gerade gut findet. Wieder ein anderer hat nur das vage (und richtige) Gefühl, dass mit dem Text etwas nicht stimmt, und weil er nun mal was sagen muss, macht er zielsicher die falschen Gründe für den missglückten Text ausfindig. Und dann findet man auch immer wieder die Kritiker, die glauben, es gäbe "die" Regeln für gute Texte, die immer und überall gültig sind. Wie bei dem von Feuertraum angesprochenen Beispiel: Im Heftromansektor gilt beispielsweise schon ein Absatz mit drei Sätzen als beinahe zu lang, während anderswo zu kurze Absätze ein Mangel sind. Aber nur die wenigsten Hobbykritiker sind in der Lage, eine Textkritik zielgruppen- und medienspezifisch vorzunehmen. Sie scheren das Kochrezept und die Kurzgeschichte, den Eco und den Hohlbein immer über denselben Kamm.

Also: Der Kritiker sieht sich ebenso gern selbst als gottgeweihte Autorität wie der Autor und ist oft ebenso leicht und voreilig beleidigt, wenn man seine Kritik mit der gebotenen Distanz aufnimmt. Das gesündeste Verhältnis ist es, wenn beide sich als gleichberechtigte Partner auffassen. Also: Scheue dich nicht, Anforderungen an deinen Kritiker zu stellen! Es ist SEINE Aufgabe, dich davon zu überzeugen, dass seine Vorschläge eine wirkliche Verbesserung des Textes sind. Als professioneller Lektor musste ich durchaus schon mit Schreibern um jeden Satz feilschen, und ich kann dir sagen: Das zählt zu den Anforderungen an einen guten Kritiker, genauso wie man von einem professionell sein wollenden Autor erwartet, dass er nicht aus Reflex heraus alles abblockt. Versuch nicht, voreilig einem Kritiker gerecht zu werden, der dich eigentlich nicht überzeugt hat. Denn selbst wenn der Kritiker recht haben sollte: Wenn du versuchst, deinen Texten eine Qualität zu geben, die du im Grunde gar nicht verstanden hast, wirst du scheitern und unausgegorenen Kauderwelsch produzieren. Fürs Endlektorat reicht es mitunter, wenn er Lektor den Text bearbeitet und du dabei die Augen zumachst. Aber ein Kritiker oder Beta-Leser, der dir Tipps gibt, die DU dann umsetzen musst, der muss auch zuerst DICH erreichen, bevor die Kritik deinem Text nutzen kann.

Wenn du also Probleme hast, mit Kritik umzugehen, dann ist das sicher ein Mangel, den man am besten überwindet, indem man Erfahrungen sammelt und sich dazu zwingt, möglichst viel Kritik entgegenzunehmen. Wenn du die Kritik willst, bist du ja schon auf dem richtigen Weg und musst sie nur noch kriegen. ;) Am Ende musst ohnehin du die Kritik kritisch bewerten und entscheiden können, was davon hilfreich ist. Glaub nicht, dass jemand, der jede Kritik annimmt und immer auf die letzte Stimme hört, einen leichteren Weg vor sich hätte als du. Und geh davon aus, wenn du dich irgendwann in Bewegung setzt, wirst du ohnehin erst mal zu weit ins entgegengesetzte Extrem geraten, bevor du dich auf einem gesunden Mittelmaß einpendelst.

Maja

ZitatEs ist auch Unsinn zu sagen, dass man "Kritik annehmen müsse", um sich "entwickeln zu können" und "gute Texte" zu schreiben und "Erfolg zu haben". Ein Unsinn, der gerne in Cliquen von Hobbyschreibern verbreitet wird, von denen kaum jemand jemals erfolgreich schreiben wird.

*Handschuhauszieh*

Wie ich schon sagte: Mit Kritik kann ich umgehen. Aber ich lasse mich nicht beleidigen.
Ich sage - und ich sage es seit vielen Jahren, ich sage es öffentlich, und ich habe es auch hier im Forum geschrieben: Kritik ist sinnvoll, Kritik kann einem Autor helfen, sich weiterzuentwickeln, bei mir jedenfalls ist das so.

Also bin ich eine Hobbyschreiberin, die kaum jemals Erolg haben wird? Das lasse ich nicht auf mir sitzen. Nichr so. Nicht kommentarlos.

