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[Erledigt]das Feeling einer Amnesie

Begonnen von Wolfson, 12. März 2022, 13:16:15

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Wolfson

Hallöchen, ich bin zwar schon einige Suchergebnisse durchgegangen aber noch nicht ganz befriedigend und die direkten Themen dazu sind schon geschlossen, daher hoffe ich nicht in böse Fallen zu treten, wenn ich dieses Thema nochmal auf mache.

Ich suche nach detailreichem Wissen zur Amnesie, nicht im medizinischem Sinne, das fand ich im Netz und der Biblio zu hauf. Ich benötige eher das Feeling, also wie fühlt man sich als Betroffene, was geht einem ca durch den Kopf, wie fühlt man sich wenn eine Erinnerung wiederkehren will, bzw die Blockade sich kurzzeitig öffnet?

Meiner begiierigen Frage liegt folgendes Hauptszenario meines ersten Buches zu Grunde:
Männlicher Hauptprotagonist fällt auf eine fremde Welt, "Koma" für 3-5 Tage aber soweit gesund gepflegt, das Bewusstsein muss nur noch aufwachen. Er kann sich an nichts erinnern, wo er her kommt, wer er ist, was er ist, Name, Alter, Rasse Unfallhergang alles. Da ich schon weiß motorisch erlerntes ist davon i.d.R. nicht betroffen laut Medizinfachliteratur XD kann er normale Abhandlungen von wirklich alltäglichen Dingen, wie trinken, den Becher dafür halten, wie er eine Gabel benutzen muss usw. Das macht also sein Körper + Unterbewusstsein stink normal wie jeder andere um ihn herum. Da ich nun beschlossen habe, das 2. Kapitel wohl aus seiner sicht ab dem Aufwachen zu schreiben, muss ich eher wissen, was in ihm abgeht. Vielleicht versteht er, dass er eine Amnesie hat, jedenfalls erkennt er die Tragweite nicht, da er sich nicht an seine eigentliche Spezies erinnern kann und sein Wesen an sich quasie auch blockiert ist.

Das Thema Gerüche fand ich darin sehr prignant, aber wie sieht es dann mit Bildern oder Klängen aus? Würde ihm ein Bild oder Schrei seiner eigentliche Rasse gar den totalen Kick richtung Erinnerung geben?

Ich bin hoffentlich vertändlich und freu mich mega auf euren Input!

Der Inspektor

#1
Hallo Wolfson,

mangels eigener Erfahrung kann ich dir da nicht weiterhelfen, aber ich würde dir doch dringend empfehlen, bei der ernsthaften fachlichen Literatur zu bleiben. Wenn du wirklich vorhast, die Amnesie-Erfahrung deiner Figur so realistisch wie möglich zu gestalten ist das unabdingbar, sonst wirst du der Sache nicht gerecht. Ein tiefes Verständnis des Innenlebens eines Amnesie-Patienten wirst du nicht bekommen, wenn dir jemand dazu über das Internet ein paar Fragen beantwortet.

Meiner Erfahrung nach sind die Darstellungen von Amnesien, aber auch von Demenzerkrankungen in Film und Buch in der Regel fürchterlich falsch und wahnsinnig stereotyp. Das verfälscht das Bild, das man von Menschen hat, die tatsächlich mit solchen Dingen zu kämpfen haben, und von denen gibt es eine Menge - in meiner nächsten Umgebung zum Beispiel.

Zitat von: Wolfson am 12. März 2022, 13:16:15Das Thema Gerüche fand ich darin sehr prignant, aber wie sieht es dann mit Bildern oder Klängen aus? Würde ihm ein Bild oder Schrei seiner eigentliche Rasse gar den totalen Kick richtung Erinnerung geben?
Das klingt total nach einem Thema, wozu du sicher Fallstudien zuhauf finden wirst. Ein bisschen Recherche wird dich da weiterbringen.

Nimm mir bitte meine Nachricht nicht übel, aber das wollte ich gesagt haben, bevor die ersten Ideen dich erreichen.

Liebe Grüße,
Der Inspektor a.k.a. Rafael
"Ich habe die Schlimmste aller Sünden begangen, die ein Mensch begehen kann. Ich war nicht glücklich." -Jorge Luis Borges, Die Reue

Wolfson

Ich danke dir erstmal Inspektor. Einige Notizen habe ich schon zum Thema Amnesie und es ist immernoch eine Fantasygeschichte, aber ich will einfach keinen "Quark" da schreiben. Auch Stereotypen wollte ich daher nicht nutzen, auch wenn das einfacher wäre, aber der einfachste Weg ist nicht immer der bessere.

Ich kann für mich auch nur ein Deja vu gut auseinander nehmen, habe genügende erlebt, trotz zartem Alter. Ich freu mich dennoch auch über andere Äußerungen, auch Ansichten zum Thema überhaupt ;)

Sanjani

Hallo zusammen,

Zitat von: Der Inspektor am 12. März 2022, 13:37:19
mangels eigener Erfahrung kann ich dir da nicht weiterhelfen, aber ich würde dir doch dringend empfehlen, bei der ernsthaften fachlichen Literatur zu bleiben. Wenn du wirklich vorhast, die Amnesie-Erfahrung deiner Figur so realistisch wie möglich zu gestalten ist das unabdingbar, sonst wirst du der Sache nicht gerecht. Ein tiefes Verständnis des Innenlebens eines Amnesie-Patienten wirst du nicht bekommen, wenn dir jemand dazu über das Internet ein paar Fragen beantwortet.

Das beantwortet aber auch kein Fachbuch der Welt so richtig, weil das ja auch sehr persönlich gefärbt ist.

