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Erstickt der Buchmarkt an sich selbst?

Begonnen von Kaeptn, 22. Januar 2020, 08:25:06

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Zit

Ist doch schön, wenn die Bude voll ist, dann geht man heutzutage nach Marie Kondo einmal kräftig durch, und kann sich dann wieder neue Bücher kaufen. Wobei es tatsächlich schon so eine Kunst ist, seinen E-Book-Reader vollzukriegen, finde ich. ;D

Was ich mir wünsche, wäre, dass sich auch Bibliotheken gegenüber Selfpublishern öffnen würden bzw. mehr Titel in den Onlinekatalog aufnehmen würden, und auch endlich mal mehr als zwei Ausleihen zuzulassen. Es gibt Bücher, die lohnt es sich gar nicht, online auszuleihen, weil die teilweise Vorbestellungen im Zwanzigerbereich haben – da kann ich ja mehr als ein Jahr warten, ehe ich dran komme. Also die Onleihe sehe ich gerade als etwas, das künstlich unnötig schmal gehalten wird.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Alana

Die Onleihe wird für Autoren aber auch überhaupt nicht vergütet. Von daher finde ich es gut, dass sie nicht auch noch unbegrenzt verfügbar ist.
Alhambrana

Zit

#62
Ich dachte, Onleihe wird indirekt vergütet bei den VG-Wort-Ausschüttungen.

Edit:

Diese starke künstliche Beschränkung steht mMn. aber der Teilhabe der Massen an Kultur im Weg, auch insbesondere, wenn es um Selfpublisher geht. Ob man daran teilnehmen will, kann man ja auch immer noch selbst entscheiden, aber ich finde es schon schade, dass es so stark limitiert ist. (Und mMn. trägt das auch zum Raubkopieren bei.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Fianna

Ich glaube, so lange die Bibliotheken die bekanntesten Serien eines Genres ausmustern, weil seit x Jahren kein neuer Band kam (weils abgeschlossen ist!), obwohl die Reihe international höchst erfolgreich ist, muss man sich als Selfpublisher keine Hoffnungen machen. 

Christopher

Ich finde das Geschrei nach Marketing beängstigend und anstrengend.

Mal meine Perspektive:
Ich bin in keinem (!) Social Media Kanal aktiv, habe nicht mal ein Konto (deviantart zähle ich nicht dazu). Werbung für ein Buch, was ich dann auch kaufen würde, habe ich noch nie gesehen (natürlich habe ich Buchwerbung gesehen, aber keine die mich zum Kauf angeregt hätte und ja: Ich weiß dass auch Platzierungen zu Werbung zählen, ignoriere das aber hier mal). Ich war noch nie auf einer Lesung, hatte auch nie das Bedürfnis zu einer zu gehen und dieser ganze Klimbim geht mir sonstwo vorbei. Ich gehe in den Laden/auf Amazons Seite, schaue mir Cover, Klappentexte und Leseproben/Textauszüge an und das war's.
Mit dieser Art des Konsumierens falle ich nicht besonders auf, aber: es gibt mich.

Nun die Frage: Wie viele von meiner Sorte gibt es? Wie vielen ist dieser ganze Kram um den so viel Hype und Geschrei gemacht wird, völlig egal und verpufft an ihnen wirkungslos?

Natürlich gibt es Dinge, die sein müssen. Ein Buch muss sichtbar sein. Ich muss es im Laden oder in einem der Shops der üblichen Verdächtigen (Thalia, Amazon und co.) überhaupt finden/vorgeschlagen bekommen. Aber dieser ganze, meiner Meinung nach, völlig übertriebene Kram darüber hinaus? Wenn Leser wie ich die Zielgruppe sind ist das absolute Zeitverschwendung.

Das lese ich auch aus vielen Posts von euch hier und in anderen Threads heraus. Dass es teilweise völlig sinnlos ist. Was mich dann ärgert ist, dass viele Verlage das als Voraussetzung zu nehmen scheinen, dass man sich bei solchen Aktionen so sehr reinhängt etc. obwohl der Nutzen in meinen Augen bestenfalls zweifelhaft ist. Ein Autor ist kein Youtube/Instagram/wasauchimmer Influencer der am Fließband einfach und schnell konsumierbares produzieren kann über das sich eine sinnvolle Followerbase bilden lässt.
Keine Ahnung wann die einsehen, dass das nicht dasselbe ist. Ich hoffe, die Erfahrung der Generation Facebook verschwindet bald wieder aus den Marketingstrategien  ::)
Be brave, dont tryhard.

Maja

Zitat von: Zitkalasa am 24. Januar 2020, 17:45:58
Ich dachte, Onleihe wird indirekt vergütet bei den VG-Wort-Ausschüttungen.
Nein. Ebooks werden nicht berücksichtigt, und Bücher, die ausschließlich als Ebooks veröffentlicht wurden, können bei der VG Wort nicht gemeldet werden. Ich kann jede einzelne Unterseite meiner Webpage, jeden Blogartikel einreichen und zählen lassen, aber Ebooks, deren Ausleihen sich besser nachvollziehen lassen als alles andere, bleiben unberücksichtigt.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

FeeamPC

Das ist ... anachronistisch.
Bestenfalls.

Linda

#67
Zitat von: Christopher am 24. Januar 2020, 18:42:35
Mal meine Perspektive:
Ich bin in keinem (!) Social Media Kanal aktiv, habe nicht mal ein Konto (deviantart zähle ich nicht dazu).
(...)
Nun die Frage: Wie viele von meiner Sorte gibt es? Wie vielen ist dieser ganze Kram um den so viel Hype und Geschrei gemacht wird, völlig egal und verpufft an ihnen wirkungslos?

mehr Menschen, als man glaubt. Umgekehrt denke ich, dass auf diese Strategien vor allem buchaffine, kommunikative, weibliche Wesen bis 30 abfahren (das Alter ist nur mal grob geraten, ich hab jetzt kein schlaues Beispiel, um das zu belegen - ist meine Einschätzung) - Zumindest verfängt das logischerweise eher bei den Nutzern von Social Media, die ja auch eine Teilmenge der Leser sind (Facebook ist bei den Youngstern übrigens sowas von out, 8) ). Wer diese Kanäle nicht nutzt, an dem geht natürlich alles vorbei. Das sind in anderer Altersgruppe ganz schön viele. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Außerdem ist es wohl auch eine Genrefrage, in welchen Zirkeln was bekannt gemacht wird. Stoffel wie ich informieren sich eher in Foren und mit Rezensionen im Internet oder auf Cons oder im Freundeskreis, als bei Booktubern. Alte Bäume und so... 

Amanita

#68
@Christoph, mir geht es bei der Bücherauswahl ganz ähnlich wie.
Das kann ich für mich als Leserin so voll unterschreiben. Gerade im Fantasybereich finde ich persönliche Details zum Autor und dessen Lebenswelt völlig irrelevant. Sowas kann funktionieren, wenn ein starker Bezug zwischen den Büchern und dem Umfeld besteht. Also beispielsweise jemand schreibt über Pferde, hat selbst welche und kommentiert Pferdethemen. Oder jemand schreibt über gesunde, nachhaltige Ernährung und beschreibt, wie er auf dem Wochenmarkt eine tolle, alte Gemüsesorte gefunden hat und was er daraus gekocht hat.
So etwas liefert für Leser, die sich für das Thema interessieren auch einen Mehrwert und kann so dazu beitragen, das Interesse aufrechtzuerhalten und Lust auf die Bücher zu wecken.

Fantasy soll einen aber in fremde Welten entführen und da interessieren Anekdoten aus dem Autorleben einfach nicht. Und auch auf politische Statements würde ich liebend gerne verzichten, da setzen sie sich ja sowieso häufig in die Nesseln, wie es gerade JK Rowling immer wieder beweist. Mich interessiert die politische Einstellung des Autors nicht, solange es sich nicht ganz an irgendeinem Rand bewegt oder das Buch genutzt wird, um ungeschickt zu predigen.

Es würde mich wirklich interessieren, ob es tatsächlich so viele Leute gibt, bei deren Leseentscheidungen die Person des Autors oder gar deren Aussehen eine Rolle wichtige Rolle spielt.
Mir persönlich geht es bei Büchern darum, was drinsteht, nicht darum wer es geschrieben hat. Es sei denn, ich weiß, dass jemand genau meinen Geschmack trifft, dann kaufe ich da vermutlich auch neue Bücher.

Zit

#69
... Nachdem sich viele Autoren in letzter Zeit als misogyn / in alten Rollenbildern festhängend und teilweise auch fragwürdig in Bezug auf andere -ismen gezeigt haben, bin ich mittlerweile gar nicht mehr so uninteressiert, was deren politische Position angeht. Auch bei Kochbüchern oder Büchern zur Ernährung empfinde ich es als nicht unwichtig woher der/die/ x AutorIn seine Expertise bezieht. Das sind wirklich Köche, Hausmänner oder gar Heilpraktiker? Oder doch nur ein Journalist, der sich alles anrecherchiert hat? Und so geht das dann auch bei anderen Sach- und Fachbüchern. (Das heißt nicht, dass ausgebildete Ärzte nicht trotzdem Schmarrn von sich geben können, und Heilpraktiker auch mal gute (= keine gesundheitsschädigenden) Ideen haben.)