*Handschuhschmeiß*
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Lomax

ZitatIch sage - und ich sage es seit vielen Jahren, ich sage es öffentlich, und ich habe es auch hier im Forum geschrieben: Kritik ist sinnvoll, Kritik kann einem Autor helfen, sich weiterzuentwickeln, bei mir jedenfalls ist das so.

Na, na, na - zieh den Handschuh wieder an. Ein Kritiker muss doch erst mal sorgfältig lesen, ehe er schimpft  ;)

Ich habe nie die Nützlichkeit von Kritik in Abrede gestellt - ganz im Gegenteil. Ein Text ist ein Dialog, und zu einem Dialog gehört immer auch ein Feedback.

Ich wende mich nur gegen die Mär, dass ein Autor nur dann weiterkommt wenn er (am besten jede!) Kritik mit Freuden akzeptiert und sich sogleich zu eigen macht. Um das zu widerlegen, müsste man man nach den Gesetzen der Logik nur einen erfolgreichen Schriftsteller haben, auf den das nicht zutrifft - und davon gibt es viele!

Also: Natürlich muss man als Autor irgendwie mit Kritik umgehen können. Natürlich kann man aus Kritik eine Menge lernen. Und natürlich sollte man als Autor Kritik so gelassen wie möglich nehmen, weil man ansonsten im Leben viel zu leiden hat. Aber andererseits fühlt sich ein richtiger Schriftsteller ja auch dann erst wohl, wenn er so richtig leidet - warum also sollte er Kritik da nicht schwernehmen dürfen? ;D

Maja

Es ist ein Unterschied zwischen dem, was man sagen will, und dem was man sagt.
Natürlich kannst du sagen "Man muß nicht gleich den Kritikern hintenreinkriechen, nicht jeder Kritiker hat Recht, und es gibt auch Autoren, die groß geworden sind, ohne sich jemals Kritik anzunehmen."

Aber das kann man auch sagen, ohne jene, die anderer Meinung sind, zum dilettantisch dahinschwätzenden Hobbyautor zu machen.
Geht du als professioneller Lektor auch so mit deinen Autoren um?

Ich kenne viele Autoren, deren Werke erbärmlich schlecht sind und denen es gut anstünde, sich mal etwas Kritik zu Herzen zu nehmen, und die mich anstrahlen und sagen "Nein danke, ich habe meinen Stil gefunden und bin sehr glücklich damit, anders will ich gar nicht schreiben" - und ich frage ich, warum ich mir jemals die Mühe gemacht habe, den Müll zu lesen.

Es gibt erfolgreiche Autoren, die noch längst keine GUTEN Autoren sind. Das sind nämlich auch zwei paar Schuhe. Ich habe in einem Verlag gearbeitet, in dem die Autoren immer Recht hatten und einem aufstrebenden kritischen Junglektor gesagt wurde, er möge sich mit Kritik zurückhalten, man wolle die Autoren doch nicht vergraulen.

Ich kenne Menschen, die sind als Autor nicht viel wert, aber zu Kritikerleistungen fähig, daß mir die Augen feucht werden. Ich kenne selbsternannte Literaturpäpste, die man um Kritik bittet, und alles, was sie tun, ist Rechtschreibfehler anzustreichen.

Das ist ein weites Feld. Wie in jedem Feld gibt es solche und solch. Aber du differenzierst nicht. Du pauschalisierst. Damit wir auch alle über diese dämlichen Hobbyautoren in ihren possierlichen Cliquen schmunzeln können, die doch tatsächlich glauben, man wächst nur an Kritik!

Tut mir leid, daß wir hier nicht einer Meinung sind. Tut mir auch leid, daß ich noch nichts veröffentlicht habe, was ich dir jetzt als Gegenbeleg um die Ohren hauen könnte. Darum bleibt's erst mal bei dem Handschuh.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Linda

Hallo,

wie ich mit Kritik umgehe?

Nun ja, mittlerweile frage ich mich, ob ein Text wirklich von mir stammt, wenn er nicht mindestens zwei total auseinanderliegende Meinungen bekommt. :-)

Meine Schreibe polarisiert.  Daran habe ich mich in 15 Jahren Fandom gewöhnt.
Und manchmal sage ich, ist okay, das ist der Text mir wert.

