• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

LGBT: Diversität in der Fiktion und wie man sie schreibt

Begonnen von Nachtblick, 23. Oktober 2013, 20:51:35

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Zit

@Lothen  :jau:

Zitat von: Fianna am 21. Februar 2019, 13:06:22
Zitat von: Zitkalasa am 21. Februar 2019, 11:22:04
Zitat von: Lothen am 21. Februar 2019, 09:45:09
"Ey, da hast du mich aber total klischeehaft, stereotyp oder problematisch dargestellt."

Wie kommt denn die Elfe darauf, dass ich ausgerechnet sie dargestellt habe?
Eine Romanfigur ist eins: ausgedacht, nicht real, nicht lebendig. Wie kommt da ein Leser drauf, dass ich als Autor, der den Leser nicht kennt, ausgerechnet ihn darstelle?

Was mir auch aufstößt ist, dass cis-Autoren implizit vorgeworfen wird, sie könnten ja nur Klischee-Figuren schreiben.
Zu Deinem letzten Satz passt gut, was mir seit zwei Seiten auf der Zunge liegt: vor ein paar Jahren habe ich in exakt diesem Forum entgegen gepfeffert bekommen, ich müsse doch Problematiken thematisieren, ansonsten solle ich es lieber sein lassen, weil ich mich dann nicht damit auseinander setzen will (tyisch cis)...
Schön, das jetzt die Stimmung anders ist, aber ich habe die letzten Seiten durchgelesen und mir teilweise gedacht "Leute, ist das euer Ernst?! Jetzt auf einmal *zensiert*".

Braucht wie mit allem auch seine Zeit, oder? Ich meine, heute sind wir an einem anderen Standpunkt in der Buchwelt als vor ein paar Jahren. So wie PBard schrieb, dass er/sie auch keine Problembücher mehr lesen will sondern dass LGBT+-Figuren völlig unaufgeregt in den Geschichten vorkommen.

Mal völlig anabhängig von den gerade besprochen Sachen: Was mir noch so in den Sinn kam, ist, dass diese Diskussion selbst auch sehr... mitteleuropäisch geprägt ist? Ich meine, es ist auch ein Privileg darüber sprechen und schreiben zu können. Gibt andere Länder, in denen LGBT+ immer noch getötet oder stark unterdrückt werden.
Je nachdem in welchem Setting unsere Geschichten also spielen sollten wir sicherlich auch berücksichtigten, dass "die Norm^TM" nicht unbedingt kaukasisch und hetero ist. Beziehungsweise zeigt sich Diversität auch nicht unbedingt nur an möglichst verschiedenen Hautfarben oder Gendern. Als Kaukasier in Japan oder Südkorea ist man dann selbst die Minderheit. :hmmm: Oder meinetwegen in Qatar. Also, Diversität in anderen Settings ist nicht unbedingt die Diversität, die wir gerade hauptsächlich besprechen. Das ist schon stark auf die mitteleuropäische Sicht beschränkt, finde ich.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

PBard

Da ist man mal kurz im Büro, und der Thread explodiert zu neuem Leben. ;D

Sorry, wenn das jetzt entsprechend ein wenig lang und chaotisch wird:

Zitat von: Evanesca Feuerblut am 21. Februar 2019, 08:29:09Was ich außerdem problematisch finde, ist, dass man quasi gezwungen wird, sich zu outen, um sich zu legitimieren. "Ich bin Own Voice, weil ich (hier Buchstaben einfügen) bin!" macht mir Bauchschmerzen.
Ich will lieber selbst entscheiden, wem ich wann und wie sage, wo ich in der Buchstabensuppe schwimme, als dazu gezwungen zu werden, weil ich zufällig cis bin und ein perfektes Passing als Hetero habe.
:o

Großartiger Punkt, an den ich so nie gedacht hätte.

Als Schreiberling muß man sich in einer solchen "Own-Voice-Only"-Kultur dann entscheiden: Stellt man sich einem Shitstorm entgegen, weil man als angeblicher Normal kein Recht auf diese Themen hat - oder posaunt man in die Welt hinaus, daß man eben nicht "der Norm" entspricht? Am Besten noch innerhalb eines homophoben Umfeldes ...

Wie viele potenzielle Autoren entscheiden sich dann lieber dafür, erst gar nicht zu schreiben? Das fände ich nicht nur schade, sondern potenziell gefährlich - denn DAS würde tatsächlich zur Mundtotmachung einer Minderheit führen.

Zitat von: Lothen am 21. Februar 2019, 10:13:29
Bin da ganz bei dir, @jokergirl.

ZitatUnd auch bei Fantasy. Die Welt der Vergangenheit war oft um einiges bunter und lebendiger, als die prüden Geschichtsschreiber aufgezeichnet haben. Wenn ich heute Freunde habe, die trans, mixed race, Immigranten, queer etc. sind (und ich gehöre ein paar der Gruppen selbst an), dann will ich solche Menschen auch in meine Geschichten schreiben dürfen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass dir das jemand absprechen will, im Gegenteil.
Leider gibt es da doch einige sehr resolute Stimmen, die das möchten. Ich glaube aber auch nicht, daß das die Mehrheit der Betroffenen ist, sondern eben nur der Teil, der am lautesten schreit.

Auf der anderen Seite:

Zitat von: Lothen am 21. Februar 2019, 09:45:09Was ich an der Diskussion immer nicht verstehe ist: Wie kommt es, dass auf die Aussage "ich wünsche mir mehr Diversität in Büchern" so viele Leute das Gefühl haben, sie würden zu irgendetwas gezwungen? Ehrlich, ich versteh's nicht.
Weil leider einige Leute mit penetranter Vehemenz alles und jeden niedermachen, der in ihren Augen nicht divers genug schreibt. Das ist eine Tendenz, die in den letzten Jahren immer stärker wird und der ganzen Gleichberechtigungsbewegung nicht hilft, sondern extrem schadet. Das sind Leute, die mit ihrer umgekehrten Diskriminierung "normale Menschen" gegen uns aufhetzen, weil sie von sich selbst behaupten, sie würden "für uns" sprechen.

Es ist extrem schade, daß dann auf der anderen Seite der Eindruck entsteht, wir wären allesamt militante Heten-Hasser, aber ich verstehe, wie sich ein solch falsches Bild abzeichnen kann. Von den vielen, vielen LGBTQ+ Leuten, die einfach nur ganz normal ihr Leben leben und andere Menschen mit Respekt und Verständnis behandeln, hört man eben nicht viel.

Deswegen finde ich es ja auch so wichtig, Formulierungen wie "ein Recht darauf haben" tunlichst sein zu lassen. Ich kann Akzeptanz und ein fruchtbares Miteinander nicht erzwingen, oder noch schlimmer damit einläuten, daß ich alle "Normalen" über einen Kamm schere und verteufle.

Interesse und den Willen zur Zusammenarbeit wecke ich nur, wenn ich dem Gegenüber die Hand entgegenstrecke, statt ihn mit dieser am Kragen zu packen.

