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Wie böse darf ein Ende sein?

Begonnen von Thrawn, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Grey

Hmm ... so sehr was anderes nun auch wieder nicht ...

DAS BÖSE als Begriff an sich sollte sowieso abgeschafft werden, wenn ihr mich fragt.

Maja

Ich habe meine "Flöte aus Eis" von einem Verlag zurückbekommen, weil das Ende zu negativ war - dabei halte ich es noch für ziemlich ausgeglichen, nur eben nicht Happy. Aber das untergegangene Land bleibt verloren, und letztenendes sind die Helden auf ganzer Linie gescheitert - aber das ist durchaus von der Autorin, also mir, beabsichtigt. Ich finde es wichtig, daß auch mal Geschichten traurig ausgehen: Sonst verliert ein ganzes Genre seine Spannung. Wenn ich davon ausgehen muß, daß es sowieso gut endet - warum soll ich dann noch mitfiebern? Aber eine Handvoll Bücher mit tragischem Ende retten mich hier.

Ich glaube nicht an das Gute und Böse als Fantasyelemente - aber es wird immer Leute geben, deren Ziele sich widersprechen und die darum einander für Böse halten. So gehe ich bei den Elomaran vor und beleuchte dabei beide Seiten der Geschichte als gleichberechtigte Helden, ohne zu sagen, wer von ihnen denn nun der "Gute" sein soll - je nachdem, für wen sich der Leser am Ende entscheidet, wird das Buch für ihn gut oder schlecht ausgehen.

Aber grundsätzlich halte ich es mit Peter S. Beagle: "There is no Happy Ending, for nothing ends". Außer, denn es muß immer eine Ausnahme geben, bei "Seelenfeuer" - da endet das Buch wirklich mit dem Ende, nämlich mit dem Tod der Welt, der der Held verschuldet hat.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

felis

@Maja,
dann befindest Du Dich mit Elomaran ja in bester Gesellschaft. Immerhin ist es im Lied von Eis und Feuer genauso.  ;)
Und auch in MST von Tad williams sind die guten nicht nur gut und die Bösen nicht nur böse, wenn ich mirs recht überlege.

Coppelia

#108
Das Lied von Eis und Feuer ist doch noch gar nicht zu Ende?

Och Maja, das ist ja schade. :(
Aber wenn ein Verlag deswegen das Manuskript zurückschickt, nimmt es doch vielleicht ein anderer, den dieser Punkt nicht stört.

Ich muss mal spekulieren, warum Verlage nichts drucken mögen, was von der Lesererwartung abweicht ...
Es ist wahrscheinlich - ich hab früher nie viel darüber nachgedacht, konnte es aber selbst schon sehen - für viele Leser schwer, Abstand vom Text zu gewinnen und zu akzeptieren, dass in dem Text etwas nicht so läuft, wie sie erwarten/denken/hoffen, und trotzdem nicht zu sagen: "In diesem Text ist ein FEHLER! Es muss anders heißen! Die Handlung muss anders sein! So ist es schlecht!" Je stärker dieses Brechen der Lesererwartung im Text ausgeprägt ist, umso mehr sagt man (auch ich, und ich lese kritisch und distanziert) einfach mal: "Diese Handlung kann ich nicht akzeptieren, der Text ist schlecht geschrieben." und ist unzufrieden. So ging es mir z. B. bei dem Epiker Statius. Bevor ich sein Epos gelesen hab, dachte ich, in Epen müssen Heldentaten, strahlende Szenen, gütige Götter und so ein Zeug vorkommen, weil es in anderen antiken Epen (meist) der Fall ist. Bei Statius ist alles ganz anders. Die Helden verhalten sich bestialisch, die Welt ist sinnlos, auf die Götter ist kein Verlass. Ich hielt es also zunächst für ein schlecht geschriebenes Epos und Statius für einen schlechten Epiker. Wenn er sein Epos einem Verlag geschickt hätte, hätte der wahrscheinlich auch gesagt: "He, wir erwarten aber strahlende Helden und gütige Götter! Dieses Werk können wir nicht drucken."
Bestimmt ist es auch bei vielen Lesern so, dass sie, wenn sie erstmal denken, dass eine Geschichte nicht gut ist, weil sie nicht ihrer Erwartung entspricht, obwohl sie es vielleicht doch ist, ihre Meinung nicht mehr ändern und dann auch keine weiteren Bücher kaufen ...
Dem Autor selbst ist dann natürlich klar, wie er es gemeint hat, und er ist bestimmt oft völlig verwirrt, wenn man ihn einfach nicht versteht ... ging zumindest mir so. ;D Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, ich glaube an meine Ideen, und wenn man mich überzeugen kann, dass andere besser sind, ändere ich meine Meinung.  ;D Aber das muss man auch erstmal schaffen.