Oder ich sage, nö, ich möchte gerne, dass möglichst viele Leute einen Zugang finden. Und versuche, beim nächsten Text fürs gleiche Publikum, in eine andere Richtung hin zu überarbeiten. Das heißt, je nach Genre bestimmten Lesegewohnheiten nachzugeben.


Und ich unterscheide stark zwischen "Meinungskritik" und sachlicher Kritik.
Jedem Recht machen kann man's sowieso nicht (in Punkto Geschmack) das muss ein Autor einfach aushalten, dass nicht jeder die eigenen Vorlieben teilt.
Bei Gemüse, eis usw hat auch nicht jeder den gleichen Geschmack. Trotzdem trifft es härter, wenn jemand einen eigenen Text oder ein bevorzugtes Genre nicht mag, als wenn er zufällig kein Schokoeis mag.

Sachliche Kritik versuche ich immer noch zu prüfen und dann zu entscheiden, ob ich den Kritiker danach teere und federe oder nicht :-)))))))).

Was ich allerdings gar nicht mag, sind angeblich sachliche Kritiken, die nur eine objektivierte Meinung wiedergeben.
Da man in diese Falle leicht hineinläuft, bin ich selbst auch eher zurückhaltend mit Kritiken.

Linda

Lomax

ZitatDarum bleibt's erst mal bei dem Handschuh.

Nun, normalerweise kann ich ja keinen Fehdehandschuh liegen lassen. Weil ich nun mal ein testosterongesteuerter Mann bin. Und weil ich auch stets Gefallen an Rhetorik um ihrer selbst willen finde. Aber ich glaube nicht, dass wir in der Sache weit genug auseinanderliegen, um uns um was anderes zu streiten als um ein paar hohle Begriffsdefinitionen. Und das ist dann selbst mir zu dumm. Also, der Versuch einer Rationalisierung:

Du wirfst mir Pauschalisierungen vor. Die kann ich nicht erkennen. Ich habe beide Seiten der Medaille genannt und den Mittelweg empfohlen. Ich habe gesagt, dass es der richtige Weg ist, nach Kritik zu suchen. Und natürlich suche ich selbst auch wie wohl die meisten Autoren meine Betaleser und würde mich nicht trauen, einen Roman zu einem Lektorat zu schicken, wenn ich nicht mindestens drei unabhängige Stimmen dazu gehört habe. Ich habe die Beispiele, die du genannt hast, ebenfalls angesprochen - ich habe nur die Betonung auf die andere Seite gelegt, weil sie bisher in der recht einseitig geführten Diskussion noch gar nicht genannt wurde. Um nämlich ein wenig zu differenzieren, was man nur dadurch erreicht, dass man ein Problem aus verschiedenen Perspektiven betrachtet.

Aber ich denke, all das ist auch gar nicht der Grund für den Fehdehandschuh. Der Grund dafür ist diese Formulierung:

ZitatEin Unsinn, der gerne in Cliquen von Hobbyschreibern verbreitet wird, von denen kaum jemand jemals erfolgreich schreiben wird.

Deine Kritik kreist derart deutlich um diesen Satz, dass ich davon ausgehen muss, dass du dich davon einfach persönlich angesprochen fühlst und glaubst, zurückschlagen zu müssen. Dem ist nicht so. Ich rechne dich nicht zu dieser Gruppe und ich brauche auch keine belegte Veröffentlichung von dir, um dich davon auszunehmen. Da reicht mir schon Peake in deinem Bücherregal und die Tatsache, dass du die sieben Zitadellen schätzt  ;D

Andererseits sehe ich auch keinen Anlass, meine diesbezügliche Bemerkung in irgendeiner Form abzumildern. Denn meine Einschätzung bezieht sich auf eine exakt beschreibbare Klientel, in Bezug auf die ich diese Worte jederzeit in dieser Härte auch wiederholen würde: Es sind die Hobbyschreiber, die in ihrem Leben noch kein deutsches Buch gehobener Sprache gelesen haben, wenn sie nicht im Deutschunterricht dazu gewzungen wurden, die sich allerdings für sehr belesen halten, weil sie schon ein paar hundert Genre-Romane von zweitklassigen angelsächsischen Autoren gelesen haben, wie sie hierzulande allenthalben in schlechten, von Anglizismen strotzenden Übersetzungen erhältlich sind. Sie kennen außerhalb ihres Lieblingsgenres wenig Bücher, haben dafür aber alle (ebenfalls aus dem englischen übersetzten) Ratgeber zum Thema "creative Writing" gelesen, die ebenfalls von zweitklassigen angelsächsischen Genreautoren geschrieben wurden, die das tun mussten, weil sich ihre belletristischen Werke nicht gut genug verkauft haben, um allein davon leben zu können. Wenn sie dann einen Text kritisieren, dann arbeiten sie sich weniger durch den Text als vielmehr durch eine "Checkliste", die sie aus diesen Ratgebern - bzw. dem, was sie daraus verstanden haben - zusammenstellen. Diese Leute findet man in gewissen Communities ziemlich häufig, und sie zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen das Leben in diesen Communities eigentlich wichtiger ist als das Schreiben selbst und eine Veröffentlichung außerhalb ihrer "Peer-Group".

Ich halte diese Leute für sehr gefährlich für Schreibanfänger, weil man sehr leicht auf sie trifft; weil sie auf unerfahrene Neueinsteiger durch ihren halbverdauten Zitatenschatz aus Ratgeberliteratur kompetent wirken - und weil sie letztlich kein Interesse haben, diesen Neulingen wirklich zu helfen, sondern in erster Linie auf eine Erweiterung ihrer "Peer-Group" und ihrer Communities schauen, aus denen sie in erster Linie ihrer Bestätigung ziehen. Die Methoden dabei gleichen den gängigen Mustern psychosozialer Konditionierung, wie sie auch bei Sekten Anwendung finden: Der Initiant - bzw. in diesem Fall seine Texte - wird durch die kollektive Kritik erst einmal klein gemacht und dekonstruiert; dann wird er nach den Regeln der Gruppe neu aufgebaut und erntet umso mehr Lob und positive Rückkoppelung, je mehr er sich den Regeln der Gruppe unterwirft. Und "kaum jemals" Erfolg haben wird jemand aus einer solchen Gruppe, weil die betreffenden "Regeln" in ihrer jeweiligen Ausprägung selten den Vorgaben des realen Literaturmarktes entsprechen.

So, ich hoffe, diese Darstellung war nun nicht mehr pauschal, sondern konkret genug. Ich kann leider nicht verhindern, wenn sich jemand aus persönlichen Gründen den Schuh anzieht und sich angesprochen fühlt, obwohl er nicht gemeint war. Aber ich möchte dich bitten, nicht von mir zu erwarten, aus falsch verstandener Political Correctness nur um den heißen Brei herumzureden. Oder würdest du über gewisse Verlage nur höflich und nett reden wollen, wenn die Sprache darauf kommt - nur weil sich andernfalls vielleicht ein Doktorand, der dort regulär und seriös veröffentlicht hat, auf die Füße getreten fühlen könnte?

Ansonsten: Wenn du Leute kennst, bei deren Kritikerleistungen dir die Augen feucht werden, dann hast du doch genau das gefunden, was ich auch empfohlen habe. Ich habe niemals geraten, dass man sich einen "Literaturpapst" suchen muss. Ich habe gesagt, ein Autor braucht einen Kritiker, der den Autor auch erreicht. Für mich klingt das durchaus so, als sprächen wir von denselben Leuten ... Wenn diese "richtigen" Kritiker womöglich auch für jeden Schreiber andere sind.

Ary

Hi zusammen!

Holla, da habe ich aber eine Diskussion ins Rollen gebracht! :-)
Danke erst einmal für die vielen verschiedenen Ansichten und Tips, das alles hilft mir schon sehr viel weiter. Vielleicht sollte ich mich doch einmal ins "Federfeuer" wagen - mit meinem Anthologiebeitrag werde ich das auf jeden Fall tun, den werde ich dem ganzen Kreis von Betalesern zum Fraß vorwerfen und um konstruktiven Verriß bitten!
Ich glaube, ich habe mein Problem inzwischen eingekreist und kann es nun mit der Lanze aufspießen. Irgendwo finde ich mich/meine Schwächen in all Euren Meinungen wieder.

Wie Maja finde ich auch, daß Kritik zur Weiterentwicklung nötig ist - aber man sollte sich seine Kritiker schon genau aussuchen.
Die "Abwehrhaltung" von der Elena schrieb, kenne ich sehr gut, sie ist wohl das dickste meiner Probleme.
Und genauso gut kenne ich diese zu persönlichen Texte, von denen Lastalda erzählt. Die meisten meiner Texte sind zwar nicht persönlich im Sinne von autobiographisch, aber meist aus eher persönlichen Situationen heraus entstanden, und darum reagiere ich dann wohl so empfindlich, wenn jemand dran herumkrittelt.
Problem erkannt - und nun ran an den Feind. :-)

Liebe Grüße,
Aryana

Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Maja

@Lomax

Natürlich habe ich mich in erster Linie auf diesen Satz bezogen, und natürlich habe ich ihn persönlich genommen. Griffst du doch mein Argument auf und klassifiziertest es dann als inkometentes Hobbyautorengewäsch (kein Zitat, meine eigene Formulierung, so kam es bei mir an). Klar fühle ich mich da beleidigt!

Ich bin eine Hobbyautorin, seit ich sieben Jahre alt bin. Ich bin dafür angefeindet und verhöhnt worden. Ein handgeschriebener Gedichtband machte die Runde in einer Jugendgruppe, bis ich ihn zurückbekam, vollgeschmiert mit Obszönitäten. Ich schreibe, seit ich schreiben kann, und wenn ich auch immer davon geträumt habe, es zum Beruf zu machen, haben mich doch immer alle Leute mit der Tatsache konfrontiert, daß ich das ohnehin niemals kann. Meine Eltern, wie gesagt mit meine besten Kritiker, wollten keine falschen Hoffnungen in mir wecken und haben mich daher lieber kleingeredet, als mich in jungen Jahren auf die Enttäuschung des Lebens prallen lassen. Ich machte kein Geheimnis daraus, daß ich schrieb, und die Welt haßte und verachtete mich dafür. Deutschlehrer waren vor versammelter Klasse stolz auf mich - mehr als einmal kam ich mit mehr als blauen Flecken nach Hause.

Alles was ich wollte war schreiben. Ich habe alles gelesen, was mir unter die Finger kam - jeden Krimi, jeden Fantasyroman. Aus dem Angelsächsischen übersetzt. Weil es mir Spaß machte. Ich kann mit Faust nicht viel anfangen. Ich habe angefangen zu schreiben, lange bevor die Hohe Literatur in mein Leben trat, und als sie es dann tat in Form von Dickens und Dostojewskij, war ich in erster Linie frustriert. Darum begann ich, Bücher über kreatives Schreiben (na ja, eigentlich nur den Gesing, und den nur zur Hälfte) zu lesen.

Ich gründete den Tintenzirkel als eine Selkbsthilfegruppe für Autoren aller Art, guter wie schlechter, professioneller wie dilettantischer, um einen Kreis zu haben, wo die unter sich sein konnten, die das Schreiben lieben - klar würde ich mich auch gerne rühmen, den elitärsten Schreibkreis der Welt gegründet zu haben, aber ich mag die Mischung, die wir hier haben.

Ich habe den Handschuh geworfen, stellvertretend für viele, die hier vermutlich sich mehr als Hobyautor bezeichnen als ich es tue, und um mal eine Lanze zu brechen für die, die nicht vom, aber für das Schreiben leben. Auch wenn ich an mich selbst einen professionellen Anspruch stelle - und ich billige dir zu, daß auch du das tust - verhöhne ich nicht die, die das nicht tun.

Ohne diese ganzen emsigen Leser, die, nachdem sie jedes greifbare Werk der Unterhaltungsliteratur verschlungen haben, selbst zum Stift greifen, um eine Fanfiction, eine Rollenspielgeschichte oder gar ein eigenes episches Werk zu Papier zu bringen, wären all die Autoren obsolet. Und all die Verleger und Lektoren und Buchhändler arbeitslos.

Vergiß nie, woher du gekommen bist. Und vergiß nie, von wem du lebst. Das gilt für Autoren und Schauspieler und Sänger und alle anderen, die sich rühmen, Kunst zu schaffen.
Und das gilt auch für mich. Und das gilt auch für dich.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Lomax

Nun, ich verhöhne gewiss nicht die, die keinen professionellen Anspruch ans Schreiben stellen. Jeder Autor, der was taugt, fängt irgendwann als Hobbyautor an - wer nicht aus Berufung schreibt, sondern von vornherein nur Arbeit darin sieht, der wird vermutlich auch nie mehr als seelenlose Auftragsarbeiten abliefern können.

Wer allerdings den professionellen Anspruch vorkehrt, obwohl er sich nur auf Hobbyniveau damit beschäftigt hat; und wer nicht das Schreiben an sich zum Hobby macht, sondern nur das, was er aus der Froschperspektive als "berufsmäßige Beschäftigung" mit dem Schreiben versteht ... den verhöhne ich nicht, denn dazu fehlen mir letztlich doch die Möglichkeiten. Aber ich widerspreche, wenn ich die Gelegenheit kriege, relativiere und zeige andere Perspektiven auf.

Warum? Vielleicht, weil ich schon den ein oder anderen Neuling gesehen habe, der in solchen Communities die Phase der Dekonstruktion nicht überstanden hat und dem damit auch die Möglichkeit genommen wurde, Schreiben als erfüllendes Hobby zu erfahren. Denn das kann es durchaus auch ohne professionellen Anspruch sein und ist es für viele.

Aber ich gebe zu, so altruistisch bin ich vermutlich nicht. In Wirklichkeit ärgere ich mich über und verwehre mich gegen solche Leute, weil ich mich selbst zitiert fühle - und Regeln, nach denen ich auch arbeite, falsch und halb verstanden angewendet sehe. Nehmen wir z.B. mal eine Schreibregel, die gerne auch in Schreibwerkstätten angeführt wird: "Nicht zu viele Adjektive". In den von mir angesprochenen Kreisen wird daraus dann die Regel: "Jedes Adjektiv muss raus, das ist stets besser für den Text!". Die Leute schauen nicht auf den Text, werten nicht den Gesamtzusammenhang, sondern arbeiten die Regel ab. Wie ein Computer: "Delete Adjektiv!" - würde man eine komplexere Abwägung von ihnen verlangen, wären sie überfordert.

Mittlerweile ist es schon so weit, dass, wenn ich einem Autor empfehlen muss, dass er an seinen Adjektiven sparen muss, mich das kaum noch zu sagen traue. Weil ich befürchte, dass der Autor dann denkt: "Ach, wieder einer von diesen Adjektivspinnern." Der Missbrauch einer an sich guten und richtigen Regel führt dazu, dass man schon befürchten muss, nicht ernst genommen zu werden, wenn man sie tatsächlich mal wirklich nötig hat.

Also, ich habe schon immer Bauchschmerzen bekommen, wenn meine eigenen Worte und meine eigenen Ansichten von Spinnern verwendet wurden, die damit Schindluder treiben und sie lächerlich machen. Schon in der Schule war es für mich das größte Ärgernis, wenn jemand dieselbe Meinung geäußert hat wie ich, aber sie dann so ungenügend begründet hat, dass ich das Gefühl hatte, damit macht er in Wirklichkeit mich lächerlich.

Wenn du dich also gerne zu jeder Gruppe stellst, die zufällig dieselben Worte verwendet wie du - egal wie verzerrt sie dort verstanden werden - nur damit niemand deine Worte kritisiert und weil du so möglicherweise schlechte, auf jeden Fall aber willige Verbündete findest, dann ist das eine absolut übliche und legitimie Abwehrstrategie, die ich durchaus verstehen kann, aber nicht teile. Ich fühle mich genötigt, mich davon zu distanzieren und den Unterschied klar zu machen. Ich diskutiere sachbezogen, nicht personenbezogen, und wenn jemand falsch liegt, sage ich das auch - selbst wenn er zu "meiner Partei" gehört. Es sei denn, ich werde fürs Gegenteil bezahlt :D

Lomax

Und damit jetzt nicht die eigentlich Sachaussage in der Metadiskussion verloren geht, drösele ich die einzelnen Aussagen gerne noch mal auf:

1. Kritik freudig anzunehmen ist ein Luxus und macht dem Autor das Leben leichter, aber es ist keinesfalls eine Notwendigkeit. Man kann als Autor genauso gut weiterkommen, wenn man an jeder Kritik leidet und sich jedes Zugständnis schmerzhaft abringt - denn am Ende interessiert es niemanden, WIE der Autor zu seinem Ergebnis gekommen ist.