(Nicht auf dich bezogen, Lothen, sondern auf die generelle gesellschaftliche Situation der letzten Jahre. Kommt mehr als deutlich genug heraus, daß du genau das eben nicht vertrittst. :knuddel: )

Siehe dazu auch:

Zitat von: Fianna am 21. Februar 2019, 13:06:22Zu Deinem letzten Satz passt gut, was mir seit zwei Seiten auf der Zunge liegt: vor ein paar Jahren habe ich in exakt diesem Forum entgegen gepfeffert bekommen, ich müsse doch Problematiken thematisieren, ansonsten solle ich es lieber sein lassen, weil ich mich dann nicht damit auseinander setzen will (tyisch cis)...
Schön, das jetzt die Stimmung anders ist, aber ich habe die letzten Seiten durchgelesen und mir teilweise gedacht "Leute, ist das euer Ernst?! Jetzt auf einmal *zensiert*".
An der Stelle auch nochmal die Bitte: Nicht den Fehler machen, ein paar laute Stimmen als "den Willen der LGBTQ+ Community" anzusehen. Ich kann nur für mich selbst reden, aber für mich ist das keine "Jetzt auf einmal"-Einstellung.

Ich bin schon sehr lange der Meinung, daß jeder herzlich dazu eingeladen ist, Diversität und all die damit verbundenen herrlich kreativen Möglichkeiten für sich zu nutzen. Aber niemandem, absolut niemandem soll vorgeschrieben werden daß er sie nutzen muß. Eine Geschichte ist nicht automatisch schlecht, nur weil ein stockhetero, weißhäutig-blondhaariger Mann die Welt darin rettet. Die dürfen das auch, wenn die Geschichte gut geschrieben ist! :P

Was auch gleich weiterführt zu:

Zitat von: Evanesca Feuerblut am 21. Februar 2019, 10:59:16@Nebula definitiv. "Der Quotenschwule" oder "Die Quoten-Ausländerin" sind so Sachen ... näh... besser einen ganz undiversen Cast haben als das.
Oh, bitte, bitte. JA!

Auf gut Deutsch kotzen mich diese Quoten-Minderheitenvertreter schon so an. Nicht nur, daß sie meist stereotyp und für die Story komplett irrelevant sind, sie zeigen auch, daß sich der Schreiberling 0 für deren Gruppe interessiert. Was, wenn ihnen diese "Diversität" permanent aufgezwungen wird, auch ziemlich verständlich ist.

Wenn derselbe Schreiberling auf der anderen Seite keine Diversität in der Geschichte unterbringt, diese dabei aber interessant und mit viel Herzblut gestaltet - dann seh ich da überhaupt kein Problem. You do you.

Zitat von: Alana am 21. Februar 2019, 10:24:21Habt bitte keine Angst, über bestimmte Themen zu schreiben, weil ihr keine Own Voice seid. Ja, es wird Leute geben, die das stört, aber es wäre schade, wenn ihr euch deswegen davon abhalten lasst. Sucht euch lieber entsprechende Testleser, die euch helfen, und traut euch dann.
Bei dem Twitter-Thread kann ich an manchen Stellen nicht ganz zustimmen, weil die Angst vor Shitstorms gerade in Zeiten, in denen Social Media ganze Existenzen zerstören kann, eine durchaus reale Angst darstellt.

Ich find es nicht okay, diese komplett zu marginalisieren, nur weil andere Bedrohungen noch viel schlimmer sind. Jedes Problem, jede Form der Diskriminierung sollte für sich gesehen werden, auch wenn sie "nur" die privilegierte "Gegenseite" betrifft und vielleicht nicht gleich in Mord und Totschlag gipfelt.

Deine Zusammenfassung würde ich aber sofort so unterschreiben. In dreifacher Ausführung und in allen Farben des Regenbogens. :pompom:

Zitat von: Coppelia am 21. Februar 2019, 08:39:16Wenn man zu den Betroffenen gehört, ist es auch dann nur möglich, genau die Art von Betroffensein zu literarisieren, die man selbst erlebt hat, oder wird einem dann zugetraut, sich auch in andere Arten des Betroffenseins hineinzuversetzen? Wenn ja/nein, wer entscheidet darüber?
und
Zitat von: Zitkalasa am 21. Februar 2019, 11:22:04Wie kommt denn die Elfe darauf, dass ich ausgerechnet sie dargestellt habe?
Eine Romanfigur ist eins: ausgedacht, nicht real, nicht lebendig. Wie kommt da ein Leser drauf, dass ich als Autor, der den Leser nicht kennt, ausgerechnet ihn darstelle?
Meiner Meinung nach auch sehr wichtige Punkte.

Würde ich behaupten, daß ich mich besser in einen Transmann hineinversetzen kann, nur weil ich zufällig ebenfalls in der LGBTQ+ Gruppe angesiedelt bin? Ist es mein Recht (oder gar meine Pflicht) für LGBTQ+ Leser zu schreiben, diese zu repräsentieren und diese allumfänglich darzustellen, nur weil ich meinen eigenen, kleinen Platz auf diesem gewaltigen und diversen Spektrum habe?

Besser noch: WILL ich das?

Meine persönliche Antwort auf diese Fragen ist ein eindeutiges "NEIN".

Zitat von: AngelFilia am 21. Februar 2019, 18:01:14Aus meiner Warte noch etwas, das mir gerade bewusst wird: Ich kämpfe irgendwie auch mit mir selbst, da ich mich selber auch irgendwie in eine Schublade einsortieren möchte, dies aber nicht richtig kann ... und die Angst keine passende Schublade zu finden, kein "normales" Bild abzugeben - weil viele Leute diesem "nicht normal" oft auch feindlich gegenüberstehen - ist auch etwas, dass überwunden werden muss ... zumindest sagt mir das meine Perspektive und meine Erfahrung.
Sorry, falls das zu persönlich ist - aber warum glaubst du denn, in eine Schublade passen zu müssen?

Erfahrungen sind natürlich unterschiedlich, der eine hat Glück, der andere weniger. Ich persönlich hab die Erfahrung gemacht, daß gerade das Ausbrechen aus dem Schubladendenken zu größerer Akzeptanz führt. Ich komm teilweise mit Leuten prächtig aus, die der LGBTQ+ Community gegenüber sehr skeptisch und/oder feindseelig gegenüber eingestellt sind, die aber mit mir wiederum überhaupt kein Problem haben, obwohl ich meine Andersartigkeit nicht verstecke. Gerade daß ich nicht hingege und mit Schubladen-Terminologie um mich werfe, scheint es den Leuten einfacher zu machen, mich schlicht als Mensch zu akzeptieren.

Mondfräulein

Es gibt eine Menge queere Figuren, die ich in meiner Jugend gerne gehabt hätte, weil es uns schwer fällt, uns selbst zu finden, wenn alle Figuren, die wir in den Büchern kennen lernen, nie unsere eigenen Gefühle und Erlebnisse wiederspiegeln. Solche Figuren machen es uns leichter, mit uns selbst ins Reine zu kommen, denn wenn meine Lieblingsfigur genau dasselbe empfindet, dann kann es auch nichts Schlechtes sein, wenn ich so fühle. Jetzt, mit Mitte 20, habe ich diese Figuren gefunden. Es sind wenige, aber sie sind da. Die, die mir davon am wichtigsten sind und in denen ich mich am meisten wiederfinde, sind von heterosexuellen Männern geschrieben worden. Andere queere Figuren, deren Darstellung ich nicht so gut fand, wurden von queeren Autoren geschrieben. Andere queere Autoren haben wunderbare queere Repräsentation geschrieben. Manche nicht-queere Autoren haben richtig schlechte Repräsentation geschrieben. Alles davon kommt vor. Ich habe viel Positives aus Repräsentation ziehen können, die nicht von Own-Voices Autoren geschrieben wurde und ich finde es schade, dass Autoren jetzt gesagt wird, sie sollten solche Figuren nicht mehr schreiben. Vor ein paar Jahren haben wir sie noch ermutigt und mehr Repräsentation gefordert.

