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Wie wird man eigentlich Lektor?

Begonnen von gbwolf, 27. März 2008, 13:08:12

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Dealein

#15
In München muss man eine abgeschlossene Berufsausbildung als Buchhändlerin bzw. Buchhändler oder als Medienkauffrau bzw. Medienkaufmann in Digital und Print haben. Weiß nicht ob das in Erlangen so ist ;)

Btw: Ich studiere auch in Erlangen ^^

Kamen

in Erlangen brauchst du "nur" ein Abitur und einen gewissen Notendurchschnitt (der nicht sehr anspruchsvoll ist *gg*)

aber wir haben einige gelernte BuchhändlerInnen
Das Eiserne Buch erinnert an damals, als die Welt brannte, selbst hier tief im Meer...

gbwolf

In der Zeit gibt es ein nettes Interview über einen Quereinstieg ins Lektorat: http://www.zeit.de/campus/2012/s1/einsteigen-interview

gbwolf

Bei "Hier schreiben wir" gibt es wohl regelmäßig Aktionen, bei denen deren höchstbewertete Autoren den Carlsen-Verlag besichtigen können. Im Rahmen einer solchen Besichtigung entstand ein sehr sehenswertes Video zum Thema: Was macht eigentlich ein Lektor?

gbwolf

Und wieder einen interessanten Artikel gefunden: http://www.frankenpost.de/regional/feuilleton/fp/kunstundkultur/Jeden-Tag-ein-Roman;art6787,2026052

Diesmal erzählt eine Lektorin eines mittelständischen Verlags.

gbwolf

Schönes und vor allem interessantes Interview mit Caroline Fuchs, Lektorin bei Carlsen: http://www.buchkarriere.de/wordpress/2013/06/ab-in-den-berufsalltag-caroline-fuchs-vom-carlsen-verlag/

Außerdem eine sehr interessante Seite mit vielen guten Tipps und Artikeln.

Chris

Ich hab auch noch ein Interview mit einer Lektorin:
http://www.emilia-licht.de/html/aktuelles.html

Liebe Grüße
Chris

Tintenteufel

Uff. Ich hab mich da jetzt bei dem Thema durch ein Dutzend Interviews und Artikel gewühlt, die ich hier so aufgetrieben habe, und trotzdem kommen mir noch Fragen.
Ich packe die einfach mal hier rein, weil das Thema so ziemlich meine Hauptfrage wiedergibt: "Wie wird man eigentlich Lektor?"  Das hab ich mich mehr aus prinzipieller Neugier gefragt und weniger, weil ich ganz unbedingt dolle irgendwas mit Büchern machen will.
Vielmehr hab ich gerade ein gefühltes halbes Dutzend Eisen im Feuer, was meine "Karriere" (tm) so angeht, und im Verlagswesen reinschnuppern steht definitiv mit auf der Liste. Entsprechend möchte ich vorwarnen, bevor sich jemand auf den Schlips getreten fühlt: Ich bin in der Branche völlig unerfahren und die meisten Fragen könnten etwas naiv sein. Ich hoffe nicht allzu sehr und auch nicht allzu betitelt - Lektorat ist bislang nur nicht mein unbedingter Traumjob und entsprechend frage ich mich, wie man das ausprobieren kann, ohne all die anderen Sachen links liegen zu lassen.

Ein paar Fragen konnte mir bisher aber keiner beantworten, ich hoffe das kann hier jemand. :)
1. Eine der zeitintensivsten Tätigkeit ist laut einem Artikel "Betreuung von Autoren" - was muss man sich darunter vorstellen? Diskussion, welche Manuskripte/Linien er demnächst verfolgt, Koordination von Autor und Werbung und Textern und Covergestaltung, einfach nur Infos weitertragen? Reich ich dem den Kaffee und frage alle drei Tage nach, wann das nächste Manuskript fertig ist?