@Maja

Okay, das ist... unglaublich. Dann geht ja tatsächlich nur was über die Lizenzen. Das da die VG Wort nicht selbst mal auf die Idee gekommen ist, so ihre Einnahmen steigern zu können.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Christopher

Zitat von: Linda am 24. Januar 2020, 22:07:18
(Facebook ist bei den Youngstern übrigens sowas von out, 8) ).

Das habe ich auch an vielerlei Stellen schon so gelesen. Deine Einschätzung der Zielgruppe, die man mit dem SM-Kram (SocialMedia, nicht das andere ;D ) erreichen kann ist denke ich ganz gut. Aber wenn die eigene Leserschaft eben nicht zu den SM (ich glaub ich lass die Abkürzung doch sein ;D ) Vielnutzern gehört, ist es sinnlos, die zu bespielen.
Ich denke der "einfache" Erfolg von einigen Influencern (guck mal, der postet doch bloß 4-5 Bilder am Tag und macht nur 2-3 Videos die Woche!) blendet viele Marketingleute und die denken was so "einfach" ist, kann jeder und das verhilft jedem zu massenweise selbstgemachter Werbung. Lassen aber wie gesagt die Zielgruppe völlig aus den Augen.

@Zitkalasa und @Amanita

Exakt. Bei einigen Genres und in einigen Fällen mag das wirklich wichtig sein. Sachbücher: Hat der wirklich Ahnung von dem Thema? Politisch: Wer ist der Typ, wofür steht er? Biografie: Natürlich interessiert mich der Mensch dahinter, das ist der ganze Sinn so eines Buches.
Aber Fantasy? Das klingt gemein, aber da hab ich am Autor, seinem Leben, seinen Hunden/Katzen, usw. null Interesse.
Be brave, dont tryhard.

Amanita

ZitatAuch bei Kochbüchern oder Büchern zur Ernährung empfinde ich es als nicht unwichtig woher der/die/ x AutorIn seine Expertise bezieht.
Bei Sachbüchern sehe ich das auf jeden Fall auch so. Und auch bei allen Romanen, die stark von einem bestimmten Thema oder einem realen Setting leben.
Bei Fantasy finde ich aber den Hintergrund tatsächlich ziemlich irrelevant. Ob mich beispielsweise die Geschlechtervorstellungen stören, merke ich ja am Buch und wenn dort etwas dargestellt wird, was ich in Ordnung finde, der Autor aber an anderer Stelle irgendwas von sich gibt, was ich problematisch finde, gehe ich auch eher von einer ungeschickten Formulierung als von böser Absicht aus. Das kann sehr schnell passieren und genau deswegen stehe ich den schnellen, politischen Statements auf Twitter und Co inzwischen eher ablehnend gegenüber.
Grundsätzlich erwarte ich aber von einem Fantasyautor nicht, dass er sich mit jeder aktuellen Diskriminierungsproblematik im Detail auskennt und diese in seinem Buch thematisiert, das kann meiner Meinung nach auch gar kein Buch leisten.

Snöblumma

Zitat von: Amanita am 24. Januar 2020, 22:33:52
@Christoph, mir geht es bei der Bücherauswahl ganz ähnlich wie.
Das kann ich für mich als Leserin so voll unterschreiben. Gerade im Fantasybereich finde ich persönliche Details zum Autor und dessen Lebenswelt völlig irrelevant.

Aus der Perspektive desjenigen, der versucht, Marketing zu betreiben: Ich habe es vor ein paar Jahren mit Social Media versucht, bin aber ziemlich schnell wieder verstummt. Für meinen Teil weiß ich schlicht nicht, was ich dort erzählen soll. Mein Leben ist 8/15-Durchschnitt und besteht zu 95% aus Schlafen, Arbeiten, Wocheneinkauf, Wohnung putzen, Kind versorgen (und ähnlich "spannenden" Tätigkeiten, die sich in jedem Leben eines Menschen über 30 mit Kind finden). Wenn ich das schon selbst langweilig finde, warum sollte ich damit irgendjemandes Zeit stehlen? Andersherum gehöre ich aber auch zu der Sorte Mensch, die es nicht interessiert, wenn andere aufstehen, frühstücken, Sport machen, zur Arbeit gehen, Freunde treffen, Bücher lesen und ähnliche belanglose Dinge tun, die ungefähr jeder andere Mensch auch tut. Die wirklich interessanten Dinge dagegen, die finde ich so persönlich, dass ich sie schon im Freundeskreis vorsichtig teile, von daher haben die auf Social Media schon gar nichts zu suchen. Aber wahrscheinlich habe ich da das ganze System nicht so ganz verstanden - wobei ich es ehrlich gesagt auch im echten Leben unhöflich finde, wenn man mit belanglosem Quasseln anderer Leute Zeit verschwendet. Und ich andersherum niemanden mit meinem belanglosen Unfug behelligen will :D.

