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"Schlechte" Übersetzungen

Begonnen von Fianna, 02. Dezember 2013, 19:03:11

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Tokanda

Zitat von: Djamena am 03. Dezember 2013, 17:13:24


Ich hätte den Übersetzer würgen können, den Roman so zu verhunzen.
Wäre jetzt interessant zu erfahren, ob (tschuldigung... ;) ) man wirklich den Übersetzer oder den Lektor in diesem Fall würgen sollte... Vielleicht geht das ständig wiederholt "ob" auf die Kappe des Lektors, wenn Herr Krug das sonst nicht so häufig verwendet?

Tinnue

Das mit dem "Ob" habe ich auch in einigen Romanen gelesen, ich glaube als letztes in "Tochter der Königin" (Dawn Cook). Ich fand das sehr passend für die Zeit, auch wenn es ungewöhnlich klingt im ersten Moment - so passend, dass ich es auch selbst gerne verwendet habe. Naja, so lange bis mich meine Testleser damals dafür gepfannt haben. Das war's mit dem "ob".  ;D

An sich lese ich nicht viele Romane im Original, bei denen, die ich hier habe, fällt mir glücklicherweise nix krasses auf. Aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es beim Lesen ärgert und vielleicht sogar den Lesefluss hemmt.

Alana

#62
Zitat von: Duana am 03. Dezember 2013, 20:51:23

Was die Sprache der Zeit betrifft, so habe ich in meinem Übersetzungsunterricht gelernt, dass es zwei Möglichkeiten gibt: (a) man möchte dem Leser die Zeit näher bringen und so den Sprachstil imitieren / beibehalten oder (b) man bringt den Text dem Leser näher. Am Beispiel vieler lateinischer Lektüre ist mir das besonders aufgefallen: es können noch so gute Übersetzungen sein, aber wenn sie nicht auf meine Zeit oder das Wissen, das man bei mir als Leser voraussetzen kann, zugeschnitten sind, geht mir ein Großteil des Sinns verloren. Viele Worte haben über die Epochen hinweg ihre Bedeutung und ihre Benutzung stark verändert und daher ist es in manchen Fällen schlicht besser, zu modernisieren.

Jaja, die gute alte Diskussion. ;D Allerdings bezieht sich das ja auf Texte, die aus der Epoche stammen, in der sie spielen. Ich habe mich auf einen historischen Liebesroman bezogen, der erst vor ein paar Jahren geschrieben wurde. Da ist die Sprache natürlich angepasst, weil der Leser das ja flüssig lesen und genießen soll. Trotzdem wird der Epoche Rechnung getragen, in dem man den Text ein bisschen auf alt macht. Selbst wenn ich das außer acht lassen und den Text anpassen würde, würde ich einen englischen Lord oder meinetwegen einen mächtigen Firmenboss, auf die heutige Zeit bezogen, nicht "Mann, ich muss echt mal los" sagen lassen.

Zu den Verlagsvorgaben: Die sind reichhaltig und oft ziemlich schwierig. Ein Punkt, der hier noch gar nicht angesprochen wurde: Recherche. Ich übersetze unter anderem historische Liebesromane und bin vom Verlag angeweisen, JEDES Detail nachzurecherchieren. Wenn also in einem Nebensatz eine seidene Tischdecke erwähnt wird, dann muss ich nachsehen, ob es die in Schottland im Mittelalter überhaupt gegeben haben kann. Wenn es Adelstitel gibt, muss ich sicher stellen, dass sie richtig verwendet werden. Dass ein Herzog nicht mit Mylord sonder mit Euer Gnaden angeredet wird und so weiter und so fort.
Ich kann nicht einfach sagen, hey, das hat die Autorin verbockt. Der Verlag will, dass ich das nachrecherchiere. Alles. Abgesehen davon will der Verlag auch, dass Übergänge geschaffen werden, wo der Autor sprunghaft geschrieben hat. Die Anweisungen, wie man was zu übersetzen hat, können je nach Auftraggeber bis zu 20 Worddokumentseiten umfassen. (Oder mehr, wer weiß. ;D)
Abgesehen davon wird in meinem Fall eine möglichst freie Übersetzung gewünscht, besonders bei Erotikszenen und emotionalen Stellen. (Vorteil, wieviel länger die Übersetzung hinterher ist, ist ziemlich egal, bei bis zu 30% sagt keiner was.) Da erlaube ich mir dann auch mal, so schicke Sätze wie folgenden einfach rauszukürzen:

Ein starres Stück Fleisch ragte aus seiner Lende und schwang bei jedem seiner Schritte hin und her.