Also ja, ich möchte, dass nicht nur queere Autoren queere Figuren schreiben, denn ich möchte diese Figuren lesen und wenn auf einmal alle mehr Diversität in ihren Romanen hätten, dann wäre viel mehr gewonnen, als wenn es nur queere Autoren tun. In letzter Zeit gibt es immer mehr Repräsentation, zum Glück auch immer mehr außerhalb ihres eigenen Genres. Queere Figuren dürfen einfach existieren, ohne dass der ganze Film nur von ihrer Sexualität handelt. Casual Diversity. Aber ganz so einfach ist es dann auch nicht.

Es kommt zum einen darauf an, was für eine Geschichte ich überhaupt schreibe. Ein Fantasy-Setting ohne Homophobie, in dem die Sexualität der Hauptfigur ganz normal ist, kann super Repräsentation sein und ist wesentlich einfacher, als wenn ich anfange, mich mit den Problemen, die speziell damit kommen, queer zu sein, zu beschäftigen. Dann stelle ich nämlich die realen Probleme dar, mit denen Leute zu kämpfen haben, und da es immer noch so wenig Repräsentation gibt, kann ich auch sehr viel Schaden anrichten. Aber auch dann macht es einen Unterschied, ob ich eine Geschichte über ein lesbisches Mädchen schreibe, das Geister jagt, und dabei queere Themen nur am Rand erwähne, oder ob ich eine Geschichte schreibe, in der es wirklich nur um ihre Sexualität geht, Coming Out und so weiter. Letzteres würde ich eventuell wirklich eher queeren Autoren überlassen, ersteres nicht unbedingt.

Der Grund, warum mir die Repräsentation, die Männer geschrieben haben, die dieser Gruppe überhaupt nicht angehören, so gut gefallen hat, ist dass sie sie mit sehr viel Respekt geschrieben haben. Ich glaube, das ist auch hier der Knackpunkt. Wissen, womit man sich auskennt. Sich Hilfe holen, wenn man sich nicht auskennt. Recherche, oder im besten Fall sogar queere Betaleser.

Also ja, schreibt eure queeren Hauptfiguren, denn wenn ihr es gut macht, könnt ihr damit bei euren Lesern so viel Gutes bewirken. Aber seid euch auch bewusst, dass ihr viel Schaden anrichten könnt, wenn ihr es falsch macht. Es ist aber auch ehrlich gesagt kein Hexenwerk. Das Internet ist voll mit Artikeln, speziell von queeren Menschen für nicht-queere Autoren, in denen steht, was man vermeiden sollte und wie gute Repräsentation aussieht. Es gibt viele queere Menschen, die ihr dazu fragen könnt, zum Beispiel hier im Forum. Die Informationen sind da. Wirklich schlecht ist es nur, wenn sich Autoren nicht bewusst sind, dass sie auch zu diesem Thema recherchieren sollten, denn es gibt einige sehr schädliche Stereotypen, die man unbedingt vermeiden sollte.

Antennenwels

#153
Ein wirklich interessantes Thema über das ich mir in letzter Zeit auch vermehrt Gedanken gemacht habe. Es hat mich dazu gebracht, einiges in meinem Projekt kritischer zu betrachten. Ich muss allerdings auch gestehen, dass je mehr ich mich damit beschäftige, desto verwirrter werde ich. Wie auch in den letzten Beiträgen zu lesen war, scheint es im Moment fast zwei gegensätzliche Bewegungen zu geben, wenn man sich im Internet umsieht. Die einen empfehlen jedem so divers wie möglich zu schreiben, während auf der anderen Seite vermehrt Stimmen laut werden, die es einem fast schon untersagen gewissen Themen anzuschneiden, wenn man nicht selbst betroffen ist (insbesondere im englischsprachigen Raum). Ich fand die Diskussionen hier dazu bisher ausgezeichnet und habe begeistert mitgelesen.
Ich muss gestehen, ich gehöre zu den Leuten, die es am liebsten allen Recht machen möchten und die Vorstellung, dass ich jemanden mit dem was ich schreibe verletzten könnte, ist schon ziemlich beängstigend. Kurzum, ich bin immer noch ziemlich unsicher, was denn nun die richtige Herangehensweise ist. (Wobei es bei meinem Projekt, eher um Themen wie Unterdrückung und Rassismus geht, als LGBTQ Diversität, also nicht wirklich in diesen Thread passt).


Zitat von: PBard am 21. Februar 2019, 19:55:30
Zitat von: Evanesca Feuerblut am 21. Februar 2019, 10:59:16@Nebula definitiv. "Der Quotenschwule" oder "Die Quoten-Ausländerin" sind so Sachen ... näh... besser einen ganz undiversen Cast haben als das.
Oh, bitte, bitte. JA!

Auf gut Deutsch kotzen mich diese Quoten-Minderheitenvertreter schon so an. Nicht nur, daß sie meist stereotyp und für die Story komplett irrelevant sind, sie zeigen auch, daß sich der Schreiberling 0 für deren Gruppe interessiert. Was, wenn ihnen diese "Diversität" permanent aufgezwungen wird, auch ziemlich verständlich ist.

Wenn derselbe Schreiberling auf der anderen Seite keine Diversität in der Geschichte unterbringt, diese dabei aber interessant und mit viel Herzblut gestaltet - dann seh ich da überhaupt kein Problem. You do you.

Ab welchem Punkt ist ein Charakter nur eine Quote, oder besser gesagt, wie gross ist die Gefahr, dass ein Character oder auch ein Paar als `Quoten-LGTBQ+'-Charaktere interpretiert werden, wenn sie die einzigen sind, die in der Geschichte vorkommen?  Beispielsweise ein schwuler bester Freund, oder eine lesbische beste Freundin etc, ohne das die Sexualität wirklich zum Thema wird in der Geschichte. Ist das nun erwünschte Representation, und zeigt, dass in der dargestellten Gesellschaft gleichgeschlechtliche Liebe absolut normal ist, oder aber könnte man dem Autor in so einem Fall bereits Tokenism vorwerfen? Wahrscheinlich kommt es am Ende dann wieder darauf an, wie gut die Charaktere sind und ob sie mehr als nur aneinander gereihte Stereotypen sind.

Zitat von: PBard am 21. Februar 2019, 19:55:30
Zitat von: Alana am 21. Februar 2019, 10:24:21Habt bitte keine Angst, über bestimmte Themen zu schreiben, weil ihr keine Own Voice seid. Ja, es wird Leute geben, die das stört, aber es wäre schade, wenn ihr euch deswegen davon abhalten lasst. Sucht euch lieber entsprechende Testleser, die euch helfen, und traut euch dann.
Bei dem Twitter-Thread kann ich an manchen Stellen nicht ganz zustimmen, weil die Angst vor Shitstorms gerade in Zeiten, in denen Social Media ganze Existenzen zerstören kann, eine durchaus reale Angst darstellt.

Gab es nicht erst kürzlich wieder einen Fall im englischsprachigen YA Bereich, wo eine Autorin ihr Buch bereits vor Veröffentlich zurückgezogen hat, weil ihr auf Social Media vorgeworfen worden war, ihr Buch sei rassistisch? (Geht zwar nicht um LGBTQ, aber auch Diversität). Ich habe das Buch nicht gelesen, oder die Debatte im Detail verfolgt und kann daher auch nicht sagen, ob die Kritik gerechtfertigt war oder nicht, aber war durch Zufall auf einen Artikel dazu gestossen (https://www.theguardian.com/books/2019/feb/01/young-adult-author-cancels-own-novel-after-race-controversy). Jedenfalls definitiv ein Beweis dafür, dass Social Media einen grossen Einfluss auf einen Autor haben kann!
"You still prided yourself on three things: firstly, bloody-minded composure; secondly, an inhuman intellect for necromancy; thirdly, being very difficult to kill."