ZitatMeiner Erfahrung nach sind die Darstellungen von Amnesien, aber auch von Demenzerkrankungen in Film und Buch in der Regel fürchterlich falsch und wahnsinnig stereotyp. Das verfälscht das Bild, das man von Menschen hat, die tatsächlich mit solchen Dingen zu kämpfen haben, und von denen gibt es eine Menge - in meiner nächsten Umgebung zum Beispiel.

Deshalb sucht Wolfson doch nach persönlichen Schilderungen, oder habe ich da jetzt etwas falsch verstanden?

Ich kenne niemanden, der eine komplette Amnesie hat, insofern kann ich dir da auch nicht weiterhelfen. Ich habe eine Patientin, die erlebt viel Amnesie im Alltag, erinnert sich aber grundsätzlich schon noch daran, wie sie heißt und wer sie ist. Ich kann aber mal in meinen Notizen nachschauen, wie sie das so beschrieben hat.

Ich selber habe einmal eine kurze Amnesie erlebt. Ich hatte mich verletzt und bin aufgrund des Blutes umgefallen. Also ich hab nicht schwer geblutet, aber ich falle immer um, wenn ich blute. Auf jeden Fall erinnerte ich mich daran, dass ich vor der Tür des Nachbarn stand um zu klingeln und dann daran, dass ich am Boden lag. In den ersten Tagen und Wochen bin ich immer wieder das Szenario durchgegangen und habe versucht, das Loch zu flicken, welches da durch die kurze Ohnmacht entstanden war. Das war fast schon zwanghaft. Ich ging es immer wieder durch, stellte mir innerlich vor, wie ich an der Tür stehe und dann am Boden liege. Mein Knie und mein Kopf hatten eine Beule bzw. einen blauen Fleck abbekommen, und ich versuchte ständig erfolglos, mich daran zu erinnern, wie ich gegen was auch immer gefallen bin, aber es gelang mir natürlich nicht, weil ich ja weg war. Irgendwann habe ich dann akzeptiert, dass ich es nicht herausfinden werde, und dann hat das aufgehört.
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Der Inspektor

@Sanjani Ich stimme dir völlig zu! Ich wollte nur generell appellieren, dass man mit solchen Dingen aufpassen sollte und Wolfson hat ja schon geschrieben, dass er mit den Stereotypen aufpassen will :) also alles gut.
"Ich habe die Schlimmste aller Sünden begangen, die ein Mensch begehen kann. Ich war nicht glücklich." -Jorge Luis Borges, Die Reue

Wolfson

So entschuldige @Sanjani, dass ich erst jetzt wieder was antworte XD. ist ein wenig untergegangen der eigene Thread. Ich danke für deine Teilhabe und Vermittlung, auch deiner Beschreibung.

Ich selber kenne nur Zustände von Filmrissen nach ner Ohnmacht, bzw  eines Kreislaufzusammenbruchs und Gehirngespinnsten, die einem dabei passieren können oder das Phönomem des Déjà-vu.
Mir ist ein einzelner Bericht eines 18-jährigen Studenden zugetragen worden, der einen kleinen Teil dessen, was ich suche mitteilte. Der junge Mann bezeichnet seine Amnesie als 2 Leben, eines vor und eines nach dem Unfall. Seine Familie erkennt er überhaupt nicht und musste diese neu kennen lernen, ebenso wie seine eigene Freundin und sein eigenes Spiegelbild.
Seinen engen Freund und Zimmerkollegen vom Studium wiederrum empfand er als eine Person, der er vertraut hat und es auch sofort konnte, seine eigene Bezeihnung dazu war: "Das Band der Breundschaft ist vielleicht nicht zerstörbar."

Auch dass Erinnerungen nicht an Gegebenheiten gekoppelt sind und sehr willkührlich auftreten können, hilft mir dabei für die Gestalltung dieser für meinen Charakter -> der Student schält Kartoffeln, plötzlich erinnert er sich, dass er mal in den Bergen Fahrad gefahren ist und konnte die Erinnerung aus Kindheitstaged definieren.
Ein Gehinexperte in diesem Gebiet beschrieb auch dass, was gerade die Fachbücher hergeben (was leider nur rein medizinisch und fachlich ist), dass bei fast allen Typen der Amnesie die Motorik unbeschädigt bleibt, also wie man eine Gabel nutzt oder schwimmt oder simple dinge, wie ich auch Toilette gehe.  Aber auch bei dem Studenten war das gesammte Schulwissen intakt, aber seine Studienzeit an gelerntem war zu 10% nur noch da (er ist erst 1 Jahr an der Uni).

Was ich bisher geschrieben habe sind Dinge wie:
-Der Charakter erkennt, dass er nicht der Spezies angehört, wie sein Umfeld, weiß aber nichts von sich selbst
-will ein Herdfeuer anmachen und sucht instinktiv nach einer kleinen Schachtel (Streichhölzer, gibts dort nur nicht)
-das Feuer macht er mit Feuersteinen an - Erinnerung daran, wie er das als Kind schonmal gemacht hat und dass er da mit jemand vertrautem zusammen war

Geplant ist zwar, dass er sich (nach ca einem Jahr) durch eine explizte Gegebenheit wieder an sein "Altes" Leben erinnert, aber das Empfinden ähnlch dem Studenden eine Kluft bildet.

Wen das näher interessiert und mir darin auch gerne konstruktive Kritik wiedergeben würde, dem lasse ich gern eine Leseprobe zum Kapitel des Charakters zukommen. Ich freue mich sehr auch eure Meinung dazu.

Auch freu ich mich, sollte noch jemand eine Idee/Meinung/Erfahrung zum hierrin Aufgführten haben ;) :flausch: