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LGBT: Diversität in der Fiktion und wie man sie schreibt

Begonnen von Nachtblick, 23. Oktober 2013, 20:51:35

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Alana

#135
Das Thema kommt mir wie gerufen, da das hier ein öffentlicher Thread ist, kann ich leider nicht genauer sagen, warum, aber ich beschäftige mich auch gerade intensiv mit dem Thema, ob ich als nicht betroffene Person ein Buch schreiben sollte, das mit dem Thema Alltagsrassismus zu tun hat.

Zunächst mal, was generell Diversität angeht: Jeder sollte sie schreiben. Jeder sollte in seinen Büchern queere Figuren haben, oder Figuren mit anderer Hautfarbe etc. Es gibt für mich keinen Grund, das nicht zu tun, aber sehr viele dafür. Ich verstehe auch nicht, dass man sagt: ich kenne mich nicht aus, also lasse ich es bleiben. Dann gehe ich eben hin und mache mich schlau. Das ist Teil unseres Jobs. Aus reiner Bequemlichkeit eine Welt ohne Diversität zu schreiben, finde ich einfach falsch. Natürlich kann das jeder für sich selbst entscheiden, aber das ist meine Meinung.

Etwas schwieriger wird das ganze, wenn ich als nicht betroffene Person eine queere Hauptfigur schreiben möchte oder eine WoC zum Beispiel. Sollte ich das tun? Oder das lieber Own Voice Autoren überlassen? Natürlich wünsche ich mir auch als Leser, dass mehr Own Voice Autoren zum Zug kommen. Aber bedeutet das, dass wir anderen jetzt solche Themen ausklammern sollen? Wem würde das helfen? Aus der LGBTQ+ Community gibt es gleich viele Stimmen dafür wie dagegen. Die einen freuen sich über jede Repräsentation, die gut gemacht ist. Die anderen sind absolut dagegen und wollen nur Own Voice.

Aber als Autor schreibe ich immer über Sachen, die mich nicht betreffen. Ich habe noch nie eine Herztransplantation gehabt, trotzdem habe ich ein Buch dazu geschrieben und ich habe unzählige Mails von Betroffenen erhalten, die sich gefreut haben, dass jemand das Thema endlich mal wirklich realistisch dargestellt hat. Natürlich ist mir klar, dass es aber Themen gibt, bei denen man es sich nicht so einfach machen kann und sagen: ich schreibe aber immer über Dinge, die ich nicht selbst erlebt habe. Weil da einfach noch viel mehr reinspielt.

Letzendlich muss das jeder von uns selbst entscheiden. Man wird es nicht allen recht machen können. Es wird Leute geben, die sich daran stören, dass ich als Weiße eine WoC als Protagonistin schreibe. Selbst, wenn ich Testleser aus der Community habe und es tatsächlich schaffe, alle Fallen zu umschiffen, wird es Leute geben, die sich daran stören. Das muss mir klar sein und das muss ich aushalten. Aber ehrlich, die Menschen, die ich damit repräsentieren möchte, und die das auch gerne wollen, die müssen tagtäglich so viel mehr aushalten. Ist es also wirklich richtig, aus Angst vor den anderen nicht für die zu schreiben, die es sich wünschen?

Ich glaube, die Frage, die ich mir persönlich dabei stelle ist: wird mein Text die Chance haben, etwas positives zu bewirken? Oder ist die Gefahr größer, dass ich die Lage verschlechtere?

ZitatIch habe für mich entschieden, dass ich Themen, mit denen ich gar keine Berührpukte habe, lieber ausklammern möchte.

Dem stimme ich zu. Ich würde solche Themen auch lieber Own Voice Autoren überlassen. Mit dem Alltagsrassismus ist das allerdings ein Problem, denn wenn ich eine queere Hauptfigur oder eine PoC schreibe, dann muss Alltagsrassismus nicht das Hauptthema sein, aber ihn komplett wegzulassen, zumindest, wenn das Buch in unserer Realität spielt, verzerrt das Bild und ist in meinen Augen auch nicht richtig.