- Muir, Tamsyn. Harrow the Ninth

Mondfräulein

Zitat von: Antennenwels am 21. Februar 2019, 21:39:35
Ab welchem Punkt ist ein Charakter nur eine Quote, oder besser gesagt, wie gross ist die Gefahr, dass ein Character oder auch ein Paar als `Quoten-LGTBQ+'-Charaktere interpretiert werden, wenn sie die einzigen sind, die in der Geschichte vorkommen?  Beispielsweise ein schwuler bester Freund, oder eine lesbische beste Freundin etc, ohne das die Sexualität wirklich zum Thema wird in der Geschichte. Ist das nun erwünschte Representation, und zeigt, dass in der dargestellten Gesellschaft gleichgeschlechtliche Liebe absolut normal ist, oder aber könnte man dem Autor in so einem Fall bereits Tokenism vorwerfen? Wahrscheinlich kommt es am Ende dann wieder darauf an, wie gut die Charaktere sind und ob sie mehr als nur aneinander gereihte Stereotypen sind.

Genau dann, wenn man merkt, dass die Figur nichts weiter ist als nur die eine queere Figur, die da ist, um sich damit selbst beweihräuchern zu können. Eine wenige ausgearbeitete Nebenfigur, die zwei Eigenschaften hat, eine davon ihre Sexualität, und darüber hinaus nichts wirklich zur Geschichte beiträgt. Mein Tipp ist, erst einmal eine Figur zu entwerfen, ohne die Sexualität zu berücksichtigen, damit man eine runde und gut ausgearbeitete Figur hat. Dann sollte man natürlich noch prüfen, ob man nicht gerade irgendwelche schädlichen Klischees bedient, je nachdem, welche Sexualität die Figur am Ende hat. Es kommt am Ende aber immer auf den Einzelfall an und verschiedene Menschen werden dieselbe Figur unterschiedlich beurteilen. Es ist schwer allgemein zu sagen, was gut ist und was nicht funktioniert.

Alana

#155
ZitatAn der Stelle auch nochmal die Bitte: Nicht den Fehler machen, ein paar laute Stimmen als "den Willen der LGBTQ+ Community" anzusehen.

Danke, dass du das noch mal sagst. Ich habe auch schon mit sehr vielen Leuten aus der Community geredet und alle waren eigentlich total dafür, dass es nicht immer Own Voice sein muss. Natürlich soll es gut gemacht sein, aber das trifft bei jedem Buch zu. Ich recherchiere immer so gut wie möglich und tue, was ich kann, um mein Thema möglichst echt darzustellen. Ich habe auch ehrlich noch nie so viel Unterstützung für ein Buch zugesagt bekommen, wie für meinen Fantasyroman mit den queeren Hauptfiguren. Alle, mit denen ich geredet habe, sagen mir: bitte mach das und sag mir Bescheid. Ich kaufe es / helfe dir, es zu vermarkten / lese es test, was auch immer. Ich habe wirklich nicht das Gefühl, im Real Life verurteilt zu werden, weil ich als nicht betroffene Person ein Buch mit queeren Hauptfiguren schreiben möchte, sondern eher das Gegenteil. Dafür bin ich sehr dankbar und das freut mich immer wieder.

@Mondfräulein: Danke auch noch mal für deinen Post. Der hat mich gerade richtig gefreut.  :knuddel:

Ich stelle mir halt einfach die Frage: okay, ich könnte meinen Roman auch ohne eine WoC in der Hauptrolle schreiben. Aber er wäre stärker, wenn sie es wäre. Und ich hätte die Chance, im Großverlag ein Buch herauszubringen, in dem eine WoC die Hauptfigur ist. Wie viele Bücher in Deutschland werden denn verlegt, in denen die Hauptfigur nicht weiß ist? Sehr wenige, zumindest im Liebesromanbereich. Ja, vielleicht begebe ich mich da tatsächlich auf dünnes Eis, weil ich wohl Bereiche werde anschneiden müssen, die ich persönlich lieber einem Own Voice Autor überlassen würde. Aber soll ich deswegen die Chance nicht nutzen, die deutsche Buchwelt etwas diverser zu machen? Ich werde noch mal in mich gehen, ich habe auch gerade mit der Autorin des Tweets ein Treffen auf der Buchmesse vereinbart und bin sehr gespannt, was sie dazu sagen wird. Aber ich glaube, ich kann hier mehr kaputt machen, wenn ich diese Chance verstreichen lasse.
Alhambrana

Mondfräulein

Zitat von: Alana am 21. Februar 2019, 22:28:13
Ich stelle mir halt einfach die Frage: okay, ich könnte meinen Roman auch ohne eine WoC in der Hauptrolle schreiben. Aber er wäre stärker, wenn sie es wäre. Und ich hätte die Chance, im Großverlag ein Buch herauszubringen, in dem eine WoC die Hauptfigur ist. Wie viele Bücher in Deutschland werden denn verlegt, in denen die Hauptfigur nicht weiß ist? Sehr wenige, zumindest im Liebesromanbereich. Ja, vielleicht begebe ich mich da tatsächlich auf dünnes Eis, weil ich wohl Bereiche werde anschneiden müssen, die ich persönlich lieber einem Own Voice Autor überlassen würde. Aber soll ich deswegen die Chance nicht nutzen, die deutsche Buchwelt etwas diverser zu machen? Ich werde noch mal in mich gehen, ich habe auch gerade mit der Autorin des Tweets ein Treffen auf der Buchmesse vereinbart und bin sehr gespannt, was sie dazu sagen wird. Aber ich glaube, ich kann hier mehr kaputt machen, wenn ich diese Chance verstreichen lasse.

Du hast gute Argumente dafür, das Buch zu schreiben und es gibt viele Bücher von weißen Autoren, die das gut umsetzen. Vielleicht kannst du dir eine WoC als Betaleserin holen? Das wäre vielleicht der sicherste Weg, um sich die Meinung von jemandem einzuholen, der diese Perspektive wirklich hat und damit lebt. Das wäre bei queeren Figuren auch immer mein Ratschlag, denn es ist schwierig, von außen zu beurteilen, ob etwas gut gelöst ist oder nicht, weil es doch immer auf den Einzelfall ankommt. Maggie Stiefvater hat es bei "All the Crooked Saints" so gemacht und soweit ich weiß wurde ihre Repräsentation hier gelobt.

Gizmo

#157
@Antennenwels
ZitatAb welchem Punkt ist ein Charakter nur eine Quote, oder besser gesagt, wie gross ist die Gefahr, dass ein Character oder auch ein Paar als `Quoten-LGTBQ+'-Charaktere interpretiert werden, wenn sie die einzigen sind, die in der Geschichte vorkommen?  Beispielsweise ein schwuler bester Freund, oder eine lesbische beste Freundin etc...
Nun hat mein Browser meinen Beitrag gerade gefressen, aber Mondfräulein hat ziemlich genau das geschrieben, was ich auch antworten wollte.
Der schwule beste Freund z.B. in einer romantischen Komödie kann ein gutes Beispiel sein, da er oft nicht mehr als ein Comic Relief ist und keine eigene Persönlichkeit, Ziele usw. hat. Außerdem ist seine Sexualität eine bequeme Abkürzung, um sofort klar zu machen, dass er auf keinen Fall in romantischer Konkurrenz zum Hauptcharakter steht.