Im Moment frage ich mich, ob ein Ende auch so sein darf, dass offensichtlich böse Taten und Unmoral unbestraft bleiben, obwohl die betreffende Hauptfigur nicht mal Reue empfindet. Das kann ich nicht sagen.  Natürlich gab es das auch schon. ;) Da das in Fantasy auch nicht so üblich ist, rechne ich mir keine allzu dollen Chancen aus - aber soll ich meine unverwüstliche Hauptfigur deshalb um die Ecke bringen? Die ist auch noch Ich-Erzähler (was ja auch nicht gut ankommen soll :P). Nene, der Mann muss am Leben bleiben, völlig unverdientermaßen und allerhöchstens ganz geringfügig geläutert.

Lavendel

Ich denk mal, da hast du Recht, Coppelia. Bei vielen Leuten ist es so, dass sie eine Geschichte nur nachvollziehen können (wollen?), wenn sie gewissen Erwartungen entspricht (ich vermute, das ist bei uns allen so, vielleicht aber in unterschiedlichem Maße. Wenn ich eine turbulente Abenteuerstory erwarte, will ich auch nichts über Farmer Bob lesen, der beim Mittagsschlaf auf der Veranda die Beziehung mit seiner jüngst verstorbenen Lieblingskuh aufarbeitet - es sei denn, die war besonders spannend und turbulent).

Im Endeffekt läuft es darauf hinaus, dass man Lesern am Anfang des Textes gewisse Versprechen gibt. Wenn immer wieder auf der geheimnisvollen Vergangenheit eines Charakters herumgeritten wird, dann will ich als Leserin hinterher auch wissen, was da war in dieser Vergangenheit. Und wenn das nicht aufgelöst wird, dann fühle ich mich betrogen.

Allerdings heißt das für mich nicht, dass ein Buch auf dem 'Fantasy' steht 1. sich um den Kampf zwischen gut und böse drehen muss und dass 2. das Gute gewinnen muss, weil das einer gewissen Erwartungshaltung im Publikum entspricht.

Die meisten Bücher gehen natürlich irgenwie gut aus. Zumindest mir Hoffnungsschimmer. Aber ein Muss ist das nicht. Einen anderen Lektor würde Majas Schluss vielleicht sogar faszinieren. (Also Kopf hoch, Maja. Das wird schon :winke:)

Antigone

Zitat von: Lavendel am 30. August 2007, 07:38:34
Bei vielen Leuten ist es so, dass sie eine Geschichte nur nachvollziehen können (wollen?), wenn sie gewissen Erwartungen entspricht (ich vermute, das ist bei uns allen so, vielleicht aber in unterschiedlichem Maße.

Aber anderseits gibt es doch nichts langweiligeres als Bücher, wo ich ab Seite 30 schon genau sagen kann, wie es ausgeht (ob das jetzt gut oder schlecht sein wird). Ich will Geschichten, die Haken schlagen, wo genau alles anders kommt, als ich denke.

Wer das nicht will, soll Barbara Cartland lesen - da sinkt die schöne Heldin immer in die muskulösen Arme des Helden und sie lebten glücklich bis zum ersten Ehekrach (aber über den liest man dann eh nichts mehr).

Lg, A.

Grey

Yo, mein großes Ziel ist es, eine Autorin zu werden, die ihren Lesern ständig lange Nasen dreht.