Und nein, da wird kein Vergewaltiger beschrieben, das ist die Einleitung zu einer sehr emotionalen Erotikszene. ;D

Abgesehen davon steht meist im Übersetzervertrag, dass der Verlag berechtigt ist, ein gewisses Maß an Änderungen vorzunehmen, ohne sie vom Übersetzer absegnen zu lassen. Gerade Stellen, die also merkwürdig unpassend sind, stehen im Verdacht, hinterher eingefügt worden zu sein. Aus welchem Grund auch immer. Der Übersetzer hat dann lediglich das Recht, zu verlangen, dass man ihn nicht namentlich nennt.
Alhambrana

Djamena

#63
Ich habe nichts gegen die Verwendung von 'ob', ich benutze es selbst, wenn auch nur selten.

Aber es muss passen, und ob eines Sonnenstichs benommen werden geht gar nicht.

@Alana
Der Satz mit dem Stück Fleisch ist ...omg!

Fianna

Zitat von: Alana am 03. Dezember 2013, 22:05:54
Abgesehen davon steht meist im Übersetzervertrag, dass der Verlag berechtigt ist, ein gewisses Maß an Änderungen vorzunehmen, ohne sie vom Übersetzer absegnen zu lassen. Gerade Stellen, die also merkwürdig unpassend sind, stehen im Verdacht, hinterher eingefügt worden zu sein. Aus welchem Grund auch immer.
Also ist der Deckhengst (Stud), der zu einer Stute wurde, vielleicht nicht das Problem der Übersetzerin - die es zu Beginn ja richtig gemacht hat, sondern eines unaufmerksamen Lektors, der sich denkt: ha, in der Mitte des Buches war der Gaul noch weiblich  ???

Nunja.
Trotzdem, in diesem Fall sind dann wohl sowohl Lektor als auch Übersetzer nicht so die Sahne gewesen, dennn es gibt extrem viele schlecht übersetzte Stellen (das merkt man schon am deutschen, wörtlich ohne dass es einen Sinnzusammenhang im Absatz gibt) und einige Stellen, die total holprig klingen (was der Lektor ja scheinbar ohne Rücksprache hätte glätten dürfen).

Alana

Ich will auch nicht jede Übersetzung verteidigen. Gar nicht. Im Gegenteil. Ich ärgere mich ja auch drüber, wenn sie durch die Bank Fehler enthalten. Nur war ich früher mehr als pingelig und jetzt, da ich weiß, woher viele Fehler kommen können, bin ich es nicht mehr so extrem.
Alhambrana

Fianna

Mir gings eher darum, den Mechanismus zu verstehen... also hat nach dem Übersetzer ein Lektor das Buch gehabt, dr da evt Fehler reingemacht hat. Und/oder versäumt hat, Formulierungen zu verbessern.
Oder ein Verlag hat einen nicht so dollen Übersetzer beschäftigt (vllt kriegt der auch weniger? ??? ) und sich außerdem ein Lektorat gespart (oder vielleicht sollte nur ein Praktikant drüber lesen?)?

Bei deutschen Büchern kenne ich den Weg vom Manuskript zum Buch ja inzwischen, bei ausländischen war es mir nicht so ganz klar, durch welche Hände das Buch wann geht.

Alana

Alles ist möglich. Jeder Auftraggeber hat ein anderes Prozedere und investiert unterschiedlich viel, deswegen kann man das so pauschal gar nicht sagen. Idealfall ist für mich: Ich übersetze, dann geht der Lektor drüber, ich bearbeite und dann ist es fertig. Tatsächlich bekommt man eine Übersetzung nach dem Abgeben oft gar nicht mehr zu sehen.
Alhambrana

Linda

Zitat von: Ludovica am 03. Dezember 2013, 14:18:15

Und ganz ehrlich, ich bin ein riesiger Fan der Ortsnamen im Lied von Eis und Feuer. Wisst ihr eigentlich, was der Übersetzer da offensichtlich gemacht hat? Der hat nicht einfach die Sachen übersetzt - der gute Herr hat, meinen Analysen zufolge zumindest, tatsächlich die Etymologie deutschsprachiger Ortsnamen nachgeforscht und auf seine Übersetzung gemünzt! Das muss man erst mal schaffen, ernsthaft!

und das ist das Bittere. Man macht sich als Übersetzer zuweilen einen Kopf, gerade bei Eigennamen, und hinterher würdigt das wieder keiner. Aber klar, es gibt Künstler, und es gibt Möchtegerns und das weite Feld dazwischen.