Ich habe ein Buch, in dem solche Themen aufgrund des Settings wirklich keine Rolle spielen. Dieses Buch werde ich definitiv schreiben, weil ich es auch wichtig finde, mehr Bücher zu haben, in denen queere Figuren kommentarlos Hauptrollen spielen. In denen es eben nicht ums Coming Out geht oder um sonstige Alltagsthemen. Bei dem zweiten Buch bin ich mir immer noch nicht sicher, was ich machen soll. Ich möchte diese Hauptfigur gerne so haben, aber dann muss ich auch ihren Kampf gegen den Alltagsrassismus darstellen, weil das für ihre Entwicklung eine Rolle spielt.

Ich habe letztens auf Twitter einen Tweet gelesen, den ich jetzt leider nur noch sehr sinngemäß wiedergeben kann:

Habt bitte keine Angst, über bestimmte Themen zu schreiben, weil ihr keine Own Voice seid. Ja, es wird Leute geben, die das stört, aber es wäre schade, wenn ihr euch deswegen davon abhalten lasst. Sucht euch lieber entsprechende Testleser, die euch helfen, und traut euch dann.

An diesen Tweet muss ich oft denken und er macht mir Mut, mein Buch trotzdem zu schreiben. Aber ich werde noch eine Weile darüber nachdenken. Ein bisschen Zeit ist noch.


Alhambrana

Lothen

Standing ovations für deinen Beitrag, Alana, ich möchte ich tausendmal unterschreiben  :pompom: :pompom: :pompom:

(ich habe gerade ernsthaft den RT-Button gesucht, ich verbringe zu viel Zeit auf Twitter ...)

ZitatIch habe letztens auf Twitter einen Tweet gelesen, den ich jetzt leider nur noch sehr sinngemäß wiedergeben kann
Könnte es sein, dass du diesen Tweet gemeint hast? Klick (Link zu Twitter)

Alana

#137
Ja, der war es. Danke.  :vibes:

Zitatich habe gerade ernsthaft den RT-Button gesucht, ich verbringe zu viel Zeit auf Twitter

Haha, das geht mir auch oft so. Ich will hier immer Beiträge liken und finde dann den Button nicht.  ;D
Alhambrana

Coppelia

#138
Das war echt mal wieder ein super Beitrag, @Alana - mich ermutigt er auch, weiterzumachen. Ich war schon wieder extrem am Zweifeln, ob ich so fortfahren kann wie bisher. Ich bin ja auch so konfliktscheu und würde es am liebsten jedem Menschen auf der Welt recht machen - und trotzdem das schreiben, was mir wirklich wichtig ist. Dass das nicht geht (relativ egal in Bezug auf welches Thema und welche Art Text) ist natürlich klar. Und man muss irgendwie "seinen" Weg erkennen und verfolgen. Wobei es natürlich auch wichtig ist, offen und gegebenenfalls flexibel zu sein.

Evanesca Feuerblut

ZitatDiversität ist doch großartig. Sind wir nicht genau deswegen Autor*innen geworden, um über vielfältige Dinge zu schreiben und nicht immer nur über dasselbe? Diversität existiert, sie ist ein realer Bestandteil unserer Welt. LGBTQ-Menschen existieren, nicht-weiße Menschen existieren. Ist es wirklich so schwer nachzuvollziehen, dass auch diese Leute in Büchern repräsentiert sein wollen? Dass sie nicht das Gefühl haben wollen, in der Literatur quasi nicht zu existieren oder maximal Randerscheinungen in "Problembüchern" zu sein?
Das. Eine Tintenzirklerin hat in ihrem Romanthread beiläufig geschrieben: "Figur xy hat nämlich Sexualität soundso" und ich habe angefangen zu weinen. Eine Reaktion, die mich selbst vollkommen überfordert hat, aber ... da wird meine Orientierung ganz selbstverständlich genannt, nicht für nicht-existent erklärt, und es gibt sogar eine Romanfigur, die ich recht cool finde, die das hat. Ich habe also vor schierer Freude und Dankbarkeit erstmal eine Runde geheult.
Ich habe ihr persönlich geschrieben und mich dafür bedankt. Aber ich will nicht jedes Mal vor Dankbarkeit heulen, dass meine Identität als valide anerkannt wird, sondern ganz normale Geschichten lesen, in denen Menschen wie ich vorkommen.

Ich kann nur für mich sprechen, aber meine Geschichten waren auf unbewusster Ebene schon immer divers, nur habe ich es nicht bemerkt, weil ich in einer sehr queerfeindlichen Familie großgeworden bin und in einem sehr heteronormativen Umfeld. Ich lernte eigentlich erst seit meinem Auszug von zu Hause, dass es mehr gibt als "schwul, lesbisch, bi", dass es Unterschiede zwischen sexueller, romantischer, ästhetischer Orientierung gibt und wo ich mich selbst einordne.
Aber ich habe meine Charaktere zwanghaft weiß und hetero gemacht, als ich zu schreiben begann, weil alles andere in meiner Lebensrealität nicht vorkam, nicht vorkommen durfte und erst seit gut einem Jahrzehnt emanzipiere ich mich langsam von diesem Bild und erkenne überhaupt erst, welche Charaktere ich eigentlich geschrieben habe. Wer von ihnen alles nicht weiß ist. Nicht hetero. Und nicht cis-geschlechtlich. Die Figuren kommen zu mir, wie sie zu mir kommen und ich muss rausfinden, was in ihnen steckt.
Wenn man sich dann anhört, man würde Diversität nur schreiben, "weil das jetzt in ist", tut das weh.

ZitatMeiner Meinung nach ist es schädlich für die Bewegung der Gleichberechtigung, wenn ein Haufen Autoren schlecht geschriebene, sich gezwungen anfühlende oder gar vollkommen klischeehafte LGBT-Charaktere hinzufügen, nur um die Quote zu erfüllen. Da bekommt die Allgemeinheit ein schlechteres Bild, als wenn es einen kleineren Prozentsatz gut geschriebener, realistischer Charaktere gäbe.
@Nebula definitiv. "Der Quotenschwule" oder "Die Quoten-Ausländerin" sind so Sachen ... näh... besser einen ganz undiversen Cast haben als das.

ZitatEhrlich, mein großer Wunsch ist ja der, dass wir irgendwann ganz selbstverständlich queere Figuren in allen literarischen Gattungen haben. Eine lesbische Kommissarin im Thriller, einen schwulen Space Marine in der Science Fiction, einen gender-fluiden Werwolf in Urban Fantasy usw. Das kann man auch als nicht-queerer Mensch hervorragend erzählen, mit etwas Fingerspitzengefühl, guten Sensitivity-Leser*innen und Recherche.
Meiner auch @Lothen <3


Alana

Man muss ja gar nicht gleich mit einer queeren Nebenfigur anfangen, wenn man Sorge hat, die nicht gut darstellen zu können. Man kann doch einfach mal zeigen, dass zwei Männer Arm in Arm über die Straße gehen. Oder eine Hochzeitseinladung von zwei Frauen vorkommen lassen. Oder sonstwie irgendwelche Kleinigkeiten in Beschreibungen einfließen lassen, die zeigen, dass unsere Welt nicht weiß und hetero ist.
Alhambrana

Zit

Zitat von: Lothen am 21. Februar 2019, 09:45:09
"Ey, da hast du mich aber total klischeehaft, stereotyp oder problematisch dargestellt."

Wie kommt denn die Elfe darauf, dass ich ausgerechnet sie dargestellt habe?
Eine Romanfigur ist eins: ausgedacht, nicht real, nicht lebendig. Wie kommt da ein Leser drauf, dass ich als Autor, der den Leser nicht kennt, ausgerechnet ihn darstelle?

Was mir auch aufstößt ist, dass cis-Autoren implizit vorgeworfen wird, sie könnten ja nur Klischee-Figuren schreiben. Oder dass nicht-cis-Autoren immer sich selbst in ihren Büchern darstellen. Das ist doch blödsinnig. Klar beeinflusst unsere Persönlichkeit die Art Bücher, die wir lesen und schreiben, aber diese unterschwellige Annahme, dass Autoren nur sich selbst repräsentieren in ihren Geschichten stört mich. Wenn dem so wäre, würden nur sehr engstirnige und Kleinstadtgeschichten rauskommen. High Fantasy oder Dystopien bspw. haben, meiner Meinung nach, mit Selbstrepräsentation/ -präsentation wenig zu tun.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Silvia

Ich muss gestehen, da ich vor Lovestories im Normallfall ganz schnell flüchte oder mir andere Themen suche, weil mich das ganze Liebesleben im Roman nicht so interessiert ... geht das mit der Diversität komplett an mir vorbei.  ;D Ich nehme es hin und wieder als Leserin wahr - oder erst gestern in einer Serie, dass eine Königstochter ganz selbstverständlich zwei Mütter, aber irgendwie gar keinen Vater dazu hatte, aber ansonsten ... setze ich mich damit schreibmäßig so gar nicht auseinander.