Ällabätsch, das habt ihr jetzt nicht gedacht, was? Mwaaaaahahahahah  :ätsch: ;D

Naja. Ich arbeite dran. ::)

Coppelia

Ich persönlich mag's ja gar nicht, wenn man als Leser gegängelt wird, wenn man sich den Handlungsverlauf ausrechnen kann und nur die bekannten Muster bedient werden. Ich liebe es, wenn ich als Leser herausgefordert werde. Leider ist es aber wohl wirklich so, dass es vielen Lesern gar nicht so geht. Was ich in gewisser Weise auch verstehen kann, wenn man z. B. ausschließlich zur Unterhaltung liest. Vielleicht ist der Unterschied ja auch einer der Gründe, warum man überhaupt selbst schreibt. ;)

Grey

Ich denke es kommt auch auf die Mischung an. Natürlich will man, dass es spannend bleibt, und das ist nun mal vor allem dann so, wenn man nicht weiß wies ausgehen wird. Andererseits, vor allem wenn man sich stark mit den Charas identifiziert, möchte man ja auch irgendwie, dass es für sie gut ausgeht und verzeiht es dem Autor evtl nicht, wenn er ein schlechtes Ende baut. Auch wenn es vielleicht ungewöhnlich und originell ist.

Antigone

Zitat von: Grey am 30. August 2007, 10:05:07
Yo, mein großes Ziel ist es, eine Autorin zu werden, die ihren Lesern ständig lange Nasen dreht.

Ja, genau das will ich auch!!! ich möchte, dass meine Leser das Buch in die Ecke pfeffern und schreien: "Wie konnte sie denn das nur tun!?" - und es dann sofort wieder aufheben, weil sie wissen wollen, wies weitergeht.

Klar kann mans nicht jedem recht machen. Aber die Leser suchen sich ja die Bücher, die ihnen zusagen. Wer alles vorhersehbar haben möchte mit Happy-End, der liest eben Rosamunde Pilcher, und wers kalt-warm kriegen möchte, der liest eben... Antigone!!!

Lg, A.

Immortal

Naja als bestes Beispiel mit bittersüßen Enden kann ich nur Georgre R.r. Martin bringen mit dem Lied von Eis und Feuer. Was der seinen Figuren so antut... da hab ich schon so manches Mal geheult. Er lässt kleine Jungen stürzen, dass sie sich die Beine lähmen, große Häuptlinge lässt er erblinden, so dass sie ihr gesamtes Reich verlieren... da blutet jedem Leser das Herz  :(

Aber es ist wirklich so, dass man gerade dann verzweifelt und wütend das Buch wieder in die Hände nimmt und einfach nicht mehr los davon kommt. Und genau das will ich auch schaffen. Ich will das Herz des Lesers bluten lassen, ihn aber gleichzeitig mit spannenden Szenen, in denen man wirklich nicht weiß überlebt der Charakter jetzt oder nicht? Entschädigen.
Zahme Vögel träumen von der Freiheit, wilde fliegen.

Nirvana@7

Das hängt davon ab ob es sich hier um einen Teil oder eine Triologie handelt. Bei einer Triologie oder mehr teilen würde ich die Enden eines Teiles immer mit einem Erfolg, aber auch mit einer Niederlage versehen:
z.b. Die Helden können die Prinzessin des Königreichs Alta retten, aber verloren viele Verbündete in der Schlacht gegen ihren Erzfeind. Bei einem Einteiler (ich sage das mal so), könnte man diese Theorie ebenfalls befolgen oder wie bei einem Ende einer Triologie, ein gutes Ende machen. Wie böse es sein darf?
Naja, die Welt sollte nicht gerade untergehen, aber man kann sich es durchaus erlauben, den Helden der Geschichte sterben zu lassen oder den Erzfeind siegreich aus der Schlacht hervorgehen lassen. Ob du das jetzt machst oder etwas noch schlimmeres musst du entscheiden.

Lg NicK B.
;D :) ;)

zDatze

Mein absolutes Lieblingsbuch ist "Zu den Waffen!" von Michael A. Stackpole. Obwohl ich anfangs skeptisch wegen der Ich-Erzählsweise war, hat es mich total gefesselt. Geniale Story!

Auf jeden Fall für jeden empfehlenswert, der traurige und unvorhersehbare Endings liebt.

Wobei man aber sagen muss, dass das erste Buch (meiner Meinung nach) eindeutig besser ist als die darauf folgenden. Vielleicht bin ich auch zu anspruchsvoll als Leserin und habe einfach mehr erwartet nach dem ersten Roman.

THDuana

@ zDatze
Und wie böse war das Ende jetzt? ;D

zDatze

Ich drück es mal so aus: Ich war geschockt, irgendwie ein bisschen wie vor den Kopf geschlagen. Ich hab mit dem Helden der Geschichte mitgelitten und auf jeden Fall hätte ich nie gerechnet, dass es so ausgeht.