ZitatWenn ein deutschsprachiger Leser z.B. 'King's Landing' lesen würde, was würde er denken? 'Aha, die Landung des Königs.' Weil Landing halt irgendwie wie Landung aussieht, joah. Macht das Sinn? Nein. Macht es Sinn, wenn man weiß, dass Landing ein Wort für einen Anlegeplatz ist, in englischsprachigen Ortsnamen meist im Zusammenhang mit Flussdeltas auftaucht, und dass entsprechende Orte im Deutschen als 'Mund' von 'Mündung' bezeichnet werden (wie in Dortmund)? Jepp, das macht Sinn.

und genau so habe ich das gerade gedanklich übersetzt, ohne das Original vorher zu kennen. Ich finde das einleuchtend, obwohl es halt doof ist, wenn sich eine verborgenere und eine populäre Bedeutung (Mund = Futterluke*) ins Gehege kommen. Aber der Mund kommt ja auch nicht von ungefähr.

ZitatUnd übrigens, für alle, die sich wegen Rechtschreibfehlern aufregen: es gibt auch bei Übersetzungsvorgängen Arbeitsteilung. Übersetzer rechnen damit, dass es nach einer Übersetzung noch ein Korrektorat gibt.

Das ist das mindeste an Qualitätskontrolle. Bei Lübbe gibt es für jede Übersetzung zB noch ein richtiges Lektorat (und da findet man regelmäßig ausreichend Autorenfehler(!) und Übersetzerfehler. Und danach erst kommt von einem weiteren frischen Augenpaar das Korrektorat.


* (naja, bei Geoffrey passt es ja, da ist nur Ego, Mund und kein Hirn)

Judith

Worüber ich schon ab und zu in Romanen gestolpert bin (konkret erinnere ich mich da an "Forever" von Judy Blume), das ist die unreflektierte Übersetzung von "tell" zu "erzählen".
Daraus resultieren dann solche schrägen Sätze (an den kann ich mich noch wortwörtlich erinnern):
Zitat"Nein", erzählte ich ihm.
::)


Was die ewige Diskussion Eigennamen im "Song of Ice and Fire" betrifft:
Ich finde, dass die Übersetzung aus mehreren Gründen oft misslungen ist.

1. Sie ist nicht konsequent. Manche Namen sind übersetzt, andere nicht (Stark und Winterfell als prominenteste Beispiel). Da außerdem die Vornamen in der Regel so bleiben, wie sie sind, die Nachnamen übersetzt werden, ensteht da, wo es auf Englisch ein stimmiges Gesamtbild ergibt, im Deutschen eine seltsame Mischung, da es sich großteils nun einmal um englische Vornamen handelt, z.B.: Ser Preston Grünfeld, Leyton Hohenturm, Lord Nestor Rois, Lord Eon Jäger, Lord Tytos Schwarzhain, bei den Ortsnamen Casterlystein, Berg Tarbeck, Elwald
Das Gefühl "das hat ein deutscher Autor geschrieben" stellt sich also schon alleine deshalb nicht ein.

2. Veränderung der Schreibweise, damit es "deutscher" aussieht, ganz egal, ob auch noch eine Bedeutung im Namen liegt, z.B. Peik (was genau sprach gegen Pike?) oder Fossowey (für Fossoway) bzw. unmotivierte andere Schreibung aus Aussprachegründen, wie das vielzitierte Lennister. Zum einen ist es doch egal, wie genau Leser das nun aussprechen (und im Englischen wird es auch nicht mit "e" gesprochen) und zum anderen müsste man dann zig andere Namen auch ändern, damit sie "richtig" ausgesprochen werden - analog zu Lannister-Lennister etwa Arryn-Erryn und bei Jaime gehe ich nun also davon aus, dass man es auf Deutsch als "Jeime" sprechen soll?

weitere seltsame Veränderungen, die es nicht wirklich "deutsch" machen (und das sind ja nur ein paar wenige Beispiele): Andrew - Andru (Andreas wäre doch wohl die logische "Übersetzung"), Alyce - Alyss, Cerwin - Cerwyn, Garse - Gars, Jenny - Jenne, Ryder - Rayder
Lennishort statt Lannisport ist ja jetzt auch nicht unbedingt eine logische Übersetzung

Aber während man über das alles ja diskutieren kann, ist das doch eigentlich gar nicht der Punkt. Das Problem ist doch nicht, dass man die Namen überhaupt übersetzt hat, sondern dass man es mitten in der Serie gemacht hat! Das ist doch der eigentliche Grunde, weshalb "das niemand würdigt". Klar, viele brechen es auf ein knappes "man sollte Namen nicht übersetzen" runter, aber die meisten meinen damit doch eigentlich "man sollte Namen nicht mittendrin auf einmal übersetzen".
Man hat sich tausende von Seiten an zig Namen gewöhnt, bei denen es aufgrund der Vielzahl ohnehin schon nicht einfach ist, sie immer zuordnen zu können, und dann werden viele dieser Namen einfach geändert! Mittendrin!
Das ist meiner Meinung nach ein absolutes Unding!