2. Es gibt genauso viele schlechte Kritiker wie verstockte Autoren. Deshalb nutzt die Fähigkeit, Kritik anzunehmen, einem Autor erst dann etwas, wenn er auch die Kompetenz und die Erfahrung hat, Kritik einzuschätzen. Wer also anfangs auf Kritik verstockt reagiert, hat es nicht schwerer als jemand, der sich von jedem alles erzählen lässt - er nähert sich dem gesunden Mittelmaß nur von der anderen Seite an.

3. Manch schlechter Kritiker ist nicht nur aus persönlichen Gründen ungeeignet, oder weil er einfach nicht zum Autor passt, sondern weil sein Vorgehen ganz dezidierte methodische Schwächen zeigt, die regelmäßig untaugliche Kritiken produzieren. Diese methodischen Schwächen entstehen regelmäßig daraus, dass besagt Kritiker kein Text- und Sprachempfinden besitzen - zum einen durch zu einseitige Leseerfahrung, zum anderen, weil sie zu sehr theoretisieren, ohne die Kompetenz zu besitzen, diese Theorie präzise anzuwenden.

4. Weil diese Art Kritiker methodische, keine zufälligen Schwächen zeigt, kann man sie an gewissen Eigenschaften erkennen. Dazu zählt z.B. eine charakteristische Szenesprache, die sie allerdings auch schnittmengenmäßig mit anderen Personen teilen, die sich nur am Rande der Szene bewegen oder die sich beizeiten wieder aus der Szene lösen.

5. Selbstverständlich propagieren diese Personen es in ganz besonderem Maße als Wert an sich, dass ein Autor Kritik stets annehmen muss - gerade weil ihre Kritik einer Überprüfung oder empirischen Evaluation nicht standhält, sind sie darauf angewiesen, dass der Umgang mit Kritik vom Autor emotionalisiert betrachtet wird und der Umgang mit Kritik von einer sachlichen zu einer sozialen Angelegenheit wird. Der von mir zitierte Satz zählt also zur besagten Szenesprache.

6. Diese Leute bewegen sich natürlich in der Hobbyschreiberszene - wo sonst sollten sie auch ein Betätigungsfeld finden? Und sie werden diese Szene auch kaum jemals verlassen, gerade weil ihre Methodik falsch ist und sie ihre Anreize und Bestätigungen innerhalb des Systems finden, dem sie angehören. Und wenn sie in der Szene aufeinandertreffen, scharen sie sich gerne in mehr oder minder geschlossenen Gruppen zusammen und bestätigen sich gegenseitig.

7. Wenn ich also feststelle, dass es unter den Hobbyschreibern solche Cliquen und Einzelpersonen gibt, erlaubt das natürlich nicht den Schluss, dass alle Hobbyschreiber so sind.

Also, Maja - ganz konkret: Wenn jemand sich über etwas aufregt, was ich nicht gesagt habe, vermittelt mir das nicht das Gefühl, dass ich das hätte vermeiden können, indem ich etwas anderes sage. Und wenn du von mir forderst, keine Teilmengen größerer Sozietäten zu kritisieren, weil sich dann ja auch Angehörige der größeren Gruppe angesprochen fühlen könnten, obwohl sie gar nicht zur angesprochenen Teilgruppe gehören - dann empfinde ich dass als ebensolche Zumutung, als würde jemand verlangen, man dürfe keine DKZV mehr kritisieren, weil sie ja auch Verlage sind und auch andere Verlage sich herabgesetzt fühlen könnten.

Wenn du also ganz konkret irgendwas gegen die von mir tatsächlich implizierten Aussagen einzuwenden hast, dann tu es und lass uns über die Inhalte reden. Wenn du dich allerdings nur verfolgt fühlst, weil du schon so viele schlechte Erfahrungen gemacht und dich schon so viele Leute wegen deiner Berufung angegriffen haben, dass du dich nun eben leicht angegriffen fühlst - dann entschuldige ich mich gerne auf dieser persönlichen Ebene und unabhängig von den getätigten Sachaussagen. Und ich erwarte von dir eine Entschuldigung, dass du mich so reflexhaft zu den Banausen und Grobianen deiner Jugend gerechnet hast.