An alle anderen möchte ich sagen: Danke für diesen Thread und euch ganzen Beiträge, ich lerne gerade unheimlich viel!
"Appears we just got here in the nick of time. What does that make us?"
"Big damn heroes, sir!"
- Joss Whedon's "Firefly", Episode 5, "Safe"

Alana

@Mondfräulein: klar, das habe ich auf jeden Fall fest eingeplant. Ich werde aber auch vorher versuchen, schon möglichst viel abzuklären. Für das Buch mit den queeren Hauptfiguren habe ich schon Testleser, dabei weiß ich noch nicht mal, wann ich es schreiben werde. Aber für das andere werde ich mir auch welche suchen.
Alhambrana

Luna

Zitat von: PBard am 21. Februar 2019, 19:55:30
Sorry, falls das zu persönlich ist - aber warum glaubst du denn, in eine Schublade passen zu müssen?

Erfahrungen sind natürlich unterschiedlich, der eine hat Glück, der andere weniger. Ich persönlich hab die Erfahrung gemacht, daß gerade das Ausbrechen aus dem Schubladendenken zu größerer Akzeptanz führt. Ich komm teilweise mit Leuten prächtig aus, die der LGBTQ+ Community gegenüber sehr skeptisch und/oder feindseelig gegenüber eingestellt sind, die aber mit mir wiederum überhaupt kein Problem haben, obwohl ich meine Andersartigkeit nicht verstecke. Gerade daß ich nicht hingege und mit Schubladen-Terminologie um mich werfe, scheint es den Leuten einfacher zu machen, mich schlicht als Mensch zu akzeptieren.

Mir ist natürlich bewusst, dass das falsch ist, und dass ich es nicht sollte - und dennoch erwische ich mich manchmal bei Vergleichen und beim Denken. Ich muss noch immer lernen das nicht zu tun und dagegen anzugehen ... alleine schon weil ich weiß, dass ich mich in solchen Schubladen nicht richtig wohl fühle, sie dummerweise aber manchmal als "die Norm" sehe - und das richtig verqueere daran ist, dass es auch nur überzogene Stereotypen sind.

Anj

#160
Ich finde das Thema wirklich schwierig. Was ich daran schwierig finde ist, dass wenn Menschen die von der Norm der Gesellschaft in der sie sich bewegen abweichen, gleichzeitig aber als normal betrachtet werden, dann rückt das nichtnormale Merkmal so in den Hintergrund dass es irrelevant wird. Was ich damit meine ist ein Phänomen, dass mir selbst passiert ist. Ich begegne in Köln deutlich mehr Menschen, die eine andere Sexualität oder Hautfarbe haben als ich. Und ich weiß, dass ich irgendwann mal festgestellt habe, das ich ja erst seit dem mit dem Thema konfrontiert bin. Um dann fast zeitgleich innerlich festzustellen, dass das nicht stimmt. Schon zu Schulzeiten hatte ich nicht nur einen Klassenkameraden, der schwul war und in der Oberstufe auch ganz offen mit einem aus der Stufe über uns zusammen war. Ein weiterer Klassenkamerad war mixed raced (nennt man das so?) und wuchs bei zwei Müttern auf, die noch dazu beide weiß waren, da die leibliche Mutter sich vom Vater getrennt hatte. Und ein muslimischer Klassenkamerad musste seine Beziehung vor seiner Familie geheimhalten. Das war alles ein Wissen dass ich hatte und das gleichzeitig nicht präsent war, weil es genauso wenig thematisiert wurde wie die verbreiteten Familien, die der Norm meiner Stadt entsprachen.
Womit ich in den Fällen also nicht konfrontiert war, war die Trennung und den Blick darauf, nur ja auch wahrzunehmen, dass andere anders sind und es gleichzeitig als normal zu betrachten.
Jetzt ist die Frage: War ich vorher ignorant, weil ich die besonderheit der genannten nicht mit ihnen thematisiert habe, weil sie einfach irrelevant für mich waren und diese dadurch quasi so wenig wahrgenommen habe, dass ich sie tatsächlich vergessen hatte? (also die besonderheiten, nicht die menschen^^) Oder war ich meinem jetzigen Ich vielmehr ein Stück voraus, weil dies normal und nicht weiter benennenswert war, während ich jetzt ständig Sorgen hab, dass ich irgendwem mit irgendwas auf den Schlips treten könnte und merke, dass ich die Tendenz bekomme mich zu fragen, ob meine Gegenüber irgendwas in Bezug auf sein diverses Merkmal wahrnehmen könnte (was mich übrigens wirklich ankotzt, ich aber nur schwer ändern kann, wenn ich den Personen das erste Mal begegne)
Und hier liegt für mich der größte Knackpunkt: Wenn etwas normal ist, denke ich nicht darüber nach ob es erwähnenswert ist oder nicht, bzw. nehme es nicht bewusst wahr. Bei wievielen weißen, heterosexuellen Hintergründen einer Figur beschreibt ihr diese explizit, bzw. denkt darüber nach, wie ihr darstellen könnt, dass diese so sind? Also ja, ich finde auch, wenn jemand nichts dazu schreibt und Leser*in automatisch davon ausgeht es entspricht der Mehrheit, dann sagt das mehr über Leser*in als Autor*in aus.
Was nicht bedeutet, dass es nicht momentan durchaus noch den Auftrag geben mag, die Diversität bewusst darzustellen um mehr Akzeptanz zu generieren oder um Identifikationsmöglichkeiten zu bieten. Nur steht das meiner Meinung nach eher im gegensatz zum Wunsch es als normal darzustellen, weil normal eben auch bedeutet: Wir haben bereits einen Konsens und brauchen das nicht mehr zu benennen/betonen. Also steht für mich eher folgende Frage im Vordergrund: Was will ich als Autor*in erreichen? Und ob sich da irgendjemand auf den Schlips getreten fühlt ist völlig zweitrangig. Denn: sich auf den Schlips getreten zu fühlen ist eine Interpretation die ausschließlich subjektiv ist. Wenn ich einer PcC begegne, die der überzeugung ist, dass alle Weißen denken sie würde stinken, dann wird sie jedes an der Nase kratzen als nonverbales Signal "du stinkst" erleben. Da kann ich sonst was anstellen, sie wird mir immer unterstellen, dass ich das denke und es nur nicht zugeben will. (real so passiert und ich gehöre lustigerweise wirklich nicht zu den Menschen die bei farbige Menschen einen fremdartigen Geruch wahrnehmen.)
Also, so leid es mir tut, aber Diskriminierung, egal welcher Art, ist extrem subjektiv und unterliegt auch der Wirklichkeitskonstruktion des sich diskriminiert fühlenden. Das muss ich aber nicht als Maßstab ansetzen, denn wenn ich es tue, wird mein Verhalten (oder auch mein Schreiben) immer unsicherer und unintuitiver. Andererseits wäre das allerdings etwas in dem auch jeder nicht Betroffene zum Betroffenen wird und als own voice schreiben kann.
Also kurz gesagt: Die einzig relevante Frage für Autor*in wäre für mich: Was will ich erreichen? Und wie kann ich das bestmöglich tun?

Ich merke übrigens, der Thread ist gerade eine schöne Möglichkeit mal eine gegenderte Schreibweise auszuprobieren.

Und dann noch eins hierzu:
ZitatMir ist natürlich bewusst, dass das falsch ist, und dass ich es nicht sollte - und dennoch erwische ich mich manchmal bei Vergleichen und beim Denken. Ich muss noch immer lernen das nicht zu tun und dagegen anzugehen ... alleine schon weil ich weiß, dass ich mich in solchen Schubladen nicht richtig wohl fühle, sie dummerweise aber manchmal als "die Norm" sehe - und das richtig verqueere daran ist, dass es auch nur überzogene Stereotypen sind.
Ich weiß nicht, ob richtig oder falsch hier die besten Maßstäbe sind, denn aus meiner Sicht sind die Kategorien zielführend/hilfreich oder nicht zielführend/nicht hilfreich hilfreicher, weil sei weniger verurteilend sind.
Sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen, ist ein menschliches Grundbedürfnis, da wir Herdentiere sind. Welche Gruppierung zu welcher Zeit dieses Bedürfnis stillt, ist doch eine sehr subjektive Entscheidung. Und auch das Bedürfnis sich selbst als Individuum zu sehen, ist ein grundlegend menschliches. Sie treten nur selten gleichzeitig auf. Und aus meiner Sicht ist keines von beiden besser oder schlechter als das andere. Und ich darf wechseln, je nachdem, welches Bedürfnis gerade gestillt werden möchte.
Das zumindest ist meine Herangehensweise, die mir persönlich viel Druck und viel Selbstkritik/-verurteilung genommen hat.
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

AlpakaAlex

Ich dachte, ich hole den Thread noch einmal hoch. Gerade weil ich aktuell auch wieder angefangen habe, mehr Anime zu schauen und mir dabei eine Sache aufgefallen ist: trans Personen sind in Anime mittlerweile überraschend normalisiert. Also frei nach dem Motto: "Oh guck, ein neuer Shonen-Anime. Oh, der Hauptcharakter ist trans." - "Oh guck, ein neuer Harem-Anime. Oh, das Hauptmädchen des Harems ist trans." - "Oh guck, ein neuer Sport-Anime. Oh, der Hauptcharakter ist nicht-binär." Aktuell (also nur ganz aktuell) laufen drei Serien mit trans Figuren im Hauptcast. Derweil halt bei westlichen Serien: [Grillenzirpen] Also wir haben schon ein paar Serien mit nicht-binären Nebenfiguren und ganz, ganz ganz selten mal eine binäre trans Person (weil die irgendwie als bedrohlicher wahrgenommen werden, als nicht-binäre Figuren).

Das finde ich halt wirklich sehr auffällig und ich rätsele gerade auch daran, woran es liegt. Also es scheint halt damit zusammen zu hängen, dass in Japan die Macher*innen der Anime in Japan weniger Backlash erwarten müssen, weil es dort eben keine "Moral Panic" rund um das Thema trans gibt.

Ich muss nur wirklich sagen, dass ich genau das, was ich da sehe, mir von westlichen Medien wünschen würde. Also "Jo, der Protagonist von dieser Actiongeschichte ist trans. Oh, jetzt ist er übrigens schwanger." Mit dieser Alltäglichkeit dahinter, als wäre das nichts großartig ungewöhnliches.

Mich ermutigt es allerdings auch, mehr Sachen mit trans Figuren zu schreiben. Ich meine, bei Sturmjägerinnen ist eine*r der drei Protas nicht-binär. Und ja, zugegebenermaßen hängt es damit zusammen, dass ich mir da sehr sicher war, wie ich das zum Ausdruck bringe (they verwendet andere Pronomen). Aber ich habe jetzt doch so viele Beispiele in Anime gesehen, wo es sehr normal eingebracht wurde, dass die Figur trans ist, dass ich mich ermutigt fühle, das eben auch so einzubringen. Mal schauen ...

Ich mein, der Roman, den ich gerade lese, hat auch eine trans weibliche Hauptfigur.
 

Mondfräulein

Über das Thema denke ich in letzter Zeit tatsächlich auch immer mehr nach, weil ich gerne mehr trans Figuren schreiben würde. Das liegt auch daran, dass ich bisher sehr wenig Bücher gelesen habe, in denen trans Figuren überhaupt vorkamen, ganz abgesehen davon, wie groß ihre Rolle war und wie gut die Repräsentation geschrieben war.

Ich stoße dabei immer wieder auf ein Problem (das heißt nicht, dass ich es deshalb nicht mache, aber das ist so eine Sache, die mich beschäftigt): Wie oute ich trans Figuren vor den Leser*innen? Gerade bei binären trans Figuren ist das ja nicht so offensichtlich. Mein Problem dabei ist vielleicht auch, dass ich gerne alles richtig machen will, wenn ich über Figuren schreibe, die marginalisierten Gruppen angehören, zu denen ich selbst nicht gehöre. Ich vermeide alles, was irgendwie kritisch werden könnte. Gerade beim Outing vor den Leser*innen. Es wäre einfacher, wenn ich Figuren nehmen würde, die die Perspektivträger*innen schon kennen, denn dann könnte man es irgendwie mit einfließen lassen, aber das ergibt sich nicht immer. Ich schreibe auch generell sehr ungern Outings, meine Figuren outen sich selten auf die klassische Weise, sondern lassen es wenn dann nebenbei einfließen ("Meine Ex-Freundin mochte die Band auch, jetzt kann ich sie nicht mehr hören." oder so etwas). Da gibt es auch keine generelle Lösung und wahrscheinlich muss ich mir da nur mehr zutrauen. Für eine trans Frau habe ich jetzt eine Lösung gefunden, mit der ich recht zufrieden bin, ich hoffe, ich kann das gut umsetzen. Outings fühlen sich häufig ernst und schwer an und das mag ich aus persönlichen Gründen nicht, deshalb mache ich das gerne nebenbei oder locker oder witzig.

Ein Aspekt ist auch, dass ich es generell einfach lieber mag, wenn sich Figuren selbst vor den Leser*innen outen, also zum Beispiel durch etwas, was die Figur selbst sagt oder indem sie sich vor einer anderen Figur outet. Ich glaube nicht, dass das der einzige Weg ist, eine Figur zu outen, aber irgendwie fühlt sich das richtiger an. Wir haben ja auch einen Thread darüber, seine Figuren vor den Leser*innen zu outen, um den schleiche ich schon eine Weile herum, aber irgendwie komme ich nie dazu, dort etwas zu schreiben.

Ich habe tatsächlich noch nie darüber nachgedacht, dass binäre trans Menschen als bedrohlicher wahrgenommen werden könnten als nichtbinäre trans Menschen, aber jetzt wo du es sagst macht das schon irgendwie Sinn. Das ist auch ein Grund, warum ich bei Repräsentation lieber auf der sicheren Seite bleibe. Ich habe natürlich sehr viel recherchiert, aber es gibt immer noch viele Aspekte, die mir nicht bewusst sind und ich will nicht unbewusst in eine Falle tappen.

So generell möchte ich im Moment alle mögliche Repräsentation sehr gerne schreiben. In meinen Projekten gibt es im Moment zu wenig asexuelle Figuren, da muss ich nochmal drüber nachdenken, wie ich das ändern kann. Da finde ich das mit dem Outing auch schwierig. Klar findet man immer einen Weg, das einzubauen, aber irgendwie fällt mir das bei homosexuellen/bisexuellen/pansexuellen Figuren immer leichter. Vielleicht sollte ich mal darüber nachdenken wieso und woran das genau liegt. Liegt es an mir oder liegt es an der Orientierung selbst, weil die Gesellschaft ganz anders darauf reagiert und damit umgeht?

