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"Ich hab's getan, weil ..." - die Motivation der Charaktere

Begonnen von Siara, 04. Februar 2015, 12:02:58

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Siara

Vielen Dank für die Ausführungen, Fynja, das hat gerade noch einmal sehr viel mehr Licht in das Thema gebracht. Ich werde deinen Beitrag mal im Startpost verlinken, dann haben wir es bei den Hauptinfos. :)

Zitat von: Fynja am 05. Februar 2015, 19:55:24
Beim Leistungsmotiv gibt es auch noch einen interessanten Aspekt, nämlich dass dieses anfangs sehr stark von außen kommt, aber im Laufe der Entwicklung interiorisiert wird.
Das finde ich sehr interessant, und ich kann mir vorstellen, dass es auf ähnliche Art auch bei anderen Motivationen funktionieren kann. Dass die Handlungs- und Denkweisen, die sich aus einer Motivation ergeben, zur Gewohnheit und damit selbst zum Antrieb werden. Was Charaktere angeht, ließe sich sicher gut damit arbeiten, wenn längst verinnerlichte Antriebe/Ziele aufgrund einer neuen Motivation hinterfragt werden müssen.

Zitat von: Fynja am 05. Februar 2015, 19:55:24
Bedingungslos altruistische Protas nerven mich meistens, normalerweise hat man nämlich dennoch irgendwelche Gründe, anderen zu helfen, und selbst, wenn es Liebe ist, ist auch die nicht bedingungslos altruistisch.  ;D
Hehe, das habe ich auch schon mal festgestellt. So gesehen sind Menschen in ihrem Kern einfach ausnahmslos egoistisch, selbst die Selbstlosen.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Snöblumma

Schöner Thread.  :pompom:

Die Motivation der Charaktere ist für mich eigentlich immer der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte. Solange ich nicht verstanden habe, warum die Figur das macht, was sie mir so erzählt, kann ich die Geschichte nicht schreiben. Und damit meine ich gerade nicht das äußere Warum, sondern wirklich die innere Antriebskraft, die hinter dem allen steckt. Meistens ist das ja auch etwas, das die Figuren selbst nicht wirklich bewusst wissen, sondern mehr etwas, das aus ihrer gesamten Geschichte heraus kommt, vielleicht sogar aus der Familiengeschichte - das muss ich immer alles wissen, ehe ich schreiben kann. Gewissermaßen lege ich meine Figuren auf die Couch, ehe ich schreiben kann ;).

Häufige Motivationslagen sind bei mir der Wunsch nach Anerkennung, Zugehörigkeit, Bindung, wie Fynja es so schön geschildert hat. Noch lieber spiele ich allerdings mit Macht, und da bin ich durchaus der Meinung, dass die pure Macht Motivation genug sein kann. Ich kenne es auch aus dem echten Leben, dass es manchen Menschen einfach nur darum geht, mehr zu sagen zu haben als alle anderen - das kann zusätzlich motiviert sein von Angst, Ehrgeiz, Anerkennung, was auch immer, aber ich kenne durchaus die Typen, denen es einfach nur darum geht, Dinge zu machen, weil sie sie eben machen können. Ich finde das ein wahnsinnig interessantes Bündel, das man seiner Figur mitgeben kann, auch und gerade weil Macht eben nie ohne Probleme kommt.

Churke

Im Zusammenhang mit Macht gibt es noch etwas, das man in der Fantasy vielleicht mal gebrauchen kann:
Die Vision einer besseren Welt.

Metternich wollte den Kalender auf 1788 zurückstellen. Woodrow Wilson führte einen Weltkrieg "to make the world safe for democracy", Julian Apostata wollte den Lauf der Geschichte ändern und die Welt zum Heidentum zurückführen.

Solche Figuren können Schurken sein, Verbrecher, Diktatoren, Volltrottel, Ideologen, Glücksritter, Beamte, Zivilversager - aber auch Männer von außerordentlicher Integrität.

