Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: Brillenkatze am 27. März 2022, 09:47:48

Titel: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Brillenkatze am 27. März 2022, 09:47:48
Hallo zusammen,

ich werfe das hier jetzt mal so in die Runde:
Seit einiger Zeit beschäftige ich mich aus Interesse mit dem Thema Lebenszufriedenheit. In der Bücherei meines Vertrauens lachte mich dazu u.a. das Buch "Weiblich, ledig, glücklich – sucht nicht" von Gunda Windmüller an.  :buch:
Hier ihre Thesen kurz und knapp schriftlich zusammen gefasst vom Deutschlandfunk Nova, auch mit Hör-Interview:
Frauenrolle-weiblich-single-und-glücklich-dabei (https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/frauenrolle-weiblich-single-und-gluecklich-dabei?token=u3vgmd3yfmugtftrtk7qbwjx0uq-qr2l)

Die Autorin weist in ihrem Buch darin darauf hin, dass es einen enormen gesellschaftlichen Druck vor allem (aber nicht nur) auf Frauen gibt, einen Partner zu finden. Darauf, dass der Glaubenssatz besteht, eine Frau ohne Partner könne kein zufriedener Mensch sein. Dieser Druck werde durch die Medien, Filme und Romane unterstützt.
Dem Klischee nach muss die alte Dame, die nie einen Partner hatte, eben eine verbitterte alte Jungfrau sein? Oder wer kennt nicht das Bild der Frau, die sich mit ihren zehn Katzen darüber hinwegtröstet, dass sie nie die große Liebe gefunden hat? Es ist ein Stigma.
Männer hätten mit dem Singledasein zwar auch Probleme, aber es gibt viel mehr Beispiele für glückliche Junggesellen.

Die LGBTQ-Gemeinschaft hat sich mittlerweile zum Glück mehr durchgesetzt auf dem Buchmarkt. Was ist mit den Asexuellen und den Aromantischen?

Hier noch ein Artikel aus Amerika von der Psychotherapeutin Allison Abrams zum Singleshaming (auf Englisch):
Psychologytoday: Defying Single-shaming (https://www.psychologytoday.com/us/blog/nurturing-self-compassion/201912/defying-single-shaming)

Wie ich diesem Artikel entnehme, scheint das Thema Glück ohne Partner gerade bei amerikanischen Milennials mehr und mehr in den Fokus zu rücken. Stattdessen konzentrieren diese sich auf ihre Karriere, enge Freundschaften und Hobbys.

Auch in meinem deutschen Milennial-Bekanntenkreis gibt es einige junge Frauen, die noch/wieder Single sind. Die zwischen Mitte und Ende zwanzig sind und es nicht eilig damit haben, sich fest zu binden. Die aber auch von außen mehr oder weniger gut gemeinten Druck bekommen, dies doch zu tun.

Wie Allison Abrams schreibt, kann dieser Druck durchaus zu mangelndem Selbstbewusstsein, chronischer Unzufriedenheit und damit zu Depressionen führen.

Nun habe ich bisher ja nur als Leserin Erfahrungen mit dem Buchmarkt gesammelt, (noch) nicht als Autorin. Aber bei mir entsteht da schon ein gewisser Eindruck. Korrigiert mich bitte, wenn ich falsch liege:

Für Verlage gilt eine Liebesgeschichte meistens als zwingendes Kriterium für die Aufnahme von Büchern in ihr Programm?

Ausnahmen bestätigen die Regel. Mir fallen unzählige Beispiele für Fantasybücher (und TV-Serien und Filme)  ein, in denen der/die Protagonist*in neben dem eigentlichen Welt-rette-Plot verliebt ist und diese romantische Liebe nach langem hin und her, auf die eine oder andere Weise, schließlich in einer Partnerschaft, wenn nicht sogar in der Gründung einer Familie endet. Happy ever after?
Spontan fallen mir nur einzelne Geschichten ein, in denen es tatsächlich nicht so ist.
Andererseits habe ich von einem Beispiel gelesen, wo im Buch die Protagonistin am Ende glücklicher Single war, in der Fernsehadaption dies jedoch geändert wurde. Kann sein, dass das Beispiel im Buch von Gunda Windmüller stand, aber nagelt mich darauf nicht fest.
(Ich will hier niemandem die Enden von Geschichten spoilern, deshalb bleibe ich so vage).

Ich habe generell nichts gegen Liebesgeschichten in Plots und spiele selbst mit einigen Ideen dazu. Aber:

Was meint ihr zum Thema Singleshaming allgemein?
Und braucht der Buchmarkt vielleicht neben mehr LGBTQ-Protagonist*innen auch mehr Progaginist*innen, die glückliche Singles sind?
Gibt es dazu vielleicht schon ein Genre, das ich einfach übersehen habe?

Ich bin gespannt auf eure Antworten.  :)
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Ryadne am 27. März 2022, 13:00:51
Der Druck, eine Liebesgeschichte einzubauen, ist vor allem bei Agenturen und größeren Verlagen in einigen Subgenres auf jeden Fall da. Ich schreibe bewusst keinen romantischen Subplot in meine Romane ein, höchstens für Nebenfiguren oder bei Auftragsarbeiten. Aber es wird fast jedes Mal, wenn ich entsprechende Werke anbiete, darum gebeten, dass ich noch eine Liebesgeschichte einbaue. Und meinem Empfinden nach hat das sogar in den letzten Jahren noch zugenommen, vielleicht bedingt durch den großen Erfolg von Romantasy und v. a. auch New Adult. Einmal hat mir ein Verlag einen Vertrag angeboten, aber unter der Voraussetzung, dass ich noch eine Liebesgeschichte einbaue. Ich habe es dann tatsächlich versucht, aber da ich in dieser Hinsicht die Romantik einer Wandfliese besitze, wurde es einfach nur cringe. War das letzte Mal, dass ich so etwas versucht habe ...

Sowohl als Autorin als auch als Leserin wünsche ich mir mehr Romane, in denen tiefe, nicht sexuell konnotierte Freundschaft anstelle von Liebesbeziehungen tritt, sowohl für jugendliche als auch erwachsene Figuren. (Obwohl ich zugleich z. B. Romantasy ab und zu gerne lese, wo klar ist, dass sich der Plot um eine Beziehung dreht. Aber das ist für mich etwas anderes als dieses notorische "ok, die untersucht zwar eigentlich nur, warum Elfen umgebracht wurden, aber unbedingt muss sie sich jetzt noch verlieben!" Edit: Natürlich haben auch solche Subplots ihre Daseinsberechtigung, mich stört nur ihre Omnipräsenz, die die ständige Suche nach Liebesbeziehungen zu etwas scheinbar Selbstverständlichem macht.)

Das Thema wird ja auch im gerade wieder aktiven LGBT-Thread angeschnitten. Wobei ich mir mehr Repräsentation nicht nur für "gezielt" asexuelle oder aromantische Figuren erhoffe, sondern auch für Leute, für die es einfach im Lebensabschnitt keine Rolle spielt. (Beides kann sich natürlich überschneiden.) Ein bisschen was hat sich schon getan, aber gerade das Freundschaftsthema wird sehr vernachlässigt.

In Diskussionen im Freundeskreis und auch mit Leser*innen habe ich allerdings schon oft mitbekommen, dass Leute das Nicht-Vorhandensein von romantischen oder zumindest sexuellen Beziehungen als "unrealistisch" empfinden, sobald der normale Alltag von Figuren eine Rolle spielt. Das macht es einerseits umso wichtiger, zu zeigen, dass es auch Menschen (und damit Figuren) gibt, für die das nicht unrealistisch ist (sonst landen wir eben genau beim Singleshaming). Aber andererseits macht es entsprechende Werke eben auch unverkäuflicher. Das altbekannte Problem.


Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Biene am 27. März 2022, 14:07:03
@Brillenkatze, danke für den Lesetipp, werde ich mir in Kürze zu Gemüte führen.
Für Interessierte hätte ich auch noch eine andere Empfehlung: In Kinderfrei statt Kinderlos von Verena Brunschweiger geht es um den Sozialen Druck der Gesellschaft auf Frauen, Kinder zu bekommen. (Achtung, ist recht radikal.) Es geht, denke ich, in die gleiche Richtung wie das Singleshaming.

Ich gehöre selbst zu weiblich, glücklich, ledig – sucht nicht und musste mir schon einiges anhören, und es nervt einfach. Single (und kinderfrei) zu sein, hat so viele Vorteile. Was die Leute nicht kapieren ist, dass man als Single nicht zwingend einsam sein muss, dass man nicht allein ist. Ich habe gute Freunde, pflege meine Freundschaften und schließe neue. Mir wird oft der Eindruck vermittelt, dass ich ohne Partner doch hilflos, einsam und unglücklich sein müsse und es wird mit Skepsis reagiert, wenn ich widerspreche. Ich habe kein Problem mit Leuten, für die der Lebensentwurf Partnerschaft die Erfüllung ist, ich wünschte nur, dass auch andere Lebensentwürfe akzeptiert würden.

Was Liebesgeschichten in Romanen angeht, mag ich sie im Nebenstrang schon. So ein bisschen Herzschmerz gerne mit Happy End ist schon nett, sollte aber nicht im Vordergrund stehen. (Liebesschnulzen sind definitiv nicht meins.) Was das angeht, passe ich wahrscheinlich genau in das Beuteschema der Verlage. Ich habe da ehrlich noch nicht drauf geachtet, weil ich es wahrscheinlich mag. Auch ich selbst habe i.d.R eine Liebesgeschichte dabei, allerdings ist sie nie schmückendes Beiwerk, sondern erfüllt einen Zweck, möglich, dass das einen Unterschied macht. Ich finde es schön, wenn Menschen zueinanderfinden. (Dabei ist mir die sexuelle Gesinnung völlig wurscht, auch eine tiefe Freundschaft stellt mich da zufrieden.)
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Brillenkatze am 27. März 2022, 17:33:55
@Ryadne  Dann hat mich mein Gefühl den Verlagen gegenüber da tatsächlich nicht getrogen und ich nicht einfach die falschen Bücher gelesen. Schade.

Dabei wäre es gerade im Bereich der Jugendliteratur wohl sehr wichtig, da auch Protagonist*innen zuzulassen, die sich bewusst noch nicht auf eine Beziehung einlassen wollen und dazu stehen. Oder die einfach das Alter durchlaufen und sich nicht verlieben – soll es ja auch geben.
Ich kenne das von mir, dass ich damals doch noch arge Probleme hatte, mich da emotional vom Gruppendruck auch durch Serien und Romane zu distanzieren. Nicht, dass ich dadurch Partnerschaften eingegangen wäre, für die ich selbst eigentlich noch gar nicht bereit gewesen wäre - andere vielleicht schon. Aber dieser Zweifel ,,Wann kommt denn nun die erste Liebe?", ,,Warum bin ich jetzt schon 15 und da tut sich immer noch nichts" und ,,Warum funktioniert das bei gefühlt allen anderen, nur bei mir nicht?" war bei mir stets aktiv. Da kann ich meine alten Klagebücher zu befragen. Ich habe mich quasi selbst mit Single-geshamed. Und so war ich nie wirklich zufrieden mit dem Leben.

Erst im Studium kam dann irgendwann der Punkt wo ich mir gesagt habe: So, jetzt reicht's. Entweder da passiert von allein mal was, aber wenn nicht, ist es auch nicht schlimm. Dann verliebe ich mich jetzt eben nicht. So what? Davon lasse ich mich ab sofort nicht mehr verrückt machen. Ich bin ich und nicht ,,die anderen". Ich möchte jetzt glücklicher Single sein.

@Biene
Ja, es hat tatsächlich so viele Vorteile, Single (und kinderlos) zu sein.
Freut mich, wenn ich dir Leseanregung geben konnte. Dein Tipp klingt auch interessant, da werde ich mal die Augen nach offen halten.

Es ist schön, dass heterogene Partnerschaften in Büchern mittlerweile auf Augenhöhe stattfinden und es so viele starke Partnerinnen dort gibt.
Vielleicht ist es der nächste Schritt, die starken, unabhängigen Protagonist*innen, egal welcher sexuellen Orientierung, am Ende auch als glückliche Junggesell*innen mehr zu feiern? Weil, manchmal stimmt eben der Beziehnugspartner doch nicht? Es gibt keinen anderen? Und Single-Frau ist glücklich damit? :)
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Biene am 28. März 2022, 08:30:31
@Brillenkatze , schaun mer mal. Nach dem Roman ist vor dem Roman. Da geht bestimmt was. Ich merke nur für mich gerade, dass ich noch stark in anerzogenen und von meinem Umfeld geprägten Ansichten stecke und bemühe mich da herauszukommen. Ist nicht einfach, aber zumindest ist mir schon bewusst, wenn meine Denke in eine bestimmte Richtung abschwenkt, in die sie nicht abschwenken soll. Auf meiner To-Do-Liste steht ganz oben, dass ich mit Themen wie verschiedene Hautfarben, Nationalitäten, sexuelle Gesinnungen und Geschlechterrollen ernsthaft auseinandersetze und ich denke, das wird auch in die nächsten Romane einfließen. Ich werde hier im Tizi-Universum einiges Hilfreiches dazu finden. Bin schon fleißig am schmökern.
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Brillenkatze am 28. März 2022, 14:02:21
@Biene
Immer schön offen und reflektiert bleiben, das ist auch meine Einstellung. Und generell alles hinterfragen.  :)

Ich denke, meine Geschichten und damit auch meine Botschaften muss ich mir einfach mal von der Seele schreiben. Das fühlt sich nach einem inneren Bedürfnis an.  :omn: Und das will ich auch so gut und professionell wie möglich machen. TiZi steh mir bei mit all deiner Weisheit.
Ob die Geschichten dann aber auch mehr als 3 Leute lesen möchten, tja... Das werde ich wohl ausprobieren müssen. Wozu habe ich meinen Brotjob sonst?
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Yamuri am 29. März 2022, 15:49:08
Wäre dieses Thema nicht eigentlich gut im Workshop aufgehoben?

Ich finde es jedenfalls toll, dass es angesprochen wird. Denn mich stört dieser gesellschaftliche Druck schon sehr lange. Singles wird leider oft unterstellt entweder egoistisch zu sein, beziehungsunfähig zu sein oder aber unglücklich und frustriert zu sein. Auch in Geschichten beobachte ich oft, dass fast schon zwanghaft Charaktere verkuppelt werden. Warum darf ein Mensch nicht Single und glücklich sein, aber gleichzeitig ein total sozial eingestellter Mensch, der sich aufopfernd um andere kümmert und vielleicht auch gerade deshalb dann gar keine Zeit bleibt für einen Partner.

In einem Buch musste sich ein Charakter, der eine Art schamanische Ausbildung machte, einmal entscheiden für den Weg des Singles oder den Weg der Partnerschaft. Um ein wirklich großer Träumer zu werden, durfte Wolfsträumer keinen Menschen über einen anderen setzen. Jedes Leben war von gleicher Bedeutung. Seine Lehrmeisterin erklärte ihm, dass er, wenn er beides wolle, er entweder der großen Aufgabe sein Volk zu retten nicht gerecht werden könne oder aber er die Partnerschaft zu der Frau, die er liebte, zerstören würde. Ich fand das sehr eindrücklich beschrieben und dachte mir: manche Lebenswege sind vielleicht mit einer Partnerschaft einfach nicht kompatibel und können doch zugleich Lebenswege sein, die ein Dienst für die Gemeinschaft sind und gerade deshalb voraussetzen, dass der Mensch Single bleibt, um alle gleichbehandeln zu können. Indirekt fand ich es ein schönes Beispiel dafür, dass hier ein Mensch als sozial dargestellt wird und sich seine Mitmenschlichkeit gerade darin zeigte, dass er sich bewusst für den Pfad des Singles entschied.

Finde es auf jeden Fall gut, wenn es mehr gelungene Repräsentationen von glücklichen Singles gäbe, die nicht zwangsläufig als egoistische oder schwierige Menschen charakterisiert werden. :)
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Franziska am 29. März 2022, 16:24:22
Ich hab den Eindruck, dass immer noch vor allem von Autorinnen erwartet eine Liebesgeschichte eunzubauen und dass alle Leserinnen das auch lesen wollen. Genre, in denen Autoren dominieren, etwa Hard SF haben oft keine Liebesgeschichte. (z. B. Andy Weir) Oder Krimis und Thriller. Da wird das Single-sein dann aber mit der Figur des geschiedenen beziehungsunfähigen Detective, oft negativ dargestellt.
Ich schreibe selbst Romance und lese es auch gern, aber bei Fantasy und SF brauche ich keine Liebesgeschichte. Ich mag auch Bücher sehe, in denen Freundschaften im Fokus stehen.
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Feuertraum am 31. März 2022, 17:51:33
Ich bin eingefleischter Single, muss aber gestehen, dass ich mich tatsächlich für beziehungsuntauglich halte (bitte nicht falsch verstehen. Ich sehe mich selber als beziehungsuntauglich, nicht Singles im Allgemeinen).
Interessanterweise muss ich gestehen, dass ich überhaupt kein Single-Shaming kennenlernen durfte. Zwar hat mal einer versucht, mir einzureden, dass eine Partnerschaft doch etwas Tolles ist, doch nachdem ich ihm klipp und klar gesagt hatte, dass dies vielleicht für ihn und für einige andere zutreffen mag, aber eben nicht für jeden Menschen, wurde das Thema nie wieder angesprochen.

Und wie meine Vorredner geht es mir auch gehörig auf den Geist, dass es gefühlt in jedem Roman zu einer Liebesbeziehung kommt.
Wozu?
Für mich ist das so unrealistisch, weil grundsätzlich passiert, was im wirklichen Leben eher selten der Fall ist. Aber die Verlage bestimmen, was der Leser lesen will, der Leser kauft, und selbst wenn es den Leser stört, wird das weiter eingebaut. Der Leser kauft, ergo  muss es ihm ja gefallen ... :P
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Schattenlied am 02. April 2022, 19:18:06
Sehr interessantes Thema. Da ich selbst sehr offensiv damit umgehe, dass andere Menschen mir meistens gestohlen bleiben können - insbesondere aber nicht nur im romantischen Sinn - gab es dazu in meinem Leben interessanterweise fast nie Kommentare. (Während Corona mach(t)e ich mich dezent unbeliebt, weil ich die Lockdowns und das Home Office so gefeiert habe: endlich keine Kollegen den ganzen Tag, keine Menschen um einen rum, mehr Abstand zu Fremden, kein Händeschütteln  :wolke:.)

Wo ich jetzt darüber nachdenke, stelle ich aber fest, dass ich Schnulzen sehr gerne lese (diese mich meistens auch nicht stören) und auch sehr viel welche schreibe  :hmhm?:. Und zwar gerade die Dramatischen mit der ewigen Liebe usw. Erklärung dafür habe ich gerade nicht wirklich.
Was mich  hingegen wirklich nervt ist "the power of friendship", insbesondere wenn Karrieremenschen/Einzelgänger/etc. im Verlaufe der Handlung immer lernen müssen, dass es total toll und bereichernd wäre, sich mehr auf andere Menschen einzulassen und aus sich herauskommen usw. Das kann ich gar nicht haben und finde ich wirklich beinahe angreifend.
Offenbar kann ich mir eher vorstellen, dass Liebe einen wie ein Blitz erwischt und man dann damit zurechtkommen muss, als diese Moralkeule des sozialen Menschen.

In letzter Zeit gibt es aber - gefühlt - bei den Romanzen auch mehr Variation. Insbesondere auch, das mal etwas lockerer zu sehen, dass man sich viel bedeuten und eine Beziehung haben kann, dann aber auch wieder eigener Wege geht und dabei die Welt nicht untergeht, oder einfach zu probieren, wie man zusammen passt und sich dann doch auf Freundschaft zu einigen. Oder Konstellationen wie Dreier-Beziehungen usw. Das ist auch ganz erfrischend.

Tatsächlich grübel ich über ein Setting zu einer sehr individualistischen Gesellschaft, um die Stärke des Alleinseins mehr auszuloten - da fehlt mir jetzt aber der Konflikt: vielleicht  hilft ja eine tragische Romanze  :rofl:
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Exlibris am 15. April 2022, 11:57:02
@Brillenkatze - danke für dieses Thema. Ich gebe dann auch mal meinen Senf dazu ...

Ich, geboren 2001, zwanzig Jahre alt, muss bekennen: Ich bemerke diesen Druck allüberall. Vielleicht liegt es an meiner ländlichen Herkunft, aber in meinem Bekanntenkreis dreht sich fast alles um Beziehungen. Sich nicht binden zu wollen scheint dabei eine selten vertretene Meinung zu sein - und das trifft (zumindest bei den Menschen in meinem Umfeld) auf alle Geschlechter zu. Vielleicht befinden wir uns in diesem Alter aber auch noch teilweise im Stadium Partner=Prestige.

