Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Fianna am 14. Oktober 2013, 20:14:52

Titel: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Fianna am 14. Oktober 2013, 20:14:52
Hier möchte ich eine Diskussion anstoßen, in der alle Schreiber, die Frauen in militärischen Führungspositionen eingesetzt haben, sich austauschen können.

Oder Autoren sich zu Wort melden können, warum sie das gerade niemals tun würden (vielleicht kommt der eine oder andere Leser dann ja zu der Erkenntnis, dass er "seine" Frau doch etwas mehr begründen und unterfüttern muss, damit es logisch, realistisch und stimmig wird).

Oder in der Leser Beispiele nennen können, die sie gerade gelesen haben, und warum das gut/schlecht beziehungsweise überzeugend/unglaubhaft dargestellt war.

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Ich bin auf das Thema gekommen, weil so ziemliche alle Mitglieder meiner Autorengruppe mich auf der Leipziger Buchmesse beim abendlichen Plausch mit einer starken bis totalen Ablehnung meiner elbischen Generälin überrascht haben.
(Abgesehen von einigen Kandidaten, die immer sagen "Wenn etwas logisch begründet ist, ist es auch in Ordnung" und da praktisch gar keine persönlichen Vorlieben in sich tragen.)


Und jetzt gerade bin ich am Charakterblatt, Feinplot etc.


Ich habe lange hin und her überlegt, ob ich überhaupt eine weibliche Figur nehmen soll, bis mir aufging, dass ich nur deswegen einen Mann draus machen will, weil ich keine Alibi-Frau haben will. Da sie das nicht ist, habe ich also nun einen weiblichen General.

Ich empfand das als logisch, denn

Das einzige, was meine Freunde akzeptiert hätten, wäre, wenn meine Elbin die erste Generälin wäre.

Das fand ich aber aus Prinzip doof, denn die Generälin ist für eine militärische Fehlentschiedung verantwortlich, die den Kriegsverlauf stark bestimmt. Wenn ich den Fokus auf das Geschlecht setze, treffe ich ja gleichzeitig zwischen den Zeilen eine Aussage über die Tauglichkeitvon Frauen in militärischen Führungspositionen.
Das ist nicht im Sinne des Erfinders (der Plot ist von Fehleinschätzungen oder Charakterschwächen vieler Personen getragen, und "böse" Figuren gibt es auch nicht, nur schwache oder egoistische etc).

Außerdem empfinde ich "Sie ist die erste Frau in dieser (militärischen) Position" als topos, und so etwas vermeide ich gerne.

Am Gravierendsten spricht jedoch dagegen, dass sie nicht die Hauptperson, sondern einer von neun Perspektivträgern ist (aus 3 Ländern, also es ist keine große Verwechslungsgefahr), somit würde bei der Betonung auf dem Geschlecht erst recht die Aussage "Frauen sind untauglich" beim Leser ankommen können, was ich vermeiden möchte.

Und erben soll sie die Position auch nicht.


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Nachdem meine Freunde dem Ganzen leider nicht so positiv gegenüber standen, wollte ich das Konzept mal in einem etwas größeren Kreis diskutieren.

Was haltet ihr von meiner Nutzung einer Generälin?
Habt ihr selber Frauen in militärischen Fühungspositionen/warum nicht?
Oder erinnert ihr euch an ein Buch, wo das besonders gut/schlecht umgesetzt wurde?



Liebe Grüße
Fianna
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: caity am 14. Oktober 2013, 20:22:49
Ehrlich gesagt verstehe ich das Problem nicht so ganz, Fianna - also, das Problem, das deine Freunde damit hatten. Ich weiß, du willst über fantastische Literatur reden, aber: ich habe ein Praktikum bei der Militärseelsorge gemacht und habe dort durchaus auch Frauen in der Führungsriege kennen gelernt. Das ist also nicht so ungewöhnlich. Und entgegen den meisten "Klischees" war es zumindest dort, wo ich war, im Militär auch ziemlich egal, ob man/frau männlich oder weiblich war - sie waren alle Soldaten/Kameraden. Ergo, um deine Fragen zu beantworten:

ZitatWas haltet ihr von meiner Nutzung einer Generälin?

Damit habe ich überhaupt kein Problem!

ZitatHabt ihr selber Frauen in militärischen Fühungspositionen/warum nicht?

In meinen Schwelle-Romanen haben "die Hüter" auch gleichzeitig die Führungsposition in den Schlachten. Da in der zweiten Generation eine Frau die Macht des Hüters hat - ja, im Prinzip ist sie so etwas wie eine Generälin, auch wenn das nicht so bezeichnet wird, aber sie hat die selbe Funktion. "Warum" kann ich dir da ehrlich gesagt auch gar nicht so wirklich beantworten. Das ergibt sich aus dem Gesamtroman, und ich wüsste ehrlich gesagt auch einfach nicht "warum nicht".

Zur letzten Frage fällt mir leider nichts ein, sorry. Aber mich würde doch noch sehr interessieren, was genau deine Freunde auf der Buchmesse für ein Problem damit hatten, wie gesagt, wirklich nachvollziehen kann ich es momentan noch nicht.  :engel:

Alles Liebe,
caity
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: KaPunkt am 14. Oktober 2013, 20:28:01
Ich weiß zwar nicht, ob man für dieses Thema jetzt extra einen großen Diskussions-Thread braucht, aber bei deinem Problem will ich dir gerne helfen, in dem ich dir meine eigene Meinung sage:

Das einzige, was gegen weibliche Soldaten an sich sprechen könnte, ist, dass der durchschnittliche weibliche Körper im schwächer ist als der durchschnittliche männliche.

Das hat jetzt erstmal nichts mit Kinderkriegen zu tun.

Ob diese physische Kräfte-Verteilung bei Elfen ebenso gegeben ist wie bei Menschen, ist deine Entscheidung. Und insgesamt sind die meisten Elfen ja eher von der androgynen Sorte.

Dazu kommt noch: Als General stehst du nicht (mehr?) vorne im Getümmel. Du steht hinten/oben irgendwo, wo du einen guten Überblick hast, behältst den Überblick und gibst Befehle. Da ist dann auch die körperliche Überlegenheit nicht mehr der wichtige Faktor, sondern das intellektuelle Vermögen. (Ohne da jetzt näher ins Detail gehen zu wollen, aber wie lange Napoleon wohl als Fußsoldat überlebt hätte?)

Was nun das Kinderkriegen angeht: Der General an sich steht ja schon auf einer recht hohen Karrierestufe. Verdient also auch gut (Ist vermutlich von Adel). Du kannst gerne davon ausgehen, dass die Kinder von Generälen, gleich welchen Geschlechts, Ammen, Kinderfrauen, Erzieher, Hauslehrer etc. haben, und sich Mama/Papa eher am Rande um die Erziehung der Blagen kümmern muss.

Zusammengefasst:
Natürlich kann es elfische Generäle geben.
Was für Blödsinn, dass es keine geben darf!

Liebe Grüße,
KaPunkt
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Pygmalion am 14. Oktober 2013, 20:33:51
Ich verstehe auch das Problem deiner Freunde nicht ganz. Es kommt ja darauf an, wie die Elbengesellschaft funktioniert. Ist sie patricharchalisch (ist das jetzt richtig geschrieben? :D) und hat sonst nur männliche Soldaten , dann wäre eine Frauengenerälin natürlich ungewöhnlicher, als wenn es auch in jedem anderen Rang Frauen gibt. Was sollte da der Frau mit Fähigkeiten im Weg stehen, an die Spitze zu kommen?

Bei den Albae von Heitz gibts auch weibliche Anführer, die haben mich da nie gestört (andere Sachen schon, aber die sind ja nicht Teil deiner Frage :D )
Bei der Hexersaga von Sapkowski (die ich übrigens sehr empfehlen kann!) sind die Zauberinnen enorm mächtig und einflussreich, die Menschenfrauen werden eher wie im Mittelalter behandelt, bei den Elfen gibt es dann wiederum auch weibliche Krieger, Anführer und eine Königin (die gleichzeitig auch Zauberin ist). Auch da ist mir das nie negativ aufgefallen, bzw. ich habe gar nicht darüber nachgedacht, wieso das ein Problem sein sollte, vor allem bei Elfen.

EDIT: Die Frage ist ja auch... will eine Karriereelbe, die dauernd im Krieg ist, überhaupt Kinder kriegen? Vielleicht will sie das ja gar nicht und tut es auch nicht, aus der Sicht würde sich das Problem dann gar nicht stellen.

Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Rhiannon am 14. Oktober 2013, 20:40:27
Ich kann das irgendwie auch nicht nachvollziehen. Ich meine, Frauen in militärischen Führungspositionen sind ja nicht nur Fantasy-Figuren sondern mittlerweile auch in Deutschland durchaus Realität.

Zu deiner Frage: Ja, ich habe einige. Beispielhaft nennen will ich hier nur drei, bei denen das eine größere Rolle spielt.

Neueste Figur von den dreien ist Timber Moreland aus meinem NaNo-Projekt "Innocence lost". Sie ist Offizierin, auch wenn ich ihr noch keinen Rang verpasst habe, weil ich mich da nochmal einfuchsen muss. Aber Timbers Figur würde anders gar nicht funktionieren, weil ich da mit den GEgensätzen von Kriegsrealität und Mutterinstinkt spiele. Timber ist also definitiv keine Quotenfrau!
Dann gibt es noch Oberstleutnant Seraphine Darken, die Hauptperson aus meinem NaNo-Roman 2011. Bei ihr spiele ich damit noch sehr viel mehr, weil sie in einer Welt aufwächst, in der Mädchen wie Jungs mit 15 zum Kriegsdienst eingezogen werden, Hauptsache man hat Soldaten, die man verheizen kann.
Die beiden Romane würden mit einem Mann gar nicht funktionieren, weil ich dann dieses Mutter-Kind-Dilemma nicht reinbringen könnte.

Dann habe ich in einem alten Projekt aber auch noch eine königliche Heerführerin in einer eigentlich männerdominierten Welt. Da sie aber Amazone ist und der König eher auf Talent, als auf das Geschlecht sieht, hat sie diesen Posten bekommen, muss aber durchaus mit den zu erwartenden Vorurteilen kämpfen, was einen Teil der Handlung ausmacht, sprich mit einem Mann so auch nicht funktionieren würde.

ICh habe dann noch einige Welten, in denen Gleichberechtigung herrscht, weshalb das Militär etwa gleich viele Männer und Frauen hat, die sollen hier aber keine Rolle spielen.

Im Prinzip kann ich auch sagen: So lange es logisch erklärt ist. Ich hasse es, wenn Frauen militärische Führungsrollen kriegen, nur weil der Autor eine Quotenfrau haben will. Ich würde behaupten, dass gerade in einer militärischen Führungsposition das Können entscheidend ist, weniger das Geschlecht. Sprich Männer können einer Frau folgen und unter einem Mann meutern und umgekehrt. Für Frauen gilt das Gleiche. Sprich wenn deine Elbe das Talent hat, zu führen, dann wird sie es, gerade bei Elben, denen ja weder die Zeit zum Üben ausgeht, noch die biologische Uhr so schnell abläuft, wohl auch tun. Ob sie nun die Einzige ist, oder nicht, spielt da wohl eher keine Rolle. Der Einwand, dass sie sie als die Erste akzeptieren würden, aber nicht als Normale Generalin verstehe ich jetzt nicht! Wo bitte ist denn da der Unterschied?
Vor allem, wenn eien Frau in der höchsten Position akzeptiert wird, wird sie in niedrigeren Positionen definitiv akzeptiert, weshalb es dann mehr als eine geben muss!
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Pygmalion am 14. Oktober 2013, 20:56:12
Ich glaube, das mit der "Ersten" bezog sich darauf, dass sie der erste weibliche General seit Bestehen der Elbenarme ist und nicht grundsätzlich die erste Frau in der Armee... oder habe ich das falsch verstanden? :)
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Tanrien am 14. Oktober 2013, 21:00:00
Es gab mal eine ähnliche Diskussion, die, wie immer, wenn wir uns hier im Forum in irgendeiner Weise auch nur annäherend über Geschlechterfragen unterhalten, voll ausgeartet und super hitzig geworden ist: Zum Beispiel hier im Thread zum Bechdel Test (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,6259.0.html). Persönlich fände ich deswegen ein Thema über die Umsetzung weiblicher Charaktere in Führungspositionen interessanter, als jetzt zum x-ten Mal  darüber zu diskutieren, dass Frauen ja niemals ein Schwert so gut heben könnten wie ein Mann.

ZitatOder erinnert ihr euch an ein Buch, wo das besonders gut/schlecht umgesetzt wurde?
Ich mochte Boudica, von Manda Scott.

Ansonsten finde ich nicht, dass man Gründe braucht, um in einer Fantasy-Welt Geschlechtergleichheit/-gerechtigkeit einzuführen. Zu viele greifen auf einen fiktionalen Default-Status zurück, in dem Frauen nie in Führungspositionen sind, sondern am Herd zuhause, der, siehe caitys Post, ja noch nichtmal der Realität entspricht. Ich stimme dir aber zu, dass man Gender da thematisieren kann, wenn man will - nicht unbedingt als erste Generälin, aber vielleicht wird sie von Herrschern in einem anderen Land nicht ernst genommen, weil sie eine Frau ist. Aber man muss es nicht, genauso könnte sie ja auch als Elbin oder wegen ihrer lustig knubbeligen Knie nicht ernst genommen werden. Dafür ist es halt Fantasy.

Wenn es hingegen nur auf der einen Position wichtig ist, das da Frauen sitzen (sowas wie das Amt der Hohepriesterin; oder Elbinnen leben länger als Elben und steuern deswegen Armeen konstanter/haben mehr Erfahrung), dann sollte es meiner Meinung nach schon erklärt sein, aber das gleiche gilt ja auch für den Fall, dass du einen Elben vor eine Armee Menschen stellst oder dass alle zwei Jahre routiert wird.

ZitatHabt ihr selber Frauen in militärischen Fühungspositionen/warum nicht?
Ich besetze die meisten Führungspositionen in meinen Romanen weiblich (weil einfach die meisten Charaktere weiblich sind, da ich lieber Frauen schreibe).

Zitat von: Rhiannon am 14. Oktober 2013, 20:40:27
Im Prinzip kann ich auch sagen: So lange es logisch erklärt ist. Ich hasse es, wenn Frauen militärische Führungsrollen kriegen, nur weil der Autor eine Quotenfrau haben will.
Das Problem ist, dass diese Sichtweise die Zahl der weiblichen Charaktere noch weiter senkt. Warum sollten Männer die Norm sein? Wir reden hier von einer Elbe in einer Fantasywelt, da wird ja schonmal ziemlich viel "Logik" weggelassen, um in das Szenario überhaupt reinzukommen.

Generell ist hier ein guter Link:
We have always fought (http://aidanmoher.com/blog/featured-article/2013/05/we-have-always-fought-challenging-the-women-cattle-and-slaves-narrative-by-kameron-hurley/) von Kameron Hurley
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Cairiel am 14. Oktober 2013, 21:17:51
Bei meinen Kaisergardisten in meinem NaNo-Roman ist eine wichtige Führungsperson auch weiblich - vermutlich mehrere, aber außer ihr habe ich erst einen anderen erfunden und den auch nur, weil er für die Handlung von Bedeutung ist. Warum sie eine Frau ist? Gegenfrage: Warum nicht?

Mir geht es wie den anderen hier, mich schockiert die Einstellung deiner Freunde dazu. Bei den Elfen ist es in meinen Augen sowieso kein Problem, Männer und Frauen gleichzustellen, eben weil sie in ihren langen Leben sowieso vieles erreichen können, was sie wollen (Kinder und Karriere unter einen Hut bringen, als Frau den Körper stählen, wenn denn Bedarf besteht usw. usf.).

Nein, ich für meinen Teil finde eine ausgewogene Mischung aus Frauen/Männern in meinen Büchern wichtig. Auch bei den Menschen. Ich hasse es, dass Menschen aufgrund ihres Geschlechts anders behandelt bis sogar diskriminiert werden und deshalb behandle ich das in meinen Büchern gar nicht erst; ich finde schon schlimm genug, was da in der Realität passiert bzw. schon passiert ist. Andere setzen sich deshalb erst recht damit auseinander, aber ich mag das Thema einfach nicht ... Meine Frauen sind in meinen Fantasy-Werken meinen Männern gleichgestellt und aus. Selbst bei meinem historischen Roman tue ich mich schwer, meiner Protagonistin die Grenzen aufzuerlegen, die einer Frau zu ihrer Zeit und in ihrem Volk auferlegt waren ...  ::)  Es liegt bei mir, wie Rhiannon schon so schön schrieb, am Charakter einer Figur - ist er/sie eine Führungspersönlichkeit oder nicht? Meine Kaisergardistin ist es auf jeden Fall. Mein männlicher Prota hingegen nicht, weshalb er es unter den Kaisergardisten nicht weit bringt.

Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: TheaEvanda am 14. Oktober 2013, 21:26:42
Frauen im Militär?
Wie wäre es mit Honor Harrington von David Weber? Mittlerweile 10 Bände über ihren Aufstieg vom KaLeun bis hoch zu einer der wichtigsten Admiralinnen der Raumflotte von Manticore. Ist harte Science Fiction.
"Der Paladin" von C.J. Cherryh. Ein Mädchen wird Karatemeister. Oder so ähnlich. Sehr sexistisch entlarvend.
"Der Stolz der Chanur" und Folgende von Cherryh. Bei den Hani haben die Frauen die Hosen an, und die Männer sind nur zum Kindermachen und Kämpfen gut.

Historisch waren es nicht wenige Frauen, die das Schwert ergriffen haben - und in Japan waren es die Ehegemahlinnen der abwesenden Männer, die die Verteidigung der Lehen etc. überwacht und die Hausarmeen befehligt haben. Das Naginata, Schwert-an-Stange, war die klassische japanische Frauenwaffe. Da wird der Kimono nicht so schnell dreckig. :P

In Sachen Frauen an der Waffe verweise ich an meinen Schwager den Ausbilder beim Bund, der mit Frauen sehr gute Erfahrungen gemacht hat, und an eine sehr gute Freundin, gerade auf dem schnellen Offizierskarriereweg hochklettert. Man sollte sich vor allem in der Fantasy sehr früh klar machen, dass Männer- und Frauenrollen immer ein kulturelles Konstrukt sind. Man kann die Konstruktion leicht ändern, wenn man sich traut.
Ich selbst bin sehr dafür, dass Frauen "ungewöhnliche" Dinge tun. Sie müssen dabei auch Frauen Fehler machen dürfen. Sie sollten es nur nicht hysterisch kreischend machen, wenn sie Kommandoerfahren beschrieben wurden.

Wie Andere verstehe ich das Problem deiner Freunde nicht so ganz.

--Thea
Herzogenaurach, Germany

Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Churke am 14. Oktober 2013, 21:37:36
Zitat von: KaPunkt am 14. Oktober 2013, 20:28:01
Das einzige, was gegen weibliche Soldaten an sich sprechen könnte, ist, dass der durchschnittliche weibliche Körper im schwächer ist als der durchschnittliche männliche.

Das sehe ich anders. Zuallererst muss die Gesellschaft, vor allem aber die Armee, eine solche Rolle von Frauen akzeptieren. Ein(e) General(in) ohne Autorität ist der sichere Weg in die Niederlage. Vielleicht hätte Antonius die Schlacht bei Actium gewonnen, wenn er Cleopatra nach Ägypten verbannt hätte. Sie spielte keine militärische Rolle, aber ihre Anwesenheit ruinierte die Kampfmoral seiner Legionäre.
Natürlich kann man sich jetzt trefflich über die Vorstellungen der Legionäre echauffieren. Aber wenn Octavians Flotte auf 12 Uhr ist, hilft einem das nicht weiter.

Zitat von: KaPunkt am 14. Oktober 2013, 20:28:01
Dazu kommt noch: Als General stehst du nicht (mehr?) vorne im Getümmel. Du steht hinten/oben irgendwo, wo du einen guten Überblick hast, behältst den Überblick und gibst Befehle. Da ist dann auch die körperliche Überlegenheit nicht mehr der wichtige Faktor, sondern das intellektuelle Vermögen. (Ohne da jetzt näher ins Detail gehen zu wollen, aber wie lange Napoleon wohl als Fußsoldat überlebt hätte?)

Auch das ist eine Frage der Kriegsphilosophie. Die hellenistischen Generäle führten von vorne, durch Beispiel und persönliche Tapferkeit. Wenn Pyrrhus irgendwo erschien, wichen die Feinde sofort zurück, weil sie wussten, wie er kämpfte.  ::)

Was mir immer sauer aufstößt, ist unreflektiertes Gender Mainstreaming. Ja, bei mir gibt's auch Generalinnen. SF und Fantasy, aber immer durchdacht und keine Abziehbilder bitteschön.
Und gerade Honor Harrington und die anderen Damen im Honorverse finde ich... na ja. Man könnte meinen, dass David Weber das Geschlecht seiner Figuren auswürfelt, und das ist nicht gut.

Zitat von: TheaEvanda am 14. Oktober 2013, 21:26:42
Historisch waren es nicht wenige Frauen, die das Schwert ergriffen haben - und in Japan waren es die Ehegemahlinnen der abwesenden Männer, die die Verteidigung der Lehen etc. überwacht und die Hausarmeen befehligt haben. Das Naginata, Schwert-an-Stange, war die klassische japanische Frauenwaffe. Da wird der Kimono nicht so schnell dreckig. :P
Ich vermute, dass die Frau als Vertreterin des (abwesenden) Herrn angesehen wurde.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Coppelia am 14. Oktober 2013, 21:54:48
Fantasysettings sind keine historischen Settings. Wenn unsere Geschichte keine Gleichberechtigung von Mann und Frau kannte, heißt das nicht, dass es in einer erfundenen Gesellschaft auch so sein muss. Aber das müssen wir wohl kaum ernsthaft diskutieren.

Ich habe in Kessel von Anfang an Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern eingeführt, was natürlich dem altrömischen Vorbild nicht im Geringsten entspricht. Aber ich wollte es so, denn ich dachte mir: Warum Politik und Krieg den Männern überlassen, es ist doch viel interessanter, wenn sich alle beteiligen. :darth:
Daher habe ich weibliche Feldherren und Offizierinnen, und zwar gar nicht wenige. Kessels erfolgreichster Feldherr ist eine Frau, Kivan. Ihr ergeht es während ihrer Karriere tatsächlich etwas ähnlich wie Antonius in Churkes Beispiel: Ihr Ruf und die Moral ihrer Truppen leiden unter ihrem fremdländischen Lover, und zwar weil er ein Ausländer ist und sie sich offensichtlich von ihm ablenken lässt, anstatt sich darauf zu konzentrieren, ihrer Heimat zu helfen (oder was auch immer man in dieser düsteren Zeit der Kessler Geschichte von ihr erwartet). Kivans Mutter Kalima war übrigens auch eine Feldherrin. Sie wurde während eines Feldzugs schwanger und muss wegen gesundheitlicher Komplikationen das Kommando vorübergehend ihrem Stellvertreter übertragen. Sogar die Mutter meines Lieblings Kadevis war Feldherrin. Ihren Mann hatte sie während des letzten Feldzugs als Begleitung dabei (was ihr übrigens von gewissen Leuten auch als Schwäche ausgelegt wurde, a la "die kann nicht ohne ihren Mann"), ihr Kind hatte sie bei ihrer Schwester auf dem familieneigenen Weingut geparkt.

Natürlich sind Frauen wie Kivan oder Kalima nicht drauf wie Bella aus "Twilight".

Nicht bei all diesen Frauen sind übrigens das militärische Talent, Erfahrung usw. ausschlaggebend. Oft sind es auch einfach die Kontakte, die ihnen ermöglicht haben, ein Kommando zu bekommen. Das gilt selbstverständlich für Männer genauso.

Spießig, konservativ, ausländerfeindlich ist man in Kessel trotzdem.

Also: Wo ist das Problem? Deine Welt, deine Regeln.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Churke am 14. Oktober 2013, 22:10:12
Zitat von: Coppelia am 14. Oktober 2013, 21:54:48
Ich habe in Kessel von Anfang an Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern eingeführt, was natürlich dem altrömischen Vorbild nicht im Geringsten entspricht.

Das hat dann halt gewisse Folgen. Aushöhlung der Rolle des pater familias, eine Verunmöglichung der dynastischen Heiratspolitik und letztlich eine dramatische Schwächung des Senatorenstandes. Das ist als würde man heute Großbanken zerschlagen. Im Prinzip legst du damit die Axt an die Romanitas, aber das ist nur meine Meinung.  :)
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Coppelia am 14. Oktober 2013, 22:31:09
Kessel ist kein Abziehbild von Rom und sollte es auch nicht werden. Familienpolitik und das politische System insgesamt funktionieren anders. Und zwar genau deshalb, weil ich auf bestimmte typisch römische Dinge in meinem Setting auch keine Lust hatte. Das zog dann andere unvermeidliche Änderungen nach sich. Und ein eigenes politisches und gesellschaftliches System zu erschaffen, gehört für mich auch zum Spaß am Weltenbasteln. Ob ich es zu hundert Prozent logisch und sinnvoll hinbekommen habe? Keine Ahnung. ;D

Du hast mit deinem Einwand auch völlig recht. Es gehört mehr dazu, ein sinnvolles Setting zu erschaffen, als nur bei einem historischen Setting Gleichberechtigung einzuführen. Z. B. diese pater-familias-Sache erstreckt sich auf viele Bereiche des Lebens, und wenn man da Hand dran legt, zieht es einen Rattenschwanz von Folgen nach sich, vermutlich bis zur völligen Zerstörung des Systems. Deswegen muss man vorher überlegen, was man will und wie es möglich ist, es zu bekommen, ohne das einzubüßen, was einem an dem Setting viel bedeutet. Aber ich will den Thread nicht für meine Kessleria missbrauchen. Das ist nämlich hier nicht das Thema, und außerdem höre ich sonst gar nicht mehr auf. :)
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Fianna am 14. Oktober 2013, 23:01:06
Soll ich tanriens Vorschlag folgen und die Diskussion umbenennen, allgemein auf Führungspositionen?
Bei der Militärfrage scheinen sich ja alle einig zu sein, und falls das nicht der Fall sein sollte, kann man das ja ohne weiteres in eine generelle Führungs-Diskussion einbinden...