Manja_Bindig

#25
Eigentlich ist es doch eh am besten, wenn man mehrere Seiten als Kritiker hat - die Punkte, die bei allen bemängelt wurden, sollte man wirklich überdenken(es sei denn, man hat diese Kontroversen beabsichtigt)
An Stellen, wo sich meine Kritiker nicht einig sind, schau ich selber, ob mir das wirklich so gefällt, ob es in die Story passt. Lautet die Antwort "Ja" bleibt es, da kann gekrittelt werden, wie ihr wollt. Wenn ich finde, dass etwas besser klingt, wie ich es geschrieben hab, bleibt es. Basta.
Ich bin bereit, Kritik anzunehmen. Vor allem, weil ich weiß, wie weit ich mcih noch stilmäßig steigern kann. Aber meinen Stil verbiegen lasse ich nicht, unter keinen Umständen. Bei einem Stil sind teilweise ziemlich gute Sachen mit schlechteren Sachen verknüpft - würde ich ALLES, was bei mir nur ein kleines bisschen bekrittelt wurde, ausradiern, könnt ich es gleich ganz lassen, denn dann wär viel von mir selbst und dem, was meinen Stil positiv ausmacht, schlicht und ergreifend FUTSCH.
Irgendwo muss jeder Autor eine Grenze ziehen, was er an Kritik annimmt, und auf was er pfeift.
"Es recht zu machen jedermann,
ist eine Kunst, die niemand kann."
Das gilt auch bei Kritik und daran sollte man sich als Autor auch mal erinnern. Wenn man versucht, es allen recht zu machen, geht man kaputt und das Schreiben macht keinen Spaß mehr.

(Und außerdem: wir als Betaleser und Kritiker wollen doch auch was zu tun haben. Wir würden uns langweilen, wenn wir nix zum kritteln hätten).

Der Admin™

*eine Kirmesorgel spielt »An der schönen blauen Donau«. Auftritt Admin*

elomaran und Lomax:
Das hier ist ein Autorenforum und kein Ort für einen Flamewar. Tragt das unter euch aus und nicht hier, sonst bin ich gezwungen, diesen Thread zu schließen.
Zum gegenwärtigen Standpunkt dürfte es noch ausreichen, wenn ihr euch gegenseitig für das Mißverständnis und die anschließenden Anfeindungen entschuldigt. Niemandem ist damit gedient, wenn hier mit Handschuhen geworfen wird.

*die Kirmesorgel spielt »Imperial March« im Walzertakt. Abgang Admin*

Astrid

Ich hätte nie gedacht, daß ich das mal sage, aber ich stimme Lomax zu.  ;D

Maja

@ Lomax
Entschuldigung angenommen, etwas anderes wollte ich auch gar nicht, es lag mir fern, einen Krieg vom Zaun zu brechen, aber ich habe gestern Abend einfach angefangen, Schaum zu spucken und gedacht »Das hat der geschrieben? Das kann der nicht geschrieben haben!« Und es nochmal gelesen ... und mich hochgeschaukelt ... und meinen Handschuh geschmissen ... und dann wurde alles irgendwie noch schlimmer, und plötzlich war ich genau wieder da, wo ich mal angefangen hatte und wo ich überhaupt nicht mehr sein wollte.

Also gut. Ich bin keine dilettantische Hobbyautorin, der Zirkel ist ein elaborierter Kreis, in dem Flamewars nicht zur Tagesordnung gehören und in dem erstaunlich viele Fachleute parlieren, und du stehst selbstverständlich nicht auf einer Stufe mit den Rüpeln aus meiner Schule (denn bei denen konnte ich mich ja immer darauf berufen, daß sie Feinde waren und ich niemals das gleiche sein wollte wie sie). Laßt uns einfach nur Autoren sein, gute wie schlechte (also, ich natürlich bei den Guten!), ohne kleinkarriertes Schubladendenken und dergleichen. Und ich hoffe, du nimmst meine Entschuldigung dementsprechend auch an?

*am Boden such*

Hat irgendjemand meinen Handschuh gesehen?

Handschuh? Huhu! Handschuh?

MOMENT! Julian hat sich gerade Samthandschuhe angezogen...

*hinter Julian herjag*
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Manja_Bindig

*lach* Majas Handschuh einsteck* *ihn rahmen lässt und als Erinnerung an Majas Wutausbruch aufhebt*