Literarisch betrachtet ist die Liebesgeschichte tatsächlich fast omnipräsent. Ich bin kein Gegner von Liebesgeschichten, halte diese Entwicklung aber auch nicht für vorteilhaft. Allerdings habe ich eine These, warum das so ist: Wie wir an zahllosen Fanfictions erkennen können, scheinen viele LeserInnen das Bedürfnis zu haben, ihre Lieblingscharaktere miteinander zu verkuppeln. Ich denke, dass eine Beziehung zwischen Charakteren für eine tiefgreifendere emotionale Beziehung zwischen LeserIn und Charakter sorgen soll, da wir uns ja schließlich auch mit diesen Charakteren identifizieren und somit quasi durch "Wish-Fulfillment" wir selbst glücklich gemacht werden sollen (oder geläutert, wie Aristoteles sagen würde). Wenn die Verlage also davon ausgehen, dass sich ein signifikanter Prozentsatz an Personen grundsätzlich eine Beziehung wünscht, wollen sie die Beziehung quasi "zur Sicherheit" einbauen, um der Katharsis im Fall des Falles einen kleinen Bonus zu verleihen.

Ich hoffe, das macht Sinn. Was meint ihr dazu?   
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Brillenkatze am 15. April 2022, 14:32:41
Hallo @Exlibris  ,
Senf ist völlig in Ordnung, aber auch Ketchup und Mayo werden hier gern genommen. Und Maggi und Marmite.  ;)

Katharsis – ein Fremdwort, dass ich zum besseren Verständnis erstmal bei Wikipedia nachgeschlagen habe. Ich weiß zwar immer noch nicht, ob ich den Begriff jetzt ganz durchschaut habe (mein Hirn fühlt sich gerade leider leicht verknotet an), aber ich versuche mal von meinem jetzigen Verständnis her zu antworten.

Bestimmt der Verlag überhaupt konkret, welche Figur mit welcher verkuppelt werden soll? Oder geben Verlage eher vor, das überhaupt eine Liebesgeschichte vorhanden sein soll? Dann wäre doch eher der/die Autor*in für die Partnervermittlung zuständig? Oder bei antiautoritärem Schreiben gar die Figur selbst? Kann der Prozentsatz der Fans, die sich die Verkupplung zweier Figuren wünschen werden, bei vollkommen neuen Werken überhaupt vorhergesagt werden?

Für mich klang es bei Wikipedia so, als müsste ein*e Leser*in, wenn er/sie durch eine Liebesgeschichte in einem Buch eine Katharsis (also eine Auslebung von persönlichen inneren Konflikten und verdrängten Emotionen) erfahren soll, möglichst aktiv daran teilhaben und mitbestimmen dürfen, was passiert. Wenn es ein einzelnes Solobuch ist, ist es nun aber schon existent und aktive Mitbestimmung wäre gar nicht mehr möglich. Bei Serien ist das natürlich anders, da habe ich auch schon von Wuschkonzerten gelesen.

Wenn zwei Figuren gesetzt im Buch/in einer Serie miteinander verkuppelt werden, gibt es meiner Beobachtung nach gerade bei sehr populären Werken mindestens eine Fanbasis, die lieber eine andere Paarbildung bevorzugt hätte. Das habe ich zumindest so beobachtet, vor allem sehr eindrücklich im Bereich zeichnender und malender Fan-Künstler.

Hieße dass nicht, egal wie ich die Figuren in meinen Geschichten verkupple, der echte Fan holt sich seine Katharsis eh selbstständig und aktiv? Wenn ich als Autorin sie ihm nicht (passend) gebe, dann denkt/schreibt/zeichnet er sie sich selbst?

Wenn ich als Autorin nun auch mal gar keine Vorgabe mache, zu welcher der anderen Figuren meine Figur sich romantisch orientiert – weil die Figur sich z.B. grundsätzlich nicht orientieren möchte - wäre das dann wohl anregender für die Fantasie der Leser*innen, diese Figur in Fanfictions doch zu verkuppeln? Und jeder hätte irgendwie recht und keiner müsste sich aufregen?  :hmmm:

So viele Fragezeichen  :)
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Yamuri am 15. April 2022, 15:08:04
Ich muss auch gestehen, obwohl ich selbst kein Interesse an Beziehungen habe, habe ich selbst in Fanfictions auch schon Lieblinge miteinander verkuppelt und unterschwellig gibt es in meinen Geschichten auch Beziehungen. Sie sind nur nicht so voyeuristisch dargestellt, sondern subtil durch das vertraute Verhalten von Charakteren zueinander. Ich bin generell ein Fan von subtiler Darstellung.

@Brillenkatze: Tatsächlich habe ich nie Canon Pairings beschrieben, wenn ich Fanfictions geschrieben habe. Ich habe nahezu ausschließlich andere Charaktere aus dem Fandom zusammengebracht, schlicht weil mir die vorgegebenen Pairings in den westlichen Büchern/Filmen oft nicht gefallen. Ist interessanterweise bei ostasiatischen Serien anders. Da mag ich die Canon Pairings oft viel lieber. Allerdings nur bei den Realserien, bei Anime tritt bei mir auch das Phänomen auf, dass ich vor allem gern männliche Charaktere verkupple, die gar nicht als homosexuell gedacht waren. Warum das so ist, weiß ich nicht. Liegt vielleicht auch nur daran, dass ich damals, als ich FFs schrieb, von anderen Fanfiction Autor:innen inspiriert wurde und in deren Geschichten ungewöhnlichere Pairings für gut geschrieben betrachtet habe.

Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen, dass es für Fanfiction Autor:innen egal ist, ob du ein Pairing andeutest oder nicht. Die nehmen sich wirklich einfach das, was ihnen gefallen würde. :)
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Damiano am 24. April 2022, 15:59:32
Ohje, dieses Thema...

Das ist jetzt nicht bezogen auf diesen Thread, sondern die Erwartung der breiten Masse, dass komplexe Beziehungen immer romantisch enden müssen. Die Diskussionen darüber konsternieren mich jedesmal wieder.

Meine Position hierzu:
Da ich meine gegenwärtige Welt um ihre Schöpfungsgeschichte (nicht als Mythos, sondern als gelebte Geschichte) herum aufbaue, sind heterosexuelle Beziehungen in jedem Fall Teil er Handlung, damit die ursprünglichen Vertreter der verschiedenen Spezies (Katzen, Wölfe, Füchse usw.) die Fortpflanzung ihrer Art überhaupt vorantreiben. Dies ist aber immer nur ein beiläufig erwähnter Komplex und nie der Fokus der Handlung. Meine Erfahrung war nun, dass bei Fertigstellung des ersten Bandes viele Testleser etwas irritiert zurückblieben bezüglich der Tatsache, dass der Hauptantagonist des Buches, eine spirituelle Entität, die sich in Form eines Glasfuchses manifestiert, und seine Gegenspielerin, eine Rotfüchsin, nach seiner Reformierung am Ende keine romantische Beziehung eingehen.
Es ist schon auffällig, dass der Umstand, dass der Blickwinkelcharakter für die Fuchspopulation ein Weibchen ohne Partner ist, große Ratlosigkeit mit sich bringt. Dabei weiß ich nicht einmal, ob ich die Füchsin als asexuell oder aromantisch einstufen kann. Die Frage ergibt sich für ihren Charakter einfach nicht. Sie hat sich am Ende mit dem Antagonisten ausgesprochen und Frieden mit ihm geschlossen. Die Beziehung der beiden zueinander geht sehr tief, ist aber weder eine sexuelle noch eine Liebesbeziehung. Sie können sich lediglich nicht mehr voneinander trennen, da die über den Verlauf der Geschichte erlernte Empathie für beide sehr bedeutend ist.
Ich möchte es eigentlich dabei belassen, fürchte aber, dass ich diesbezüglich auch noch unangenehme Diskussionen mit Lektoren führen darf. 
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Robin am 02. Mai 2022, 10:24:41
Uff... Pärchen in Geschichten.

Klar, es ist super, wenn man jemanden hat, mit dem man sein Leben teilen kann - aber es muss halt auch passen. Weswegen ich wie bei @Damiano im obrigen Beitrag auch nur den Kopf schütteln kann, wenn, klar, eine starke Verbindung da ist, aber das nicht unbedingt gleich Liebe bedeuten muss. Und dieses starke Freundschaft =/= Liebe oder Partnerschaft scheint vielen einfach nicht einzugehen... weil man nicht genug Beispiele dafür findet, sondern vieles einfach zu schnell in Richtung Pärchenbeziehungen geht.

Da gibt es noch schöööön viele unangenehme Themen mit Überschneidung, die man hier aufbringen könnte, aber das ist jetzt gerade nicht der Platz dafür (denke ich). Ja, ich denke durchaus auch, dass es gerade auch in der Fiktion einen merkwürdigen "Paarungsdruck" gibt, vor allem, wenn uns tagtäglich eingeredet wird, dass alleine glücklich zu sein strange ist. Ich sag nur ewige Stereotypen - weibliche mehr wie männliche, meiner Erfahrung nach, aber wie gesagt, das würde jetzt zu weit reichen, wenn ich ewig hier herum moppere.

Weswegen es umso wichtiger wäre, dass es tatsächlich mehr Single-Repräsentation gäbe. Oder auch vielleicht den Schuh anders aufziehen: Beziehung zu Single-Dasein als eine Story persönlichen Wachstums. Manchmal ist ein "Happy Ever After" zu wissen, dass man jemandem "genügen" muss, um glücklich zu sein. (Ich schnüffel hier gerade Inspiration...  :hmmm: )
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Möchtegernautorin am 06. Mai 2022, 11:59:56
Erstens: es tut gut zu lesen, dass ich nicht die Einzige bin, der das auf die Nerven geht.
Zweitens: fühle ich mich dadurch auch oft nicht repräsentiert.

Ich habe in den letzten Jahren so viel über mich gelernt und dazu gehört auch, dass ich einfach keine Partnerperson will und keine brauche. Und ja, ich habe mich tatsächlich viel zu lange den gesellschaftlichen Erwartungen einerseits gebeugt, andererseits musste ich aber, obwohl ich verheiratet war (Stichwort: toxische Beziehung), dennoch eine ganze Familie durchschleppen.
Dann habe ich mich von dem Vater meiner Kinder getrennt und, nun ja, offenbar erwarten viele Menschen, dass ich mir eine neue Beziehung suche. Der Ex wartet sehnsüchtig darauf, weil er sich wegen seiner Religion so lange keine neue Partnerin suchen darf, so lange ich nicht "fremdgehe". Eine Kollegin meinte, das ginge nach der Trennung wieder ganz schnell, dass jemand für eine Beziehung in meinem Leben auftaucht, weil das "immer so ist". Und auch die erste Frage meines Onkels war: "Und? Gibt es einen Neuen?".
Nein. Einfach nein. Schon damals war die Heirat nicht meine Idee. Auch die Frage, ob ich Kinder bekommen will, nicht. Das war einfach so (und ja, ich liebe meine Kinder trotzdem über alles). Damals wusste ich es nicht besser. Jetzt aber schon und ich bin glücklich mit meiner Familie und meinen Freund*innen. Keine Partnerperson haben wollen heißt schließlich nicht, keine tiefen Beziehungen zu haben.
Genau das wird aber leider oft falsch dargestellt.

In Büchern, Serien und Filmen fällt mir das vermehrt auf und ich bin echt froh um alles, das mein Interesse weckt und in dem es auch eine wichtige Figur gibt, die eben nicht auf der Suche nach einer Partnerperson ist – oder zumindest schon mal ohne Sex und/oder Sexualisierungen auskommt. Ich liebe Emotionen, ich mag auch romantische Beziehungen. Aber muss es denn, wie in einem der Romane, die ich letztes Jahr gelesen habe, bei sechs im Vordergrund stehenden Figuren am Ende wirklich unbedingt drei Pärchen geben?
Nein, muss es nicht. Aber da gibt es wieder einfach den Konflikt, dass es anderen Menschen schwerfällt, zu begreifen, dass nicht alle so denken.

Und weil ich das mittlerweile weiß, handhabe ich das nun in meinen Geschickten auch einfach anders  :)  Bei einer Protagonistin bin ich mir mittlerweile sicher, dass sie Asexuell ist.
Allerdings bin ich mir noch nicht sicher, wie ich das Thema Beziehung und vor allem auch Sexualisierungen allgemein behandeln werde. Meistens gibt es ohnehin keinen Anlass dafür, fällt also aufgrund der Story sowieso weg. Bis zu meiner Erkenntnis war ich immer bemüht, da etwas einzubauen, weil ich das Gefühl hatte, es gehört dazu und wird erwartet. Aber letztlich bin ich ohnehin nicht Mainstreamtauglich und ich brauche das in meinen Geschichten nicht.
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Damiano am 08. Juni 2022, 22:25:29
@Robin:
Es ist für mich tatsächlich auch unverständlich, was an der Vorstellung, dass nicht jeder Charakter mit einer romantischen Beziehung versorgt werden muss, so schwierig ist. Als ich jünger, sehr viel jünger, war, hat sich dieses Phänomen auch in meinen Entwürfen gezeigt, zum Teil in ziemlich unangebrachter Form. Heute kann ich nur noch den Kopf schütteln, wenn ich entsprechende Konzepte in meinen alten Unterlagen finde.

@Möchtegernautorin:
Das ist in einer so betroffenen Lebenslage natürlich noch einmal extra ätzend, wenn man nicht allein aufgrund der Veranlagung genervt, sondern auch noch nach einem entsprechenden Weg mit Trennung in diese entsprechende Richtung gedrängt wird. Auch meine Schwester hat sich nach 15 Jahren Ehe getrennt, sehr in beiderseitigem Interesse, und weiß sehr vergnügt vorzuleben, dass das für sie die beste Entscheidung gewesen wäre. Trotzdem kommt immer wieder aus dem familiären Umfeld die Frage an mich (warum überhaupt an mich?), ob ich denn nicht meine, dass da vielleicht doch jemand bei ihr im Busch wäre.

Leute, seht es ein! Auch das Bedürfnis nach keiner Beziehung ist eine Neigung, und die hat es genau wie alle anderen Neigungen verdient, repräsentiert zu werden!   
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Serafina am 09. Juni 2022, 16:49:14
Ich muss gerade etwas schmunzeln, weil es mir einerseits ähnlich geht wie vielen hier - ich bin als Single zufrieden und nicht aktiv auf der Suche nach einer Beziehung. Falls ich jemanden finden sollte, wäre das sicher schön, aber falls es nicht passieren sollte, ist das auch völlig okay.
Von meinem Umfeld wurde ich - zumindest bis vor einigen Jahren - auch ziemlich mit dem Thema genervt und ich kann gerade diese "Beziehung ist ein Muss"-Einstellung, die einige Leute ja leider haben, überhaupt nicht nachvollziehen.

Aber ich muss andererseits zugeben, dass sich das nicht unbedingt in meinem Literaturgeschmack widerspiegelt. Ich liebe Liebesgeschichten und würde mal schätzen, dass ca. 80 % meiner in letzter Zeit gelesenen Bücher eine enthalten. Zwar bin ich schon etwas wählerisch (lieber keine Liebesgeschichte als eine unpassende oder schlecht geschriebene), aber ich lese (und schreibe) einfach sehr gerne Geschichten, in denen Anziehung und Sehnsucht eine Rolle spielen.

Bei Büchern/Filmen/Serien, in denen am Ende wirklich alle Figuren in einer Beziehung sind, verdrehe ich allerdings auch die Augen. Und wenn stattdessen auch glückliche Singles gezeigt werden, fällt mir das gerade in letzter Zeit auch sehr positiv auf.

