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Aus anderen Romanen zitieren

Begonnen von Rigalad, 02. November 2011, 19:01:43

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Rigalad

Hallo ihr Lieben,

meine Suche nach richtigem Zitieren hat nur den Songtext-Zitieren-Thread ausgespuckt, daher hoffe ich mal, dass es solch einen Thread nicht schon gibt.
Jedenfalls muss ich zugeben, dass ich mich mit dem Thema sehr schwer tue. Da ich nie studiert habe und während meiner Ausbildung eher mit Zahlen und Gesetzestexten jongliert habe, würde ich gerne mal wissen, was und wie man nun genau Zitate aus anderen Romanen in seinen eigenen einbauen darf:

Ich weiß, dass man aus Werken, die ein bestimmes Alter (waren es nicht 70 Jahre?) erreicht haben, zitieren darf, ohne dass es Ärger gibt. Glaube ich jedenfalls.
Aber was ist, wenn man gerne aus einem aktuellen Roman zitieren möchte? Darf man das? Darf man nur zwei, drei Sätze? Muss man denjenigen vorher fragen oder erst ab einem bestimmten Umfang des Zitates?

Ich frage deshalb, weil ich in meinem aktuellen Roman vor jedes Kapitel ein Zitat gesetzt habe, das zu dem jeweiligen Kapitel passt, und die meisten sind eben sehr aktuell. Das geht von Marzi über Funke bis zu de Saint-Exupéry.
Bevor ich das jetzt so laienhaft an eine Agentur schicke, möchte ich das vorher lieber abklären. Weiterhin würde ich mich aber dann fragen, ob man das einer Agentur und einem Verlag nicht so schicken kann, denn da es ja noch nicht veröffentlich ist, handelt man doch nicht widerrechtlich, oder? Dann könnte der Verlag am Ende immer noch selbst entscheiden, ob sich der Aufwand, die einzelnen Urheber zu fragen, lohnen würde oder nicht.

Fragen über Fragen, tut mir leid. Ich hoffe, jemand kann mir in diesem Chaos helfen.

Liebe Grüße
Kati

Arcor

Hej du!

Mhh, also mit den siebzig Jahren bin ich mir nicht sicher. Soweit ich weiß (OHNE Gewähr, ganz wichtig), geht es nicht darum, wie alt ein Text ist, sondern wie lange der Autor schon verstorben ist. Ob das nun siebzig oder hundert Jahre sind, weiß ich nicht. Darum kann heutzutage auch jeder Verlag Goethe oder Homer drucken, da niemand mehr die Rechte an diesen Texten besitzt (und darum sind sie als ebooks auch fast immer kostenlos).

Jedenfalls kenn ich es aus der Uni, dass man in Arbeiten alles, was zitiert ist, auch so kennzeichnen muss (mit Fußnote und entsprechendem Literaturverzeichnis). Ob das bei literarischen Texten allerdings genau so ist, wage ich zu bezweifeln. Schätze eher, dass du die entsprechenden Autoren um Erlaubnis fragen solltest, sofern sich das bewerkstelligen lässt. Ich weiß jedenfalls nicht, ob ich das Risiko eingehen würde, hinterher wegen Lizenzverletzungen oder ähnlichem Probleme am Hals zu haben. Ich habe bei meiner Geschichte jedenfalls einige Namen, die von Games Workshops Warhammer Welt inspiriert waren, abgeändert, da mir das Risiko zu heikel war.

Früher war das alles jedenfalls kein Problem (also vor einigen hundert Jahren) und da wurde das auch eher als Lob für den zitierten Autor angesehen, wenn ein anderer ihn kopiert oder zitiert hat. Das haben die reihenweise gemacht.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Maja

Die siebzig Jahre sind nicht das Alter des Werkes, sondern die Zeit, die der Urheber tot sein muss. Dann erlischt das Urheberrecht, und das Werk wird gemeinfrei. Für Zitate, die noch dem Urheberrecht unterliegen, müssen Genehmigungen der Rechteinhaber eingeholt werden und ggf. Lizenzgebühren bezahlt werden. Das gilt für Zitate aus Liedern genauso wie aus Romanen. Das wissenschaftliche Zitierrecht greift hier nicht.

Da es aber bei sowas um die Veröffentlichung geht, muss sich nach meinem Wissen der Verlag, der das Buch mit den Zitaten drucken will, um die Rechte kümmern, nicht der Autor selbst. Der Autor muss aber alle Zitate eindeutig kennzeichnen, dass sie identifizierbar sind (mit Verfasser- und Quellenangabe),  und darf sie keinesfalls als seine eigenen Ergüsse ausgeben.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Rigalad

@Arcor & Maja

Oh, dann habe ich das mit den 70 Jahren falsch im Kopf gehabt. Ich kenne mich da wirklich nicht aus. Das wird sich nächstes Jahr ändern, wenn ich auch studiere, hoffe ich jedenfalls. Danke für die Auskunft!