Zitat von: Linda am 24. Januar 2020, 13:34:45
Meine Hoffnung ist, dass sich der Markt gesundschrumpft, ohne dass hiesiege Autoren es ausbaden müssen. Und für die Sättigung sind definitiv nicht bloß die Selfpublisher verantwortlich. Denn, seien wir mal ehrlich: über ein Jahrzehnt lang wurden auch von Verlagen wild Titel (oft Übersetzungen) auf den Markt gebracht nach der Methode more of the same, das könnte erfolgreich sein, also probieren wir es und hoffen auf einen imaginären Bücher-Darwineffekt.

Ich gehe stark davon aus, dass sich das gesundschrumpft. Und die großen Verlage, die ja teilweise immer noch für mein Laienverständnis nach seltsamen Kriterien Bücher verlegen und bewerben, die haben nicht unbedingt einen Startvorteil in diesem Prozess. Sie haben hohe Fixkosten, einen langsamen Entscheidungsprozess, verschiedenste Interessen im selben Haus, etc. Der kleine Selfpublisher kann auf viele Dinge viel schneller reagieren...








Coppelia

#73
@Snöblumma
So herzlichen Dank für diesen Beitrag! :vibes: Er hat mich zum Schmunzeln gebracht und auch gut mein Problem zusammengefasst (oder eins davon). Abgesehen davon, dass ich mein eigenes Leben ziemlich langweilig finde (und das ist es wohl auch, obwohl/auch weil ich keine Kinder habe), finde ich leider auch die entsprechenden Social-Media-Beiträge meistens einfach nur gähnend langweilig. Das betrifft auch vieles aus dem "bookstagram"-Bereich. So habe ich z. B. kein Interesse an dekorierten Bücherregalen anderer Menschen und vergleichbaren Inhalten. Nicht mal mein eigenes Bücherregal finde ich spannend. Ich finde zwar toll, dass es Menschen gibt, die das so begeistert, aber ich gehöre leider nicht dazu. Was aus Marketing-Sicht schade ist, da solche Dinge offenbar wichtig sind. Aber ich schreibe und lese usw. ja gerade, um an Dingen teilzuhaben, die mit dem realen Leben nicht unmittelbar zusammenhängen.
Da habe ich auch manchmal das Gefühl, etwas nicht richtig verstanden zu haben. Aber es fällt mir einfach schwer, Inhalte zu posten, hinter denen ich nicht stehe.

Ich brauche definitiv eine Strategie, die irgendwie anders funktioniert. :D Gemalte Bilder posten finde ich jedenfalls viel leichter - da kann ich immer etwas Interessantes zeigen; interessant in dem Sinn, dass ich es selbst interessant finde.

Alana

#74
Ich glaube, der größte Fehler, den viele, auch ich, auf Social Media machen oder gemacht haben, ist zu glauben, dass es um euch als Person geht. Das tut es nicht. Es geht um Kontakte zu den Personen, die ihr als Leser gewinnen wollt. Es geht darum, ihnen etwas zu geben, das sie unterhält, ihnen ein schönes Gefühl gibt und ihnen zeigt, ob eure Bücher etwas für sie sind. Es geht nicht um euren Alltag. Es geht um echte Kommunikation unter Buchmenschen. Wer Social Media nur als Werbung oder Selbstdarstellung sieht, hat die Grundlagen noch nicht verstanden und wird es schwer haben, die Menschen wirklich anzusprechen. Es geht nicht um euch. Es geht um sie. Das zu verstehen, macht so vieles leichter und auch viel schöner und mit Übung und viel Arbeit schafft man es auch irgendwann, Beiträge zu schreiben, die zu Diskussionen und echten Verbindungen führen, und dann wirkt das alles auch nicht mehr so fake, weil es das auch nicht mehr ist. :)
Alhambrana