Fianna

#163
Schwierig finde ich es auch, Rezensionen einzuordnen, ob es gute oder schlechte Repräsentation ist. 
Zum Beispiel habe ich zu einer historischen Krimiserie gelesen, dass es nicht gut sei - fertig.
Das ist als Leserin (nicht mal als Autorin, die was lernen will) auch schwierig, ich möchte ja nur die Künstler*innen unterstützen, die mit guter / glaubhafter Repräsentation etwas beitragen.

War das jetzt problematisch, weil die Figur Dysphorie erlebt - oder wäre das an sich kein Problem, aber es war das erste Buch dieses Genres, das mit einer trans Figur ins Auge fiel, und dann auch noch mit Dysphoriebeschreibungen?
Oder war es problematisch, dass aus der Autorenbiographie nicht heraus geht, ob es own voice ist? Hätte es diesen Kritikpunkt nicht gegeben, wenn es klar eine own voice Darstellung ist?

Häufig springen mir Fragen durch den Kopf, wenn ich eine Bewertung eines queeren Romanes lese (egal ob positiv oder negativ bewertet) und ich möchte mich mit anderen Leuten austauschen.
Es gibt auch mehrere aktuelle Romane mit queeren Figuren (auch nicht-binär oder trans)...

Hättet ihr vielleicht Lust auf einen Lesezirkel für queere Bücher?
Das könnte man vielleicht im Rahmen einer Plotgruppe machen, das ist ein geschützter Forenbereich nur für geladene Mitglieder & man kann Themen eröffnen (z.b. pro Buch einen) und einige oben anpinnen (ich glaube 4 Stück).


Wolfson

Hallo ihr lieben, ich würde mich einfach mal anbieten, als Person, die es einmal als Erfahrungswert, aber auch als Projektvermittler wiedergeben kann.

Zitat von: AlpakaAlex am 26. März 2022, 23:41:07
Derweil halt bei westlichen Serien: [Grillenzirpen] Also wir haben schon ein paar Serien mit nicht-binären Nebenfiguren und ganz, ganz ganz selten mal eine binäre trans Person (weil die irgendwie als bedrohlicher wahrgenommen werden, als nicht-binäre Figuren).

Das finde ich halt wirklich sehr auffällig und ich rätsele gerade auch daran, woran es liegt. Also es scheint halt damit zusammen zu hängen, dass in Japan die Macher*innen der Anime in Japan weniger Backlash erwarten müssen, weil es dort eben keine "Moral Panic" rund um das Thema trans gibt.

Ich muss nur wirklich sagen, dass ich genau das, was ich da sehe, mir von westlichen Medien wünschen würde.

Leider ist es teils so, dass Länder Regelungen haben, die das Zeigen von bestimmten Themen verbietet oder Menchen die solchen Themen angehören schützen will und ihnen daher verbietet, Rollen zu besetzen. D.h. = Eine Person im Rollstuhl muss von einer "gesunden" Person gespielt werden, damit die rollstuhlfahrende Person nicht ausgebeutet werden kann (ob sie aber das selber spielen will fragt leider keiner) also Schutz = Diskrimminierung. Das kenne ich sowohl aus America als auch aus Deutschland und der EU. In Japan zb sind Rollstuhlfahrerinnen ein schweres Thema und bisher kenne ich nur 1 Anime und 1 Game mit einem Kind im Rohllstuhl, mehr nicht.

Zitat von: Mondfräulein am 27. März 2022, 00:06:58
Ich stoße dabei immer wieder auf ein Problem (das heißt nicht, dass ich es deshalb nicht mache, aber das ist so eine Sache, die mich beschäftigt): Wie oute ich trans Figuren vor den Leser*innen?

Ein Aspekt ist auch, dass ich es generell einfach lieber mag, wenn sich Figuren selbst vor den Leser*innen outen, also zum Beispiel durch etwas, was die Figur selbst sagt oder indem sie sich vor einer anderen Figur outet. Ich glaube nicht, dass das der einzige Weg ist, eine Figur zu outen, aber irgendwie fühlt sich das richtiger an. Wir haben ja auch einen Thread darüber, seine Figuren vor den Leser*innen zu outen, um den schleiche ich schon eine Weile herum, aber irgendwie komme ich nie dazu, dort etwas zu schreiben.

Ich habe tatsächlich noch nie darüber nachgedacht, dass binäre trans Menschen als bedrohlicher wahrgenommen werden könnten als nichtbinäre trans Menschen, aber jetzt wo du es sagst macht das schon irgendwie Sinn. Das ist auch ein Grund, warum ich bei Repräsentation lieber auf der sicheren Seite bleibe. Ich habe natürlich sehr viel recherchiert, aber es gibt immer noch viele Aspekte, die mir nicht bewusst sind und ich will nicht unbewusst in eine Falle tappen.

Liegt es an mir oder liegt es an der Orientierung selbst, weil die Gesellschaft ganz anders darauf reagiert und damit umgeht?

Allgemein (ohne euch Angst machen zu wollen) könnt ihr Fettnäpfchen NIE wirklich vermeiden, denn jeder einzelne Mensch hat seine eigene Auffassung dessen, was er ist und wie er/sie sich selbst representiert sehen will. Ich bin zb ganz okay damit, wenn du sagst: Ich Oute meinen Charakter lieber im witzigen um das aufzulockern.
Anderen würde genau das sauer aufstoßen, hier gilt leider der alt bewährte Satz: Du kannst es nie allen recht machen.
Das Outen IST DIE schwerste Sache im Leben eines Menschen, sobald er "anders" ist. Ob eine körperliche/geistige Beeinträchtigung, das LIebesleben oder deine Identität daran hängt ist dabei nur eine Abstufung der abertausdenden Grade.

Transmenschen "dürfen" auch in vielen Filmen nicht von eben diesen gespielt werden (Ausbeutung), aber in Shows geht das (siehe GNT). Ich persönlich finde das teils ok teils blödsin.
Ich hadere etwas mit dem Begriff nicht-binäre Transmenschen, liegt daran, dass wir gesetzlich zur binärität !erstmal! verpflichtet sind, bis wir gesetzlich das haben was wir erreichen wollten, hinterher kräht kein Hahn mehr danach. Nicht-binär wird vom Umfelg, der mir bekannten NB-TS leider schwerer ertragen als von B-TS. Denn als NB bekommt man teils folgendes zu hören: "Ja dann bist du ja nichts halbes und ncht ganzes." "Kannst dich doch ne entscheiden" ich könnte das noch weiter ausführen, erspar ich euch aber mal.

Zitat von: Fianna am 27. März 2022, 00:48:41
War das jetzt problematisch, weil die Figur Dysphorie erlebt - oder wäre das an sich kein Problem, aber es war das erste Buch dieses Genres, das mit einer trans Figur ins Auge fiel, und dann auch noch mit Dysphoriebeschreibungen?
Oder war es problematisch, dass aus der Autorenbiographie nicht heraus geht, ob es own voice ist? Hätte es diesen Kritikpunkt nicht gegeben, wenn es klar eine own voice Darstellung ist?

Die Dysphorie ist ein bestandteil des Charakters selbst erstmal, das kann ja jeder Mensch haben, was hier dahinter steckt ist eine "leichtere" Ausdrucksweiße des tatsächlichen psychischen Chematas, dass fast jeder TS erleidet - Depression, Angststörung, Selbstverletzung, Suizid, und etliches mähr. Das sind leider alles reale Ansätze, die ein Psychologe mit einem TS gehandeln und versuchen abzuarbeiten. Das gelingt dabei nicht immer! Andere TS lassen sich auch nicht behandeln und sitzen nur ihre Therapiezeit im Kaffeeklatsch ab.