Ansonsten bin ich dafür, dass jeder schreiben soll und kann, was ihn interessiert. Auch in der Annahme, dass queere Autoren auch mal das eine oder andere Hetero-Pärchen durchs Bild laufen lassen. Da spreche ich ihnen ja auch nicht ab, dass sie davon keine Ahnung haben und die Finger davon lassen sollten ... Nene. Jedem das seine. Und mir das meine.  ;)

Lothen

Zitat von: Zitkalasa am 21. Februar 2019, 11:22:04
Eine Romanfigur ist eins: ausgedacht, nicht real, nicht lebendig. Wie kommt da ein Leser drauf, dass ich als Autor, der den Leser nicht kennt, ausgerechnet ihn darstelle?
Okay, lass es mich umformulieren: "Da hast du mich als Elfe/schwule Frau/lesbische Person sehr stereotyp dargestellt."

Das Problem ist, dass es in der Literatur insgesamt nur wenige Vertreter bestimmter Minderheiten (z.B. queere Figuren) gibt. Wenn in den 20 Büchern, die es gibt, dann noch dasselbe Klischee auftaucht (z.B. der tuckige Schwule), dann muss man damit rechnen, dass es die Betroffenen stört, weil es suggeriert, dies sei der "Default". Natürlich gibt es tuckige Schwule, aber sie sind nicht repräsentativ für die Gesamtheit aller homosexuellen Männer. Wenn wir irgendwann mal Millionen Bücher mit ganz unterschiedlichen schwulen Figuren haben, dann ist es auch okay, wenn in dem einen oder anderen Klischees bedient werden. Aber es sollte halt auch Gegenpole geben.

ZitatWas mir auch aufstößt ist, dass cis-Autoren implizit vorgeworfen wird, sie könnten ja nur Klischee-Figuren schreiben.
Klischees sind halt leider in allen Köpfen verankert. Jeder hat Klischees irgendwo ein Stück weit internalisiert, nicht mit Absicht, sondern weil wir alle Medien konsumieren, die gerne Klischees bedienen (die sind einfach, eingängig und werden in der Regel auch als glaubwürdig empfunden). Und weil sich die Dinger im Kopf halt verdammt schnell festsetzen.

Von daher: Jede*r Autor*in läuft Gefahr, Klischees zu bedienen, wenn er*sie über ein Thema schreibt, mit dem er*sie sich noch nicht befasst hat, ganz egal, ob das jetzt eine queere Orientierung, eine Nationalität oder ein bestimmtes Berufsfeld ist, das er*sie nicht kennt. Das ist nicht auf cis-Autor*innen beschränkt, sondern ein ganz allgemeines Phänomen. Nur sprechen wir in diesem Thread ja über LGBT, von daher ist es sinnvoll, sich auch auf diesen Themenkreis zu beschränken.

Trippelschritt

#144
Zunächst einmal bin ich begeistert, wie viele hier die Freiheit des Autors verteidigen, an der mir persönlich so viel liegt, weil ich immer wieder lernen musste, wie andere einem vorschreiben wollten, was zu schreiben erlaubt war und was nicht. Das läuft manchmal ganz subtil ab.