Zitat von: caity am 14. Oktober 2013, 20:22:49
Ehrlich gesagt verstehe ich das Problem nicht so ganz, Fianna - also, das Problem, das deine Freunde damit hatten. Ich weiß, du willst über fantastische Literatur reden, aber: ich habe ein Praktikum bei der Militärseelsorge gemacht und habe dort durchaus auch Frauen in der Führungsriege kennen gelernt.
Das war auch eines meiner Argumente. Wenn es sogar in unserer Welt schon "normal" wird, dass Frauen im Heer dienen und auch verantwortungsvolle Posten einnehmen, warum ist es dann in einer immer irgendwie idealisierten Fantasywelt etwas ganz anderes?

Ich war sehr schockiert von der heftigen Diskussion, die sich entspann, da meine Freunde auch von 16-37 alle möglichen Altersstufen, Berufe etc abdecken. Eine sehr heterogene Gruppe, ich glaube, gemein ist ihnen nur, dass sie Abitur haben (oder gerade erwerben), gerne lesen und schreiben.
Vielleicht habe ich die "Problematik" deswegen überschätzt, denn der ganze TiZi scheint das ja anders zu sehen.


Zitat von: KaPunkt am 14. Oktober 2013, 20:28:01
Das einzige, was gegen weibliche Soldaten an sich sprechen könnte, ist, dass der durchschnittliche weibliche Körper im schwächer ist als der durchschnittliche männliche.

Das hat jetzt erstmal nichts mit Kinderkriegen zu tun.
Für einen meiner "Begründungs"-Freunde war das Elbentum Trumpf, denn er meinte, in den meist doch eher kleinen Gesellschaften von Fantasywelten könnten Frauen als Soldaten sich nicht durchsetzen. Es wäre unklug, Frauen einer solchen Gefahr auszusetzen, denn eine Gesellschaft kann eher überleben, wenn viele Frauen und weniger Männer übrig sind als umgekehrt. Außerdem sah er logistische Probleme bei der Kinderversorgung, wenn Frauen gewohnheitsmäßig eine Art Wehrdienst leisten oder im Kriegsfalle nur nach Alter und nicht nach Geschlecht differenziert wird beim Einziehen....
... ganz genau bekomme ich es nicht zusammen, das war eine andere, frühere Diskussion über Kriegsplanungen (wir planen bei nahezu jeder Autofahrt einen Krieg oder reden über Waffen), ich habe es vielleicht ungeschickt wieder gegeben.
Er meinte jedenfalls, dann müsse man ja ein ganz anderes Gesellschaftssystem definieren, und das hält er für gefährlich, weil man sollte dem Leser nur eine begrenzte Menge an Norm abweichenden/neuen Informationen geben. Das gehe quasi auf Kosten des Rests meiner Welt.


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Wieso ist das für euch alle kein Problem?
Das ist so toll! Ich liebe den Tintenzirkel!  :wolke:

Diese sehr heterogene und in speziell dieser Meinung fast einige Gruppe hat mich wirklich zu der Überzeugung gebracht, meine Kriegskonzepte würden generell bei Lesern auf Ablehnung stoßen.

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Zitat von: TheaEvanda am 14. Oktober 2013, 21:26:42
Historisch waren es nicht wenige Frauen, die das Schwert ergriffen haben - und in Japan waren es die Ehegemahlinnen der abwesenden Männer, die die Verteidigung der Lehen etc. überwacht und die Hausarmeen befehligt haben. Das Naginata, Schwert-an-Stange, war die klassische japanische Frauenwaffe. Da wird der Kimono nicht so schnell dreckig. :P
Und ihr habt mich darin bestärkt, dass ich einem der beiden menschlichen Länder auch Frauen ins "Heer" stecke (ein stehendes Heer in diesem Sinne gibt es nicht).
Küstenlage, stark auf Handel ausgelegt,  befestigte Wachtürme etc vor dem Hafen - dann "darf" ich ja auch den Weibern Waffenerfahrung geben.
Man(n) kämpft hauptsächlich mit einer einhändigen, axtartigen Multifunktionswaffe - ich muss mal überlegen, ob ich den in der Regel daheim bleibenden Frauen eine eigene Waffe gebe.
Vielleicht etwas, was sowohl Getreide als auch Hälse durchschneiden kann, eine Freundin hat mir begeistert erzählt, dass eine Handsichel sich angeblich super zur Selbstverteidigung eignen würde - auch die konventionelle, wenn man ein bisschen übt.
Ich designe einfach eine, die den Waffenaspekt besser fasst und trotzdem gut fürs Getreide ist.


Ihr glaubts vielleicht nicht, aber ich sitze gerade vor dem Computer und quietsche ganz begeistert!  :vibes:
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: TheaEvanda am 14. Oktober 2013, 23:13:42
Nur ganz kurz: schau dir mal die alten Sensen und Dreschflegel an. DAS sind Waffen erster Guete. --thea.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Fianna am 14. Oktober 2013, 23:24:16
Lustig, ein paar Reenacter wollten mir erzählen, dass die gar nicht gehen.
Mangels Geschicklichkeit konnte ich das nicht mal mit der Luft-Sense demonstrieren, wie ich mir die Nützlichkeit vorstelle  :D
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Coppelia am 15. Oktober 2013, 05:02:01
Puh, ich konnte gestern nach dieser Diskussion gar nicht einschlafen. :gähn: Und jetzt bin ich auch schon wieder wach.

ZitatEr meinte jedenfalls, dann müsse man ja ein ganz anderes Gesellschaftssystem definieren

Ich weiß nicht, wie dein Gesellschaftssystem aussieht, aber generell glaube ich, dass es stimmt: Du müsstest ein Gesellschaftssystem definieren, in dem Frauen im Militär normal sind (es sei denn, du möchtest es als etwas Besonderes darstellen). Dieses System hätte wahrscheinlich eine andere Geschichte und Tradition als z. B. unseres. Ob die Abweichung von der "Norm" (zumindest so, wie man sie heute kennt) so hoch wäre, wage ich aber zu bezweifeln. Außerdem könnte ich mir auch gut vorstellen, dass eine Gesellschaft, in der Frauen nicht gleichberechtigt sind, die Leser nervt, weil sie mit ihren eigenen Idealen nicht übereinstimmt. Ich denke, Leser hätten eher Schwierigkeiten, sich mit einem Fantasysetting anzufreunden, das auf reale historische Vorbilder einer Gesellschaft zurückgreift, in der Frauen unterdrückt werden.
Aber wieso soll das alles auf Kosten der restlichen Welt gehen?
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Rhiannon am 15. Oktober 2013, 07:29:30
Dein Freund traut den Lesern aber nicht viel zu, Fianna.
Ich meine, ich weiß nicht, wie deine Elben organisiert sind, aber allein das dürfte schon eine Abweichung von der Norm sein. Und wenn man in einem Fantasy-Roman nicht einmal eigene Wege gehen kann, weiß ich auch nicht. Ich meine, das macht doch zum Teil den REiz des Genres aus, dass man quasi ein "Was wäre wenn" daraus machen kann.

Ich stimme Coppi zu, dass deine Welt dann natürlich eine andere Geschichte braucht, als unsere Welt, aber da du ja sowieso eine eigene Welt hast, ist das für mich nur logisch, dass sie das hat.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Simara am 15. Oktober 2013, 09:50:33
Ich finde den Widerspruch deiner Freunde vollkommen unbegründet. Wenn es in deiner Gesellschafft eine eher fortschrittliches Verhältnis zu Geschlechterrollen gibt spricht doch nichts dagegen, eine Frau in einer militärischer Führungsposition zu beschäftigen.
Zu dem Argument, dass Frauen einen Nachteil durch ihren Körperbau haben: Natürlich brauchen weibliche Muskeln länger um sich zu entwickeln, dass ist ärgerlich, aber wahr. Das ändert jedoch nichts daran, dass auch eine Frau mit genügend Training sehr stark werden kann- und als Kampfsportlerin muss ich dazu sagen, dass es generell nicht allein auf die Kraft sondern vorallem auf das Wissen, Können, und die Geschicklichkeit ankommt, egal ob man bewaffnet oder unbewaffnet kämpft.

Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Pygmalion am 15. Oktober 2013, 10:26:45
Ich stelle mir Frauen in gewissen Positionen sogar nützlicher als Männer vor. Spionage :D, Späher, leichte Infanterie/Bogenschützen. In der schweren Kavallerie dann eher die Männer...

Ich glaube ein wesentliches Problem deiner Freunde ist: Frauen sind zu wertvoll, um sie im Krieg zu verheizen, richtig? Wenn eine Population klein und bedroht ist, sollen also lieber nur die Männer kämpfen, weil davon am Ende ja theoretisch 2 ausreichen würden, die Population am Leben zu erhalten.
Im Umkehrschluss könnte man es aber auch so sehen: Gerade wenn es wenige Elben gibt, ist es umso wichtiger, dass auch die Frauen mitkämpfen, weil die Armee sonst eben nur halb so groß ist. Halbe Armee = doppelter Verlust in der Schlacht (sofern die Gegner größere Ressourcen haben, wovon ich jetzt ausgehe). Denn wenn die Verteidiger in der Schlacht gestorben sind, stehen die Frauen mit den Kindern hilflos in ihrem Dorf und werden abgeschlachtet/vergewaltigt/erobert. Dass man dann nicht unbedingt schwangere in den Krieg schickt, versteht sich von selbst... wobei mir Krieg in Fantasy sowieso immer zu einseitig dargestellt wird. Da ziehen die Heere in voller Rüstung durch die Landschaft, keine Heertrosse, keine Verpflegungswagen, keine Marketenderinnen. Es gibt genug Tagebücher aus dem 30- jährigen Krieg, die sehr eindrücklich darstellen, wie das Heerleben wirklich war. Kämpfen in Schlachten war da eher die Ausnahme (die meiste Zeit hat man wohl mit Plündern und Nahrungsbeschaffung verbracht) und in den Heeren waren fast genau soviele Farauen wie Männer, ebenso Kinder.

Was wollte ich noch... ahja, wehrhafte Menschenfrauen mit Sicheln? Also, ich bezweifel, dass die erste Reaktion einer friedlichen Küstenansiedlung auf einen Plünderungsversuch durch ausgerüstete Soldaten/Krieger was auch immer wäre, sich mit Erntegeräten zu verteidigen. Egal ob in der Siedlung jetzt Männer und Frauen oder nur eins von beidem sind. Wenn die Angreifer auch nur Multifunktionsäxte haben, ok, aber sobald die etwas besser ausgerüstet sind, möglicherweise sogar Kettenhemden, Schilde und Speere tragen, würde ich der Sichel wenig Chancen einräumen.
Wohl eher: Schatz vergraben/mitnehmen und ab in den befestigten Wehrturm, von Oben Pfeile, Steine und Pippi runterkippen und warten, bis die Angreifer genug geplündert haben und verschwinden.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Simara am 15. Oktober 2013, 10:35:27
Zitat von: Pygmalion am 15. Oktober 2013, 10:26:45
Wohl eher: Schatz vergraben/mitnehmen und ab in den befestigten Wehrturm, von Oben Pfeile, Steine und Pippi runterkippen und warten, bis die Angreifer genug geplündert haben und verschwinden.

Also wir Friesenfrauen haben uns einen Namen damit gemacht, den feindlichen Soldaten heiße Grütze ins Gesicht geschüttet und sie dadurch vertrieben zu haben.  :jau:
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Churke am 15. Oktober 2013, 11:44:26
Zitat von: Pygmalion am 15. Oktober 2013, 10:26:45
Ich stelle mir Frauen in gewissen Positionen sogar nützlicher als Männer vor. Spionage :D, Späher, leichte Infanterie/Bogenschützen. In der schweren Kavallerie dann eher die Männer...
Ach ja, die elfengleiche Bogenschützin.  ::) Gehört in jedes Rollenspiel. Nur haben Langbögen Zuggewichte bis über 180 Pfund...  :-X


Zitat
Ich glaube ein wesentliches Problem deiner Freunde ist: Frauen sind zu wertvoll, um sie im Krieg zu verheizen, richtig?
Ich denke, mit Rationalität und Logik kommt man hier nicht weiter. Da geht es eher um kulturelle Faktoren.

Zitat
Was wollte ich noch... ahja, wehrhafte Menschenfrauen mit Sicheln? Also, ich bezweifel, dass die erste Reaktion einer friedlichen Küstenansiedlung auf einen Plünderungsversuch durch ausgerüstete Soldaten/Krieger was auch immer wäre, sich mit Erntegeräten zu verteidigen.
Viele Waffen sind aus Erntegeräten entstanden, zum Beispiel der Flegel. Die Sichel ist eine sehr unangenehme Kurzwaffe. Habe ich alles schon ausprobiert.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Kati am 15. Oktober 2013, 13:35:26
ZitatIch stelle mir Frauen in gewissen Positionen sogar nützlicher als Männer vor. Spionage :D, Späher, leichte Infanterie/Bogenschützen. In der schweren Kavallerie dann eher die Männer...

Das hier klingt sehr sinnvoll, denke ich. Der einzige wirkliche Unterschied zwischen Männern und Frauen ist ja nun mal wirklich, die Muskelentwicklung und die körperliche Stärke, obwohl es auch da natürlich Ausnahmen gibt. Wäre es nicht sinnvoll, jede Figur, ob nun Mann oder Frau, dort einzusetzen, wo sie am Meisten ausrichten kann? Das hat aber gar nichts damit zu tun, dass eine Frau keine Generälin sein kann. Gerade das ist geeignet, welcher General kämpfte schon direkt in der ersten Reihe?

Ich weiß nicht, ich glaube es wurde schonmal irgendwo angesprochen, aber in der Geschichte gibt es nicht so wenig Beispiele für Frauen mit militärischen Karrieren, weil Frauen das nicht können, sondern, weil Geschichte von Männern geschrieben wurde und meist immer noch wird. Einer Frau stand der Eintritt ins Militär lange Zeit gar nicht offen, ob sie wollte oder nicht. Und trotzdem gibt es Frauen, die etwas im Militär erreicht haben. Nicht nur so Figuren wie Johanna von Orleans oder Hua Mulan (ob es die nun wirklich gab, sei mal dahingestellt), wo man sagen kann "Gut, die Ausnahme bestätigt halt die Regel." Im amerikanischen Bürgerkrieg ist bis heute nicht klar, wie viele Frauen als Männer verkleidet gute Dienste geleistet haben. Es waren einige und das gilt auch für andere Kriege. Ich schreibe im NaNo über die Pariser Kommune. Auch hier haben Frauen die Barrikaden verteidigt, aber man hört trotzdem eher von den Männern, die an ihrer Seite gestanden haben. Warum? Weil Geschichte von Männern geschrieben wird und man den Erfolg oder den Ehrgeiz der Frauen gern mal unterschlägt. 

Frauen sind in der Geschichte des Militärs so unterpräsent, weil sie einfach nicht durften, nicht, weil sie nicht konnten oder nicht wollten. Und daraus bildet sich dann diese merkwürdige "Norm", das Männer im Krieg zu sein haben und Frauen eben zuhause nach dem Rechten sehen. Das ist menschengemacht, nicht Natur gegeben und deshalb kann man es besonders als Fantasyautor auch getrost beiseite schieben und nicht beachten. Ob das gut für die gesellschaftliche Struktur ist, weiß ich nicht, ist das so wichtig? Ein Volk wird nicht untergehen, weil Frauen in der Armee sind. Es wird vielleicht kleiner werden, das aber auch, wenn nur Männer kämpfen, aber es wird nicht verschwinden, bloß weil ein paar zeugungsfähige Damen nicht zu Hause sitzen, sondern sich auf den Schlachtfeldern "verpulvern" lassen. Es ist ja längst nicht jeder auf dem Schlachtfeld, der sich gemeldet hat, viele halten sich bereit, werden vielleicht nie eingezogen. Es wird schon noch genug "wertvolle" Frauen geben, die Kinder bekommen können. Das Argument halte ich für nicht stichhaltig.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Pygmalion am 15. Oktober 2013, 13:45:46
ZitatGerade das ist geeignet, welcher General kämpfte schon direkt in der ersten Reihe?