Wenn ich so darüber nachdenke, finde ich Liebesgeschichten eigentlich nur gut, wenn dabei Folgendes klar wird: Es ist toll, dass die beiden (oder mehr) sich gefunden haben, aber das ist nicht die einzige Möglichkeit, um ein erfülltes Leben zu haben.
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Brillenkatze am 03. Mai 2023, 14:53:42
Das Thema wieder ausgrab.

Carolin Kebekus hat das Thema "Singles" in ihrer Show behandelt (schon am 01.12.2022, "Wie Singles in Deutschland benachteiligt werden"). Mit Bridget Jones und anderen Anspielungen drin.
Ich frage mich jetzt überhaupt nicht, warum das in meiner Timeline aufploppte - hust  ::)

Hier der YouTube-Link zum Video (geht knapp 15 Minuten):
https://www.youtube.com/watch?v=gJzNk3zb4R8&list=PLRueQgF9WeLrl9vZStMbiqX0Ti6o3SfUs&index=6

Die Kommentare darunter sind auch sehr single-positiv.
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Paka am 03. Mai 2023, 17:12:23
Die Oma!!! 🤣
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Brillenkatze am 06. Mai 2023, 14:29:53
Zitat von: Paka am 03. Mai 2023, 17:12:23Die Oma!!! 🤣

Ja, die Oma. Das ist eigentlich auch traurig.

Da gibt sich die Enkelin so viel Mühe, ihrer Oma im Klartext zu erklären, dass sie das ständige Singleshaming richtig aufregt - es macht sie wütend, schreibt sie selbst - am Ende ignoriert die Oma all diese Bemühungen doch und kuppelt fröhlich weiter.

In der Nähe der Oma fühlt die Enkelin sich dadurch nicht wohler, auch wenn die Oma das nur gut meint. Aber sie tut ihrer Enkelin absolut keinen Gefallen und der Enkelin-Oma-Beziehung auch nicht. Die Enkelin möchte gut mit der Oma auskommen. Die Oma hört nicht zu.

In meiner Fantasie kommen nach der Szene noch andere Verwandte - verheiratete, die den Oma-Stress schon hinter sich haben oder dem nachgegeben, je nachdem - und sagen der Enkelin vielleicht : "Aber du musst dich weiter mit der Oma treffen, die ist doch schon alt und wer weiß, wie lange die noch lebt ..."
Schon steht die Enkelin da, hat den zusätzlichen Gruppendruck und weiterhin ein mieses Gefühl auf kommenden Familienfeiern - zu denen sie sehr widerwillig geht, sich überhaupt nicht darauf freut, weil sie ganz genau weiß ...

Es kann ein echtes Elend sein.  ::)

Die Enkelin muss gar nichts, wenn ihr das nicht gut tut.


Aber das ist nur eine kurze Szene in dem ganzen, sehr interessanten Video.  :vibes:
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Rotkehlchen am 06. Mai 2023, 14:44:51
Ich musste so lachen, als ich das Video gesehen habe. Am besten ist die Stelle, an der die Frau als unglücklich und blind dargestellt wird, weil sie ihre Augen wund geheult hat.😂
Aber ja, irgendwie ist es in den Köpfen der älteren Generation fest verankert, dass man als Single-Mensch kein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft darstellt.
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Paka am 06. Mai 2023, 18:31:44
@Brillenkatze Die Oma meinte ich gar nicht. Davor kam eine Stelle, wo sie Stimme und Akzent verstellt hat, um wie Oma zu klingen. Mega-witzig.
Aber klar ist das inhaltlich alles andere als komisch.
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Brillenkatze am 07. Mai 2023, 12:29:55
@Paka Okay, dann gibt es da zweimal Oma in dem Video  :vibes:
Titel: Re: Singleshaming – Lebensglück durch Partnerschaft?
Beitrag von: Eluin am 07. Mai 2023, 13:44:04
Ich habe mir das Video jetzt nicht angesehen (bin einfach kein Videofan), deshalb dazu kein Input. Aber das Thema an sich taucht bei mir immer wieder auf.

Ich bin happy wie ich bin. Egal ob mit oder ohne Partner und ich bin sehr froh, dass mein Umfeld das auch so akzeptiert und mich niemand versucht zu verkuppeln. Ich bin eh fest davon überzeugt, dass ein Partner mich nicht glücklich macht, sondern ich selbst und deshalb ist eine Beziehung für mein Glück auch schlicht optional.

Mich hat aber vor einigen Jahren sehr erschreckt, dass einige Autor:innen, Leser:innen und scheinbar auch Verlage davon überzeugt scheinen, dass ein gutes Buch immer eine Liebesgeschichte enthalten müsse. Gerade zu der Zeit hatte ich viele Texte, wo Freundschaften (in Geschichten für Erwachsene) eine wichtige Rolle spielen und eben nicht die Liebesbeziehung. Teilweise habe ich sogar Texte entsprechend umgeschrieben.
Ich freue mich deshalb sehr zu lesen, dass es hier einige gibt, denen es ähnlich geht wie mir. Und zukünftig werde ich noch mehr das schreiben, was sich für mich gut anfühlt. Wenn eine Liebesgeschichte passt, ok. Wenn nicht: auch sehr gut und wichtig. Und dank selfpublishing weiß ich auch: meine Geschichten werden Leser:innen finden.
Danke euch!