Und deshalb hinken auch alle Vergleiche mit Herr der Ringe oder anderen Büchern, in denen Namen übersetzt wurden, weil es dort überall von Anfang an so gemacht wurde! Ein wirklicher Vergleich würde sich erst dann ergeben, wenn man beim Herr der Ringe zuerst Frodo Baggins, Rivendell, Shire, Shelob gehabt hätte und das dann mitten im Buch zu Frodo Beutlin, Bruchtal, Auenland, Kankra geändert worden wäre. Und das wäre dann eine gute Übersetzungsarbeit, weil man sich bei der Übersetzung der Namen zweifellos Gedanken über eine stimmige Übersetzung gemacht hat? Das wäre etwas, das dann die Leser begeistert gewürdigt hätten? Wohl kaum.

Ludovica

#70
 ??? Judith, hast du noch die alte Übersetzung? Weil bei den neuen sind die Namen von Anfang an konsequent übersetzt, ohne Ausnahme.

(und Pike würde ich auf Deutsch zum Beispiel unbedingt als 'Piiieeekeee' aussprechen, das ist also meiner Meinung nach schon richtig, das zu übersetzen  ;D)

(Andru statt Andrew ist übrigens wieder Wirkung - Martin macht das sehr oft, dass er Namen, die eigentlich im Englischen existieren, alternativ schreibt (Eddard stat Edward, Jon statt John, Rickard statt Richard etc.); da bleibt der Übersetzer dem Autor treu)

Judith

#71
Zitat von: Ludovica am 04. Dezember 2013, 11:15:56
??? Judith, hast du noch die alte Übersetzung? Weil bei den neuen sind die Namen von Anfang an konsequent übersetzt, ohne Ausnahme.
Alle, die die Bücher vor 2010 begonnen haben (und dazu gehöre ich auch), haben 8 deutsche Bände lang andere Namen gelesen als die jetztigen. Da hilft es meiner Meinung nach nicht viel, dass jetzt alle mit den neuen Namen sind. Alle "alten" Leser - und das sind ja nicht wenige - müssen sich mit anderen Namen abfinden, ob sie wollen oder nicht.
Vielleicht können das manche einfach so wegstecken, aber ehrlich gesagt verbinde ich nach über 4000 Seiten einen Namen sehr fix mit einer Figur und auch mit einem Ort. Solche Änderungen bringen mich dann nicht nur massiv durcheinander, sondern machen es mir sogar schwer, darin immer noch dieselben Figuren zu sehen.
(Daher bin ich ja nicht die einzige, die dann auf Englisch umgestiegen ist - aber nicht jeder kann/mag Romane auf Englisch lesen)

Zitat
(und Pike würde ich auf Deutsch zum Beispiel unbedingt als 'Piiieeekeee' aussprechen, das ist also meiner Meinung nach schon richtig, das zu übersetzen  ;D)
Genau das meine ich ja: Die Aussprache wird hier als wichtiger gewertet als die Bedeutung, die darin mitschwingt. Denn bei "Peik" denkt doch niemand mehr an die Pike, oder? Und schon ist ein sprechender Name verschwunden.

Zitat
(Andru statt Andrew ist übrigens wieder Wirkung - Martin macht das sehr oft, dass er Namen, die eigentlich im Englischen existieren, alternativ schreibt (Eddard stat Edward, Jon statt John, Rickard statt Richard etc.); da bleibt der Übersetzer dem Autor treu)
Naja, aber der Typ heißt halt im Original nun mal Andrew. Warum übernimmt man manche englische Namen 1:1, übersetzt andere "richtig" ins Deutsche und verändert manche einfach nur so ein wenig? Das wirkt auf mich äußerst willkürlich.

