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Gut bei Stimme: Übungen und Tricks für Sängerinnen und Vorleser

Begonnen von Ary, 10. Mai 2016, 09:59:51

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Ary

Zitat von: Merwyn am 23. Mai 2016, 10:53:12

Jein.
Professionelle Sprecher lernen das durchaus, aber halt in dem Maß, in dem es richtig ist.
Wenn du "nur" bei einer Lesung vorliest, klingt es in den meisten Fällen wahrscheinlich zu übertrieben oder schlicht falsch betont. Da ich nun quasi vom Fach bin, höre ich z.B. so was bei anderen Menschen durchaus und es fällt mir auch negativ auf (besonders falsch ausgesprochene -ig's gehen mir jetzt so was von auf den Senkel, es nervt mich selbst, wie sehr mich das nervt ;))), aber die Mehrheit der Zuhörer dürfte "ungeschult" sein und es somit selbst auch nicht besser wissen.


Oh ja, gruselig. Mir rollen sich die Fußnägel auf, wenn jemand "Könik" statt "Könich" sagt. Oder "ewik".

Überbetonen beim Singen ist fast schon ein muss, damit der Zuhörer was versteht, beim Lesen wirkt es übertrieben. Klingt vielleicht blöd oder arrogant, aber ich finde, beim Vorlesen ist eine "kultivierte" Aussprache wichtig. Kein Nuscheln, kein Verschleifen, kein zu starkes Verschlucken von Endsilben, aber auch keine unnatürliche Betonung. Gar nicht so einfach.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Merwyn

Ich kann keine Wetterberichte mehr schauen/hören. "Morgen wird es sonnig, am nachmittag wolkig und am besten gibt es auch noch fümunzwansig Grad... ;)

Zitat von: Aryana am 23. Mai 2016, 10:58:34
Klingt vielleicht blöd oder arrogant, aber ich finde, beim Vorlesen ist eine "kultivierte" Aussprache wichtig. Kein Nuscheln, kein Verschleifen, kein zu starkes Verschlucken von Endsilben, aber auch keine unnatürliche Betonung. Gar nicht so einfach.
Den Anspruch habe ich inzwischen auch. Was mir eigentlich mehr unnötigen Ärger bereitet, als sein müsste, denn, ganz ehrlich, woher soll ein "normaler" Mensch das bitte alles wissen? Ich ärgere mich dann immer über mich selber, dass ich mich darüber ärgere, dass die Person das jetzt falsch gesagt hat.  ::)

Ich würde aber jedem empfehlen, der plant öfter zu lesen oder generell z.B. beruflich viel Sprechen muss, ein Sprechertraining zu machen. Meine Ausbildung hat damit begonnen, das war ein knappes Vierteljahr, das sollte es einem schon wert sein. Gerade, wenn man selbst vielleicht jemand ist, der absolut wert auf korrekte Rechtschreibung und Grammatik beim Schreiben legt. Dann sollte man den gleichen Anspruch an seine Aussprache haben, finde ich.


Judith

Zitat von: Aryana am 23. Mai 2016, 10:58:34
Oh ja, gruselig. Mir rollen sich die Fußnägel auf, wenn jemand "Könik" statt "Könich" sagt. Oder "ewik".
Kurzer, unqualifizierter Einwurf: Das ist meines Wissens eher eine regionale Frage. Mir rollen sich nämlich die Zehennägel auf, wenn ich "Könich" oder "ewich" höre - auch bei manchen Hörbuchsprechern irritiert mich das mitunter sehr.

Pestillenzia

Zitat von: Judith am 23. Mai 2016, 21:30:08
Kurzer, unqualifizierter Einwurf: Das ist meines Wissens eher eine regionale Frage. Mir rollen sich nämlich die Zehennägel auf, wenn ich "Könich" oder "ewich" höre - auch bei manchen Hörbuchsprechern irritiert mich das mitunter sehr.

Danke, das beruhigt mich. Geht mir nämlich genauso.

Aber zurück zum Thema: Ich hatte am Freitag meine erste Solo-Lesung mit reiner Lese-/Erzählzeit von ca. 1 Stunde. Blöderweise bekam ich genau eine Woche vorher eine Halsentzündung und wurde heiser, sodass ich schon befürchtete, eventuell nicht lesen zu können. Was mir geholfen hat: mehrmals täglich mit Salbei oder Teebaumöl gurgeln, mehrmals täglich lindernde und befeuchtende Tabletten lutschen (u.a. diejenigen, die Alys erwähnt hat - schmecken scheußlich, helfen aber), Schleimlöser und - der Tipp kam von einem professionellen Sprecher - nienienie räuspern, sondern den Schleim immer abhusten, in der Akutphase wenig sprechen, dafür leise vor sich hinbrummen. Das löst den Schleim und macht die Stimmbänder geschmeidig.