Pyrrhus, Alexander der Große, Gustav Adolf II. von Schweden und Richard Löwenherz (beide im Krieg gestorben) usw... :D

Ob die jetzt in er "ersten" Reihe standen, sei dahingestellt, mit im Geschehen waren sie in auf jeden Fall...
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Churke am 15. Oktober 2013, 15:32:18
Zitat von: Kati am 15. Oktober 2013, 13:35:26
Wäre es nicht sinnvoll, jede Figur, ob nun Mann oder Frau, dort einzusetzen, wo sie am Meisten ausrichten kann?
Unter utilitaristischen Gesichtspunkten wäre das in einer vorindustriellen Gesellschaft wahrscheinlich die Feldarbeit, weil der Kriegerstand unter 1 % der Gesamtbevölkerung ausmacht. Ist der Soldatenberuf zudem angesehen, gibt es objektiv keinen Grund, sich bei den Anforderungen mit weniger als dem Gardemaß des Wachbataillons zufrieden zu geben.

Ausnahmen kommen aber bei Söldnern vor. Wenn sie aus anderen Kulturkreisen kommen, ist man(n) schon mal bereit, auch Söldnerinnen zu akezptieren.

Zitat
Das ist menschengemacht, nicht Natur gegeben und deshalb kann man es besonders als Fantasyautor auch getrost beiseite schieben und nicht beachten. Ob das gut für die gesellschaftliche Struktur ist, weiß ich nicht, ist das so wichtig?
Frag mal einen Dschihadisten, was er von Soldatinnen hält.
Das Wort fängt mit H an und hört mit -ure auf.
Wenn in deinem Viertel noch mehr so Typen rum springen, dann gehst du nicht zur Armee. Du denkst nicht mal daran.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Fianna am 15. Oktober 2013, 16:38:40
Da ich nach Schreiben des Beitrages alleine auf Coppelias Beitrag schon einen langen Post verfasste, habe ich Moni gebeten, die Diskussion zu teilen und in einen neuen Thread auszulagern (mein Vorschlag war "Realismus in Heer und Krieg).
Das ist eine superschöne Diskussion, die noch in viele Richtungen führen kann, aber es geht schon weit vom Eingangspost weg.

~~~

Coppelia, er meinte, dass in einer Gesellschaft mit regulärr Wehrpflicht für Frauen das traditionelle Familiensystem nicht mehr gültig wäre. Wer soll die Kinder betreuen, wenn beide Eltern im Feld stehen? Bei einer richtigen Tradition kann man die nicht einfach den Grosseltern aufhalsen, denn für diese galten ja früher dieselben Regeln, somit werden viele Familien einfach diese Grosseltern nicht mehr haben (da neben Krankheit etc nun auch Heerdienst für Dezimierung sorgt). Moderne Einrichtungen wie Kindergarten, betreute Schulen, kann man aber nicht so einfach übertragen, die meisten Fantasygesellschaften haben.ja kein vergleichbares Bildungssystem und wenn, nur für die Elite.
Bei der Erfindung von Strukturen, die weder traditionelle Familiennetzwerke noch "staatliche" Einrichtungen sind, setzt man dem Leser etwas Neues vor. Kernfamilien (Eltern, Kinder, Grosseltern) existieren nicht als Norm. Selbst wenn man die naheliegende Lösung wählt und den Familienbegriff neu definiert (Tanten, Onkel, Grosstanten werden zur Betreuung rangezogen... wer eben a) gerade nicht dient und b) überlebt hat), ist das im praktischen Alltag des Protagonisten etwas sehr Ungewohntes.
Dass der Protagonist von Tanten und Grosscousinen aufgezogen wird (vermutlich alle paar Jahre mit wechselnder Besetzung), ist dann doch recht ungewöhnlich. Und indem man das zeigt, beschreibt, glaubhaft macht, nimmt man natürlich anderen Weltendetails den Platz.
Vielleicht denke ich zu kleinteilig, aber ich fand das nicht ungewöhnlich.
Wobei ich noch unschlüssig bin (und was sowieso nicht objektiv zu beantworten ist), inwiefern man den Leser mit "Neuem" überfordert.
Dieser Freund meinte, wenn man ein anderes Gesellschaftssystem hat (z.b. Kernfamilie nicht existent etc), ein sehr ungewöhnliches Magiesystem, relativ fremdes Glaubenssystem, erfundene Waffen etc - würde das den Leser überfordern.
Er vertritt die Ansicht, dass man nur eine gewisse Menge an unbekannten/neuen Dingen erfinden soll. (Lustigerweise ist der andere starke Weltenschöpfer, mit dem ich oft diskutiere, komplett anderer Meinung.)
Er war übrigens für Frauen in Führungspositionen (wenn begründet und logisch) und nur gegen reguläre Wehrpflicht.

Er fängt auch immer mit Dreissigjährigem Krieg, Tross etc an, sobald wir auf militäriscje Themen kommen.
Da stimme ich euch beiden (ihm und Pygmalion) zu, auf solche Dinge achte ich auch immer sehr stark.
Auch z.b. dass die Zahlen der beteiligten Soldaten nicht zu hoch sind, denn in Gesellschaften, die ich vom technologischen und organisatorischen Stand vergleichbar fand, gibts auch nicht diese immensen Zahlen. Da kann man schon in einem historischen Text als ganz ausserordentlucher Held gefeiert werden, der so sehr vom König geehrt wurde, und irgendwann kommt der Satz "Ich habe 5 Männer im Namen meines Königs getötet". Legolas macht das in einem Krieg in 4 Sekunden ;)

Aber es schweift etwas vom Thema ab, wenn wir "Realismus in phantastischen  Kriegsdarstellungen" dazu nehmen.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Pygmalion am 15. Oktober 2013, 17:06:57
ZitatEr fängt auch immer mit Dreissigjährigem Krieg, Tross etc an, sobald wir auf militäriscje Themen kommen.
Da stimme ich euch beiden (ihm und Pygmalion) zu, auf solche Dinge achte ich auch immer sehr stark.

Meine Ausführungen zum 30-jährigen Krieg waren aber dann offenbar genau gegenteilig zu seinen. Ich sage ja, dass es gerade da völlig normal war, dass ganze Familien in den Heertrossen waren. Ergo funktioniert da doch auch das Familiensystem innerhalb dieser überschaubaren Anzahl von "Berufssoldaten" weiter. Mal davon abgesehen, dass es in diesen wirren Zeiten vielleicht sogar angenehmer war, in einem Heer zu stecken, bzw. das zu begleiten, als zur Landbevölkerung zu gehören, denen die Dörfer im Wochentakt jeweils von den wechselden Heeren ausgeplündert wurden.
Wie Churke ja auch schreibt, überwiegt in einer normalen Gesellschaft doch ganz klar der Anteil der nicht dauerhaft Kämpfenden Personen. Die Gesellschaft funktioniert da doch völlig normal, nur dass die Soldatenfamilien ihre Kinder eben mitschleppen und die Kinder dann Pech haben, wenn beide Eltern zufällig im Krieg sterben sollten. Genau wie andere Kinder Pech hatten, wenn ihre Eltern durch Plünderungen des Dorfes, Krankheiten oder Unfälle gestorben sind.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Fianna am 15. Oktober 2013, 17:39:12
Achso, ich hatte es jetzt etwas losgelöst betrachtet im Sinne von "Es gibt einen Tross (was bei den meisten Fantasyheeren fehlt, wie unrealistisch)" etc.

Diese Diskussion, das habe ich vielleicht vergessen zu betonen, ging von einem wesentlich höheren Anteil aus als normal. "Normal" scheinen 3% zu sein.

Nochmal zu den sichelschwingenden Frauen: natürlich würde eine Invasionsstreitmacht auf andere Personengruppen treffen. Die Besatzung des Wachturmes, die Bereitschaft an Bewaffneten, die von diesen herbeigerufen werden, evt eine Art "Küstenwache"...
Aber zum einen könnten einige davon ja (je nach Organisation und Verlauf) durch die Reihen stossen, zum anderen gibt es ja nicht nur Invasionen. Räuber, Strauchdiebe, Deserteure des Nachbarvolkes, alle möglichen bewaffneten Leute könnten theoretisch durch die Felder kommen. Wenn die Feldarbeit überwiegend in Händen der körperlich eher unterlegeneren Einwohner liegt (Zivilistinnen, Jünglinge, Ältere) müssen die ja dennoch wehrhaft sein.
Wenn eine Generation lang oder länger nichts Gravierendes passierte (abgesehen von ein paar abgerissen Strauchdieben etc) würde es ja auch keine Rundum-Bewachung der Felder/FeldarbeiterInnen oder eine engmaschige Grenzüberwachung geben.