Sunflower

Writers Write hat auf Facebook gerade noch einen Link zu einem Charakter Motivation Sheet gepostet (bei Deviant Art). Ist alles auf Englisch und das meiste wurde auch schon genannt, aber ich lasse es trotzdem mal hier. Klick
"Stories are, in one way or another, mirrors. We use them to explain to ourselves how the world works or how it doesn't work. Like mirrors, stories prepare us for the day to come. They distract us from the things in darkness."
- Neil Gaiman, Smoke and Mirrors

Reman Akarak

Ein sehr aufschlussreicher Thread mit sehr aufschlussreichen Kommentaren.
Ich danke dafür.  :)


Ich finde die Form des Macht-Motivs wie es Churke zuletzt benannt hat mit am stärksten, wenn
man wirklich Charaktere erschaffen möchte, die nicht nur etwas sondern die ganze Welt verändern
möchten. Motive für dieses Motiv könnte man dann denke ich mal aber ebenso zahlreich aufführen.
Schließlich kann die Vision einer besseren Welt sich sowohl an die Vergangenheit (früher war alles besser)
also wahre Begebenheiten, als auch an die Zukunft in Form von Ideologien etc. (wenn wir das erst einmal
so gestalten wird alles besser).
Wobei ich diese Eigenschaft die Welt verändern zu wollen, eher Charakteren gebe, die bereits über Macht verfügen.
Sie fallen in diesem Hinblick also schon fast dem Größenwahn anheim und sehen sich dazu in der Lage die Welt zu verändern und ihre
Vorstellungen durchzusetzen. Jene welche kaum Macht besitzen und diesen Wunsch trotzdem verspüren, scheitern bei mir meist an den Zwängen der Gesellschaft in Sinne von Recht und Moral.

Interessanter finde ich dann aber die Ausarbeitung weshalb diese Charaktere von diesem Gedanken so überzeugt
sind, dass sie wirklich etwas verändern möchten.
Im Beispiel eines Antagonisten gebärt dieser aus der Angst vor dem Tod, dem freiwilligen Ableben seiner Gefährten und der Einsamkeit zuerst Selbsthass gegenüber seiner eigenen Schwäche - die Sterblichkeit. Er erkennt, dass man (zumindest hier im Falle von Magiern) den Tod umgehen kann. Dennoch bleibt die Verachtung für zerbrechliches Leben und wird so zum Hass gegenüber allen sterblichen Nicht-Magiern, weil er in ihnen immer wieder die eigene Schwäche sieht, die einst in ihm selbst wohnte und die ihn seine Freunde genommen hatte. In seiner Vision wird es eine perfekte Welt ohne den Tod der geliebten Mitmenschen geben, selbst wenn dies erst einmal die Ausmerzung der genannten "Schwäche" bedeuten sollte.

An sich vereint allein die Vision einer besseren Welt, wie sie dieser Antagonist besitzt viele Aspekte, die weit über den der Macht hinausgehen.
Und andere Charaktere können sich diesem Bild aus ihren eigenen Motiven anschließen. Die Angst vor Verfall treibt jemand besonders eitles dazu dem Versprechen nach ewiger Jugend/ Schönheit nachzukommen. Jeder, der Unvergänglichkeit sucht kann sich in diesem Bild verstricken.

Man  bedient sich vieler Motive und genau das macht ja erst die Komplexität des Charakters aus. Er hat eine Hauptmotivation, aber Vieles, was ihn noch beeinflusst und seiner Vision entweder entgegenspielt oder sie sogar beflügelt.


Ich bin gespannt auf all die noch folgenden, spannenden Kommentare zu diesem wirklich fruchtbaren Thema.  :)

Leygardia

Also bei meinem 1. Projekt ist es der Drang nach der Wahrheit, die Neugier, die Eifersucht und die Liebe, die meine Prota`s momentan antreibt, während bei meinem 2. Projekt der Drang nach Gerechtigkeit, Zielstrebigkeit sowie die Sucht nach Macht und Dominanz die Charaktere nach vorn treibt. Wovon ich auch ein Fan bin, ist Rache auszuüben, nur fällt es mir irgendwie schwer, so etwas zu schreiben, da ich selber kein Mensch bin, der an Rache denkt, wobei ich es gerne lese, wenn sich jemand an einem rächen will, vorallem dann, wenn ich in der Situation das gleiche getan hätte. Dann fühle ich mich irgendwie mit der Person verbunden..  :hmmm:

Christopher

Das führt zu einem interessanten zweiten Gedanken:

Inwiefern beeinflussen diese Gründe, ob wir die Charaktere mögen oder nicht?
Es fällt den meisten wohl nicht schwer mit Charakteren zu sympathisieren, die an sich arbeiten, sich verbessern und ihre Ziele erreichen (wie auch immer die aussehen mögen) oder mit solchen, die uneigennützig etwas gutes tun o.ä.

Aber auch die Anderen, die weniger gute Dinge/Ziele im Fokus haben, können ja für Leser interessant sein. Die Ziele und Gründe der Charaktere sind ja, wie Leygardia schon gezeigt hat, einer der wichtigsten Punkte, warum man überhaupt seine Geschichte hören will.

Also: Warum ist dieses oder jenes Motiv eher dazu geneigt, euch weiterlesen zu lassen? Oder welches lässt euch aufhören?
Be brave, dont tryhard.

Siara

@Christopher: Das sind für mich zwei verschiedene, interessante Punkte.

Zum einen, welche Motivationen sympathisch sind. Dazu muss ich sagen, dass mir reine Gutmütigkeit meist zu einfach und unrealistisch ist. Egoismus in einem gesunden Maße halte ich für wichtig, alleine schon, weil ein starker Antrieb dahinter glaubwürdiger ist. Allgemein sind mir gegenläufige Motivationen sympathisch, also keine reine Machtbesessenheit oder reine Ritterlichkeit. Das hängt dann allerdings auch wieder damit zusammen, dass ein Gemisch von Interessen die Charaktere tiefgründiger wirken lässt. Und Authentizität ist mir extrem wichtig.

Die zweite Frage ist, welche Motivationen zum Weiterlesen anregen. Ich persönlich breche Bücher so gut wie nie ab, selbst wenn sie noch so schlecht sind. Wenn ich über Seite 20 hinaus bin, lese ich sie auch zu Ende. Trotzdem binden einige Motivationen natürlich mehr an die Geschichte als andere. Rache beispielsweise hat auf mich wenig Anziehungskraft. Es geht schließlich immer um die Frage, ob der Charakter sein Ziel erreicht, und ausgeübte Rache bringt selten Befriedigung. Damit ist das Ziel für mich nicht erstrebenswert und der Plot weniger interessant. Angst ist eine tolle Motivation, weil gerade die Überwindung dieser fesseln kann. Verliebtheit bis zu einem gewissen Grad, als alleiniger Antrieb ist es mir zu wenig, weil es quasi eine "Ja/Nein"-Frage ist. Allgemein gefällt mir alles, was Charakterentwicklung und besonders das innere Wachsen der Figuren nach sich zieht: Angst, Stolz, Traumata, Auflehnung gegen Unterdrückung, etc.

Bei diesen geht es nämlich nicht nur um die Frage, ob ein bestimmtes Ziel erreicht wird, sondern auch, auf welchem Weg. Und Geschichten, in denen die Charaktere über sich hinauswachsen, trage ich noch am längsten mit mir herum.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Churke

Zitat von: Christopher am 14. März 2015, 09:47:15
Also: Warum ist dieses oder jenes Motiv eher dazu geneigt, euch weiterlesen zu lassen? Oder welches lässt euch aufhören?

Ich weiß nicht, ob das eine Frage des Motivs ist. Macbeth lässt sich von seiner Frau überreden, den König zu ermorden und nach der Krone zu greifen. Als er dann König ist, wird er zum Getriebenen, zum Tyrannen kraft Amtes.

Das Motiv dient ja dazu, das Tun einer Figur zu erklären, und es ist zuerst das Tun, das eine Figur sympathisch macht oder nicht.  Ich sehe das wie Siara: Der Weg ist das Ziel. Das Motiv ist bedeutungslos, wenn eine Figur nichts tut, und unwichtig, wenn eine Figur Böses tut. Nehmen wir Don Carlos bei Schiller: Ich habe den immer gehasst, weil der nur rosa Luftballons aufbläst, aber nichts auf die Reihe kriegt.

Gegenbeispiel:
In Kleists Hermannsschlacht lockt Hermann den arglosen Varus mit Lug und Trug und List und Tücke in die Falle. Ein Motiv dafür liefert Kleist gerade nicht. Das finde ich genial, weil es nämlich wirklich niemandem auffällt. Aber es bewirkt, dass man Hermanns Schweinereien hinterfragt.

funkelsinlas

Ich finde es cool, wenn der Antagonist eigentlich das stärkere Motiv hat. Also eines, gegen das niemand etwas sagen kann, etwas, was ihm unstrittig zusteht, aber er bekommt es nicht und greift jetzt zu den falschen Mitteln.
Ein weiteres Motiv für die Liste ist "jemanden Stolz machen wollen" damit fühlen sich die Personen ja etwas verpflichtet und haben dann so tolle Reaktionen, wenn man an dieser wichtigen Person rüttelt.
Für manchen Charakter zieht auch wunderbar die Motivation Schuldgefühle oder psychische Probleme. Dass sind dann Handlungen, die keinen Sinn machen, für den Charakter aber der einzige Ausweg sind. Ich habe so einen Ritter, der genau weiß, dass was im Busch ist, aber es nicht über sich bringt, eine junge Frau zu attackieren um ihr Antworten und einen verdächtigen Brief zu entreißen, nur weil sein Vater gegen über solchen Leuten, eben auch seiner Amme, sehr gewalttätig war.

FeeamPC

Übrigens gebe ich noch zu bedenken, dass nicht nur die Helden und Antagonisten selbst sich im Laufe einer Geschichte (meist) ändern, sondern auch ihre Motive.
Was als Rachefeldzug beginnt, kann in einer machthungrigen "ich verbessere die Welt"- Tyrannei enden. Oder damit, dass der Held sein eigenes Tun als frevelhaft erkennt und ins Kloster geht. Oder dass er selbst am Ende der wirkliche Antagonist des Buches wird. Es können zusätzliche Motive im Laufe der Erzählung auftreten und Überhand gewinnen, der Prota kann massiv beeinflusst werden, usw.
Dann ist die Kunst, dem Leser diese Entwicklung plausibel zu erklären, und, falls es um den Helden geht, dafür zu sorgen, dass er trotz geänderter Motivation des Lesers Liebling bleibt. Oder eben im Buch eine zweite Figur rechtzeitig aufzubauen, die den Helden-Liebling ablöst, möglichst ohne dass der Leser sofort dahinterkommt, was der Autor vorhat.

Kadeius

Ich bin zwar nicht abgeneigt, wenn es um Klassiker wie Rache, Eifersucht und Gerechtigkeit geht - Joe Abercrombie zumindest beweist, dass es offensichtlich noch ankommt - doch ich muss sagen, sowohl bei anderen als auch bei meinen Projekten können die Charaktere noch so mitreißend, spannend und nachvollziehbar sein: Es geht aber nichts über einen Charakter, dessen Motivation überhaupt nicht klar ist oder nur zu vermuten ist, vielleicht, wenn Andeutungen gemacht werden. Ich habe oft von Charakteren gelesen, die aus o.g. Motiven etwas tun, aber am spannendsten sind die geheimnisvollen, die nur deshalb geheimnisvoll sind, weil sie nicht viel preisgeben und nur solange spannend bleiben, solange sie nicht viel mehr preisgeben. Ein Beispiel dafür ist Varys aus A Song of Ice and Fire von George Martin, der eine oder andere wird ihn kennen.

Im Augenblick arbeite ich auch an der Fortsetzung meines Erstlings und so richtig hat sie erst eine Figur ins Rollen gebracht, die teils aus Forschungsdrang handelt, teils aus Langeweile, bis sie feststellt, dass sie es kann, weil sie die Macht dazu hat. Und diese Macht gefällt meinem Anta. Zwar ist ihm und auch dem Leser klar, dass er alles damit erreichen könnte, was er wollte, aber wozu? Dass er es nicht tut, ist wiederum ein Geheimnis, bis man eventuell zu dem Schluss kommt, dass ihm der Status quo gefällt.

Es hat etwas gedauert, bis ich realisiert habe, warum ich gerade diese Art von Charakter so unheimlich spannend finde, aber ich denke, es ist die Ungewissheit oder das Schleierhafte der eigentlichen Motivation. Es ähnelt ein bisschen Kleists Hermannsschlacht, wie Churke ansprach. Die Figur ist auch für mich nur deshalb so interessant, weil ich Fragen an ihn, bzw. an ihren Autor über sie habe und sie nicht eindeutig beantworten kann.

SLis

#42
Ich kann mich Kadeius in dem Punkt anschließen, dass unklare Motive mich, als Leser, am meisten anziehen.
Eine meiner Figuren aber selbst mit einer solch geheimnisvollen Aura auszustatten, und sie dann auch zu halten, kann ich nicht. Für meinen roten Faden brauche ich einen nachvollziehbaren Grund, ich neige zum Erklären, Veranschaulichen, Nahbar machen. Selbst wenn die Motivation bloß aus einem 'Weil ich es eben kann' besteht, was meiner Meinung nach auch eines der unberrechenbarsten Motive hervorbringen kann: Mancher will die Welt einfach nur brennen sehen.

Rache, Gerechtigkeit, Verzweiflung, dem Streben nach einem besseren Leben/einer besseren Welt sind für mich Dauerbrenner, die nach wie vor gut sein können oder auch alles völlig in den Sand setzen. Nachvollziehbarkeit kann von Leser zu Leser sehr unterschiedlich sein. Wo der eine Zustimmt und die ihm dargestellte Motivation völlig akzeptiert, schüttelt der andere nur mit dem Kopf und beschimpft die Figur als Sensibelchen. Manch einer ist zu abgestumpft, neigt zum Vergleich und schreckt zurück, wenn er den ein oder andere Beweggrund so, oder so ähnlich, einmal zu oft gelesen hat.
Vorallem wenn dann alles auf ein 'das Leben war so ungerecht zu mir' zusammengestaucht wird, möchte ich manchmal schreiend davonlaufen. Man kann auch dies spannend und facettenreich verpacken, aber weil XY meine Eltern getötet hat, ziehe ich nun raubend und brandschatzend los, bis ich jeden seiner Blutlinie erwischt habe, greift bei mir nicht mehr. Ich empfinde es als übertrieben. Dies scheint etwas zu sein, dass ich einmal zu oft gelesen/gesehen habe.
Der Protogonist, oder/und sein Gegenspieler, dürfen gebrochen sein, aber dann bitte aus einem verdammt guten Grund, und damit wäre man wieder bei dem Problem, dass die Meinungen, was denn ein guter Grund ist, weit auseinander gehen. Ich kann eine - für mich - magere Motivation aber verkraften, wenn das Handeln der Figur eine gewisse Intelligenz zeigt. Inrigen und Machtspielchen hervorbringt, die mich zum mitdenken und mitfiebern anregt. Dann ist es mir gleich, welches Schicksal diesen Charakter formte und dazu brachte zu tun, was er eben tut. Hauptsache er macht es gut.  ;) Und damit sind wir wieder beim unklaren Motiv angelangt, denn nicht immer ist es nötig, mit dem Finger drauf zu zeigen, um einem Charakter folgen zu können. Aber das gut umzusetzen, ist eben eine Kunst, die nicht jeder (und ich schon gar nicht) beherrscht.

@Kadeius, deinem Vergleich mit Varys kann ich so aber nicht ganz folgen. Es stimmt, er gibt nicht viel Preis, aber
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.

AlpakaAlex

Charaktermotivation ist auch so ein Thema, das mir unglaublich wichtig ist. Ein häufiger Grund für mich, Bücher zur Seite zu legen, ist, dass ich nicht nachvollziehen kann, warum die Charaktere denn machen, was sie machen. Wenn sie sich einfach nur mit dem Plot mittreiben lassen, weil der Plot halt passieren muss. Dabei bin ich nicht sehr anspruchsvoll, was die Motivation angeht. Von mir aus reicht eine rein finanzielle Motivation vollkommen aus (die ich übrigens nicht zwangsläufig als Gier bezeichnen würde - wenn der Charakter im Rahmen der Handlung seinen Job macht, dann macht er eben seinen Job).

Schauen wir uns meine Geschichten an, so haben wir in Mosaik erst einmal ein reines Streben nach Bezahlung, aber auch ansehen. Das wandelt sich allerdings im Verlauf der Geschichte zu einem Sinnen nach Gerechtigkeit und "Redemption" (wofür es immer noch kein gutes deutsches Wort gibt, ich prangere das an!).

Bei Dämonenbann wird die Protagonistin am Anfang ein wenig in die Handlung gedrängt, macht dann aber, was sie macht, weil sie sich gegenüber der verschwundenen Person schuldig fühlt.

Bei 7 Nächte wird die Protagonistin in erster Linie durch ihre (vermeintlich) unerwiderte Liebe zu Miriam motiviert.

Und aktuell bei Sturmjägerinnen haben wir drei Protagonist*innen, die halt in erster Linie ihren Job als professionelle Schatzjägerinnen machen. Sie wollen halt ihren guten Ruf behalten und Geld verdienen. Die Motivation wandelt sich allerdings auch im Verlauf der Geschichtee ...