Mir haben aber auch Evanescas Zeilen als Betroffene gefallen. Ich habe das Zitat etwas gekürzt, weil sie gleich mehrere Dinge angesprochen hat.
Man darf nie vergessen, dass man als Beteiligte verletztlicher ist als andere. Und dass, wenn man darüber schreiben möchte, es zunächst einmal viel mehr Kraft erfordert, als wenn man von außerhalb einen Zugang sucht. Später wird es einfacher, weil mit der Dauer und Gewöhnung auch die Hornhaut etwas dicker wird. Aber der Anfang, die erste Geschichte, kann emotional sehr hart sein. Deshalb, lasst euch Zeit. Geht behutsam mit euch selbst um. Irgendwann siegt die Geschichte, weil sie einfach geschrieben werden will. Und dann schreibt sie. :jau:

Zitat von: Evanesca Feuerblut am 21. Februar 2019, 10:59:16
Aber ich will nicht jedes Mal vor Dankbarkeit heulen, dass meine Identität als valide anerkannt wird, sondern ganz normale Geschichten lesen, in denen Menschen wie ich vorkommen.

Ich kann nur für mich sprechen, aber meine Geschichten waren auf unbewusster Ebene schon immer divers, nur habe ich es nicht bemerkt, weil ich in einer sehr queerfeindlichen Familie großgeworden bin und in einem sehr heteronormativen Umfeld. Ich lernte eigentlich erst seit meinem Auszug von zu Hause, dass es mehr gibt als "schwul, lesbisch, bi", dass es Unterschiede zwischen sexueller, romantischer, ästhetischer Orientierung gibt und wo ich mich selbst einordne.
Aber ich habe meine Charaktere zwanghaft weiß und hetero gemacht, als ich zu schreiben begann, weil alles andere in meiner Lebensrealität nicht vorkam, nicht vorkommen durfte und erst seit gut einem Jahrzehnt emanzipiere ich mich langsam von diesem Bild und erkenne überhaupt erst, welche Charaktere ich eigentlich geschrieben habe. Wer von ihnen alles nicht weiß ist. Nicht hetero. Und nicht cis-geschlechtlich. Die Figuren kommen zu mir, wie sie zu mir kommen und ich muss rausfinden, was in ihnen steckt.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Nebula

Zitat von: Alana am 21. Februar 2019, 11:03:18
Man muss ja gar nicht gleich mit einer queeren Nebenfigur anfangen, wenn man Sorge hat, die nicht gut darstellen zu können. Man kann doch einfach mal zeigen, dass zwei Männer Arm in Arm über die Straße gehen. Oder eine Hochzeitseinladung von zwei Frauen vorkommen lassen. Oder sonstwie irgendwelche Kleinigkeiten in Beschreibungen einfließen lassen, die zeigen, dass unsere Welt nicht weiß und hetero ist.

Das kann ich unterstreichen. Wenn die Geschichte/der Roman in unserer heutigen, realen (westlichen) Welt angesiedelt ist, dann sollte man solche Details einfließen lassen! Es ist schließlich wirklich nicht schwer, das mal in einem Nebensatz einzubauen und zudem unrealistisch, wenn man die Welt komplett monochrom hetero+white darstellt.

Fianna

Zitat von: Zitkalasa am 21. Februar 2019, 11:22:04
Zitat von: Lothen am 21. Februar 2019, 09:45:09
"Ey, da hast du mich aber total klischeehaft, stereotyp oder problematisch dargestellt."

Wie kommt denn die Elfe darauf, dass ich ausgerechnet sie dargestellt habe?
Eine Romanfigur ist eins: ausgedacht, nicht real, nicht lebendig. Wie kommt da ein Leser drauf, dass ich als Autor, der den Leser nicht kennt, ausgerechnet ihn darstelle?

Was mir auch aufstößt ist, dass cis-Autoren implizit vorgeworfen wird, sie könnten ja nur Klischee-Figuren schreiben.
Zu Deinem letzten Satz passt gut, was mir seit zwei Seiten auf der Zunge liegt: vor ein paar Jahren habe ich in exakt diesem Forum entgegen gepfeffert bekommen, ich müsse doch Problematiken thematisieren, ansonsten solle ich es lieber sein lassen, weil ich mich dann nicht damit auseinander setzen will (tyisch cis)...
Schön, das jetzt die Stimmung anders ist, aber ich habe die letzten Seiten durchgelesen und mir teilweise gedacht "Leute, ist das euer Ernst?! Jetzt auf einmal *zensiert*".

jokergirl

Zitat von: Silvia am 21. Februar 2019, 11:25:38
Ich muss gestehen, da ich vor Lovestories im Normallfall ganz schnell flüchte oder mir andere Themen suche, weil mich das ganze Liebesleben im Roman nicht so interessiert ... geht das mit der Diversität komplett an mir vorbei.  ;D Ich nehme es hin und wieder als Leserin wahr - oder erst gestern in einer Serie, dass eine Königstochter ganz selbstverständlich zwei Mütter, aber irgendwie gar keinen Vater dazu hatte, aber ansonsten ... setze ich mich damit schreibmäßig so gar nicht auseinander.