Churke

Es gibt auch Wörter, die man nicht übersetzen kann. Zum Beispiel sind sowohl "Neusprech" als auch "Neusprache" für "Newspeak" eher unglücklich. Oder "Miniwahr" für "Minitrue" (Ministerium für Wahrheit). Da haben sich gewiss sehr kluge Leute eine Menge Gedanken gemacht, aber so richtig funktioniert es nicht.

Coppelia

#73
ZitatWas die Sprache der Zeit betrifft, so habe ich in meinem Übersetzungsunterricht gelernt, dass es zwei Möglichkeiten gibt: (a) man möchte dem Leser die Zeit näher bringen und so den Sprachstil imitieren / beibehalten oder (b) man bringt den Text dem Leser näher. Am Beispiel vieler lateinischer Lektüre ist mir das besonders aufgefallen: es können noch so gute Übersetzungen sein, aber wenn sie nicht auf meine Zeit oder das Wissen, das man bei mir als Leser voraussetzen kann, zugeschnitten sind, geht mir ein Großteil des Sinns verloren. Viele Worte haben über die Epochen hinweg ihre Bedeutung und ihre Benutzung stark verändert und daher ist es in manchen Fällen schlicht besser, zu modernisieren.

Jaja, die gute alte Diskussion.  Allerdings bezieht sich das ja auf Texte, die aus der Epoche stammen, in der sie spielen.

Der Gebrauch veralteter Sprache bei lateinischen Übersetzungen kommt häufig daher, dass die Lexika veraltet sind und für Vokabeln/Konstruktionen vor allem Übersetzungsmöglichkeiten anbieten, die schon nicht mehr dem modernen Sprachgebrauch entsprechen. Dasselbe gilt für Übersetzungs-"Traditionen". Es gibt natürlich lateinische Texte, die offenbar extra altertümliche Sprache verwenden. Andere wiederum sind auf dem sprachlichen Stand ihrer Zeit, sofern wir ihn rekonstruieren können, und es gibt keinen Grund, sie nicht in modernes oder zeitloses Deutsch zu übertragen.

Der Punkt, dass die Übersetzungen auf das Wissen, das der Leser mitbringt, zugeschnitten sein müssen, ist natürlich bei antiken Texten problematisch. Der antike Leser hatte ein anderes Hintergrundwissen als der moderne, und es ist nicht möglich, bei einer einigermaßen textnahen Übersetzung jede Menge Zusatzinformationen einzubauen - dazu muss man dann Fußnoten oder einen Kommentar benutzen.

Fianna

#74
Mir haben sich gerade wieder die Haare aufgestellt bei der Übersetzung eines Reihenbandes (historischer Roman), und es hat mittendrin einen Übersetzerwechsel gegeben.

Da ich hier von euch gelernt habe, wie Übersetzer und Lektorat zusammen arbeiten, habe ich mal die anderen Bücher des Übersetzers angeklickt (und dort die unterst-besternten Rezensionen).
Da das sonst nur bei einem Buch als Kritikpunkt kommt, scheinen das wohl anderweitig entstandene Fehler zu sein.
Ziemlich gruselig.

Ein anderer historischer Roman dieses Übersetzers beklagt zu moderne Ausdrücke oder Sätze wie "Das ist nicht fair!" etc.
Da ich in diesem Thread von der Seite der Übersetzer soviel erfahren habe, hatte ich direkt ein Bild vor Augen, wie der Lektor den armen Übersetzer zermürbt, weil er ihm alles Mögliche in dem Manuskript markiert und anstreicht, um dem Leser die Identifikation zu erleichtern. (Ich finde, man hätte sich denken können, dass das bei historischen Romanen nicht gut ankommt - jedenfalls nicht bei den Mehr-als-zwei-Bücher-pro-Jahr-Lesern.)

Oder der arme Übersetzer hatte einen Vertrag, der ihn gar nicht von solchen Änderungen in Kenntnis setzt, und so lasten alle etwas weiter denkenden Leser, die sich im Verlagsgeschäft nicht auskennen, die Fehler ihm an.

Ich habe mir schon ein oder zweimal gedacht, ich hätte vor einigen Jahren lieber einen entsprechenden Studiengang wählen sollen, mit dem ich als Übersetzer hätte arbeiten können. Aber als ich gerade auf der Amazon-Seite die zwei mutmasslich vom Lektorat verhauenen Bücher in der Referenz-Liste des Übersetzers sah, war ich doch ganz froh, dass ich keine Übersetzerin geworden bin.

~~~~~~~~~

Habt ihr schonmal nachträglich erfahren, was aus einem abgegebenen Übersetzung letzendlich geworden ist, und euch geärgert, dass das in eurer Referenzliste steht?