Zitat von: Maja am 02. November 2011, 19:13:59
Da es aber bei sowas um die Veröffentlichung geht, muss sich nach meinem Wissen der Verlag, der das Buch mit den Zitaten drucken will, um die Rechte kümmern, nicht der Autor selbst. Der Autor muss aber alle Zitate eindeutig kennzeichnen, dass sie identifizierbar sind (mit Verfasser- und Quellenangabe),  und darf sie keinesfalls als seine eigenen Ergüsse ausgeben.

Ich habe das Zitat jedes Mal mit Autor und Romantitel gekennzeichnet. Allerdings jetzt ohne Seitenzahl, Verlag, Ausgabe etc., weil ich nicht jedes Buch davon besitze.
Also kann man das so einer Agentur schicken, da es sich noch nicht um eine Veröffentlichung handelt?

Snöblumma

#4
Das mit der Schutzfrist 70 Jahre post mortem auctoris stimmt. Alle Werke, deren Urheber mehr als siebzig Jahre tot ist, können also verwendet werden - es gibt ein paar klitzekleine Ausnahmen, aber die sind wirklich nicht der Rede wert. Aus solchen Werken darfst du übernehmen, was du willst, du darfst damit anstellen, was du willst. Aber ich würde auch hier der Höflichkeit unter Kollegen halber zu einer Herkunftsangabe raten. :)

Maja hat auch Recht, dass es zunächst Sache des Verlages ist, sich um die Rechte zu kümmern. Wenn du es ihnen verheimlichst, dann kann es sein, dass der Verlag Rückgriff bei dir nimmt, wenn du Schaden anrichtest damit, aber zunächst ist es Sache des Verlages, sich hier um die Lizenzen usw. zu kümmern.

Was die Zitate selbst angeht:
§ 51 Nr. 2 UrhG erlaubt das sogenannte Kleinzitat auch bei nichtwissenschaftlichen Werken. Das heißt, in andere Schriftstücke dürfen kleine Teile eines anderen Werkes (und darunter würde ich einen Satz aus einem ganzen Roman durchaus fallen lassen; anders sähe es bei einem Satz aus einem Drei-Sätze-Gedicht aus) übernommen werden, beispielsweise zur Hommage, als Motto, zur Vereutlichung einer Stimmung oder als künstlerisches Mittel. Hierunter fällt, denke ich ohne jede Gewähr, deine geplante Art der Verwendung, auch wenn ich weder dein Buch noch die Länge der Zitate genau kenne. Daher solltest du eigentlich auf der sicheren Seite sein, aber genau abchecken muss das dein Verlag dennoch. Die Quelle solltest du so angeben, dass der Verlag die Sätze findet; wird das Buch verlegt, reicht es sicherlich, wenn darunter steht: Autor, Buch. Die genaue Seitenangabe ist aber nur die Kür, im Grunde reicht als Nachweis der Autor und das Buch. Du willst ja nur darauf hinweisen, dass es nicht von dir ist und dich nicht mit fremden Federn schmücken!

Eine private Nutzung, bei der die Übernahme auch über das Kleinzitat hinaus möglich wäre, liegt nicht mehr vor, wenn du das Buch an einen Verlag schickst. Das wäre nur dann der Fall, wenn du rein als Hobby schreibst und das Buch im Familien- und Freundeskreis verteilst. Dann könntest du auch mehr als nur einen klitzekleinen Bruchteil übernehmen, solange du das kennzeichnest, würde ich sagen ( § 53 UrhG).

Nach kurzem Überlegen und einem Blick in den Kommentar würde ich also sagen, ja, du kannst das so dem Verlag schicken, weil § 51 Nr. 2 UrhG dir das Kleinzitat erlaubt. Dann dürfen es aber wirklich nur einzelne Sätze sein, und sie sollten immer gekennzeichnet sein.

Edit: Ich würde dennoch der Höflichkeit halber darauf bestehen, dass nachgefragt wird. Unter Kollegen sollte sowas ja kein Problem sein, wahrscheinlich sind die meisten Autoren froh, wenn sie rezipiert werden, und wegen einem Satz macht keiner Mucks und verlangt unendliche Lizenzgebühren.
Mal ganz abgesehen davon, dass es sowieso fraglich ist, ob ein einzelner Satz bereits Urheberrechtsschutz genießen kann...

LG,
Snöblumma

Maja

Zitat von: Snöblumma am 03. November 2011, 11:22:42
Das mit der Schutzfrist 70 Jahre post mortem auctoris stimmt. Alle Werke, deren Urheber mehr als siebzig Jahre tot ist, können also verwendet werden - es gibt ein paar klitzekleine Ausnahmen, aber die sind wirklich nicht der Rede wert.
Die einzige Ausnahme, die ich kenne, ist "Peter Pan" - gibt es noch andere?

Was man natürlich auch beachten muss, ist, dass Übersetzungen ihrem eigenen Urheberrecht unterliegen. Das heißt, wenn ich aus "Alice im Wunderland" zitiere, und tue das auf Deutsch, nicht auf Englisch, muss ich entweder selbst übersetzen oder zu einer Übersetzung greifen, die ebenfalls gemeinfrei ist - hier wäre das z.B. die von Antonie Zimmermann aus dem Jahr 1868. Bibliotheken helfen herauszufinden, wann eine Übersetzung erstmalig erschienen ist.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt