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Gewalt, Blut und Gemetzel

Begonnen von Zealot, 31. Oktober 2006, 20:46:02

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Lavendel

Hey Quidam! Das sollte echt keine Beleidigung sein! Dein Uldin hat (und das ist nicht als negative Wertung gedacht) offensichtliche eine defitge Persönlichkeitsstörung, wenn er aus nicht erwiderter Liebe jemanden umbringt. Das meinte ich mit krank - und sonst nichts. So psychisch abgedrehte Charas - d.h. Wahnsinnige, wenn man so will - habe ich eben nicht. Was nicht bedeutet, dass ich die Hornisse vom Charakterkonzept her irgendwie scheiße finde! Wenn er halt einen Knacks hat, dann hat er einen Knacks. Kann ja für deine Geschichte durchaus passend sein.
Die Gewalt in dieser Szene ist schon heftig - und für mich auch ein bissl viel. Auf mich hat sie sehr abschreckend gewirkt, weil ich eben nicht mit einem der Charaktere leiden konnte - einfach weil ich Uldins Verhalten so abstoßend fand (es wäre nicht normal, wenn man mit dieser Art von Rache sympatisieren würde, oder?). Deshalb würde ich eine solche Szene eben nur benutzen, wenn ich dem Leser zeigen möchte, wie brutal und grenzenlos Uldin sich verhält (ob nun mit oder ohne Motivation. Solche Motive gehören für mich nicht in die Kategorie nachvollziebar. Wenn ich sie nachkollziehen könnte, würde ich mich definitiv in die Psychatrie einweisen lassen).
Naja, jedenfalls scheint deine Geschichte ja eine wilde Mischung zu sein ;D.

@Hr. Kürbis:
ZitatEs ist immer eine Frage der Motivation, ist die Gewalt begründet (natürlich aus Sicht der Charaktere) und dient einem höheren Zweck (zum Beispiel der Handlung, der Charakterisierung etc., nicht dem reinen Selbstzweck!), dann bin ich durchaus gewillt, mit Gewaltszenen anzutun.
Aber nicht, weil ich auf Gewalt stehe, nein, weil sie mich abstößt! Aber das soll sie doch auch, oder sehe ich das falsch?
Das ist dieses seltsame Phänomen, das man auch in allen Antikriegsfilmen findet. Je mehr schreckliche Gewalt gezeigt wird, desto mehr Anti ::)

300 fand ich zum Einschlafen. Ach, jetzt noch ein unbesiegbarer Gegner? *gähn* und noch eins? *schnarch* Hat eigentlich noch jemand bei der Szene gelacht, in der er seine Frau in SlowMo ge****** hat?

Coppelia

Ist ja auch so, dass verschiedene Leser Gewalt auch unterschiedlich wahrnehmen.
Das konnte ich bei meinem Coautor beobachten, der vor allem eine Textstelle angebracht hat, die mir persönlich viel zu brutal war. Und auch bei einer meiner Geschichten, wo ich den Gewaltfaktor nur sehr gering fand, meine Leserin aber nicht. :)

Artemis

Zitat von: Lavendel am 30. Juni 2007, 17:59:15
Hat eigentlich noch jemand bei der Szene gelacht, in der er seine Frau in SlowMo ge****** hat?

:rofl: Ich habs aus meinem Gedächtnis verbannt, Lavendel! Die Szene war einfach zu bescheuert und peinlich, ehrlich >_<  Ob die damit wohl sein geballtes Testosteron auch den Schlafmützen, die absolut gar nix raffen, aufs Auge drücken wollten?  ;D

Genau wie diese etwas bekifft wirkende Dame, die ihre Prophezeiung geplappert hat  ::) Hätte für ne Parfum-Werbung durchaus gepasst, aber in so einem Film? Nee....

Lavendel

 ;D Ja, sowas ähnliches hab ich auch gedacht :rofl:
Und was die Gewalt betrifft, die war dermaßen überzogen, dass sie einfach nur noch unecht wirkte. Ich meine - das Blut spritzt literweise über die Leinwand, der Staub wirbelt durch die Gegend und die Mäntel behalten ihr hübsch strahlendes Rot. Keine Risse, keine Flecken... also bitte! Und außerdem wäre der Film bestimmt nur halb so lange gewesen, hätten sie nicht alles in SlowMo gedreht...

*räusper* Off-Topic aus.

Chuck

Also ich versuche es mit der Gewalt (ebenso wie mit Sex) ungefähr wie bei Star Wars zu halten. Aus persönlichem Geschmack würde ich sagen. Aber hin und wieder schreibe ich es auch etwas detaillierter.

Zu 300: Selbst wenn der Film nicht einen Tropfen Blut gehabt hätte, dann hätte er noch die selbe Message und darum ist der Film so gut. Und darum sollten sich auch viele (meiner Meinung) mal eine kräftige Scheibe Siegeswille abschneiden.
Und das der Film Realismus widerspiegelt hat ja niemand der Macher gesagt. Immerhin eine Sagen, sowie Comicverfilmung.

Artemis

Zitat von: Lavendel am 30. Juni 2007, 18:23:51
Ich meine - das Blut spritzt literweise über die Leinwand, der Staub wirbelt durch die Gegend und die Mäntel behalten ihr hübsch strahlendes Rot.

Und nicht zu vergessen: Die scharfen Lederbuxen  ;D
*johl*  *pfeif* :rofl:
Ich hatte mich anfangs schon gewundert, warum so viele Frauen einen solchen Film sehen wollten ...  :hmmm: Jetzt weiß ich es  ;)
Da wirds einem schon anders, wenn eine Horde Doubles von "Mr. Sixpack" auf einen zustürmen ... o.ô


Nu aber wirklich: Off Topic aus  ::)

Möchtegernautorin


Ich habe ja schon Mal erwähnt, dass ich versuche solche Szenen gar nicht zu beschreiben, sondern lieber die Konsequenzen dessen preisgebe. Also, der arme Kerl, der da gefoltert wurde hinterher zum Beispiel.
Logischer Weise habe ich auch Böse in meinen Geschichten, aber... wenn ich es mir recht überlege, gibt es glaube ich nur zwei Charaktere, bei denen wirklich eine lang gezogene gewalttätige Szene kommen könnte. Der rest macht es sich eher einfach <flöt>
Allerdings sind die beiden auch etwas... ähh.. ungewöhnlich. Die eine ist eine ,,Böse" und ,,leicht" verrückte Vampirin. Und die andere.. naja, eigentlich gehört sie zu den ,,Guten", aber bei gewissen Sachen ist sie sehr rachsüchtig.
Dennoch glaube ich, dass ich auch bei den beiden eher subtil lösen würde. Die Verrückte hat eben sehr seltsame Ideen, was sie versuchen möchte und die andere kann sich sehr wütend überlegen, was sie mit dem Betreffenden tut. Das sie das wirklich getan haben, kann man auch im Nachhinein durch Andeutungen deutlich werden lassen.

@ Artemis
Ähh...  wenn Audition so eklig war, wie du's beshcreibst.. ich glaube ich hätte spätestens nach der ersten Szene abgeschaltet <hüstel> ich glaube das könnte ich weder sehen noch lesen, ohne dass mir übel würde :-/ Das einzige, was mit dabei hilft ist, dass ich mich dann klinischen Gedanken widmen kann, ob das auch anatomisch hinhaut <hüstel>

<hatte im Übrigen keinerlei Motivation 300 zu sehen und hat es demnach gelassen ;)>...


Her plants and flowers, they're never the same - Blue and silver, it's all her gain
flying dragons, an enchanted would - She decides, she creates
It's her reality
Within Temptation - "World of Make Believe"

Quidam

Zitat von: Coppelia am 30. Juni 2007, 17:08:07
Mir drängt sich bei der Szene eine ganz andere Frage auf, die zwar nicht direkt mit dem Thema zu tun hat, aber ich zerbreche mir schon den ganzen Tag den Kopf darüber:
Wie passen denn eine Hornisse und eine Meerjungfrau zusammen?  ??? Dass die Meerjungfrau sie abgewiesen hat - verständlich, aber wenn sie es jetzt nicht getan hätte?  ??? ???

Ich hab gestern Shrek 3 gesehen, da hat der Esel mit dem Drachen Drachen-Esel-Babys gezeugt.  ;) Das war überzogen, aber daran stört sich wohl auch niemand.
Allerdings war mein Gedanke, dass für die Liebe es kein Aus bedeuten muss, wenn zwei unterschiedliche Charaktere aufeinander prallen. In Wirklichkeit kann sich doch auch jemand körperlich gesundes mit einem Behinderten zusammen tun. usw.
In meinem Roman lieben sich ja auch eine im Eis lebende Prinzessin und ein Drache ...

ZitatWohl niemand würde wohl zu Quidams Hornissenszene sagen: "Toll, diese ganze Gewalt! Finde ich TOTAL gut!"

Hr. Kürbis! Danke für deinen Kommentar. Hab schon an mir gezweifelt..  :pfanne:
Zu dem Zitat: Ich hab mal eine Geschichte geschrieben, die von einer ziemlich abgefuckten Figur handelte, die es erregte, Schmeißfliegen, Würmer und sonstige Insekten lebendig zu Fressen. Da waren die Leser etwas angewidert - und gerade das war das Anliegen der Geschichte - den Leser anzuwidern.

Mir gehts im Schreiben darum, Gefühle beim Leser zu lösen. Und angewidert sein ist sicherlich kein schönes Gefühl - aber es ist ein Gefühl. Daher sagte niemand, dass die Geschichte toll ist (den hätten sie wohl gesteinigt und irgendeinem Fetisch angedichtet  ;D) Aber die Geschichte hat die Leser angezogen, wie Fliegen ein Häufchen Hunde-aa  ;D

Ich fand den Film 300 geil!

Grüße
Quidam

Kalderon

#158
Ha, Quidam, du bist schon einer. ;D

Aber ich glaube, die anderen haben nicht ganz Unrecht. Ich würde sogar weiter gehen und behaupten, der Autor hat einen kleinen Knacks, wenn er solche Szenen beschreibt. Ich muss es wissen. Ich gehöre dazu. ;D

Die Szene war deftig... aber ich kenne schlimmeres. Etwas "krank" war es trotzdem.

Ich bin relativ offen für soetwas. Bis zu einem bestimmten Grad.
"300" fand ich gut, auch wenn die Perser, anstatt ihnen ein ordentliches Motiv zu geben, als Monster dargestellt wurden. Es ist ein visueller Film mit leicht verblendeten Idealen.
"Saw" ist mir zum Beispiel zu sinnleer. In "Sieben" geht es nicht darum, den Zuschauer mit blutigen Szenen zu stimulieren. In "Saw" ist es der filmische Anspruch, genau das zu tun. Die eigentliche Geschichte spielt keine Rolle mehr, weil sich alles auf die kranken Gewaltphantasien konzentriert.

Ich schreibe sehr oft über kranke Charaktere. Es sind mir wirklich die liebsten. Vielleicht mache ich es mir auch zu einfach. Denn anstatt eine gewöhnliche Figur mit ungewöhnlichen Charakterzügen auszustatten, nehme ich mir gleich eine ungewöhnliche Figur mit ungewöhnlichen Charakterzügen. Ich muss sie nicht in die Welt integrieren und sich anpassen lassen. Sie ist krank und dementsprechend verhält sie sich.

Gewalt beschreibe ich meist nicht detailiert. Aber dafür beschreibe ich sie öfter. Das kommt immer auf den Moment an. Ich benutze Gewalt um zu schockieren. Teilweise benutze ich Gewalt, um den Leser zu manipulieren. Aber besser als physische Gewalt wirkt da, meiner Meinung nach, psychische Gewalt. Sie kann viel grausamer sein, ohne ins eklige abzudriften.
Dummerweise kann ich kaum von einem Antagonisten sprechen. Denn meist ist der Protagonist der Kranke, wie bei "Das Parfum" - jedoch mit menschlichmoralischen Ausprägungen. Jedoch versuche ich, dem Leser klar zu machen, warum der Protagonist so krank ist, und warum er Dinge tut, die sonst keiner machen würde. Warum er eventuell mordet, etc. Schön auf die Seite des Lesers ziehen und jede auch noch so kranke Handlung gerechtfertigt sein lassen. ;)

Ich habe auch bisweilen gewaltverherrlichende Szenen. Sie sind deshalb gewaltverherrlichend, weil der Charakter es so vorgibt. Daran muss ich mich halten, sonst wird es unglaubwürdig.
Patrick Süßkind hat in "Das Parum" auch kein Blatt vor den Mund genommen, und ja, ich fand die Beschreibungen bisweilen pervers und ekelhaft. Aber es muss einem ja nicht alles gefallen. Ich hätte mir einen anderen Schluss gewünscht. Und wann immer ich etwas lese, womit ich unzufrieden bin, versuche ich, auf mich einwirken zu lassen, dass das, was ich schreibe und das, was ich lesen möchte, nicht immer dasselbe ist. Ich schreibe gerne schlechte Enden. Aber ich hasse es, sie zu lesen. Bei Filmen finde ich sie gut. Aber bei Romanen ist es furchtbar - vielleicht weil man mehr Arbeit investiert hat (lesen dauert länger ;D).

Gut, das war meine Meinung. Wieder viel zu viel geschwafelt. ::)


Liebe Grüße: Kalderon

felis

Wahrscheinlich bin ich total unqualifiziert, in diesem Thread zu antworten, da ich überhaupt nicht auf detailreiche Blut- und Gewaltorgien stehe. Ich kanns mir aber trotzdem nicht verkneifen.  ;D
Meine Vermutung: die Fernsehgewohnheiten haben die allgemeine Wahrnehmung ganz schön verdorben. Ich hatte mal längere Zeit (fast 10 Jahre) keinen Fernseher. (Bin immer noch Extrem-wenig-Kucker, irgendwo muss die Zeit zum Schreiben ja herkommen  ;))
Als dann wieder einer in den Haushalt kam, war ich entsetzt über das Ausmaß an Gewalt, was inzwischen in Bildern umgesetzt wurde - und zwar nicht nur in Splattermovies, sondern auch in der Tagesschau! Die Hemmschwelle ist in den letzten 20 Jahren anscheinend kontinuierlich gefallen.
Daraus ergeben sich für mich 2 Fragen:
1. Reagieren Leser eigentlich wirklich nur noch auf grobe Reize?
2. Muss ich deshalb dazu beitragen, dass sich die Spirale der Gewalt immer weiter dreht? Langweilen will ich schließlich auch niemanden.

LG
felis

Lavendel

Ich halte es auch für unnötig, Gewaltszenen in Büchern möglichst krass zu beschreiben. Ich glaube nicht, dass man Lesern solche Sachen vor die Birne schleudern muss. Gerade weil die Hemmschwelle zu Gewaltdarstellungen gesunken sein mag. Ein Buch lesen ist etwas ganz anderes als die audio-visuellen Reize in Fernsehen oder Kino!
Einen Spannungsbogen, das Mitfiebern mit den Charakteren, die Identifikation mit selbigen etc. werden in einem Roman mit ganz anderen Mitteln erreicht, als in einem Film. Wenn man einen Film guckt kann man den Charakteren immer noch nicht in den Kopf gucken. In einem Roman ist das möglich. Daraus ergibt sich für den Film eine ganz andere Herangehensweise an die Charakterdarstellung, aber auch ein ganz anderer Fokus auf die Handlung. Der Grund warum in Literaturverfilmungen Szenen hinzugefügt, andere weggelassen werden. Im Film braucht man ganz klare Signale und Symbole, die in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Dinge für die Zuschauer verständlich machen. Beispiel: Männlich, Ü40, vernarbtes Gesicht und zurückgegelte Haare. (Was für eine Charakter ist das also? Bestimmt nicht der Held). Innerhalb von einer Sekunde ist manchmal eine ganze Figur und ihre Funktion erklärt. Stell einen bestimmten Farbfilter ein und spiel ein bisschen Musik und schon hast du eine spezielle Stimmung erzeugt. Zwei Sekunden. Es ist doch klar, dass da alles viel schneller gehen muss.
Da es im Roman aber möglich ist, die Gedankenwelt der Charaktere viel genauer zu beschreiben. Ich glaube es ist oft eben nicht nötig das Blut quasi in SlowMo durch die Gegend spritzten zu lassen, Gliedmaßen abzuhacken oder Leute zu vertstümmeln. Es gibt viel effektivere Techniken, Emotionen in der Leserschaft zu wecken (natürlich gibts die auch im Film, aber ich denke trotzdem, dass man es in Romanen zu großen Teilen anders handhaben muss, als im audio-visuelle Bereich). Eben weil man sich viel mehr vorstellt. Wenn man 300 guckt und da lustig gekämpft wird, dann fragt euch mal, wie lange es dauern würde, nur den Angriff dieser maskierten Darth Vader Verschnitte (unsterblich waren die oder so...angeblich) zu beschreiben! Was im Film vielleicht drei Minuten dauert - wie wie viele Normseiten würdet ihr wohl damit füllen? Will jemand vielleicht (unabhängig davon, ob man den Film nun gut fand oder nicht) das Buch zum Film lesen? 350 Seiten? Wer von euch will mir sagen, dass es ihn/sie nicht langweilen würde, wenn auf 300 davon nur Getzel beschrieben würde? Ein Extremes Beispiel, ok, aber eben eins dafür, dass Filme und Bücher eben total anders funktionieren.
Ich glaube, dass wir alle sehr stark von unseren Sehgewohnheiten beeinflusst sind. Es ist nicht unbedingt schlecht, wenn man 'cineastische' Beschreibungen hinkriegt (das wird in Kritiken ja auch ab und an gelobt), aber das sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass dieser Unterschied besteht. Ihr könnt euch ja auch mal den Herr der Ringe vornehmen, Schlachtszenen in Buch und Film vergleichen und schauen, welche Unterschiede ihr findet.

Maran

Hmm ... ich denke, es kommt auf die Intention des Autors und den Inhalt des Werkes an. Auch ist es meiner Meinung nach nicht so wichtig, was genau beschrieben wird, sondern wie es beschrieben wird. Es gibt Autoren, die schaffen es, den Leser komplett in die Geschichte hineinzuziehen. Ein gutes Beispiel hierfür ist "Dämon" von Matthew Delaney. Ich bin beim Lesen nie über die ersten paar Kapitel hinausgekommen, weil ich wirklich Panik bekommen habe, und nicht nur mir ging es so. Fragt mich jetzt bitte nicht nach Details, ich erinnere mich nicht daran, nur noch an die panische Angst. Es war grandios - nur kann es nicht im Interesse des Autors liegen, daß sein Werk nicht zu Ende gelesen wird, weil es eben solche Gefühle hervorruft.

Andererseits braucht es auch im visuellen Bereich nichts zwangsläufig zu wirklichen Gewaltszenen kommen ... "Der Wolf hetzt die Meute" mit Clint Eastwood verzichtet bis auf eine Szene am Ende (und selbst die ist nicht bis ins Detail beschrieben) völlig darauf. Dennoch fesselt die Geschichte den Zuschauer von Anfang bis Ende.

Ich weiß nicht mehr, auf welchen Film sich folgendes bezieht: Da wird jemandem ein Finger abgetrennt. Dies wird nicht detailliert gezeigt, sondern eigentlich nur angedeutet. Dennoch sind sehr viele Zuschauer bereit zu schwören, daß sie diese "Handlung" gesehen haben.

Was ich meine ist folgendes: Es kommt nicht darauf an, ob man eine Szene bis ins Detail beschreibt, sondern darauf, inwieweit der Leser/Zuschauer in der Geschichte "drin" ist. Wenn ein Autor es nicht schafft, den Leser in die Geschichte zu ziehen, dann "rettet" auch eine noch so detailliert ausgearbeitete Szene die Lektüre nicht (sie könnte dadurch sogar noch "langweiliger" werden). Andererseits denke ich, daß eine gut geschriebene Geschichte, die den Leser in das Werk zieht, auf detaillierte Gemetzelszenen verzichten kann.

Lavendel

Zitat von: Maran am 01. Juli 2007, 13:21:59
Ich weiß nicht mehr, auf welchen Film sich folgendes bezieht: Da wird jemandem ein Finger abgetrennt. Dies wird nicht detailliert gezeigt, sondern eigentlich nur angedeutet. Dennoch sind sehr viele Zuschauer bereit zu schwören, daß sie diese "Handlung" gesehen haben.
Wenn ich mich nicht irre, handelt es sich dabei um The English Patient. Da werden Caravaggio von den Nazis die Daumen abgeschnitten, aber ungefähr eine Millisekunde bevor das Messer ins Fleisch schneidet, endet die Szene.

Und nein, es muss nicht zu Gewaltszenen in Filmen kommen. Aber in Filmen wie Gladiator oder 300 sind sie das, was am intensivsten in Erinnerung bleibt. Ich kann mir kein gutes Buch vorstellen, von dessen Inhalt ich ich mich hinterher nur noch an Gemetzel erinnere.

ZitatWas ich meine ist folgendes: Es kommt nicht darauf an, ob man eine Szene bis ins Detail beschreibt, sondern darauf, inwieweit der Leser/Zuschauer in der Geschichte "drin" ist. Wenn ein Autor es nicht schafft, den Leser in die Geschichte zu ziehen, dann "rettet" auch eine noch so detailliert ausgearbeitete Szene die Lektüre nicht (sie könnte dadurch sogar noch "langweiliger" werden). Andererseits denke ich, daß eine gut geschriebene Geschichte, die den Leser in das Werk zieht, auf detaillierte Gemetzelszenen verzichten kann.
Ja. Allerdings kann sie das. Natürlich können wie gesagt auch Filme ohne Gewalt auskommen. Eine gut ausgearbeitete Geschichte ist auch in der Fantasy nicht an Krieg und Gewalt gebunden. Wenn die Leser/innen in die Geschichte eintauchen können, dann hat diese Geschichte einen guten Plot - aber viel wahrscheinlicher gut ausgearbeitete Charaktere (irgendjemand hat mal gesagt, gute Charaktere sind schon die halbe Miete. Wenn's da nicht klappt kann der Plot noch so gut sein). Wenn man jetzt mal Uldin die Hornisse aus der Diskussion rauslässt, dann werden die meisten Figuren nicht gerade in Gewaltszenen zu denen, die sie sind (will heißen, sie werden den Leser/innen nicht durch ihre Gewalthandlungen zugänglich und verständlich).
Wer Lust hat sollte mal Regeneration von Pat Barker lesen (Niemandsland zu Deutsch). Hat nur ca. 300 Seiten. Es geht um Englische Offiziere im Ersten Weltkrieg u.a. um die berühmten Dichter Siegfried Sassoon und Wilfried Owen. Die Handlung spielt sich nicht im Kriegsgebiet ab, sondern in einer Klinik in der Leute mit Kriegsneurosen behandelt werden - es geht also um ihre Erinnerungen. Ich finde das Buch wirklich beeindruckend, obwohl es für ein Buch über den Krieg mir äußerst wenig Blut auskommt.

Hr. Kürbis

Echt eine spannende Diskussion hier...

Ich weiß nicht, wer mal hier das Beispiel mit dem Kerl gebracht hat, der gefoltert wird. Ein anderer Typ kommt mit einer Nadel auf ihn zu und dann blendet es aus. Später hat der Gefolterte dann blutige Handschuhe. Fand ich sehr gut, denn hier wird mir den Gedanken des Lesers gespielt, der sich in seinem Kopf vorstellen MUSS, was passiert ist. Das kann ungleich grausamer sein als das, was der Autor vielleicht beschreiben hätte. Von daher ist hier weglassen mehr... Fazit (für mich): Gewalt muss nicht gezeigt werden!

Um bei Quidams Hornisse zu bleiben (ist eben ein gutes Beispiel), hier würde es meiner Meinung nicht funktionieren, wenn man "nur" das Resultat, die misshandelte Meerjungfrau, zeigen würde. Denn es geht nicht um die Gewalt, sie ist nur Mittel um Zweck um zu zeigen, WAS die Hornisse empfindet, WARUM sie so handelt WIE sie handelt. Das LIEBE in HASS umschlagen kann, was RACHE ist... Fazit (für mich): Gewalt notwendig!

300 würde als Buch sicher nicht funktionieren, kommt vom Comic und ist auch so für die Leinwand umgesetzt worden. Also vom visuellen Medium auf ein anderes visuelles Medium umgesetzt, das klappt und funktioniert wunderbar, ob man so etwas mag ist Geschmackssache... Ich fands witzig, weil herrlich übertrieben! Reiht sich ein in Filme wie Kill Bill und so weiter.

Saw hingegen oder Folter-Filme wie Hostel mag ich überhaupt nicht. Da geht es ja wirklich nur darum, WIE Leute gekillt werden, und das ist auch so ziemlich das einzige, worüber man die Leute reden hört, wenn sie den Film gesehen haben. Ganz klar nichts für mich, nur wegen Gewalt gehe ich nichts ins Kino.

Was ich absolut verabscheuungswürdig finde, sind Leute, die zum Beispiel bei Autounfällen, Selbstmorden und anderen Unglücken den "Gaffer" rauslassen und sich daran weiden. Ich weiß nicht warum Menschen derart pervers drauf sind... schein aber ein archaisches Bedürfnis zu sein, sonst würden es nicht so viele Leute machen.

Kennt einer vielleicht den Manga "Eden"? Wer mal wirklich fiese Gewalt sehen möchte, sollte sich den reinziehen, wobei auch hier die Gewalt der Erzählung der Geschichte dienlich ist. Kann mich noch gut an die Szene erinnern, in der ein afrikanischer Warlord Kinder mit vorgehaltener Waffe durch eine Minenfeld treibt, damit sie die Straße für ihn "räumen". In allen Einzelheiten! Und wer weiß, was Landminen mit Menschen machen, kann es sich vorstellen was passiert... *würg*

Lavendel

Zitat von: Hr. Kürbis am 01. Juli 2007, 14:36:48
Um bei Quidams Hornisse zu bleiben (ist eben ein gutes Beispiel), hier würde es meiner Meinung nicht funktionieren, wenn man "nur" das Resultat, die misshandelte Meerjungfrau, zeigen würde. Denn es geht nicht um die Gewalt, sie ist nur Mittel um Zweck um zu zeigen, WAS die Hornisse empfindet, WARUM sie so handelt WIE sie handelt. Das LIEBE in HASS umschlagen kann, was RACHE ist... Fazit (für mich): Gewalt notwendig!
Ja, deshalb habe ich dieses Beispiel vorhin rausgelassen ;). Ich würde das jetzt mal als 'Sonderfall' klassifizieren (sprich: 'Psychopathen'). Aus der Perspektive eines Psychopathen einen Blick auf die Welt zu werfen ist ja nicht grade der Regelfall^^'. Hm, es mag sein, dass die Szene auch zu sehr aus dem Kontext gerissen ist, um ihre Bedeutung in der gesamt Geschichte zu verstehen. Einiges erschließt sich eben doch nur aus dem Zusammenhang.

Zitat von: Hr. Kürbis am 01. Juli 2007, 14:36:48
300 würde als Buch sicher nicht funktionieren, kommt vom Comic und ist auch so für die Leinwand umgesetzt worden. Also vom visuellen Medium auf ein anderes visuelles Medium umgesetzt, das klappt und funktioniert wunderbar, ob man so etwas mag ist Geschmackssache... Ich fands witzig, weil herrlich übertrieben! Reiht sich ein in Filme wie Kill Bill und so weiter.
Ich will jetzt ja nicht über Filme diskutieren, aber Kill Bill ist definitiv xMal so gut wie 300. Ich fand Sin City total super, aber dieses Teil eben nicht. Das hatte mir einfach zu wenig Handlung. War mir auch einfach zu sterotyp und zu vorhersehbar(kann am Comic liegen, aber dann muss man's ja nicht unbeding verfilmen). Außerdem sehr sehr langatmig - aber jetzt ist auch gut mit Filmgebrabbel.
;)

Aber letztendlich lebt ein gutes Buch (auch ein guter Film BTW) von viel mehr als Gewalt und deren Darstellung.