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Opfer bringen für eine gute Geschichte

Begonnen von Alana, 11. April 2011, 21:40:39

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Alana

Ich habe irgendwann mal gelesen, dass eine Geschichte dann gut ist, wenn sie nur das Notwendige enthält, aber nichts, was nicht zum Gesamtergebnis beiträgt.

Wie seht ihr das?

Für mich würde das bedeuten, dass ich vielleicht die ein oder andere Szene oder Person, herausschneiden müsste, die mir aber eigentlich sehr am  Herzen liegt.
Es geht sogar soweit, dass ich das Grundmotiv für mein Buch, meine ursprüngliche Inspiration und Absicht in Frage stelle müsste.
Weil die Geschichte sich so entwickelt hat, dass das Ursprungsthema vielleicht nicht mehr so darstellbar ist, wie ich es mir wünsche.

Auf der einen Seite bin ich schon der Meinung, dass eben am Rande einer Buchwerdung viele Opfer gebracht werden müssen, aber trotzdem tue ich mich teilweise schwer damit.

Was mir auch schwer fällt ist, nicht jedes Buch, jedes Konzept, das mir in letzter Zeit gut gefallen hat, sofort einbauen zu wollen.

Ich glaube, das liegt daran, dass, auch wenn der Plot nun steht und ich damit zufrieden bin, meinem Buch noch der Stempel fehlt. Etwas, das alles schön abrundet und ineinander fügt. Meine eigene Note. Authentizität.

Geht es noch jemandem so?

Wie arbeitet ihr an diesen Dingen oder wie geht ihr damit um?




Alhambrana

Malinche

Hm, bis zu einem gewissen Punkt sehe ich das schon auch so und versuche, "Überflüssiges" aus meinen Projekten rauszunehmen. Ich hatte zum Beispiel eine Szene, in der meine Protagonisten gemeinsam ein Fischerdorf besuchen und richtig lecker essen gehen. Sie hatten coole Dialoge, ich mochte die Stimmung, das Setting ich habe die Szene schlichtweg geliebt.

Aber sie hatte absolut keine Plotrelevanz.

Nach langem Ringen (und entsprechenden Rückmeldungen von den Betas) habe ich die Szene dann gestrichen, weil ich eingesehen habe, dass sie innerhalb der Geschichte überhaupt keine Funktion hatte. Sie vermittelte weder relevante Informationen, noch wurden die Protagonisten in ihrer Charakterzeichnung klarer.

Was ich dann aber gemacht habe, war, bestimmte Elemente, die mir besonders gefallen haben, woanders wieder einzubauen.

Worauf ich hinauswill: Der erste Schritt wäre bei mir immer, den Dingen, die mir als überflüssig angekreidet werden, Plotrelevanz zu verpassen. Warum trägt diese Szene oder jene Person nicht zum Gesamtergebnis bei? Wenn ich das weiß, kann ich schauen, ob ich ihr eine Funktion zuweisen kann. Wenn nicht, und wenn es dann zu konstruiert wirken würde, dann streiche ich auch mal. Es kann aber durchaus dauern, bis ich den Abstand zu meinem Geschreibsel habe, um das tatsächlich durchzuziehen.
Und wieder eine andere Möglichkeit ist, zwar zu streichen, aber die Dinge in einem anderen, sinnvollen Kontext im Plot neu zu integrieren. Klappt nicht immer, aber manchmal.

Andererseits muss ich auch dazu sagen, dass es nicht immer ganz einfach ist, herauszufinden, was relevant ist und was nicht. Ich finde es auch immer wichtig, dass eine Geschichte dicht ist, dass die Details durchdacht sind, dass die Stimmung greifbar ist. Um das zu erreichen, ohne den Rest aus den Augen zu verlieren, bedarf es sicherlich einer Menge Übung.

Zitat von: Alana
Es geht sogar soweit, dass ich das Grundmotiv für mein Buch, meine ursprüngliche Inspiration und Absicht in Frage stelle müsste.
Muss das schlimm sein? Manchmal entwickeln Geschichten ein Eigenleben. Und man merkt ja beim Schreiben, dass man ihnen besser ihren Willen lässt. Wenn dann eine Szene, die im alten Plot gepasst hat, im neuen Konzept nur noch "stört", würde ich schon Konsequenzen ziehen. Man kann das ja auch ändern oder streichen, aber für ein neues Projekt recyceln. Und wenn es sich auch nach langem Überlegen und mit sehr viel zeitlichem Abstand zum Projekt falsch anfühlt, dann hat sich die Geschichte vielleicht in eine ungünstige Richtung entwickelt - und man sollte gucken, was man tun kann, damit die Szene, Person etc. wieder ins Gesamtkonzept passt. Das kann durchaus auch ein Zeichen dafür sein, dass etwas schiefläuft.

Kurz und gut: Es gibt meiner Meinung nach kein Patentrezept. Ich plotte meine Geschichten mittlerweile vorher durch, und selbst dann ändert sich noch sehr viel, meistens aber so, dass die neuen Entwicklungen sich harmonisch einfügen (oder zumindest bilde ich mir das ein). Streichen und kürzen bedeutet (fast) immer Herzblut. Und bis zu einem gewissen Grad muss man das als Autor auch können. Ich behaupte aber, dass man, auch wenn es wehtut, hinterher bei dem Ergebnis merkt, dass es der Geschichte gut getan hat - und dann ist das "Opfer" halb so schlimm. Hat man dieses Gefühl nicht, sollte man woanders ansetzen. Denn dann hat man noch nicht die Stelle gefunden, an der es hakt.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Runaway

#2
Spannende Frage. Aktuell nervt die mich auch - ich hab in meiner aktuellen Geschichte ein Gespräch mit einer Person drin, das absolut toll ist und für sich genommen auch was bringt, aber zur eigentlichen Handlung des Buches nix beiträgt und gestrichen werden könnte, ohne daß es jemand merkt.
Aber ich will das auch nicht!

Generell würde ich schon sagen, daß das stimmt. Wobei man das meines Erachtens noch deutlich präzisieren muß - was ist nun notwendig und was nicht?
Notwendig ist natürlich die Haupthandlung und alle Personen, die irgendwie an ihr beteiligt sind.
Aber manchmal ist es auch so, daß man ein liebloses Gerüst hat, wenn das alles ist, was vorkommt. Auch das habe ich in meinem aktuellen Projekt. Die Haupthandlung war für mich so fordernd, daß ich erst mal die geschrieben habe und alles andere hab ich erst mal weggelassen. Gerade bin ich nun dabei, es alles nachträglich einzufügen und ich merke, wie die Geschichte nur dadurch rund wird.

So eine ähnliche Diskussion hatten wir hier schon mal. Kurz zusammengefaßt, weil es gute Beispiele sind - was im Herrn der Ringe niemand in Sachen Haupthandlung/Notwendigkeit gebraucht hätte, ist z.B. Tom Bombadil.
Aber viele Leser lieben ihn.

Fantasy ist auch so ein Genre, wo man gern seine ganze Welt vorstellen möchte und die Helden an jeden möglichen Ort auf der Karte schickt, nur damit der mal vorkommt - überspitzt gesagt ;)
Aber man darf das nicht übertreiben. Das ist auch der Punkt, der mich gerade an Fantasy am meisten nervt. Die Autoren kommen da ganz oft einfach nicht zum Punkt.

Insofern würde ich schon sagen: Ja, eine Geschichte ist dann gut, wenn sie hauptsächlich das Notwendige erhält. Es darf eine eigentlich unwichtige Person oder Handlung vorkommen, wenn die besonders witzig, aufwühlend oder spannend ist und irgendwie zum Gesamterleben beiträgt.
So denke ich.