2. Die Arbeitszeiten sollen ja sehr intensiv sein. Viele Überstunden, wenig Bezahlung okay. Aber wie schaut es mit Großverlagen aus? Haben die auch kleine Posten für so 15 Wochenstunden und Studenten oder heißt es ganz oder gar nicht?
Die Sache ist halt auch die, dass ich nicht viel Geld brauche und für den Moment noch jede Menge anderen Kram habe, der sich mit einem vollen Job nicht verbinden lässt. Studium, diverse Auslandssemster, verschiedene Sprachen usw. will ich nicht unbedingt aufgeben, bis ich einige Sachen davon in Sack und Tüten habe. Ein dekadentes Problem, jaja, aber ich frage mal nach der prinzipiellen Möglichkeit - nicht, dass mir das jemand in den Schoß wirft. :)

3. Gibt es einen Industriestandard für Bewerber? Die Norm scheinen ja Germanisten oder Buchhändler zu sein, manchmal beides. Ich studiere Geisteswissenschaften, ja, aber Philosophie und nebenher ein paar Sprachen, wäre also eher der Quereinsteiger. Habe aber auch einen Bachelor in Literaturwissenschaften.

4. Ganz primitiv: Wie stehen die Chancen auf bezahlte Praktika, so als "völlig" "Branchenfremder"? Und worauf wird am meisten geachtet? Ich mache mir keine großen Illusionen, dass mein Schwerpunkt auf Ästhetik und akadem. Sprachen und Kulturanthropologie mir da viele Blumen einbringt, Verlagswesen ist ja doch eher Produktion als Kunst.

5. Ebenfalls ein dekadentes Problem: Wieviel Anwesenheit ist denn nötig im Lektorat? Also wie viel geht über Home Office. Ich hatte mich mal im Korrektorat umgetan und das war ohne weiteres über das Internet erledigbar. Nicht, weil ich menschenscheu wäre oder so, aber manches ließe sich damit ja dann doch unter einen Hut bringen. Auslandssemester und Job z.B., wenn dem Verlag egal ist, wo das her kommt. Oder ist das von Fall zu Fall unterschiedlich?

6. Was für Tätigkeitsfelder gibt es denn ganz allgemein noch im Verlagswesen, die eher "schwammig" und für Quereinsteiger offen sind? Ich will ja nicht gleich Marketingchef für Heyne werden, aber von außen stellt sich ein Verlag irgendwie als PR, Lektorat und Korrektorat dar und wenig mehr.

Ich wäre sehr dankbar, wenn mir da jemand ein paar Tips geben oder auch nur sagen könnte, wo ich besser aufgehoben bin mit Fragen. :engel:

gbwolf

Zitat von: Tintenteufel am 01. April 2016, 18:35:47
1. Eine der zeitintensivsten Tätigkeit ist laut einem Artikel "Betreuung von Autoren" - was muss man sich darunter vorstellen? Diskussion, welche Manuskripte/Linien er demnächst verfolgt, Koordination von Autor und Werbung und Textern und Covergestaltung, einfach nur Infos weitertragen? Reich ich dem den Kaffee und frage alle drei Tage nach, wann das nächste Manuskript fertig ist?
Nach den Einblicken, die ich mittlerweile habe, wird ein Hauptteil der Arbeitszeit von Meetings, Mails, Absprachen und anderen organisatorischen Sachen gefressen - Manuskripte lesen die meisten Lektoren erst am Abend, im Zug nach Hause oder zu Hause, in ihrer Freizeit. Meine ehemalige Lektorin im Jugendbuch hat mir eigentlich auch nie eine Mail vor 18:00 Uhr geschrieben. Viele Lektoran heißen mittlerweile auch "Projektleiter", weil die eigentlichen Lektoratsarbeiten von freien Mitarbeitern erledigt werden.
"Autorenbetreuung" kann viel umfassen: Telefonate mit Autor und Agent über Vertragskleinigkeiten, Projekte, Stand des Lektorats, etc.. Es gibt Autoren, die melden sich quasi nie und es gibt Autoren, die rufen jeden Tag an und haben eine tolle Marketingidee/Projektidee oder wollen ein wenig motiviert werden. Kontakt muss auch zu ausländischen Autoren und Agenturen aufgebaut und gehalten werden. Die Vor- und Nachbereitung von Messen und Programm- und Vertreterkonferenzen nehmen viel Zeit weg. Und wenn man einen Autor an der Angel hat, muss man oft ganz viele Leute im Verlag davon überzeugen, dass man den einkaufen möchte und um das Budget streiten - später dann um das Werbebudget. Einen passenden Außenlektor muss man finden und sich auch ab und an mal zu einem Kaffee mit diversen Leuten treffen. Beim Lektor laufen dann auch alle Fäden für ein Projekt zusammen.