Die Szene fand ich übrigens auch ganz toll, hatte mir auch schon überlegt, die zum Vergleich heranzuziehen. :)

Oder, wie von der Schafferin einer anderen Serie gesagt: "Wenn es nicht gegenteilig gesagt wird, könnt ihr davon ausgehen, dass meine Charaktere nicht hetero sind."

Andere sagen dann wieder: "Aber wenn der Typ nur informiert schwul ist [also das nicht als Plot-relevante Sache vorkommt], dann warum überhaupt?"
Weil es im Leben so ist. Warum sollte man nicht am Rande seinen queeren Partner erwähnen dürfen, wenn alle anderen ständig von ihrer Hetero-Familie erzählen? Charaktere sollten nun mal in erster Linie Charaktere sein, mit Stärken und Schwächen und Eigenheiten und Macken, und keine Klischees. Man muss nicht immer auf Klischees zurückgreifen, nur um "anzudeuten, dass wer anders ist".

Und ich vertraue jedem von uns, das auch nicht zu tun, egal ob cis-, trans-, hetero-, bi- oder homo. Das ist schliesslich Teil unseres Berufs, und wir sind weder faul noch dumm. Es tut mir also leid, wenn das jemand so verstanden haben könnte. Ich glaube, wir sind hier alle ziemlich derselben Meinung, was das angeht.

Silvia

#148
Auch "Prinz der Drachen" geguckt, jokergirl?  :rofl: Die Serie ist in der Beziehung eh toll - mit einer tauben Generälin, die mit ihren Leuten durch Zeichensprache kommuniziert (ich war so hin und weg, als die zum ersten Mal auftrat), bis zu dem, was einen gewissen Ritter kürzlich zeitweilig passiert ist. Immer für eine Spezialität gut!

Luna

Dieser Thread macht mir gerade richtig Spaß zu lesen und ich muss euch allen Beipflichten und applaudieren.

Solltet ihr es tatsächlich versuchen, so eine Figur zu schreiben, dann zum einen Hut ab und zum anderen: Sie sind alle auch normale Menschen, was 99,999% ihres Verhaltens betrifft. Wir haben normale sorgen, ängste, Wünsche wie jeder andere auch, nur eine Kleinigkeit extra (und das ist leider oft die Angst, nicht akzeptiert zu werden). Ansonsten ist es gar nicht so schwer sich in andere hineinzuversetzen.

Viele von euch sind weiblich und schreiben auch aus männlicher Perspektive - oder umgekehrt. Warum sollte es dann schwerer sein, eine LGBTQ+-Perspektive einzunehmen?

Macht einfach was ihr für eure Geschichten braucht. Die eigentliche Handlung sollte das sein, auf das ihr euch konzentriert und nicht ob die Figuren von irgendwelchen Leuten eventuell nicht akzeptiert werden - denn man kann es nie jedem recht machen - irgendeiner kleinen Gruppe von Leuten tritt man immer auf die Füße ... und bei solchen Figuren sind das maximal Leute die entweder eine Phobie haben (die können nicht "normal" sein), oder welche die auf überzogene "political correctness" wert legen.

Aus meiner Warte noch etwas, das mir gerade bewusst wird: Ich kämpfe irgendwie auch mit mir selbst, da ich mich selber auch irgendwie in eine Schublade einsortieren möchte, dies aber nicht richtig kann ... und die Angst keine passende Schublade zu finden, kein "normales" Bild abzugeben - weil viele Leute diesem "nicht normal" oft auch feindlich gegenüberstehen - ist auch etwas, dass überwunden werden muss ... zumindest sagt mir das meine Perspektive und meine Erfahrung.