Und wenn man sich da nicht recht entschließen kann, die notwendigen Opfer zu bringen, dann hilft es vielleicht, die Handlung schon beim Plotten auf sowas abzuklopfen. Nur Dinge einbauen, die wirklich zielführend sind. Wie gesagt, ein paar Sidekicks schaden nicht, aber man muß da echt aufpassen.

Schreiben ist eben nicht nur Inspiration, sondern auch Handwerk. Ich fürchte, das Opferbringen gehört auch dazu.

Alana

#3
Zitat von: Malinche am 11. April 2011, 22:12:14

Muss das schlimm sein? Manchmal entwickeln Geschichten ein Eigenleben.

Ja definitiv!
Ich hatte eine Grundidee, etwas, das ich schon immer schreiben wollte und das mit sehr am Herzen liegt.
Damit es aber auch eine gute Fantasy Geschichte wird, musste ich viel drumherum entwickeln und nun stehe ich eben vor dem Problem.
Aber deinen Ansatz finde ich sehr gut, dass man dann nicht einfach streicht, bis es passt, sondern sich auch fragt, ob man nicht etwas für die ursprüngliche Idee tun kann, anstatt sie aufzugeben.

Mir ist gerade nochwas eingefallen: Mein  ursprünglicher Charakter ist eine sehr starke, charismatische Persönlichkeit, eine der Hauptmotivationen für mein Buch.
Mittlerweile stelle ich mir aber die Frage, ob ich ihn glaubwürdig schreiben kann.
Oder andersherum: Wenn ich ihn so schreibe, wie geplant, wird der Rest meines Buches dann glaubwürdig sein? Oder müsste das dann alles anders laufen?
Andererseits muss ja in einer Geschichte nicht alles immer glaubwürdig sein.
Hm, ist das jetzt OT? Sollte ich dafür in ein anderes Thema?

Ihr seht, ich bin gerade etwas verwirrt.


@Dani: ich sehe das ähnlich wie du. Aber für mich fällt das schon unter die Kategorie "etwas zum Gesamten beitragen".
Acuh wenn ich zu denen gehöre, die auf Tom Bombadil und vieles Andere bei LOTR hätte verzichten können :D
Alhambrana

Churke

Zitat von: Alana am 11. April 2011, 21:40:39
Ich habe irgendwann mal gelesen, dass eine Geschichte dann gut ist, wenn sie nur das Notwendige enthält, aber nichts, was nicht zum Gesamtergebnis beiträgt.

Um sich darüber zu unterhalten, müsste man erst einmal definieren, was man unter dem "Gesamtergebnis" versteht. Der nackte Plot bildet ja nur das Gerüst. Es gilt Figuren darzustellen, ihre Handlungen zu motivieren und vielleicht auch ein bisschen Gott & die Welt zu erklären. In Alatriste z.B. könnte man ganze Passagen als "Infodump" raus streichen. Dieser Infodump macht aber gerade den besonderen Reiz dieser Bücher aus.
Im Genre Fantasy ist es mit dem Bildungsauftrag des Autors vielleicht nicht so weit her. Hier geht es in erster Linie um Unterhaltung und ich möchte nicht so verwegen sein zu behaupten, dass ein nacker Plot per se unterhaltsamer ist als ein ausgeschmückter.

Kurzum: Ich denke, wenn man sich beim Schreiben erinnert, dass man beim Thema bleiben will, dann sollte einen das vor den gröbsten Verfehlungen bewahren.

Sanjani

Hallo zusammen,

ich bin ja auch gerade auf der Suche nach Dingen, die ich in meiner 1000-Normseiten-Geschichte kürzen könnte. Während des Schreibens war das überhaupt nicht so das Thema. Ich hab den Plot ganz durcheinander geschrieben und am Ende hat sich fast alles zusammengefügt. Eine oder zwei Szenen musste ich rausstreichen, weil die Standorte nicht mehr gepasst haben, aber das war kein Problem. Ich empfinde es auch grundsätzlich so, dass das alles seinen Gang geht - wenn A nicht passiert wäre, hätte B nicht passieren können. Allerdings gibt es bei mir im Mittelteil auch einige tolle Szenen, bei denen es eigentlich nur um Charakterentwicklung und Beziehungsaufbau geht. Und da bin ich jetzt auf meine Betas angewiesen, denn einerseits denke ich, man könnte es vielleicht kürzen, andererseits würde das vielleicht zu einem Bruch in der Geschichte führen, zumal die Protas auf der Rückreise sind und es komisch wäre zu schreiben, dass sie jetzt einfach wieder da sind, nur weil auf der Rückreise nichts absolut plotrelevantes passiert. Und dann wäre es ja auch komisch zu schreiben, dass Prota A und Prota B plötzlich zusammen sind, weil es keine Zeit gab das zu entwickeln. Insofern denke ich, dass auch so eine Nebenrelevanz wichtig sein kann um die Charaktere und ihr Tun bunt und plastisch darzustellen. Aber es sollte halt nicht ausufern. Und dafür sind Betaleser, glaube ich, ganz gut, weil man selbst das teilweise vielleicht nicht so abschätzen kann. Man weiß ja selbst viel mehr über den Plot und die Charaktere und wenn man zu viel kürzt, könnte es auch passieren, dass der Leser sich daran stört, weil man ihm vielleicht Infos vorenthält, die man gar nicht bewusst eingebaut hat. Ich denke deshalb abschließend, dass es Sachen gibt, die man leicht kürzen kann, das sollte man dann auch tun. Aber bei Sachen, wo sehr viel Herzblut drin steckt und die man eigentlich nicht kürzen möchte, sollte man etwas vorsichtiger sein.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Sven

Kürzen heißt ja auch nicht zwingend streichen.
Manchmal kann man auch Dinge zusammenfassen, oder es mit einem knackigen Satz auf den Punkt bringen.
Eigentlich kürze ich gerne, vor allem, wenn die Geschichte dadurch besser wird. Wenn es um Lieblinge geht, habe ich zum Glück meine "Alpha-Betaleserin" (meine Frau  ;D ). Sind sie cool, bleiben sie drin, verwirren sie nur, oder werfen die Frage nach dem "Warum ist diese Szene drin?" auf, fliegen die Lieblinge raus. Wenn man nicht darüber nachdenkt, tut es auch nicht so weh. Das ist wie mit dem Pflaster, das man schnell abreißt. Man muss sie danach natürlich schnell aus den Augen verlieren.
Allerdings bringen diese Lieblinge viel von der eigenen Note in den Roman mit ein, deshalb sollte man sie nicht mit der Machete bearbeiten, sondern mit einem Skalpell.
Der Rat 'töte Deine Lieblinge' ist viel zu allgemein gehalten und ich würde ihn so nicht unterschreiben.
Beste Grüße,
Sven

Feuertraum

Zitat von: Sven am 12. April 2011, 13:52:44
Kürzen heißt ja auch nicht zwingend streichen.

Äh...was denn sonst? Beim Kürzen nimmt man immer etwas weg, selbst wenn er nur einzelne Wörter sind.

ZitatDer Rat 'töte Deine Lieblinge' ist viel zu allgemein gehalten und ich würde ihn so nicht unterschreiben.

Das sehe ich genauso.
Die Schwierigkeit, die ich sehe, ist eben besagte Plotrelevanz. Natürlich läßt sich eine Szene in einem oder zwei knackigen Sätzen erzählen, was jedoch dem "Show, don`t tell"-Prinzip widerspricht.
Meines Erachtens ist das eine Geschichte, die der Autor entscheiden muss (oder eben Betaleser/Lektor). Doch wenn eben von diesen beiden ein dezenter Hinweis kommt, sollte man eventuell doch - wenn auch schweren Herzens - seinen Darling killen  :(
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Smaragd

Zitat von: Alana am 11. April 2011, 21:40:39
Ich habe irgendwann mal gelesen, dass eine Geschichte dann gut ist, wenn sie nur das Notwendige enthält, aber nichts, was nicht zum Gesamtergebnis beiträgt.
Na, definiere mal "das Notwendige"... gerade bei Fantasy gehört ja auch Atmosphäre dazu, einige Eigenarten der Welt/der Kulturen usw usf. Deswegen habe ich selbst auch immer große Probleme damit, zu entscheiden, ob eine Szene nun überflüssig ist oder nicht. Im Zweifelsfall schreibe ich sie immer erstmal und schaue es mir hinterher im Gesamteindruck an. Ergibt das immer noch kein Ergebnis, werden halt Betaleser zu Rate gezogen ;)


ZitatFür mich würde das bedeuten, dass ich vielleicht die ein oder andere Szene oder Person, herausschneiden müsste, die mir aber eigentlich sehr am  Herzen liegt.
Es geht sogar soweit, dass ich das Grundmotiv für mein Buch, meine ursprüngliche Inspiration und Absicht in Frage stelle müsste.
Weil die Geschichte sich so entwickelt hat, dass das Ursprungsthema vielleicht nicht mehr so darstellbar ist, wie ich es mir wünsche.
[...]
Was mir auch schwer fällt ist, nicht jedes Buch, jedes Konzept, das mir in letzter Zeit gut gefallen hat, sofort einbauen zu wollen.

Auch das kann ich sehr gut nachvollziehen :) Wenn sich die Geschichte anders entwickelt hat, würde ich vorschlagen, du lässt ihr diese Entwicklung und behälst das Ursprungsthema für eine andere Geschichte im Hinterkopf/in einer Datei. Bei Ideen- oder Themenüberflutung hilft es mir immer ganz gut, einfach mal alles unsortiert niederzuschreiben und auf eine andere, irgendwann später zu schreibende Geschichte zu vertrösten. Damit wird die Gefahr geringer, dass eine Geschichte völlig überfrachtet wird und Änderungen bei der Thematik sind auch leichteren Herzens machbar, wenn das ursprüngliche Thema woanders eben nochmal aufgegriffen wird. Vorausgesetzt natürlich, das neu entwickelte Thema ist auch gut ;)

Runaway

Zitat von: Feuertraum am 12. April 2011, 14:48:00
Natürlich läßt sich eine Szene in einem oder zwei knackigen Sätzen erzählen, was jedoch dem "Show, don`t tell"-Prinzip widerspricht.
Gelegentlich ist das aber absolut unvermeidbar und dann auch das bessere Mittel der Wahl. Insofern keine Angst davor!
Ich lese aktuell so ein Buch, wo die Protagonisten wirklich alles in Grund und Boden schwafeln und das bißchen Handlung dadurch unendlich aufgebauscht wird. Gefällt mir gar nicht, weil man so nicht vom Fleck kommt.
Man muß nicht alles bis ins kleinste Detail aufschreiben! Sonst verlieren wichtige Dinge auch ihre Bedeutung.
Wobei ich auf der anderen Seite letztens auch ein Buch dafür gehaßt habe, daß es wirklich nur nüchtern Bericht erstattete und gar nicht nah an der Sache dran war... ist halt eine Gratwanderung.

Sven

Zitat von: Feuertraum am 12. April 2011, 14:48:00
Äh...was denn sonst? Beim Kürzen nimmt man immer etwas weg, selbst wenn er nur einzelne Wörter sind.

In dem Zusammenhang bedeutet "streichen" für mich: ersatzlos löschen. Beim Kürzen kann man aber den Sinn eines Absatzes beibehalten, wenn es einem wichtig erscheint. Das wollte ich damit sagen.

Zitat von: Feuertraum am 12. April 2011, 14:48:00
Die Schwierigkeit, die ich sehe, ist eben besagte Plotrelevanz. Natürlich läßt sich eine Szene in einem oder zwei knackigen Sätzen erzählen, was jedoch dem "Show, don`t tell"-Prinzip widerspricht.