Zu den anderen Punkten kann ich weniger beitragen. Auch, weil mir *seufz* gerade ein wenig die Zeit fehlt. Aber da einige hier als Außenlektoren tätig sind, können die sicher etwas beisteuern.

Amber

#24
Das, was du beschreibst, ist auch weitestgehend mein Eindruck, Nadine. Vor allem möchte ich betonen, dass man wirklich ganz stark im Haus der Fürsprecher seiner Autoren ist und deren Werke vor allem beim Vertrieb konstant promoten muss. Das hat mehr mit Marketing zu tun als ich gedacht hatte.

Tintenteufel

Zitat von: Nadine am 01. April 2016, 19:25:03
Zitat von: Tintenteufel am 01. April 2016, 18:35:47
1. Eine der zeitintensivsten Tätigkeit ist laut einem Artikel "Betreuung von Autoren" - was muss man sich darunter vorstellen? Diskussion, welche Manuskripte/Linien er demnächst verfolgt, Koordination von Autor und Werbung und Textern und Covergestaltung, einfach nur Infos weitertragen? Reich ich dem den Kaffee und frage alle drei Tage nach, wann das nächste Manuskript fertig ist?
Nach den Einblicken, die ich mittlerweile habe, wird ein Hauptteil der Arbeitszeit von Meetings, Mails, Absprachen und anderen organisatorischen Sachen gefressen - Manuskripte lesen die meisten Lektoren erst am Abend, im Zug nach Hause oder zu Hause, in ihrer Freizeit. Meine ehemalige Lektorin im Jugendbuch hat mir eigentlich auch nie eine Mail vor 18:00 Uhr geschrieben. Viele Lektoran heißen mittlerweile auch "Projektleiter", weil die eigentlichen Lektoratsarbeiten von freien Mitarbeitern erledigt werden.
"Autorenbetreuung" kann viel umfassen: Telefonate mit Autor und Agent über Vertragskleinigkeiten, Projekte, Stand des Lektorats, etc.. Es gibt Autoren, die melden sich quasi nie und es gibt Autoren, die rufen jeden Tag an und haben eine tolle Marketingidee/Projektidee oder wollen ein wenig motiviert werden. Kontakt muss auch zu ausländischen Autoren und Agenturen aufgebaut und gehalten werden. Die Vor- und Nachbereitung von Messen und Programm- und Vertreterkonferenzen nehmen viel Zeit weg. Und wenn man einen Autor an der Angel hat, muss man oft ganz viele Leute im Verlag davon überzeugen, dass man den einkaufen möchte und um das Budget streiten - später dann um das Werbebudget. Einen passenden Außenlektor muss man finden und sich auch ab und an mal zu einem Kaffee mit diversen Leuten treffen. Beim Lektor laufen dann auch alle Fäden für ein Projekt zusammen.

Zu den anderen Punkten kann ich weniger beitragen. Auch, weil mir *seufz* gerade ein wenig die Zeit fehlt. Aber da einige hier als Außenlektoren tätig sind, können die sicher etwas beisteuern.

Das ist schonmal interessant zu wissen, danke dafür. :)

Das heißt also, wenn ich Lektor werden möchte, sollte ich erst einmal über die freie Mitarbeit anfangen, verstehe ich das richtig? Das klingt ja alles erstmal nach viel Soft Skills und einem bunten Strauß an geforderten Fähigkeiten - nicht unbedingt das, was man als Anfänger so mitbringt.