So gern ich auch immer alles begründe, ich finde, das kann ich einfach als Maxime definieren: Frauen dieser Kultur müssen wehrhaft sein. Grundsätzlich.
Falls dann mal ein Katastrophenfall eintreten würde, der die Kapazität der im Kampf ausgebildeten Personen übersteigt, hat man direkt rudimentär erfahrene Personen, die sich schon irgendwie nützlich machen können.

Gestern habe ich überlegt,  inwiefern man als Speerträger angelernt werden sollte - unter der Grundannahme, dass die nicht nur verheizt werden, sondern auch tendenziell eher überleben sollten. Leider habe ich da weder Kampferfahrung noch viel über entsprechende Kriege gelesen (Sachbücher meine ich).
Im Katastrophenfall muss man es natürlich einfach machen, aber als Kriegsplaner kann man ja so lange an den einzelnen Zahnrädern schrauben, bis man ein Szenario entworfen hat, in dem Überleben nicht Glückssache ist.

Gab es in euren Geschichten schonmal einen solchen "Katastrophenfall", in dem nicht oder nur wenig angelernte Einwohner eingezogen werden?
Gibt es bei euch überhaupt ein "stehendes Heer", so dass ihr eure Kriege ausschliesslich mit Berufskämpfern besetzt?

Ich habe das nicht bei allen Ländern, es ist einfach zu teuer für eine Defensivarmee.
Berufskämpfer gibt es natürlich immer, aber viele meiner Länder sind darauf angelegt, in einem Kriegsfall zu rekrutieren und anzulernen. Manche Länder haben bei mir ein Rotationssystem oder Ähnliches, damit die Bevölkerung grundlegende Waffenkenntnisse hat.
Ich glaube, mein Verhältnis "Berufskämpfer-eingezogen" geht weiter auseinander als bei historischen Beispielen. (Hat da ein Mittelalterfreund vielleicht irgendwann mal Zahlen zu gefunden?)
Aber da diese i.d.R. extrem kleine Länder sind (nach anderer Definition vllt keine Länder, da nur eine richtige Ansiedlung besteht und ansonsten Weiler), i.d.R. durch geographische Barrieren in geschützter Lage sind und die militärischen Strukturen ausschliesslich dem Defensivfall dienen, fand ich dieses extreme Verhältnis nicht schlimm.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Coppelia am 15. Oktober 2013, 17:45:06
@ Fianna

Danke für die Erläuterung, verstehe. :)

Es ist ja ein bisschen ähnlich zu dem, was ich auch schon meinte: Dass man eine andere Gesellschaft als Grundlage braucht.
(Es folgen Details zu Kessel, bei Nichtinteresse bitte überspringen)
Ich habe es sogar ganz ähnlich gemacht, wie er meint, Stichwort Kinderbetreuung und Elite. In meinem Setting spielen Ruhm, Macht und Ansehen einzelner adliger Großfamilien eine bedeutende Rolle. Wenn die Eltern nicht zur Verfügung stehen, weil sie im Feld sind oder andere wichtige Dinge machen, die für die Familie von Vorteil sind, muss eben ein anderes Familienmitglied einspringen. Es wird für selbstverständlich gehalten, anderen Familienmitgliedern den Rücken freizuhalten, wenn die Familie dadurch insgesamt gewinnt. Natürlich heißt es immer abzuwägen, was jeweils für die Familie von größerem Vorteil ist und ob z. B. eine Feldherrin im Fall einer Schwangerschaft nicht lieber eine Pause einlegen sollte.
Wer keine Macht, kein Geld, keine Beziehungen und keine Familie hat, hat, wie Pygmalion schreibt, halt Pech gehabt. Ich erfinde nicht die perfekte Gesellschaft, das wäre mir viel zu langweilig. ;D
Als besonders "neu" empfinde ich das alles allerdings nicht. Und auch weiß Gott nicht als weit hergeholt. Es hat einfach eine andere Basis. Wieso sollte es "im praktischen Alltag des Protagonisten etwas Ungewohntes" sein? Meinst du auf den "normalen" Protagonisten bezogen? Welcher Fantasyheld kommt denn schon aus einer intakten, kuschligen Familie? ;) Und wenn der Held sein Leben lang nur bei Tanten und Onkeln gewohnt hat, weil seine Eltern auf Feldzug waren, ist das für ihn doch nicht ungewohnt, sondern völlig normal. Er freut sich dann, wenn sie Eltern ab und zu mal vorbeischauen, sofern sie dazu in der Lage sind. Das ist dann eher das Ungewöhnliche für ihn.

Die Fragen zum stehenden Heer sind bedenkenswert. (Kessel)  Ich dachte es bei mir bisher ungefähr so: Das Heer setzt sich teilweise aus Berufssoldaten, teilweise aus Zeitsoldaten zusammen. Die Zeitsoldaten werden für eine bestimmte Frist oder ein bestimmtes militärisches Unternehmen rekrutiert. Auch auf längeren Feldzügen wird zwischendurch rekrutiert, u. a. im Ausland. Im Großen und Ganzen ähnelt die Organisation des Heeres der der Familie, d. h. der Feldherr erfüllt die Funktion und trägt die Verantwortung eines Familienoberhaupts.
Wie die Soldaten bezahlt werden sollen, ist in Kessel von jeher ein Streitpunkt und hat schon häufig zu Ärger geführt. ;) Gewöhnlich sollen sie über die Kriegsbeute finanziert werden, was aber in der Praxis häufig nicht funktioniert.

Ich denke, es ist richtig, dass der Text in gewisser Hinsicht anspruchsvoller und schwerer zugänglich wird, je mehr er den Leser dazu zwingt, sich in eine Zeit, eine Gesellschaft und ein Setting hineinzudenken, das er aus persönlicher Erfahrung nicht kennt. Ich denke auch tatsächlich, dass solche Texte weniger Mainstream und damit unverkäuflicher sind. Aber für mich ist das gerade das Interessante an Fantasy. Ich möchte andere Welten, andere Länder, andere Sitten. Ich weiß auch, dass sich die Bücher am ehesten verkaufen, die den Leser "da abholen, wo er sich befindet". Aber das sind nicht meine persönlichen Lieblingsgeschichten. Ich mag die Herausforderung. Und besonders mag ich es, wenn solche fiktiven Settings nicht einfach nur so sind, wie sie sind, weil der Autor eine blühende Fantasie hatte, sondern wenn sie in gewisser Weise Probleme unserer Gesellschaft reflektieren.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Churke am 15. Oktober 2013, 19:33:30
Zitat von: Fianna am 15. Oktober 2013, 17:39:12
Diese Diskussion, das habe ich vielleicht vergessen zu betonen, ging von einem wesentlich höheren Anteil aus als normal. "Normal" scheinen 3% zu sein.
Ähem, was? 3 % als Tross???

Zitat
So gern ich auch immer alles begründe, ich finde, das kann ich einfach als Maxime definieren: Frauen dieser Kultur müssen wehrhaft sein. Grundsätzlich.
Müssen? In manchen Kulturen sind nicht mal die Männer wehrhaft. 

Zitat
Gestern habe ich überlegt,  inwiefern man als Speerträger angelernt werden sollte - unter der Grundannahme, dass die nicht nur verheizt werden, sondern auch tendenziell eher überleben sollten. Leider habe ich da weder Kampferfahrung noch viel über entsprechende Kriege gelesen (Sachbücher meine ich).
Das ist nicht besonders anspruchsvoll. Die Jungs (!) dürften vor allem im Halten von Formationen und Speeren gedrillt werden.

ZitatGab es in euren Geschichten schonmal einen solchen "Katastrophenfall", in dem nicht oder nur wenig angelernte Einwohner eingezogen werden?
Die meisten Potentaten haben was gegen Volksbewaffnung. Die spätrömischen Kaiser untersagten ihren Untertanen sogar, sich gegen die Barbaren zu verteidigen. Und Waffen waren in den Händen von Zivilisten sowieso verboten. Die öffentliche Sicherheit und so.  ;D
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: canis lupus niger am 25. Oktober 2013, 18:14:43
Zitat von: Fianna am 14. Oktober 2013, 20:14:52
Was haltet ihr von meiner Nutzung einer Generälin?