DIE Schwierigkeit sehe ich auch. Ich denke zwar nicht, dass man alles auf Biegen und Brechen nach dem "Show, don' t tell" - Prinzip schreiben sollte, aber wenn ich zu viel erzählen muss, weil ich sonst die Seitenzahl sprenge, habe ich ein Problem.

Da habe ich letztens einen mehrere Seiten Umfassenden Prolog !Anfang! gelesen, in dem der Autor die gesamte Vorgeschichte seiner Welt, samt Mythen, gequetscht hat. In so einem Fall ist Streichen angesagt. Was ist wirklich wichtig, und was ist nur dem Autor wichtig, für die Geschichte aber irrelevant?

ZitatDoch wenn eben von diesen beiden ein dezenter Hinweis kommt, sollte man eventuell doch - wenn auch schweren Herzens - seinen Darling killen  :(

Das sehe ich auch so, auch wenn es schmerzt. Der Lektor ist ein Gott, und wir sind seine Propheten.  ;)
Beste Grüße,
Sven

Sven

Zitat von: Dani am 12. April 2011, 15:09:46
Man muß nicht alles bis ins kleinste Detail aufschreiben! Sonst verlieren wichtige Dinge auch ihre Bedeutung.

:pompom: Das ist ein Satz, den man mehrmals unterstreichen sollte. Man vergisst auch schnell, dass der Leser sich langweilt, wenn man alles vor ihm ausbreitet. Dass der Leser sich auch mal selbst ein Bild machen möchte.
Es ist erschreckend, wie der Hinweis "Show don' t tell" zu einem Dogma geworden ist, das man um die Ohren gehauen bekommt, wenn man anderer Meinung ist.
Beste Grüße,
Sven

Runaway

Zitat von: Sven am 12. April 2011, 15:18:22
Es ist erschreckend, wie der Hinweis "Show don' t tell" zu einem Dogma geworden ist, das man um die Ohren gehauen bekommt, wenn man anderer Meinung ist.
Bin auch schon ganz fasziniert, daß noch keiner die Keule ausgepackt hat ;D

Telas

Mir ist es schon oft so gegangen, dass manche Dinge, ob Personen oder Szenen dem Laufe des Buches im Wege standen. Aber ich habe auch schon den Fehler gemacht, zu viel zu kürzen, deshalb ist es immer wichtig, externe Meinungen zu Rate zu ziehen, um die richtige "Anzahl" an Opfern zu finden.

Wenn ich mich aber partout von einer Szene oder einer Figur nicht trennen kann oder will, dann belasse ich sie einfach in der Geschichte, weil die Geschichte teil meines Wesens und damit meiner Identität ist.
Zwar reduziere ich damit meine Veröffentlichungschancen, die wegen mangelndem Talent ohnehin schon miserabel sind, noch weiter, aber dafür kann ich meine Geschichte so haben, wie sie mir am besten gefällt.

Also an deiner Stelle würde ich wahre, also tief einschneidende Opfer nur dann bringen, wenn du wirklich und ernsthaft auf die Veröffentlichung hinarbeitest, oder dir externe Meinungen sehr wichtig sind.

Siliel

Ich habe auch schon die ein oder andere Person oder Szene nicht geschrieben, die ursprünglich geplant waren (Oder ich habe sie im Eifer des Gefechts vergessen.), weil sie einfach nicht mehr gepasst haben oder nichts mehr mit der Handlung zu tun hatten. Aber ich finde, zumindest auf Szenen bezogen, solange sie noch irgendetwas zu der Geschichte betragen, zur Handlung, zum Hintergrund oder einfach nur zur Charakterisierung, dann haben sie meiner Meinung nach eine Daseinsberechtigung. Zumindest, wenn man dabei die Handlung nicht aus den Augen verliert.

Ich finde, dass man bei solchen Dingen auf sein Gefühl hören sollte. Außer, man will unbedingt veröffentlichen, aber dann würde ich mir das Wegstreichen trotzdem noch zweimal überlegen.