Hat auch tatsächlich geklappt. Die Stimme war zwar nicht ganz wiederhergestellt, aber sie hat den ganzen Abend über gehalten.

Merwyn

Zitat von: Judith am 23. Mai 2016, 21:30:08
Kurzer, unqualifizierter Einwurf: Das ist meines Wissens eher eine regionale Frage. Mir rollen sich nämlich die Zehennägel auf, wenn ich "Könich" oder "ewich" höre - auch bei manchen Hörbuchsprechern irritiert mich das mitunter sehr.

Nein, das ist nichts regionales. Korrektes Hochdeutsch ist "Könich" und "ewig". Nur vor Vokalen und bei zusammengesetzten Wörter wird das ig auch"-ig" gesprochen. Also "Das ist richtich", aber "die richtige Aussprache", zum Beispiel.
Genauso wie man Chemie nicht "Kemie" oder "Schemie" sondern "Hemie" mit leicht angedeutetem K-Laut am Anfang ausspricht. Finde ich auch furchtbar, ist aber so.
Bei Hörbuchsprechern, die das anders machen, würde mich interessieren, wie die in ihren Beruf reingekommen sind bzw. wo die arbeiten. Vielleicht hätte ich mit meinem bairischen Klang in der Stimme dort auch ne reelle Chance ;)
Aber mal ernsthaft, wie wir sprechen, ist natürlich jedem selbst überlassen. Hat man allerdings einen Beruf, bei dem es aufs Sprechen ankommt, kriegt man nichts, wenn man nicht mal die Basics beherrscht, wie eben die ig-Regeln. In Radio und Fernsehen wird das gerade bei Moderatoren wohl nicht mehr so eng gesehen, weil die die breite Masse erreichen sollen, aber Hörbuch/-spiel und Synchro kannst du vergessen, wenn du nicht gerade eine regionale Rolle abkriegst, die mit Dialekt spricht.
Mir ist aber auch klar, dass das hier wahrscheinlich zu weit führt, weil ja von Tipps und Tricks die Rede war und nicht von der Branche selbst, also halte ich mich in die Richtung vielleicht besser etwas zurück, um nicht zu verwirren. Wenn nicht gerade ich bei euren Lesungen im Publikum sitze, solltet ihr auch auf der sicheren Seite sein ;)

Genau, Räuspern ist schlecht, weil da die Stimmbänder unkontrolliert gegeneinanderschlagen.
Leise sprechen strengt die Stimmbänder übrigens auch mehr an als laut, also wenn ihr heiser seid, lieber gar nichts sagen, bevor ihr euch flüsternd verständigen wollt.

Liane

Was mir immer hilft, ist die Bewegung. Das Blatt nicht krampfhaft in beiden Händen halten, sondern nur in einer. Die andere bleibt locker und gestikuliert. Das bremst mich auch automatisch im Tempo und macht mich natürlicher. Allerdings sollte man sich nicht Bewegen um des bewegens-Willen. Ich gestikuliere eben auch beim natürlichen Sprechen viel, daher hilft mir das. Andere irritiert das und sie können sich nicht mehr auf das Sprechen konzentrieren.

Räuspern ist tatsächlich das Schlimmste, was man seiner Stimme antun kann. Ich habe beim Sprechtraining das "mmmah" für mich entdeckt. Statt Räuspern mach ich "mmmah". Da sollte das Mikro allerdings aus sein.  ;D

Mittlerweile habe ich mich bei Lesungen auch davon verabschiedet, mich hinzusetzen. Klar, wenn alle sitzen, mach ich das auch, aber ich stehe lieber. Da kann ich besser Kontakt zum Publikum aufnehmen, als mich hinter dem Tisch zu verschanzen.

Ansonsten waren hier so wahnsinnig perfekte Tipps, dass mir nichts weiteres dazu einfällt, außer: Ich zwing mich nicht mehr zum Lautersprechen. Wenn ich eine Stunde lang lauter sprechen muss als ich normalerweise tue, dann bin ich schneller heiser als ich gucken kann. Stattdessen muss das Mikro ebenlauter gepegelt werden. Dafür ist es ja auch da. Dann muss ich nur den Abstand zwischen Mikro und Mund überbrücken und das entspricht dann ja einer natürlichen Sprechhaltung.