Nun hab ich euch sicherlich mit einigen Sachen auch verwirrt, bzw andere Leser. Also einmal allgemeine Theorie ausm Fach:

Transmenschen sind vom Gesetz binär einzuordnen, da sie eine Änderung ihres gebohrenen Geschlechts anstreben - wir sind in DE mega hinter her was Geschlechter angeht, es "existieren nur 2, Divers ist da ein noch heikleres Thema und nicht für TS vorgesehen!
TS sollen (müssen) für 3 Jahre in therapeutische Behandlung (KK zahlt aber nur max 64 Sitzungen XD) um Nebenerscheinungen (Depression und was oben schon genannt wurde) zu behandeln und Selbstverletzendes Verhalten zu kurieren - Ursprünglich sollte man TS davor "heilen" solche "Therapeuten" gibt es leider bis heute auch in DE
TS müssen vor dem Gericht die Klischees der Gesellschaft bedienen - eine TS-Frau musste vor Gericht im Rock oder Kleid erscheinen, sonst wird der Antrag abgelehnt.
Bis TS ihren Antrag auf Namens- und Personenstandsänderung durch haben kann eine Zeit von 3Wochen bis hin zu über einem Jahr verstreichen je nach Gericht. Dazu muss man sich vor min 2 max 3 Gutachtern geistig "nackig" machen - früher musste man sich wirklich nackig machen!
Erst wer seinen Beschluss entgültig hat, darf seine Dokumente ändern lassen.

Dem Gerichtlichen geht eigentlich immer das allgemeine Outing vorran, bei Familie, Freunden, Schule, Arbeit. Jeder erlebt es unterschiedlich. Vom Gefägniswerter, der erst nur DWT war und dann JOb und Familie verliehrt, bis hin zum Kind, dass von allen unterstützt wird habe ich leider wirklich alles gesehen. Ich selber plaudere am Ende nochmal ausm eigenen Nähkästchen.
Das Outing ist die innere Hürde oder sagen wir der ABGRUND über den jeder erstmal selber springen muss. Dann muss man es noch in Wörter oder auch Schriften bringen um es an die gewünschte Person weiterzutragen - leider hat fast jeder eine Situation wo es getratscht wird und sie unkontrolliert verbreitet.
Jeder kann sich ein Outing selber mal experimentell stellen: Kannst du deiner Oma einfach so sagen, "Du Omi ich bin schwul/lesbisch, von mir gibt es keine Enkel." ?
Nehmt irgendwas und zu unterschiedlichen Bezihungsgraden. Nur euer Vorteil evt, dass es nur ein Test ist.

Ein entscheidender Unterschied noch bei TS ist, ob man operiert ist oder nicht und hier kommen NB mit rein, denn da wollen viele keine oder nur wenige OPs. Wer sich wirklich von mir die OPs erklären lassen will, möge mir bitte eine PN schreiben, da es wirklich nicht schön ist!
Vielleicht werden NB-TS als weniger bedrohlich wargenommen von der Gesellschaft, weil sie die oben genannten Vorurteile erleben und B-TS an ihrem gewünschten, gefühlten Geschlecht ankommen wollen. Also ein NB-TS ändert ja eh wieder seine Meinung, so nach dem Motto vielleicht.

Noch ein letzter Wichtiger Fakt! Trennt bitte Homo-,Hetero-Bi-,Pan-,Asexualität von TS. Grund: Transsexualität (alt) Transidendität (aktuell) Transgender(eng, achtung ist nicht nur TS!) Ist eine Identität, keine Sexualität, im eng ist Sexuality nicht der Bezug auf wen liebe ich mit wem schlafe ich, sondern was sagt mein Geschlecht über mich aus. Im DE ist es genau anders. Daher Identität bitte nicht zur Sexualität werden. Binär und NonBinär sind auch Identitäten keine Sexualitäten. Sexualität und Identität sind frei mischbar.


So, meine Finger sind kalt^^ also noch kurz was privates. Keine Sorge, dass alles erzähle ich auch in meiner Projektarbeit zum Thema.
Ich bin unbekümmert aufgewachsen und Geschlecht war nie Thema für mich, bis ich mal mit 11 meinte ich wäre lieber ein Junge.
Heute weiß ich, dass meine Tanten alle meinen ich sei ein Stift und kein Mädel. Und ja ich sah bis 14 aus wie ein Junge, Haare machen viel aus.
Ich habe immer Gegenwind geerntet wenn ich nicht weiblich war oder das typische Mädchen bin, daher das Mobbing an der Schule von der 3. Klasse an bis zum Abschluss in der 10. Das erleiden die heutigen Jugendlichen zum Glück seltener. Da bin ich erhlich gesagt neidisch^^. Ab der Ausbildung war das lockerer, aber auch da war ich untypisch und war zudem noch Goth, also ist man eh seltsam.
Erst mit 16 ging es los, dass ich keinen Sex mehr haben konnte mit meinem damaligen Freund, ohne Krampfanfälle zu bekomm, aber auch ohne Wissen was los war. Mir half dann eine Freundin, die von TS wusste und mir eine Biografie schenkte "Blaue Augen, bleiben blau." von Balian Buschbaum. Ich fand mich recht gut darin wieder und hatte erstmals einen Namen für mich. Dann fing das Outing an. Mein erstes gegenüber meinem Freund war leicht, er begleitete mich die ersten 2 Jahre bis zu unserer Trennung. Mein Zweites an meiner Mutter......via Mail von Berlin nach Chemnitz. Die Distanz dar mein Segen sonst wäre ich damals wohl zusammengefaltet worden XD. Mein leichtestes Outing war meinem Bruder gegenüber, hier mit Witz;) : "Du wolltest doch immer nen kleinen Bruder. Nun kannst einen haben, aber Fußball kann ich schon, bruchst du mir nicht mehr beibringen." Das wurde sofort akzeptiert, best Brother in the World. Meiner Oma musste ich erstmal erklären was ich meine, sie verstand ich sei lesbisch -.- naja alte Bäume ne? Da wurde erstmals nach einem Namen gefragt. Meine Mutter hatte uns beide mit E voran benannt, also versuchte ich es ihr da recht zu machen. Meine Oma war aber da anderer Ansicht: "Nein also Emanuel heißt du mir nicht, nen Erik nehm ich, aber nicht Emanuel." Ich fands lustig^^

Alles in allem...ja ich bin Transmann, ich lebe als Mann auch ohne OPs, was mich am Sport und in meiner Freizeit einschränkt und hindert, mich beim Arzt immer Fremdoutet und ich nicht mehr zu neuen Ärzten geht, egal wie scheiße es mir geht. Ich habe eine TS-Frau geheiratet und ja wie werden niemals biologische Kinder haben, nie. DAS nagt an mir, niemals Papa zu sein. Ich als Mann habe es aber noch leicht, mein altes Leben erkennt man nicht. Selbst Menschen aus meiner Schule starren mich an "kenn ich das Gesicht?" aber wissen und erkennen nichts. Mein Frau wird nach wie vor als Transe bezeichnet. Unsere Wohngegend )Laden, Nachbarn etc.) sehen uns vermutlich als schules Paar oder sie als DWT. Ich weiß es nicht. Aber man ist uns gegenüber zum Glück genauso freundlich und arschig, wie jedem anderen auch. Man behandelt uns nicht anders und genau das wollen wir auch so, als "normal" gelten.

Ich hoffe, ich konnte euch etwas helfen. =) Wölfchen knufft euch