Für mich ist das völlig in Ordnung, wenn die Qualifikation stimmt. Aus meine Zeit als als Aufsicht bei einem großen Dienstleistungsbetrieb (150 Mitarbeiter in einer Schicht) kann ich sagen, dass es genauso schlechte (schwache) männliche Führungskräfte gibt, die nicht respektiert werden, wie weibliche. Und genauso gibt es weibliche Führungskräfte, die Überblick haben, klare Anweisungen geben können, schnell und entschlossen entscheiden können, und die von ihren (auch männlichen) Mitarbeitern respektiert werden. Das ist keine Frage des Geschlechts, sondern der Kompetenz.

Zitat von: Fianna am 14. Oktober 2013, 20:14:52
Habt ihr selber Frauen in militärischen Fühungspositionen/warum nicht?
Naja, militärsch nicht, aber in zwei einem meiner unfertigen Projekte sind Frauen in der Position, dass sie die Befehlsgewalt haben. Eins ist die hier schon diskutierte Isabell von Draepon, eine junge Adelige, die ihren Mann in der Regierung vertritt. Die andere ist Kriegerin eines Volkes, in dem Frauen mit der vollen Akzeptanz ihrer Familien aus der traditionellen Rolle aussteigen und in eine Art Amazonen-Orden eintreten können, um sich in kriegerischen Künsten ausbilden zu lassen. Sascha ist die Schwester des Protagonisten und spielt in der Geschichte eine Nebenrolle. 


Zitat von: Fianna am 14. Oktober 2013, 20:14:52
Oder erinnert ihr euch an ein Buch, wo das besonders gut/schlecht umgesetzt wurde?
Mir gefällt die Admiralin in einem Buch meines Isrogant-Kollegen Gerhard Ludwig. In der Multi-Kulti-Stadt Boasp ist die Orkin eine der Befehlshaberinnen der Kriegsflotte. Sie zeichnet sich durch Selbstbeherrschung, Sachverstand, Entschlusskraft und Vorurteilslosigkeit aus.

Wer mir gar nicht gefällt, ist diese Widerstands-Anführerin aus der Eragon-Reihe, Nasuada. Sie ist eine eher planlose und emotional entscheidende Persönlichkeit. Ein ganzes Volk von Flüchtlingen dadurch zu ernähren, dass sie einen Handel mit magisch erzeugten textilen Spitzen beginnt? Hallo? Hätte sie ihre Magier nicht zu anderen Zwecken einsetzen können? Das liest sich, als hätte eine Hausfrau die Verantwortung für die Truppe übernommen, und nicht die einzige Nachkommin des bisherigen Rebellenführers, die ihr Leben lang neben ihrem Vater und dessen Offizieren gestanden und von deren Vorbild gelernt hat. Ich habe immer so halb damit gerechnet, dass sie ihre Feinde mit ihrer Häkelwolle zu bewerfen beginnt. Vermutlich stammte die Idee von Paolinis Oma oder so. 


Grundsätzlich finde ich, dass es bei hohen Offizieren ohnehin nicht auf die Körperkraft ankommt. Dafür haben sie ihre Truppen. In "Ein kampf um Rom" gibt es einen körperlich behinderten Heerführer, der noch dazu Epileptiker ist. In Leon Uris "Exodus" kämpfen die Frauen an der Seite ihrer Männer um den Staat Israel - mit der Waffe in der Hand. Noch immer müssen Männer und Frauen  in Israel übrigens Wehrpfllicht und Reservedienst leisten. In Game of Thrones ist Tyrion auch nicht gerade der körperlich größte und stärkste. Es gibt genug Beispiele erfolgreicher Bücher, in denen Generäle und sonstige militärische Befehlshaber Männer mit körperlichen Einschränkungen sind. Warum sollte eine gesunde, kräftige Frau schlechter geeignet sein als ein (politisch unkorrekt, aber ich nenne es bewusst so:) Krüppel? 
Aus der realen Geschichte: Mohammed war ebenfalls Epileptiker und trotzdem ein erfolgreicher Heerführer.
Der genialste militärische Gegner von Napoleon war Prinz Eugen von Savoyen, ein kleiner, zierlicher Mann. Als er sich zunächst voller Begeisterung Napoleon zur Verfügung stellen wollte, hat dieser ihn nicht haben wollen, mit der Begründung "Ich will nur große, schöne Offiziere um mich haben." Er hat das später sehr bedauert, als der Prinz sich auf die Seite seiner Gegner geschlagen hat.


Die Bedenken Deiner Freunde sind wohl doch eher ideologisch bedingt.
In einer Fantasy-Welt geht alles, wenn es gut begründet ist.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: AlpakaAlex am 02. September 2021, 21:33:52
Ich denke mal, @Fianna, deine Frage ist lange nicht mehr aktuell, aber ich denke das Thema allgemein ist es schon noch.

Prinzipiell muss ich sagen, dass ich nur einen guten Grund - abseits vom allgemeinen Patriarchat natürlich (aber das ist kein guter Grund) - sehe, warum Frauen nicht militärisch aktiv waren: Bevölkerungserhalt. Wenn man sich so ein Dorf mit 100 Leuten, 49 Frauen, 49 Männern denkt, und dann 40 Leute in den Krieg ziehen müssen, macht es halt mehr Sinn die Männer zu schicken, weil die 9 übrigens Männer mit den 49 Frauen noch genug Kinder zeugen können. Ziehen 20 Frauen und 20 Männer in den Krieg, werden halt danach weniger Kinder gezeugt, weil während ein Mann in einem Jahr zig Kinder zeugen kann, geht bei der Frau in der Regel halt nur eins.

Davon abgesehen gibt es allerdings wenig Gründe, warum Frauen nicht ins Militär sollten. Das heißt bei einer ausreichenden Bevölkerungsdichte (und Überlebensrate von Kindern) oder halt auch weil wir es mit einer Spezies zu tun haben, die sehr, sehr lange lebt und damit auch nicht so fix Gefahr läuft, auszusterben, macht es halt wenig Sinn, dass Frauen nicht ins Militär sollten.

Letzten Endes ist der häufigste Grund, warum Frauen historisch vom Militär ausgeschlossen waren, sowieso das Patriarchat. Und ja, das muss es halt nicht in Fantasy-Welten geben. Das ist eine vollkommen freiwillige Entscheidung der Autor*innen, das Patriarchat in dieser fiktionalen Welt zu erhalten (außer natürlich, man schreibt historische Fantasy oder Urban Fantasy). Frei nach dem Motto: Ja, auch das erhalten von patriarchalen Strukturen ist politisch und nicht einfach nur "die Norm".

Ich selbst habe mit Pakhet/Joanne halt einen weiblichen Charakter, mit militärischer Vorgeschichte. Zugegebenermaßen spielt bei ihr allerdings der Sexismus im Militär eine große Rolle in der Vorgeschichte, weil zu der Zeit, als sie in der Army war, Frauen nur eingeschränkt am aktiven Kampf teilnehmen durften und auch sehr selten war, weshalb sie effektiv immer damit kämpfen mussten, dass genug Männer der Meinung waren, dass sie nicht dahin gehörten.
Titel: Re: Frauen in militärischen Führungspositionen
Beitrag von: Koboldkind am 28. Juli 2022, 12:13:45
Ich muss gerade an das Samurai-Japan denken, in dem gelegentlich weibliche Kriegerinnen auftauchten. Ausnahmen, aber ich sehe folgenden Hintergrund:
In jeder Kultur, in der es eine militärische Schicht gibt, haben diese Familien bei Gelegenheit auch die Töchter darin ausgebildet. Im Japanischen meine ich, dass Frauen an der Naginata (Stangenwaffe) oder vielleich tauch im Bogen trainiert wurden, damit diese im Kriegsfall auch das Heim verteidigen konnten. Bzw. wenn das Heim dann belagert und angegriffen wurde, dürfte es auch durchaus üblich gewesen sein, dass die Dame des Hauses die Führung übernommen hat, gerade wenn Herr General auf dem Feld war.
Ich kenne mich in anderen Kulturen diesbezüglich nicht aus, aber ich gehe schon stark davon aus, wenn es in irgendeinem Teil der Erde eine Frau im Militär gab, dass sie auch aus einem entsprechenden Hintergrund kommt. Weil die Ausbildung zum Militär und dann auch die aktive Arbeit teuer war, Pferd, Rüstung und Waffen sind eine teure Angelegenheit, schon immer gewesen.

Hm, mir fällt grade die Weltkriege ein und die Situation, dass es definitiv Frauen in diversen Positionen gab, von Spionage zu Fronteinsätzen. Auch immer wieder als Ausnahmen, oft, weil im Laufe des Krieges einfach die Kerle fehlten. Aber auch diese Berichte, und wenn Frauen dann Männerjobs abdecken sollten und es sehr gerne gemacht haben, waren sicher mit ein Grund, warum dann die Gleichberechtigung nach den Weltkriegen noch ein Stück besser voran ging.
Uh, diese
Dokureihe fand ich zum Spionagethema sehr interessant, auch wenn es die Neuzeit abdeckt.