Und "König" und "Könich" musste ich mir leider antrainieren. Mittlerweile kann ich es aber. Nur bei "Ruhig" patze ich.

Judith

Zitat von: Merwyn am 24. Mai 2016, 10:24:32
Nein, das ist nichts regionales. Korrektes Hochdeutsch ist "Könich" und "ewig". Nur vor Vokalen und bei zusammengesetzten Wörter wird das ig auch"-ig" gesprochen. Also "Das ist richtich", aber "die richtige Aussprache", zum Beispiel.
Also ich kann nur sagen, dass eine meiner besten Freundinnen eine professionelle Sprechausbildung hat und bei CD-Aufnahmen am Ende ihrer Ausbildung das "ig" nicht als "ich" gesprochen hat. Es gibt in der Schriftsprache zahlreiche gleichberechtigte Varianten nebeneinander, die vor allem eine regionale Sache sind - da wäre ich nun doch bass erstaunt, wenn es bei der korrekten Aussprache von Standarddeutsch keinerlei kleine regionale Unterschiede geben sollte.

Maja

Als wir in Aachen mit dem Chor das Dettinger TeDeum von Händel gesungen haben, musste ich mir in den Text rein notieren, dass die Aachener singen "Heilich Heilich Heilich" und nicht wie mein alter Chor im Münsterland "Heilik Heilik Heilik". Dass der Chor überdeutlich artikulieren muss, gilt aber nicht grundsätzlich, sondern hängt vom Werk ab. Wenn man Barockes sind, sind die Vokalisen wichtiger als die Artikulation. Singt man hingegen die "Carmina Burana", ist die Artikulation das Ein und Alles, weil Orff das so wollte.

Was ich im Chor gelernt habe und seitdem vor jedem Sangesauftritt und jeder Lesung mache, ist Lippenbrummen. Man stellt sich hin und schnaubt wie ein Pferd, brrbrrbrrbrrbrr, Tonleiter rauf und runter... Klingt albern, hilft aber total. Die Stimmlippen werden dabei durchblutet, und man wird nicht mehr so schnell heiser.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Merwyn

Zitat von: Judith am 25. Mai 2016, 00:04:34
Also ich kann nur sagen, dass eine meiner besten Freundinnen eine professionelle Sprechausbildung hat...

Ja, hab ich auch, sonst würd ich mich hier nicht so aufmandeln ;) und wie schon gesagt wird nicht jedes ig "ich" ausgesprochen.
Natürlich gibt es regionale Ausspracheunterschiede. Ich z.B. spreche die Diphthonge und die Explosiven dank meines Dialekts anders aus. Was (leider) nicht heißt, dass das dann richtig ist.
Die ig-Regel unterliegt generell keiner regionalen Einschränkung.
Es kommt natürlich schon immer drauf an, was man liest. Moderation ist anders als literarisch, Hörbuch anders als Nachrichten und an die Zielgruppe muss man das Ganze auch anpassen. Würde ich jetzt nur bairische Sachen machen wollen, könnte ich die ig-Regeln getrost komplett ignorieren. Im Hochdeutschen (und davon habe ich geredet) geht das nur, wenn der Auftraggeber es wünscht. Ich musste z.B. schon mal Ludwig statt Ludwich sagen, weil es um Ludwig Thoma ging und das ganze schauspielerisch war.

Aber wenn deine Freundin das anders macht und keine Probleme damit hat, ist das doch super für sie. :)
Und dabei belass ich's jetzt.

Judith

Ich wollte damit eigentlich nur sagen, dass das anderswo selbst in der Ausbildung anders gelehrt wird und nicht meine Freundin als eine Autorität heranziehen ... aber egal ...

EDIT (zu früh abgeschickt): Interessanter Tipp, Maja, das muss ich mal ausprobieren. Ich habe eine eher leise Stimme und werde immer sehr schnell heiser oder bekomme Halsschmerzen, wenn ich länger laut sprechen muss. Ein Dienst beim Servicedesk mit laut und deutlich Auskunft geben, ist da oft schon ein großes Problem - und da ich in Zukunft möglicherweise auch manchmal Vorträge halten muss, muss ich daran dringend arbeiten.